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wir heldsdörfer - brief unserer hg - pfingsten 2013 - Heldsdorf

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Traum eines Flügelhorns<br />

Helli Scheip<br />

Es gab einmal vor langer Zeit ein<br />

Flügelhorn, das tief und fest<br />

schlief. Es war vom vielen Musik<br />

Machen müde geworden. Eines Tages<br />

jedoch nach langer, sehr langer Zeit<br />

schlug es die Augen auf. Lautes<br />

Stimmengemurmel hatte es geweckt.<br />

Vom hellen Licht geblendet musste es<br />

die Augen wieder schließen.<br />

"Was ist das? Wo bin ich? Wie lange hab<br />

ich geschlafen?" Tausend Fragen gingen<br />

ihm durch den Kopf. Es versuchte noch<br />

einmal, die Augen zu öffnen, diesmal nur<br />

einen kleinen Spalt. Es blinzelte. "Ja, so<br />

geht es, so ist es nicht mehr so hell. Aber<br />

wo bin ich hier? Ich bin in einem<br />

Glaskasten gefangen! Hilfe!! Hört mich<br />

denn keiner? Wo ist mein Bläser? Wie<br />

sehe ich eigentlich aus? Ich bin ja ganz<br />

verbeult, mir fehlen Klappen und ein Teil<br />

meines schönen Körpers und mein<br />

leuchtender Silberglanz ist weg. Was ist<br />

mit mir geschehen?"<br />

Vor lauter Entsetzen schloss das<br />

Flügelhom wieder die Augen. Tränen liefen<br />

ihm aus den geschlossenen Augen.<br />

Und während es leise weinte, schlief es<br />

erschöpft wieder ein. Es träumte von der<br />

Musikkapelle in <strong>Heldsdorf</strong>. Was für eine<br />

schöne Musik es früher gemeinsam mit<br />

den anderen Blasmusikinstrumenten<br />

gemacht hatte. Die Menschen waren froh<br />

gewesen und hatten getanzt. Es war eine<br />

Zeit, in der alle zusammen gehalten und<br />

sich gegenseitig geholfen hatten.<br />

Eines Tages jedoch machte der Bläser<br />

des Flügelhorns eine lange Reise nach<br />

Brasilien und nahm sein geliebtes<br />

Instrument mit, um dort auch so schöne<br />

Musik zu machen. Aber die Musik, die sie<br />

beide dort machten, hörte sich nicht so<br />

gut an. Das Flügelhorn bekam Heimweh<br />

und wollte wieder nach <strong>Heldsdorf</strong><br />

zurück.<br />

So geschah es. Nach vielen Jahren in<br />

Brasilien brachte der Bläser das<br />

Flügelhorn wieder nach <strong>Heldsdorf</strong><br />

zurück zu seinem besten Freund, der<br />

auch schöne Musik machen wollte.<br />

Langsam geriet es jedoch in<br />

Vergessenheit. Bis eines Tages Betty, die<br />

Urenkelin des Bläsers, aus Brasilien nach<br />

Berlin umzog und sich bei ihrem<br />

Verwandten Hermann Klein in <strong>Heldsdorf</strong><br />

nach dem Flügelhom erkundigte....<br />

Er konnte es tatsächlich finden und so<br />

wanderte es auf recht abenteuerlichem<br />

Weg nach Eberswalde in die damalige<br />

DDR. Bei mir hatte es lange Zeit einen<br />

Ehrenplatz im Wohnzimmer in der<br />

Die Erklärung zum Motiv auf der Weihnachtskarte der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung: "Das Flügelhorn diente in einer siebenbürgischen<br />

Dorfgemeinde seit dem 19. Jahrhundert dem gemeinsamen Musizieren bei Gottesdiensten und Festen. Es gehörte einer Familie, die 1906<br />

nach Brasilien auswanderte. 18 Jahre später brachte ein Mitglied der Familie das Instrument während eies Besuchs in seinen Heimatort zurück<br />

und schenkte es der Dorfgemeinde. In den 1980er Jahren gehörte das Instrument dann zum Gepäck einer Familie, die aufgrund der politischen<br />

Verhältnisse in Rumänien nach Deutschland aussiedelte. Dort wurde das Flügelhorn als Erinnerungsstück an die alte Heimat aufbewahrt. Vor einigen<br />

Jahren kehrte es schließlich wieder in den Besitz einer Enkelin der Brasilien-Auswanderer zurück."<br />

40<br />

Wir Heldsdörfer<br />

Sonstiges

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