Magazin herunterladen - Gothaer Versicherungen
Magazin herunterladen - Gothaer Versicherungen
Magazin herunterladen - Gothaer Versicherungen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Titel<br />
mit „Ulysses“. Für den einen oder anderen mag es zu<br />
anspruchsvoll sein, aber dieses Buch ist an den Leser<br />
der Zukunft gerichtet.<br />
GM: Wie meinen Sie das?<br />
Aktuelles Buch:<br />
„Onkel Wanja<br />
kommt“<br />
Wieder einmal ist Wladimir<br />
Kaminer auf Tour<br />
durch Deutschland.<br />
Der Grund: Er liest aus<br />
seinem neuen Werk<br />
„Onkel Wanja kommt“.<br />
Die Geschichte handelt<br />
von einem Spaziergang<br />
des Autors mit seinem<br />
Onkel durchs nächtliche<br />
Berlin. Dabei begegnen<br />
die beiden einigen kuriosen<br />
Gestalten, kehren<br />
ins „Döner Paradies“ ein<br />
und gewinnen erstaunliche<br />
Erkenntnisse über<br />
das Leben und die Welt.<br />
Termine und Schauplätze<br />
seiner Lese-Tour:<br />
www.wladimirkaminer.de<br />
Fotos: Jan Kopetzky, Josef Zierden, Corbis<br />
Kaminer: Der Leser der Zukunft wird Mühe haben, sich<br />
in seiner aktuellen Gegenwart zu orientieren. Das liegt<br />
daran, dass unsere Geschichte so unglaublich durcheinander<br />
ist. Zum Beispiel die Geschichte meiner Heimat.<br />
Die wurde so oft umgeschrieben, dass die Russen<br />
zwischendurch selbst nicht mehr wussten, in welcher<br />
Zeit sie leben und warum. Auch in Deutschland passiert<br />
vieles, das für den Einzelnen nicht nachvollziehbar<br />
ist. Die Menschen wissen oft gar nicht mehr, was<br />
Sache ist. In „Onkel Wanja kommt“ versuche ich, meinem<br />
Onkel zu erklären, was hier eigentlich los ist.<br />
„Meine Geschichten sind wie eine<br />
Freifahrt in die Unsterblichkeit.“<br />
GM: Sie schreiben darin auch, dass der heutige<br />
Mensch kaum Spuren in der Welt hinterlässt. Sind<br />
die Geschichten, die Sie schreiben, Ihre persönlichen<br />
Spuren?<br />
Kaminer: Sie sind wie eine Freifahrt in die Unsterblichkeit.<br />
Das einzig Beständige, das die Menschen produzieren,<br />
sind Geschichten – so wie die von mir, spannend<br />
und interessant. Alles andere zerfällt zu Staub.<br />
GM: Woran arbeiten Sie zurzeit?<br />
Kaminer: An meinem nächsten Buch „Neues aus dem<br />
Garten“. Ich habe allerdings schon seit zwei Wochen<br />
nichts mehr geschrieben. Dafür habe ich viel recherchiert<br />
– über Katzen.<br />
GM: Über Katzen?<br />
Kaminer: Ja, es wird ein Kapitel über Katzen geben.<br />
Ich habe ein Häuschen in Brandenburg mit einem großen<br />
Garten und dort gibt es drei Katzen. Ziemlich wilde<br />
Katzen. Über die möchte ich schreiben. Und über<br />
die Beziehung zwischen Mensch und Katze. Ich habe<br />
in letzter Zeit sehr viel Interessantes über diese Tiere<br />
erfahren.<br />
GM: Was zum Beispiel?<br />
Kaminer: Dass die Ägypter ihretwegen beinahe ihr<br />
Land verloren hätten. Für sie waren Katzen heilig. Die<br />
Syrer haben daher auf ihre Schilde lebendige Katzen<br />
geschnallt, weil sie wussten, die Ägypter würden diese<br />
niemals schlagen. So haben die Syrer die Ägypter<br />
Vor 22 Jahren von<br />
Moskau nach Berlin<br />
ausgewandert: Wladimir<br />
Kaminer sieht sich<br />
selbst als Menschen<br />
„mit einer spannenden<br />
Lebensaufgabe“.<br />
Auf Erfolgskurs: Seinen<br />
großen Durchbruch<br />
feierte Kaminer mit dem<br />
Buch „Russendisko“,<br />
das in diesem Jahr mit<br />
Matthias Schweighöfer<br />
in der Hauptrolle<br />
verfilmt wurde.<br />
besiegt. Später sind die Katzen weggelaufen und<br />
haben sich vermehrt – bis ins Christentum hinein.<br />
Dann sind sie mit Jesus und den ganzen Predigern<br />
nach Europa gekommen – und schließlich bis zu uns<br />
in den Garten nach Brandenburg.<br />
GM: Sie wohnen mitten in der Großstadt Berlin. Verbringen<br />
Sie viel Zeit in Ihrem Haus im Grünen?<br />
Kaminer: Ja, ich fahre gerne mit meiner Familie dorthin.<br />
Gerade kürzlich waren wir dort. Ich habe Holz<br />
gehackt, damit wir Lagerfeuer machen können. Ich<br />
liebe es, in der Großstadt zu wohnen, aber zum Erholen<br />
bin ich gerne in der Natur. Es gibt dort eine ganz<br />
andere Stille, einen anderen Himmel und ganz andere<br />
Nachbarn.<br />
GM: Arbeiten Sie dort auch an Ihren Büchern?<br />
Kaminer: Nein, nein. Dort werde ich eher noch fauler.<br />
Ich surfe im Internet und schaue mir die ganzen<br />
interessanten Sachen an, die es darin zu finden gibt.<br />
Wenn ich draußen in meinem Garten bin, habe ich keine<br />
Lust, etwas Vernünftiges zu machen. Zusammen<br />
mit Freunden trinke ich dann Bier oder wir spielen<br />
Schach.<br />
10 magazin 03/12