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fdw Nr. 4 Dezember 2006 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV

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freiheit<strong>der</strong><br />

<strong>Nr</strong>. 4 · <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> F 1634 F<br />

Herausgeber: <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

wissenschaft<br />

Das beson<strong>der</strong>e Thema:<br />

Wertewandel – Herausfor<strong>der</strong>ung für Schule und Elternhaus, von Winfried Schlaffke Seite 25<br />

Lieber Leser Seite 2<br />

Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> Seite 3<br />

Gesichter des BFW – Vorstand und Regionalbeauftragte Seite 4<br />

Peter Greisler: „Hochschulpolitik nach <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform“ Seite 9<br />

HOCHSCHULE<br />

Nordrhein-Westfalen: Neues Hochschulgesetz in Kraft<br />

Nachgefragt beim Präsidenten des Deutschen Hochschulverbandes,<br />

Professor Dr. Bernhard Kempen, und NRW-Finanzminister Dr. Helmut Linssen Seite 13<br />

Mecklenburg-Vorpommern: Hochschuldiskussion geht weiter<br />

Der weite Weg <strong>der</strong> Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Konsolidierung<br />

Von Klaus-Dieter Rosenbaum Seite 16<br />

SCHULE<br />

Bayern: Was will die Wirtschaftslobby? Seite 18<br />

Berlin: Nein zum rot-roten Projekt Einheitsschule!<br />

Einheitsschule in Berlin – ein leistungsfeindlicher und sozialschädlicher Plan<br />

Von Gerhard Schmid Seite 19<br />

Nordrhein-Westfalen: 39. Mülheimer Kongreß des Realschullehrerverbandes<br />

10 Jahre Unterrichtsfach „Praktische Philosophie“ – „Festtagung“ in Münster Seite 21<br />

Baden-Württemberg: Hermann Röhrs – Vita und Wirkung<br />

Von Kurt Otten Seite 23<br />

Gratulation: Dr. Ursula Besser wird 90 Jahre Seite 30<br />

Gedenken und Dank: Das Berliner Mauermuseum widmet Gerhard Löwenthal<br />

einen ständigen Ausstellungsraum Seite 31<br />

BÜCHERREVUE<br />

Kaufhold: Die Lehrfreiheit – ein verlorenes Grundrecht? (Kinzel)<br />

Mohler/Weissmann: Die Konservative Revolution in Deutschland<br />

1918–1932. (Dirsch)<br />

Bueb: Lob <strong>der</strong> Disziplin. (Thomalla)<br />

9.–11. Februar 2007<br />

Tagung in Gummersbach: Kurztitel „Bürgergesellschaft“ (s. Seite 3!)


fw<br />

freiheit <strong>der</strong><br />

wissenschaft<br />

Offizielles Organ des <strong>Bund</strong>es<br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><strong>Wissenschaft</strong> e.V.<br />

Für unaufgefor<strong>der</strong>t eingesandte Manuskripte,<br />

Zeichnungen und Fotos<br />

und an<strong>der</strong>e Beiträge übernimmt <strong>der</strong><br />

Empfänger keine Haftung. Abdruck<br />

mit Quellenangabe und Belegexemplar<br />

gestattet.<br />

Die mit Namen gekennzeichneten<br />

Beiträge stellen nicht unbedingt die<br />

Ansicht von Herausgeber und Redaktion<br />

dar, son<strong>der</strong>n die persönliche<br />

Meinung des Verfassers.<br />

Zuschriften und Stellungnahmen zu<br />

Themen und Artikeln dieses Heftes<br />

sind willkommen. Wie<strong>der</strong>gabe und<br />

redaktionelle Kürzungen bleiben<br />

vorbehalten. „freiheit <strong>der</strong> wissenschaft“<br />

erscheint in herkömmlicher<br />

Rechtschreibung.<br />

Herausgeber : Vorstand des <strong>Bund</strong>es<br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> e.V.<br />

Redaktion: Dr. Winfried Holzapfel<br />

Verbandsgeschäftsstelle:<br />

Postanschrift:<br />

Charlottenstraße 65,<br />

10117 Berlin-Mitte (U-Bahnhof<br />

Stadtmitte, nahe Gendarmenmarkt)<br />

Büro: Petra Schauf<br />

Die Geschäftsstelle dient auch als<br />

Kontakt- und Informationsstelle.<br />

Für größere Veranstaltungen steht<br />

ein Hörsaal zur Verfügung.<br />

Telefon: (030) 20 45 4704<br />

Fax: (030) 20 45 4706<br />

E-Mail:<br />

bund.freiheit.wissenschaft<br />

@t-online.de<br />

Internet:<br />

http://www.bund-freiheit-<strong>der</strong>wissenschaft.de<br />

Bankverbindung:<br />

Deutsche Bank AG, Bonn<br />

(BLZ 380700 24), Kto. 0233 858<br />

Verlag, Herstellung und Anzeigen:<br />

Vereinigte Verlagsanstalten GmbH,<br />

Höherweg 278, 40231 Düsseldorf<br />

Internet: www.vva.de<br />

E-Mail: info@vva.de<br />

Anzeigenleitung: Ulrike Niggemann<br />

Anzeigenverkauf:<br />

Panagiotis Chrissovergis<br />

Tel. 02 01/87126945<br />

Fax. 02 01/87126942<br />

Anzeigentarif <strong>Nr</strong>. 12<br />

ISSB 0343-7752<br />

2<br />

Lieber Leser,<br />

entgegen <strong>der</strong> bekannten Sentenz „Not macht erfin<strong>der</strong>isch“ gehört in heutiger<br />

Zeit zu den Bedingungen freier <strong>Wissenschaft</strong> die „Notlosigkeit“.<br />

In einem notleidenden System leidet auch die wissenschaftliche Arbeit.<br />

Sie wird begrenzt in ihren Möglichkeiten. Daher rührt <strong>der</strong> ständige Ruf<br />

nach ordentlicher finanzieller Ausstattung <strong>der</strong> Hochschulen, nach Rahmenbedingungen,<br />

die gewährleisten, daß Befähigung und Leistungskraft<br />

<strong>der</strong> an <strong>Wissenschaft</strong> Beteiligten gestärkt werden.<br />

Dr. Winfried Holzapfel ist einer <strong>der</strong><br />

Vorsitzenden des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Ein Charakteristikum von <strong>Wissenschaft</strong> ist, daß<br />

sie nicht gefällig sein darf. Im Erkenntnisdrang<br />

und bei <strong>der</strong> Problemlösung muß sie auf Wahrheit<br />

gerichtet und von Unbestechlichkeit begleitet<br />

sein. Dies ist nicht nur ein erkenntnistheoretisches<br />

Postulat, son<strong>der</strong>n auch ein ethisches<br />

Dogma. Die Voraussetzung echter Forschung ist<br />

die „anima pura“ des Forschers, die Demut vor<br />

<strong>der</strong> Sache.<br />

Hier gab und gibt es Befleckungen, Sündenfälle<br />

durch interessegeleitetes Handeln.<br />

In Abhängigkeit zu geraten o<strong>der</strong> sich zu begeben,<br />

ist eine permanente Gefährdung freier<br />

Forschung. Die Verantwortung dafür, daß diese<br />

Gefährdung durch die neuen Gesetze nicht zunimmt,<br />

trägt – wie schon jetzt – <strong>der</strong> einzelne<br />

Forscher.Nicht die Annahme eines Auftrags, nicht seine Bezahlung ist<br />

von Übel, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Verstoß gegen das Reinheitsgebot. Aber selbst Verstöße<br />

dagegen können korrigiert werden, wenn die wissenschaftliche Gemeinschaft<br />

als Ganzes intakt ist. Da wirken die Selbstreinigungskräfte<br />

von Kontrolle und Kritik.<br />

Die Menschen wollen von Natur aus wissen. Wenn die <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

ihren innersten Auftrag, das, was sie zu <strong>Wissenschaft</strong>lern macht, durch<br />

ihr berufliches Tun und Lassen bestätigen, bewahren sie die <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong>.<br />

Die Verantwortung für die Grenzen <strong>der</strong> Wirksamkeit des Staates hatte<br />

die Gemeinschaft <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>ler immer schon, sie muß und kann<br />

selbst die Grenzen <strong>der</strong> Wirksamkeit fremden Einflusses – <strong>der</strong> sich künftig<br />

stärker durch Aufträge aus <strong>der</strong> Wirtschaft entwickelt – bestimmen.<br />

Das Ethos des <strong>Wissenschaft</strong>lers muß sich möglicherweise neuer Verführungen<br />

erwehren. Für Profil und Prestige <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> ist entscheidend,<br />

wie es bewahrt wird und daß es sich zeigt.<br />

Durch die neuen Entwicklungen im Hochschulwesen wird die <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> geför<strong>der</strong>t (das ist gut) und gefährdet (das ist nicht<br />

neu). Im Bewußtsein <strong>der</strong> Gefährdung selbst liegt <strong>der</strong> Ansatz, um ihr zu<br />

entgehen. Die Wirtschaft muß zum Respekt vor <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

erzogen werden. Das geschieht durch die Wahrnehmung und Erfahrung<br />

dessen, was <strong>Wissenschaft</strong> ist. Die <strong>Wissenschaft</strong> selbst hat es in<br />

<strong>der</strong> Hand, ihren freiheitlichen Charakter überzeugend zu vermitteln. Sie<br />

ist eine Macht sui generis. Sie muß es nur beweisen. Die Chancen dafür<br />

stehen beson<strong>der</strong>s gut, solange die Wirtschaft selbst <strong>Wissenschaft</strong> so<br />

schätzt und einschätzt.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ihr Winfried Holzapfel<br />

<strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Am 1. <strong>Dezember</strong> fand in Berlin<br />

wie alle zwei Jahre eine Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

mit <strong>der</strong> Wahl<br />

des Vorstandes und <strong>der</strong> Bestätigung<br />

<strong>der</strong> Regionalbeauftragten<br />

statt. Die Gewählten werden unten<br />

persönlich vorgestellt. Auf<br />

folgende Än<strong>der</strong>ungen sei hingewiesen:<br />

In den erweiterten Vorstand<br />

wurde Frau Dr. Brigitte<br />

Pötter neu gewählt, die den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

als langjährige Regionalbeauftragte<br />

und Sektionsvorsitzende<br />

für Berlin und Brandenburg<br />

bekannt ist. Nachfolger als<br />

Regionalbeauftragter ist Oberschulrat<br />

Gerhard Schmid. Für<br />

Hamburg stand bisher kein Regionalbeauftragter<br />

zur Verfügung.<br />

Wir konnten Staatsrat a.D.<br />

Dr. Reiner Schmitz für die Aufgabe<br />

gewinnen. Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

wurde bisher von Wiss. Oberrat<br />

Dr. Hartmut Schustereit betreut,<br />

<strong>der</strong> wegen Umzugs in ein an<strong>der</strong>es<br />

<strong>Bund</strong>esland nicht wie<strong>der</strong><br />

kandidierte. Neuer Regionalbeauftragter<br />

für Nie<strong>der</strong>sachsen ist<br />

Oberstudiendirektor Bernd Ostermeyer.<br />

Frau Professor Dr. Lilo<br />

Süllwold kandidierte nicht<br />

wie<strong>der</strong> als eine <strong>der</strong> beiden Re-<br />

gionalbeauftragten für Hessen.<br />

In diesem <strong>Bund</strong>esland wird <strong>der</strong><br />

BFW weiter von Privatdozent<br />

Dr. habil. Siegfried Uhl vertreten.<br />

Für die erfolgreiche bisherige<br />

Arbeit sei allen hier und später<br />

Genannten herzlich gedankt.<br />

Im September ist die Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

in Kraft getreten. Die<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> haben jetzt mehr<br />

<strong>Freiheit</strong>en. Das Hochschulrahmengesetz<br />

wird abgeschafft. Die<br />

Gestaltung des Schulwesens ist<br />

ausschließlich Sache <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>.<br />

Über das Thema<br />

„Hochschulpolitik nach <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform“<br />

hielt Ministerialdirigent<br />

Peter Greisler,<br />

Leiter <strong>der</strong> Unterabteilung Hochschule<br />

im <strong>Bund</strong>esministerium<br />

für Bildung und Forschung,<br />

beim <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

am Tag <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

einen interessanten<br />

Vortrag, den Sie unten lesen<br />

können (S. 9ff.).<br />

Bildungspolitik muß sich immer<br />

auf Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

einstellen. Professor<br />

Dr. Winfried Schlaffke wird<br />

2007 (voraussichtlich im März<br />

o<strong>der</strong> April) über den „Wertewandel<br />

in Schule und Arbeitswelt“<br />

sprechen; Auszüge aus seinem<br />

gerade neu erschienenen Buch<br />

sind unten abgedruckt und<br />

führen in das Thema ein (S. 25ff.).<br />

Auch 2007 soll wie<strong>der</strong> eine gemeinsame<br />

Tagung mit <strong>der</strong> Friedrich-Naumann-Stiftung<br />

stattfinden,<br />

vom 9. bis 11. Februar in<br />

<strong>der</strong> Theodor-Heuss-Akademie in<br />

Gummersbach. Das Thema heißt<br />

diesmal „Bürgergesellschaft –<br />

Möglichkeit zur Rettung unseres<br />

Gemeinwesens“. Es geht um folgende<br />

Fragestellungen: Immer<br />

öfter tauchen in <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Diskussion die Begriffe „Bürgergesellschaft“<br />

und „Zivilgesellschaft“<br />

auf. Ist aber „Bürger“<br />

noch ein klar definierter Begriff,<br />

sieht man im Bürger wie<strong>der</strong> den<br />

Werteträger und -vermittler, den<br />

Garanten für Bildung und Erziehung?<br />

Aus dem passiven Empfänger<br />

staatlicher Zuwendungen<br />

soll wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> mündige Bürger<br />

werden, <strong>der</strong> sich engagiert und<br />

ehrenamtlich für das Gemeinwesen<br />

einsetzt. Doch unter welchen<br />

Voraussetzungen kann dieses<br />

Ziel erreicht werden? Wie kann<br />

ein Klima geschaffen werden,<br />

in dem <strong>der</strong> Mut zu Risikobereitschaft<br />

und persönlicher Verantwortung<br />

wächst? Die Referenten<br />

und ihre Vortragsthemen<br />

stehen noch nicht vollständig<br />

fest; Interessenten bitten wir<br />

um eine unverbindliche Mitteilung<br />

(Telefon 030-20 45 4704,<br />

Fax 030-20 45 4706, E-Mail<br />

bund.freiheit.wissenschaft@tonline.de,<br />

auch über Website:<br />

http://www.bund-freiheit-<strong>der</strong>wissenschaft.de);<br />

sie erhalten<br />

dann rechtzeitig eine Einladung<br />

mit <strong>der</strong> Möglichkeit zur Anmeldung.<br />

Zu den 21 Unterzeichnern<br />

des Aufrufs zur Gründung des<br />

<strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

gehörte 1970 <strong>der</strong> bekannte,<br />

vor einigen Jahren verstorbene<br />

Publizist Gerhard Löwenthal.<br />

Auch Dr. Ursula Besser, „Stadtälteste“<br />

von Berlin, hat unsere<br />

Arbeit vom ersten Tag an mitgetragen.<br />

Zu beiden finden Sie aus<br />

gegebenem Anlaß Berichte (ab<br />

S. 30).<br />

Hans Joachim Geisler<br />

Wirkung<br />

Aus <strong>der</strong> Berliner Morgenpost<br />

vom 11.12.06<br />

Dank<br />

Auch an diesem Jahresende möchten wir allen danken, die uns im abgelaufenen Jahr mit dem Besuch<br />

unserer Veranstaltungen, in anregenden Gesprächen und in <strong>der</strong> Korrespondenz mit <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

ihr Interesse an unserer Arbeit bekundet haben.<br />

Beson<strong>der</strong>s danken wir denjenigen, die die Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> durch ihre<br />

Spenden unterstützt haben. Ihre Spenden waren uns eine große Hilfe und sind uns weiterhin Verpflichtung.<br />

DerVorstand<br />

Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sowie allen Mitglie<strong>der</strong>n, Freunden und För<strong>der</strong>ern<br />

des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> ein gutes neues Jahr 2007.<br />

Vorstand und Redaktion,<br />

Vereinigte Verlagsanstalten<br />

Ähnliche Nachricht mehrfach<br />

am 11.12. im Berliner Rundfunk<br />

91,4.<br />

Siehe dazu unter „Berlin“ ab<br />

S. 19.<br />

Hinweis<br />

Bei unserer Tagung im Februar <strong>2006</strong> in Gummersbach zum Thema „Ist Meinungsfreiheit<br />

möglich?“ hielt auch Professor Dr. Hartmut Kliemt , Universität Duisburg-Essen, einen Vortrag:<br />

„Empörungsorchester– Kostenasymmetrien in <strong>der</strong>Meinungsbildung, Beispiele und Theorie“.<br />

Das Manuskript wurde jetzt fertiggestellt und kann auf unserer Website (http://www.bund-freiheit<strong>der</strong>-wissenschaft.de)<br />

nachgelesen werden.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 3


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Dr. Hans Joachim Geisler,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong><br />

Dernburgstr. 53, 14057 Berlin, Tel. 030-3223158,<br />

Fax über BFW-Büro, E-Mail hjgeisler@gmx.de<br />

Geb. 1934 in Dresden, verheiratet, vier erwachsene<br />

Kin<strong>der</strong>. Studium <strong>der</strong> Klassischen<br />

Philologie und Promotion an <strong>der</strong> Freien<br />

Universität Berlin, wo er bis zur Pensionierung<br />

im Jahr 2000 als Akademischer Rat<br />

Klassische Philologie lehrte. Einer <strong>der</strong> 21<br />

Unterzeichner des Aufrufs zur Gründung des<br />

BFW am 18. November 1970. Er gehörte<br />

1970 bis 2000 dem Erweiterten Vorstand des<br />

BFW an und war bis 1990 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Notgemeinschaft für eine freie Universität,<br />

<strong>der</strong> Berliner Sektion des BFW. Seit 2000 ist<br />

er einer <strong>der</strong> drei Vorsitzenden des BFW.<br />

ProfessorDr. Dr. Kurt J. Reinschke,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong><br />

Wachwitzer Bergstr. 32, 01326 Dresden, Tel. 03 51-2686166,<br />

E-Mail kr@erss11.et.tu-dresden.de<br />

4<br />

Im folgenden finden Sie einige<br />

Angaben über die in <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

vom 1. <strong>Dezember</strong><br />

<strong>2006</strong> in Berlin gewählten<br />

Vorstandsmitglie<strong>der</strong> und Regionalbeauftragten.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong><br />

des Vorstandes wurden einstimmig<br />

(bei einigen Enthaltungen)<br />

gewählt. Die Bestätigung <strong>der</strong><br />

vom Vorstand vorgeschlagenen<br />

Geb. 1940 in Zwickau/Sachsen, verheiratet,<br />

zwei erwachsene Kin<strong>der</strong>. Seit 1992 Professor<br />

für Regelungs- und Steuerungstheorie <strong>der</strong> TU<br />

Dresden, seit 1997 Direktor des gleichnamigen<br />

Instituts an <strong>der</strong> Fakultät für Elektrotechnik<br />

und Informationstechnik <strong>der</strong> TU Dresden.<br />

Seit 2003 Vorsitzen<strong>der</strong> des Landesverbandes<br />

Sachsen im Deutschen Hochschulverband.<br />

Er ist seit 1990 Mitglied des BFW, war<br />

1992 bis 2004 Mitglied des Erweiterten Vorstands<br />

und 2000 bis 2005 zugleich Regionalbeauftragter<br />

für Sachsen. Seit 2004 ist er einer<br />

<strong>der</strong> drei Vorsitzenden des BFW.<br />

ProfessorDr. Wolfgang Dreybrodt,<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands und Regionalbeauftragter für<br />

Bremen<br />

Bekassinenstr. 86, 28357 Bremen, Tel. 0421-27 18 79<br />

E-Mail dreybrodt@t-online.de<br />

Geb. 1939 in Annaberg/Sachsen, verheiratet,<br />

zwei erwachsene Kin<strong>der</strong>. 1969 Visiting scientist<br />

am MIT, USA. 1970 bis 1974 Max-<br />

Planck-Institut für Festkörperforschung. Seit<br />

1974 Professor für Experimentalphysik, Universität<br />

Bremen. Im Ruhestand seit 2004.<br />

Forschung auf dem Gebiet <strong>der</strong> Halbleiterphysik,<br />

<strong>der</strong> Molekularen Biophysik, <strong>der</strong> Geochemie<br />

und <strong>der</strong> Karstgeologie. Er ist seit 1976<br />

Mitglied des BFW, seit 1978 Mitglied des Erweiterten<br />

Vorstands und seit 2000 zugleich<br />

Regionalbeauftragter für Bremen. 1989 Verdienstmedaille<br />

des Deutschen <strong>Bund</strong>estages<br />

für hochschulpolitischen Einsatz in Bremen.<br />

Oberstudiendirektori. R. Dr. Winfried Holzapfel,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong><br />

An <strong>der</strong> Ölmühle 16, 47608 Gel<strong>der</strong>n, Tel. 02831-44 16,<br />

Fax 02831-99 2972, E-Mail dr.winfried.holzapfel@t-online.de<br />

ProfessorDr. GünterPüttner ,<br />

Schatzmeister<br />

OberstudiendirektorJosef Kraus,<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands<br />

Geb. 1940 in Düsseldorf, verheiratet, zwei<br />

Kin<strong>der</strong>. Studium <strong>der</strong> Altphilologie und <strong>der</strong><br />

Philosophie in Köln, Münster und Freiburg.<br />

Promotion an <strong>der</strong> Universität Freiburg. Erstes<br />

Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien<br />

in Köln, Zweites Staatsexamen in Düsseldorf.<br />

Gymnasiallehrer für Lateinisch und Philosophie<br />

in Gel<strong>der</strong>n (Nie<strong>der</strong>rhein), Fachleiter<br />

für Philosophie am Staatl. Studienseminar in<br />

Kleve, seit 1989 Oberstudiendirektor (als<br />

Leiter eines Gymnasiums) in Kevelaer. Seit<br />

August 2004 pensioniert. Seit 1994 ist er einer<br />

<strong>der</strong> drei Vorsitzenden des BFW.<br />

Schwerdstr. 3, 67346 Speyer, Tel. 06232-719 97<br />

Regionalbeauftragten erfolgte<br />

ebenfalls einstimmig. Die Angabe<br />

<strong>der</strong> Adressen soll es Ihnen leichtmachen,<br />

gegebenenfalls wegen<br />

eines Anliegens mit einem verantwortlichen<br />

Mitglied des <strong>Bund</strong>es<br />

Kontakt aufzunehmen.<br />

Diese Adressen finden sich in je<strong>der</strong><br />

Ausgabe von „freiheit <strong>der</strong><br />

wissenschaft“.<br />

Geb. 1936 in Berlin. 1970 bis 1973 o. Professor<br />

für öffentliches Recht in Frankfurt<br />

am Main, 1973 bis 1980 o. Professor an <strong>der</strong><br />

Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

in Speyer, 1980 bis 2002 Univ.-Professor an<br />

<strong>der</strong> Universität Tübingen, seitdem Emeritus.<br />

Er ist seit 1973 Mitglied im BFW, war<br />

1994 bis 2000 einer <strong>der</strong> drei Vorsitzenden<br />

und seit 2000 Schatzmeister.<br />

Fürstenstr. 59, 84032 Ergolding, Tel. 0871-68674,<br />

Fax 0871-630390, E-Mail josef.kraus@landshut.org<br />

Geb. 1949, Oberstudiendirektor am Maximilian-von-Montgelas-Gymnasium<br />

Vilsbiburg<br />

(Landkreis Landshut, Bayern), unterrichtet<br />

die Fächer Deutsch und Sport und<br />

ist Diplom-Psychologe. Seit 1987 ist er<br />

ehrenamtlich Präsident des Deutschen Lehrerverbandes<br />

(DL).<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands des<br />

BFW seit 2004.<br />

<strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Dr. Brigitte Pötter,<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands<br />

Heinrich-Heine-Str. 7 b, 15831 Mahlow, Tel. 03379-20 58 65,<br />

Fax 03379-20 6126, E-Mail bpoetter@gmx.de<br />

Geb. in Aachen, verheiratet, drei Kin<strong>der</strong>.<br />

Studium <strong>der</strong> Chemie in Aachen und Heidelberg,<br />

Promotion an <strong>der</strong> Freien Universität<br />

Berlin. Mitglied im BFW seit 1991. Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> BFW-Sektion Berlin-Brandenburg<br />

1995 bis 2002, Regionalbeauftragte<br />

für diese <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> 2000 bis <strong>2006</strong>. Mitglied<br />

des Erweiterten Vorstands seit <strong>2006</strong>.<br />

ProfessorDr. Klaus-DieterRosenbaum,<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands und Regionalbeauftragter für<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Bärenfelsallee 20, Gutshaus Rustow, 17121 Loitz,<br />

Tel./Fax 03 99 98-31293, E-Mail rosen@uni-greifswald.de<br />

Geb. 1934 in Strelitz/Mecklenburg, verheiratet,<br />

zwei erwachsene Kin<strong>der</strong>. Studium <strong>der</strong><br />

Physik 1953 bis 1958 an <strong>der</strong> Universität<br />

Greifswald. Er wechselte nach <strong>der</strong> Promotion<br />

als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Medizinische<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität Greifswald,<br />

wurde dort 1987 zum a.o. Professor,<br />

1992 zum Universitätsprofessor für Biophysik<br />

ernannt und gehört <strong>der</strong> Universität seit seiner<br />

Emeritierung 1999 weiterhin als Mitglied<br />

an. Er ist Mitglied des Hochschulverbandes.<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands des BFW<br />

seit 1992, seit 2000 zugleich Regionalbeauftragter<br />

für Mecklenburg-Vorpommern.<br />

ProfessorDr. Winfried Schlaffke,<br />

Mitglied des Erweiterten Vorstands<br />

Rüdellstr. 10, 50737 Köln, Tel. 02 21-747159,<br />

Fax 02 21-7405250, E-Mail w.schlaffke@t-online.de<br />

Geb. 1939; Studium <strong>der</strong> Gemanistik, Philosophie<br />

und Pädagogik sowie Theologie in Hamburg;<br />

von 1967 bis 2001 im Institut <strong>der</strong> deutschen<br />

Wirtschaft Köln, 1976 bis 2001 Geschäftsführer<br />

und Leiter <strong>der</strong> Hauptabteilung I (Bildung<br />

und Gesellschaftswissenschaften) sowie von<br />

1995 bis 2001 stellvertreten<strong>der</strong> Direktor des Instituts<br />

<strong>der</strong> deutschen Wirtschaft Köln; seit 1986<br />

Professor für Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik<br />

im Geschwister-Scholl-Institut <strong>der</strong> Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München und seit 2000<br />

Präsident <strong>der</strong> ISM – International School of Management,<br />

Private Hoschschule, Dortmund.<br />

OberstudiendirektorWilli Eisele,<br />

Regionalbeauftragter für Bayern<br />

Kiefernweg 1, 82515 Wolfratshausen, Tel. 089-74550420,<br />

081 71-41 0923, E-Mail willi.eisele@gmx.de<br />

Geb. 1946. Er leitet das Gymnasium Fürstenried<br />

(München) und unterrichtet Geschichte,<br />

Englisch und Ethik. Willi Eisele<br />

ist Landesvorsitzen<strong>der</strong> des Bayerischen Geschichtslehrerverbandes<br />

und <strong>der</strong> Fachgruppe<br />

Geschichte/Sozialkunde und Mitglied<br />

des Bildungsbeirats im Bayerischen Philologenverband.<br />

Mitglied des BFW seit 1978,<br />

seit 2000 Regionalbeauftragter des BFW<br />

für Bayern.<br />

ProfessorDr. Sigismund Kobe,<br />

Regionalbeauftragter für Sachsen<br />

Leonhard-Frank-Str. 6, 01069 Dresden, Tel. 03 51-4 714311,<br />

E-Mail kobe@theory.phy.tu-dresden.de<br />

Geb. 1940 in Zella-Mehlis. Hier legte er<br />

1959 die Abiturprüfung ab. 1960 Studium<br />

<strong>der</strong> Kernphysik und <strong>der</strong> Physik an <strong>der</strong> TU<br />

Dresden. 1965 Diplom, anschließend Assistent.<br />

Lehrer im Hochschuldienst und Oberassistent<br />

im <strong>Wissenschaft</strong>sbereich Theoretische<br />

Physik <strong>der</strong> TU Dresden. 1971 Promotion.<br />

1988 Habilitation für Physik. Seit<br />

1992 Professor für Theorie ungeordneter<br />

Festkörper am Institut für Theoretische<br />

Physik an <strong>der</strong> Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften<br />

<strong>der</strong> TU Dresden. Seit<br />

<strong>2006</strong> emeritiert. Regionalbeauftragter des<br />

BFW für Sachsen seit 2005.<br />

ProfessorDr. Jürgen Kullmann,<br />

Regionalbeauftragter für Baden-Württemberg<br />

Panoramastr. 27, 72116 Mössingen,<br />

Tel. Universität Tübingen: 07473-5768, Fax 07473-26768,<br />

E-Mail juergen.kullmann@uni-tuebingen.de<br />

Geb. 1931 in Berlin-Spandau, verheiratet,<br />

fünf erwachsene Kin<strong>der</strong>. 1950 Studium <strong>der</strong><br />

Geologie, Biologie und Paläontologie<br />

zunächst an <strong>der</strong> neu gegründeten Freien<br />

Universität Berlin, seit 1952 in Tübingen.<br />

Seit 1971 Professor für Geologie und<br />

Paläontologie an <strong>der</strong> Universität Tübingen.<br />

Mitglied des BFW seit 1971, Mitbegrün<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> BFW-Sektion Tübingen und seit 1975<br />

ihr Vorsitzen<strong>der</strong>. Seit 2000 Regionalbeauftragter<br />

des BFW für Baden-Württemberg.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 5


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www.inlingua.de


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Studiendirektori. R. Norbert Schlö<strong>der</strong>,<br />

Regionalbeauftragter für Nordrhein-Westfalen<br />

Pater-Delp-Str. 11, 47877 Willich, Tel. 02154-70247,<br />

Fax 02154-8 76 84, E-Mail nschloe<strong>der</strong>@aol.com<br />

Geb. 1940 in Düsseldorf; nach dem Abitur<br />

Studium in Köln (Anglistik, Latein, Philosophie<br />

und Pädagogik); Lehrtätigkeit am<br />

St.-Bernhard-Gymnasium in Willich-<br />

Schiefbahn. Seit Oktober 1989 Mitglied des<br />

Rates <strong>der</strong> Stadt Willich; seit 1994 Vorsitzen<strong>der</strong><br />

des Schulausschusses; seit 2004<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Vereins Festspiele Schloß<br />

Neersen e. V. (www.festspiele-neersen.de).<br />

Mitglied im <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

seit 1998. Seit 2000 ist er Regionalbeauftragter<br />

des BFW für Nordrhein-Westfalen.<br />

OberstudiendirektorBernd Ostermeyer,<br />

Regionalbeauftragter für Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

Lageweg 4, 29342 Wienhausen, Tel./Fax 051 49-8263<br />

Dienstl.: Kaiserin-Auguste-Viktoria-Gymnasium, Europaschule<br />

Hannoversche Straße 53, 29221 Celle, Tel. 051 41-02 4030<br />

Fax 051 41-907768, E-Mail sl@kav-celle.de<br />

Geb. 1954, studierte Geschichte, Sport und<br />

Theologie. Seit 1978 im gymnasialen<br />

Schuldienst (Land Nie<strong>der</strong>sachsen). Veröffentlichungen<br />

und Referententätigkeit zu<br />

schul- und bildungspolitischen Fragen. Seit<br />

Mai 1990 Oberstudiendirektor des Kaiserin-Auguste-Viktoria-Gymnasiums<br />

in Celle.<br />

Seit <strong>2006</strong> ist er Regionalbeauftragter des<br />

BFW für Nie<strong>der</strong>sachsen.<br />

Oberschulrat Gerhard Schmid,<br />

Regionalbeauftragter für Berlin und Brandenburg<br />

Markelstraße 53, 12163 Berlin, Tel. priv. 030-79218 93,<br />

mobil 0170-8 15 7865, dienstl. 030-9 02 98-36 22,<br />

Fax priv. 030-790162 61, E-Mail ger-schmid@web.de<br />

Geb. 1945, Oberschulrat in Berlin, als<br />

Dienststellenleiter im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />

zuständig für die ca. 2500<br />

Lehrkräfte und Erzieher/innen und die 60<br />

Schulen im Bezirk von den Son<strong>der</strong>schulen<br />

bis zu den Gymnasien, Beisitzer im Vorstand<br />

<strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> CSU<br />

in Berlin, Mitglied und Funktionsträger <strong>der</strong><br />

CSU in Augsburg, 2003 – bis zu den Wahlen<br />

<strong>2006</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> des Forums und des<br />

Fachauschusses Schulpolitik und berufliche<br />

Bildung <strong>der</strong> CDU Berlin. Seit <strong>2006</strong> Regionalbeauftragter<br />

des BFW für Berlin und<br />

Brandenburg.<br />

Privatdozent Dr. habil. Siegfried Uhl,<br />

Regionalbeauftragter für Hessen<br />

Homburger Landstraße 225/I 408, 60435 Frankfurt am Main,<br />

Tel. 06 11-58 27-110, Fax 06 11-58 27-1 09, E-Mail s.uhl@iq.hessen.de<br />

Geb. 1960 in Überlingen am Bodensee. Erziehungswissenschaftler.<br />

1987–2004 Tätigkeit<br />

an den Universitäten Konstanz, Erfurt<br />

und Münster und an <strong>der</strong> Pädagogischen<br />

Hochschule Karlsruhe, seit 2004 im hessischen<br />

Landesdienst, zur Zeit kommissarischer<br />

Leiter <strong>der</strong> Abteilung II (neu) im Institut<br />

für Qualitätsentwicklung, Wiesbaden.<br />

Regionalbeauftragter des BFW für Thüringen<br />

2000 bis 2003, für Baden-Württemberg<br />

2003 bis 2004, für Hessen seit 2004.<br />

Staatsrat a.D. Dr. ReinerSchmitz,<br />

Regionalbeauftragter für Hamburg<br />

Friedensweg 34, 22609 Hamburg, Tel. 040-8 00 22 73<br />

Fax 040-87080516, E-Mail reinerschmitzhh@yahoo.de<br />

ProfessorDr. Gerd Wechsung,<br />

Regionalbeauftragter für Thüringen<br />

Geb. 1947 in Holzbüttgen bei Neuss, verwitwet,<br />

vier erwachsene Kin<strong>der</strong>. 1972 Promotion<br />

zum Dr. phil. im Fach Philosophie<br />

in Freiburg. Nach dem Staatsexamen Unterricht<br />

in den Fächern Philosophie, Deutsch,<br />

Geschichte und Latein an Gymnasien in<br />

Hamburg. Schulleiter, danach Schulverwaltungsbeamter<br />

in Hamburg, dabei von 2002<br />

bis 2004 Leiter des Katholischen Schulamtes<br />

in Hamburg, anschließend bis Ende<br />

2005 Staatsrat in <strong>der</strong> Behörde für Bildung<br />

und Sport <strong>der</strong> Hansestadt. Seit <strong>2006</strong> ist er<br />

Regionalbeauftragter des BFW für Hamburg.<br />

Rosenweg 3, 07751 Cospeda, Tel. 03641-44 76 73<br />

Geb. 1939, verheiratet, zwei erwachsene<br />

Kin<strong>der</strong>. Studium <strong>der</strong> Mathematik in Jena,<br />

seit 1992 Professor für Theoretische Informatik<br />

an <strong>der</strong> Friedrich-Schiller-Universität<br />

Jena. Seit 2004 im Ruhestand. Mitglied des<br />

Erweiterten Vorstands des BFW 1994 bis<br />

<strong>2006</strong>. Seit 2000 ist er Regionalbeauftragter<br />

des BFW für Thüringen.<br />

8<br />

<strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Den folgenden Vortrag hielt Ministerialdirigent Peter Greisler (BMBF)<br />

am 1. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> in Berlin auf Einladung des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong>. Der Referent stellte die aktuellen Entwicklungen in <strong>der</strong><br />

Hochschulpolitik dar. Er ging auf die große Linie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ebenso ein wie auf einzelne Fragen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform und stellte<br />

sie in den Zusammenhang mit internationalen Entwicklungen und Absprachen.<br />

In <strong>der</strong> Diskussion ergaben sich auch Streitpunkte, z.B. in Fragen<br />

<strong>der</strong> Umsetzung des Bolognaprozesses, des Akkreditierungswesens<br />

und <strong>der</strong> Strukturverän<strong>der</strong>ungen an den Hochschulen (Hochschulrat).<br />

Wir drucken den Vortrag, damit auch diejenigen, die nicht teilnehmen<br />

konnten, sich einen umfassenden Überblick über den Stand <strong>der</strong> Dinge<br />

machen können.<br />

<strong>fdw</strong><br />

Peter Greisler<br />

Hochschulpolitik nach <strong>der</strong><br />

Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

I. Einleitung<br />

Kein Bereich war bei den Verhandlungen<br />

zur Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

so umstritten wie <strong>der</strong> Bildungsbereich<br />

im allgemeinen und<br />

<strong>der</strong> Hochschulbereich im beson<strong>der</strong>en.<br />

Das zeigt, wie wichtig dieser<br />

Bereich ist, aber auch, daß wir<br />

auf verschiedenen Ebenen diskutiert<br />

haben. Es geht um Hochschulpolitik,<br />

aber auch um ordnungspolitische<br />

Fragen und natürlich<br />

um Machtfragen.<br />

Ich will mich hier auf die Perspektive<br />

<strong>der</strong> Hochschulpolitik konzentrieren<br />

und komme am Schluß zu<br />

dem Ergebnis, daß wir in dem<br />

neuen Rahmen durchaus das Richtige<br />

tun können. Das Richtige zu<br />

erreichen wird nicht leichter, zum<br />

Teil zwingen uns die neuen Regeln<br />

aber auch zu neuen Wegen,<br />

die wir längst hätten einschlagen<br />

müssen.<br />

II. Strategische Ausrichtung<br />

<strong>der</strong> Hochschulpolitik<br />

Bei je<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />

grundsätzlichen Entscheidungen<br />

sollten wir uns an unseren beiden<br />

zentralen strategischen Zielen für<br />

den Hochschulbereich orientieren.<br />

„Wirwollen Spitzenforschung<br />

auf Weltniveau.“<br />

Wir wollen Spitzenforschung auf<br />

Weltniveau, d. h. wir wollen langfristig<br />

und dauerhaft deutsche<br />

Universitäten in <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong><br />

TOP-Universitäten <strong>der</strong> Welt finden.<br />

„Und wir wollen exzellente<br />

Lehre.“<br />

Und wir wollen exzellente Lehre.<br />

Letzteres ist nicht nur bildungspolitisch<br />

klug, son<strong>der</strong>n auch ein arbeitsmarktpolitisches<br />

Muß.<br />

Diese beiden Ziele, zur Spitze sowohl<br />

in Forschung als auch in<br />

Lehre zu gehören, können wir im<br />

Grunde nur über eine differenzierte,<br />

profilierte, international orientierte<br />

und für Wandel und Wettbewerb<br />

offene Hochschullandschaft<br />

erreichen.<br />

III. Autonomie <strong>der</strong> Hochschulen<br />

Das Schlagwort „Autonomie“<br />

wird oft und gerne im Zusammenhang<br />

mit Hochschulen gebraucht.<br />

Wer ist schon für Bevormundung,<br />

wer ist für Abhängigkeit? Viele<br />

Beschränkungen sind schon gefallen.<br />

Viele Entscheidungen werden<br />

nicht mehr von den Ministerien,<br />

son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Hochschule<br />

selbst getroffen. Einige Hochschulen<br />

wie die TU Darmstadt sind in<br />

<strong>der</strong> Entwicklung schon sehr weit.<br />

Nimmt man den Gedanken <strong>der</strong><br />

Autonomie ernst, muß am Ende<br />

des Prozesses die Befugnis <strong>der</strong><br />

Hochschulen stehen, über Fragen<br />

des Personals, <strong>der</strong> Organisation<br />

etc. selbst zu entscheiden. Diese<br />

neue <strong>Freiheit</strong> muß auch für die Erschließung<br />

neuer Finanzierungsquellen<br />

gelten: Die Einwerbung<br />

von Drittmitteln spielt eine immer<br />

stärkere Rolle, Sponsoring wird<br />

wichtiger, die Einführung von<br />

Studiengebühren ist in vielen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n bereits beschlossen.<br />

Den Gedanken <strong>der</strong> Autonomie<br />

auch hier zu Ende gedacht,<br />

müssen die Hochschulen am Ende<br />

<strong>der</strong> Entwicklung grundsätzlich<br />

über das „Ob“ und die „Höhe“ von<br />

Studiengebühren selbst entscheiden<br />

können.<br />

Die Autonomie ist die zentrale<br />

Voraussetzung für die Diversifizierung<br />

<strong>der</strong> Hochschullandschaft,<br />

für die Profilbildung <strong>der</strong> Hochschulen.<br />

Nur eine durchdachte,<br />

konsequente und zum Teil für einige<br />

Fachbereiche schmerzhafte<br />

Schwerpunktsetzung erlaubt im<br />

Ergebnis Spitzenleistungen. Dies<br />

heißt aber auch, die deutsche<br />

Hochschullandschaft wird zunehmend<br />

bunter, vielfältiger, unangepaßter,<br />

vielleicht auch ein Stück<br />

unübersichtlicher.<br />

Am vorläufigen Ende des <strong>der</strong>zeit<br />

überschaubaren Wandlungsprozesses<br />

wird jedoch ein Spannungsverhältnis<br />

bestehen bleiben.<br />

Der Staat wird und kann sich nicht<br />

aus dem Hochschulbereich gänzlich<br />

zurückziehen. Warum nicht?<br />

Weil er einen Auftrag zu erfüllen<br />

hat, weil er durch die Verfassung<br />

gebunden ist.<br />

DerStaat „muß die Rahmenbedingungen<br />

für Forschung<br />

und Lehre in den Hochschulen<br />

gewährleisten.“<br />

Er muß die Rahmenbedingungen<br />

für Forschung und Lehre in den<br />

Hochschulen gewährleisten. Er<br />

muß einen gewichtigen Teil ihrer<br />

Finanzierung sicherstellen. Er<br />

muß insbeson<strong>der</strong>e gewährleisten,<br />

daß je<strong>der</strong> einzelne nach seiner Befähigung<br />

die Möglichkeit hat, eine<br />

akademische Ausbildung zu absolvieren.<br />

Letzteres zum Wohle<br />

des Ganzen, aber auch zum Wohle<br />

des einzelnen. Die Aufgabe des<br />

Staates wird sich auf die Festsetzung<br />

<strong>der</strong> Ziele beschränken, die<br />

Art und Weise wird weitgehend<br />

den Hochschulen überlassen bleiben.<br />

Die Umstellung des <strong>der</strong>zeitigen<br />

Steuerungssystems auf Zielvereinbarungen<br />

weist hier bereits<br />

deutlich den Weg. Ein gesun<strong>der</strong><br />

Wettbewerb um Ressourcen wird<br />

damit einhergehen. Die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> leistungsorientierten Mittelverteilung<br />

wird und muß steigen.<br />

Im wesentlichen war dies immer<br />

und ist es jetzt erst recht Län<strong>der</strong>sache.<br />

Der <strong>Bund</strong> wird diesen Weg zu<br />

mehr Autonomie konstruktiv begleiten<br />

und mitgestalten.<br />

Das Hochschulrahmengesetz<br />

soll zeitnah aufgehoben werden.<br />

Frau Dr. Schavan hat bereits den<br />

Auftrag erteilt, das Hochschulrahmengesetz<br />

zeitnah aufheben zu<br />

lassen. Damit trägt sie dem Umstand<br />

Rechnung, daß die Rahmengesetzgebungskompetenz<br />

des <strong>Bund</strong>es<br />

mit <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

entfallen ist. In erster Linie nimmt<br />

sie jedoch mit <strong>der</strong> Aufhebung des<br />

HRG, das immerhin seit 1976 existiert,<br />

den Ruf <strong>der</strong> Hochschulen<br />

nach mehr Autonomie ernst. Manchen<br />

Legenden, was so alles wegen<br />

des HRG nicht gehe, wird allerdings<br />

auch <strong>der</strong> Boden entzogen.<br />

Das trägt zur Klarheit <strong>der</strong> Verantwortungsstrukturen<br />

bei.<br />

Die arbeitsrechtlichen Regelungen,<br />

die sich bisher noch im HRG<br />

befinden, die sog. 12- bzw. 15-<br />

Jahres-Regelung für die Qualifizierungsphase,<br />

werden in das geplante<br />

neue <strong>Wissenschaft</strong>szeitvertragsgesetz<br />

überführt. Die Kompetenz<br />

des <strong>Bund</strong>es für das Arbeitsrecht<br />

ist von <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

unberührt geblieben. Dieses<br />

Gesetz enthält auch einen neuen<br />

Befristungstatbestand, <strong>der</strong> den<br />

Hochschulen die befristete Beschäftigung<br />

ihres wissenschaftlichen<br />

Personals auf Drittmittelbasis<br />

deutlich erleichtern wird. Auch<br />

dies ist ein aktiver Beitrag des<br />

<strong>Bund</strong>es, die Rahmenbedingungen<br />

für den Wandel mitzugestalten.<br />

Allerdings will ich auch klar sagen,<br />

daß wir hier Möglichkeiten<br />

eröffnen, von denen verantwortungsvoll<br />

Gebrauch gemacht werden<br />

muß.<br />

Mehr dauerhafte und attraktive<br />

Arbeitplätze für <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

An vielen Stellen müssen wir<br />

mehr dauerhafte und attraktive Arbeitsplätze<br />

für <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

schaffen. Befristete Arbeitsverträge<br />

sind nur befristet gut, wenn ich<br />

das hier mal so einfach auf den<br />

Punkt bringen darf. Das Gesetz<br />

wird voraussichtlich schon im<br />

Frühjahr nächsten Jahres in Kraft<br />

treten.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 9


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

IV. Hochschulabschlüsse<br />

Der <strong>Bund</strong>esgesetzgeber hat mit<br />

<strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform die Befugnis<br />

erhalten, den Bereich <strong>der</strong><br />

Hochschulabschlüsse und Hochschulzulassung<br />

nunmehr als konkurrierende<br />

Gesetzgebung zu regeln.<br />

Der <strong>Bund</strong> wird von diesen<br />

Kompetenzen vorerst keinen Gebrauch<br />

machen. Denn es besteht<br />

<strong>der</strong>zeit kein Regelungsbedarf.<br />

Peter Greislers Vortrag ...<br />

Der <strong>Bund</strong> hatte bereits im Jahre<br />

2002 die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse<br />

als Regelabschlüsse<br />

etabliert. Diese Vorgaben, die<br />

aus dem Bologna-Prozeß resultieren,<br />

wurden in allen Landesgesetzen<br />

umgesetzt. Die konkrete Umstellung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Studiengänge<br />

auf das neue Abschlußsystem<br />

ist ein Prozeß in den Hochschulen,<br />

<strong>der</strong> grundsätzlich keines gesetzgeberischen<br />

Eingriffs bedarf. Dieser<br />

Prozeß wird sich auch noch über<br />

mehrere Jahre erstrecken. Mittlerweile<br />

führen bereits 45 % aller<br />

Studiengänge an deutschen Hochschulen<br />

zu den Abschlüssen Bachelor<br />

und Master; sogar 70 % aller<br />

Studiengänge bei den Fachhochschulen.<br />

Die Zahl ist seit<br />

1999 stetig angestiegen. Dies ist<br />

ermutigend. Das nationale Akkreditierungssystem,<br />

das die Erfüllung<br />

von Mindeststandards bei<br />

den neuen Studiengängen sicherstellt,<br />

ist erfolgreich etabliert. Allerdings<br />

muß die Akkreditierung<br />

weiter beschleunigt werden. Erst<br />

ein Drittel <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit angebotenen<br />

Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

sind akkreditiert. Das Akkreditierungssystem<br />

selbst muß im<br />

Hinblick auf die europäischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

weiterentwickelt und<br />

die Qualitätssicherung an den<br />

Hochschulen insgesamt gestärkt<br />

werden.<br />

Die Erfahrung zeigt, daß die einzelnen<br />

Fachbereiche sehr unterschiedlich<br />

und mit unterschiedlichem<br />

Tempo die Umstellung betreiben.<br />

Hier erscheint es mir weise,<br />

weniger auf Zeitvorgaben zu<br />

setzen, son<strong>der</strong>n die Umstellung<br />

durch eine fundierte fachliche<br />

Diskussion voranzutreiben. Qualität<br />

geht auch hier vor Schnelligkeit.<br />

In einer beson<strong>der</strong>en Situation befinden<br />

sich die Staatsexamensstudiengänge.<br />

Der Umstellungsprozeß auf die<br />

Bachelor-Master-Struktur ist im<br />

Bereich <strong>der</strong> Lehramtsstudiengänge<br />

voll im Gange.<br />

Die innerdeutsche Mobilität<br />

<strong>der</strong>Studierenden erhalten!<br />

Hier werden die in <strong>der</strong> Sache zuständigen<br />

Län<strong>der</strong> verstärkt darauf<br />

achten müssen, daß die innerdeutsche<br />

Mobilität <strong>der</strong> Studierenden<br />

erhalten bleibt. Erkennbaren<br />

Fehlentwicklungen muß entgegengewirkt<br />

werden.<br />

Eine interessante Diskussion entwickelt<br />

sich zur Zeit im Bereich<br />

<strong>der</strong> Rechtswissenschaften.<br />

Die Justizministerinnen und Justizminister<br />

haben auf ihrer Herbsttagung<br />

2005 eine Umstellung <strong>der</strong><br />

Rechtswissenschaften als <strong>der</strong>zeit<br />

noch nicht sinnvoll eingestuft.<br />

Gleichwohl haben sie beschlossen,<br />

sich zur Konferenz 2008 u.a.<br />

über Berufsfel<strong>der</strong>, die für eine<br />

Ausbildung nach <strong>der</strong> Bachelor-<br />

Master-Struktur relevant sein<br />

könnten, und über die Einführung<br />

<strong>der</strong> Bachelor-Master-Struktur in<br />

<strong>der</strong> Juristenausbildung an<strong>der</strong>er europäischer<br />

Staaten berichten zu<br />

lassen. Vor kurzem hat sich mit<br />

Frau Müller-Piepenkötter zum ersten<br />

Mal eine Justizministerin eines<br />

großen <strong>Bund</strong>eslandes ausdrücklich<br />

auch für eine Umstellung<br />

<strong>der</strong> Rechtswissenschaften<br />

ausgesprochen. Die Debatte müssen<br />

wir führen und zwar zusammen:<br />

<strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>, Justizund<br />

Bildungspolitiker und mit<br />

Blick auf die in Betracht kommenden<br />

Arbeitsmärkte und die europäischen<br />

Rahmenbedingungen.<br />

V. Internationalisierung,<br />

Bologna<br />

Noch ein paar Bemerkungen zum<br />

wichtigen Komplex <strong>der</strong> Internationalisierung.<br />

Ein Beispiel für das Engagement<br />

des <strong>Bund</strong>es aus <strong>der</strong> Praxis: Die<br />

Mobilität innerhalb <strong>der</strong> neu eingeführten<br />

Studiengänge kann sich<br />

insbeson<strong>der</strong>e beim <strong>der</strong>zeit in <strong>der</strong><br />

Regel dreijährigen Bachelor organisatorisch<br />

durchaus schwierig gestalten.<br />

Um hier praktikable Lösungsansätze<br />

zu erarbeiten, hat<br />

das BMBF den DAAD mit einem<br />

Projekt zur Transnationalen Mobilität<br />

in Bachelor- und Masterstudiengängen<br />

beauftragt.<br />

Mobilität ist während des Studiums<br />

ein wichtiges Thema und<br />

nach Abschluß <strong>der</strong> Ausbildung<br />

erst recht. Ein europäischer Arbeitsmarkt<br />

erfor<strong>der</strong>t als Grundlage<br />

auch einen europäischen Hochschulraum<br />

und eine europaweit<br />

verwendbare Ausbildung. Deutsche<br />

Son<strong>der</strong>wege bei Abschlüssen,<br />

beson<strong>der</strong>e Berufszulassungsregelungen,<br />

staatliche Reglementierungen<br />

für Studiengänge etc.<br />

benachteiligen im Ergebnis deutsche<br />

Studierende und Absolventen<br />

und schwächen mittelfristig die<br />

Konkurrenzfähigkeit deutscher<br />

Hochschulen. Deutschland hat im<br />

Grunde keine Alternative. Es muß<br />

sich aktiv in die Bologna-Debatten<br />

einbringen und den weiteren<br />

Prozeß mitgestalten.<br />

„DerBologna-Prozeß ... ist ungemein<br />

nützlich für Deutschland.“<br />

Der Bologna-Prozeß selbst ist ungemein<br />

nützlich für Deutschland.<br />

Er schärft wie allgemein die Debatte<br />

über die Internationalisierung<br />

von Forschung und Lehre<br />

den Blick für die Stärken und<br />

Schwächen des eigenen Systems.<br />

Uns wird ein – manchmal vielleicht<br />

sogar eher unwillkommener<br />

– Spiegel vorgehalten. Wir sollten<br />

den Blick in den Spiegel jedoch<br />

nicht scheuen. Ein Prozeß wie Bologna<br />

schafft Transparenz, transportiert<br />

Ideen, sorgt für einen Bezugsrahmen<br />

für unsere eigene nationale<br />

bildungspolitische Debatte.<br />

Und nicht zuletzt entlarvt er<br />

manche Diskussion, die in<br />

Deutschland geführt wird, als „typisch<br />

deutsch“. Diese Chance, von<br />

an<strong>der</strong>en zu lernen und unsere Erfahrungen<br />

aber auch an<strong>der</strong>en zur<br />

Verfügung zu stellen, sollten wir<br />

uns nicht entgehen lassen.<br />

Die nächste Gelegenheit hierzu<br />

wird sich auf <strong>der</strong> Bologna-Ministerkonferenz<br />

in London im Mai<br />

2007 ergeben. Deutschland wird<br />

diese Konferenz im Rahmen seiner<br />

europäischen Ratspräsidentschaft<br />

gemeinsam mit dem Gastgeberland<br />

Großbritannien veranstalten.<br />

Beide Län<strong>der</strong> haben überdies<br />

im ersten Halbjahr 2007 den<br />

Vorsitz in <strong>der</strong> Bologna-Follow up-<br />

Gruppe inne. Deutschland wird im<br />

März und April 2007 Gastgeber<br />

für zwei Sitzungen dieser Gruppe<br />

sein und damit in einer beson<strong>der</strong>en<br />

Verpflichtung für die weitere Entwicklung<br />

des europäischen Hochschulraums<br />

stehen.<br />

Die Internationalisierungsstrategien<br />

<strong>der</strong> Hochschulen und die Maßnahmen,<br />

die im Rahmen <strong>der</strong> vom<br />

BMBF initiierten „Konzertierten<br />

Aktion Internationales Marketing“<br />

durchgeführt wurden, zeigen<br />

deutliche Wirkung. Beispielsweise<br />

ist das Ziel <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esregierung,<br />

den Anteil <strong>der</strong> ausländischen<br />

Studierenden auf 10% zu erhöhen,<br />

in greifbare Nähe gerückt. Im<br />

Wintersemester 2004/2005 wurde<br />

schon ein Anteil von 9,5% erreicht.<br />

Deutschland wird attraktiver.<br />

Deshalb denke ich, sollten wir<br />

auch im Hinblick auf die <strong>der</strong>zeitige<br />

sicherheitspolitische Debatte<br />

über die Verschärfung <strong>der</strong> aufenthaltsrechtlichen<br />

Bestimmungen<br />

für ausländische Studierende<br />

praktikable Lösungen mit Weitblick<br />

finden. Ansonsten gefährden<br />

wir unsere langjährigen<br />

Bemühungen um eine Internationalisierung<br />

des Hochschulstandorts<br />

Deutschland.<br />

VI. Hochschulzulassung<br />

Die Hochschulzulassung in den<br />

bundesweit zulassungsbeschränkten<br />

Studiengängen hat <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esgesetzgeber<br />

auf Initiative <strong>der</strong><br />

<strong>Bund</strong>esregierung erst 2004 neu<br />

geregelt. Danach können 60 % aller<br />

Studienplätze nunmehr von<br />

den Hochschulen besetzt werden.<br />

Autonomie <strong>der</strong> Hochschulen<br />

wird deutlich gestärkt.<br />

Damit wird die Autonomie <strong>der</strong><br />

Hochschulen auch in diesem<br />

wichtigen Bereich deutlich ge-<br />

10<br />

<strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

stärkt. Auf Basis <strong>der</strong> HRG-Regelungen<br />

haben die Län<strong>der</strong> erst vor<br />

wenigen Monaten einen neuen<br />

Staatsvertrag über die Vergabe<br />

von Studienplätzen vereinbart.<br />

Den Hochschulen steht ein differenziertes<br />

Auswahlinstrumentarium<br />

zur Verfügung, das nun <strong>der</strong><br />

Entwicklung und Praxiserprobung<br />

bedarf: Studierfähigkeitstests,<br />

Auswahlgespräche, gewichtete<br />

Einzelnoten sind wichtige Stichworte.<br />

Hier sind die Hochschulen<br />

beson<strong>der</strong>s gefor<strong>der</strong>t, auch beispielsweise<br />

durch die Bereitstellung<br />

des erfor<strong>der</strong>lichen Personals.<br />

Nach meiner Einschätzung wird<br />

zukünftig den fachspezifischen<br />

Studierfähigkeitstests in den meisten<br />

Fachbereichen eine große Bedeutung<br />

zukommen. Eine Rückmeldung<br />

über die Eignung für den<br />

angestrebten Studiengang ist für<br />

eine Hochschule eine offensichtlich<br />

wichtige Entscheidungsgrundlage<br />

und bietet darüber hinaus<br />

für jeden Studienbewerber eine<br />

wertvolle Orientierung. Wir<br />

konnten ja schon vor einigen Jahren<br />

mit dem so genannten Mediziner-Test<br />

bundesweit wertvolle Erfahrungen<br />

mit diesem Instrument<br />

sammeln.<br />

Sinkende Studienabbrecherund<br />

Studienfachwechselquote<br />

Es ist zu erwarten, daß mit <strong>der</strong> angestrebten<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Paßgenauigkeit<br />

zwischen Studium und<br />

Fähigkeiten, Erwartungen <strong>der</strong> Studierenden<br />

auch die bisherige hohe<br />

Studienabbruchsquote und die<br />

Quote <strong>der</strong> Studienfachwechsel<br />

deutlich sinken wird. Eine zügige<br />

Entwicklung des Auswahlinstrumentariums<br />

kann daher nur begrüßt<br />

und unterstützt werden. Eine<br />

erneute Än<strong>der</strong>ung des Hochschulzulassungsrechts<br />

sollte frühestens<br />

erwogen werden, wenn ausreichende<br />

Erfahrungen mit dem neuen<br />

Zulassungsverfahren vorliegen.<br />

Mit <strong>der</strong> zunehmenden Profilierung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen, mit <strong>der</strong> stärkeren<br />

Selektion wird auch dem<br />

Übergang von <strong>der</strong> Schule zur<br />

Hochschule eine deutlich gewichtigere<br />

Rolle als bisher zukommen.<br />

Dieser Wandel hat unmittelbare<br />

Auswirkungen auf die Schulen.<br />

Sie werden in Zukunft ihre Schülerinnen<br />

und Schüler bewußter auf<br />

eine akademische Ausbildung vorbereiten<br />

müssen. Sie müssen sie<br />

auch zielorientierter, z.B. bei <strong>der</strong><br />

Fächerwahl, beraten. Daß hier<br />

noch großer Bedarf ist, ist offenkundig.<br />

Auch <strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong> Studienberatung<br />

wird sich erhöhen. Der<br />

<strong>Bund</strong> wird auch künftig an <strong>der</strong> Erstellung<br />

<strong>der</strong> Broschüre und dem<br />

Online-Angebot „Studien- und<br />

Berufswahl“ inhaltlich mitwirken,<br />

das seit nunmehr 36 Jahren das<br />

einzige staatlich autorisierte Medium<br />

in Deutschland ist, das jährlich<br />

über alle angebotenen Studiengänge<br />

informiert. Das BMBF<br />

bringt sich auch weiterhin in das<br />

erfolgreiche Netzwerk „Wege ins<br />

Studium“ ein, um die Beratung<br />

und Information <strong>der</strong> Studieninteressierten<br />

zu verbessern.<br />

ZVS zu einer Serviceeinrichtung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen entwickeln<br />

Die gewollte Diversifizierung darf<br />

we<strong>der</strong> für die Studienbewerberinnen<br />

und -bewerber noch die Hochschulen<br />

zu einer Belastung führen.<br />

Die Län<strong>der</strong> sind <strong>der</strong>zeit dabei, die<br />

Zentralstelle für die Vergabe von<br />

Studienplätzen zu einer Serviceeinrichtung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen weiterzuentwickeln.<br />

Die ZVS ist eine<br />

Landeseinrichtung und sie führt<br />

auch Landesrecht aus. Ziel <strong>der</strong> Reform<br />

ist es, die Hochschulen bei<br />

<strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> neuen Auswahlinstrumentarien<br />

zu unterstützen.<br />

Studierende sollen leichter<br />

die für sie geeignete Hochschule<br />

finden und die Hochschulen sollen<br />

im administrativen Bereich, z.B.<br />

bei <strong>der</strong> Bearbeitung von Mehrfachbewerbungen,<br />

entlastet werden.<br />

Relevante Hochschulinformationen,<br />

z.B. im Hinblick auf<br />

das Auswahlkriterium „Einzelnoten“,<br />

sollten den Schülerinnen und<br />

Schülern bereits beim Eintritt in<br />

die Oberstufe vorliegen, damit sie<br />

ihre Fächerwahl daran ausrichten<br />

können. Auch in diesem Servicebereich<br />

könnte die ZVS zukünftig<br />

unterstützend tätig sein. Insgesamt<br />

wird die Reform <strong>der</strong> ZVS vom<br />

<strong>Bund</strong> ausdrücklich begrüßt und in<br />

den entsprechenden Gremien unterstützt.<br />

VII. Hochschulpakt<br />

Eine Individualisierung im Zulassungssystem,<br />

eine bewußte Auswahl<br />

<strong>der</strong> Studierenden durch die<br />

Hochschulen dürfen aber nicht zu<br />

einem generellen Ausschluß <strong>der</strong><br />

Abgelehnten vom Studium führen.<br />

Je<strong>der</strong> junge Mensch soll und<br />

muß auch weiterhin seine Chance<br />

bekommen. Aufgrund <strong>der</strong> bereits<br />

jetzt schon überlasteten Kapazitäten<br />

besteht jedoch <strong>der</strong>zeit die akute<br />

Gefahr, daß in wenigen Jahren<br />

flächendeckend Zulassungsbeschränkungen<br />

eingeführt werden<br />

müssen. Hierauf hat die Präsidentin<br />

<strong>der</strong> Hochschulrektorenkonferenz,<br />

Frau Professor Wintermantel,<br />

vor kurzem noch einmal ausdrücklich<br />

hingewiesen.<br />

... löste ein<br />

lebhaftes<br />

Echo aus<br />

Püttner<br />

(stehend) und<br />

Rosenbaum<br />

(vorne)<br />

wirtschaft eine wachsende Nachfrage<br />

nach Hochschulabsolventen<br />

auf dem Arbeitsmarkt. Daneben<br />

verlangt <strong>der</strong> internationale Wettbewerb<br />

eine weitere Profilierung<br />

unserer Hochschulen in <strong>der</strong> Forschung,<br />

die Hochschulen müssen<br />

noch stärker an Exzellenz und<br />

Sichtbarkeit gewinnen. Diese Profilierung<br />

wurde mit <strong>der</strong> Exzellenzinitiative<br />

eingeleitet.<br />

<strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong> betrachten diese<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen als große<br />

Chance für unser Land. Die prognostizierte<br />

Steigerung bei <strong>der</strong><br />

Zahl <strong>der</strong> Studienberechtigten bietet<br />

unserem Land die Möglichkeit,<br />

Die deutschen Hochschulen und<br />

mit ihnen das gesamte <strong>Wissenschaft</strong>ssystem<br />

stehen in den nächsten<br />

Jahren vor großen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Da ist zum einen die<br />

steigende Zahl von Studienberechtigten,<br />

die verursacht wird<br />

durch den Schulabschluß geburtenstarker<br />

Jahrgänge. Sie wird<br />

verstärkt durch doppelte Abiturjahrgänge.<br />

Der Höhepunkt <strong>der</strong><br />

Entwicklung ist in den Jahren<br />

2011 bis 2013 zu erwarten.<br />

Gleichzeitig entsteht aufgrund des<br />

Strukturwandels unserer Volksden<br />

akademischen Nachwuchs zu<br />

sichern und die Innovationskraft<br />

unserer Gesellschaft zu stärken.<br />

Deutschland wird durch die Stärkung<br />

<strong>der</strong> Forschung auch attraktiver<br />

für den besten internationalen<br />

Forschernachwuchs.<br />

<strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong> wollen diese<br />

Chance nutzen. Deshalb haben<br />

sich die <strong>Wissenschaft</strong>sminister<br />

von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n auf Eckpunkte<br />

für einen Hochschulpakt<br />

2020 geeinigt. Diese werden den<br />

Regierungschefs von <strong>Bund</strong> und<br />

Län<strong>der</strong>n im <strong>Dezember</strong> zur Zustimmung<br />

vorgelegt.<br />

„Der Hochschulpakt beinhaltet<br />

ein verläßliches und langfristiges<br />

Engagement von <strong>Bund</strong><br />

und Län<strong>der</strong>n für ein <strong>der</strong>Nachfrage<br />

entsprechendes Studienangebot<br />

bis 2020.“<br />

Der Hochschulpakt beinhaltet ein<br />

verläßliches und langfristiges Engagement<br />

von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n<br />

für ein <strong>der</strong> Nachfrage entsprechendes<br />

Studienangebot bis 2020.<br />

Ziel ist, jedem Studienberechtig-<br />

ten, <strong>der</strong> willens und fähig ist, ein<br />

Studium aufzunehmen, auch ein<br />

Studienangebot zu machen. Auf<br />

<strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> KMK-Prognose gehen<br />

wir dabei zunächst für die Jahre<br />

2007 bis 2010 von 90000 zusätzlichen<br />

Studienanfängerinnen<br />

und -anfängern gegenüber dem<br />

Basisjahr 2005 aus. Der <strong>Bund</strong> beteiligt<br />

sich an den Kosten zur Aufnahme<br />

dieser jungen Menschen<br />

mit insgesamt 565 Mio. bis<br />

2010. Daneben beinhaltet <strong>der</strong><br />

Hochschulpakt eine Programmpauschale<br />

für erfolgreiche Forschungsvorhaben,<br />

die sich im<br />

Wettbewerb um För<strong>der</strong>mittel <strong>der</strong><br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 11


Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Grundgesetz<br />

Neufassung<br />

Artikel 91 b<br />

(1) <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong> können<br />

auf Grund von Vereinbarungen<br />

in Fällen überregionaler Bedeutung<br />

zusammenwirken bei<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von:<br />

1. Einrichtungen und Vorhaben<br />

<strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Forschung außerhalb von<br />

Hochschulen<br />

2. Vorhaben <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

und Forschung an Hochschulen.<br />

3. Forschungsbauten an Hochschulen<br />

einschließlich Großgeräten.<br />

Vereinbarungen nach Satz 1<br />

<strong>Nr</strong>. 2 bedürfen <strong>der</strong> Zustimmung<br />

aller Län<strong>der</strong>.<br />

(2) <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong> können<br />

auf Grund von Vereinbarungen<br />

zur Feststellung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

des Bildungswesens<br />

im internationalen Vergleich<br />

und bei diesbezüglichen Berichten<br />

und Empfehlungen zusammenwirken.<br />

(3) Die Kostentragung wird in<br />

<strong>der</strong> Vereinbarung geregelt.<br />

1<br />

zu VIII.<br />

DFG durchsetzen. Mit einem solchen<br />

Einstieg in die Vollkostenfinanzierung<br />

von Forschungsprojekten<br />

wird das Ziel verfolgt, die<br />

Forschungsför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> DFG<br />

von <strong>der</strong> Ko-Finanzierung <strong>der</strong><br />

Hochschulen unabhängiger zu<br />

machen. Der <strong>Bund</strong> wird die Kosten<br />

für die Programmpauschalen<br />

bis 2010 zu 100 % übernehmen.<br />

Mit dem Hochschulpakt hat <strong>der</strong><br />

<strong>Bund</strong> eine weitere zentrale Initiative<br />

angestoßen, die absehbar auf<br />

eine ähnlich positive Resonanz<br />

wie die Exzellenzinitiative stoßen<br />

wird. Die Exzellenzinitiative wird<br />

als Anreiz für die universitäre<br />

Spitzenforschung, als Instrument<br />

zur Stärkung des Wettbewerbs und<br />

damit zur Differenzierung zwischen<br />

den Universitäten eine hohe<br />

strukturelle Wirkung entfalten.<br />

Wir verabschieden uns damit auch<br />

von <strong>der</strong> Vorstellung, daß in<br />

Deutschland alle Hochschulen in<br />

gleicher, international sichtbarer<br />

Qualität Forschung betreiben. Diese<br />

Vorstellung ist von <strong>der</strong> Realität<br />

längst überholt geworden. Die<br />

deutsche Hochschullandschaft befindet<br />

sich bereits heute in einem<br />

deutlichen Prozeß <strong>der</strong> Diversifizierung.<br />

Die Exzellenzinitiative<br />

hat eine ungeheure Dynamik in<br />

<strong>der</strong> Hochschullandschaft freigesetzt.<br />

Die beeindruckende Zahl an<br />

qualitativ höchstwertigen Anträgen<br />

hat die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong><br />

Universitäten und ihr enormes Potenzial<br />

erneut unter Beweis gestellt.<br />

Ich verspreche mir von diesem<br />

Wettbewerb erhebliche Impulse<br />

für die gesamte Hochschullandschaft.<br />

Er macht transparent,<br />

mit welchen Strategien universitäre<br />

Forschung an die Spitze geführt<br />

werden kann.<br />

An dieser Stelle muß ich – um<br />

Mißverständnisse zu vermeiden –<br />

etwas einflechten:<br />

Wir wollen Spitzenunis, die weltweit<br />

Beachtung finden, aber wir<br />

brauchen auch gute Hochschulen,<br />

die insgesamt Deutschland eine<br />

gute Ausbildung für Berufsanfänger<br />

und eine gute Weiterbildung<br />

sicherstellen. Und wir brauchen<br />

natürlich auch Universitäten, die<br />

den sogenannten Spitzenunis im<br />

Nacken sitzen.<br />

Lebendige Hochschullandschaft<br />

in ganz Deutschland<br />

pflegen.<br />

Das heißt, bei aller Konzentration<br />

müssen wir auch eine lebendige<br />

Hochschullandschaft in ganz<br />

Deutschland pflegen. Nur „wir“<br />

heißt nicht zuerst „<strong>der</strong> <strong>Bund</strong>“.<br />

Der <strong>Bund</strong> ist entschlossen, den<br />

<strong>Wissenschaft</strong>s- und Hochschulstandort<br />

Deutschland voranzubringen.<br />

Dies zeigt sich vor dem<br />

Hintergrund <strong>der</strong> beiden Initiativen<br />

„Exzellenzinitiative“ und „Hochschulpakt“<br />

auch darin, daß <strong>der</strong><br />

Etat des BMBF gegenüber dem<br />

Vorjahr trotz <strong>der</strong> immer noch angespannten<br />

Haushaltslage um<br />

deutlich über 400 Millionen Euro<br />

gestiegen ist.<br />

VIII. Neue Gemeinschaftsaufgabe<br />

Art. 91 b GG 1<br />

Rechtsgrundlage des Hochschulpakts<br />

2020 ist Art. 91b GG. Dieser<br />

wurde im Rahmen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

neu gefaßt. Hierdurch<br />

wurde <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n ein<br />

Handlungsspielraum eröffnet, <strong>der</strong><br />

es ihnen erlaubt, ihre gemeinsame<br />

Verantwortung in <strong>der</strong> Praxis auch<br />

wahrzunehmen. Die neue Gemeinschaftsaufgabe<br />

zur Finanzierung<br />

von Vorhaben <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

und Forschung an Hochschulen<br />

ermöglicht auch die gemeinsame<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lehre an<br />

Hochschulen. Dies ist relevant gerade<br />

auch im Hinblick auf die steigenden<br />

Studierendenzahlen. Daher<br />

hat das Parlament im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Beschlußfassung zu dem verfassungsän<strong>der</strong>nden<br />

Gesetz den<br />

Weg für den Hochschulpakt, wie<br />

er jetzt abgeschlossen werden soll,<br />

ausdrücklich eröffnet. Damit wird<br />

<strong>der</strong> Tatsache Rechnung getragen,<br />

daß es sich um eine Aufgabe von<br />

gesamtstaatlicher Dimension handelt,<br />

<strong>der</strong>en Bewältigung eine<br />

<strong>Bund</strong>-Län<strong>der</strong>-Kooperation genauso<br />

erfor<strong>der</strong>lich macht wie eine Koordinierung<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong>.<br />

Die bisherige Gemeinschaftsaufgabe<br />

„Bildungsplanung“ wurde<br />

durch eine neue Gemeinschaftsaufgabe<br />

ersetzt (Artikel 91b<br />

Abs. 2GG). Danach können <strong>Bund</strong><br />

und Län<strong>der</strong> aufgrund von Vereinbarungen<br />

zur Feststellung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

des Bildungswesens<br />

im internationalen Vergleich<br />

und bei diesbezüglichen Berichten<br />

und Empfehlungen zusammenarbeiten.<br />

Dies beinhaltet ein Zusammenwirken<br />

bei internationalen<br />

Vergleichsuntersuchungen, Berichten<br />

o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Abgabe von<br />

Empfehlungen. Zentrale Elemente<br />

bildungspolitischer Steuerung<br />

sind künftig also Autonomie,<br />

Wettbewerb und Monitoring. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

das Instrument <strong>der</strong><br />

Empfehlungen gibt <strong>Bund</strong> und<br />

Län<strong>der</strong>n die Möglichkeit, gemeinsame<br />

Ziele für die Weiterentwicklung<br />

des Bildungswesens festzulegen.<br />

Sie können auch bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />

durch koordinierte Maßnahmen<br />

in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen<br />

zusammenzuwirken.<br />

Zur Umsetzung <strong>der</strong> neuen Gemeinschaftsaufgabe<br />

haben <strong>Bund</strong><br />

und Län<strong>der</strong> bereits den Entwurf<br />

eines Verwaltungsabkommens erarbeitet.<br />

Das Abkommen soll am<br />

13. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> durch die Regierungschefs<br />

von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n<br />

unterzeichnet werden und am<br />

1. Januar 2007 in Kraft treten. Es<br />

regelt im wesentlichen die Strukturen<br />

für das künftige Zusammenwirken<br />

von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n im<br />

Bereich Bildung und schafft die<br />

Voraussetzungen für eine gleichberechtigte<br />

<strong>Bund</strong>-Län<strong>der</strong>-Kooperation<br />

im Bereich <strong>der</strong> neuen Gemeinschaftsaufgabe.<br />

In Zukunft<br />

werden die Bildungsministerinnen<br />

und -minister von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n<br />

in regelmäßigen Zusammenkünften<br />

„wesentliche Vorhaben“<br />

des Zusammenwirkens erörtern<br />

und beschließen.<br />

IX. Schluß<br />

Ich habe etliche Problemkreise<br />

aufgezeigt, an denen <strong>Bund</strong>, Län<strong>der</strong><br />

und Hochschulen gemeinsam<br />

ihren Gestaltungswillen in den<br />

Zeiten des Wandels zeigen können.<br />

Immense Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Die Hochschulen stehen in <strong>der</strong> Tat<br />

vor immensen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

<strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong> sind sich<br />

<strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Hochschulen<br />

für unser Land bewußt. Die <strong>der</strong>zeitigen<br />

gemeinsamen Anstrengungen<br />

belegen dies nachdrücklich.<br />

Übergangsprozesse zu gestalten,<br />

ist im übrigen auch nie einfach,<br />

oftmals politisch unbequem,<br />

aber stets spannend und lohnend<br />

für alle Beteiligten. Und wir müssen<br />

uns alle umstellen. Die Län<strong>der</strong><br />

haben eine größere Verantwortung,<br />

aber <strong>der</strong> <strong>Bund</strong> muß auch dazu<br />

beitragen, daß die Gesamtsicht<br />

bleibt. Wir müssen die Forschung<br />

über Hochschulen und unser <strong>Wissenschaft</strong>ssystem<br />

als Ganzes stärken,<br />

die Kommunikation über<br />

Landesgrenzen hinweg för<strong>der</strong>n<br />

und die internationale Perspektive<br />

einbringen. Mehr als bisher müssen<br />

wir auf die Macht <strong>der</strong> Argumente<br />

und ihre öffentliche Verbreitung<br />

bauen. Und <strong>Bund</strong> und<br />

Län<strong>der</strong> müssen gemeinsam Rahmenbedingungen<br />

schaffen, in denen<br />

Wettbewerb zum Gewinn für<br />

das Ganze führt. Gute Lehre, bedarfsgerechte<br />

Ausbildung, gute<br />

Forschung müssen sich für die Akteure<br />

für Ort lohnen.<br />

■<br />

Peter Greisler leitet als Ministerialdirigent<br />

die Unterabteilung<br />

Hochschule im <strong>Bund</strong>esministerium<br />

für Bildung und Forschung.<br />

12<br />

<strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Nordrhein-Westfalen<br />

Das neue Hochschulfreiheitsgesetz<br />

Das neue nordrhein-westfälische Hochschulgesetz, das sogenannte<br />

Hochschulfreiheitsgesetz, ist ab dem 1. Januar <strong>2006</strong> in Kraft.<br />

Die <strong>fdw</strong> berichtete mehrfach über seinen Inhalt und seine Entwicklung.<br />

Keine Frage, daß es „umstritten“ ist. Es fand im Parlament aber<br />

die einhellige Unterstützung <strong>der</strong> Regierungsfraktionen.<br />

Nach <strong>der</strong> Verabschiedung des Gesetzes fragten wir den Präsidenten<br />

des Deutschen Hochschulverbandes, Professor Dr. Bernhard Kempen,<br />

nach seiner Einschätzung. Über die finanzielle Unterstützung<br />

und die finanziellen Gestaltungsspielräume des Staates gab uns<br />

<strong>der</strong> Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Helmut<br />

Linssen, Auskunft.<br />

Interview mit Bernhard Kempen:<br />

<strong>fdw</strong>: Herr Professor Kempen, am<br />

25. Oktober <strong>2006</strong> hat <strong>der</strong> Düsseldorfer<br />

Landtag das Hochschulfreiheitsgesetz<br />

verabschiedet. Es wird am 1. Januar<br />

2007 in Kraft treten. Schon bei <strong>der</strong> Anhörung<br />

im August haben Sie in Ihrer<br />

Stellungnahme gesagt, das neue Gesetz<br />

sei ohne Alternative. Damit haben Sie<br />

dem Gesetzgeber ein großes Kompliment<br />

ausgesprochen. Worin gründete<br />

Ihre positive Einschätzung?<br />

Kempen: Die Hochschulen stehen vor<br />

immensen Herausfor<strong>der</strong>ungen: Prognostiziert<br />

wird ein rasanter Anstieg <strong>der</strong><br />

Studierendenzahlen, <strong>der</strong> einerseits erfreut,<br />

an<strong>der</strong>erseits aber auch Sorgen bereitet:<br />

Die Umstellung <strong>der</strong> Studienstruktur<br />

auf Bachelor und Master erfor<strong>der</strong>t<br />

zusätzliches Lehrpersonal in einer Zeit,<br />

in <strong>der</strong> es nach jahrzehntelanger Unterfinanzierung<br />

ohnehin an Lehrkapazitäten<br />

mangelt. In dieser schwierigen Ausgangslage<br />

halte ich es für richtig, die<br />

Hochschulen in die Autonomie zu entlassen,<br />

weil damit die begründete Hoffnung<br />

einhergeht, daß die Hochschulen<br />

die Herausfor<strong>der</strong>ungen, die vor ihnen<br />

liegen, besser meistern werden. Kreativität<br />

entsteht nur dort, wo <strong>Freiheit</strong> und<br />

Unabhängigkeit vorhanden sind.<br />

<strong>fdw</strong>: Nach <strong>der</strong> Verabschiedung wäre ja<br />

zu prüfen, ob die Verän<strong>der</strong>ungsvorschläge,<br />

die sowohl Sie persönlich als<br />

auch <strong>der</strong> Deutsche Hochschulverband<br />

im August gemacht haben, im endgültigen<br />

Gesetzestext berücksichtigt worden<br />

sind.<br />

„Nur ein erster wichtiger Schritt“<br />

Kempen: Der mit dem Hochschulfreiheitsgesetz<br />

verbundene Paradigmenwechsel<br />

setzt deutschlandweit Maßstäbe.<br />

Gleichwohl ist er nur ein erster<br />

wichtiger Schritt in die richtige Richtung.<br />

Mit dem Grundsatz <strong>der</strong> Autonomie<br />

unvereinbar bleibt die gesetzlich<br />

verordnete Entmachtung <strong>der</strong> akademischen<br />

Selbstverwaltungsgremien zugunsten<br />

<strong>der</strong> zentralen Leitung. Das<br />

Hochschulfreiheitsgesetz beschert den<br />

Hochschulen einen Hochschulrat, <strong>der</strong><br />

mit großer Machtfülle ausgestattet ist,<br />

nicht zuletzt bei <strong>der</strong> Wahl des Rektors<br />

o<strong>der</strong> Präsidenten. In einem wettbewerblichen<br />

Hochschulsystem sollten jedoch<br />

Entscheidung und Verantwortung dort<br />

liegen, wo die Leistung erbracht wird.<br />

Deshalb sollte <strong>der</strong> Senat auch eine Abwahlmöglichkeit<br />

des Präsidenten o<strong>der</strong><br />

des Rektors erhalten. Dem Wettbewerbsgedanken<br />

wi<strong>der</strong>spricht auch das<br />

ausnahmslos vorgesehene Diplomverbot.<br />

Schließlich hat <strong>der</strong> Deutsche Hochschulverband<br />

auf die Schaffung einer<br />

Versetzungsregelung gedrängt, die es<br />

dem Land ermöglicht, Professoren gegebenenfalls<br />

einer an<strong>der</strong>en Hochschule<br />

zuzuweisen. Lei<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />

diesen Vorschlägen nicht mehr gefolgt.<br />

An <strong>der</strong> grundsätzlich positiv zu bewertenden<br />

Ausrichtung des Gesetzes än<strong>der</strong>t<br />

dies aber nichts.<br />

<strong>fdw</strong>: In welche Richtung zielt Ihrer Meinung<br />

nach <strong>der</strong> Zusatz „<strong>Freiheit</strong>“ im<br />

Hochschulgesetz, wodurch es zum<br />

Hochschul freiheitsgesetz wird?<br />

Kempen: Der Zusatz „<strong>Freiheit</strong>“ zielt<br />

auf die Selbstbestimmung <strong>der</strong> Hochschulen,<br />

die in die Lage versetzt werden,<br />

das eigene Potential auszuschöpfen.<br />

Die Hochschulen werden mit dem<br />

Hochschulfreiheitsgesetz als Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts verselbständigt.<br />

Ihnen werden bislang vom<br />

Staat wahrgenommene Kompetenzen<br />

für Finanz- und Personalentscheidungen<br />

übertragen. Hochschulen in NRW<br />

unterliegen künftig nur noch <strong>der</strong><br />

Rechts- und nicht mehr <strong>der</strong> Fachaufsicht<br />

des Ministeriums, wenngleich die<br />

Übergänge zwischen beiden Bereichen<br />

zweifelsohne fließend sind. Durch das<br />

Instrument <strong>der</strong> Zielvereinbarung hat<br />

sich das Land zudem selbst die Ermächtigung<br />

gegeben, „autonome“ Entscheidungen<br />

<strong>der</strong> Hochschulen maßgeblich zu<br />

beeinflussen und sogar aufzuheben. In<br />

welchem Maße die Hochschulen dadurch<br />

in <strong>der</strong> Praxis einen Teil <strong>der</strong> gerade<br />

erst gewonnenen <strong>Freiheit</strong> wie<strong>der</strong> verlieren,<br />

bleibt abzuwarten.<br />

<strong>fdw</strong>: Was verbessert sich durch das Gesetz<br />

für die Professoren? Werden sie ihrer<br />

Berufung jetzt besser nachgehen<br />

können?<br />

Kempen: Schnellere Entscheidungen<br />

und größere Gestaltungsspielräume<br />

kommen Lehrenden und Lernenden zugute.<br />

Wie die neuen Leitungsstrukturen<br />

sich im Universitätsalltag auswirken<br />

werden, ist noch nicht abzusehen. Jede<br />

Hochschulleitung ist klug beraten, nicht<br />

zuletzt die Professoren, die die wissenschaftliche<br />

Leistung einer Universität<br />

ausmachen und prägen, in die Entscheidungsfindung<br />

einzubeziehen und <strong>der</strong><br />

Versuchung zu wi<strong>der</strong>stehen, aufgrund<br />

<strong>der</strong> Rückendeckung durch den mächtigen<br />

Hochschulrat selbstherrlich zu agieren.<br />

Nicht gegen, son<strong>der</strong>n nur mit den<br />

Professoren werden die Universitäten<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 13


im Wettbewerb bestehen und ihre Stärken<br />

entfalten können.<br />

<strong>fdw</strong>: Kritiker sehen das Gesetz als Instrument<br />

einer entschiedenen, wenn<br />

nicht sogar brutalen Ökonomisierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> an, die mehr an finanzieller<br />

Effizienz als an Wahrheitssuche<br />

ausgerichtet werde, womit letztlich die<br />

<strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit unterminiert werde.<br />

Auch bestehe die Gefahr, daß finanziell<br />

ineffiziente <strong>Wissenschaft</strong>en – wie<br />

die Geistes- und Sozialwissenschaften –<br />

ins Abseits gerieten und in ihrer Existenz<br />

gefährdet seien.<br />

Kempen: Es ist <strong>der</strong>zeit nicht einzuschätzen,<br />

wie die jeweiligen Hochschulratsmitglie<strong>der</strong><br />

an den einzelnen Universitäten<br />

agieren werden. Vieles hängt in<br />

<strong>der</strong> Tat davon ab, welche Köpfe innerhalb<br />

wie außerhalb <strong>der</strong> Universität für<br />

das neue Gremium gewonnen werden<br />

können. Sind die Mitglie<strong>der</strong> klug ausgewählt<br />

und nehmen sie ihre Rolle verantwortungsvoll<br />

und umsichtig wahr, wird<br />

viel von <strong>der</strong> grundsätzlichen Kritik am<br />

Hochschulrat aufgefangen. Die Gefahr,<br />

daß sogenannte „Orchideenfächer“ zu<br />

kurz kommen o<strong>der</strong> gar wegrationalisiert<br />

werden, ist vorhanden. Kluge Hochschulen<br />

wissen aber längst, daß gerade<br />

die vermeintlichen akademischen Randgebiete<br />

das Profil einer Universität<br />

maßgeblich bestimmen.<br />

<strong>fdw</strong>: Hochschulen sollen ihr Profil ausbilden<br />

und miteinan<strong>der</strong> in Konkurrenz<br />

treten: Wie scharf darf das Profil denn<br />

sein, wenn die Universität noch Universität<br />

bleiben soll? – Die Medizinische<br />

Akademie in Düsseldorf hatte als solche<br />

in den sechziger Jahren einen exzellenten<br />

Ruf, zu einer Universität wurde sie<br />

aber erst, nachdem weitere Fakultäten<br />

hinzukamen. Das heißt doch, daß die<br />

„universitas“ sich im Ganzen und im<br />

Glanze ihrer Fakultäten zeigt.<br />

Kempen: Die Universität muß sich<br />

auch weiterhin am Gedanken <strong>der</strong> universitas<br />

litterarum orientieren. Die Vielfalt<br />

<strong>der</strong> Fächer und ihre Begegnung in<br />

Forschung, Lehre und Studium tragen<br />

wesentlich zur intellektuellen Faszination<br />

<strong>der</strong> Universität bei. Diese darf nicht<br />

durch Sparmaßnahmen gefährdet werden.<br />

Das schließt aber nicht aus, daß aus<br />

finanziellen und strukturellen Überlegungen<br />

Fächergruppen und Schwerpunkte<br />

an einzelnen Universitäten gebildet<br />

werden. Warum sollen sich einige<br />

von ihnen nicht auf ihre Kernkompetenz<br />

und ihre Stärken konzentrieren?<br />

<strong>fdw</strong>: Welche Verbesserungen enthält<br />

das neue Gesetz für die Studenten? -<br />

Normierte Studienverläufe in akkreditierten<br />

Studiengängen, ständige studienbegleitende<br />

Prüfungen – wo bleibt eigentlich<br />

für Studenten die <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit,<br />

die sich unter an<strong>der</strong>em<br />

in <strong>der</strong> Möglichkeit ausdrückt, sich in<br />

seinem Fachgebiet zweckfrei, aus Neugier<br />

zu orientieren?<br />

Kempen: Nur eine differenzierte und<br />

strukturierte Hochschullandschaft eröffnet<br />

den Studierenden die Möglichkeit,<br />

ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes<br />

Studium auszuwählen und zu ergreifen.<br />

Universitäten bilden ihre Studierenden<br />

allerdings nicht berufsfertig, son<strong>der</strong>n<br />

berufsfähig aus. Curricula sollten daher<br />

nicht zu eng gestrickt sein. Im übrigen<br />

gilt: Die überbordende Akkreditierungsbürokratie<br />

muß zurückgeschnitten<br />

werden, wenn mit <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong><br />

Hochschulen ernst gemacht werden<br />

soll. Autonomie ist nach meinem Verständnis<br />

ein Langzeitprogramm. Das<br />

Hochschulfreiheitsgesetz hat erst den<br />

Einstieg geschafft. Weitere Schritte,<br />

z.B. im Bereich Kapazitätsrecht o<strong>der</strong><br />

Liegenschaftsmanagement, müssen folgen.<br />

<strong>fdw</strong>: Welche Entwicklungen erwarten<br />

Sie in <strong>der</strong> Hochschullandschaft des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen nach Inkrafttreten<br />

des Hochschulfreiheitsgesetzes?<br />

Könnte es wirklich sein, daß –<br />

Staatssekretär Dr. Stückradt aus dem<br />

Ministerium für Innovation, <strong>Wissenschaft</strong>,<br />

Forschung und Technologie<br />

schließt das ausdrücklich nicht aus –<br />

Hochschulen Insolvenz anmelden müssen?<br />

Kempen: Die ursprünglich vorgesehene<br />

Insolvenzfähigkeit <strong>der</strong> Hochschulen<br />

ist vom Tisch. Das Hochschulsystem<br />

wird aber in Bewegung bleiben und sich<br />

stärker ausdifferenzieren. Die Hochschulen<br />

begeben sich in einen Wettbewerb<br />

um Studierende, um Reputation<br />

und um die besten Köpfe in Forschung<br />

und Lehre. Dabei wird es Sieger und<br />

Verlierer geben. Verlagerungen, Zusammenschlüsse<br />

o<strong>der</strong> gar Schließungen einzelner<br />

Fachbereiche sind zumindest<br />

langfristig nicht auszuschließen.<br />

„Zukunftspakt gibt den Hochschulen Rechts- und Planungssicherheit“<br />

Interview mit Finanzminster Dr. Helmut Linssen<br />

<strong>fdw</strong>: Herr Minister, wie kommen die<br />

Hochschulen an Geld, wenn Sie ihnen<br />

nichts mehr geben?<br />

Linssen: Wenn wir den Hochschulen<br />

nichts mehr geben würden, würden wir<br />

rd. 3,8 Mrd. Euro (inkl. Kliniken) an<br />

Haushaltsmitteln sparen. Die Fragestellung<br />

ist also so nicht richtig. Auch nach<br />

Inkrafttreten des Hochschulfreiheitsgesetzes<br />

werden die Hochschulen im bisherigen<br />

Finanzrahmen aus dem Landeshaushalt<br />

finanziert. Im Gegensatz zu<br />

früheren Jahren haben die Hochschulen<br />

zudem durch den mit ihnen abgeschlossenen<br />

Zukunftspakt Rechts- und Planungssicherheit<br />

über die ihnen vom<br />

Land zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel<br />

gewonnen.<br />

<strong>fdw</strong>: Sollen die staatlichen Mittel in absoluten<br />

Zahlen gleich bleiben o<strong>der</strong> in<br />

Prozent vom Landeshaushalt?<br />

Linssen: Durch den mit den Hochschulen<br />

abgeschlossenen Zukunftspakt ist<br />

den Hochschulen bis zum Jahr 2010 eine<br />

Finanzierung auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Zuweisungen<br />

des Jahres <strong>2006</strong> zugesichert<br />

worden. Bei den Personalausgaben nehmen<br />

sie im wesentlichen an den für alle<br />

an<strong>der</strong>en Bereiche geltenden Besoldungs-<br />

und Tarifsteigerungen teil, so<br />

daß von einer Festschreibung nicht die<br />

Rede sein kann. Kosten für notwendige<br />

Investitionen, etwa bei den Bauten für<br />

die Hochschulmedizin, können nicht<br />

festgeschrieben werden, son<strong>der</strong>n werden<br />

sich immer auch an den jährlichen<br />

Notwendigkeiten orientieren müssen.<br />

14 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Finanzminister Dr. Helmut Linssen<br />

(Foto: Landtag NRW/B. Schälte)<br />

<strong>fdw</strong>: Gibt es einen bestimmten Schlüssel<br />

für die Zuweisung an die einzelnen<br />

Hochschulen und wonach richtet er<br />

sich?<br />

Linssen: Die Hochschulen erhalten wie<br />

bisher eine Grundausstattung, die sich<br />

an ihren personellen und sächlichen<br />

Ressourcen orientiert. Der größte Teil<br />

entfällt hierbei auf die Personalkosten<br />

(rd. 70 %). Eine Spitze von 20 % <strong>der</strong><br />

Mittel erhalten sie nach Maßgabe von<br />

Zielvereinbarungen und Leistungskriterien.<br />

Eine solche Vergabepraxis wird<br />

den Anreiz für eine spezifische Profilausbildung<br />

einzelner Hochschulstandorte<br />

erhöhen und soll zudem zu einem arbeitsteiligen<br />

Schwerpunktausbau an den<br />

verschiedenen Hochschulstandorten anregen.<br />

<strong>fdw</strong>: Wie stehen Sie zu <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

des Deutschen Hochschulverbandes,<br />

den Hochschulpakt, den Landesregierung<br />

und Hochschulen miteinan<strong>der</strong> geschlossen<br />

haben, gesetzlich festzuschreiben?<br />

Linssen: Gemeint ist hier wohl <strong>der</strong> Zukunftspakt.<br />

Eine gesetzliche Regelung<br />

ist vor dem Hintergrund des Hochschulfreiheitsgesetzes<br />

nicht erfor<strong>der</strong>lich und<br />

wäre auch nicht angezeigt. Dies um so<br />

mehr, als <strong>der</strong> Zukunftspakt durch einen<br />

entsprechenden Entschließungsantrag<br />

des Landtags parlamentarisch abgesichert<br />

ist.<br />

<strong>fdw</strong>: Bei <strong>der</strong> Anhörung im Landtag vertraten<br />

manche Kanzler die Auffassung,<br />

daß in die Finanzhoheit <strong>der</strong> Hochschulen<br />

auch die Verfügung über die Liegenschaften<br />

eingeschlossen sein müsse.<br />

Würde nicht erst das die komplette finanzielle<br />

Autonomie für die Hochschulen<br />

bedeuten und ihnen eine Gesamtbewirtschaftung<br />

ermöglichen? Warum ist<br />

das im Gesetz nicht vorgesehen?<br />

Linssen: Hier dürfte die Einschätzung<br />

an den verschiedenen Hochschulstandorten<br />

durchaus unterschiedlich sein. Es<br />

wird gewiß Hochschulen geben, die mit<br />

<strong>der</strong> Bewirtschaftung ihrer Liegenschaften<br />

überfor<strong>der</strong>t wären und auch weiterhin<br />

im Rahmen des Vermieter/Mieterverhältnisses<br />

die Dienste des Bau- und<br />

Liegenschaftsbetriebes in Anspruch<br />

nehmen wollen. An<strong>der</strong>erseits hat die<br />

Landesregierung einen Modellversuch<br />

beschlossen, in dessen Rahmen neue<br />

Liegenschaftsmodelle erprobt werden<br />

sollen. Der Versuch läuft gerade an. Ich<br />

gehe davon aus, daß nicht zuletzt von<br />

seinem Ausgang die künftige Behandlung<br />

<strong>der</strong> Hochschulliegenschaften abhängen<br />

dürfte.<br />

<strong>fdw</strong>: Was geschieht am Ende <strong>der</strong> Laufzeit<br />

des Zukunfspaktes im Jahre 2010?<br />

Unter welchen Bedingungen wird er<br />

verlängert?<br />

Linssen: Mit dem Zukunftspakt und<br />

dem Hochschulfreiheitsgesetz hat die<br />

Landesregierung den nordrhein-westfälischen<br />

Hochschulen eine für Hochschulen<br />

in Deutschland einmalige Dimension<br />

selbstverantwortlichen Handelns<br />

eröffnet. Künftige Überlegungen<br />

werden sicherlich von den Erfahrungen<br />

mit <strong>der</strong> praktischen Umsetzung des<br />

Hochschulfreiheitsgesetzes sowie von<br />

<strong>der</strong> demographischen Entwicklung etwa<br />

bei den Studienanfängerzahlen beeinflußt<br />

werden. Die Landesregierung wird<br />

dann – wie schon in <strong>der</strong> Vergangenheit –<br />

auf <strong>der</strong> Basis gesicherter Daten angemessen<br />

reagieren.<br />

<strong>fdw</strong>: Wenn die Hochschulen in einen<br />

Wettbewerb treten, kann es auch Verlierer<br />

geben. Wie verhält sich <strong>der</strong> Staat bei<br />

drohen<strong>der</strong> Insolvenz einzelner Hochschulen?<br />

Linssen: Sicher ist, daß die Hochschulen<br />

unterschiedlich vom Hochschulfreiheitsgesetz<br />

profitieren werden. In welchem<br />

Maß hängt davon ab, wie es <strong>der</strong><br />

einzelnen Hochschule gelingt, ihre Stärken<br />

zu stärken und ihre Schwächen abzubauen.<br />

Ich gehe davon aus, daß<br />

durch die bei den Hochschulen eingeführte<br />

Kosten- und Leistungsrechnung<br />

ein buchhalterisches Frühwarnsystem<br />

vorhanden ist, das das rechtzeitige und<br />

verantwortliche Reagieren auf finanzielle<br />

Engpässe ermöglicht. Die Insolvenz<br />

einer Hochschule ist im übrigen rechtlich<br />

ausgeschlossen.<br />

<strong>fdw</strong>: Seit den Hochschulen durch Gesetz<br />

ermöglicht wurde, Studienbeiträge<br />

zu erheben, haben circa 80 Prozent <strong>der</strong><br />

Hochschulen beschlossen, von diesem<br />

Recht Gebrauch zu machen. Es scheint,<br />

daß alles sozialverträglich zu regeln ist.<br />

Wie ist es aber mit dem anvisierten Ausbau<br />

des Stipendienwesens? Das bildet<br />

sich ja nicht aus eigenem Antrieb aus.<br />

Hat die Politik da Möglichkeiten, die<br />

Dinge voranzutreiben, z.B. durch Ausschreibung<br />

von staatlichen Stipendien?<br />

Linssen: Sie werden gewiß Verständnis<br />

dafür haben, daß ich mich hier nicht in<br />

die Zuständigkeit des <strong>Wissenschaft</strong>sressorts<br />

einmischen möchte. Ich darf allerdings<br />

darauf verweisen, daß die stets<br />

auch von den Hochschulen als Vorbild<br />

herangezogenen angelsächsischen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

amerikanischen Hochschulen,<br />

funktionierende hochschuleigene<br />

Stipendiensysteme entwickelt haben.<br />

Bei uns wird es sicherlich noch erheblicher<br />

Anstrengungen bedürfen. Im übrigen<br />

teile ich Ihre Auffassung, daß es uns<br />

gelungen ist, die Problematik <strong>der</strong> Studiengebühren<br />

sozialverträglich abzufe<strong>der</strong>n.<br />

■<br />

Die Fragen stellte Winfried Holzapfel.<br />

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4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 15


Mecklenburg-Vorpommern<br />

Der weite Weg <strong>der</strong> Hochschulen des Landes<br />

Mecklenburg-Vorpommern zur Konsolidierung<br />

Von Klaus-Dieter Rosenbaum<br />

Rückschritt o<strong>der</strong> Fortschritt in<br />

<strong>der</strong> Hochschullandschaft ?<br />

Wir erinnern uns, wie in „freiheit <strong>der</strong><br />

wissenschaft“ <strong>Nr</strong>. 3 vom September<br />

2005 ausgeführt, daß das Kabinett zur<br />

Durchsetzung einer Strukturreform an<br />

den Universitäten und Hochschulen des<br />

Landes einschließlich des Abbaus von<br />

600 Personalstellen bis zum Jahre 2020<br />

notfalls eine Än<strong>der</strong>ung des Landeshochschulgesetzes<br />

plante, um eigenständig<br />

Studiengänge einrichten o<strong>der</strong> aufheben<br />

zu können, wenn keine Einigung mit<br />

den Hochschulen zu erreichen sei. Dazu<br />

beschloß das Kabinett die Einführung<br />

einer sogenannten Verordnungsermächtigung<br />

in das Landeshochschulgesetz.<br />

Die Hochschulen lehnten diese Gesetzesän<strong>der</strong>ung<br />

ab, weil sie die Hochschulautonomie<br />

verletzt sahen.<br />

Der Minister versuchte, unter Bezug auf<br />

„vielversprechende Vorschläge“ zu beschwichtigen,<br />

setzte aber gleichzeitig<br />

auf ein zentralistisches „Notstandsgesetz“,<br />

wie die Presse urteilte, um endlich<br />

Ergebnisse in seinem Sinne zu erzielen.<br />

Auf politischem Felde verteidigte die<br />

Linkspartei den Entwurf des neuen<br />

Hochschulgesetzes als richtig, während<br />

die CDU ihn heftig ablehnte.<br />

Universitäten Rostock und Greifswald<br />

erhalten<br />

Um die beiden Universitäten Rostock<br />

und Greifswald des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />

zu erhalten und einer<br />

drohenden Zusammenlegung zu einer<br />

„Universität ohne Tradition“ zu entgehen,<br />

legte <strong>der</strong> Rektor <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong><br />

Universität im November 2005 eine<br />

Streichliste von 187 Personalstellen bis<br />

zum Jahre 2017 vor.<br />

Das „Zugehen“ des Rektors auf die<br />

Vorschläge <strong>der</strong> Landesregierung wurde<br />

heftig kritisiert und nur von wenigen als<br />

richtig angesehen, um dem Vorwurf einer<br />

Verweigerung zu entgehen und die<br />

Grundlage einer Diskussion zu schaffen.<br />

Als einer <strong>der</strong> heftigsten Kritiker gegen<br />

diese Art von Sparpolitik und gegen die<br />

beabsichtigte Novellierung des Landeshochschulgesetzes<br />

trat <strong>der</strong> ehemalige<br />

hochschulpolitische Sprecher <strong>der</strong> PDS-<br />

Fraktion des Landtages auf, <strong>der</strong> vormals<br />

in einem Kommentar (<strong>fdw</strong> <strong>Nr</strong>. 3 vom<br />

September 2003) den Bericht des Regionalbeauftragten<br />

heftig kritisierte,<br />

weil dieser schon die damalige Novellierung<br />

mit <strong>der</strong> Einführung von Zielvereinbarungen<br />

als unzureichend zur Erlangung<br />

einer Hochschulautonomie ansah<br />

und in den Zielvereinbarungen<br />

„Diktate“ vermutete.<br />

Wenn jetzt schon ein Mitglied <strong>der</strong> PDS<br />

die Novellierung als Beseitigung <strong>der</strong><br />

Ansätze zur Hochschulautonomie ansah,<br />

wird man unschwer die Absicht <strong>der</strong><br />

rot-roten Koalitionäre erkennen, diese<br />

Novellierung des Landeshochschulgesetzes<br />

zur Restauration einer Administrationsnovelle<br />

zu nutzen.<br />

Aus dieser Sicht wird die universitätseigene<br />

Streichliste verständlicher.<br />

Der Greifswal<strong>der</strong> Rektor versuchte offenbar<br />

den Absichten <strong>der</strong> Regierung zu<br />

begegnen, indem er seine eigenen Vorstellungen<br />

formulierte und sie so begründete:<br />

Ohne Verän<strong>der</strong>ung keine Zukunft.<br />

Turbulente Debatten im Landtag<br />

Währenddessen spielten sich im Landtag<br />

turbulente Debatten ab.<br />

Die erste Lesung endete im Oktober<br />

2005 ohne Ergebnis, und <strong>der</strong> Entwurf<br />

wurde in den Bildungsausschuß verwiesen.<br />

Im <strong>Dezember</strong> fand die öffentliche Anhörung<br />

statt. Die Sachverständigen<br />

lehnten die Än<strong>der</strong>ungen nahezu einstimmig<br />

ab.<br />

Die zusammengefaßte Beurteilung<br />

könnte mit den Worten des damaligen<br />

Rostocker Rektors: „Wir bekommen gemeinsam<br />

eine Lösung an<strong>der</strong>er Art hin“<br />

und „die angestrebten Umstrukturierungen<br />

sind Einsparungen. Dafür ist die<br />

Professor Dr. Klaus-Dieter Rosenbaum<br />

Gesetzesän<strong>der</strong>ung nicht notwendig“ beschrieben<br />

werden.<br />

Die Universität Rostock legte als Ergebnis<br />

einer Klausurtagung ihre<br />

Streichliste vor. Sie beinhaltete die Reduzierung<br />

von 116 Stellen bis zum Jahre<br />

2017, obwohl die Schweriner Regierung<br />

den Fortfall von 298 Stellen eingefor<strong>der</strong>t<br />

hatte.<br />

Die Regierung reagierte zurückhaltend<br />

und wohl wissend, daß die Universität<br />

Rostock schon hierdurch vor tiefgreifenden<br />

Strukturverän<strong>der</strong>ungen stehen<br />

würde und die Fakultäten heftig protestierten.<br />

In einem Interview mit <strong>der</strong> Ostseezeitung<br />

äußerte sich <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Rektor<br />

dahingehend, daß er mit dem Rostocker<br />

Rektor gemeinsam an einem<br />

Konzept arbeite, wie die vom Kabinett<br />

beschlossenen Kürzungen so umgesetzt<br />

werden könnten, daß trotzdem Forschung<br />

und Lehre von hoher Qualität<br />

möglich seien. Man gehe aber bei diesen<br />

Planungen nicht von den ministeriellen<br />

Zahlen aus.<br />

Gesetzesän<strong>der</strong>ung<br />

im Januar <strong>2006</strong><br />

Im Januar <strong>2006</strong> wurde die Gesetzesän<strong>der</strong>ung<br />

in zweiter Lesung im Landtag<br />

mit den Stimmen <strong>der</strong> Koalition gegen<br />

die <strong>der</strong> CDU beschlossen. Dabei wurde<br />

16 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


die Verordnungsermächtigung aber gestrichen<br />

und <strong>der</strong> Einfluß des Landtags<br />

somit gestärkt.<br />

Danach sollten Regierung, Landtag und<br />

Hochschulen zunächst grobe Entwicklungspläne<br />

für die Universitäten und<br />

Hochschulen festlegen und daraus Eckwerte<br />

fertigen, die zu konkreten Zielvereinbarungen<br />

führen.<br />

Nachdem im Kabinett dann die „langfristige<br />

strukturelle Hochschulkonzeption“<br />

ohne „Gegenstimmen“ angenommen war<br />

und die Zukunftsverträge, auch Zielvereinbarungen<br />

genannt, bis zum 30. April<br />

mit den Hochschulen abgeschlossen sein<br />

sollten, lud <strong>der</strong> Minister die Rektoren<br />

zum 27. April ins Schweriner Schloß zur<br />

feierlichen Unterzeichnung ein.<br />

Fünf <strong>der</strong> Rektoren hatten zugesagt, allein<br />

<strong>der</strong> Rostocker Rektor teilte mit, daß<br />

er nicht anwesend sein würde.<br />

Damit hatte im Gegensatz zu <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong><br />

Universität und den Fachhochschulen<br />

Wismar, Stralsund, Neubrandenburg<br />

und <strong>der</strong> Hochschule für Musik<br />

und Theater die Rostocker Universität<br />

keine Zielvereinbarungen bis 2010 sowie<br />

keine Eckdaten für die langfristige<br />

Entwicklung bis 2020 mit dem Bildungsministerium.<br />

Aus dem Bildungsministerium verlautete,<br />

sollte eine Zielvereinbarung bis zum<br />

30. April nicht mehr möglich werden,<br />

würde das Ministerium laut §15 des am<br />

25. Januar <strong>2006</strong> novellierten Landeshochschulgesetzes<br />

eine Zielvorgabe erlassen.<br />

Dem müßte <strong>der</strong> Landtag noch zustimmen.<br />

Zielvorgaben und ein Schleier des<br />

Schweigens<br />

Nach diesen Zielvorgaben sollen künftig<br />

verbleiben:<br />

– an <strong>der</strong> Universität Rostock die<br />

Schwerpunkte: Lehrerbildung, Demographischer<br />

Wandel, Wirtschaft, Kultur<br />

und Technik, Regenerative Medizin,<br />

Lebenswissenschaften und Biosystemtechnik,<br />

Optical and Material<br />

Science, Nachhaltige Entwicklung<br />

ländlicher Räume, Maritime Systeme<br />

und Prozesse sowie die Rechtswissenschaften,<br />

während Betriebswirtschaften,<br />

Maschinenbau und Schiffstechnik,<br />

Informatik und Elektrotechnik sowie<br />

die Medizinische Fakultät gekürzt<br />

werden würden;<br />

– an <strong>der</strong> Universität Greifswald die<br />

Fächerstrukturen in den vier Schwerpunkten:<br />

Lebenswissenschaften, Physik<br />

und Geowissenschaften, Kulturelle<br />

Interaktion mit Schwerpunkt Nordund<br />

Ost-Europa sowie Staat und Wirtschaft,<br />

während die Universität die<br />

Studiengänge Altertumswissenschaften,<br />

Romanistik, Erziehungswissenschaften<br />

und lehramtsbezogene Masterstudiengänge<br />

aufhebt;<br />

– an <strong>der</strong> Fachhochschule Wismar die<br />

Schwerpunkte: Elektrotechnik, Multimedia,<br />

Bauen und Gestaltung, Seefahrt<br />

und maritime Sicherheit, Maschinenbau,<br />

Verfahrens- und Umwelttechnik<br />

sowie Kunststofftechnik;<br />

– an <strong>der</strong> Fachhochschule Neubrandenburg<br />

die Schwerpunkte: Natur, Umwelt,<br />

Geodäsie, Landwirtschaft und<br />

Ernährung, Soziale Arbeit, Bildung<br />

und Erziehung, Nachhaltiger Strukturwandel<br />

und Umbau von ländlichen<br />

Regionen, Gesundheit, Pflege, Prävention<br />

und Gesundheitsmanagement;<br />

– und an <strong>der</strong> Fachhochschule Stralsund<br />

die Schwerpunkte: Betriebswissenschaften,<br />

Informatik in Medizin,<br />

Technik und Wirtschaft, Tourismus/<br />

Internationales Management, Wirtschaftsingenieurwesen,<br />

Maschinenbau,<br />

Elektrotechnik und Informationstechnologie.<br />

Mit <strong>der</strong> Fachhochschule Wismar vereinbarte<br />

die Regierung den Modellversuch:<br />

„Autonome Hochschule Wismar 2020“,<br />

<strong>der</strong> die Eigenfinanzierung von Personalstellen<br />

beinhaltet.<br />

Danach legte sich über die Hochschullandschaft<br />

ein Schleier des Schweigens,<br />

<strong>der</strong> neben Unverständnis und Gegenstimmungen<br />

zur Hochschulpolitik auch in <strong>der</strong><br />

Sommerpause und den Feierlichkeiten<br />

zum Universitätsjubiläum <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong><br />

Universität seine Ursachen hatte.<br />

Die Konsolidierungsbemühungen <strong>der</strong><br />

Landes-Universitäten – <strong>der</strong> „richtige“<br />

Weg deutscher Hochschulen zwischen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n und Europa?<br />

Die Universität Greifswald führte am 17.<br />

Oktober <strong>2006</strong> den Festakt zum 550. Jahrestag<br />

<strong>der</strong> Universitätsgründung in Anwesenheit<br />

des <strong>Bund</strong>espräsidenten und <strong>der</strong><br />

schwedischen Königin Sylvia am Gründungsort<br />

im Dom zu St. Nikolai durch.<br />

Die Universität war als pommersche Landesuniversität<br />

nach dem 30-jährigen<br />

Krieg zeitweilig in schwedischer Hoheit.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>-Jahres-Feierlichkeiten<br />

<strong>der</strong> Universität fand am 4.<br />

und 5. Mai zu Ehren <strong>der</strong> traditionsreichen<br />

Universität die Jahresversammlung<br />

<strong>der</strong> Hochschulrektorenkonferenz (HRK)<br />

in Greifswald statt unter dem Motto:<br />

„Die deutschen Hochschulen zwischen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n und Europa“.<br />

Die HRK-Präsidentin, Frau Professor<br />

Margret Wintermantel, erklärte dazu:<br />

„Das Treffen bietet den Rahmen, das<br />

Spannungsfeld zwischen dem Bemühen<br />

um die Schaffung eines gemeinsamen<br />

europäischen Hochschul- und Forschungsraums<br />

und einer stärkeren Dezentralisierung<br />

<strong>der</strong> Hochschulpolitik in<br />

Deutschland zu beleuchten“ und weiter:<br />

„Mitten auf ihrem Weg nach Europa müssen<br />

die deutschen Hochschulen gegen<br />

neue Hürden im eigenen Land kämpfen.“<br />

Sie verwies auf die Lehre und Forschung<br />

als gesamtgesellschaftliche Aufgabe<br />

und weiter auf die gemeinsame<br />

För<strong>der</strong>ung von <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong>n bei<br />

Son<strong>der</strong>programmen sowie auf einheitliche<br />

Hochschulabschlüsse, Studienfinanzierung<br />

und Zulassungsverfahren<br />

sowie einen bundesweiten <strong>Wissenschaft</strong>starifvertrag.<br />

Ein weiterer Hinweis betraf die Verlautbarung<br />

einer Einigung über die Notwendigkeit<br />

eines Hochschulpaktes, aber<br />

auch auf die Begrenztheit <strong>der</strong> Finanzierung<br />

durch die Län<strong>der</strong>.<br />

In diesem Zusammenhang kritisierten<br />

die Präsidentin und gleichzeitige saarländische<br />

Universitäts-Präsidentin sowie<br />

<strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Rektor Professor<br />

Rainer Westermann gemeinsam die Fö<strong>der</strong>alismusreform,<br />

daß diese die Hochschulen<br />

in wirtschaftlich schwachen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n benachteilige.<br />

Zur Eröffnung <strong>der</strong> Jahresversammlung<br />

im Greifswal<strong>der</strong> Dom hielt Professor<br />

Fotis C. Kafatos, <strong>der</strong> Vorsitzende des<br />

<strong>Wissenschaft</strong>lichen Rates des Europäischen<br />

Forschungsrats, den Festvortrag.<br />

Dabei wurde <strong>der</strong> von Hochschulen und<br />

<strong>Wissenschaft</strong> erstmals ausgelobte Ars<br />

legendi-Preis für exzellente Hochschullehre<br />

verliehen.<br />

Die nachfolgenden Vorträge versuchten<br />

über eine Analyse <strong>der</strong> nationalen und<br />

europäischen Gegebenheiten in den<br />

technischen <strong>Wissenschaft</strong>en, den Naturwissenschaften<br />

und den Geisteswissenschaften<br />

sowie in Kultur und Administration<br />

offene Fragen zu diskutieren und<br />

Antworten zur Vernetzung zu geben.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 17


Die Europäische Union setzt große Erwartungen<br />

in die <strong>Wissenschaft</strong>en, um<br />

Europa zum wettbewerbsfähigen Raum<br />

zu machen.<br />

Die nationalen Regierungen sind aufgerufen,<br />

den Anteil <strong>der</strong> Ausgaben für <strong>Wissenschaft</strong><br />

und Forschung auf drei Prozent<br />

zu steigern. Neue Konzepte und Institutionen<br />

wie das European Research<br />

Council o<strong>der</strong> das European Institute of<br />

Technology (EIT) werden entwickelt,<br />

um die Leistungsfähigkeit im Bereich<br />

von <strong>Wissenschaft</strong> und Forschung zu<br />

bündeln und zu steigern.<br />

Der Greifswal<strong>der</strong> Rektor verwies auf<br />

die Gefahren für die Hochschulen in<br />

den ärmeren <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n:<br />

„Groß-Universitäten werden sich auf<br />

Kosten des breiten universitären Mittelstandes<br />

aufrüsten“. Die Ernst-Moritz-<br />

Arndt-Universität als wohl kleinste<br />

Voll-Uni Deutschlands habe ihren<br />

Strukturwandel aktiv und offensiv angegangen.<br />

„Wir müssen uns von Studiengängen<br />

trennen und konzentrieren,<br />

holen Leistungsträger nach Greifswald<br />

und för<strong>der</strong>n die internationale Zusammenarbeit.“<br />

Schlußbemerkungen<br />

Dieser Bericht stützt sich sowohl auf<br />

Pressemitteilungen als auch auf eigene<br />

Kenntnisse.<br />

Eine Stellungnahme des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> sollte zu einem späteren<br />

Zeitpunkt erfolgen, da in <strong>der</strong> neuen SPD-<br />

CDU-Koalitionsregierung in Mecklenburg-<br />

Vorpommern das Bildungsministerium<br />

CDU geleitet wird und die Auswirkungen<br />

wie die <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

einschließlich <strong>der</strong> Einflußnahme des<br />

<strong>Bund</strong>es auch über den Europäischen Rat<br />

noch nicht abschätzbar sind.<br />

Professor Dr. Klaus-Dieter Rosenbaum<br />

ist Regionalbeauftragter des <strong>Bund</strong>es<br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> für Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Korrespondenzadresse s.S. 5<br />

■<br />

Bayern<br />

Wirtschaftslobby: zweifelhafte Loyalität zum Gymnasium<br />

Von Willi Eisele<br />

Einer <strong>der</strong> Grundpfeiler des Gymnasiums<br />

ist <strong>der</strong> wissenschaftspropädeutisch<br />

angelegte Unterricht in klar umrissenen<br />

Fächern. Erste Belege, daß die Wirtschaftslobby<br />

genau hier den Hebel ansetzt,<br />

kennen wir seit <strong>der</strong> Einführung<br />

von „Natur&Technik“, dem bisher je<strong>der</strong><br />

Definitionsversuch als „Fach“ fern ist.<br />

Wer sich für das Gymnasium als<br />

Schulart ernsthaft einsetzt, darf bezweifeln,<br />

daß in solchen „Mischfächern“<br />

gymnasiale Bildungsprinzipien umgesetzt<br />

werden können.<br />

Ein jüngster Beleg für die zweifelhafte<br />

Loyalität zum Gymnasium ist auch in<br />

Positionen zu erkennen, die <strong>der</strong> stellvertretende<br />

Abteilungsleiter für Bildung<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esvereinigung <strong>der</strong> Arbeitgeberverbände<br />

(Köln), Dr. Christoph Anz,<br />

vor, auf und nach dem Historikertag im<br />

Hinblick auf die Qualitätssicherung von<br />

Bildung mit Zielrichtung auf das Fach<br />

Geschichte vertreten hat.<br />

Auf unsere Nachfrage zum Fach Geschichte<br />

ging uns eine Antwort zu, die<br />

im Auszug zitiert werden soll: „Ein eindeutiges<br />

Bekenntnis zum Fach Geschichte<br />

als ,Leitfach <strong>der</strong> Geisteswissenschaften‘<br />

(so von uns nicht erfragt,<br />

BGLV) werden Sie von mir nicht bekommen.<br />

Ich bin überzeugt davon, daß<br />

das, was Sie (BGLV) inhaltlich vermittelt<br />

wissen wollen, auch in an<strong>der</strong>en Zusammenhängen<br />

unterrichtet werden<br />

kann. Ob ein solcher Unterricht dann als<br />

,Geschichtsunterricht‘ o<strong>der</strong> ,Gemeinschaftskunde‘<br />

o<strong>der</strong> ,Philosophie‘ o<strong>der</strong><br />

was auch immer bezeichnet wird, ist<br />

letztlich unerheblich, eben weil es um<br />

die Inhalte geht“.<br />

Diese Aussage und die naßforsche Art,<br />

wie die Wirtschaftslobby hier gegen (!)<br />

das Fach Geschichte auftritt und die Unbekümmertheit,<br />

wie hier mit wesentlichen<br />

Bildungsinhalten umgesprungen<br />

wird, muß alle Fächer und damit auch<br />

die Berufsvertretung <strong>der</strong> Gymnasiallehrer<br />

in Alarmzustand versetzen. Es ist zu<br />

vermuten, daß es genau diese Lobby ist,<br />

die einerseits bundesweit verbindliche<br />

„Bildungsstandards“ von <strong>der</strong> KMK for<strong>der</strong>t,<br />

aber gleichzeitig toleriert, daß bestimmte<br />

Fächer davon ausgeschlossen<br />

bleiben – genau jene, die nach Vorentscheidungen<br />

einzelner Kultusministerien<br />

bereits nur noch in „Fachverbünden“,<br />

„Mischfächern“ o<strong>der</strong> „Integrationsfächern“<br />

an Sekundarschulen, Regelo<strong>der</strong><br />

Mittelschulen sowie dem Etikettenschwindel<br />

– zur Vermeidung des abgegriffenen<br />

Reizwortes Integrierte Gesamtschule<br />

aus den 70-er Jahren – nun<br />

als „Schule für alle“ (Gemeinschaftsschule)<br />

angeboten werden.<br />

Lobbyisten im Bildungsbereich, <strong>der</strong>en<br />

Ideologie „integrative“ (Gesamt-) Schulsysteme<br />

einfor<strong>der</strong>t, betreiben hier das<br />

Geschäft <strong>der</strong> Wirtschaftslobby und umgekehrt.<br />

Wie sehr unser Fach Geschichte<br />

den Ideologen ein Dorn im Auge ist,<br />

kann <strong>der</strong> Bayerische Geschichtslehrerverband<br />

e.V. auch für Tendenzen in<br />

Bayern seit 1996/98 belegen, wo auch<br />

auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> politischen Entscheidungen<br />

die Loyalität zur geschichtlichen<br />

Bildung in einem eigenständigen<br />

Fach zunehmend zweifelhaft ist. Verfassungsloyalität<br />

<strong>der</strong> politisch Verantwortlichen<br />

in Bayern ist angesagt. Angemahnt<br />

wurde sie in bezug auf das Fach<br />

Geschichte bereits eindrucksvoll im<br />

Prinzregententheater anläßlich des<br />

Bayerischen Verfassungstages 2005.<br />

Das diesjährige 60. Jubiläum <strong>der</strong> Verfassung<br />

des Freistaates Bayern steht unmittelbar<br />

bevor – eine passende Gelegenheit,<br />

dem Fach Geschichte an den<br />

Schulen in Bayern eine Schlüsselrolle in<br />

seinen Inhalten für eine vertiefte Allgemeinbildung<br />

zuzuweisen.<br />

Oberstudiendirektor Willi Eisele ist<br />

Landesvorsitzen<strong>der</strong> des Bayerischen<br />

Geschichtslehrerverbandes e.V.<br />

Willi Eisele ist auch Regionalbeauftragter<br />

des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

für Bayern. Korrespondenzadresse s. S. 5.<br />

■<br />

18 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Berlin<br />

Nein zum rot-roten Projekt Einheitsschule!<br />

Einheitsschule in Berlin – ein leistungsfeindlicher und sozialschädlicher Plan<br />

Von Gerhard Schmid<br />

Gerhard Schmid<br />

Die sechsjährige Grundschule<br />

in Berlin ist erfolglos<br />

Berlin hat mit <strong>der</strong> sechsjährigen Grundschule<br />

bereits eine Art Einheitsschule,<br />

die sich als nicht beson<strong>der</strong>s leistungsfähig<br />

erwiesen hat. So werden z.B.<br />

Haupt- und Gesamtschüler nicht erst an<br />

ihren Schularten zu Problemschülern,<br />

son<strong>der</strong>n kommen als solche aus <strong>der</strong><br />

Grundschule an die Haupt- und Gesamtschulen.<br />

Die jüngsten Gewaltvorfälle<br />

auch an Grundschulen belegen dies.<br />

Die Vergleichsarbeiten in <strong>der</strong> Jahrgangsstufe<br />

4 in Deutsch und Mathematik in<br />

den letzten Jahren zeigen die geringe<br />

Leistungsfähigkeit an den Grundschulen<br />

– in Berlin nehmen die Schüler nur einen<br />

hinteren Platz unter den beteiligten sieben<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n ein. Dabei vergleicht<br />

sich Berlin hier nur mit den PISA-Verlierern<br />

Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Nordrhein-Westfalen,<br />

Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.<br />

Viele bildungswillige Eltern und leistungsfähige<br />

und -willige Kin<strong>der</strong> stimmen<br />

daher mit den Füßen ab und wechseln<br />

in die wenigen Gymnasien mit<br />

5. Klassen und in die eine Gesamtschule,<br />

die bereits ab <strong>der</strong> 5. Klasse besucht werden<br />

kann, o<strong>der</strong> gehen zu den Privatschulen.<br />

Diese in weiten Teilen erfolglose sechsjährige<br />

Grundschule als Einheits- o<strong>der</strong><br />

Gemeinschaftsschule auf acht o<strong>der</strong> gar<br />

auf zehn Schuljahre zu erweitern und die<br />

Schularten Gymnasium, Realschule,<br />

Hauptschule und Gesamtschule aufzuheben<br />

o<strong>der</strong> richtiger, eine undifferenzierte<br />

Gesamtschule als einzige Schulart<br />

einzurichten, wird die Bildungsmisere in<br />

Berlin nur verlängern und vertiefen. Ein<br />

dann sich anschließen<strong>der</strong> zweijähriger<br />

Bildungsgang bis zum Abitur wird nicht<br />

zur notwendigen Studierfähigkeit <strong>der</strong><br />

Schüler führen, son<strong>der</strong>n bestenfalls nur<br />

Mittelmaß för<strong>der</strong>n.<br />

Das geglie<strong>der</strong>te Schulwesen<br />

ist in Deutschland und international<br />

erfolgreich<br />

Dagegen hat sich in Deutschland das geglie<strong>der</strong>te<br />

Schulwesen vor allem auch in<br />

den Ergebnissen bei PISA 2003 als erfolgreich<br />

erwiesen, beson<strong>der</strong>s, wenn es<br />

wie in Bayern und in an<strong>der</strong>en <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n,<br />

mit einem sechsjährigen Bildungsgang<br />

in <strong>der</strong> Realschule und einem<br />

acht- o<strong>der</strong> neunjährigen Bildungsgang<br />

im Gymnasium nach <strong>der</strong> 4. Klasse <strong>der</strong><br />

Grundschule verbunden ist.<br />

Dies bringt deutliche Vorteile vor allem<br />

für leistungsfähige Schüler, ist also Begabtenför<strong>der</strong>ung<br />

– und diese leistungsfähigen<br />

Schüler brauchen wir vor allem<br />

auch zur Entwicklung <strong>der</strong> Wirtschaft,<br />

auch und gerade in Berlin.<br />

Interessant sind hierzu auch Meinungsumfragen:<br />

So berichtet <strong>der</strong> Tagesspiegel vom<br />

7. April <strong>2006</strong>: „Die von Fachleuten und<br />

Lehrern gefor<strong>der</strong>te Auflösung <strong>der</strong><br />

Hauptschulen hat keinen Rückhalt in <strong>der</strong><br />

Bevölkerung. Nach dem Deutschlandtrend<br />

im Auftrag von ARD und Tagesspiegel<br />

halten nur 27 % <strong>der</strong> Befragten<br />

die Abschaffung dieser Schulform für<br />

den richtigen Weg, Probleme wie Gewalt<br />

und mangelnde Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />

zu lösen …In den Anhängerschaften<br />

aller Parteien sind nur Min<strong>der</strong>heiten<br />

für das Ende <strong>der</strong> Hauptschule ...“.<br />

Vom Gymnasium in Deutschland<br />

lernen, heißt weltweit siegen<br />

lernen<br />

Das PISA-Ergebnis 2003 hat noch weitere<br />

wichtige Facetten z.B. bei <strong>der</strong> mathematischen<br />

Kompetenz <strong>der</strong> 15jährigen<br />

Schüler:<br />

Kaum ein Land hat sich zwischen 2000<br />

und 2003 wesentlich verbessert: Finnland<br />

von 536 auf 544 Leistungspunkte, Japan<br />

sank von 557 auf 534, Australien von 533<br />

auf 524, Kanada stagnierte bei 533 zu<br />

532.<br />

Deutschland steigerte sich immerhin von<br />

490 auf 503. Welche Gründe hatte dies<br />

aber? Es waren vor allem die guten Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> Schüler am erfolgreichen Gymnasium.<br />

Erreichten im Jahre 2000 die<br />

Gymnasien in Deutschland 555 Leistungspunkte,<br />

so waren es 2003 bereits<br />

606. Dies ist eine signifikante Steigerung<br />

um 51 Punkte, was mehr als ein Schuljahr<br />

entspricht, d. h. in Deutschland haben die<br />

Schüler in ihren Leistungen am Gymnasium<br />

in drei Jahren im Vergleich zur Vorgängergruppe<br />

ein Schuljahr besser abgeschnitten.<br />

Eine grandiose Leistung des Gymnasiums<br />

in Deutschland!<br />

Würde die Diskussion auch international<br />

von Vertretern <strong>der</strong> OECD in Paris, wie<br />

von ihrem grünen Koordinator Schleicher,<br />

nicht so ideologisch geführt, würde<br />

dieses Ergebnis weltweit zu Debatten<br />

führen, wie diesem großen Erfolg des<br />

deutschen Gymnasiums nachgeeifert werden<br />

könnte.<br />

Und so eine Schulart soll durch eine zehnjährige<br />

Einheits- o<strong>der</strong> Gemeinschaftsschule<br />

aufgehoben werden! Verantwortungsloser<br />

kann sich Bildungspolitik in<br />

Deutschland nicht mehr zeigen!<br />

Die Gesamtschule ist sozialschädlich<br />

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung<br />

in Berlin hat bereits 1996 eine<br />

kurzzeitig viel beachtete, aber dann rasch<br />

in <strong>der</strong> Versenkung verschwundene Längsschnittstudie<br />

veröffentlicht („Bildungsverläufe<br />

und psychosoziale Entwicklung<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 19


im Jugendalter – BIJU –“). Hier wurden an<br />

den Schularten in Nordrhein-Westfalen und<br />

Berlin (veröffentlicht wurden aber nur die<br />

Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen) die<br />

soziale Motivation von Schülern untersucht<br />

– soziale Integration und soziale Kompetenz<br />

ist für ideologische Befürworter <strong>der</strong> Gesamtschule<br />

das große Plus für die Schulart.<br />

Aber das Gegenteil ist am Beispiel <strong>der</strong><br />

Hilfsbereitschaft gezeigt <strong>der</strong> Fall.<br />

Hilfsbereitschaft gilt als eine <strong>der</strong> zentralen<br />

Tugenden unserer christlich geprägten<br />

Kultur. In <strong>der</strong> pädagogischen und psychologischen<br />

Forschung werden generell drei<br />

Motive unterschieden, warum Personen<br />

helfen o<strong>der</strong> nicht helfen:<br />

a) das egoistische Motiv, b) das altruistische<br />

Motiv, c) das Konformitätsmotiv.<br />

Im ersten Fall hilft man, weil man sich als<br />

Folge seines eigenen Hilfeverhaltens Vorteile<br />

(z.B. Belohnungen) erhofft. Im zweiten<br />

Fall hilft man einer Person, weil man<br />

für sie das Beste will. Im letzten Fall wird<br />

geholfen, „weil es sich so gehört“ – man<br />

folgt also <strong>der</strong> sozialen Norm und dem sozialen<br />

Druck.<br />

Nun zum Ergebnis:<br />

Nach <strong>der</strong> Entwicklung über drei Jahre<br />

zeigten sich am Ende <strong>der</strong> 10. Klasse die<br />

günstigsten Entwicklungsverläufe für die<br />

Real- und Gymnasialschüler mit steigendem<br />

Altruismusmotiv bei gleichzeitig sinkendem<br />

Egoismus- und Konformitätsmotiv.<br />

Hauptschüler weisen nur eine leichte<br />

Zunahme des Altruismusmotivs bei<br />

gleichzeitig ansteigendem Konformitätsmotiv<br />

auf. Schließlich zeigen sich auf <strong>der</strong><br />

Gesamtschule, die schon eine Art Gemeinschaftsschule<br />

ist, insgesamt die<br />

ungünstigsten Verläufe: Hier läßt sich ein<br />

deutlicher Anstieg des Egoismus- bei simultanem<br />

Absinken des Altruismusmotivs<br />

feststellen.<br />

PISA-Ergebnis international<br />

Das internationale PISA-Ergebnis zeigt<br />

sich bunt gemischt: Län<strong>der</strong> mit langer gemeinsamer<br />

Schulzeit schlossen schlecht ab<br />

(z.B. USA und Dänemark) und auch gut<br />

(Finnland). Län<strong>der</strong> mit stark geglie<strong>der</strong>tem<br />

Schulsystem schlossen ebenfalls schlecht<br />

ab (z.B. Griechenland) und auch gut (z.B.<br />

Nie<strong>der</strong>lande, Frankreich, Belgien).<br />

Einheitsschule und Hauptstadt<br />

Der Schritt zu einer Einheits- o<strong>der</strong> Gemeinschaftsschule<br />

ist auch gegen Berlin<br />

als Hauptstadt gerichtet.<br />

Eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung<br />

in <strong>der</strong> Stadt setzt Investoren und vor allem<br />

leistungsfähige Arbeitskräfte voraus. Über<br />

90% <strong>der</strong> Schüler in Deutschland besuchen<br />

Schulen des geglie<strong>der</strong>ten Systems –<br />

die leistungs- und anstrengungsbereiten<br />

Schüler vor allem die Gymnasien. Die Abschaffung<br />

von Gymnasien und Realschulen<br />

in Berlin wird die leistungsfähigen<br />

Paare und junge Menschen abschrecken.<br />

Die Wirtschaft und die sozialen Bedingungen<br />

in <strong>der</strong> Hauptstadt werden dadurch<br />

eher geschwächt als gestärkt.<br />

Zusammenfassung<br />

Das heißt: Für das gute Ergebnis ist in<br />

Finnland nicht ursächlich das Einheitsschulsystem<br />

verantwortlich, für das<br />

durchschnittliche in Deutschland nicht ursächlich<br />

das geglie<strong>der</strong>te Schulwesen.<br />

Die Unterrichtsqualität ist entscheidend<br />

und nicht die Schulstruktur, und die Übereinstimmung<br />

von Elternhaus und Schule<br />

bezüglich Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft.<br />

Eine grundlegende Verbesserung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

des Berliner Schulwesens werden<br />

wir nur erreichen bei hoher Wertschätzung<br />

<strong>der</strong> Bildung in <strong>der</strong> Gesellschaft und bei den<br />

Eltern, durch Wertschätzung <strong>der</strong> Schule und<br />

<strong>der</strong> Lehrer, mit gutem Unterricht, hoher<br />

Motivation <strong>der</strong> Lehrkräfte und einem ausgeprägten<br />

Leistungs- und Bildungswillen<br />

bei den Schülern.<br />

Berlin hat hier noch einen weiten Weg vor<br />

sich. Einheits- o<strong>der</strong> Gemeinschaftsschulen<br />

führen in eine Sackgasse. Auch die<br />

Zusammenfassung von Haupt-, Real- und<br />

Gesamtschulen zu einer einheitlichen<br />

Oberschule mit Beibehaltung des Gymnasiums<br />

wäre die Rückkehr in das 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

mit einer Volksschule für das gemeine<br />

Volk, und das Gymnasium für die<br />

höheren Schichten. Die begabungsgerechte<br />

För<strong>der</strong>ung aller Schüler in allen<br />

Schularten des geglie<strong>der</strong>ten Schulsystems<br />

ist dagegen angesagt.<br />

Oberschulrat Gerhard Schmid ist Regionalbeauftragter<br />

des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong> für Berlin und Brandenburg.<br />

Korrespondenzadresse s. S. 8<br />

■<br />

Im Anschluß an die Mitglie<strong>der</strong>versammlung vom 1. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> formulierte <strong>der</strong> <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong> eine Presseerklärung zur Schulsituation in Berlin sowie zum Ergebnis <strong>der</strong> Neuwahlen. Wir<br />

drucken zu Ihrer Kenntnis einen Auszug daraus ab.<br />

Pressemitteilung, 5. 12. <strong>2006</strong><br />

<strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>: Kulturkampf im Schulwesen droht<br />

Die Mitglie<strong>der</strong>versammlung des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> am 1. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> in Berlin stand unter dem Eindruck,<br />

daß <strong>der</strong> rot-rote Senat in Berlin gegen das bei PISA erfolgreiche geglie<strong>der</strong>te Schulwesen, und auch gegen das<br />

Gymnasium, eine Einheits- o<strong>der</strong> Gemeinschaftsschule durchsetzen will. Nur die <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>, in denen es neben dem<br />

Gymnasium, <strong>der</strong> Realschule und <strong>der</strong> Hauptschule die Gesamtschule gibt, müssen als PISA-Verlierer bezeichnet werden.<br />

So auch Rheinland-Pfalz, aus dem <strong>der</strong> neue Senator für Bildung, <strong>Wissenschaft</strong> und Forschung in Berlin, <strong>der</strong> Medizinprofessor<br />

Jürgen Zöllner, kommt. In Hamburg gibt es darüber hinaus Tendenzen für ein zweigliedriges Schulwesen, wie es in<br />

Deutschland im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t herrschte.<br />

Der BFW rechnet bei Abschaffung <strong>der</strong> Gymnasien mit einer weiteren deutlichen Verschlechterung in <strong>der</strong> Studierfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Absolventen <strong>der</strong> 12. Klassen einer Einheitsschule.<br />

Gegen diesen Kulturkampf in Deutschland setzt <strong>der</strong> BFW mit seiner Neuwahl ein Zeichen:<br />

Zu den Neuwahlen erfahren Sie alles im Bericht „Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>“ (ab S. 3 ).<br />

20 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Nordrhein-Westfalen<br />

Realschulen mit 11. Schuljahr?<br />

Beim 39. Mülheimer Kongreß, <strong>der</strong> Jahrestagung des Realschullehrerverbandes NRW,<br />

die am 9. und 10. November <strong>2006</strong> stattfand, schlug <strong>der</strong> Landesvorsitzende<br />

Ulrich Brambach überraschend ein 11. Schuljahr für Realschulen vor. Damit sollten<br />

die schulischen Voraussetzungen für die Erlangung <strong>der</strong> Fachhochschulreife erfüllt<br />

werden können.<br />

Wir baten Ulrich Brambach seinen<br />

Vorschlag näher zu erläutern.<br />

Ulrich Brambach:<br />

„Um möglichst viel Durchlässigkeit<br />

zu gewährleisten, ist das<br />

dreigliedrige Schulsystem formal<br />

betrachtet so aufgebaut, daß Schülerinnen<br />

und Schüler zum Ende<br />

des Bildungsgangs je nach Leistungsvermögen<br />

noch ein weiteres<br />

Schuljahr besuchen können. So<br />

gibt es an <strong>der</strong> Hauptschule, die mit<br />

Ausnahme in Nordrhein-Westfalen<br />

in <strong>der</strong> Regel nach <strong>der</strong> 9. Klasse<br />

mit dem Hauptschulabschluß endet,<br />

die Möglichkeit, ein 10.<br />

Schuljahr anzuhängen, um die<br />

Fachoberschulreife zu erwerben.<br />

Gleichsam muß es auch an den<br />

Realschulen die Möglichkeit geben,<br />

in einem weiteren Schuljahr<br />

für die leistungsstärkeren Schülerinnen<br />

und Schüler die Fachhochschulreife<br />

zu erwerben. Diese<br />

Möglichkeit gewinnt bei zurückgehenden<br />

Schülerzahlen beson<strong>der</strong>s<br />

im ländlichen Raum an Bedeutung.<br />

So können Kommunen, die nur eine<br />

Realschule vorhalten, den Schülerinnen<br />

und Schülern, die einen<br />

längeren Weg zum nächsten Gymnasium<br />

haben, wohnortnah das<br />

Erreichen <strong>der</strong> Fachhochschulreife<br />

anbieten. Auch die allgemeine<br />

Hochschulreife kann ja zukünftig<br />

sowohl nach 12 Schuljahren (Gymnasium)<br />

wie auch nach 13 Jahren<br />

(Gesamtschule und Berufskolleg)<br />

erreicht werden.<br />

Schulversuche diesbezüglich werden<br />

bereits in Bayern und Baden-<br />

Württemberg erfolgreich durchgeführt<br />

und sollten auch in Nordrhein-Westfalen<br />

initiiert werden.<br />

Im Sinne eines schnellen und<br />

erfolgreichen Lernens und auch<br />

Die „Bläserklasse“ heizte dem Auditorium kräftig ein. Bei <strong>der</strong> Bläserklasse handelt es sich um<br />

die Klasse 6b <strong>der</strong> Walter-Ba<strong>der</strong>-Realschule in Xanten unter Leitung von Stephanie Bauer.<br />

Ulrich Brambach bei seiner Eröffnungsrede<br />

Fotos: M. Berretz<br />

einer gezielten För<strong>der</strong>ung sind die<br />

Schulversuche unter bestimmten<br />

Bedingungen aus meiner Sicht erfolgversprechend.“<br />

Der 39. Mülheimer Kongreß hatte<br />

als Tagungsthema: „Verän<strong>der</strong>ung<br />

von Schule durch die Mediengesellschaft“.<br />

Den Eröffnungsvortrag<br />

hielt Professor Dr. Merten von<br />

<strong>der</strong> Universität Münster. Im Verlauf<br />

<strong>der</strong> Tagung wurde das Thema<br />

an den beiden Kongreßtagen ausführlich<br />

in Arbeitsgruppen behandelt.<br />

Nach <strong>der</strong> Begrüßung durch<br />

die Oberbürgermeisterin von Mülheim,<br />

Dagmar Mühlenfeld, und<br />

einem Geleitwort von Schulministerin<br />

Barbara Sommer bildete <strong>der</strong><br />

Auftritt einer sogenannten Bläserklasse<br />

ein anschauliches und unüberhörbares<br />

Beispiel für den guten<br />

Geist von Schule. 31 Schülerinnen<br />

und Schüler füllten die Bühne, um<br />

die Zuhörer für das Tagungsthema<br />

durch das Medium Musik so recht<br />

in Stimmung zu bringen, was überzeugend<br />

gelang.<br />

Ho.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 21


Erfolgsgeschichte soll weitergehen<br />

10 Jahre Unterrichtsfach „Praktische Philosophie“<br />

in Nordrhein-Westfalen<br />

(Münster, 18. November <strong>2006</strong> – <strong>fdw</strong> ) Anläßlich des „Jubiläums“ veranstaltete <strong>der</strong> Landesverband NRW<br />

des Fachverbandes Philosophie in <strong>der</strong> Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster eine „Festtagung“.<br />

Mit diesem ungewöhnlichen Begriff sollte wohl signalisiert werden, daß es zwar Anlaß zu Genugtuung<br />

und Freude darüber gebe, daß sich das Fach an den Schulen des Landes etabliert hat, daß aber doch noch<br />

eine Menge zu tun bleibt – sowohl hinsichtlich des Lehrplans als auch hinsichtlich einer ausreichenden<br />

Zahl an Lehrkräften – um zu einer <strong>der</strong> Bedeutung und dem Auftrag des Faches angemessenen Wirksamkeit<br />

zu kommen.<br />

Die Aula <strong>der</strong> Westfälischen Wilhelms-<br />

Universität im Schloß war ein würdiger<br />

Ort für eine Feierstunde zum 10jährigen<br />

Bestehen des Faches „Praktische Philosophie“<br />

in NRW.<br />

In ihrer Begrüßung wies die stellvertretende<br />

Rektorin Marianne Ravenstein<br />

auf die Bedeutung <strong>der</strong> Universität Münster<br />

beim Prozeß <strong>der</strong> „Implementierung“<br />

des Faches an den nordrheinwestfälischen<br />

Schulen hin: In Münster<br />

wurden mehr als 100 Lehrkräfte, die mit<br />

an<strong>der</strong>en Fächern schon im Schuldienst<br />

waren, für den Unterricht im Fach „Praktische<br />

Philosophie“ nachqualifiziert. In<br />

<strong>der</strong> Verantwortung von Professor Dr.<br />

Volker Steenblock und Dr. Klaus Blesenkemper<br />

habe die Arbeitsstelle <strong>der</strong> Universität<br />

effiziente Arbeit geleistet. Neben<br />

„Praktischer Philosophie“ sei im gleichen<br />

Zeitraum nur noch das Fach „Informatik“<br />

als neues Fach in das Unterrichtsangebt<br />

<strong>der</strong> Schulen in NRWeingeführt worden.<br />

In seinem kurzen Rückblick gab <strong>der</strong><br />

Landesvorsitzende des Fachverbandes<br />

Philosophie, Studiendirektor Klaus Draken,<br />

die Entwicklung des Faches in seinen<br />

Grundzügen wie<strong>der</strong>. Er nannte einige<br />

Protagonisten <strong>der</strong> ersten Stunde und<br />

betonte die Wichtigkeit <strong>der</strong> sicheren<br />

Versorgung mit Lehrkräften, die nach<br />

einem Curriculum arbeiteten, das seine<br />

fachliche und seine didaktische Tauglichkeit<br />

von kompetenter Seite, nämlich<br />

den Professoren Birnbacher (Düsseldorf)<br />

und Martens (Hamburg) bestätigt<br />

bekommen habe.<br />

Auf regionaler Ebene hätten Mo<strong>der</strong>atoren<br />

gute Fortbildungsarbeit geleistet. An<br />

den Universitäten hätten zweijährige<br />

Studienkurse zu Staatsexamensabschlüssen<br />

geführt.<br />

1<br />

Artikel 7 <strong>der</strong> Landesverfassung<br />

von Nordrhein-Westfalen<br />

(1) Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor<br />

<strong>der</strong> Würde des Menschen und Bereitschaft<br />

zum sozialen Handeln zu<br />

wecken, ist vornehmstes Ziel <strong>der</strong> Erziehung.<br />

(2) Die Jugend soll erzogen werden im<br />

Geiste <strong>der</strong> Menschlichkeit, <strong>der</strong> Demokratie<br />

und <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>, zur Duldsamkeit<br />

und zur Achtung vor <strong>der</strong> Überzeugung<br />

des an<strong>der</strong>en, zur Verantwortung<br />

für Tiere und die Erhaltung <strong>der</strong> natürlichen<br />

Lebensgrundlagen, in Liebe zu<br />

Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft<br />

und Friedensgesinnung.<br />

Artikel 7 <strong>der</strong> Landesverfassung ist bewußt als<br />

§2(2) in das neue Schulgesetz des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden.<br />

Engagement für werteorientierte Erziehung: Professor Dr. Heinz-Werner Poelchau, Prorektorin<br />

<strong>der</strong> WWU, Dr. Marianne Ravenstein, Staatssekretär im Ministerium für Schule und Weiterbildung,<br />

Dr. Günter Winands. Im Hintergrund <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esvorsitzende des Fachverbandes Philosophie,<br />

Studiendirektor Dr. Bernd Rolf.<br />

„Gesellschaft <strong>der</strong> Bindungslosen“<br />

Staatssekretär Günter Winands aus<br />

dem Ministerium für Schule und Weiterbildung<br />

schritt das weithin unsicher<br />

gewordene Feld <strong>der</strong> Lebensumstände<br />

heutiger Heranwachsen<strong>der</strong> ab. Er<br />

sprach von einer „Gesellschaft <strong>der</strong> Bindungslosen“.<br />

„Familien mit Verwahrlosungstendenzen“<br />

machten Wertevermittlung<br />

in <strong>der</strong> Schule beson<strong>der</strong>s nötig.<br />

Wertevermittlung sei „integraler Bestandteil“<br />

<strong>der</strong> Erziehungsarbeit. Ihr<br />

Fundament habe sie im Artikel 7 <strong>der</strong><br />

Landesverfassung von NRW, <strong>der</strong> deshalb<br />

auch bewußt in das neue Schulgesetz<br />

aufgenommen worden sei, wie<br />

Winands unterstrich 1 .<br />

Ausgerichtet an zwei Leitsätzen Pestalozzis:<br />

„Erziehung ist Vorbild und Liebe“<br />

und : „Erziehung kann nur leisten,<br />

wer Kin<strong>der</strong> liebt“, for<strong>der</strong>te er, Werte<br />

22 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


müßten vorgelebt werden. Jedoch sei<br />

„wertschätzendes Verhalten im Unterricht“<br />

nicht nur Sache <strong>der</strong> Lehrer, son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>der</strong> Schüler.<br />

Etwa 60 000 Schülerinnen und Schüler<br />

wählen jährlich das Fach „Praktische<br />

Philosophie“, das es in allen weiterführenden<br />

Schulen des Landes NRW in<br />

den Klassen 9 und 10 gibt, sofern eine<br />

ausreichende Nachfrage da ist und<br />

Fachlehrkräfte zur Verfügung stehen.<br />

Das Curriculum „Praktische Philosophie“<br />

ist schulformübergreifend angelegt.<br />

Wenn man auch die Werteerziehung als<br />

Erziehungsprinzip in jedem Unterricht<br />

realisiert sehen sollte, so ist neben Religion<br />

„Praktische Philosophie“ das Fach,<br />

in dem Wertefragen explizit zum<br />

„Stoff“ gehören. Es ist verpflichtend für<br />

Schülerinnen und Schüler <strong>der</strong> Jahr-<br />

gangsstufen 9 und 10, die nicht am Religionsunterricht<br />

teilnehmen.<br />

Eckpunkte künftiger Entwicklung<br />

Konkrete Fragestellungen <strong>der</strong> „Praktischen<br />

Philosophie“ als Unterrichtsfach<br />

beschäftigten dann Arbeitskreise am<br />

Nachmittag, die im einzelnen folgende<br />

Themen hatten: „Elemente praktischen<br />

Philosophierens im Grundschulunterricht“,<br />

„Perspektiven Praktischen Philosophierens<br />

in Haupt-, Real- und Gesamtschulen“<br />

und „Von ,Praktischer<br />

Philosophie‘, zu ,Philosophie‘, in <strong>der</strong><br />

Sekundarstufe II“.<br />

Im Arbeitskreis „Praktische Philosophie<br />

– Entwicklungen in <strong>der</strong> Schullandschaft“<br />

wurden eher Problemfel<strong>der</strong> umrissen<br />

als Eckpunkte einer profilierten<br />

Entwicklung festgelegt. Es zeigte sich<br />

erhebliche Unsicherheit in Fragen einer<br />

„Verzahnung“ <strong>der</strong> Didaktiken von Philosophie<br />

in Schule und Hochschule unter<br />

den Bedingungen neuer umstrittener<br />

Formen <strong>der</strong> Lehrerausbildung im Schatten<br />

des Bolognaprozesses.<br />

Die Versammlung nutzte die Gelegenheit,<br />

um Professor Dr. Heinz-Werner<br />

Poelchau vom Ministerium für Schule<br />

und Weiterbildung für sein inzwischen<br />

über ein Jahrzehnt langes Engagement<br />

für die „Implementierung“ des Faches<br />

„Praktische Philosophie“ zu danken.<br />

Poelchau selbst hatte zuvor die Erfolgsgeschichte<br />

in einem Vortrag mit dem Titel<br />

„Praktische Philosophie – Herkunft<br />

und Zukunft“ mit Reminiszenzen aus<br />

den vergangenen Jahren und statistischen<br />

Erhebungen bis hin zur Gegenwart<br />

anschaulich belegt.<br />

■<br />

Winfried Holzapel<br />

Baden-Württemberg<br />

Anläßlich des neunzigsten Geburtstags des Pädagogen Hermann Röhrs sandte uns<br />

Professor Dr. Kurt Otten die folgende Würdigung.<br />

Hermann Röhrs – ein Pädagoge <strong>der</strong> ersten Stunde<br />

Hermann Röhrs wurde als junger Volksschullehrer<br />

1940 eingezogen, war in<br />

Russland als Infanterist vom ersten Tag<br />

an <strong>der</strong> Front, fünfmal verwundet, aus<br />

Riga (1944) im Lazarettschiff evakuiert,<br />

in Hamburg zusammengeflickt und erlebte<br />

dort als Leutnant und Adjutant<br />

eines Schwerverwundetenregiments den<br />

Einmarsch <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong>. Zugleich arbeitete<br />

er an seiner Dissertation. Hermann<br />

Röhrs hat über alle Stationen seines Lebens<br />

von <strong>der</strong> frühen Jugend an in seinen<br />

Erinnerungen und Erfahrungen – Perspektiven<br />

für die Zukunft (Gesammelte<br />

Schriften Band 11, Weinheim 1997) über<br />

das Wachsen seiner Überzeugungen in einer<br />

Aufrichtigkeit Rechenschaft abgelegt,<br />

wie sie nur Hochbegabten gegeben ist. In<br />

gleicher Absicht hat er ebenfalls in Band<br />

11 die Erinnerungen seiner geliebten Frau<br />

Liselotte und ihrer deutsch-jüdischen Familie<br />

beschrieben. Liselotte Röhrs verstarb<br />

am 2. Oktober 1993.<br />

In Hamburg geboren, teilweise auf dem<br />

großelterlichen Hof in <strong>der</strong> Lüneburger<br />

Heide aufgewachsen, verbrachte er seine<br />

Jugend mit vielen Spielkameraden in<br />

einer Natur zwischen Kanälen und<br />

Schrebergärten, die heute selten geworden<br />

ist. In Wan<strong>der</strong>- und Sportvereinen<br />

erlebte er Freundschaft und Bewährung,<br />

aber auch mit seinen Eltern die schweren<br />

Belastungen <strong>der</strong> ersten Deutschen<br />

Republik unter dem Versailler Diktat,<br />

<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit und <strong>der</strong> Bedrohung<br />

<strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>. Er brach eine kaufmännische<br />

Lehre ab und bestand als Schüler<br />

eines Abendgymnasiums nach nur zwei<br />

Jahren das Abitur, als ihn dort zum ersten<br />

Mal die Freude am Wissen erfaßte<br />

und er aufgrund seiner Arbeit zur Eigenverantwortung<br />

erwachte. Beim sportlichen<br />

Wettkampf lernte er im „fair play“<br />

den Gegner als Teil <strong>der</strong> eigenen Selbstbewährung<br />

zu achten – im Gegensatz<br />

zum vormilitärischen Drill, den er ebenso<br />

haßte wie den Kommando-Ton.<br />

Zukünftige Studenten mußten einen<br />

„freiwilligen" Arbeitsdienst ableisten –<br />

die Sicherung des Nordseevorlandes<br />

durch Dämme und Verbauungen. Das<br />

Studium <strong>der</strong> Pädagogik, Germanistik<br />

und Philosophie finanzierte er durch<br />

Privatunterricht und Darlehen des Studentenwerks.<br />

Er suchte sich Wilhelm<br />

Flitner als Lehrer aus, weil dieser die<br />

Geschichte und die Gegenwart seines<br />

Faches als humanistische Aufgabe <strong>der</strong><br />

Bildung und Erziehung verstand und<br />

nicht als „nationalpolitische Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Erziehung“. Seine Staatsexamensarbeit<br />

bestand aus Vorstudien zu einer<br />

späteren Dissertation „Das Problem einer<br />

Erziehungsphilosophie und das Verhältnis<br />

zu den pädagogischen und philosophischen<br />

Strömungen <strong>der</strong> Gegenwart<br />

(1945)“. Seine Habilitation (1951) galt<br />

dem Lebenswerk Aloys Fischers, eines<br />

bedeutenden, aber nahezu in Vergessenheit<br />

geratenen Münchener Pädagogen,<br />

<strong>der</strong> zwangsemeritiert wurde, weil er<br />

sich weigerte, sich von seiner jüdischen<br />

Gattin scheiden zu lassen. Fischer erlag<br />

einer Herzkrankheit, seine Gattin kam<br />

in Theresienstadt um, sein Sohn fiel<br />

noch am Westwall. Es sind die menschlichen<br />

Dinge im Leben eines Gelehrten,<br />

die den Leser anrühren, die aber oft<br />

nicht von den wissenschaftlichen Leistungen<br />

zu trennen sind (Die R.N.Z. berichtete<br />

ausführlicher 5./6. Jan. 2004).<br />

Fischers Werk ist eine heute fast vergessene<br />

prophetische Arbeit „Über die notwendige<br />

Neuorientierung <strong>der</strong> Pädagogik<br />

im Zeitalter <strong>der</strong> Industrie und Technik“.<br />

Von <strong>der</strong> „Hooverspeisung“ zur<br />

„Reformpädagogik“<br />

Röhrs war nach seiner Genesung und<br />

dem Kriegsende sofort wie<strong>der</strong> aktiv<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 23


eim Wie<strong>der</strong>aufbau des Bildungswesens<br />

in Hamburg. Er lehrte als Volksschullehrer<br />

in einer halbzerstörten<br />

Schule mit Schichtunterricht und Hooverspeisung<br />

und verstand letztere als einen<br />

Akt demokratischer Selbstvergewisserung<br />

für Schüler und Lehrer. Einige<br />

seiner damaligen Schüler haben ihm<br />

noch zu seinem 80. Geburtstag in Jahrestreffen<br />

die Treue gehalten.<br />

1957 erhielt er einen Ruf an die Wirtschaftshochschule<br />

Mannheim, 1958<br />

folgte er dem Ruf nach Heidelberg und<br />

organisierte dort das Erziehungswissenschaftliche<br />

Seminar und die Forschungsstelle<br />

für vergleichende Pädagogik<br />

im umfassenden Sinn seines <strong>Wissenschaft</strong>sverständnisses.<br />

Sie hat seitdem<br />

viele ausländische Studenten und<br />

<strong>Wissenschaft</strong>ler angezogen und kooperiert<br />

mit Instituten weltweit. Seit 1965<br />

ist er Honorarprofessor in Mannheim.<br />

Einen Ruf nach Köln lehnte er 1966 ab.<br />

Friedenserziehung und Friedenspolitik<br />

Seine kritischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

mit <strong>der</strong> „re-education“, noch in Hamburg<br />

begonnen, verdienen im Zusammenhang<br />

mit seinen Arbeiten zur Friedenserziehung<br />

und Friedenspolitik gelesen<br />

zu werden, denn sie sind heute fast<br />

so aktuell wie damals. Die allgemeine<br />

Erziehung wurde wie heute vernachlässigt<br />

unter den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Sachfächer, <strong>der</strong>en soziale, moralische<br />

und geistige Grundlagen allerdings<br />

ohne eine umfassende Friedenserziehung<br />

nur „unvollkommen gesichert“<br />

werden können. Das ist ein charakteristisches<br />

„un<strong>der</strong>statement“ des Hanseaten.<br />

Hier sieht Röhrs, <strong>der</strong> beim Aufbau <strong>der</strong><br />

Lehrerbildung in Hamburg ebenso wie in<br />

Heidelberg mitgearbeitet hat, jedenfalls<br />

eine <strong>der</strong> wichtigsten zukünftigen Aufgaben<br />

<strong>der</strong> internationalen Erziehung. In <strong>der</strong><br />

Ausbildung <strong>der</strong> Lehrer klafft an dieser<br />

Stelle auf allen Stufen eine entscheidende<br />

Lücke. In diesem Sinn hat Röhrs die<br />

soziale Empirie, Soziologie und Anthropologie<br />

immer als notwendige Ergänzungen<br />

<strong>der</strong> pädagogischen Forschung gesehen.<br />

Auf vielen internationalen Kongressen<br />

und Auslandsreisen in den USA,<br />

nach Afrika, Afghanistan, China, Japan,<br />

Israel, Zypern und in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Unesco hat er über seine Erfahrungen<br />

vor allen Dingen mit Blick auf<br />

die Lehrerausbildung und die soziale Lage<br />

<strong>der</strong> Bildung detailliert berichtet.<br />

Im Mittelpunkt seiner Arbeiten steht<br />

ferner die „Reformpädagogik“, die sich<br />

in vielen Län<strong>der</strong>n, vor allem in England<br />

und den USA, aber auch in Europa<br />

gleichzeitig und mit ähnlichen Zielen<br />

entwickelt hat, wobei auch Deutschland<br />

wichtige Beiträge vor allem im 19. und<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>t leistete. „Reformpädagogik.<br />

Ursprung und Verlauf“<br />

(Weinheim 1998) ist ins Englische, Japanische<br />

und Neugriechische übersetzt.<br />

Die Bände über „Allgemeine Erziehungswissenschaft“<br />

(G. S. Band 1),<br />

„Bildungsgeschichte und Bildungsphilosophie“<br />

(G. S. Band 13) gelten inzwischen<br />

als Grundlagen seines Fachs. Zu<br />

den wichtigsten historischen Arbeiten<br />

zählen Studien zur Wirkung <strong>der</strong> deutschen<br />

Bildung auf die USA und umgekehrt<br />

sowie die Arbeiten zu Comenius,<br />

Kurt Hahn und Martin Buber, vor allem<br />

aber die Monographie „Jean-Jacques<br />

Rousseau. Vision und Wirklichkeit“<br />

(Köln, Weimar, Wien 1993, G. S. Band<br />

13, Weinheim 1999) sollten gleichfalls<br />

hervorgehoben werden. Rousseau ist in<br />

den Wi<strong>der</strong>sprüchen <strong>der</strong> Geschichte als<br />

Philosoph und Pädagoge vor allem über<br />

die Reformerziehung (Progressive Education)<br />

längst zur zentralen, wenn auch<br />

umstrittenen Gestalt in <strong>der</strong> Bildungsgeschichte<br />

unserer Zeit geworden. Er spiegelt<br />

die Zerrissenheit des mo<strong>der</strong>nen<br />

Menschen und versucht zugleich, aus<br />

seinen negativen Erfahrungen in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft heraus, neue Grundlagen<br />

einer menschenwürdigen Erziehung für<br />

die Zukunft zu gewinnen, die in <strong>der</strong> Interpretation<br />

von Hermann Röhrs darüber<br />

hinaus zur Einheit eines persönlichen<br />

Lebensgefühls zu führen vermögen.<br />

Es ist eine kühne und bedeutende<br />

Studie, die trotz ihres Erfolges und ihrer<br />

Aktualität in <strong>der</strong> offiziellen Bildungspolitik<br />

zu wenig beachtet wird.<br />

Die Gründung <strong>der</strong> „Gesamtschule<br />

als Friedensschule“ in<br />

Heidelberg<br />

Hermann Röhrs’ stiller Stolz gilt <strong>der</strong><br />

„Internationalen Gesamtschule Heidelberg<br />

als Friedensschule", die er als Verantwortlicher<br />

im Planungsausschuß<br />

mitbegründet hat (1974). Sie hat 2001<br />

ihr 25jähriges Jubiläum gefeiert und ist<br />

als Unesco-Projektschule anerkannt. Sie<br />

umfaßt die Schulformen von <strong>der</strong> Grundschule<br />

bis zur gymnasialen Oberstufe<br />

und ist eine <strong>der</strong> wenigen Gesamtschulen,<br />

die in Baden-Württemberg nicht<br />

nur erfolgreich überlebten, son<strong>der</strong>n zu<br />

einem Renommierfall für das Land geworden<br />

sind. Ihre Schüler stammen aus<br />

50 Nationen und erlernen Deutsch in gemischten<br />

Vorbildungsklassen in einer<br />

Atmosphäre von Freundschaft, gegenseitiger<br />

Hilfsbereitschaft zusammen mit<br />

Frühunterricht in englischer Sprache. Es<br />

hat als umkämpftes Wagnis begonnen<br />

und sich überzeugend durchgesetzt. Das<br />

angestrebte Ziel <strong>der</strong> Internationalität ist<br />

eine harte Prüfung sowohl für die Friedenserziehung<br />

wie die Verständigung<br />

insgesamt. Sie funktioniert, weil sie in<br />

aller Offenheit sich den Problemen aller<br />

Beteiligten stellt und die Lösungen im<br />

Unterricht gemeinschaftlich erarbeitet.<br />

Die Eltern werden dabei in einem höheren<br />

Maße als üblich über die Schule in<br />

die Lebenswelt <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> miteinbezogen.<br />

Die verschiedenen nationalen Lebensweisen<br />

sind wie ihre hiesigen Probleme<br />

lebendige Teile des Unterrichts.<br />

Der Englischunterricht dient dabei als<br />

gemeinsamer neutraler Boden. Das Eintauchen<br />

in die erlebte Kommunikation<br />

geschieht wie selbstverständlich auf <strong>der</strong><br />

spielerischen Basis gemeinsamer Projekte<br />

und in <strong>der</strong> sprachlichen Reflexion<br />

von Sprüchen, Bil<strong>der</strong>n und Lie<strong>der</strong>n. Die<br />

Schule verfügt über gut ausgestattete<br />

Werkräume. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt<br />

aller Beteiligten und beteiligt<br />

sich an sozialen Einrichtungen <strong>der</strong><br />

Gemeinde. Sie verfügt inzwischen dank<br />

ihrer Lehrer über eine Tradition eingespielter<br />

Erfahrungsweisen, über Rituale<br />

gemeinsamer Erlebnisse, Feiern <strong>der</strong> Besinnung<br />

in „meditativen Haltepunkten“,<br />

auf die großer Wert gelegt wird.<br />

Solches galt früher als elitäres Erbe bedeuten<strong>der</strong><br />

privater Heimschulen. Sie haben<br />

sich hier als reformpädagogische<br />

Elemente zu Lebensformen verfestigt. In<br />

unserer PISA-gebeutelten Nation ist eine<br />

solche Schule durch ihren Bildungswert<br />

und persönliche Hingabe ein Lichtblick<br />

und eine Hoffnung für die Zukunft.<br />

Hermann Röhrs hat viele Ehrungen, national<br />

und vor allem auch übernational,<br />

erhalten. Seine Lehren sind in seinem<br />

Heimatland dennoch verhältnismäßig<br />

wenig in die Bildungspraxis <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

umgesetzt worden, die ihrer<br />

dringend bedürfte. Es gibt hier noch sehr<br />

viel zu entdecken und zu tun. In diesem<br />

Sinne gelten die Wünsche seiner Gratulanten<br />

nicht nur dem Lebensabend eines<br />

großen Gelehrten, son<strong>der</strong>n auch den<br />

Hoffnungen auf die Reformen <strong>der</strong> geistigen<br />

Bildung, denen er sein Leben gewidmet<br />

hat.<br />

■<br />

Professor Dr. Kurt Otten, Heidelberg<br />

24 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Wertewandel – Herausfor<strong>der</strong>ung für<br />

Schule und Elternhaus<br />

Von Winfried Schlaffke<br />

Überblick<br />

I. DerWeg in die Wertekrise<br />

1. Verän<strong>der</strong>ungsdynamik und<br />

Strukturwandel<br />

2. Werteverschiebung und<br />

Wertepluralismus<br />

3. Verweigerung und lautlose<br />

Revolution<br />

4. Ratlosigkeit und<br />

Anstandsdebatten<br />

II. Die Rolle <strong>der</strong>Eltern bei <strong>der</strong>Bewältigung<br />

<strong>der</strong>Wertekrise (S. 26)<br />

1. Emanzipationspolitik gestern und<br />

Familienpolitik heute<br />

2. Erziehungskrise und<br />

Elternversagen<br />

3. Verhaltensregeln und Kopfnoten<br />

4. Gemeinsame Lehrer- und<br />

Elternleistungen<br />

5. Leistungsdruck und<br />

Leistungsfreude<br />

III.Die Rolle <strong>der</strong>Lehrerbei <strong>der</strong>Bewältigung<br />

<strong>der</strong>Wertekrise (S. 28)<br />

1. Autoritätsverluste und ein verheerendes<br />

Lehrerbild<br />

2. Bessere Schulausstattung und<br />

besser qualifizierte Lehrer<br />

3. Lehren und Erziehen als<br />

Dienst am Schüler<br />

4. Lehren und Erziehen als<br />

Dienst an <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

5. Erziehungsziele und<br />

verpflichtende Richtlinien<br />

6. Schulqualität und<br />

Begabungsför<strong>der</strong>ung<br />

IV. Die Verantwortung von Schülern,<br />

Eltern und Lehrern für Schulqualität<br />

(S. 29)<br />

1. Schülerengagement und<br />

Schülerleistung<br />

2. Schule und Elternhaus als Partner<br />

I. Der Weg in die Wertekrise<br />

1. Verän<strong>der</strong>ungsdynamik und<br />

Strukturwandel<br />

Seit biblischen Zeiten gilt <strong>der</strong> Grundauftrag<br />

an die Menschen, Erkenntniszugewinn<br />

zu schaffen, menschliches Zusammenleben<br />

auf eine höhere sittliche<br />

Stufe zu stellen, Gutes zu Besserem<br />

weiterzuentwickeln, Menschenrechte zu<br />

etablieren, Werte, Normen und Tugenden<br />

zu vermitteln. Doch in den letzten<br />

Jahrzehnten sind Umbrüche und Entwicklungssprünge<br />

in einem Ausmaß<br />

entstanden, das es so niemals zuvor in<br />

<strong>der</strong> Menschheitsgeschichte gab. Zu nennen<br />

sind<br />

– <strong>der</strong> einschneidende (welt-)politische<br />

Wandel (Fall <strong>der</strong> Sowjetunion, deutsche<br />

Einheit, Wachsen <strong>der</strong> EU, terroristische<br />

Bedrohungen);<br />

– die technologischen Entwicklungssprünge<br />

(Mikroelektronik, Digitalisierung,<br />

I- und K-Technik, Mikrosystemtechnik,<br />

Bio- und Gentechnik,<br />

Bionik, Laser, neue Werkstoffe, Umwelttechnik,<br />

Hochgeschwindigkeitsverkehr);<br />

– die wirtschaftlichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

(Globalisierung, Tertiarisierung,<br />

Ökologisierung);<br />

– die einschneidenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />

auf Arbeitsmärkten und Arbeitsplätzen<br />

(Auswan<strong>der</strong>ung von Arbeitsplätzen<br />

ins nahe und ferne Ausland,<br />

verän<strong>der</strong>te Betriebsorganisation, Enttaylorisierung);<br />

– die globalen ökologischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

(Klimaverschiebungen, zunehmende<br />

Verknappung von gesundem<br />

Boden, reiner Luft und Trinkwasser).<br />

Die Wucht <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen hat nicht<br />

nur politische Umwälzungen und einschneidenden<br />

Wandel in <strong>der</strong> Wirtschafts-<br />

und Arbeitswelt herbeigeführt,<br />

son<strong>der</strong>n hat auch Verschiebungen in den<br />

Werthaltungen, Lebensformen, Lebensauffassungen<br />

und Zielsetzungen weiter<br />

Kreise <strong>der</strong> Gesellschaft verursacht.<br />

Der Strukturwandel ist zu einem <strong>der</strong>art<br />

charakteristischen Kennzeichen unserer<br />

Zeit geworden, daß <strong>Wissenschaft</strong> und<br />

Medien immer wie<strong>der</strong> von Wendezeiten<br />

und Paradigmenwechseln gesprochen<br />

und diese in ihrer Verän<strong>der</strong>ungsdynamik<br />

als bisher einmalig eingestuft haben.<br />

Professor Dr. Winfried Schlaffke<br />

2. Werteverschiebungen und<br />

Wertepluralismus<br />

Blickt man zurück, scheint in <strong>der</strong> Tat<br />

das Leben in den vorindustriellen Gesellschaften<br />

sehr kontinuierlich, fast<br />

statisch in überschaubaren und festen<br />

Bahnen verlaufen zu sein.<br />

Der junge Mensch wuchs in einem Personenkreis<br />

auf, in dem immer nur wenige<br />

Menschen in persönlichem Austausch<br />

standen. Die enge Verbindung,<br />

die früher zwischen Schülern, Eltern<br />

und Lehrern an zahlenmäßig begrenzten<br />

Schulen bestand, ließen den Jugendlichen<br />

die Schule fast wie eine Verlängerung<br />

des Elternhauses, den Lehrer als<br />

Person erleben. Die gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse waren einfach und überschaubar,<br />

man wuchs wie von selbst in<br />

sie hinein. Das vorindustrielle Wirtschafts-<br />

und Sozialsystem war dadurch<br />

charakterisiert, daß die einzelnen Strukturen<br />

gleichblieben, es waren fast unverän<strong>der</strong>liche<br />

Situationen. Man ergriff<br />

den Beruf des Vaters, man wechselte<br />

kaum den Wohnsitz.<br />

Dennoch gab es im Laufe <strong>der</strong> Geschichte<br />

nicht nur ein Nacheinan<strong>der</strong> verschiedener<br />

Wertvorstellungen, son<strong>der</strong>n auch<br />

in früheren Zeiten ist das Nebeneinan<strong>der</strong><br />

konkurrieren<strong>der</strong> Wertvorstellungen<br />

zu beobachten. Kriege, soziale Konflikte,<br />

technische Innovationen o<strong>der</strong> auch<br />

nur <strong>der</strong> Wechsel <strong>der</strong> Generationen haben<br />

vielmals zu Wertverschiebungen,<br />

Wertverän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> Wertverlusten<br />

geführt.<br />

Wilhelm Flitner hat eine Geschichte <strong>der</strong><br />

abendländischen Lebensformen (München,<br />

1967) geschrieben und Normen<br />

und Leitbil<strong>der</strong> in ihrem Wandel nachgezeichnet<br />

vom griechischen Philosophie-<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 25


en über altgermanische Tradition und<br />

mittelalterliche Ritterlichkeit bis hin<br />

zum Calvinismus, Humanismus und <strong>der</strong><br />

deutschen Klassik. Sein Fazit lautet, daß<br />

<strong>der</strong> industriellen Gesellschaft nur noch<br />

<strong>der</strong> Pluralismus bleibt: „Der Bankrott<br />

aller idealistischen Ziele und die Einsicht<br />

in die unterbewußten Strebungen,<br />

in die Lebens- und Prestigegier des<br />

Menschen, ist den lebenden Geschlechtern<br />

so allgemein zuteil geworden, daß<br />

je<strong>der</strong> sittliche Appell wie ein Hohn<br />

wirkt. Die Relativierung <strong>der</strong> alt anerkannten<br />

Autoritäten hat sich im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

in aller Schärfe vollzogen. Die<br />

ethische Welt muss uns als ‚pluralistisch‘<br />

gelten; jede Gruppe orientiert<br />

sich in <strong>der</strong> Stille an Maßstäben, die sie<br />

sich kaum selbst zu verdeutlichen, an<strong>der</strong>en<br />

auch nicht zuzumuten wagt ...“<br />

Flitner konstatiert in seinem resignativen<br />

Fazit einen schleichend destruktiven<br />

Wertepluralismus, obwohl zuvor<br />

Romano Guardini in seinem vielfach<br />

aufgelegten Werk „Tugenden“ (München,<br />

1963) aus seiner Sicht nochmals<br />

unumstößliche Werte – wie beispielsweise<br />

Treue, Ehrfurcht, Höflichkeit,<br />

Dankbarkeit, aber auch Wahrhaftigkeit<br />

und Gerechtigkeit – beschworen hatte,<br />

um so Lehrenden und Lernenden „das<br />

Gute“ begreiflich zu machen, „dessen<br />

Verwirklichung den Menschen recht eigentlich<br />

zum Menschen macht“.<br />

3. Verweigerung und lautlose<br />

Revolution<br />

Doch mit den Ideen und dem wachsenden<br />

Einfluß <strong>der</strong> Frankfurter Schule (vor<br />

allem Horkheimer, Adorno, Marcuse)<br />

fand Wertewandel in den sechziger und<br />

siebziger Jahren des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

nicht nur seine Erklärung und Begründung,<br />

son<strong>der</strong>n Wertekritik und aktiver<br />

Kampf gegen sogenannte bürgerliche<br />

„Sekundärtugenden“ (Treue, Ordnung,<br />

Pünktlichkeit und Ehrlichkeit,<br />

Tüchtigkeit, Fleiß und Leistungswille)<br />

wurden zu einem progressiv emanzipatorisch<br />

empfundenen Programm.<br />

Was Alexan<strong>der</strong> Mitscherlich in seinem<br />

Werk „Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“<br />

(München, 1963) prognostiziert<br />

hatte, nämlich „ein unaufhaltsames<br />

Zerbröckeln <strong>der</strong> Hierarchie <strong>der</strong> Vaterrollen“,<br />

wurde in den siebziger und achtziger<br />

Jahren des vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

durch zahllose empirische Untersuchungen<br />

belegt. Vor allem das Plädoyer Herbert<br />

Marcuses und seiner zahllosen Mitstreiter<br />

hatte deutliche Wirkung gezeigt,<br />

sich durch die „große Verweigerung“<br />

von <strong>der</strong> „repressiven Leistungsgesellschaft“<br />

zu befreien und so auch die Vorherrschaft<br />

<strong>der</strong> „intoleranten“, „triebfeindlichen“<br />

und „autoritären“ bürgerlichen<br />

Familie zu beenden.<br />

Elisabeth Noelle-Neumanns empirische<br />

Befunde, die sie 1975 unter <strong>der</strong> Fragestellung<br />

„Werden wir alle Proletarier?“<br />

vorgelegt hatte, sorgten zunächst<br />

noch für erregte Diskussionen in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft über das Ausmaß des inzwischen<br />

eingetretenen Werteverlustes.<br />

Doch die zunächst wenig beachtete<br />

„lautlose Revolution“ gewann rasch an<br />

Ausdehnung und Wirkung durch zwei<br />

sich wechselseitig stärkenden politischen<br />

Strömungen: Zum einen sorgte –<br />

im Gefolge des Club of Rome Bestellers<br />

„Die Grenzen des Wachstums“ – eine<br />

Jahr für Jahr ausufern<strong>der</strong>e Katastrophenliteratur<br />

für Weltuntergangsängste,<br />

weil sie den Ruin des „Raumschiffes Erde“<br />

durch Leistungswahn, grenzenloses<br />

Wirtschaftswachstum und immer unkontrollierbarer<br />

werdende Technik in<br />

endlosen Varianten beschwor. Zum an<strong>der</strong>en<br />

erzielten die kämpferisch antikapitalistischen,<br />

technik- und wirtschaftsfeindlichen<br />

Programme <strong>der</strong> Grünen viel<br />

Beifall. Gerade junge Leute ließen sich<br />

von ihrem Kampf gegen überkommene<br />

Strukturen und Institutionen, gegen Autoritäten<br />

und bürgerliche Wertvorstellungen<br />

begeistern und feierten das sich<br />

Verweigern als progressiven Akt <strong>der</strong><br />

Emanzipation.<br />

Die „Null Bock“- und „No Future“-Generation<br />

gefiel sich in Selbstmitleid und<br />

zur Schau getragener Fin de Siècle-<br />

Stimmung: „Gestern standen wir noch<br />

am Rande des Abgrunds, heute sind wir<br />

schon einen Schritt weiter.“<br />

4. Ratlosigkeit und<br />

Anstandsdebatten<br />

So wun<strong>der</strong>t es nicht, daß Studentenuntersuchungen<br />

(Höhler, 1981; Glotz und<br />

Malanowski, 1982) zu dem Ergebnis<br />

kamen, daß die angehenden Akademiker<br />

– von seltenen Ausnahmen abgesehen<br />

– Pflicht- und Zielbewußtsein, Leistungs-<br />

und Verantwortungsbereitschaft<br />

nicht als schätzenswerte Eigenschaften,<br />

son<strong>der</strong>n eher als Unwerte ansahen.<br />

Es gehört heute zur Political Correctness,<br />

die 1968 begonnene Kulturrevolution<br />

als eine Befreiungsbewegung einzustufen,<br />

die vom Muß und den einengenden<br />

Regeln des Spießbürgertums befreite,<br />

die borniertes autoritäres Verhalten und<br />

den dazugehörigen Untertanengeist<br />

bloß stellte und <strong>der</strong> Lächerlichkeit preisgab,<br />

die neue Lebens- und Arbeitsformen<br />

propagierte und die vor allem progressive<br />

emanzipatorische Bildungskonzepte<br />

entwickelte und ausprobierte.<br />

Ebenso korrekt ist aber auch die Feststellung,<br />

daß die antiautoritären Erziehungsprogramme<br />

und -ideen eine erschreckend<br />

große Zahl verunsicherter<br />

und überfor<strong>der</strong>ter Lehrer, ratloser Eltern<br />

und desinteressierter Schüler beför<strong>der</strong>t<br />

haben. Mit dem Verlust von allgemein<br />

anerkannten Werten und von Autorität<br />

wuchsen Orientierungslosigkeit, Gleichgültigkeit<br />

und Leistungsverfall.<br />

Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten<br />

zu einem Land geworden, das sich<br />

in internationalen Vergleichen mit einem<br />

unteren Mittelmaß zufrieden gibt<br />

und das – statt die Ethik des Leistens<br />

und <strong>der</strong> Eigenverantwortung zu för<strong>der</strong>n<br />

– eine Ethik <strong>der</strong> Risikovermeidung, <strong>der</strong><br />

Bequemlichkeit und des Verteilens vorzieht.<br />

Weil <strong>der</strong> Staat nicht einen jeden<br />

nach seinen Wünschen versorgen kann,<br />

greifen viele – ohne jedes schlechte Gewissen<br />

– zur Selbstbedienung: Die Kleinen<br />

üben sich im Schuleschwänzen,<br />

Schwarzfahren o<strong>der</strong> Ladendiebstahl,<br />

die Großen im Blaumachen, in <strong>der</strong><br />

Schwarzarbeit o<strong>der</strong> im Steuerhinterziehen.<br />

Nehmen und Schnorren erscheint<br />

vielen seliger als das Schaffen und Geben.<br />

Rat- und hilflose Politiker versuchen<br />

es neuerdings mit Appellen an den<br />

Anstand <strong>der</strong> Bürger. Doch die Anstands-<br />

Debatte kann nicht fruchten, wenn die<br />

Wertewelt aus den Fugen geraten ist.<br />

II. Die Rolle <strong>der</strong> Eltern bei <strong>der</strong><br />

Bewältigung <strong>der</strong> Wertekrise<br />

1. Emanzipationspolitik gestern und<br />

Familienpolitik heute<br />

Wenn es um Bildung, Erziehung und<br />

Wertevermittlung geht, tragen die Eltern<br />

– vom Babyalter bis zur Volljährigkeit<br />

ihrer Kin<strong>der</strong> – die Hauptverantwortung.<br />

Es wird in den heutigen Diskussionen<br />

über Problemkin<strong>der</strong> gerne übersehen,<br />

daß in den meisten Elternhäusern<br />

mit Liebe, Hingabe und auch mit bestem<br />

Erfolg für eine humane Zukunft<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gesorgt wird. Dies gelingt<br />

weitestgehend in bewun<strong>der</strong>nswerter<br />

Weise – trotz <strong>der</strong> Berufstätigkeit o<strong>der</strong><br />

trotz <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit bei<strong>der</strong> Elternteile.<br />

Die Medien jedoch richten ihren Focus<br />

– oftmals allzu unausgewogen – auf<br />

26 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Fälle des Versagens und auf Missstände.<br />

Die Fülle <strong>der</strong> Negativberichte führt dazu,<br />

daß Eltern allzu pauschal in eine<br />

Sündenbockrolle <strong>der</strong> Gesellschaft gezwungen<br />

werden, denen man als anonyme<br />

Masse gerne Schuldzuweisungen<br />

aufbürdet.<br />

Auch wenn das veröffentlichte Elternbild<br />

negativer gezeichnet wird, als es in<br />

Wirklichkeit ist, fällt doch eine verbreitete<br />

Unsicherheit im Elternverhalten<br />

auf. Für viele Fragen fehlen zuverlässige<br />

Antworten: Wie sieht ein zeitgemäßer<br />

Erziehungsauftrag in einer Gesellschaft<br />

aus, in <strong>der</strong> Selbstverwirklichung<br />

noch immer als Lebensziel und<br />

Sinngeber fungiert? Kann eine Frau, die<br />

nach gesellschaftlicher Akzeptanz strebt,<br />

sich voll auf die Kin<strong>der</strong>erziehung konzentrieren<br />

und auf den Beruf verzichten?<br />

Die Gesellschaftspolitik am Ende des<br />

vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts hat ihre Spuren<br />

hinterlassen: Die antiautoritäre Emanzipationspädagogik<br />

<strong>der</strong> siebziger Jahre<br />

hatte nur Hohn und Spott für nichtberufstätige<br />

Mütter übrig. Kin<strong>der</strong>, Küche, Kirche<br />

o<strong>der</strong> Selbstausbeutung im Mief <strong>der</strong><br />

Bürgerlichkeit hießen die beliebten<br />

Chiffren, mit denen verantwortungsvolle<br />

„Ganztagsmütter“ <strong>der</strong> Lächerlichkeit<br />

preisgegeben o<strong>der</strong> gar in die Nähe von<br />

Mutterkreuz und Faschismus gerückt<br />

wurden. Antiautoritäre Erziehung galt<br />

als Leitbild und wurde als Verzicht auf<br />

Normen, Werte, Zielvorgaben und<br />

Pflichten verstanden. Also ließen verunsicherte<br />

Eltern ihre Kin<strong>der</strong> gewähren<br />

und redeten sich ein, beson<strong>der</strong>s tolerant<br />

und großzügig zu sein.<br />

In den achtziger Jahren überboten sich<br />

progressiv und emanzipatorisch ausgelegte<br />

Parteiprogramme und Medienberichte<br />

darin, die Kleinfamilie mit Trauschein<br />

als Fossil einer unaufgeklärten<br />

Bürgerlichkeit darzustellen. Das Singledasein<br />

o<strong>der</strong> Wohngemeinschaften mit<br />

und ohne Kin<strong>der</strong> schienen wahres Lebensglück<br />

in Selbstbestimmung und<br />

Unabhängigkeit zu bieten. Gegenwärtig<br />

haben Politik und Staat Familienpolitik<br />

als zentrales zukunftsweisendes Thema<br />

wie<strong>der</strong> entdeckt. Doch selbst die umfassendsten<br />

sozialen Leistungen des Staates<br />

können nicht leisten, was Eltern leisten<br />

sollten: Fürsorge und tägliches Vorbild.<br />

2. Erziehungskrise und<br />

Elternversagen<br />

Doch immer wie<strong>der</strong> erschrecken jene<br />

spektakulären Berichte, die abartiges<br />

Verhalten, Gewaltanwendung o<strong>der</strong> totale<br />

Gleichgültigkeit von Müttern und<br />

Vätern vermelden. Allgemeines Elternversagen<br />

gilt heute als zentrale Ursache<br />

für die Erziehungskrise in unserer<br />

Zeit. Isolierte und einsame, gelangweilte<br />

und desinteressierte, unkonzentrierte<br />

und hypernervöse, sprach- und<br />

verhaltensgestörte, konsum- und medienbesessene,<br />

überfressene und magersüchtige,<br />

aufsässige und gewalttätige<br />

Kin<strong>der</strong> werden auf das Schuldkonto<br />

<strong>der</strong> Eltern gebucht. Und in <strong>der</strong> Tat muß<br />

sich bei vielen Müttern und Vätern im<br />

Erziehungsverhalten und in <strong>der</strong> Werteorientierung<br />

etwas än<strong>der</strong>n: Wenn<br />

Tausende junger Menschen ihre gültigen<br />

Ausbildungsverträge nicht einhalten,<br />

wenn Hun<strong>der</strong>ttausende nicht nur<br />

Unterricht schwänzen, son<strong>der</strong>n überhaupt<br />

nicht zur Schule gehen, wenn es<br />

zum Jugendimage gehört, für Designerklamotten<br />

o<strong>der</strong> Handykonsum die<br />

Zeit zu verjobben und Schulaufgaben<br />

zu vernachlässigen, dann tragen auch<br />

die Eltern für das Fehlverhalten eine<br />

Mitverantwortung.<br />

Kein einziges Elternteil darf als Erzieher<br />

abdanken, denn Eltern sind nicht<br />

nur Erziehungsberechtigte, son<strong>der</strong>n<br />

auch Erziehungsverpflichtete. Sie können<br />

sich daher von den immer erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Motivations- und Erziehungsaufgaben<br />

nicht freikaufen – nicht mit<br />

Geld für Nachhilfelehrer o<strong>der</strong> für Auslandsreisen<br />

– son<strong>der</strong>n müssen sich täglich<br />

selber kümmern.<br />

3. Verhaltensregeln und Kopfnoten<br />

Da Eltern heute vielfach total verunsichert<br />

sind, wie sie abstrakte Normen<br />

und Wertsetzungen in <strong>der</strong> Praxis umsetzen<br />

sollen und können, haben Lehrervereinigungen<br />

Minimalanfor<strong>der</strong>ungen<br />

an das Elternverhalten – einen kleinen<br />

Katechismus täglicher Erziehung –<br />

aufgestellt. Die Verhaltensregeln lassen<br />

sich in folgenden sieben Geboten<br />

zusammenfassen:<br />

1. Laß deine Kin<strong>der</strong> nicht ohne<br />

Frühstück zur Schule gehen!<br />

2. Wache darüber, wie deine Kin<strong>der</strong><br />

ihre Schularbeiten erledigen!<br />

3. Schicke deine Kin<strong>der</strong> ausgeschlafen<br />

in die Schule!<br />

4. Sorge für gesunde Ernährung,<br />

Sport, Spiel und kulturelle Betätigung!<br />

5. Verhin<strong>der</strong>e das Schuleschwänzen<br />

und das exzessive Jobben!<br />

6. Sprich und lies mit deinen Kin<strong>der</strong>n,<br />

damit sie sich ordentlich artikulieren<br />

können!<br />

7. Besuche die Elternversammlungen!<br />

Viele <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> wollen die Wirksamkeit<br />

solcher Verhaltensregeln durch<br />

die Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong> früher verfemten<br />

„Kopfnoten“ – Ordnung, Fleiß<br />

und Pünktlichkeit, Mitarbeit und Betragen<br />

– unterstützen, um so auch wie<strong>der</strong><br />

die Zusammenarbeit von Lehrern und<br />

Eltern in Erziehungsfragen zu beför<strong>der</strong>n.<br />

Die möglichst umfassende Umsetzung<br />

dieser Zielsetzung könnte in <strong>der</strong><br />

Tat die Bedeutung und den Wert des Erziehungsauftrages<br />

unterstreichen.<br />

4. Gemeinsame Lehrer- und<br />

Elternleistungen<br />

Die kontinuierliche Zusammenarbeit<br />

zwischen Lehrern und den Müttern und<br />

Vätern muß deutlich verstärkt werden.<br />

Schulklima und Schulqualität muss auch<br />

von den Eltern mitgestaltet werden.<br />

Eltern müssen viel häufiger, als es bisher<br />

geschieht, über Leistungsziele des<br />

Schuljahrs und über den Leistungsstand<br />

ihrer Kin<strong>der</strong> informiert werden, damit<br />

sie an <strong>der</strong> Zielerreichung mitwirken<br />

können und sich auch mitverantwortlich<br />

fühlen. Das Schulzeugnis ist immer das<br />

Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen,<br />

denn Zensuren beinhalten nicht nur ein<br />

Urteil über Schüler, son<strong>der</strong>n auch über<br />

Lehrer- und Elternleistungen.<br />

Wenn Lehrer und Eltern sich wechselseitig<br />

in ihren Erziehungs- und Bildungsaufgaben<br />

unterstützen und bestärken,<br />

wenn sie sich über Leistungsziele<br />

und Qualitätsniveaus einigen und diese<br />

sogar zu übertreffen versuchen, wenn<br />

sie den Kin<strong>der</strong>n gemeinsam begreiflich<br />

machen, daß ihr erfolgreich absolvierter<br />

Schulabschluß <strong>der</strong> Fahrschein in eine<br />

gute Zukunft ist, dann kann sich eine<br />

neue Lernkultur entfalten, in <strong>der</strong> die deprimierenden<br />

PISA-Befunde <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

angehören.<br />

5. Leistungsdruck und<br />

Leistungsfreude<br />

Die PISA-Leistungsvergleiche haben<br />

gezeigt: Ohne eine deutliche Anhebung<br />

des Qualitätsniveaus in den Schulen<br />

verliert die Jugend Wettbewerbsfähigkeit<br />

und Zukunftschancen. Elternbefragungen<br />

haben jedoch ergeben, daß sie<br />

alles vermeiden möchten, was ihr Kind<br />

zusätzlich belasten könnte – frühe Einschulung,<br />

mehr und intensiverer Unterricht,<br />

höhere Leistungen und schärfere<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 27


Kontrollen. Für sie bedeuten Wettbewerb<br />

und klare Zielvorgaben einen Leistungsdruck,<br />

<strong>der</strong> ihren Kin<strong>der</strong>n die Unbeschwertheit<br />

raubt. Aber – bei allem<br />

Verständnis für das Streben von Eltern,<br />

ihren Kin<strong>der</strong>n Anstrengungen zu ersparen<br />

– Aufgaben zu stellen und das Erreichen<br />

gesetzter Ziele zu überprüfen und<br />

zu würdigen, gehört dennoch zweifellos<br />

zur Erziehungsaufgabe. Und nichts motiviert<br />

Menschen besser und dauerhafter<br />

als die Freude und das Glücksgefühl,<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen erfolgreich gemeistert<br />

zu haben.<br />

III. Die Rolle <strong>der</strong> Lehrer bei <strong>der</strong><br />

Bewältigung <strong>der</strong> Wertekrise<br />

1. Autoritätsverluste und<br />

verheerendes Lehrerbild<br />

Lehrer sind die Dreh- und Angelpunkte<br />

für eine gute und erfolgreiche Schule.<br />

Die Lehrer brauchten die volle Unterstützung<br />

von Staat und Gesellschaft,<br />

aber vor allem von den Eltern. Doch das<br />

Gegenteil ist vielmals <strong>der</strong> Fall: Lehrer<br />

werden allzu oft mit den vorhandenen<br />

Problemen, Mißständen und Unzulänglichkeiten<br />

allein gelassen.<br />

Nach den wie<strong>der</strong>holten internationalen<br />

Schul-Leistungsvergleichen, <strong>der</strong>en Ergebnisse<br />

einen gesamtgesellschaftlichen<br />

PISA-Schock hervorriefen, obwohl<br />

schon seit Jahrzehnten <strong>der</strong> Verfall<br />

von Arbeitsmoral, Engagement und Niveau<br />

empirisch belegt war, ging es allenthalben<br />

auf die Suche nach Schuldigen.<br />

Vor allem den Lehrern wurde totales<br />

Versagen angelastet. Zum einen<br />

wurden Gleichheitsutopien und Machbarkeitseuphorie,<br />

eine Pädagogik des<br />

Spaßes und <strong>der</strong> Beliebigkeit, die Vergabe<br />

von Discountnoten und <strong>der</strong> Verzicht<br />

auf Sanktionen als Verursacher <strong>der</strong> Bildungsmisere<br />

angesehen, zum an<strong>der</strong>en<br />

galten auch die Verbreitung von Perspektivlosigkeit<br />

und Untergangsalarmismus<br />

als Gründe für die Motivationsund<br />

Niveauverluste.<br />

Als Folge <strong>der</strong> PISA-Studien sah das von<br />

den Medien verbreitete Lehrerbild verheerend<br />

aus: Der deutsche Lehrer gilt<br />

als überaltert und oftmals krank, faul<br />

und lustlos, resigniert und ausgebrannt,<br />

pädagogisch unfähig und lebensfern<br />

und zudem – im Vergleich zu den europäischen<br />

Kollegen – mit geringer Wochenstundenzahl<br />

belastet und dabei<br />

hochbezahlt. Der dramatische Autoritäts-<br />

und Prestigeverlust macht die<br />

Lehrer zu großen Verlierern, wenn es<br />

um das Ansehen ihres Berufes in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft geht. Dabei kann kein<br />

Zweifel darüber bestehen, dass in unseren<br />

Schulen anspruchsvolle Zielvorstellungen,<br />

ein Klima <strong>der</strong> Leistungsfreude<br />

und ein hohes Niveau nur mit<br />

den Lehrern – und nicht gegen sie – erreicht<br />

werden kann. Denn ohne pädagogisch<br />

und fachlich hochqualifizierte<br />

Lehrer kann es keinen effizienten Unterricht<br />

geben. Und ohne eine hohe<br />

Lehrleistung ist Schulqualität nicht erreichbar.<br />

2. Bessere Schulausstattung und<br />

besserqualifizierte Lehrer<br />

Um die vorhandenen Mängel in den<br />

Schulen wirksam zu beseitigen, muß einerseits<br />

die Schulausstattung (Gebäude,<br />

Räume, Labore, Computer) verbessert<br />

werden, an<strong>der</strong>erseits werden viel mehr<br />

(vor allem pädagogisch) besser qualifizierte<br />

Lehrer gebraucht, die einen motivierenden,<br />

von Methodenvielfalt geprägten,<br />

niveauvollen Unterricht abhalten.<br />

Nicht die Schulform ist von entscheiden<strong>der</strong><br />

Bedeutung, auch nicht die<br />

Großzügigkeit <strong>der</strong> Gebäude und <strong>der</strong><br />

Räume o<strong>der</strong> die Höhe <strong>der</strong> Lehrervergütung<br />

und eine niedrige Pflichtstundenzahl,<br />

son<strong>der</strong>n die Qualität des Unterrichts.<br />

Die großen Autoritätsverluste <strong>der</strong> Lehrerschaft<br />

können nur von ihr selbst mit<br />

Einsatzwillen und Kompetenz wie<strong>der</strong>gewonnen<br />

werden. Nur mit Leistungsfreude<br />

in einer allgemeinen Kultur <strong>der</strong><br />

Anstrengung können die Lehrer ihrer<br />

Vorbildrolle in <strong>der</strong> Gesellschaft gerecht<br />

werden. Nur so können sie das Streben<br />

nach „Excellence“ zu einem Leitbild<br />

machen, das dann auch von <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

anerkannt wird.<br />

3. Lehren und Erziehen als<br />

Dienst am Schüler<br />

Lehren und Erziehen beför<strong>der</strong>n gemeinsam<br />

den Bildungsprozeß und sind ein<br />

Dienst an jedem einzelnen Schüler. Der<br />

Lehrer muß dazu befähigen, daß ein je<strong>der</strong><br />

sich selbst und seinen Standort in<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft findet, seine Persönlichkeit<br />

behauptet, aber auch seinen Teil<br />

zur gesellschaftlichen Entwicklung<br />

beiträgt. Bildung muß dem einzelnen<br />

nicht nur Mut und Kraft geben, aufgetretenen<br />

Wandel anzunehmen und zu<br />

bewältigen, son<strong>der</strong>n muß ihn aktiv, initiativ<br />

und kreativ werden lassen, selber<br />

Wandel zu gestalten.<br />

Somit gehört zu den Bildungszielen<br />

nicht nur die Fähigkeit zu Wissensanwendung<br />

und -umsetzung, son<strong>der</strong>n<br />

auch die För<strong>der</strong>ung von Werthaltungen<br />

und Handlungsnormen. Das Bildungsziel<br />

muß sein, Wissen so zu vermitteln,<br />

daß es mit Gewissen und mit<br />

Handlungskompetenz genutzt werden<br />

kann.<br />

4. Lehren und Erziehen als Dienst<br />

an <strong>der</strong>Gesellschaft<br />

Lehren und Erziehen sind ein Dienst an<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft, denn es müssen Wege<br />

gewiesen werden, Demokratie und<br />

<strong>Freiheit</strong> hochzuschätzen und zu nutzen,<br />

Gewalt und Diskriminierungen zu<br />

verachten, Moral und Anstand, Solidarität<br />

und Subsidiarität zu pflegen.<br />

Lehren und Erziehen müssen zugleich<br />

dafür Sorge tragen, den fortdauernden<br />

wirtschaftlich technischen und gesellschaftlichen<br />

sozialen Wandel mitgestalten<br />

zu können. Wissen und Können,<br />

Fertigkeiten und Fähigkeiten, Wertbewußtsein<br />

und Handlungskraft müssen<br />

so entwickelt werden, daß ein je<strong>der</strong> einen<br />

Platz im beruflichen und gesellschaftlichen<br />

Leben ausfüllen kann.<br />

Schulbildung muß das tragfähige Fundament<br />

bieten, mit Neugier auf Neues<br />

und mit einer lebenslangen Lernbereitschaft<br />

zuwachsendes Wissen aufnehmen,<br />

einordnen und bewerten und vom<br />

bloßen Vorurteil zum begründeten eigenen<br />

Urteil kommen zu können.<br />

5. Erziehungsziele und<br />

verpflichtende Richtlinien<br />

Lehrer, die sich in unserer Zeit des<br />

Wertepluralismus und <strong>der</strong> Orientierungsschwäche<br />

unsicher darüber sind,<br />

welche Normen, Werte und Erziehungsziele<br />

sie ansteuern sollen, finden<br />

gültige und verpflichtende Richtlinien<br />

in den Län<strong>der</strong>verfassungen, die dort<br />

zum Wohle <strong>der</strong> Gesellschaft und <strong>der</strong><br />

Heranwachsenden formuliert sind,<br />

zum Beispiel:<br />

– Achtung vor <strong>der</strong> Würde des<br />

Menschen<br />

– Anerkennung ethischer Normen<br />

– Entwicklung <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />

sowie von Leistungsbereitschaft<br />

und sozialer Gesinnung<br />

– Aufgeschlossenheit für alles<br />

Wahre, Gute und Schöne<br />

– Entwicklung von politischem<br />

Verantwortungsbewußtsein<br />

– Erziehung zur Verantwortung<br />

für Natur und Umwelt<br />

28 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


– Erziehung zur Nächstenliebe,<br />

Menschlichkeit, Demokratie,<br />

<strong>Freiheit</strong> und Toleranz<br />

– Heranbildung <strong>der</strong> beruflichen<br />

Tüchtigkeit<br />

– Liebe zu Volk und Heimat<br />

– Heranbildung des Verständnisses<br />

für an<strong>der</strong>e Kulturen<br />

– Eintreten für die Gleichheit und<br />

das Lebensrecht aller Menschen.<br />

6. Schulqualität und<br />

Begabungsför<strong>der</strong>ung<br />

Eine beson<strong>der</strong>e Aufgabe von Schule<br />

und Elternhaus ist es, die im jungen<br />

Menschen angelegten Interessen und<br />

Begabungen bestmöglich zu entfalten.<br />

Begabtenför<strong>der</strong>ung ist wirksamer<br />

Treibstoff zur Verbesserung <strong>der</strong> Schulqualität.<br />

„Die Flut hebt, die Ebbe senkt<br />

alle Schiffe“, sagen Psychologen und<br />

Pädagogen und meinen damit, daß<br />

durch die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s<br />

Leistungsstarken das Niveau ganz generell<br />

angehoben werden kann,<br />

während Mittelmaß im Unterricht zu<br />

allgemeiner Leistungsschwäche führt.<br />

Der Hochbegabte reüssiert nicht von<br />

selbst, we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule noch im Beruf.<br />

Nachdem <strong>der</strong> Begriff Elite über Jahrzehnte<br />

als Unwort in <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong><br />

Educational Correctness galt und Eliteför<strong>der</strong>ung<br />

als ein schon beinahe faschistoides,<br />

Chancengleichheit verhin<strong>der</strong>ndes<br />

Verhalten diskreditiert wurde, hat<br />

sich neuerdings die Einsicht durchgesetzt,<br />

daß es ein Gebot <strong>der</strong> Humanität,<br />

<strong>der</strong> pädagogischen Vernunft und <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Notwendigkeit ist,<br />

allgemeine und auch spezielle Hochbegabungen<br />

nicht brach liegen und verkümmern<br />

zu lassen. Es gibt einen neuen<br />

Konsens: Das Persönlichkeitsrecht<br />

auf bestmögliche Entfaltung angelegter<br />

Begabung ist zu respektieren, und<br />

zum Wohl von Gesellschaft und Wirtschaft<br />

sind Leistungs- und Verantwortungseliten<br />

zu för<strong>der</strong>n.<br />

Für die Schwachen gilt dieselbe Feststellung:<br />

Sie haben ein Anrecht auf<br />

bestmögliche Entwicklung aller Kräfte.<br />

Die För<strong>der</strong>ung sollte früh gezielt<br />

und paßgenau erfolgen. Zahllose Modellversuche<br />

haben bewiesen, daß auch<br />

Leistungsgemin<strong>der</strong>te erstaunliche Ergebnisse<br />

erzielen und ihren Platz in<br />

Wirtschaft und Gesellschaft finden<br />

können.<br />

IV.Die Verantwortung von<br />

Schülern, Eltern und Lehrern<br />

für Schulqualität<br />

1. Schülerengagement und<br />

Schülerleistung<br />

Der dramatische Rückgang <strong>der</strong> Schulabgängerzahlen<br />

– aus den bekannten demographischen<br />

Gründen – wird sich<br />

wegen des damit verbundenen mangels<br />

an Fachkräftenachwuchs zu einem zentralen<br />

Problem deutscher Unternehmen<br />

entwickeln. Um so wichtiger ist es, die<br />

Schüler schon jetzt in den Prozeß <strong>der</strong><br />

Schul- und Qualitätsentwicklung mit<br />

einzubeziehen.<br />

Wenn Schüler erleben und erfahren, wie<br />

sie selbst mit ihren Interessen, ihren Begabungen<br />

und mit ihrem Leistungsvermögen<br />

Schulqualität mitgestalten und<br />

heben können, fühlen sie sich nicht länger<br />

als passive Lehrobjekte, son<strong>der</strong>n begreifen<br />

sich als aktive und initiative<br />

Mitgestalter.<br />

Schüler müssen begreifen und erfahren,<br />

daß sie nur dann eine Gesellschaft mitgestalten<br />

und an<strong>der</strong>en helfen können,<br />

wenn sie sich selber helfen können.<br />

Dafür ist ein solides Bildungsfundament<br />

die beste Basis.<br />

Ein Schulabgänger, <strong>der</strong> in Beruf und<br />

Gesellschaft eine gestaltende Rolle<br />

spielen will, sollte mit folgendem Rüstzeug<br />

ausgestattet sein:<br />

1. Erkann lesen.<br />

Er kann den Sinn von Texten erfassen<br />

und ihn korrekt wie<strong>der</strong>geben. Er<br />

kann Wichtiges von Unwichtigem<br />

unterscheiden. Er kann Informationen<br />

in größere Zusammenhänge einordnen,<br />

kann sie gewichten und bewerten.<br />

2. Erkann schreiben.<br />

Er beherrscht seine Muttersprache<br />

mündlich und schriftlich und kann<br />

sich klar und folgerichtig ausdrücken.<br />

Er verwendet vollständige<br />

Sätze, die grammatikalisch und orthographisch<br />

korrekt nie<strong>der</strong>geschrieben<br />

werden. Er ist in <strong>der</strong> Lage,<br />

auch ein komplexes Thema abzuhandeln,<br />

von verschiedenen Seiten<br />

zu beleuchten und eigene Urteile zu<br />

fällen, die gut begründet sind.<br />

3. Erkann rechnen.<br />

Er hat ein Verständnis für Zahlen<br />

und Größenordnungen, beherrscht<br />

Grundrechenarten, Bruchrechnen,<br />

Prozentrechnen und Dreisatz. Er<br />

kann logische Ordnungen und Beweise<br />

nachvollziehen, hat (zum Beispiel<br />

bei Textaufgaben) Problemlösungskompetenz<br />

und kann sie auch<br />

auf verwandte Aufgaben übertragen.<br />

Er hat Transferfähigkeit.<br />

4. Erkann sich in einer<br />

Fremdsprache ausdrücken.<br />

Er ist mündlich und schriftlich des<br />

Englischen so weit mächtig, daß er<br />

in Wort und Schrift die Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> weltweiten Vernetzung nutzen<br />

und sich mit Partnern „verhandlungsfähig“<br />

unterhalten kann.<br />

5. Erkann arbeiten.<br />

Er weiß, was er will, ist selbstständig,<br />

ziel- und leistungsbewußt. Er<br />

schreibt Erfolge und Mißerfolge<br />

sich selbst – nicht etwa den an<strong>der</strong>en<br />

– zu.<br />

6. Erkann mit Mitmenschen<br />

umgehen.<br />

Er ist hilfsbereit, verläßlich und höflich.<br />

Er besitzt Urteilsvermögen und<br />

Kritikfähigkeit sich selbst und an<strong>der</strong>en<br />

gegenüber.<br />

Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Gründlichkeit,<br />

Pünktlichkeit und Selbstdisziplin<br />

sind für ihn keine Fossilien<br />

aus verstaubten Tugendkatalogen,<br />

son<strong>der</strong>n gelebte Wirklichkeit, denn<br />

er hat erkannt, daß Kommunikation<br />

und Teamarbeit, kurz: soziales Zusammenleben<br />

nicht ohne verläßliche<br />

Ordnungsprinzipien möglich sind.<br />

Er besitzt Sozialkompetenz und<br />

Schlüsselqualifikationen. Er hat<br />

auch die Fähigkeit, mit Menschen<br />

an<strong>der</strong>er Alters-, Bildungsstufen und<br />

Weltanschauungen umgehen zu<br />

können. Er ist tolerant, offen und<br />

auslän<strong>der</strong>freundlich, ohne sich<br />

selbst zu verleugnen.<br />

7. Erdenkt an sich und an<strong>der</strong>e.<br />

Er ist bestrebt, sein Leistungspotential<br />

und seine Persönlichkeit zu entfalten<br />

und seine Fähigkeiten nach<br />

Kräften in Beruf und Gesellschaft<br />

einzubringen. Er erwartet dafür Anerkennung,<br />

angemessenen Lohn und<br />

angemessene Stellung.<br />

Er weiß dennoch sehr wohl, seine<br />

Kräfte in den Dienst <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

zu stellen, in <strong>der</strong> er lebt und<br />

die er braucht. Sein Emanzipationsstreben<br />

und das Ausleben seiner Persönlichkeit<br />

wird niemals „a“sozial.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 29


Eigennutz und Gemeinwohl sind für<br />

ihn keine Gegensätze, son<strong>der</strong>n eine<br />

selbstverständliche Synthese.<br />

2. Schule und Elternhaus als<br />

Partner<br />

Lehrer und ihr Unterricht, Eltern und ihre<br />

Erziehungsarbeit stehen heute in <strong>der</strong><br />

vor<strong>der</strong>sten Kritiklinie, wenn es um Bildung<br />

und Bildungserfolg geht. Daß diese<br />

Gruppierungen beson<strong>der</strong>s angegriffen<br />

werden, unterstreicht ihre Schlüsselrolle<br />

und ihre große Bedeutung und<br />

beweist zugleich, daß ein vor wenigen<br />

Jahren noch undenkbarer Richtungswandel<br />

stattgefunden hat. Nicht Staatsallmacht<br />

ist <strong>der</strong> Heilsbringer, son<strong>der</strong>n<br />

Subsidiarität. Die kleinen Einheiten <strong>der</strong><br />

Gesellschaft – die Familie und die<br />

Schule – werden als die relevanten Motoren<br />

für eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung<br />

angesehen. Die Persönlichkeit<br />

und die Hingabe des Lehrers, <strong>der</strong> Mutter<br />

und des Vaters sind wie<strong>der</strong> gefragt.<br />

Die Problemlösungen können auch<br />

nicht durch ein Nebeneinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong> gar<br />

ein kämpferisches Gegeneinan<strong>der</strong> von<br />

Elternhaus und Schule gewonnen werden,<br />

son<strong>der</strong>n Kooperation in Partnerschaft<br />

bringt die synergetische Kraft,<br />

die gebraucht wird, um wie<strong>der</strong> eine<br />

Kultur- und Bildungsnation zu werden.<br />

In einer wechselseitigen Anerkennung<br />

<strong>der</strong> Bedeutung dieser Schlüsselgruppen<br />

für die Problemlösung liegt auch die<br />

große Chance, Autorität und Ansehen<br />

von Eltern und Lehrern in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

zu stärken und so die anstehenden<br />

Aufgaben besser erfüllen zu können.<br />

Negatives Verhalten ist nicht unter<br />

den Teppich <strong>der</strong> Gleichgültigkeit zu fegen,<br />

son<strong>der</strong>n ist deutlich zu kritisieren<br />

und auch mit Sanktionen zu belegen.<br />

Aber dieses Land ist trotz aller offensichtlichen<br />

Schwachstellen, Mängel<br />

und Probleme keine Wüste voller Not,<br />

Elend und Leere, son<strong>der</strong>n es gibt eine<br />

Riesenfülle großartiger Beispiel für erfolgreiches<br />

Erziehen, Lehren und Lernen.<br />

Diese Positivbeispiele müßten solange<br />

in <strong>der</strong> ganzen Gesellschaft anerkannt<br />

und verbreitet werden, bis das<br />

heute noch Exzeptionelle zur Selbstverständlichkeit<br />

geworden ist. ■<br />

Aus: Winfried Schlaffke. Wertewandel<br />

in Schule und Arbeitswelt, in: Memoranden-Forum,<br />

Bonner Impulse für<br />

Gesellschaft und Wirtschaft, Mainz,<br />

<strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> (Logophon Verlag),<br />

ISBN 3-936172-04-8.<br />

Winfried Schlaffke ist Mitglied des Erweiterten<br />

Vorstands des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>.<br />

Korrespondenzadresse s. S. 5<br />

Gratulation<br />

Dr. Ursula Besser 90 Jahre<br />

Dr. Ursula Besser hatte seit 1970 in<br />

<strong>der</strong> Berliner Hochschulpolitik und <strong>der</strong><br />

Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>,<br />

vor allem seiner damaligen<br />

Berliner Sektion, <strong>der</strong> Notgemeinschaft<br />

für eine freie Universität, einen<br />

zentralen Platz. Für die CDU vertrat<br />

sie – als Mitglied des Abgeordnetenhauses<br />

seit 1967 und vor allem als<br />

Vorsitzende des <strong>Wissenschaft</strong>sausschusses<br />

bis 1985 – kenntnisreich und<br />

entschlossen die Hochschulpolitik in<br />

Berlin gerade in den Jahren <strong>der</strong> Studentenrevolte<br />

und des durch neue<br />

Hochschulgesetze herbeigeführten<br />

Umbruchs in den Berliner Hochschulen.<br />

Wenige an<strong>der</strong>e kannten auch die<br />

inneren Vorgänge in den Berliner<br />

Hochschulen so genau wie sie, die<br />

lange Jahre den Kuratorien <strong>der</strong> Technischen<br />

Universität, <strong>der</strong> Freien Universität<br />

und <strong>der</strong> Technischen Fachhochschule<br />

Berlin angehörte. Sie ist<br />

Ehrensenatorin <strong>der</strong> Technischen Universität<br />

und <strong>der</strong> Technischen Fachhochschule.<br />

1982 bewirkte sie die<br />

Übersiedlung <strong>der</strong> Europäischen Wirtschaftshochschule<br />

e.V. nach Berlin.<br />

Ursula Bessers Lebenslauf ist <strong>der</strong> einer<br />

konservativen Frau von 1917. In diesem<br />

Jahr wurde sie in Berlin geboren und<br />

legte hier 1936 das Abitur ab. Sie hat<br />

zwei Kin<strong>der</strong>. Nach dem Tod ihres Ehemannes<br />

studierte sie 1943 bis 1949 in<br />

Berlin, mit Unterbrechungen durch die<br />

Kriegereignisse, zunächst Auslandswissenschaften,<br />

seit 1945 Germanistik und<br />

Romanistik, und promovierte zum Dr.<br />

phil. Dann war sie als Übersetzerin, Privatlehrerin<br />

und Publizistin tätig. Schon<br />

1945 trat sie <strong>der</strong> CDU bei, in <strong>der</strong> sie alle<br />

Stationen vom Ortsverband bis zum<br />

Kreisvorsitz in Berlin-Schöneberg<br />

durchlief. 1962 wurde sie hier Bezirksverordnete.<br />

Zunächst lag <strong>der</strong> Schwerpunkt<br />

ihrer Arbeit auf <strong>der</strong> Kommunalund<br />

Schulpolitik (u.a. Vorstandsmitglied<br />

<strong>der</strong> Kommunalpolitischen Vereinigung<br />

Berlin, Schriftführerin des Landesausschusses<br />

für Schulwesen), bevor<br />

die Hochschulpolitik ins Zentrum ihrer<br />

Arbeit trat. Hinzu kamen internationale<br />

Aktivitäten: sie war Schatzmeisterin des<br />

„Politischen Klubs“, <strong>der</strong> sich im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> Helsinki-Konferenz<br />

zum Ziel setzte, das Gespräch zwischen<br />

Dr. Ursula Besser<br />

Ost und West zu för<strong>der</strong>n. Schließlich<br />

muß Ursula Bessers Engagement in<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Kirche erwähnt<br />

werden. Sie gehörte <strong>der</strong> Synode von<br />

Berlin-Brandenburg an und war Mitglied<br />

im Leitungskreis <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Sammlung konservativer Christen.<br />

Sie ist Stadtälteste von Berlin.<br />

Am 5. Januar 2007 wollen wir in Berlin<br />

ihren 90. Geburtstag feiern.<br />

Hans Joachim Geisler<br />

30 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Jürgen Aretz hielt Gedenkrede<br />

Gerhard-Löwenthal-Raum im Mauermuseum<br />

(Berlin, 2. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> – <strong>fdw</strong>) Anläßlich <strong>der</strong> Ausstellungseröffnung würdigte Jürgen Aretz, Staatssekretär<br />

im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, Mitverfasser des 1997 erschienen<br />

Buches „Die vergessenen Opfer <strong>der</strong> DDR“, die Verdienste des ehemaligen ZDF-Journalisten.<br />

Beson<strong>der</strong>e Erwähnung fanden seine konkreten Hilfen für die bedrängten Menschen in Mitteldeutschland<br />

während <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> SED-Diktatur.<br />

Im Jahre 1977 wurde Gerhard Löwenthal<br />

für die Sendung „Hilferufe von drüben“<br />

mit <strong>der</strong> „Goldenen Kamera“ ausgezeichnet,<br />

die von <strong>der</strong> Programmzeitschrift<br />

HÖRZU ins Leben gerufen worden<br />

war, um herausragende Fernsehleistungen<br />

eines jeden Jahres zu würdigen.<br />

Diese Auszeichnung glänzt nun als Erinnerungsstück<br />

auf einem Sockel im<br />

Mittelpunkt des neuen Raumes im Mauermuseum.<br />

Er dokumentiert Szenen aus<br />

Gerhard Löwenthals Leben und ruft insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch die „Hilferufe von drüben“<br />

in lebendige und bedrückende Erinnerung.<br />

Weitere private Erinnerungsstücke, die<br />

die ebenfalls anwesende Witwe Gerhard<br />

Löwenthals gesammelt hat, finden sich<br />

in <strong>der</strong> Ausstellung.<br />

Nach einer Begrüßung durch Alexandra<br />

Hildebrandt, die Betreiberin des Museums,<br />

und einer Einleitung von<br />

Löwenthals Sohn Thomas Löwenthal<br />

erinnerte Jürgen Aretz in eindringlichen<br />

Worten an den Menschen und Kämpfer<br />

Gerhard Löwenthal. Jenseits aller politischen<br />

Korrektheit habe er die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem Zeitgeist nicht gescheut.<br />

Selbst den Bedrohungen des<br />

Jürgen Aretz bei seiner Ansprache<br />

Gerhard Löwenthal im ZDF-Magazin – So sahen ihn Millionen Menschen<br />

NS-Staates entkommen, habe er neues<br />

Unrecht am Menschen angeprangert.<br />

Aber: „Folgenloses bürgerliches Lamentieren“<br />

kam für ihn nicht in Frage.<br />

Beim Thema Menschenrechte war er<br />

kompromißlos und schroff. Löwenthal<br />

war ein „jüdischer Deutscher“, ein<br />

„glühen<strong>der</strong> Patriot“ und ein „bekennen<strong>der</strong><br />

Europäer“. Er habe Tausenden<br />

von Menschen mittelbar geholfen und<br />

das Bewußtsein auf Einheit wachgehalten.<br />

Löwenthal habe tätige Hilfe geleistet.<br />

Mit Verweis auf Löwenthals Stasi-Akten<br />

zeigte <strong>der</strong> Redner auf den Charakter<br />

des DDR-Regimes, das allen<br />

Nostalgietendenzen zum Trotz nicht<br />

nur eine „kuschelige, altmodische Bevormundungsdiktatur“<br />

gewesen sei.<br />

Neben Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Familien<br />

Löwenthal und Schenk ( Co-Mo<strong>der</strong>ator<br />

beim ZDF-Magazin) waren auch Menschen<br />

bei <strong>der</strong> Ausstellungseröffnung,<br />

die sich in den Menschenrechtsvereinigungen,<br />

denen auch Gerhard Löwenthal<br />

angehörte bzw. als Präsident vorstand,<br />

engagiert hatten o<strong>der</strong> denen von<br />

ihnen geholfen worden war. Ihre immer<br />

noch emotionale Anspannung<br />

machte sich in zustimmenden Zwischenrufen<br />

Luft.<br />

Einleitend hatte Thomas Löwenthal<br />

gesagt, es sei für die Familie damals<br />

nicht immer angenehm gewesen, im<br />

Rampenlicht zu stehen. Umso richtiger<br />

ist es – darf man feststellen –, daß Gerhard<br />

Löwenthals Wirken jetzt durch<br />

diese Ausstellung wie<strong>der</strong> ins Rampenlicht<br />

gerückt wird.<br />

Gerhard Löwenthal war Mitglied des<br />

<strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>. Am<br />

18. November 1970 gehörte er zu den<br />

Mitunterzeichnern des Gründungsaufrufs.<br />

■<br />

Winfried Holzapfel<br />

Nachbemerkung:<br />

Gerhard Löwenthals Lebenserinnerungen<br />

„Ich bin geblieben“ sind in <strong>der</strong><br />

Edition JF <strong>2006</strong> in Neuauflage erschienen.<br />

Zitat: „Gerhard Löwenthal<br />

schil<strong>der</strong>t hier aus seiner Sicht sein<br />

Überleben <strong>der</strong> NS-Diktatur in<br />

Deutschland und seinen jahrzehntelangen<br />

publizistischen Kampf für die Opfer<br />

kommunistischer Unterdrückung<br />

und gegen die Verharmlosung <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Diktatur.“<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 31


B c h e r revue<br />

Ann-Katrin Kaufhold:<br />

Die Lehrfreiheit – ein verlorenes<br />

Grundrecht? Zu Eigenständigkeit<br />

und Gehalt<br />

<strong>der</strong>Gewährleistung freier<br />

Lehre in Art. 5 Abs. 3 GG<br />

(Schriften zum Öffentlichen<br />

Recht, 1021)<br />

Berlin: Duncker& Humblot <strong>2006</strong>,<br />

360 S., ISBN 3-428-11942-8<br />

Euro 74,–<br />

Die Autorin <strong>der</strong> vorliegenden Freiburger<br />

Dissertation vertritt die Auffassung,<br />

daß im Bereich <strong>der</strong> Rechtswissenschaft<br />

und Rechtsprechung die Lehrfreiheit<br />

aus dem Blick verloren worden sei.<br />

Zwar finde sich die Lehrfreiheit im Zusammenhang<br />

mit Erörterungen <strong>der</strong> Forschungs-<br />

und <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit,<br />

doch friste die Lehrfreiheit selbst ein eigentümliches<br />

Schattendasein, dessen<br />

Berechtigung geprüft werden soll. Dabei<br />

zeigt sich nach Auffassung <strong>der</strong> Autorin,<br />

daß die Rede von einem „Grundrecht<br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit“ nicht<br />

sinnvoll ist. Die Lehrfreiheit erweise<br />

sich als eigenständiges Grundrecht, das<br />

dementsprechend einer eigenen Grundrechtsdogmatik<br />

bedürfe. Die Arbeit<br />

glie<strong>der</strong>t sich in zwei komplementäre<br />

Teile. Im ersten geht es um den von <strong>der</strong><br />

Autorin behaupteten „Abschied von <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit“, im zweiten um<br />

die „Wie<strong>der</strong>entdeckung <strong>der</strong> Lehrfreiheit“.<br />

Ein historischer Abriß legt die<br />

Vermutung nahe, daß die einseitige Fokussierung<br />

auf die Forschungsfreiheit<br />

zu Lasten <strong>der</strong> Lehrfreiheit gehen könnte.<br />

Jedenfalls sieht die Autorin ihre<br />

Skepsis bestätigt, „daß Lehr- und Forschungsfreiheit<br />

mit einem einheitlichen<br />

Grundrecht und einer einheitlichen<br />

Dogmatik <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit zugleich<br />

und gleichermaßen gewährleistet<br />

werden können“ (S. 99).<br />

Lehrfreiheit als Grundrecht<br />

Der zweite Teil unternimmt die anspruchsvolle<br />

Aufgabe, die Lehrfreiheit<br />

als eigenständiges Grundrecht neben<br />

<strong>der</strong> Forschungsfreiheit zu entfalten und<br />

dabei auch zu klären, für wen sie von<br />

welchem Wert ist und welche Konfliktpotentiale<br />

mit ihr verbunden sind. ‚Eigenständig‘<br />

meint hier, daß dieses<br />

Grundrecht sich in irgendeiner Form<br />

von <strong>der</strong> Garantie freier Lehre unterscheidet,<br />

die als Element <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit<br />

anzusehen ist. Die Autorin<br />

kommt zu dem Ergebnis, daß die<br />

„strukturellen Unterschiede <strong>der</strong> Normbereiche<br />

von Lehr- und Forschungsfreiheit“<br />

dazu führen müßten, die Lehrfreiheit<br />

als selbständiges Grundrecht neben<br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit zu qualifizieren.<br />

Die Lehrfreiheit, so ihre Behauptung,<br />

stehe heute nicht mehr im Dienst<br />

von <strong>Wissenschaft</strong> und <strong>der</strong>en Fortschritt<br />

an Erkenntnis. Dies werde vielmehr<br />

durch den Forschungsdiskurs geleistet.<br />

Die Funktion <strong>der</strong> Lehrfreiheit<br />

Die Funktion <strong>der</strong> Lehrfreiheit bestehe<br />

demgegenüber in <strong>der</strong> „Gewährleistung<br />

eines freiheitlichen Bildungs- und Ausbildungssystems“.<br />

Ein eigenständiges<br />

Grundrecht <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>sfreiheit<br />

sieht die Autorin als nicht mehr gegeben<br />

an, da <strong>der</strong> Lehrfreiheit die Forschungsfreiheit<br />

zur Seite trete. Die Lehrfreiheit<br />

aber genieße auch <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> selbst<br />

nicht forscht und institutionell nicht eingebunden<br />

sei, aber doch wissenschaftliches<br />

Wissen vermittle. Tragend für die<br />

These <strong>der</strong> Autorin ist die Beobachtung,<br />

daß Lehre nicht länger in den Erkenntnisprozeß<br />

eingebunden sei (was allerdings<br />

problematisch ist und dem Selbstverständnis<br />

vieler <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

kaum gerecht werden dürfte). Der geringe<br />

Wert <strong>der</strong> Lehre für den Erkenntnisfortschritt<br />

wird damit begründet, die<br />

Forschungsergebnisse würden nicht<br />

mehr in <strong>der</strong> Lehre, son<strong>der</strong>n in an an<strong>der</strong>e<br />

Forscher gerichteten Publikationen veröffentlicht<br />

– auch dies eine dichotomische<br />

Unterscheidung, die sicher nicht<br />

durchgängig haltbar ist.<br />

Lehrfreiheit als Sachbereichsgarantie<br />

Die Lehrfreiheit wird als Sachbereichsgarantie<br />

verstanden, <strong>der</strong> eine Gewährleistungspflicht<br />

des Staates entspricht,<br />

<strong>der</strong> die bildende Lehre umfassend mit<br />

den nötigen Mitteln auszustatten habe.<br />

Ein potentielles Konfliktfeld sieht die<br />

Autorin darin, daß heute zwar nicht<br />

mehr <strong>der</strong> Staat bestimmte wissenschaftliche<br />

Positionen vorschreibe, wohl aber<br />

könne im Zuge des Privatisierungstrends<br />

im Hochschulbereich „eine Einschränkung<br />

nicht nur <strong>der</strong> thematischen<br />

und methodischen, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> inhaltlichen<br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> Lehrenden durch<br />

die privaten Financiers“ einhergehen.<br />

Hier wäre <strong>der</strong> Staat zum Eingreifen verpflichtet.<br />

Weitere Konflikte könnten mit<br />

den Einschränkungen <strong>der</strong> Lehrfreiheit<br />

auftreten, die durch die Schaffung eines<br />

sogenannten europäischen Hochschulraums<br />

verbunden sind, u.a. durch Akkreditierungsverfahren<br />

und an<strong>der</strong>e Lehrevaluationen.<br />

Die Autorin sieht in <strong>der</strong><br />

von ihr begründeten eigenständigen<br />

Stellung <strong>der</strong> Lehrfreiheit als Grundrecht<br />

eine Einschränkung <strong>der</strong> Möglichkeit des<br />

Staates, „die <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> Lehre im Zuge<br />

<strong>der</strong> Hochschulreformprozesse mittels<br />

einer Vielzahl von Regelungen, die als<br />

einzelne zulässig sein mögen, im Wege<br />

<strong>der</strong> Summation gleichsam unbegrenzt<br />

einzuschränken“.<br />

Die Autorin hat eine lehrreiche, spannende<br />

Arbeit geschrieben, die eine Fülle<br />

lesenswerter Überlegungen und scharfsinniger<br />

Distinktionen enthält. Gerade<br />

angesichts <strong>der</strong> vielfältigen Lehraufgaben,<br />

die vielen Dozenten an Hochschulen<br />

auch ohne Forschungsauftrag obliegen,<br />

also gerade angesichts des häufig<br />

starken Übergewichts <strong>der</strong> Lehre über<br />

die bloße Möglichkeit <strong>der</strong> Forschung<br />

lohnt es sich, Kaufholds Arbeit sehr<br />

ernst zu nehmen und die praktischen<br />

Konsequenzen ihrer Grundrechtsauslegung<br />

genau zu bedenken. Dabei ist indes<br />

auch stets zu bedenken, ob und in<br />

welcher Weise es grundsätzlich statthaft<br />

sein kann, grundgesetzliche Regelungen<br />

im Sinne einer gewandelten Wirklichkeit<br />

abzuän<strong>der</strong>n. Gehört die Idee <strong>der</strong><br />

Einheit von Forschung und Lehre wirklich<br />

endgültig zum alten Eisen? Zumindest<br />

aber sollte die vorliegende Arbeit<br />

dazu beitragen, <strong>der</strong> Lehrfreiheit das ihr<br />

gebührende (auch rechtswissenschaftliche)<br />

Interesse zukommen zu lassen.<br />

Till Kinzel<br />

Armin Mohler,<br />

Karlheinz Weissmann:<br />

Die Konservative Revolution<br />

in Deutschland 1918–1932.<br />

Ein Handbuch<br />

6., vollst. überarb. u. erw. Auflage,<br />

Graz: Stocker2005, 643 Seiten,<br />

ISBN 3902475021<br />

Euro 49,90<br />

Zählt man die durchaus wenigen Klassiker<br />

<strong>der</strong> deutschen Geschichtsschreibung<br />

nach 1945 auf, so darf <strong>der</strong> „Mohler“<br />

32 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


nicht fehlen. Seit einem runden halben<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t liegt mit dem Standardwerk<br />

„Die Konservative Revolution in<br />

Deutschland 1918–1932“ ein auf dem<br />

deutschen Buchmarkt beinahe einzigartiges<br />

Handbuch vor. Der Grund dafür<br />

ist wohl weniger in <strong>der</strong> gleichwohl profunden<br />

Darstellung des historiographischen<br />

Gegenstandes durch den gebürtigen<br />

Schweizer Politologen zu suchen<br />

als in <strong>der</strong> literarischen Fundgrube im<br />

zweiten Teil <strong>der</strong> in jedwe<strong>der</strong> Hinsicht<br />

grundlegenden Studie. Der Interessent<br />

findet dort eine große Fülle an<br />

Personen, Büchern (zeitgenössischen<br />

wie gegenwärtigen), Organisationen,<br />

Ideen, Strömungen usw. des ungemein<br />

reichen ideengeschichtlichen bzw. allgemeinhistorischen<br />

Phänomens versammelt.<br />

Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> biobibliograhische<br />

Teil des im wahrsten Sinn des<br />

Wortes bahnbrechenden Werkes macht<br />

die Abhandlung – beson<strong>der</strong>s nach <strong>der</strong>en<br />

Überarbeitung – zu einem auch in<br />

Zukunft kaum auszuschöpfenden Arbeitsmittel.<br />

Auch Mohler wußte, daß ein Handbuch<br />

immer auf dem neuesten Stand<br />

<strong>der</strong> Forschung sein muß. Deshalb legte<br />

er vor seinem Tod 2003 die notwendigen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in die Hände von<br />

Karlheinz Weissmann, einem <strong>der</strong> bekanntesten<br />

Historiker <strong>der</strong> mittleren Generation,<br />

von dem er annehmen durfte,<br />

daß jener sich mit dem Gegenstand seiner<br />

Arbeiten hinreichend identifizieren<br />

konnte. Weissmann hat es geschafft,<br />

die komplexe Glie<strong>der</strong>ung des von<br />

Mohler mehrfach überarbeiteten Klassikers,<br />

insbeson<strong>der</strong>e im Handbuchteil,<br />

im wesentlichen beizubehalten und den<br />

bewährten Duktus mit neuerer und<br />

neuester Literatur anzureichern. So<br />

vereinigt <strong>der</strong> überarbeitete Band alte<br />

wie neue Gedankengänge.<br />

Epochenspezifische Erscheinung<br />

Obwohl die Konservative Revolution<br />

eine epochenspezifische Erscheinung<br />

war, die nur im Europa (vor allem im<br />

Deutschland) <strong>der</strong> Zwischenkriegszeit<br />

stärkere Verbreitung finden konnte,<br />

läßt sie Vorläufer erkennen. Weissmann<br />

arbeitet zwei frühe Strömungen<br />

des Konservatismus heraus: Die eine<br />

Richtung wollte die societas christiana<br />

gegen intellektuelle Neuerer und gegen<br />

rationalistische Tendenzen des Absolutismus<br />

verteidigen, die an<strong>der</strong>e wirkte<br />

aufklärungskritisch mit Mitteln <strong>der</strong><br />

Aufklärung, stellte sich also auf den<br />

Boden jener Strömung, die sie bekämpfen<br />

wollte. Wichtiger jedoch für die<br />

Entwicklung des „deutschen Son<strong>der</strong>bewußtseins“<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t waren<br />

die „Vorboten“ <strong>der</strong> „kulturrevolutionären<br />

Epoche“, für die Namen wie<br />

Lagarde, Wagner o<strong>der</strong> Treitschke stehen.<br />

Eine beson<strong>der</strong>e Stellung nimmt<br />

Nietzsche ein. Einflußreiche Phänomene<br />

um die Jahrhun<strong>der</strong>twende, etwa Lebensreform,<br />

Jugendbewegung o<strong>der</strong> diverse<br />

völkische wie nationalistische<br />

Bewegungen, konnten sich auf die genannten<br />

Vordenker berufen.<br />

Erst die Umwälzungen im Vorfeld<br />

(„Ideen von 1914“!), während und nach<br />

dem Ersten Weltkrieg bewirkten die<br />

Voraussetzungen für die „verkehrte<br />

Welt“ nach 1918: Für die Neu- o<strong>der</strong><br />

Jungkonservativen, die alles an<strong>der</strong>e als<br />

Reaktionäre waren, mußten erst jene<br />

Verhältnisse geschaffen werden, die zu<br />

erhalten lohnte. Auf diese Weise entstand<br />

<strong>der</strong> Wurzelboden für jenes kaum<br />

übersehbare Gedankengebäude, dessen<br />

Paradoxien bereits Zeitgenossen wie<br />

Thomas Mann o<strong>der</strong> Hugo von Hoffmannsthal<br />

mit <strong>der</strong> Bezeichnung „Konservative<br />

Revolution“ ausdrückten. Es<br />

behielt auch nach 1945 seine Faszination,<br />

gerade deshalb, weil spätere Zeiten<br />

keine Anknüpfungsmöglichkeiten mehr<br />

hatten.<br />

Bandbreite <strong>der</strong> Konservativen<br />

Revolution<br />

Welche Bandbreite die Konservative<br />

Revolution umfaßte, belegt die bunte,<br />

schier unabsehbare Schar ihrer Vertreter.<br />

Bis heute ist in vielen Fällen die<br />

Frage kaum zu klären: Wer gehörte zu<br />

ihr und wer nicht? Ernst Niekisch, Nationalist<br />

wie Bolschewist, sah das Heil<br />

Deutschlands in Moskau. Er wirkte<br />

nach 1945 zeitweise in <strong>der</strong> SED. Ein<br />

an<strong>der</strong>er, einflußreicherer Teil <strong>der</strong> Protagonisten<br />

<strong>der</strong> Konservativen Revolution<br />

optierte nach 1933 für die neuen<br />

Machthaber. Exemplarisch stehen dafür<br />

Intellektuelle wie Ernst Krieck o<strong>der</strong> Alfred<br />

Bäumler. Die meisten Angehörigen<br />

dieser Richtung verblieben indes –<br />

trotz aller generationellen und biographischen<br />

Affinitäten – in kritischer Distanz<br />

zum Nationalsozialismus. Ernst<br />

Jünger steht stellvertretend für viele an<strong>der</strong>e.<br />

Manche fanden sogar den Weg in<br />

den aktiven Wi<strong>der</strong>stand. Franz von Papens<br />

Redenschreiber Edgar Jung war<br />

eines <strong>der</strong> frühen Opfer aus den Reihen<br />

<strong>der</strong> Jungkonservativen.<br />

Eine ausführlichere Besprechung für<br />

sich allein verdienten die umfangreichen<br />

bibliographischen Passagen <strong>der</strong><br />

Abhandlung. Der erste Teil dieser Abschnitte<br />

präsentiert die „Literatur über<br />

die Konservative Revolution“. Die eher<br />

harmlos klingende Überschrift umfaßt<br />

detaillierte Angaben über Darstellungen<br />

zu zahlreichen Themen im Umfeld<br />

<strong>der</strong> Strömung (Imperialismus, Kolonialismus,<br />

„Ideen von 1914“, Massenpolitik,<br />

Lebensreform etc.), aber auch Hinweise<br />

auf ihre europäische Bedeutung<br />

und führende Vertreter (Spengler,<br />

Mann, Schmitt, Blüher, die Gebrü<strong>der</strong><br />

Jünger). Jungkonservatives und nationalrevolutionäres<br />

Gedankengut sowie<br />

<strong>der</strong>en Protagonisten werden genau beschrieben.<br />

Ausführliche Berücksichtigung<br />

findet die bündische Bewegung.<br />

Unübersehbare „Eigenliteratur“<br />

Der zweite Teil <strong>der</strong> Bibliographie beschäftigt<br />

sich mit <strong>der</strong> unübersehbaren<br />

„Eigenliteratur <strong>der</strong> Konservativen Revolution“.<br />

Sammelwerke, Buchreihen,<br />

Zeitschriften und an<strong>der</strong>e Periodica werden<br />

mit großer Sorgfalt vorgestellt,<br />

weiterhin die „Philosophen im Umkreis“,<br />

die ein breites Spektrum einschließen,<br />

das von Max Scheler bis<br />

Erwin Liek reicht. Gleiches gilt für die<br />

„Dichter im Umkreis“ sowie die „herausragenden<br />

kategoriensprengenden<br />

Autoren“. Die Fülle an – heute meist<br />

vergessenen – völkischen, jungkonservativen<br />

und bündischen Autoren sowie<br />

die Überläufer zum Nationalsozialismus<br />

vermitteln einen Eindruck von <strong>der</strong><br />

Komplexität <strong>der</strong> deutschen „Weltalternative“<br />

(Armin Mohler). Es ist nachvollziehbar,<br />

wenn gelegentlich nur<br />

Auswahlbibliographien vorgelegt werden<br />

konnten.<br />

Mit Recht weist Weissmann jedwede<br />

Verbindung des großen ideengeschichtlichen<br />

Komplexes <strong>der</strong> Konservativen<br />

Revolution mit <strong>der</strong> Tagespolitik als eine<br />

Methode zur Desavouierung des politischen<br />

Gegners zurück – ein Vorgehen,<br />

wie es in einseitigen Publikationen<br />

Armin Pfahl-Traugbers o<strong>der</strong> Friedbert<br />

Pflügers beobachtet werden kann. Unbestritten<br />

ist jedoch auch: Die Kritik an<br />

fehlerhaften Mechanismen und Strukturen<br />

demokratischer Systeme schafft<br />

immer wie<strong>der</strong> einen Bedarf an geistesgeschichtlichen<br />

Wi<strong>der</strong>lagern und Alternativen,<br />

zu denen auch jene Strömung<br />

gehört, <strong>der</strong>en epochale Relevanz über<br />

70 Jahre zurückliegt.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 33


Der Erfolg des nunmehr neu bearbeiteten<br />

Standardwerks ist mit Händen zu<br />

greifen und bedarf kaum eines Hinweises.<br />

Am besten zeigt sich seine Bedeutung<br />

für die Forschung, wenn man es<br />

mit Studien über den „Neuen Nationalismus“<br />

(Stefan Breuer) <strong>der</strong> letzten Jahre<br />

vergleicht. Sie fallen gegenüber dem<br />

„Mohler“ in deutlicher Weise ab.<br />

Felix Dirsch<br />

Bernhard Bueb<br />

Lob <strong>der</strong>Disziplin. Eine<br />

Streitschrift<br />

Berlin: List <strong>2006</strong>, 6. Auflage <strong>2006</strong>,<br />

174 S., ISBN 3-471-79542-1<br />

Euro 18,00<br />

„Der Bildungsnotstand in Deutschland<br />

ist die Folge eines Erziehungsnotstandes.“<br />

(S. 13) Statt von kompetenten Erziehern<br />

sind Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />

von „ungewollt aggressiv präsenten Erziehern“<br />

umgeben: von Fernsehen und<br />

Konsum sowie Mittelmäßigkeit<br />

(vgl. S. 13). Die Konsequenz: Das Leben<br />

eines großen Teils <strong>der</strong> heranwachsenden<br />

Jugend ist geprägt durch<br />

„(m)angelnde Anstrengungsbereitschaft,<br />

Spaßhaltung, Selbstmitleid und eine<br />

unstillbare Konsumgier“ (S. 66). – Das<br />

ist die Diagnose, die Bernhard Bueb,<br />

bis zum Jahr 2005 Leiter <strong>der</strong> Internatsschule<br />

Schloß Salem, im vorliegenden<br />

Buch gibt. Und die Therapie?<br />

Das rechte Maß<br />

Sie ist ebenso einfach wie traditionell:<br />

die Rückbesinnung auf „das rechte<br />

Maß“ (S. 12), „die Dialektik von Disziplin<br />

und Liebe zu einem Kind“ (S. 64).<br />

Von diesem Impetus ist das gesamte<br />

Buch durchzogen. Schon die Metaphern,<br />

die Bueb verwendet, weisen auf<br />

die Suche nach dem rechten Verhältnis<br />

hin: Ist <strong>der</strong> Erzieher eher <strong>der</strong> Töpfer,<br />

<strong>der</strong> den jungen Menschen formt, o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Gärtner, <strong>der</strong> ihn wachsen läßt?<br />

(Vgl. S. 15 f.) Wohin neigt sich das<br />

Schiff <strong>der</strong> Erziehung auf seiner Fahrt?<br />

Für Bueb keine Frage: Er favorisiert<br />

den Erzieher im Sinne des Töpfers,<br />

freilich nicht in autoritärem Sinne verstanden<br />

(vgl. S. 16). Ebenso entschieden<br />

plädiert er in seiner „Streitschrift“<br />

– so <strong>der</strong> Untertitel – dafür, daß sich das<br />

Schiff <strong>der</strong> Erziehung zur Seite von Gerechtigkeit,<br />

Disziplin, Kontrolle und<br />

Konsequenz neigt (vgl. S. 32).<br />

Ein Plädoyerfür Disziplin<br />

Man mache es sich mit Kritik nicht zu<br />

leicht! Das Plädoyer für Disziplin ist<br />

durchaus nicht einseitig zu verstehen:<br />

Disziplin – gewiß! Aber nicht, ohne<br />

darauf hinzuweisen, daß Rezepte, schematische<br />

Lösungen „<strong>der</strong> Feind aller<br />

Pädagogik“ sind (vgl. S. 19). Konsequenz<br />

– sie ist ebenso zu bejahen. Doch<br />

es soll eine solche „mit Augenmaß“<br />

sein, die nicht darin besteht, „ein Verhaltensschema<br />

um seiner selbst willen<br />

einzuüben“ (S. 27) Und bei alledem<br />

darf nach Bueb eines nicht fehlen: Humor<br />

als „Merkmal <strong>der</strong> Güte“ (S. 30).<br />

Bei seinen Überlegungen greift <strong>der</strong> Autor<br />

auf seine langjährigen Erfahrungen<br />

als Internatsleiter zurück, die sich in einigen<br />

Beispielen wi<strong>der</strong>spiegeln und<br />

dem Buch seinen Praxisbezug geben.<br />

Bueb gesteht ein, daß auch er pädagogischen<br />

Irrtümern unterlegen ist; so im<br />

Hinblick auf die „scheinbare Gewährung<br />

von Selbstbestimmung“, um<br />

Jugendliche zu verantwortlichem Handeln<br />

zu erziehen (vgl. S. 35).<br />

Wesentliche Gedankengänge<br />

Dem Buch merkt man an, daß <strong>der</strong> Verfasser<br />

mit Leib und Seele Pädagoge ist.<br />

So finden sich bemerkenswerte Gedankengänge:<br />

wenn Bueb an das „Glück<br />

<strong>der</strong> Anstrengung“ erinnert (vgl. S. 41),<br />

das <strong>der</strong> Erfolg als Frucht dieses Glücks<br />

voraussetzt, o<strong>der</strong> wenn er davon<br />

spricht, die Macht <strong>der</strong> Eltern wandle<br />

sich durch Liebe in Autorität (vgl. S.<br />

48). Zu Recht weist Bueb darauf hin,<br />

<strong>der</strong> Lehrer könne erst dann Unterordnung<br />

und Gehorsam for<strong>der</strong>n, wenn er<br />

„durch Kompetenz, Ausstrahlung und<br />

moralische Integrität“ seine Autorität<br />

begründe (vgl. S. 56).<br />

Ebenso lesenswert sind die Passagen,<br />

in denen Bueb den <strong>Freiheit</strong>sbegriff bestimmt<br />

und das Verständnis von <strong>Freiheit</strong><br />

als Unabhängigkeit zu transzendieren<br />

sucht: „Frei darf sich (...) ein<br />

Mensch erst nennen, wenn er auf das<br />

Wozu eine Antwort geben kann.“ (S. 34)<br />

Hierzu ist letztlich vonnöten, „den<br />

Glauben an die Umsetzbarkeit <strong>der</strong> Werte<br />

in Tugenden bei jungen Menschen zu<br />

stärken“ (S. 24). In dieser Weise werden<br />

Lehrer zu den „wichtigsten Personen,<br />

um junge Menschen auf dem Weg<br />

zu sich selbst zu begleiten“ (S. 159). Ihre<br />

Aufgabe bestehe darin, „die Kin<strong>der</strong><br />

(scil. zu; K. T.) entdecken, die nicht an<br />

sich selbst glauben und <strong>der</strong>en Begabungen<br />

verborgen bleiben“ (S. 141).<br />

Ein immer wie<strong>der</strong> auftauchen<strong>der</strong> Abgrenzungspol<br />

ist für den Autor das Jahr<br />

1968 (vgl. S. 53; 60; 80). – Warum?<br />

Weil diese Zeit durch ein Paradigma<br />

von Erziehung geprägt ist, das dem<br />

Buebschen Denken diametral entgegensteht.<br />

Man wandte sich gegen Autorität,<br />

Gehorsam, Unterordnung und<br />

Disziplin (dazu: S. 53); man demokratisierte<br />

Erziehung „bis in die letzten<br />

Winkel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zimmer“ (S. 80).<br />

Die auch heute noch anhaltende Folge:<br />

Damit überfor<strong>der</strong>n wir unsere Kin<strong>der</strong><br />

(vgl. S. 90).<br />

Und die Verwirklichung?<br />

Wie aber läßt sich das bisher Dargestellte<br />

verwirklichen? Wie kann das<br />

rechte Maß erlangt werden, wenn doch<br />

Jugendliche „in einer jugendfeindlichen<br />

Umwelt“ aufwachsen, gekennzeichnet<br />

durch Fernsehen, Konsum,<br />

Herrschaft des Geldes, möglicherweise<br />

Alkohol und Drogen (vgl. 137 f.)? Wie<br />

lassen sich die Erziehungsziele, die<br />

Bueb nennt, <strong>der</strong> Wirklichkeit nahebringen,<br />

wenn doch Kin<strong>der</strong> in dieser Gesellschaft<br />

leben und dadurch den erwähnten<br />

Gefahren ausgesetzt sind?<br />

Und wie kann das nicht nur in Einzelfällen<br />

geschehen, wenn optimale Bedingungen<br />

vorliegen, son<strong>der</strong>n auch<br />

dann, wenn man von Problemkonstellationen<br />

sprechen kann: im Falle von<br />

ungeordneten Familien, die Kin<strong>der</strong>n<br />

keinerlei Regelmäßigkeit bieten (vgl.<br />

S. 98), im Falle von berufstätigen Frauen,<br />

die ihren Beruf mit Kin<strong>der</strong>n ausüben<br />

wollen (vgl. S. 140)?<br />

Buebs Antwort: durch Gemeinschaftserziehung<br />

in einer für alle Kin<strong>der</strong><br />

verpflichtenden Ganztagsschule<br />

(vgl. S. 99; 141 f.). Dies sieht Bueb als<br />

„den einzigen Ausweg aus dem Erziehungsnotstand,<br />

<strong>der</strong> aus dem Zerfall <strong>der</strong><br />

Familien resultiert“ (S. 144), wenngleich<br />

er konzediert, daß die Familie<br />

„das beste Umfeld zum Aufwachsen<br />

von Kin<strong>der</strong>n“ ist (vgl. S. 143). Meines<br />

Erachtens trifft Bueb mit diesem Vorschlag<br />

durchaus die gesellschaftliche<br />

Realität, indem er <strong>der</strong> Situation von<br />

Restfamilien zu entsprechen sucht<br />

(vgl. S. 138). Dennoch erscheint es<br />

problematisch, diesen Weg <strong>der</strong> Ganztagsschule<br />

für alle als verpflichtend zu<br />

erklären (vgl. S. 142). Denn warum<br />

sollte Erziehung nicht dann in <strong>der</strong> Familie<br />

stattfinden können, wenn die Bedingungen<br />

dazu gegeben sind?<br />

34 <strong>fdw</strong> 4/<strong>2006</strong>


Der Schutzraum des Kollektivs als<br />

Voraussetzung?<br />

Die soeben vorgestellte Lösung hängt<br />

gewiß mit den Erfahrungen zusammen,<br />

die Bueb als Leiter eines Internats<br />

mit dieser Gemeinschaftsform gemacht<br />

hat. Und in seinen Überlegungen<br />

finden sich immer wie<strong>der</strong> Erfahrungen<br />

mit einzelnen Schülern, um<br />

seine Argumentation zu stützen.<br />

Freilich ist dabei zu bedenken, daß<br />

diese Erfahrungen vor allem für einen<br />

geschützten Raum wie ein Internat<br />

Geltung haben. Dies setzt aber gewisse<br />

finanzielle Möglichkeiten <strong>der</strong> Eltern<br />

voraus; so wäre es einem Durchschnittsschüler<br />

wohl kaum möglich,<br />

wegen fehlen<strong>der</strong> Bereitschaft, sich anzustrengen,<br />

o<strong>der</strong> eines Alkoholproblems<br />

in ein britisches Internat zu<br />

wechseln, weil dort eine beson<strong>der</strong>e<br />

Strenge herrscht (vgl. S. 69 f.). Der<br />

Schutzraum des Kollektivs, <strong>der</strong> bei so<br />

mancher pädagogischer Maßnahme,<br />

von <strong>der</strong> Bueb berichtet, nicht unwesentlich<br />

war (vgl. S. 120 f.: „Identität<br />

als Salemer“; „Esprit de Corps“), ist<br />

wohl in erster Linie in einem Internat<br />

erfahrbar. Ob dies in gleicher Weise<br />

für eine Ganztagsschule Geltung hätte,<br />

ist zumindest fraglich, weil hier die<br />

Schüler am Ende des Tages wie<strong>der</strong> in<br />

ihre Familien und ihre jeweilige gesellschaftliche<br />

Umwelt zurückkehren.<br />

Nun mag man sagen, daß Bueb sich<br />

mit seiner Streitschrift, was sein Plädoyer<br />

für Disziplin betrifft, an die Tradition<br />

hält. Gewiß, aber möglicherweise<br />

ist dieses traditionelle Erziehungskonzept<br />

zunehmend in den Hintergrund<br />

getreten. Buebs nicht geringes<br />

Verdienst ist es, den Leser wie<strong>der</strong><br />

daran erinnert zu haben.<br />

Klaus Thomalla<br />

Soeben erschienen:<br />

Ulrich Sprenger<br />

Der unkontrollierte Verfall des deutschen<br />

Schulwesens<br />

Eine aus <strong>der</strong> Praxis kommentierte wissenschaftliche Dokumentation zu <strong>der</strong><br />

zurückhaltenden Informationspolitik des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung<br />

(MPIB) und zu den bildungspolitischen Folgen dieser Zurückhaltung.<br />

Wichtige Ergebnisse des MPIB-Projektes „Schulleistung“ (1968–1970) Über<br />

die Rahmenbedingungen von Leistung in <strong>der</strong> Schule wurden zu spät (1986,<br />

1991 und 2002) o<strong>der</strong> noch nie veröffentlicht.<br />

Wichtige Ergebnisse des MPIB-Projektes „Hauptschule/Gesamtschule“<br />

(1980) wurden viel zu spät (1997) und auch dann nur in Teilen veröffentlicht.<br />

Die MPIB-Studie „Der vorzeitige Abgang vom Gymnasium" (1995; 166 Seiten)<br />

wurde nicht in Buchform, son<strong>der</strong>n – verspätet – nur im Internet veröffentlicht.<br />

Ergebnisse des MPIB-Projektes „Bildungsverläufe und psychosoziale Entwicklung<br />

im Jugendalter (BIJU)“ (1991–2001) wurden nur zum Teil, aber ohne<br />

Breitenwirkung, o<strong>der</strong> noch gar nicht veröffentlicht.<br />

Kontrollen haben stattgefunden, sehr genaue Kontrollen sogar. Aber ihre Ergebnisse<br />

sind vom MPIB nicht o<strong>der</strong> nur zum Teil und dann erst mit großer<br />

Verspätung bekanntgemacht worden, doch dann nicht mit einer dem Aufwand<br />

und <strong>der</strong> Bedeutung entsprechenden, breitenwirksamen Allgemeinverständlichkeit.<br />

Stattdessen wurden sie als „versteckte Botschaften“ in <strong>der</strong> Fachliteratur<br />

deponiert, wo sie unbeachtet und ohne Wirkung blieben.<br />

Deutschland hatte im Jahre 1968 ein funktionierendes, reformoffenes Schulwesen.<br />

Es nicht schon in den späten 70er Jahren mit den starken Argumenten<br />

aus dem MPIB-Projekt „Schulleistung“ (1968–1970) gegen die Neuerungswut<br />

fachfrem<strong>der</strong> Ideologen in Schutz genommen zu haben, ist ein Vorwurf,<br />

<strong>der</strong> dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung nicht erspart werden<br />

darf. Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ist gegründet worden<br />

wegen des Versprechens, für Theorie und Praxis des Unterrichtens „eine empirisch<br />

abgesicherte Basis“ zu schaffen.<br />

Weil dieses Versprechen nicht streng eingehalten worden ist, kam es in manchen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n zu einem deutlich erkennbaren Verfall des Schulwesens.<br />

ISBN 3-921052-98X<br />

Herausgegeben vom Arbeitskreis Gesamtschule e.V. im Verlag <strong>der</strong> Winkelmann<br />

Buchhandels-GmbH, 45657 Recklinghausen – <strong>2006</strong><br />

Text: Rückseite <strong>der</strong> Dokumentation<br />

Zeitnahe Informationen auf unserer Website:<br />

http://www.bund-freiheit-<strong>der</strong>-wissenschaft.de<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 35


<strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Aufgabe des Vereins, Satzung<br />

Der <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> setzt sich<br />

für die <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> und die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Hochschulen und Schulen<br />

ein.<br />

Er wurde am 19. November 1970 in Bad<br />

Godesberg gegründet und ist eine überparteiliche<br />

Vereinigung zur Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong>, <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> von Forschung,<br />

Lehre und Studium. Auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>der</strong> freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung<br />

<strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esrepublik Deutschland und im Bewußtsein<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Verantwortung <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong> setzt sich <strong>der</strong> Verein unter Ausschluß<br />

von parteipolitischen Bindungen zur Aufgabe:<br />

1. die <strong>Freiheit</strong> von Forschung, Lehre und Studium<br />

zu wahren und zu för<strong>der</strong>n,<br />

2. sich je<strong>der</strong> Unterwerfung unter die Machtansprüche<br />

einzelner Gruppen o<strong>der</strong><br />

Interessen zu wi<strong>der</strong>setzen,<br />

3. auf eine Politik zu drängen, die eine stetige<br />

Verbreiterung <strong>der</strong> Bildungschancen mit<strong>der</strong>Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Leistungsmaßstäbe verbindet.<br />

Der Satzungszweck wird verwirklicht insbeson<strong>der</strong>e<br />

durch die Durchführung wissenschaftlicher<br />

Veranstaltungen und Forschungsvorhaben, Publikationen<br />

und Informationen <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

über die Situation von Hochschule, Schule und<br />

<strong>Wissenschaft</strong> (§ 2 <strong>der</strong> Satzung).<br />

Die vollständige Satzung kann in <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

Abonnement <strong>der</strong> Zeitschrift <strong>fdw</strong><br />

Jahresabonnement für Nichtmitglie<strong>der</strong>: 12,– Euro<br />

inkl. Porto und Versandkosten. Für Mitglie<strong>der</strong><br />

des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> ist <strong>der</strong><br />

Verkaufspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten.<br />

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Schüler, Studenten 15,– Euro, Berufsanfänger 50,–<br />

Euro, Einzelmitglie<strong>der</strong> 100,– Euro, För<strong>der</strong>mitglie<strong>der</strong><br />

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(BLZ 380700 24) Deutsche Bank Bonn ist <strong>der</strong><br />

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Der <strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> e. V. ist wegen<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong> und <strong>der</strong> Volksbildung<br />

(entspr. Abschnitt A<strong>Nr</strong>. 4 <strong>der</strong> Anlage 1 zu § 48 Abs.<br />

2 EStDV) nach dem letzten uns zugegangenen<br />

Freistellungsbescheid des Finanzamts für Körperschaften<br />

I von Berlin, St<strong>Nr</strong> 27/661/54861, vom 26.<br />

6. 2003 für die Jahre 2000, 2001 und 2002 nach §<br />

5 Abs. 1 <strong>Nr</strong>. 9 des Körperschaftssteuergesetzes<br />

von <strong>der</strong> Körperschaftssteuer befreit, weil er ausschließlich<br />

und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen<br />

Zwecken im Sinne <strong>der</strong> §§ 51 ff. AO<br />

dient.<br />

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Körperschaften I von Berlin, St<strong>Nr</strong> 27/661/54861, vom 26.6.2003 für die Jahre 2000, 2001 und 2002 nach § 5 Abs. 1 <strong>Nr</strong>. 9 des Körperschaftssteuergesetzes von <strong>der</strong><br />

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