Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag
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30 <strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001)<br />
Die weibliche „Freiheit zum Ausstieg“ – oder:<br />
Geschlechtergleichstellung als Diskriminierung von Männern<br />
Aus Reorganisationsprozessen kann schließlich ausdrückliche Ablehnung von<br />
Gleichstellungsmaßnahmen erwachsen, nimmt in der Wahrnehmung der Betroffenen<br />
die Unberechenbarkeit und Unkontrollierbarkeit des Geschehens überhand. Ist dies der<br />
Fall, steht nicht mehr nur die Bewältigung von Anforderungen zur Diskussion, wie sie<br />
aus der Veränderung betrieblicher Strukturen, Prozesse oder Werteorientierungen entstehen,<br />
sondern die berufliche Existenz auf dem Spiel. Dann findet eine aktive Ausgrenzung<br />
von Frauen statt, an der auch weibliche Kader beteiligt sind. Diesen Schluss erlaubt<br />
die Rekonstruktion kollektiver Orientierungen in Diskussion unter Führungskräften<br />
eines global orientierten Dienstleistungsunternehmens, das sich in den vergangenen<br />
Jahren fortgesetzt Reorganisationen unterzog. Dieser Prozess geht mit dem Verlust des<br />
Arbeitsplatzes großer Teile der Mitarbeiterschaft, darunter insbesondere jener des mittleren<br />
Kaders einher.<br />
Mittelpunkt dieses Gesprächs bildet zunächst die Frage, wie auf die betrieblichen<br />
Entwicklungen, auf die keine Einflussnahme mehr möglich erscheint („wir werden ja<br />
nicht gefragt“) und die mehrfach als „gefährlich“ sowie als „Katastrophe“ apostrophiert<br />
werden, überhaupt noch reagiert werden kann. Zum einen geht es dabei um die Bewältigung<br />
der aktuellen Arbeitsbedingungen, die durch ein Übermaß an Belastungen charakterisiert<br />
sind. Diese entstehen nicht nur aufgrund eines über mehrere Monate währenden<br />
überdurchschnittlichen Arbeitseinsatzes, sondern insbesondere durch die fehlende<br />
Vorhersehbarkeit der ganz persönlichen Situation:<br />
Cm: die Tendenz ist ja heute ein kurzfristiges Denken man redet ja z.T. sogar von<br />
Schließung man weiß ja es ist etwas am tun man weiß nicht kann ich an dem Platz<br />
bleiben<br />
Af: ja<br />
Cm: drum eben es ist irgendwie früher hat man immer noch bei einer Frau hat man immer<br />
na mit 30 Jahren hat sie dann ein Kind dann also kann man sie gar nicht befördern<br />
aber heute ist alles so kurzfristig auch ein Mann theoretisch wird abgeschnitten<br />
unter Umständen also es ist irgendwie ich find die ganze Unternehmenskultur<br />
die wir hatten wo noch jeder ein Engagement gehabt hat<br />
Af: mhmh<br />
Cm: und sich fast noch ein bisschen verpflichtet gefühlt hat<br />
Af: mhm mhm<br />
Cm: also ich muss euch sagen vor ja in der alten Firma da bin ich irgendwie der schulde<br />
ich irgendwie noch etwas und heute wie die mit uns umgehen oder mit den Mitarbeitern<br />
umgehen muss ich sagen ja (.) so wir die mit mir umgehen da profitiere ich<br />
und wenn ich nicht mehr profitiere gehe ich und das ist heute ein bisschen das<br />
Denken allgemein<br />
Af: mhmh ja<br />
Cm: das kurzfristige und das macht mich fertig<br />
Als Anzeichen der verschärften Bedingungen wird auch hier wiederum von männlicher<br />
Seite die Angleichung männlicher Berufsbiographien an die Brüche und Chan-