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Brigitte Liebig - Rainer Hampp Verlag

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34 <strong>Brigitte</strong> <strong>Liebig</strong>: Katalysator des Wandels oder verschärfte Konkurrenz? (ZfP 1/2001)<br />

gen an die Veränderungsbereitschaft der Belegschaft gestellt werden. Bereits bei einem<br />

gewissermaßen ‘mittleren Anforderungsniveau’, so illustrieren die Fallrekonstruktionen,<br />

tendieren männliche Kader (besonders der älteren Generation) zur Abwehr weiblicher<br />

Integrationsbemühungen, da ihnen subjektiv durch den Umbau ehemalige soziale und<br />

kulturelle Ressourcen bzw. Privilegien verloren gehen. Der männliche Widerstand gegen<br />

die betrieblichen Transformationen geht dann Hand in Hand mit ambivalenten<br />

wenn nicht sogar ablehnenden Positionen zur Gleichstellungsförderung, da letztere angesichts<br />

der erfolgenden Vereinheitlichung berufs- und karrierebezogener Voraussetzungen<br />

der Geschlechter die innerbetriebliche Konkurrenz potenziert. Deutlich wird in<br />

diesem Zusammenhang aber auch, dass vielfach weibliche Führungskräfte – nicht zuletzt<br />

auf dem Hintergrund bis anhin ungleicher beruflicher Chancenstrukturen – dem<br />

Wandel und seinen Anforderungen mit deutlich größerer Zustimmung bis hin zu hoffnungsvollen<br />

Erwartungen begegnen, und dass sie allein aufgrund diese Mehr an kulturellen<br />

Ressourcen für die Unternehmen als Agentinnen des Wandels wirken können. Ihr<br />

innovatives Potenzial, so ist zu vermuten, kann betrieblich aber nur umgesetzt werden,<br />

wenn sich diese Frauen gegenseitig den Rücken stärken. Und ohne die Zustimmung der<br />

Kollegen vermögen sie voraussichtlich selbst bei größeren Anstrengungen auf der Ebene<br />

struktureller Maßnahmen der Gleichstellung nicht zu Gewinnerinnen der aktuellen<br />

Transformationen zu werden.<br />

Besonders wenn ein Übermaß an Unsicherheit die Möglichkeiten zur Mitgestaltung<br />

und Antizipation des betrieblichen Geschehens überwiegt, tendieren männliche<br />

Führungskräfte nämlich zur Schließung der eigenen Reihen. Ganz grundsätzlich stehen<br />

dann nicht mehr die Ziele des Unternehmens, sondern die Sorgen um die persönliche<br />

berufliche Zukunft im Vordergrund. Der Reorganisationsprozess geht dann mit zentrifugalen<br />

Kräften einher, in denen das Überleben der Einzelnen an zentraler Bedeutung<br />

gewinnt. Während Investitionen für die betriebliche Gemeinschaft geringer werden, setzen<br />

Neigungen zur Abwanderung und Verteilungskämpfe um Arbeitsplätze ein. Wissenskreative<br />

Prozesse, die der Bewältigung des Umbruchs wie einer Neuorientierung<br />

zuarbeiten, können in diesem Kontext nicht mehr entstehen. Vielmehr sind Ausstiegsphantasien,<br />

Passivität und Motivationsverlust, depressive Verstimmungen bis hin zu<br />

körperlichen Symptomen zu beobachten, wie sie sich im Kontext sozialpsychologischer<br />

Forschung als Folgen der „erlernten Hilflosigkeit“ (Seligman 1992) beschrieben finden.<br />

Auch im Verhältnis der Geschlechter, so verdeutlicht die Analyse, treten dann sozusagen<br />

‘Notstandsgesetze’ in Kraft, findet eine Rückbesinnung auf Grundsätzliches, im<br />

Sinne eines Rückgriffs auf traditionelle Denkmuster der sozialen Geschlechterordnung<br />

statt. Gleichzeitig schränkt sich der Verhandlungsspielraum von Frauen ein, werden die<br />

Impulse und Potenziale, die sie unter günstigeren Bedingungen in den Transformationsprozess<br />

einbringen, in den Hintergrund gedrängt. Anstelle dessen kommt es zum Phänomen<br />

der „Selbsteliminierung“ (Bourdieu/Passeron 1971), stellen Frauen freiwillig ihre<br />

beruflichen Interessen hinter diejenigen der Männer zurück, während letztere ihren<br />

legitimen Anspruch auf einen Arbeitsplatz einfordern. Das heißt, selbst ein betriebliches<br />

Umfeld, das über gezielte Maßnahmen zur Gleichstellung und Frauenförderung verfügt,<br />

kehrt sich dann gleichsam wieder in einen voremanzipierten Zustand.

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