06.01.2014 Aufrufe

Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag

Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag

Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001) 29<br />

und gefühlsbestimmte Sichtweisen im Widerspruch zueinander stehen: Hier räumt der<br />

Sprecher den Kolleginnen „aus der Logik“ der neuen Situation bzw. infolge der gewandelten<br />

Kriterien der Selektion und Beförderung zunächst durchaus bessere berufliche<br />

Aufstiegschancen ein.<br />

Am: das rein mathematische Denken bewirkt natürlich an und für sich oder müsste logischerweise<br />

zur Folge haben dass der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt steht da<br />

kann man sagen das ist schlecht aber der Vorteil ist jetzt dass auch der Mensch der<br />

Mitarbeiter nur noch als mathematischer Bestandteil wo man dort schnell rechnen<br />

was bringt er uns was kostet er uns ob das eine Frau ist ob das ein Mann ist spielt<br />

dann keine Rolle das könnte jetzt aus der Logik einen gewissen Vorteil haben an<br />

und für sich so schlecht das ist<br />

fm?: (unverständliches Übereinanderreden)<br />

Am: ich würde sagen die (Fusionspartner) tut alles objektiv neutral bewerten oder (.) da<br />

kann man sagen rein mathematisch also da könnte man wahrscheinlich einen<br />

Computer durchlassen die Leute tun ihre (Produkt des Fusionspartners) über den<br />

Computer rechnen dann tun sie vermutlich auch Mitarbeiter über den Computer<br />

rechnen und dann ist das eine eben eine Frau also es könnte auch eine Chance sein<br />

(.) natürlich der Mensch wird ausgenützt (lacht) aber die Frau hätte die gleiche<br />

Chance wie in Amerika wo in der Bewerbung z.Tl. die Hautfarbe nicht drauf darf<br />

usw die Religion Rassenzugehörigkeit oder z.Tl. Geschlecht einfach die Diskriminierung<br />

und Alter auch<br />

Dm: Alter an sich auch nicht<br />

Am: und wenn man jetzt alles oder die (Fusionspartner) alles abstrakt anschaut dann<br />

kann das auch eine Chance für die Frau sein dann ist das nicht der Mann der bevorzugt<br />

ist sondern tut dann rein nüchtern sachlich entscheiden<br />

Gewissermaßen theoretisch werden hier die Vorteile erwogen, die Frauen aus einem<br />

Beurteilungsverfahren erwachsen, in dessen Kontext nicht mehr „der Mensch im<br />

Mittelpunkt steht“, sondern dieser „nur noch“ mathematischen „Bestandteil“ einer „objektiv<br />

neutralen“ Kosten-Nutzen-Rechnung bildet – und dem deshalb eine „abstrakte“,<br />

d.h. geschlechtsneutrale Perspektive („dann ist das eine eben eine Frau“) innewohnt. An<br />

die Gegenüberstellung von „Computer“ und „Mensch“ findet sich dennoch implizit<br />

gleichermaßen der Widerspruch zwischen Gleichstellung und Menschlichkeit geknüpft.<br />

Denn in dem veränderten Verfahren der Leistungsbeurteilung äußert sich nicht nur eine<br />

nicht-menschliche Rationalität („Computer“), die in ihrer Orientierung an Produktivität<br />

und Effizienz der „Ausnützung“ des Menschen zuarbeitet; auf der Folie der bisherigen<br />

Ordnung („dann ist das nicht der Mann der bevorzugt ist“) erhöht ein „rein nüchtern<br />

sachliche(s)“ Vorgehen insbesondere die berufliche Konkurrenz. Zwar ist den neuen Selektionsverfahren<br />

in den Betrieben, die hier in die Nähe von Antidiskriminierungsmaßnahmen<br />

gerückt werden, aus männlicher Sicht dank der dadurch entfallenden Altersdiskriminierung<br />

(„Alter an sich auch nicht“) etwas abzugewinnen. Legitimität, i.S. eines<br />

moralisch richtigen Handelns, besitzen sie jedoch infolge ihres für Männer unmenschlichen<br />

Charakters nicht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!