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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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378 Elke Fröhlich<br />

kammer habe 800 Romane zurückgezogen und verboten, von denen ein großer<br />

Teil als Vorabdruck in den Zeitungen erschienen sei 186 . Nicht ohne Grund <strong>für</strong>chtete<br />

man, daß in der Welt der Fiktion Wünsche genährt wurden, die zu erfüllen<br />

der nationalsozialistische Staat nicht in er Lage war:<br />

„Herr Bade sagt, daß die amtlichen Stellen nicht darauf verzichten könnten, Kurzgeschichten<br />

daraufhin durchzusehen, ob sie dem Ernst unserer Zeit entsprächen.<br />

Es sei da immer noch zu lesen von wunderbaren Autofahrten im Gebirge, Liebeserlebnissen<br />

im Motorboot, kostbaren Roben, herrlichen Diners und leichtem Einkauf<br />

wunderbarer Sachen in den Läden. Das gehe nicht ... Es sei deshalb nötig,<br />

daß die Redaktionen in diesen Dingen sehr sorgfältig verfahren: in diesen Monaten<br />

dürfe nichts erscheinen, was das Volk psychologisch aufreizen könne. Wir können<br />

nicht Einfachheit predigen und auf der anderen Seite alle die schönen Dinge noch<br />

vorgaukeln." 18 '<br />

Natürlich stand besonders die Mode unter dem Verdacht, Sehnsüchte bei der<br />

Damenwelt zu wecken, die eine rationalisierte Kriegswirtschaft nicht stillen konnte.<br />

Eine Illustrierte holte sich mit ihrem gutgemeinten Vorschlag, Filzglockenhüte<br />

selbst zu schneidern, eine ernste Rüge, denn zu dem Zeitpunkt war im ganzen<br />

Reich kein Streifen Filz mehr aufzutreiben 188 . Sorge bereitete ebenfalls die länger<br />

werdende englische und amerikanische Kleidermode. Die Rechnung ergab, daß<br />

sie in Deutschland 8 Millionen Meter mehr Stoff pro Jahr verschlingen würde.<br />

Diesem Problem mußte man beizeiten ausweichen und man entschied: „Kurzum<br />

also: es gibt jetzt im Krieg keine internationale Mode mehr, sondern eine deutsche,<br />

und die reicht bis zum Knie." 189<br />

„Mit Kopfhängerei gewinnt man keine Schlachten", schrieb Goebbels und setzte<br />

hauptsächlich in den Rundfunk berechtigte Hoffnungen bei dem Kampf um die<br />

<strong>für</strong> die Kriegsführung so notwendige „gute Laune" des Volkes 190 . Zwar kehrte in<br />

den Kriegsjahren ständig die Mahnung wieder, daß Stoff und Darstellung dem<br />

Ernst und der Würde der Zeit zu entsprechen hätten 191 , doch gleichzeitig galt die<br />

vertraulich zu behandelnde Weisung Goebbels', die heiteren Stücke nicht zu vernachlässigen<br />

und das Rundfunkprogramm aufzulockern 192 . Vom Kriegsausbruch<br />

an hatte das Heitere und Entspannende den Vorrang vor dem Ernsten und Schweren<br />

193 . Je drückender die Kriegslast desto wichtiger erschien Goebbels der Kuß der<br />

leichten Muse 194 . Er sicherte der Tanz- und Unterhaltungsmusik einen festen<br />

Stammplatz von 20.00 bis 2.00 Uhr im reformierten Rundfunkprogramm. Freunde<br />

186<br />

AdKP v. 16. 8. 40.<br />

187<br />

AdKP v. 9. 1. 42, s. a. AdKP v. 16. 5. 41 u. Sonderinformation RMVuP v. 9. 1. 43,<br />

KZ-Archiv, Da 69.05.<br />

188<br />

AdKP v. 31. 7. 42.<br />

189<br />

AdKP v. 16. 10. 42.<br />

190<br />

Artikel Goebbels: Der Rundfunk im Kriege, in: Das Reich v. 15. 6. 41.<br />

191<br />

Zum Beispiel AdKP v. 28. 6. 40, 20. 9. 39.<br />

192<br />

AdKP v. 20. 9. 39 u. 17. 1. 41.<br />

193<br />

AdKP v. 20. 9. 39 u. 11. 11. 39 u. Aktennotiz v. NOV. 39.<br />

194<br />

AdKP v. 17. 1. 41, 24. 10. 41, 31. 10. 41, 21. 11. 41.

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