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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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354<br />

Elke Fröhlich<br />

das durch die Medien indirekt vermittelte Bild einer einheitlich ausgerichteten<br />

NS-Kultur- und Pressepolitik ab. Bald dominierten in der deutschen Presselandschaft<br />

Eintönigkeit und Langeweile. Schon im Herbst 1933 setzten die Klagen<br />

über die Presse ein und rissen seitdem nicht mehr ab 31 . Sie war Gegenstand anhaltender<br />

Besorgnis, denn eine durch Schabionisierung unglaubwürdig gewordene<br />

Presse besaß kaum noch genügend Effizienz, um die Politik unterstützen zu können.<br />

Noch im April 1934 glaubte Goebbels, die gesamte Presse einzig durch eine<br />

„freizügigere Kritik auf dem Kulturgebiet" 32 beleben zu können und erließ, um<br />

eine „Verflachung und Uniformierung" zu verhindern, Richtlinien <strong>für</strong> die Freiheit<br />

der deutschen Presse 33 . Welchen Stellenwert die Nationalsozialisten dem Feuilleton<br />

innerhalb der Gesamtpresse einräumten, macht folgende Äußerung Schlössers<br />

deutlich: „Der Durchschnittsdeutsche, der bis vor kurzem nur zu oft wenig<br />

politisch eingestellt war und es heute häufig auch noch ist, gelangt nicht selten<br />

zum politischen Leitartikel auf dem Umweg über das Feuilleton, d.h. über den<br />

kultur- und kunstpolitischen Teil. Lange Zeit hat man das nicht erkannt." 3 * Die<br />

Erkenntnis, daß das Feuilleton die Falle ist, in der ein erfahrener Jäger die größte<br />

Beute fängt, haben sich die Nationalsozialisten mit Verve zunutze gemacht. Mit<br />

dem Jahr 1933 begann die radikale Umformung des Feuilletons zu einem Kampfplatz<br />

politischer Missionierung und Stimmungsführung 35 . Die Kunst wurde nach<br />

ihren propagandistischen Nutzungsmöglichkeiten bewertet und danach zielgerecht<br />

in der Kulturpresse eingesetzt.<br />

Trotz dirigistischer Maßnahmen Heß sich ein vielstimmiges, begeistertes Ja zur<br />

'verkammerten Kultur', zur Diktatur des Zwanges und des Ungeistes vernehmen.<br />

Hitler selbst war der Massenzulauf von Künstlern und Intellektuellen suspekt. Er<br />

warnte auf dem Parteitag im September 1933 vor den Gauklern, die nur die Fahne<br />

wechseln, um auf dem Gebiet der Kulturpolitik wieder das große Wort führen zu<br />

können 36 . Auch Hitlers Gefolgsmann Walter Frank wehrte sich gegen ungebetene<br />

Intellektuelle und verhöhnte sie als ,Graeculi', die — obschon von großer Bildung —<br />

charakterlos es immer mit den Mächtigen hielten 37 . Die freiwillig vollzogene<br />

Selbstgleichschaltung einer Vielzahl von Künstlern und Wissenschaftlern besitzt in<br />

Benn, Hauptmann, Heidegger und Richard Strauß ihre immer wieder zitierten<br />

31<br />

Zum Beispiel Ber. v. 19. 10. 33, 20. 10. 33, 1. 11. 33, BA, ZSg 101/26, Ber. v. 23. 4. 34,<br />

BA, ZSg 101/27, AdKP v. 23. 6. 38, Sgr. Informationsbriefe v. 22. 11. 39, 4. 12. 39, 25. 1.<br />

1941, 19. 5. 41, IfZ-Archiv, MA 1341/10, Meldg. aus dem Reich, Nr. 381 v. 6. 5. 43, IfZ-<br />

Archiv, MA 441/8.<br />

32<br />

Informationsber. v. 20. 4. 34, BA, ZSg 101/27.<br />

33<br />

RdSchr. Goebbels v. 24. 4. 34, IfZ-Archiv, Fa 199, S. 89-92.<br />

34<br />

Zit. Wilmont Haacke, Hdb. des Feuilletons, 3 Bde., Emsdetten 1951 f., Bd. 1, S. 154.<br />

35<br />

Vgl. d. erste programmatische Rede Wilfried Bades, Kulturpolit. Aufgaben der deutschen<br />

Presse, Berlin 1933.<br />

36<br />

Rede Hitlers v. 1. 9. 33, zit. VB v. 3. 9. 33.<br />

37<br />

Rede Walter Frank v. 15. 9. 34, in: Kämpfende Wissenschaft, Hamburg 1934, S. 30f.

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