CHANCEN - Das KfW-Magazin für Entscheider (Ausgabe Herbst ...

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HANDELN aktiver Hobbymaler, liebt die lauen Sommernächte, in denen er im Garten sitzt, dem sanften Rauschen der Ilz lauscht und den Rauch seiner Zigarre in die Dunkelheit bläst. Doch in der Nacht des 4. Juni kauert der 78-Jährige erschöpft mit seiner Frau im Dachgeschoss. Die Flut hält die Rentner in ihrem Haus gefangen. »Ohne Strom waren wir von der Außenwelt abgeschnitten.« Den ganzen Tag über hatten die Rübsams Wasser aus dem Wohnzimmer geschöpft, und trotzdem stieg es Treppenstufe um Treppenstufe. »Ein grausamer Anblick.« Am Dienstag zieht sich die Flut zurück – übrig bleibt ein Trümmerhaufen. »Die Schränke waren zerstört, die Möbel verkeilt und an der Decke klebten Spielkarten, die uns vor die Füße fielen«, erinnert sich Margit Rübsam. Das Schicksal hat die Karten neu gemischt. Der Altersruhesitz ist jetzt eine Baustelle. »Der Schaden beläuft sich auf etwa 90.000 Euro.« Die Rübsams erhalten Spenden von der Stadt und einen Kredit von der KfW. Sie blicken nach vorne: »Die Abbruchphase ist überstanden, jetzt kommt der Aufbau.« Doch der tägliche Blick auf die Ilz nährt die bange Frage: Wann kommt das nächste Hochwasser? »Noch so eine Flut, das überstehen wir nicht – emotional und finanziell.« Ein Hotel versinkt SONNTAG, 2. JUNI, Hotel Residenz: Das Wasser der Donau kommt geräuschlos, aber mit gewaltiger Kraft. Das Viersternehotel an der Fritz-Schäffer- Promenade steht an vorderster Front, direkt an der Donau. Die Touristen sind ausquartiert, die üblichen Vorkehrungsmaßnahmen bereits getroffen, als die Hotelbesitzer Petra und Wilhelm von Jaruntowski eine dunkle Vorahnung beschleicht: Was ist, wenn das Wasser höher steigt als prognostiziert? 7,80 Meter – »das ist für uns Routine«. Bis 9,50 Meter sei das Hotel, das das Ehepaar seit sechs Jahren leitet, hochwassersicher. Doch es bleibt nicht dabei. »Am Sonntag konnten wir zusehen, wie das Wasser immer weiter stieg.« Die Hotelbesitzer tragen zusammen mit ihren Mitarbeitern die wichtigsten Sachen in den 15 Meter hoch liegenden zweiten Stock, bis ein Boot der Wasserwacht sie abholt und die Räumarbeiten beendet. »Wir wurden quasi zwangsevakuiert«, erinnert sich Petra von Jaruntowski. Enttäuschung und Verzweiflung liegen in ihrer Stimme. »Wir hätten noch viel mehr retten können.« In der Nacht von Sonntag auf Montag dann die Nachricht: Das Wasser steigt womöglich über 13 Meter. Wilhelm von Jaruntowski lässt sich mit einem Boot SPUREN DER FLUT Das Hochwasser hat im Hotel Residenz einen Schaden in Millionenhöhe verursacht. Die Feuchtigkeit ist nur schwer aus den Wänden herauszubekommen zum Hotel fahren, um den ohnehin sehr hoch stehenden Anlagenserver ebenfalls in den zweiten Stock zu schaffen. Mit einer Taschenlampe bewaffnet, watet er durch die Dunkelheit. »Die Strömung hat Schränke herausgerissen und Scheiben zerbrochen. Möbelstücke schwammen umher, der ganze erste Stock war abgesoffen.« Das Hotel erinnert ihn an »ein sinkendes Schiff«. Täglich das Chaos verwalten MONTAG, 12. AUGUST, Frühstücksraum im Hotel Residenz, Erdgeschoss: Feuchtigkeit liegt in der Luft. »Knusprige Brötchen fallen in Windeseile ein«, sagt Wilhelm Jaruntowski. Seine Frau lächelt gequält. Die Hotelbesitzer sind ein attraktives Paar – doch das perfekte Make-up der blonden Hotelfachfrau und das charmante Lächeln des Juristen verbergen ihre Angespanntheit nicht. Handwerker gehen ein und aus. Es wird gebohrt und gehämmert. Offene Kabel 34 | CHANCEN Aufbruch
UNFREIWILLIGER NEUANFANG Seit der Flut gehen Handwerker im Hotel ein und aus. Mit Geld von der KfW verwandeln die Betreiber ihr Haus wieder in einen Ort, an dem sich Gäste wohlfühlen hängen von der Decke. »Wir haben einen Millionenschaden«, sagt Petra von Jaruntowski langsam. »Das Hotel ist unsere Existenz«, fügt ihr Mann hinzu. Der Schock sitzt tief, das sieht und hört man. Zurückblicken helfe nichts – »sonst kann ich gleich in die Klapse«, sagt Wilhelm von Jaruntowski. »Oder uns für Hartz IV anmelden«, ergänzt seine Frau. Die Hoteliers wandeln ihre Enttäuschung über das Schicksal in Sarkasmus um – und in Energie für den Wiederaufbau. Vom Land haben die Hoteliers einen Zuschuss über 200.000 Euro bekommen, von der KfW ein Darlehen über 300.000 Euro. »Ohne diese finanzielle Unterstützung könnten wir einpacken.« Auf der Terrasse des Hotels sitzen drei Frauen beim Kaffeekränzchen mit Blick auf die Donau, die an diesem strahlenden Sommertag friedlich und träge ihre begradigten Bahnen zieht. Die Touristen kommen wieder. »Wir sind fast ausgebucht, trotz Baustelle«, sagt Petra von Jaruntowski. Das Leben in Passau geht weiter. WASSERSTRASSE STATT BÜRGERSTEIG Wo sonst Passanten entlanglaufen, fuhren während des Hochwassers Rettungsboote. Viele Bürger mussten aus ihren Häusern fliehen 35
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