Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag
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26 <strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001)<br />
beiter tritt aus ihrer Sicht nun ein durch „rohe Zahlen“ bestimmtes Kalkül. In diesem<br />
Licht hat sich gerade auch durch die Verflachung der Führungsstrukturen – ganz im<br />
Gegensatz zum beabsichtigten Effekt – die Distanz zu den Vorgesetzten vermehrt:<br />
Am: also das Zeug wird nicht mehr vom menschlichen Aspekt her sondern effektiv nur<br />
von Zahlen her betrachtet (.) und diejenigen die die Entscheide fällen sind sehr<br />
weit weg die müssen es nicht umsetzen<br />
Em: mhm und ich denke da hat man bisher ja wahrscheinlich irgendwie das Vertrauen<br />
gehabt<br />
Am: genau<br />
Em: dass man eigentlich gewusst hat wenn ich meine Arbeit gut mache<br />
Am: richtig<br />
Em: und lang da bin dass<br />
Bm: man hat nicht nur die rohen Zahlen angeschaut sondern das ganze angeschaut (.)<br />
und das neue Denken geht daher dass nur die Zahl zählt<br />
Verunsichernd erscheinen diese Neuerungen besonders für die langjährigen Kader<br />
jedoch vor allen Dingen angesichts von Entwicklungen, die noch fundamentaler die gewohnten<br />
Vorzeichen beruflicher Karrieren verändern. Dazu zählt, wie sich im Gesprächsausschnitt<br />
andeutet, die Entwertung beruflicher Erfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit<br />
zugunsten stetig steigender Anforderungen an die Lernbereitschaft, Mobilität<br />
und Flexibilität der Beschäftigten. Geradezu bedrohlich wird es schließlich empfunden,<br />
dass aufgrund der „Schnelllebigkeit“ von Unternehmensentscheidungen bzw. „immer<br />
kurzfristigerer“ betrieblicher Planungshorizonte und Erfolgszyklen auch zwischen der<br />
persönlichen Leistung und den beruflichen Perspektiven im Betrieb ein Ursache-<br />
Wirkungs-Zusammenhang nicht mehr hergestellt werden kann.<br />
Gewinn von Einflussmöglichkeiten und Perspektiven<br />
In gänzlich anderer Weise nehmen die weiblichen Führungskräfte der beiden Untersuchungsgruppen<br />
die hier von den Kollegen problematisierten Folgen betrieblichen<br />
Wandels wahr: Das von den Männern als zentraler Bestandteil der betrieblichen Kultur<br />
beschriebene „soziale Netz“ des Unternehmens vermissen diese Frauen nicht. Wie aus<br />
ihren Voten deutlich wird, stellte sich für sie das an die betrieblichen Hierarchien geknüpfte<br />
Beziehungsgeflecht nämlich nicht nur als männlich dominiert und für sie weitestgehend<br />
unzugänglich dar, auf dem Hintergrund ihrer betrieblichen Karrieren haben<br />
sie es zudem in der Regel weniger als Qualität, d.h. als Basis verbindlicher Vereinbarungen<br />
und sozialer Unterstützung, als vielmehr als Ursache für die Intransparenz und<br />
Willkür von Entscheidungsprozessen erlebt:<br />
Cf: also noch vor drei vier Jahren hat man fast nicht nein sagen können (.) ich kann<br />
mich erinnern als man mich mal gefragt hat ob ich auf die Generaldirektion wechseln<br />
will und offiziell hätten sie mir nicht sagen dürfen um was für eine Stelle es<br />
sich handelt also ich hätte blindlings einfach die Bereitschaft haben müssen von<br />
(X-Stadt) nach (Y-Stadt) arbeiten zu gehen ohne zu wissen um was es geht und (...)<br />
ich glaube es hat damals schon einen Unterschied gegeben was man offiziell hätte<br />
sollen und hätte dürfen nämlich keine Offenheit und zwar im Versteckten eine