Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag
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32 <strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001)<br />
dem Betrieb angetragen. Dabei findet sich der Rückzug nicht zuletzt als (männlicher)<br />
Schutz vor einem Geschehen dargelegt, das als ebenso „ungesund“ wie in seiner unaufhaltbar<br />
wachsenden Geschwindigkeit als zutiefst bedrohlich gilt.<br />
Bm: wobei wenn wir Frauen so definieren wie vorher dann ist das nur ein Zwischentief<br />
weil Frauen sind auch anpassungsfähiger (.) ich glaube dass Frauen dann schneller<br />
den Link machen zu der Welt und das sie u.U. viel schneller adaptieren können<br />
und mitnehmen als wir das heute machen weil wir einfach hineingestoßen werden<br />
ich glaube das korrigiert sich wieder dass Frauen jetzt etwas ausweichen teilweise<br />
auf andere Jobs teilweise auf andere Branchen und irgendwann wieder zurückkommen<br />
weil dass das ungesund ist was jetzt grade passiert weltweit ich meine das<br />
pfeifen die Spatzen von den Dächern das spüren wir alle dass da etwas nicht<br />
stimmt und wir sehen dass keiner von den Kapitänen bereit ist einen Zoll weit zu<br />
bremsen also müssen wir warten bis sie irgendwo den Crash produzieren<br />
Wie sich zeigt, hat die hier entwickelte kulturelle Strategie der Ausgrenzung Erfolg:<br />
Die weiblichen Kader nehmen innerhalb des von den Kollegen skizzierten Untergangsszenarios<br />
weitestgehend widerspruchslos die ihnen zugewiesenen Plätze ein. Die<br />
männliche Konstruktion der (angeblich) weiblichen ‘Freiheit zum Ausstieg’ findet bei<br />
den Frauen allein schon deshalb Resonanz, da auch sie außergewöhnlichen Belastungen<br />
bis hin zu „nicht mehr seriös“ erfüllbaren Pensen ausgesetzt sind und zusätzliche, nicht<br />
als Teil der Leitungsfunktion empfundene Aufgaben übernehmen müssen. Zentraler<br />
noch für die Unangefochtenheit der männlichen Behauptungen aber erscheint, dass diese<br />
sich auf gesellschaftliche Grundwerte berufen, zu denen nicht zuletzt die Pflicht des<br />
Mannes zur Erhaltung der Familie gehört. Denn der männliche Mitarbeiter wird ausschließlich<br />
als Ernährer von Familie und Kindern gedacht („stelle dir jetzt einen Familienvater<br />
vor“): Ob jünger oder älter, bringt er aufgrund dieser Verantwortlichkeit auch<br />
aus der Sicht der Frauen generell eine „ganz andere Ausgangslage“ in die Situation ein.<br />
„Reaktionsalternativen“, so sehen es auch die weiblichen Kader, stehen Männern selbst<br />
bei Gefahr eines beruflichen Statusverlustes nicht zur Verfügung. So erscheint die Bewahrung<br />
der Arbeitsstelle des Mannes nur allzu notwendig und legitim, selbst wenn dadurch<br />
weibliche Arbeitsplätze verloren gehen.<br />
Der Diskussionsverlauf zeigt die Auswirkungen der diskursiv ausgehandelten Reetablierung<br />
der Geschlechterordnung für die Bereitschaft zur Realisierung von Gleichstellungsmaßnahmen<br />
auf: Im Licht der hier diskutierten, massiven Verschlechterung betrieblicher<br />
Arbeitsbedingungen und mit Blick auf die gesellschaftlich-sozialen Verantwortlichkeiten<br />
der Geschlechter machen Initiativen der Gleichstellung selbst prospektiv<br />
keinen Sinn. Auf Aufforderung einer der Gesprächsteilnehmer, die Gruppe solle einmal<br />
„zwei Jahre in die Zukunft“ schauen, erscheint die von der Unternehmensleitung eingebrachte<br />
Frauenquote auf Kaderebene geradezu als „Witz“ – ruft kollektiv Gegnerschaft<br />
hervor. Die unten stehenden Ausführungen einer als Personalchefin tätigen Gesprächsteilnehmerin<br />
bringen zum Ausdruck, was die Ursachen dieser Ablehnung sind:<br />
Df: nein ich bin gegen Quoten das macht keinen Sinn das ist eben kontraproduktiv<br />
wenn man das macht ich meine auf meiner Seite stört das nicht ich kann das titulieren<br />
wir sind ein sehr modernes Unternehmen (.) habe ich abgehakt das Thema<br />
Cm: ja