Ausgabe lesen - Rheinkiesel
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Sprichwörter<br />
Gestatten, mein<br />
Name ist Hase ...<br />
... ich weiß von nichts! Diese bekannte Redensart stammt<br />
von dem Tübinger Studenten Viktor Hase, der dies 1854/55<br />
bei einem Verhör angab. Er hatte in Heidelberg einem Flüchtigen<br />
geholfen, der über Straßburg nach Frankreich gelangen<br />
wollte. Der Fall kam vor das Universitätsgericht. Zur<br />
Untersuchung zitiert, äußerte sich der junge Jurist wie folgt:<br />
„Mein Name ist Hase, (ich verneine die Generalfragen) ich<br />
weiß von nichts!“<br />
Neben dem „Heidelberger Hasen“<br />
stehen auch andere Tiere Pate<br />
für zahlreiche Sprichwörter und<br />
Redewendungen. So haben Sie<br />
bestimmt in den vergangenen<br />
Wochen auf einem der zahlreichen<br />
Weihnachtsmärkte mit Genuß ein<br />
köstliches Backfischbrötchen verzehrt<br />
– und sich dabei vermutlich<br />
keinerlei Gedanken gemacht, daß<br />
Sie – sozusagen – in ein Teekesselchen<br />
beißen: Steht doch der<br />
(etwas veraltete) Ausdruck „Backfisch“<br />
neben der Bezeichnung für<br />
einen gebratenen Fisch ebenso für<br />
ein junges, übermütiges, zuweilen<br />
unreifes Mädchen. Der Ausdruck<br />
„Backfisch“ für ein junges Mädchen<br />
geht auf das englische „back<br />
fish“ zurück: Zu junge Fische wurden<br />
ins Wasser „zurück“-geworfen<br />
– da hatte der Angler eben „kein<br />
Schwein“ gehabt. Wenn nicht<br />
beim Fischen, war dem Angler<br />
vielleicht das Glück im Kartenspiel<br />
hold, denn genau hieraus<br />
entspringt der Ausdruck mit dem<br />
„Schwein haben“: Auf Kartenspielen<br />
des 16. Jahrhunderts war<br />
nämlich auf der höchsten Karte,<br />
dem Schellendaus oder -as, ein<br />
Schwein abgebildet; das As hieß<br />
im deutschen Kartenspiel „Daus“<br />
oder „Sau“ (Studentensprache).<br />
Außerdem kennen wir das mit<br />
dem Rüssel arbeitende Trüffelschwein<br />
als Schatzfinder. Wer also<br />
Schwein hat, hat Glück.<br />
Gar nichts mit dem Borstenvieh<br />
gemein hat der Ausdruck: „Das<br />
kann ja kein Schwein <strong>lesen</strong>!“ Im<br />
17. Jahrhundert gab es eine<br />
Schleswiger Gelehrtenfamilie namens<br />
Swyn. Zu ihr kamen die des<br />
Lesens und Schreibens unkundigen<br />
Bauern und ließen sich Briefe<br />
und Urkunden vor<strong>lesen</strong> oder<br />
Schriftstücke abfassen. Wenn aber<br />
eine Aufzeichnung selbst für einen<br />
Swyn unleserlich war, hieß es:<br />
„Dat kann keen Swyn (plattdeutsch<br />
für Schwein) <strong>lesen</strong>!“ Alle<br />
weitergehenden Bemühungen<br />
wären also sinnlos gewesen, etwa<br />
so, als würde man Eulen nach<br />
Athen tragen.<br />
Was es mit den<br />
Eulen auf sich hat<br />
Als Sinnbild der Weisheit wurde<br />
die Eule der Athene beigegeben,<br />
der Schutzgöttin Athens. Das Bild<br />
der Eule erschien überall, so auch<br />
auf Münzen. Schon im 5. Jahrhundert<br />
v. Chr. wurden in Athen<br />
Silbermünzen geprägt, deren Vorderseite<br />
der Kopf der Athene und<br />
deren Rückseite die Eule zierte.<br />
Diese Silbermünzen, umgangssprachlich<br />
„Eulen“ genannt, galten<br />
aufgrund ihres hohen Silbergehalts<br />
als geschätzte Zahlungsmittel.<br />
Da Athen eine sehr reiche<br />
Stadt war, galt es als überflüssig,<br />
Eulen, d.h. Silber, in die Stadt zu<br />
bringen. Während der Besitz von<br />
Eulen also etwas Positives war,<br />
sollte man sich tunlichst davor<br />
hüten, eine Meise sein Eigen zu<br />
nennen. Nach altem Volksglauben<br />
nisten nämlich Vögel in den<br />
Köpfen Geistesgestörter. Wer also<br />
eine Meise (oder einen Vogel) hat,<br />
gilt als leicht verrückt: Der hat<br />
ja ´ne Meise, der spinnt!<br />
Apropos Spinnen: Wußten Sie,<br />
daß die in Erdhöhlen lebende<br />
Tarantel zur Gattung der Wolfsspinnen<br />
gehört und ihren Namen<br />
nach ihrem Erscheinungsbild im<br />
süditalienischen Tarant (Apulien)<br />
trägt? Ihr schmerzhafter, aber ungefährlicher<br />
Biß verursachte laut<br />
mittelalterlichen Überlieferungen<br />
Veitstanz-ähnliche Zuckungen.<br />
Nach dieser Spinne heißt auch der<br />
neapolitanische Volkstanz „Tarantella“,<br />
da bei diesem die Tänzer<br />
springen „wie von der Tarantel gestochen“.<br />
Wer sich solchermaßen verausgabte,<br />
hatte danach eine Ruhepause<br />
redlich verdient, in der er<br />
sich auf die faule (Bären-)Haut<br />
legen durfte.<br />
Eine Pause benötigen die Menschen<br />
gerade eben nicht, bei der<br />
die folgende Redewendung zutrifft:<br />
„Du hast Kräfte wie ein<br />
Bär.“ oder „jemand hat einen<br />
Schlag wie ein Bär“. Hierbei geht<br />
es allerdings nicht um Waldbewohner,<br />
sondern um einen<br />
Hammer: In der Schmiedetechnik<br />
heißt ein großer Fallhammer, der<br />
durch Wasserkraft angetrieben<br />
wird, Bär. Wenn also ein Schmied<br />
sich durch besondere Schlagkraft<br />
auszeichnete, verglich man<br />
ihn mit diesem mechanischen<br />
Hammer.<br />
4 Januar 2009