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Wissenschaft für die Gesellschaft. Leben und Werk des ... - WZB

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HELMUT STEINER<br />

nicht hoffen, je auch nur annähernd so viel von kristallographischer Theorie zu kapieren<br />

wie er. Große Abschnitte <strong>des</strong> klassischen Aufsatzes, den Bernal <strong>und</strong> Fankuchen<br />

kurz nach Kriegsbeginn im „Journal of General Physiology“ veröffentlicht hatten,<br />

blieben mir unverständlich. Merkwürdig, ihn gerade da erscheinen zu lassen, aber<br />

Bernal, von den Kriegsanstrengungen in Anspruch genommen, <strong>und</strong> Fankuchen, der<br />

gerade in <strong>die</strong> Staaten zurückgekehrt war, beschlossen ihre Ergebnisse in einer Zeitschrift<br />

unterzubringen, <strong>die</strong> von allen an Viren interessierten Lesern gelesen wurde.“ 30<br />

Wie eingangs erwähnt, hat der Biologiehistoriker R Olby in seinem Buch über <strong>die</strong><br />

Vorgeschichte der Entdeckung der Doppelhelix den Beitrag der von der strukturellen<br />

Schule zur Biologie gekommenen Physiker - <strong>und</strong> dabei auch besonders Bernals - sehr<br />

hoch bewertet. Er hat ihm - in dem von F. Crick mit einem Vorwort eingeleiteten<br />

Buch - längere Ausführungen gewidmet, unter anderem einen speziellen Abschnitt<br />

über <strong>die</strong> „Bernal-Schule“ auf <strong>die</strong>sem Gebiet. 31<br />

Hier ist nicht der Platz, <strong>die</strong> detaillierten Darstellungen R. Olbys wiederzugeben. Es<br />

soll nur <strong>die</strong> fachwissenschaftliche Einordnung <strong>des</strong> bleibenden Beitrages Bernals zu<br />

der noch jungen Molekularbiologie hervorgehoben werden. Olby, aber auch andere<br />

Autoren, zählen ihn sogar zu deren Vätern. 32 Für seinen Beitrag zur Erforschung der<br />

molekularen Gr<strong>und</strong>lagen der Biologie wurde er 1945 von der Royal Society mit einer<br />

ihrer höchsten Auszeichnungen, der Royal Medal, geehrt.<br />

Bernal setzte nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus seine Forschungen über <strong>die</strong><br />

Struktur der Eiweiße <strong>und</strong> der Silikate fort <strong>und</strong> führte kristallographische Forschungen<br />

über den Portland-Zement sowie andere <strong>Werk</strong>stoffe <strong>für</strong> das Bauwesen <strong>und</strong> später<br />

auch über Flüssigkeiten durch.<br />

Doch widmete er sich in den folgenden Jahren zunehmend einer Thematik, <strong>die</strong> wiederum<br />

<strong>die</strong> vorderste Front wissenschaftlicher Erkenntnis bedeutete, gründliche<br />

Kenntnisse auf vielen Wissensgebieten <strong>und</strong> besonders ausgeprägtes synthetisches<br />

Denken erforderte <strong>und</strong> <strong>die</strong> voll weltanschaulicher Brisanz war: <strong>die</strong> Entstehung <strong>des</strong><br />

<strong>Leben</strong>s auf der Erde. Das Thema beschäftigte ihn – wie erwähnt - seit seiner Jugend.<br />

Sein frühes Interesse erhielt durch <strong>die</strong> materialistisch fun<strong>die</strong>rten Arbeiten von Alexander<br />

I. Oparin (1924) <strong>und</strong> John Sanderson Burdon Haldane (1929) über <strong>die</strong> chemische<br />

Evolution <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s Inhalt <strong>und</strong> Richtung. ,,Mir schien, daß ich mich gerade mit<br />

<strong>die</strong>ser Frage beschäftigen sollte, aber mich zog dabei das rein Theoretische ihrer Erforschung<br />

an. Doch war <strong>die</strong> Atmosphäre zu jener Zeit - <strong>und</strong> ist es sicher auch noch in<br />

der heutigen - in Cambridge so, daß ihr jeglicher Geist theoretischen Spekulierens<br />

fremd war. Das wurde als unseriöse Beschäftigung angesehen. Rutherford sagte, nicht<br />

nur einmal: Möge keiner aus meinem Laboratorium versuchen, über das Universum<br />

nachzudenken. Ebenso entschieden schnitt er auch alle Diskussionen über <strong>die</strong> Anwendung<br />

der Kernenergie ab.“ 33 Die Hemmnisse waren demnach entscheidend welt-<br />

30 J. D. Watson: Die Doppel-Helix. Ein persönlicher Bericht - über <strong>die</strong> Entdeckung der DNS-Struktur.<br />

Hamburg 1969, S. 144.<br />

31 Vgl.: R. Olby, The Path (wie Anm. 6), Chapt. 16: Physicists and Chemists in Biology: The Structural<br />

School; A. Leisewitz: Von der Darwinschen Evolutionstheorie zur Molekularbiologie. Köln 1982.<br />

32 Vgl.: R. Olby: The Path (wie Anm. 6), S. 249 ff.; Ch.. P. Snow: J. D. Bernal. Portret. – In: Nauka o<br />

nauke. Hrg. von: M. Goldsmith <strong>und</strong> A. Mackay. Moskwa 1966. S.25; A. Mackay: J. D. Bernal (1901-<br />

1971). – In: Woprossy istorii estestwosnanija i techniki. 1973, N2, S. 27.<br />

33 J. D. Bernal, Wosniknowenije shisni (wie Anm. 7), S.14.<br />

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