Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag
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<strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001) 23<br />
Am: 5 die Männer die haben alle ein unheimlich eingebranntes Bild in ihrem Kopf von<br />
einem hierarchischen Unternehmen wo alles bestens geregelt ist wir haben mal einen<br />
Generaldirektor gehabt der hat das so charakterisiert die (Unternehmensname)<br />
ist eine Kreuzung zwischen Militär und Katholischer Kirche also zwei streng hierarchisch<br />
organisierte Sachen das ist also eine überpotenzierte Hierarchie (.) nicht<br />
so sehr dass wir in unseren Umgangsformen sehr hierarchisch sind aber in der<br />
Denkweise stark rollenbezogen und zu jeder Rolle gehört ein bestimmtes Bild und<br />
eine Funktion und solange die stimmt macht man seine Arbeit und geht man da nur<br />
ein bisschen dran kratzen dann merkt man als erstes unheimliche Widerstände (.)<br />
und sehr rasch wird man direkt angefeindet also man tut einem unterstellen man täte<br />
(Unternehmensname) in Frage stellen also es wird sehr schnell ideologisch (.)<br />
und in dem Bereich sind Frauen (.) so wie ich sie kenne grundsätzlich anders strukturiert<br />
in der Denkweise also nicht so stur hierarchisch sondern man geht anders<br />
aufeinander zu und sie sind dann (.) ich stell mir vor sie müssen dann direkt wie<br />
Sprengstoff wirken an den verschiedenen Orten ich würde es mir wünschen dass<br />
sie so sind<br />
Aus dieser Sicht kommen Frauen deshalb als Motor des Aufbruchs in Betracht, da<br />
sie sich weniger an den in der Tradition männlicher Zusammenarbeit ausgebildeten<br />
Verhaltens- und Kommunikationsregeln orientieren, die nun das Unternehmen zu ersticken<br />
drohen. Die weiblichen Handlungsspielräume, so die Annahme, resultieren dabei<br />
gewissermaßen aus ihrem bisherigen Ausschluss aus den Betrieben. Gerade für die Bewältigung<br />
von Aufgaben auf der Ebene leitender Funktionen konnten sich Frauen deshalb<br />
Eigenschaften bewahren, mit denen sie den von Männern in Militär und Betriebsorganisationen<br />
erworbenen Einstellungen und Verhaltensmustern eine die Modernisierung<br />
des Unternehmens unterstützende „Unkonventionalität“ entgegenhalten. Aufgrund<br />
ihrer bisher mangelnden betrieblichen Sozialisation treiben sie potenziell die Neuausrichtung<br />
des Unternehmens voran, indem sie die „Normalität“ betrieblicher Traditionen<br />
und Orientierungen aufbrechen, „offener für Neuerungen“ und weniger ängstlich im<br />
Umgang mit Veränderungen sind. In diesem Sinne – so die Hoffnung – „müssen (Frauen)<br />
dann direkt wie Sprengstoff wirken“.<br />
In den Stellungnahmen der anwesenden Männer dokumentieren sich dabei allerdings<br />
Haltungen, die sich als Gegenposition zu den dominanten betrieblichen Orientierungen<br />
verstehen und nicht zuletzt deshalb die Allianz mit den anwesenden Vertreterinnen<br />
der weiblichen Minderheit im Unternehmen suchen. Im Effekt soll die vermehrte<br />
Integration von Frauen auch für sie „befreiend“ wirken. Deutlich wird in der Gesprächsrunde,<br />
dass sich nicht nur die weiblichen Führungskräfte im derzeitigen Führungs- und<br />
Arbeitsumfeld oftmals in ihrer Initiative gebremst empfinden, auch die männlichen Kader<br />
der Gruppe, die sich zu vehementen Befürwortern des Wandels zählen, geraten of-<br />
5 Die Folge, in der die Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer das Wort ergreifen, ist mit<br />
dem Alphabet gekennzeichnet (A = erste sprechende Person); das Geschlecht der Sprechenden<br />
markieren die Buchstaben 'm' oder 'f' (maskulin oder feminin). Die Diskussionen sind<br />
hier ausschließlich unter Angabe von Pausen (.), parasprachlichen Äußerungen (lacht) sowie<br />
Betonungen (positiv) verschriftet und sprachlich leicht geglättet.