Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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352 Elke Fröhlich<br />
Weisung, im Sinne des Vorgetragenen zu berichten, die Kritik zu beherzigen oder<br />
einen gelobten Artikel sich zum Vorbild zu nehmen.<br />
Unter den direkten Berichtsvorschriften befinden sich auffallend viele ad-hoc-<br />
Regelungen. Jeweils von neuem mit einer positiven Sprachregelung versehen wurden<br />
z.B. die Gaukulturwochen in Westfalen, in Halle-Merseburg, in Baden oder<br />
Schwaben 24 . Nie gab man eine <strong>für</strong> alle Gaukulturwochen allgemein gültige Anweisung<br />
heraus. Jedes Jahr sich wiederholende Veranstaltungen wie die Reichstheaterfestwochen<br />
oder die Tage der Hausmusik kündigten sich stets mit einer<br />
neuen Würdigungsempfehlung an. Nie wurde die Besprechung dieser Ereignisse<br />
ein <strong>für</strong> allemal geregelt. Von langer Hand vorbereitete grundsätzliche Entscheidungen<br />
zum Rezensionsverfahren, zur Behandlung der Judenfrage oder zum Verhalten<br />
gegenüber der UdSSR wurden selten erteilt. Die wenigen Entscheidungen mit<br />
langfristiger allgemeiner Geltung trafen die Verantwortlichen bemerkenswert oft<br />
aus aktuellem Anlaß 25 . Ein internationaler Kongreß der Magier und Zauberer in<br />
Berlin bot z.B. die Handhabe, die Veröffentlichung aller Tricks „ab sofort und<br />
<strong>für</strong> alle Zeit auf das strengste" zu verbieten 26 .<br />
Die direkten Anweisungen teilen sich in Gebote und Verbote, wobei Empfehlungen,<br />
Hinweise, Anregungen und Wünsche schon 1936 die Mehrzahl ausmachen<br />
und ab Kriegsausbruch die Verbote zunehmend verdrängen. Es lenkten weitaus<br />
mehr positive als negative Anweisungen die feuilletonistische Arbeit in die gewünschte<br />
Bahn. Ein ständig eingehaltenes Schema in der Abfolge der Sprachregelungen<br />
ist nicht zu erkennen, doch wurden in der Regel die Konferenzen mit<br />
einer empfehlenden Anordnung eingeleitet und abgeschlossen, ablehnende Anweisungen<br />
meist in die Mitte plaziert. Positive Sprachregelungen, häufig auch<br />
umfangreicher als die negativen, erhielten eindeutig den Vorzug, selbst wenn es<br />
sich um etwas zu Bekämpfendes drehte, z.B. sollte die Ausstellung ,Künstlerische<br />
Reiseandenken' nicht unter dem Aspekt ,Kampf dem Kitsch', sondern unter dem<br />
der Förderung schöner und wertvoller Souvenirs besprochen werden 27 . An Negatives<br />
sollte möglichst nicht gerührt werden, man suchte es zu bekämpfen, indem<br />
man das positive Gegenbild herausstellte. In dem angeführten speziellen Fall hieß<br />
das, vorbildliche Erzeugnisse abzubilden und zu erörtern und nicht etwa kitschige 28 .<br />
Die Anweisungen lesen sich passagenweise wie ein kultureller Veranstaltungskalender<br />
oder ein Bücher- oder Autorenverzeichnis mit der Empfehlung zu gestufter<br />
wohlwollender Beachtung. Inwieweit die offenkundige Tendenz, den Eindruck<br />
einer überwiegenden Negativ-Zensur zu verhüten, bei gleichzeitigem Versuch,<br />
die Presse zu positiver Kritik anzuhalten und ob wachsende Zahl und an-<br />
24 AdKP v. 24. 2. [37], 8. 4. 37, 24. 6. 37, 16. 9. 37.<br />
25 Zum Beispiel AdKP v. 1. 11. 40, 14. 2. 41, 2. 8. 41, 24. 6. 37, 4. 4. 39, 1. 12. 39,<br />
26. 2. 42, 6. 2. 42.<br />
26 AdKP v. 29. 4. 37.<br />
27 AdKP v. 3. 9. 36.<br />
28 AdKP v. 1. 10. 36.