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fdw Nr. 4 Dezember 2006 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV

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Aus <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Den folgenden Vortrag hielt Ministerialdirigent Peter Greisler (BMBF)<br />

am 1. <strong>Dezember</strong> <strong>2006</strong> in Berlin auf Einladung des <strong>Bund</strong>es <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Wissenschaft</strong>. Der Referent stellte die aktuellen Entwicklungen in <strong>der</strong><br />

Hochschulpolitik dar. Er ging auf die große Linie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ebenso ein wie auf einzelne Fragen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform und stellte<br />

sie in den Zusammenhang mit internationalen Entwicklungen und Absprachen.<br />

In <strong>der</strong> Diskussion ergaben sich auch Streitpunkte, z.B. in Fragen<br />

<strong>der</strong> Umsetzung des Bolognaprozesses, des Akkreditierungswesens<br />

und <strong>der</strong> Strukturverän<strong>der</strong>ungen an den Hochschulen (Hochschulrat).<br />

Wir drucken den Vortrag, damit auch diejenigen, die nicht teilnehmen<br />

konnten, sich einen umfassenden Überblick über den Stand <strong>der</strong> Dinge<br />

machen können.<br />

<strong>fdw</strong><br />

Peter Greisler<br />

Hochschulpolitik nach <strong>der</strong><br />

Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

I. Einleitung<br />

Kein Bereich war bei den Verhandlungen<br />

zur Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

so umstritten wie <strong>der</strong> Bildungsbereich<br />

im allgemeinen und<br />

<strong>der</strong> Hochschulbereich im beson<strong>der</strong>en.<br />

Das zeigt, wie wichtig dieser<br />

Bereich ist, aber auch, daß wir<br />

auf verschiedenen Ebenen diskutiert<br />

haben. Es geht um Hochschulpolitik,<br />

aber auch um ordnungspolitische<br />

Fragen und natürlich<br />

um Machtfragen.<br />

Ich will mich hier auf die Perspektive<br />

<strong>der</strong> Hochschulpolitik konzentrieren<br />

und komme am Schluß zu<br />

dem Ergebnis, daß wir in dem<br />

neuen Rahmen durchaus das Richtige<br />

tun können. Das Richtige zu<br />

erreichen wird nicht leichter, zum<br />

Teil zwingen uns die neuen Regeln<br />

aber auch zu neuen Wegen,<br />

die wir längst hätten einschlagen<br />

müssen.<br />

II. Strategische Ausrichtung<br />

<strong>der</strong> Hochschulpolitik<br />

Bei je<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen<br />

grundsätzlichen Entscheidungen<br />

sollten wir uns an unseren beiden<br />

zentralen strategischen Zielen für<br />

den Hochschulbereich orientieren.<br />

„Wirwollen Spitzenforschung<br />

auf Weltniveau.“<br />

Wir wollen Spitzenforschung auf<br />

Weltniveau, d. h. wir wollen langfristig<br />

und dauerhaft deutsche<br />

Universitäten in <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong><br />

TOP-Universitäten <strong>der</strong> Welt finden.<br />

„Und wir wollen exzellente<br />

Lehre.“<br />

Und wir wollen exzellente Lehre.<br />

Letzteres ist nicht nur bildungspolitisch<br />

klug, son<strong>der</strong>n auch ein arbeitsmarktpolitisches<br />

Muß.<br />

Diese beiden Ziele, zur Spitze sowohl<br />

in Forschung als auch in<br />

Lehre zu gehören, können wir im<br />

Grunde nur über eine differenzierte,<br />

profilierte, international orientierte<br />

und für Wandel und Wettbewerb<br />

offene Hochschullandschaft<br />

erreichen.<br />

III. Autonomie <strong>der</strong> Hochschulen<br />

Das Schlagwort „Autonomie“<br />

wird oft und gerne im Zusammenhang<br />

mit Hochschulen gebraucht.<br />

Wer ist schon für Bevormundung,<br />

wer ist für Abhängigkeit? Viele<br />

Beschränkungen sind schon gefallen.<br />

Viele Entscheidungen werden<br />

nicht mehr von den Ministerien,<br />

son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Hochschule<br />

selbst getroffen. Einige Hochschulen<br />

wie die TU Darmstadt sind in<br />

<strong>der</strong> Entwicklung schon sehr weit.<br />

Nimmt man den Gedanken <strong>der</strong><br />

Autonomie ernst, muß am Ende<br />

des Prozesses die Befugnis <strong>der</strong><br />

Hochschulen stehen, über Fragen<br />

des Personals, <strong>der</strong> Organisation<br />

etc. selbst zu entscheiden. Diese<br />

neue <strong>Freiheit</strong> muß auch für die Erschließung<br />

neuer Finanzierungsquellen<br />

gelten: Die Einwerbung<br />

von Drittmitteln spielt eine immer<br />

stärkere Rolle, Sponsoring wird<br />

wichtiger, die Einführung von<br />

Studiengebühren ist in vielen<br />

<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n bereits beschlossen.<br />

Den Gedanken <strong>der</strong> Autonomie<br />

auch hier zu Ende gedacht,<br />

müssen die Hochschulen am Ende<br />

<strong>der</strong> Entwicklung grundsätzlich<br />

über das „Ob“ und die „Höhe“ von<br />

Studiengebühren selbst entscheiden<br />

können.<br />

Die Autonomie ist die zentrale<br />

Voraussetzung für die Diversifizierung<br />

<strong>der</strong> Hochschullandschaft,<br />

für die Profilbildung <strong>der</strong> Hochschulen.<br />

Nur eine durchdachte,<br />

konsequente und zum Teil für einige<br />

Fachbereiche schmerzhafte<br />

Schwerpunktsetzung erlaubt im<br />

Ergebnis Spitzenleistungen. Dies<br />

heißt aber auch, die deutsche<br />

Hochschullandschaft wird zunehmend<br />

bunter, vielfältiger, unangepaßter,<br />

vielleicht auch ein Stück<br />

unübersichtlicher.<br />

Am vorläufigen Ende des <strong>der</strong>zeit<br />

überschaubaren Wandlungsprozesses<br />

wird jedoch ein Spannungsverhältnis<br />

bestehen bleiben.<br />

Der Staat wird und kann sich nicht<br />

aus dem Hochschulbereich gänzlich<br />

zurückziehen. Warum nicht?<br />

Weil er einen Auftrag zu erfüllen<br />

hat, weil er durch die Verfassung<br />

gebunden ist.<br />

DerStaat „muß die Rahmenbedingungen<br />

für Forschung<br />

und Lehre in den Hochschulen<br />

gewährleisten.“<br />

Er muß die Rahmenbedingungen<br />

für Forschung und Lehre in den<br />

Hochschulen gewährleisten. Er<br />

muß einen gewichtigen Teil ihrer<br />

Finanzierung sicherstellen. Er<br />

muß insbeson<strong>der</strong>e gewährleisten,<br />

daß je<strong>der</strong> einzelne nach seiner Befähigung<br />

die Möglichkeit hat, eine<br />

akademische Ausbildung zu absolvieren.<br />

Letzteres zum Wohle<br />

des Ganzen, aber auch zum Wohle<br />

des einzelnen. Die Aufgabe des<br />

Staates wird sich auf die Festsetzung<br />

<strong>der</strong> Ziele beschränken, die<br />

Art und Weise wird weitgehend<br />

den Hochschulen überlassen bleiben.<br />

Die Umstellung des <strong>der</strong>zeitigen<br />

Steuerungssystems auf Zielvereinbarungen<br />

weist hier bereits<br />

deutlich den Weg. Ein gesun<strong>der</strong><br />

Wettbewerb um Ressourcen wird<br />

damit einhergehen. Die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> leistungsorientierten Mittelverteilung<br />

wird und muß steigen.<br />

Im wesentlichen war dies immer<br />

und ist es jetzt erst recht Län<strong>der</strong>sache.<br />

Der <strong>Bund</strong> wird diesen Weg zu<br />

mehr Autonomie konstruktiv begleiten<br />

und mitgestalten.<br />

Das Hochschulrahmengesetz<br />

soll zeitnah aufgehoben werden.<br />

Frau Dr. Schavan hat bereits den<br />

Auftrag erteilt, das Hochschulrahmengesetz<br />

zeitnah aufheben zu<br />

lassen. Damit trägt sie dem Umstand<br />

Rechnung, daß die Rahmengesetzgebungskompetenz<br />

des <strong>Bund</strong>es<br />

mit <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

entfallen ist. In erster Linie nimmt<br />

sie jedoch mit <strong>der</strong> Aufhebung des<br />

HRG, das immerhin seit 1976 existiert,<br />

den Ruf <strong>der</strong> Hochschulen<br />

nach mehr Autonomie ernst. Manchen<br />

Legenden, was so alles wegen<br />

des HRG nicht gehe, wird allerdings<br />

auch <strong>der</strong> Boden entzogen.<br />

Das trägt zur Klarheit <strong>der</strong> Verantwortungsstrukturen<br />

bei.<br />

Die arbeitsrechtlichen Regelungen,<br />

die sich bisher noch im HRG<br />

befinden, die sog. 12- bzw. 15-<br />

Jahres-Regelung für die Qualifizierungsphase,<br />

werden in das geplante<br />

neue <strong>Wissenschaft</strong>szeitvertragsgesetz<br />

überführt. Die Kompetenz<br />

des <strong>Bund</strong>es für das Arbeitsrecht<br />

ist von <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform<br />

unberührt geblieben. Dieses<br />

Gesetz enthält auch einen neuen<br />

Befristungstatbestand, <strong>der</strong> den<br />

Hochschulen die befristete Beschäftigung<br />

ihres wissenschaftlichen<br />

Personals auf Drittmittelbasis<br />

deutlich erleichtern wird. Auch<br />

dies ist ein aktiver Beitrag des<br />

<strong>Bund</strong>es, die Rahmenbedingungen<br />

für den Wandel mitzugestalten.<br />

Allerdings will ich auch klar sagen,<br />

daß wir hier Möglichkeiten<br />

eröffnen, von denen verantwortungsvoll<br />

Gebrauch gemacht werden<br />

muß.<br />

Mehr dauerhafte und attraktive<br />

Arbeitplätze für <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

An vielen Stellen müssen wir<br />

mehr dauerhafte und attraktive Arbeitsplätze<br />

für <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

schaffen. Befristete Arbeitsverträge<br />

sind nur befristet gut, wenn ich<br />

das hier mal so einfach auf den<br />

Punkt bringen darf. Das Gesetz<br />

wird voraussichtlich schon im<br />

Frühjahr nächsten Jahres in Kraft<br />

treten.<br />

4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 9

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