fdw Nr. 4 Dezember 2006 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV
fdw Nr. 4 Dezember 2006 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV
fdw Nr. 4 Dezember 2006 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Schutzraum des Kollektivs als<br />
Voraussetzung?<br />
Die soeben vorgestellte Lösung hängt<br />
gewiß mit den Erfahrungen zusammen,<br />
die Bueb als Leiter eines Internats<br />
mit dieser Gemeinschaftsform gemacht<br />
hat. Und in seinen Überlegungen<br />
finden sich immer wie<strong>der</strong> Erfahrungen<br />
mit einzelnen Schülern, um<br />
seine Argumentation zu stützen.<br />
Freilich ist dabei zu bedenken, daß<br />
diese Erfahrungen vor allem für einen<br />
geschützten Raum wie ein Internat<br />
Geltung haben. Dies setzt aber gewisse<br />
finanzielle Möglichkeiten <strong>der</strong> Eltern<br />
voraus; so wäre es einem Durchschnittsschüler<br />
wohl kaum möglich,<br />
wegen fehlen<strong>der</strong> Bereitschaft, sich anzustrengen,<br />
o<strong>der</strong> eines Alkoholproblems<br />
in ein britisches Internat zu<br />
wechseln, weil dort eine beson<strong>der</strong>e<br />
Strenge herrscht (vgl. S. 69 f.). Der<br />
Schutzraum des Kollektivs, <strong>der</strong> bei so<br />
mancher pädagogischer Maßnahme,<br />
von <strong>der</strong> Bueb berichtet, nicht unwesentlich<br />
war (vgl. S. 120 f.: „Identität<br />
als Salemer“; „Esprit de Corps“), ist<br />
wohl in erster Linie in einem Internat<br />
erfahrbar. Ob dies in gleicher Weise<br />
für eine Ganztagsschule Geltung hätte,<br />
ist zumindest fraglich, weil hier die<br />
Schüler am Ende des Tages wie<strong>der</strong> in<br />
ihre Familien und ihre jeweilige gesellschaftliche<br />
Umwelt zurückkehren.<br />
Nun mag man sagen, daß Bueb sich<br />
mit seiner Streitschrift, was sein Plädoyer<br />
für Disziplin betrifft, an die Tradition<br />
hält. Gewiß, aber möglicherweise<br />
ist dieses traditionelle Erziehungskonzept<br />
zunehmend in den Hintergrund<br />
getreten. Buebs nicht geringes<br />
Verdienst ist es, den Leser wie<strong>der</strong><br />
daran erinnert zu haben.<br />
Klaus Thomalla<br />
Soeben erschienen:<br />
Ulrich Sprenger<br />
Der unkontrollierte Verfall des deutschen<br />
Schulwesens<br />
Eine aus <strong>der</strong> Praxis kommentierte wissenschaftliche Dokumentation zu <strong>der</strong><br />
zurückhaltenden Informationspolitik des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung<br />
(MPIB) und zu den bildungspolitischen Folgen dieser Zurückhaltung.<br />
Wichtige Ergebnisse des MPIB-Projektes „Schulleistung“ (1968–1970) Über<br />
die Rahmenbedingungen von Leistung in <strong>der</strong> Schule wurden zu spät (1986,<br />
1991 und 2002) o<strong>der</strong> noch nie veröffentlicht.<br />
Wichtige Ergebnisse des MPIB-Projektes „Hauptschule/Gesamtschule“<br />
(1980) wurden viel zu spät (1997) und auch dann nur in Teilen veröffentlicht.<br />
Die MPIB-Studie „Der vorzeitige Abgang vom Gymnasium" (1995; 166 Seiten)<br />
wurde nicht in Buchform, son<strong>der</strong>n – verspätet – nur im Internet veröffentlicht.<br />
Ergebnisse des MPIB-Projektes „Bildungsverläufe und psychosoziale Entwicklung<br />
im Jugendalter (BIJU)“ (1991–2001) wurden nur zum Teil, aber ohne<br />
Breitenwirkung, o<strong>der</strong> noch gar nicht veröffentlicht.<br />
Kontrollen haben stattgefunden, sehr genaue Kontrollen sogar. Aber ihre Ergebnisse<br />
sind vom MPIB nicht o<strong>der</strong> nur zum Teil und dann erst mit großer<br />
Verspätung bekanntgemacht worden, doch dann nicht mit einer dem Aufwand<br />
und <strong>der</strong> Bedeutung entsprechenden, breitenwirksamen Allgemeinverständlichkeit.<br />
Stattdessen wurden sie als „versteckte Botschaften“ in <strong>der</strong> Fachliteratur<br />
deponiert, wo sie unbeachtet und ohne Wirkung blieben.<br />
Deutschland hatte im Jahre 1968 ein funktionierendes, reformoffenes Schulwesen.<br />
Es nicht schon in den späten 70er Jahren mit den starken Argumenten<br />
aus dem MPIB-Projekt „Schulleistung“ (1968–1970) gegen die Neuerungswut<br />
fachfrem<strong>der</strong> Ideologen in Schutz genommen zu haben, ist ein Vorwurf,<br />
<strong>der</strong> dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung nicht erspart werden<br />
darf. Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ist gegründet worden<br />
wegen des Versprechens, für Theorie und Praxis des Unterrichtens „eine empirisch<br />
abgesicherte Basis“ zu schaffen.<br />
Weil dieses Versprechen nicht streng eingehalten worden ist, kam es in manchen<br />
<strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n zu einem deutlich erkennbaren Verfall des Schulwesens.<br />
ISBN 3-921052-98X<br />
Herausgegeben vom Arbeitskreis Gesamtschule e.V. im Verlag <strong>der</strong> Winkelmann<br />
Buchhandels-GmbH, 45657 Recklinghausen – <strong>2006</strong><br />
Text: Rückseite <strong>der</strong> Dokumentation<br />
Zeitnahe Informationen auf unserer Website:<br />
http://www.bund-freiheit-<strong>der</strong>-wissenschaft.de<br />
4/<strong>2006</strong> <strong>fdw</strong> 35