Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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360 Elke Fröhlich<br />
erfuhr. Gleichzeitig diente dasselbe Instrument dazu, nach dem Prinzip von Zuckerbrot<br />
und Peitsche, d. h. mit einer Mischung von Informations- und Befehlsausgabe,<br />
die Journalisten und ihre Leserkreise von der tatsächlichen kulturellen Misere abzulenken.<br />
Zum anderen eignet sich eine Konferenz im besonderen Maße, einem<br />
stagnierenden Feuilletonwesen neuen Auftrieb zu geben, allein durch die<br />
aktivierende Wirkung persönlichen Kontaktes 61 . Die Kulturredakteure kamen regelmäßig<br />
zusammen, hörten aus kompetentem Munde auch Informationen, die anderen<br />
Ohren verschlossen blieben, nicht zu unterschätzende Voraussetzungen, um<br />
die <strong>für</strong> den Pressebetrieb so wichtige Dynamik aufrechtzuerhalten. Der Zwang,<br />
die Konferenz besuchen und das Gehörte niederschreiben zu müssen, hielt die<br />
Journalisten mehr in Bewegung, als etwa hektographierte Anweisungen, die regelmäßig<br />
ins Haus flatterten. Hunderte von ad-hoc-Regelungen täuschten einen dynamischeren<br />
Kulturbetrieb vor, was wenige definitive Richtlinien nicht vermocht<br />
hätten. Auch mögen die <strong>für</strong> die Anweisungen Verantwortlichen es vorgezogen<br />
haben, die kulturelle Berichterstattung von Fall zu Fall nach den jeweiligen politischen<br />
Konstellationen und Erfordernissen zu regeln, statt sich mit grundsätzlichen<br />
Direktiven die Hände zu binden und an Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie<br />
wieder umgestoßen werden mußten. Ein vollständiger, perfekt ausgearbeiteter<br />
Anweisungskatalog, anwendbar und gültig <strong>für</strong> alle möglichen Vorgänge im kulturellen<br />
Bereich hätte den Konferenzbetrieb, wenn auch nicht gänzlich überflüssig<br />
gemacht, so doch entscheidend gelähmt, abgesehen davon, daß das Fehlen einer<br />
großen Konzeption den Gedanken an einen Richtlinienkatalog gar nicht aufkommen<br />
ließ. Von daher erklärt sich auch die auffallende Neigung, die Besprechung<br />
von an sich Belanglosem bis ins Detail zu reglementieren.<br />
Der zweifelhafte Wert mancher Informationen ist sicher in dem einen oder<br />
anderen Fall darauf zurückzuführen, daß man in den Kriegsjahren aus Mangel an<br />
kulturellen Ereignissen auf Lückenfüller angewiesen war. Allerdings dürfte das<br />
kein Grund sein, Informationen zu bieten, die schon die Runde durch die Presse<br />
gemacht hatten 62 . Man scheute nicht die Mühe, ein Informationsspektakel aufzuführen<br />
auch auf die Gefahr hin, daß die Journalisten das Spiel durchschauen<br />
würden. Aus Gründen der Dynamik zur künstlichen Erhaltung eines Kulturbetriebs<br />
wurde dem Informationsschein mehr Bedeutung beigemessen als dem Informationswert,<br />
eine Auffassung, die ihre Verachtung gegenüber Nachrichtenpresse 63 und<br />
Journalistenberuf nicht leugnet. Auf der anderen Seite wurde mit einer Vielzahl<br />
von Vorträgen und geheimzuhaltenden Mitteilungen dem Informationsbedürfnis<br />
der Journalisten in gewisser Weise Rechnung getragen. Besonders vertrauliche<br />
Mitteilungen über Anzeichen kulturellen Niedergangs verbunden mit der Gefahr,<br />
61 Welcher Wert dem persönlichen Kontakt auch bei den Tagesparolen beigemessen wurde,<br />
zeigen Ausführungen Dr. Otto Dietrichs, s. Sänger-Informationsbrief v. 17. 9. 42, IfZ-Archiv,<br />
MA 1341/10.<br />
62 Zum Beispiel AdKP v. 10. 5. 41.<br />
63 Ber. v. 24. 11. 36, BA, ZSg 101/29.