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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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350 Elke Fröhlich<br />

waren 14 . Selbst der <strong>für</strong> die Kulturpresse so einschneidende Kritik-Erlaß vom 27. 11.<br />

1936 wurde zuerst auf der politischen Pressekonferenz 15 verkündet und auf der<br />

Kulturpolitischen Pressekonferenz 16 lediglich ergänzt. Da Gründe der Zeitersparnis<br />

oder des einfacheren Verfahrens eher gegen eine zusätzliche Einrichtung sprachen,<br />

müssen <strong>für</strong> das Festhalten an der Kulturpolitischen Pressekonferenz triftige Gründe<br />

vorhanden gewesen sein.<br />

Obwohl sich die Anordnungen häufig mit kulturellen Details, nicht selten mit<br />

ein und derselben Einzelheit mehrere Male befassen, spiegeln sie kein getreues Bild<br />

deutschen Kulturlebens in der NS-Zeit oder nationalsozialistischen ,Kulturwollens'<br />

wider. Im Gegensatz zu den Sprachregelungen der großen Pressekonferenz, die<br />

beinahe jedes politische Ereignis aufgriffen 17 , fand nicht alles kulturelle Geschehen<br />

seinen Niederschlag in den kulturpolitischen Berichtsvorschriften. ,Kulturelle' Ereignisse,<br />

die in der Entwicklung und Verwirklichung des nationalsozialistischen<br />

Kulturprogramms Marksteine bedeuteten, wurden mit keinem Wort erwähnt, z.B.<br />

die Schließung des Berliner Kronprinzenpalais' am 30. 10. 1936, dessen oberstes<br />

Stockwerk noch expressionistische Bilder gezeigt hatte. Die Ausstellung ,Entartete<br />

Kunst', nicht zu übersehendes Fanal in der Säuberungswelle nationalsozialistischen<br />

Kunstbestrebens, erfuhr eine geradezu stiefmütterliche Behandlung. Sehr wahrscheinlich<br />

war die Idee zu einer Schandausstellung den Rivalitätskämpfen zwischen<br />

Goebbels und Rosenberg und der damit verbundenen Radikalisierung entsprungen<br />

18 . Kompetenzrangeleien und ideologische Richtungskämpfe hatten nicht unbedeutenden<br />

Anteil an der schließlich eingeschlagenen ,Marschrichtung', doch in<br />

den kulturpolitischen Anweisungen werden sie nicht reflektiert. Die Sprachregelungen<br />

liefern weder ein Seismogramm über hinter den Kulissen ausgetragene<br />

Querelen, noch ein annähernd vollständiges Bild des öffentlichen Kulturgeschehens.<br />

In der Konferenz ausschließlich eine Kommandobrücke zur Regelung kultureller<br />

Berichterstattung zu sehen, wäre ebenso falsch, wie in ihr eine echte Informationszentrale<br />

zu vermuten, obwohl sie dem Informationsbedürfnis der Journalisten in<br />

gewisser Weise entgegenzukommen schien. Präsidenten der einzelnen Kulturkammern<br />

referierten über Arbeit und Ziele ihrer Organisation, Künstler stellten<br />

ihre Werke vor und Referenten sprachen über Entwicklungen und Fragen der<br />

Kulturpolitik, über das Problem künstlerischen Nachwuchses 19 ebenso wie über das<br />

der Entjudung auf kulturpolitischem Gebiet 20 . In den Jahren 1936 und 1937<br />

hörten die Journalisten durchschnittlich auf jeder 4. Konferenz einen Vortrag, in<br />

14<br />

Zum Beispiel AdKP v. 6. 8. 36, 27. 8. 36, 10. 9. 36, 24. 9. 36, 8. 10. 36, 15. 10. 36,<br />

22. 10. 36, 3. 9. 36 u. 2. 12. 36.<br />

15<br />

Aus der Pressekonferenz (zit. AdP) v. 28. 11. 36, IfZ-Archiv MA 1341/1.<br />

16<br />

AdKP v. 3. 12. 36.<br />

17<br />

Jürgen Hagemann, a.a.O., S. 37.<br />

18<br />

Reinhard Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner, Zum Machtkampf im nationalsozialistischen<br />

Herrschaftssystem, Stuttgart 1970, S. 105.<br />

19<br />

AdKP v. 5.11.36.<br />

20 AdKP v. 21. 1. 37.

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