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CHANCEN - Das KfW-Magazin für Entscheider (Ausgabe Herbst ...

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AUSGABE<br />

HERBST/ WINTER 2013<br />

Thema<br />

Aufbruch<br />

Wie die Schifffahrt<br />

grüner wird<br />

Braucht Europa einen<br />

neuen Marshallplan?<br />

Die Nachfolger<br />

der BRICS-Staaten<br />

Nach der Flut fängt<br />

Passau von vorne an


∆Ich wusste immer, was ich werden<br />

wollte: mein eigener Chef.<br />

Mit einer <strong>KfW</strong>-Förderung <strong>für</strong> Gründer.<br />

Handwerksbetrieb, Praxis oder eigener Laden. Egal ob Sie ein Unternehmen neu<br />

gründen, als Nachfolger übernehmen oder innerhalb der ersten drei Jahre erweitern:<br />

Als größte deutsche Förderbank unterstützt die <strong>KfW</strong> Ihr Vorhaben mit staatlich geförderten<br />

Krediten und Beratungskostenzuschüssen. So erhalten Sie bis zu 10 Mio. EUR<br />

ab 1,00 % eff. Jahreszins*, um Ihre Ideen zu verwirklichen und nachhaltig Arbeitsplätze<br />

zu schaffen. Lassen auch Sie sich von der <strong>KfW</strong> fördern! Mehr Informationen bei Ihrem<br />

Finanzierungspartner** oder auf www.kfw.de/gruenden<br />

* Für einen ERP-Gründerkredit – Universell in Höhe von z. B. 200.000 EUR gelten in der Risikoklasse E folgende Konditionen: 2,70 % Sollzins p. a. und 2,73 % Effektivzins p. a. bei<br />

10 Jahren Laufzeit, 2 tilgungsfreien Anlaufjahren und 10-jähriger Zinsbindung. Für ein Darlehen im ERP-Gründerkredit – StartGeld gelten einheitlich: 3,20 % Sollzins p. a. und<br />

3,25 % Effektivzins p. a. in der gleichen Laufzeitvariante, maximaler Kreditbetrag 100.000 EUR. (Stand 08.11.2013)<br />

** Finanzierungspartner sind Geschäftsbanken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Direktbanken.


Los geht’s!<br />

AUFBRUCH<br />

Till F. Braun von FutureShip zeigt<br />

Reedern, wie sie ihre Schiffe<br />

energieeffizienter machen können,<br />

indem sie zum Beispiel Tempo<br />

rausnehmen. Im Hamburger<br />

Hafen hat er unserem Redakteur<br />

Sven Appel erklärt, worauf es<br />

beim Green Shipping ankommt.<br />

Michael Oehlmann war mit<br />

seiner Kamera dabei (Seite 22)<br />

Ein Berliner Jungunternehmer bricht auf, um Tausende afrikanische<br />

Haushalte mit Solarstrom zu versorgen. Eine Familie zieht<br />

von Frankfurt nach Indien, damit der Vater vor Ort Entwicklungsprojekte<br />

anstoßen kann. Geschichten wie diese zeigen, wie<br />

Menschen Neues beginnen und Dinge entschlossen vorantreiben.<br />

Ohne ihre Tatkraft gäbe es keine Entwicklung. Unser <strong>Magazin</strong><br />

›Chancen‹ erzählt diese Geschichten des Aufbruchs und steht<br />

dabei selbst <strong>für</strong> einen Aufbruch – den der <strong>KfW</strong>. Wir haben in den<br />

vergangenen Monaten unser Profil geschärft und unser Erscheinungsbild<br />

modernisiert. Auch ›Chancen‹ ist neu. <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

liefert im Kapitel REDEN Beiträge zu aktuellen gesellschaftlichen<br />

Debatten und zeigt im Kapitel HANDELN anhand von eindrucksvollen<br />

Projektbeispielen, dass wir unseren Worten Taten folgen<br />

lassen: Die <strong>KfW</strong> ist im In- und Ausland ein wichtiger Akteur, der<br />

nachhaltige Entwicklung vorantreibt. Als ›Bank aus Verantwortung‹<br />

unterstützen wir Menschen in aller Welt dabei, aufzubrechen<br />

und verantwortungsvoll zu handeln. In einem bewegenden<br />

Beitrag erzählen Hochwasseropfer aus Passau, wie sie nach der<br />

Katastrophe ihre Häuser und Unter nehmen wieder aufbauen –<br />

aufzugeben ist <strong>für</strong> sie keine Option (Seite 30). Diese Maxime<br />

galt nach dem Zweiten Weltkrieg <strong>für</strong> einen ganzen Kontinent:<br />

65 Jahre ist es her, dass der Marshallplan anlief und damit in<br />

Deutschland auch den Grundstein <strong>für</strong> die <strong>KfW</strong> legte (Seite 12).<br />

Ist es angesichts der Krise in Europa Zeit <strong>für</strong> einen neuen<br />

Marshallplan? Der <strong>KfW</strong>-Chefvolkswirt diskutiert darüber mit<br />

dem Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen (Seite 8).<br />

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.<br />

DR. ULRICH SCHRÖDER<br />

Vorstandsvorsitzender der <strong>KfW</strong> Bankengruppe<br />

PS: Sie möchten mit uns über Themen aus dem <strong>Magazin</strong><br />

diskutieren oder haben Fragen? Dann schreiben Sie an<br />

chancen-redaktion@kfw.de.


8<br />

Die Zukunft der Europäischen Union<br />

Prof. Dr. Christoph M. Schmidt und<br />

Dr. Jörg Zeuner diskutieren<br />

über Europas Weg aus der Krise<br />

12<br />

Finanzielle Hilfe<br />

aus Übersee<br />

Wie der Marshallplan nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg<br />

die europäische Wirtschaft<br />

wieder ankurbelte<br />

30<br />

<strong>Das</strong> große Aufräumen nach dem Hochwasser<br />

Die Bürger von Passau beseitigen die Spuren der Flut<br />

und blicken der Zukunft positiv entgegen<br />

4 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Inhalt<br />

6<br />

Portfolio<br />

20<br />

Die Nachfolger der BRICS-Staaten<br />

Die Wachstumsraten der fünf Schwellenländer<br />

sind rückläufig. Es ist Zeit, sich auf<br />

neue Märkte zu konzentrieren<br />

8<br />

12<br />

17<br />

18<br />

20<br />

REDEN<br />

Braucht Europa einen<br />

neuen Marshallplan?<br />

Der oberste Wirtschaftsweise und der<br />

Chefökonom der <strong>KfW</strong> sind sich uneins<br />

Anschub aus Amerika<br />

Vor 65 Jahren brachte der Marshallplan<br />

den Europäern Hoffnung – ein Rückblick<br />

Nicht aufbrechen macht dick<br />

Warum sich Jörg Thadeusz mit dem Aufbrechen<br />

so schwertut<br />

Die Beweggründe der Gründer<br />

Zahlen zeigen, warum Selbstständige in<br />

Deutschland mehr Unterstützung benötigen<br />

Auf zu neuen Märkten<br />

Die BRICS-Staaten verlieren an Tempo.<br />

Auf wen sich der Fokus jetzt richtet<br />

39<br />

Von Frankfurt nach<br />

Neu-Delhi<br />

Peter Hilliges ist nach Indien<br />

gezogen, um dort Energieund<br />

Umweltprojekte der <strong>KfW</strong><br />

voranzutreiben<br />

22<br />

Die Schifffahrt<br />

wird grüner<br />

Die Branche achtet<br />

stärker denn je<br />

auf Energieeffizienz<br />

22<br />

28<br />

30<br />

36<br />

39<br />

42<br />

HANDELN<br />

Halbe Fahrt voraus<br />

Die internationale Schifffahrt entdeckt<br />

ihr grünes Potenzial<br />

Aufbruch von unten<br />

Kredite <strong>für</strong> Kleinunternehmer helfen, die Länder<br />

des Arabischen Frühlings zu stabilisieren<br />

Die Tatkräftigen<br />

Wie die Menschen in Passau nach dem<br />

Hochwasser neu anfangen<br />

»Unsere Kunden müssen nicht<br />

aufs Stromnetz warten«<br />

Ein Berliner bringt Heim-Solaranlagen nach Afrika<br />

Neues hinter jeder Ecke<br />

Eine vierköpfige Familie ist <strong>für</strong> die <strong>KfW</strong> nach<br />

Indien gezogen<br />

»Ohne ihn hätte ich meinen Beruf<br />

geschwänzt«<br />

Wie ihr damaliger Schulleiter Esther Schweins<br />

<strong>für</strong>s Theater gewann<br />

43<br />

Impressum / Die Links auf der rechten Seite<br />

5


11.400<br />

Studierende<br />

Return<br />

on Invest<br />

haben im ersten Halbjahr 2013 Zusagen <strong>für</strong> den <strong>KfW</strong>-Studienkredit erhalten<br />

und konnten so ins Semester starten. Der Kredit unterstützt sie bei der<br />

Finanzierung des Lebensunterhalts. Seit Jahresanfang sind erstmals auch<br />

Zweitstudien, postgraduale Studien und Promotionen förderfähig. Insgesamt<br />

hat die <strong>KfW</strong> seit dem Programmstart im Jahr 2006 knapp 150.000 Studien -<br />

kredite zugesagt. Die <strong>KfW</strong> plant zusätzlich, einen Fonds zu finanzieren, der<br />

afrikaweit Studienkredite vergibt.<br />

Erste Kooperation<br />

mit ASEAN gestartet<br />

Business-Tipps<br />

per Radio<br />

Händler und Handwerker aus der Demokratischen<br />

Republik Kongo kommen zusammen und tauschen<br />

sich über die alltäglichen Herausforderungen<br />

ihrer Arbeit aus. Andere Gewerbetreibende<br />

hören ihnen zu: in der Radiosendung ›Nzete ya Masolo‹,<br />

was frei übersetzt ›Baum zum Sprechen‹ heißt. Entwickelt<br />

hat das Programm die lokale Nichtregierungsorganisation<br />

Cara mit Unterstützung des Geschäftsbereichs Entwicklungsbank<br />

der <strong>KfW</strong>. Geschätzt 2,5 Millionen Kongolesen<br />

verfolgten die Sendungen, die sich Themen des unternehmerischen<br />

Alltags widmeten: Bankdarlehen, Verhandlungen<br />

mit Zwischenhändlern oder Korruption. Die Radiobeiträge<br />

sollten ihnen neue Impulse liefern und Austausch<br />

und Zusammenarbeit fördern. Alle Sendungen sind unter<br />

www.youtube.com/radiobusinessclub abrufbar.<br />

Südostasien hat eine reiche Tier- und<br />

Pflanzenwelt, doch Bevölkerungwachstum,<br />

Armut und wirtschaftlicher Aufbruch<br />

bedrohen diese Artenvielfalt. Der<br />

Geschäftsbereich Entwicklungsbank der<br />

<strong>KfW</strong> arbeitet nun zum ersten Mal mit<br />

der südostasiatischen Staatengemeinschaft<br />

ASEAN zusammen, um die Biodiversität<br />

in Indonesien und Myanmar<br />

zu erhalten. Zehn Millionen Euro fließen<br />

in ein Programm zur Finanzierung<br />

von Kleinprojekten, die den Menschen<br />

vor Ort helfen und gleichzeitig die Natur<br />

schützen. Dazu gehören zum Beispiel<br />

ökologischer Kaffee- und Reisanbau<br />

sowie Aufforstungen <strong>für</strong> eine nachhaltige<br />

Holzwirtschaft.<br />

6 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


PORTFOLIO<br />

Wenn es Nacht wird in Deutschland, dann drehen sich die<br />

Stromzähler der Kommunen munter – die Stadtbeleuchtung<br />

verschlingt viel Energie. Um das zu ändern, können Kommunen,<br />

die Straßen, Parkplätze, Tiefgaragen oder öffentliche<br />

Freiflächen mit energieeffizienter Beleuchtung ausstatten,<br />

den zinsgünstigen <strong>KfW</strong>-Förderkredit ›IKK – Energetische<br />

Stadtsanierung – Stadtbeleuchtung‹ in Anspruch nehmen.<br />

Seit September sind auch Laternen an Fußgängerüberwegen<br />

und der Austausch der Beleuchtung von Sportanlagen förderfähig.<br />

Zudem sind die zuvor geltenden Förderhöchstbeträge<br />

<strong>für</strong> Leuchten und Masten weggefallen. Viele Kommunen<br />

können allein mithilfe der erzielten Energieeinsparung das<br />

Darlehen tilgen. Weitere Informationen zum Förderkredit<br />

gibt es unter www.kfw.de/215.<br />

Effizientes<br />

Licht<br />

Auf einen Cappuccino:<br />

Digital zum Förderkredit<br />

Fast jeder zweite Bankkunde<br />

schließt seine Bankgeschäfte<br />

heute online<br />

ab. Mit<br />

neuen digitalen Funktionen<br />

will die <strong>KfW</strong><br />

den Weg zum Förderkredit<br />

abkürzen:<br />

Bankberater<br />

können ab Frühjahr<br />

2014 direkt<br />

überprüfen, ob ein<br />

Vorhaben förderfähig<br />

ist. In der Zeit, die der<br />

Kunde braucht, einen Cappuccino<br />

zu trinken, erhält der<br />

Berater die Zu- oder Absage von der <strong>KfW</strong> –<br />

bei der Förderbank heißt das Verfahren<br />

deshalb auch Cappuccino-Prozess.<br />

Dieser Service wird zunächst mit<br />

Pilotpartnern eingeführt.<br />

Den ersten Schritt ihrer<br />

neuen Online-<br />

Strategie ging die<br />

<strong>KfW</strong> bereits im<br />

September: Kunden<br />

können nun<br />

direkt über die<br />

<strong>KfW</strong>-Website Beratungsanfragen<br />

an<br />

Finanzierungspartner<br />

in ihrer Nähe stellen.<br />

Ziel der Digitalisierung ist<br />

es, Kunden schneller über die<br />

Fördermöglichkeiten <strong>für</strong> ihr Vorhaben<br />

zu informieren.<br />

»Wir<br />

vereinbaren<br />

Beruf und<br />

Familie nicht<br />

erst seit heute.<br />

Unsere Kita<br />

ist gerade<br />

40 Jahre alt<br />

geworden.«<br />

<strong>KfW</strong>-Abteilungsdirektorin Susanne Schäfer<br />

bei der Verleihung des Deutschen<br />

Personalwirtschaftspreises an die <strong>KfW</strong>,<br />

die <strong>für</strong> ihr Gender-Balance-Programm<br />

ausgezeichnet wurde.<br />

7


kontra<br />

PROF. DR. CHRISTOPH M. SCHMIDT<br />

ist Deutschlands führender Wirtschaftsweiser.<br />

Seit 2013 steht der Präsident des<br />

Rheinisch-Westfälischen Instituts <strong>für</strong><br />

Wirtschaftsforschung (RWI) an der Spitze<br />

des Sachverständigenrats zur Begutachtung<br />

der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Dem Beratergremium gehört Schmidt, der<br />

Wirtschaftspolitik und angewandte Ökonometrie<br />

an der Ruhr-Universität Bochum<br />

lehrt, bereits seit 2009 an.<br />

REDEN<br />

8 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


pro<br />

DR. JÖRG ZEUNER<br />

ist der Chefvolkswirt der <strong>KfW</strong> Bankengruppe.<br />

Er stieß im September 2012 von<br />

der Liechtensteiner VP Bank zu Deutschlands<br />

drittgrößter Bank. Zuvor war Zeuner<br />

<strong>für</strong> den Internationalen Währungsfonds<br />

(IWF) tätig. Der Ökonom lehrt International<br />

Finance an der Universität St. Gallen.<br />

WORTWECHSEL<br />

Braucht Europa<br />

einen neuen Marshallplan?<br />

Ja, sagt <strong>KfW</strong>-Chefvolkswirt Dr. Jörg Zeuner.<br />

Nein, entgegnet Prof. Dr. Christoph M. Schmidt,<br />

Vorsitzender der Wirtschaftsweisen.<br />

9


REDEN<br />

kontra<br />

»Mein Votum:<br />

Macht die lokalen<br />

Banken fit und<br />

versucht nicht,<br />

sie zu ersetzen.«<br />

Prof. Dr. Christoph M. Schmidt<br />

Herr Zeuner, Sie waren in diesem<br />

Jahr in Griechenland im Urlaub –<br />

welche Eindrücke bringen Sie von<br />

dort mit?<br />

ZEUNER Ich hatte einen sehr schönen<br />

Urlaub, die Griechen waren alle sehr<br />

gastfreundlich. Ich war eindeutig in<br />

Europa und habe nur engagierte, gut ausgebildete<br />

und zumeist positiv denkende<br />

Menschen getroffen. Griechenland<br />

erlebt als Reiseziel eine Renaissance.<br />

<strong>Das</strong> wirkt sich auch bereits positiv<br />

auf den Arbeitsmarkt aus.<br />

Herr Schmidt, wo steht Europa<br />

heute ökonomisch?<br />

SCHMIDT Nachdem die Europäische<br />

Zentralbank vor ungefähr einem Jahr in<br />

einer sehr zugespitzten Situation klargemacht<br />

hat, dass sie alles daransetzen<br />

wird, die Währungsunion zu erhalten,<br />

ist an den Kapitalmärkten die erhoffte<br />

Beruhigung eingetreten. Die Schuldenstaaten<br />

können sich wieder zu vertretbaren<br />

Zinsen refinanzieren. Damit sind<br />

die strukturellen Probleme in den Krisenländern<br />

aber nicht gelöst. Wir haben<br />

momentan eine Situation, in der wir<br />

<strong>für</strong> einen längeren Zeitraum niedrige<br />

Wachstumsraten be<strong>für</strong>chten müssen.<br />

Die Notenbank wird daher ihre quasifiskalische<br />

Rolle bis auf Weiteres nicht<br />

aufgeben. <strong>Das</strong> ist aber noch kein Rezept<br />

<strong>für</strong> ein prosperierendes Europa.<br />

ZEUNER Ich teile Ihre Meinung, dass<br />

das neu gewonnene Vertrauen der<br />

Finanzmärkte in die europäische Währungsunion<br />

dem entschlossenen Eingreifen<br />

der Europäischen Zentralbank<br />

zu verdanken ist. Die Abwärtsspirale<br />

an den Anleihemärkten wurde gestoppt<br />

und die Refinanzierung Italiens und<br />

Spaniens gesichert – seither übernehmen<br />

das wieder die privaten Investoren<br />

und eben nicht die Zentralbank. Damit<br />

wurde erst die Voraussetzung da<strong>für</strong><br />

geschaffen, dass wir heute wieder über<br />

Wachstum reden können. In der Tat ist<br />

damit aber die Wachstumsschwäche<br />

in den Reformländern noch nicht beseitigt.<br />

Im Exportgeschäft mangelt es an<br />

Wett bewerbs fähigkeit. Eine Stimulierung<br />

der Binnenwirtschaft über steigende<br />

Löhne kommt als Alternative<br />

nicht in Betracht, da die Unternehmen<br />

in den betroffenen Ländern ohnehin<br />

Kostenprobleme haben.<br />

SCHMIDT Ja, die Lage ist in der Tat<br />

schwierig. Denn es besteht ja nicht<br />

allein ein Mangel an internationaler<br />

Wettbewerbsfähigkeit in den Krisenländern.<br />

Auch das notwendige Vertrauen<br />

in deren Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit<br />

ist noch nicht wieder<br />

zurückgekehrt. Zudem leiden zu viele<br />

Banken in der Währungsunion noch<br />

unter einer zu geringen Eigenkapitaldecke<br />

und unter Risikokrediten in<br />

einem häufig noch unbekannten Ausmaß.<br />

Erforderlich sind also rigorose<br />

Sparmaßnahmen, eine Restrukturierung<br />

und Rekapitalisierung des Bankensystems<br />

und Strukturreformen. Am besten<br />

sollten die Länder alles gleichzeitig in<br />

Angriff nehmen, aber wir haben gelernt,<br />

dass sich das eine nicht unbedingt mit<br />

dem anderen verträgt. Wenn ich beispielsweise<br />

konso lidiere und damit kurzfristig<br />

Geschwindigkeit aus der Konjunktur<br />

nehme, dann werden natürlich<br />

unerwünschte Nebenwirkungen sichtbar,<br />

die die Krise erst mal verschärfen.<br />

Wo sollten wir ansetzen?<br />

ZEUNER Ich plädiere da<strong>für</strong>, eine Art<br />

Marshallplan <strong>für</strong> Europa aufzulegen.<br />

Der Zugang zu neuem Geld ist vor allem<br />

<strong>für</strong> den Unternehmenssektor entscheidend,<br />

damit die Reformländer wieder<br />

wachsen können. Bisher finanzieren wir<br />

vor allem Altschulden, aber kein Wachstum,<br />

keine zukunftsgerichteten Investitionen.<br />

Aus eigener Kraft schaffen die<br />

Staaten das nur schwer, weil der wirtschaftspolitische<br />

Spielraum bei allen,<br />

also beim Staat, bei den Unternehmen<br />

und bei den Haushalten, fehlt. Die angeschlagenen<br />

Banken können es auch<br />

noch nicht.<br />

SCHMIDT Seien Sie mir jetzt bitte nicht<br />

böse, aber da bin ich skeptisch. Wer im<br />

großen Stil in eine nationale Volkswirtschaft<br />

eingreift, muss sich immer fragen,<br />

ob er da nicht möglicherweise etwas<br />

ersetzt, was ein lokaler Akteur günstiger<br />

könnte. Außerdem zweifele ich daran,<br />

dass gute Entscheidungen ohne ein lokales<br />

Verständnis getroffen werden können.<br />

Meine Vermutung ist, dass zum Beispiel<br />

die europäischen Gelder, die <strong>für</strong> Strukturförderung<br />

ausgegeben worden sind,<br />

nicht wirklich Wachstumseffekte ausgelöst<br />

haben. Ich kann stattdessen dem<br />

Argument viel abgewinnen, in den Krisenländern<br />

möglichst schnell den heimischen<br />

Bankensektor zu restrukturieren<br />

und zu rekapitalisieren. Dann wäre<br />

wieder eher die Chance gegeben, kleine<br />

und mittlere Firmen zu gründen und<br />

bestehende Unternehmen auszubauen.<br />

Mein Votum: Macht die lokalen Banken<br />

fit und versucht nicht, sie zu ersetzen.<br />

ZEUNER Eine Finanzierung über die<br />

Banken im notwendigen Maße ist im<br />

Augenblick ein Wunschbild. Deswegen<br />

existiert in vielen Ländern Europas ja<br />

10 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


pro<br />

»Bisher finanzieren<br />

wir vor allem<br />

Altschulden, aber<br />

keine zukunftsgerichteten<br />

Investitionen.«<br />

Dr. Jörg Zeuner<br />

eine Kreditklemme. Es wird einige Zeit<br />

dauern, bis man das wieder hinbekommt.<br />

Meine Vorstellung ist es übrigens nicht,<br />

Parallelstrukturen aufzubauen, sondern<br />

mit den bestehenden Strukturen zusammenzuarbeiten.<br />

Wir als <strong>KfW</strong> haben das<br />

gerade zwei Mal getan. In Spanien über<br />

eine Refinanzierung von Krediten <strong>für</strong><br />

kleine und mittlere Unternehmen und<br />

in Griechenland in Form eines Fonds,<br />

der sich auch an Unternehmen beteiligt.<br />

Wie wollen Sie denn bei einem<br />

neuen Marshallplan Mitnahmeeffekte<br />

und unsinnige Investitionen<br />

ausschließen?<br />

ZEUNER Unsere eigene historische<br />

Erfahrung zeigt: <strong>Das</strong> muss nicht so kommen.<br />

Deutschlands Wiederaufbau und<br />

Wachstumswunder ist untrennbar mit<br />

dem Marshallplan verbunden. Ich würde<br />

den Fonds nicht als Transfer aufsetzen,<br />

sondern als einen revolvierenden Fonds,<br />

also genau so, wie man damals die Mittel<br />

in Deutschland und Österreich eingesetzt<br />

hat, nämlich als einen Kredit, der<br />

auch zurückgezahlt werden muss. Als<br />

Gegenleistung sollten wir auf Strukturreformen<br />

bestehen. Auch die USA haben<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg signalisiert,<br />

dass sie ein bestimmtes System<br />

im Auge haben. Deshalb war die Finanzierung<br />

Europas ganz klar an Bedingungen<br />

gebunden wie etwa an einen freien<br />

europäischen Markt. Die USA haben<br />

so etwas wie Leitplanken gesetzt auf<br />

dem Weg in die Zukunft. Daran könnten<br />

wir uns heute orientieren.<br />

SCHMIDT Selbst wenn es Ihnen gelingen<br />

sollte, alle Bedenken zu zerstreuen,<br />

Sie vernachlässigen in Ihrem Konzept<br />

einen zentralen politökonomischen<br />

Aspekt: Es ist ja offensichtlich eine rationale<br />

Strategie der Problemländer, auszuharren<br />

und darauf zu setzen, dass<br />

ihre Probleme letztlich doch gemeinschaftlich<br />

gelöst werden. Ihre Repräsentanten<br />

sind sich gewiss, dass es im Notfall<br />

mit der Europäischen Zentralbank<br />

einen Spieler gibt, der einspringt, wenn<br />

sich die Lage wieder verschärft. Diese<br />

Erkenntnis gebietet eine gewisse Vorsicht<br />

in der Debatte über einen neuen<br />

Marshallplan. Deshalb bleibe ich diesbezüglich<br />

überwiegend skeptisch.<br />

Besteht in der jetzigen Situation<br />

nicht auch das Risiko, dass in der<br />

europäischen Familie so intensiv<br />

gepokert wird, dass am Ende nichts<br />

als ein Scherbenhaufen bleibt?<br />

Es geht doch um mehr als einen<br />

Ausweg aus der Krise, es geht um<br />

die Vision eines geeinten Europas.<br />

Ist da nicht doch mehr Solidarität<br />

von denen nötig, die dazu in der<br />

Lage sind?<br />

SCHMIDT Die Frage ist legitim und sie<br />

ist ganz schwer zu beantworten. Auch in<br />

einer Familie ist es häufig verlockend, in<br />

einem Konflikt nachzugeben, um einen<br />

schnellen Frieden zu erzielen. Nur: Wenn<br />

die Probleme damit nicht gelöst werden<br />

und womöglich eines Tages mit Wucht<br />

zurückkehren, war das dann verantwortliches<br />

Handeln? Mein Gefühl ist, dass<br />

noch mehr Solidarität im Augenblick die<br />

ganze Sache zum Kippen bringen würde,<br />

weil sie den erforderlichen Druck abschwächt.<br />

<strong>Das</strong> ist unbestritten ein ganz<br />

feiner Balanceakt.<br />

ZEUNER Manchmal muss man aber<br />

auch nach außen zeigen, dass man sich<br />

nicht scheiden lassen will.<br />

Meine Herren, Sie haben die Lage<br />

in Europa übereinstimmend als<br />

sehr fragil beschrieben. Sie sind<br />

unterschiedlicher Auffassung,<br />

was die Wirksamkeit eines neuen<br />

Marshallplans angeht, ob er den<br />

Aufbruch bringt. Ich bin gespannt,<br />

ob Sie einer Meinung sind, wenn<br />

es um die Frage nach den Perspektiven<br />

der Währungsunion geht:<br />

Wird es Euroland schaffen?<br />

ZEUNER Ja. Wir haben schon viel<br />

erreicht: Viele Reformstaaten decken<br />

ihre laufenden <strong>Ausgabe</strong>n aus den<br />

laufenden Einnahmen, die Länder verbrauchen<br />

heute kaum mehr, als sie<br />

selbst produzieren. Auch die preisliche<br />

Wettbewerbsfähigkeit kommt langsam<br />

zurück und wichtige Strukturreformen<br />

wurden begonnen oder bereits umgesetzt.<br />

Als ich im Urlaub Athen besuchte,<br />

habe ich eine Stadt gesehen, die hoch<br />

entwickelt und arbeitsteilig unterwegs<br />

ist und dadurch im internationalen<br />

Vergleich produktiv. Auf dieser Basis<br />

wird es Europa schaffen.<br />

SCHMIDT Ich bin überzeugt, dass die<br />

Europäer die Errungenschaften eines<br />

friedlichen Europas, das im Laufe der<br />

Jahrzehnte immer enger zusammengewachsen<br />

ist, nicht fallen lassen<br />

werden. Ob man dabei allerdings sehr<br />

erfolgreich ist im Hinblick auf das<br />

Schaffen von Prosperität, die Absicherung<br />

von Lebensrisiken, im Hinblick<br />

darauf, welches weltpolitische Gewicht<br />

wir in Zukunft haben werden, das ist<br />

eine Frage, die, glaube ich, offen ist.<br />

Es drohen uns, wenn sich nicht vieles<br />

verbessert, lange Jahre moderaten oder<br />

unbefriedigenden Wachstums. Dann<br />

gibt es zwar ein gemeinsames Europa,<br />

aber es ist dann nicht das Europa, das<br />

es sein könnte. Auch wenn ich hoffe,<br />

dass Ihre Einschätzung zutrifft, Herr<br />

Zeuner, bin ich daher leider nicht ganz<br />

so optimistisch.<br />

Moderation: Bernd Salzmann<br />

Kommentare an:<br />

chancen-wortwechsel@kfw.de<br />

11


REDEN<br />

Anschub<br />

aus<br />

Vor 65 Jahren lief in Europa der Marshallplan an. Er sollte<br />

dem kriegszerstörten Kontinent wieder auf die Beine helfen.<br />

Deutschland profitiert noch heute von den Mitteln aus dem<br />

größten zivilen Aufbauprogramm der Geschichte.<br />

Text: Ulrike Wronski<br />

PREISGEKRÖNT<br />

US-Außenminister George C. Marshall<br />

erhielt <strong>für</strong> den nach ihm benannten<br />

Marshallplan 1953 den Friedensnobelpreis<br />

Der Krieg ist vorbei, doch die Not noch mehrere<br />

Jahre lang ständiger Begleiter der Deutschen.<br />

Die Bombenangriffe der Alliierten haben ein Viertel<br />

der Wohnungen zerstört oder schwer beschädigt.<br />

Ausgebombte, Kriegswaisen, Flüchtlinge, Vertriebene<br />

und Heimkehrer suchen nach Obdach. Die über Lebensmittelkarten<br />

zugeteilten Kalorien reichen nicht aus, Heizmaterial<br />

ist äußerst knapp. Ein jeder kämpft ums Überleben. Auch<br />

andere Nationen Europas haben unter immensen Kriegsfolgen<br />

zu leiden. Die Briten können kaum die Kosten <strong>für</strong> die<br />

Besetzung Deutschlands aufbringen.<br />

In dieser Situation klingt der Plan des amerikanischen<br />

Außenministers George C. Marshall wie eine Verheißung.<br />

Er verkündet im Juni 1947 in einer Rede an der Harvard-<br />

Uni versität ein wirtschaftliches Aufbauprogramm <strong>für</strong> Europa:<br />

das European Recovery Program (ERP), später von allen nur<br />

Marshallplan genannt. Der Kontinent benötige angesichts der<br />

großen Not zusätzliche Hilfen, sonst werde er einen schweren<br />

wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zerfall erleben,<br />

warnt Marshall.<br />

16 Länder beziehen Hilfsmittel<br />

Lebensmittel, Rohstoffe und Sachgüter im Wert von fast<br />

14 Milliarden Dollar sollen dabei helfen, den zerstörten<br />

Kontinent wieder aufzubauen. 1948 starten die Lieferungen.<br />

16 Länder beziehen Hilfsmittel. Osteuropa nimmt nicht teil,<br />

denn der Kalte Krieg hat bereits begonnen. Großbritannien<br />

erhält 25 Prozent, Frankreich 20 Prozent, Westdeutschland<br />

zehn Prozent. Auch kleinere Länder wie Griechenland und<br />

Belgien sind in das Programm eingebunden.<br />

12 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


GEMEINSAM FÜR EIN STARKES EUROPA<br />

Die USA versorgten insgesamt 16 europäische Länder mit Lebensmitteln,<br />

Rohstoffen und Sachgütern im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar<br />

13


REDEN<br />

WIEDER EIN DACH<br />

ÜBER DEM KOPF<br />

Mithilfe des Marshallplans<br />

wurden neue Wohnhäuser<br />

und Fabriken errichtet<br />

Statt das Geld wie mit der Gießkanne zu verteilen, setzt<br />

der Marshallplan von Anfang an auf Hilfe zur Selbsthilfe.<br />

Die Staaten sollen eigenständig festlegen, wie sie sich den<br />

Wiederaufbau vorstellen. Die Lieferungen umfassen vor<br />

allem Nahrung, Treibstoff und Medikamente. Den Gegenwert<br />

dieser Importe zahlen die Länder in sogenannte<br />

Gegenwertfonds ein, mit deren Hilfe der Wiederaufbau<br />

von Infrastruktur und Wirtschaft finanziert wird. Der Wert<br />

der Lieferungen <strong>für</strong> Deutschland beträgt 1,4 Milliarden<br />

Dollar, was heute etwa neun Milliarden Euro entspricht.<br />

Als einziges Land muss Deutschland einen Teil der Mittel<br />

zurück zahlen: eine Milliarde Dollar.<br />

Startkapital <strong>für</strong> die <strong>KfW</strong><br />

Die zweite Besonderheit: Deutschland nutzt den Gegenwertfonds<br />

ab 1949 zur Refinanzierung der Kreditanstalt<br />

<strong>für</strong> Wiederaufbau. Am 18. November 1948 per Gesetz<br />

gegründet, sollte sich die Förderbank zunächst auf dem<br />

deutschen Kapitalmarkt oder aus dem Haushalt der<br />

amerikanisch-britischen Bizone refinanzieren. Erst als<br />

klar wird, dass das nicht funktioniert, bekommt sie<br />

Gegenwertmittel aus dem Marshallplan zugesprochen.<br />

In den Anfangsjahren der <strong>KfW</strong> trifft eine Flut von<br />

Kreditanträgen ein, nicht alle können berücksichtigt<br />

werden. Der Schwerpunkt der Förderung liegt zunächst<br />

14 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


AUF GROSSE M<br />

WERBEFELDZUG<br />

Die USA lobten 1950<br />

einen Plakatwettbewerb<br />

zum Marshallplan aus.<br />

Die farbigen Bilder auf<br />

den Seiten 13 bis 16<br />

zeigen Einsendungen<br />

der Teilnehmer<br />

auf der Energieversorgung und dem Wohnungswesen. Etwa<br />

die Hälfte des Kreditvolumens vergibt die <strong>KfW</strong> an Unternehmen<br />

der Rohstoffindustrie, hauptsächlich <strong>für</strong> die Förderung<br />

von Kohle und Stahl.<br />

Die Phase des Wiederaufbaus dauert bis etwa 1954.<br />

Der Bundesrepublik gelingt es viel schneller als von jedermann<br />

erwartet, zu einem der führenden Industriestaaten<br />

der Welt aufzusteigen. Die Wirtschaft wächst jährlich um<br />

acht Prozent, es herrscht Vollbeschäftigung, ein hoher Dollarkurs<br />

begünstigt den deutschen Export. 1951 wird die Exportfinanzierung<br />

als neue Aufgabe der <strong>KfW</strong> festgeschrieben.<br />

Zwei Jahre später legt der Gesetzgeber fest, dass Tilgungen<br />

und Zinsen des Sondervermögens aus dem Marshallplan<br />

dauerhaft <strong>für</strong> die Förderung der deutschen Wirtschaft eingesetzt<br />

werden sollen. Innerhalb von wenigen Jahren wird<br />

die Bundesrepublik vom hungernden Hilfeempfänger zu einer<br />

Wirtschaftsmacht, die bald selbst Auslandshilfe gewährt.<br />

Europäer sind zum Warenhandel gezwungen<br />

Wirtschaftsminister Ludwig Erhard sah den Marshallplan<br />

damals kritisch. Er war überzeugt, nicht die Hilfe aus<br />

den USA, sondern die Währungsreform habe das deutsche<br />

Wirtschaftswunder beflügelt. Hermann Josef Abs, <strong>KfW</strong>-<br />

Vorstandsmitglied der ersten Stunde, sagte 1988 in einer<br />

15


REDEN<br />

FÖRDERUNG VON KOHLE UND STAHL<br />

Die Bundesrepublik stieg damals zu einem<br />

der führenden Industriestaaten der Welt auf<br />

Festrede zum 40. Jahrestag der Förderbank: »Für den Erfolg<br />

der Währungsreform war mitentscheidend, dass keine Versorgungsmängel<br />

auftreten, die in der Öffentlichkeit der neuen<br />

Währung angelastet werden konnten. Dieses Problem konnte<br />

durch Direktlieferungen im Rahmen des Marshallplans<br />

gelöst werden.«<br />

Heute sehen Experten die Stärken des Marshallplans eher<br />

in seinen indirekten Effekten. »Die direkte ökonomische Wirkung<br />

war gering«, sagt der Wirtschaftshistoriker Dr. Harald<br />

Wixforth. »<strong>Das</strong> Programm hat jedoch maßgeblich dazu beigetragen,<br />

die Bundesrepublik wirtschaftlich in Westeuropa zu<br />

integrieren.« Die Amerikaner hätten die Europäer zum Warenhandel<br />

gezwungen. Nur so habe schon 1951 die Montan union<br />

entstehen können, sagt der Histo riker. »Den USA war dies<br />

nur recht, denn dadurch geriet die Bundesrepublik nicht in<br />

den sowjetischen Einflussbereich. Ebenfalls nicht zu unterschätzen<br />

sei der psychologische Effekt des Marshallplans,<br />

sagt Wixforth. Noch bevor die ersten Mittel flossen, machten<br />

die USA das Hilfsprogramm in einem beispiellosen Werbefeldzug<br />

in ganz Europa bekannt. So wurde aus dem Feind ein<br />

Verbündeter und der Marshallplan zum Silberstreif am Horizont.<br />

Hermann Josef Abs sagte zum 40. Jahrestag der <strong>KfW</strong>,<br />

die Amerikaner hätten durch ihr Vertrauen den Deutschen<br />

Mut gemacht, den Aufbau ihres Landes selber in die Hand<br />

zu nehmen.<br />

Noch heute profitiert die deutsche Wirtschaft von den<br />

Geldern des Marshallplans. Die <strong>KfW</strong> fördert auch 65 Jahre<br />

nach Programmstart die gewerbliche Wirtschaft mit Mitteln<br />

aus dem ERP-Sondervermögen. Auch dabei geht es um<br />

Hilfe zur Selbsthilfe. »Bei der Verwendung des ERP-Kapitals<br />

hat die Förderung des Mittelstands Priorität«, sagt Dr. Katrin<br />

Leonhardt, Direktorin der <strong>KfW</strong>. Die <strong>KfW</strong> gewährt mittelständischen<br />

Unternehmen, Existenzgründern und innovativen<br />

Firmen zinsgünstige Darlehen und Haftungsfreistellungen.<br />

»Der Marshallplan hat einen sehr wichtigen Beitrag zur<br />

Entwicklung des Mittelstands in Deutschland geleistet«, ist<br />

Dr. Leonhardt überzeugt. Beim Aufbau Ost haben die Gelder<br />

aus dem ERP-Sondervermögen ebenfalls eine entscheidende<br />

Rolle gespielt.<br />

16 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Ich muss leider annehmen, dass<br />

ich von irgendeiner Vorsehung als<br />

Belegexemplar <strong>für</strong> die These »Nicht<br />

aufbrechen macht dick« ausgewählt<br />

wurde. Jedenfalls kann ich mit Sicherheit<br />

sagen: Der Goldanteil in dem, was an der<br />

Hüfte wächst, ist verschwindend gering.<br />

Nun der steilere Teil der Theorie: Was<br />

sich da rollt, ist nur da, weil mir das<br />

Aufbrechen schon immer so schwergefallen<br />

ist.<br />

Von wegen, schrillen jetzt die ausgemergelten<br />

Zuchtmeisterinnen, die<br />

in den Zeitschriften-Redaktionen die<br />

Lifestyle-Sektionen betreuen. Viel zu<br />

wenig Gemüsebrühe, viel zu viel Rotwein.<br />

Nach deren Meinung gehöre ich<br />

in ein enges Höschen und damit dann<br />

in ein Yogastudio, wo ich so lange die<br />

berühmte Hundestellung einnehme,<br />

bis kein fetter Kater mehr einen nackten<br />

Bruder in mir sieht.<br />

Aber ich<br />

THADEUSZ<br />

Nicht aufbrechen<br />

macht dick<br />

JÖRG THADEUSZ<br />

ist Journalist und Moderator. Im rbb ist er<br />

regelmäßig mit ›Thadeusz‹ und ›Thadeusz<br />

und die Beobachter‹ auf Sendung<br />

ten ausdauernd, sie würden den Fels in<br />

der Brandung schätzen. Genau den simuliere<br />

ich vor dem Ausgehen mit einem<br />

ausführlichen, regungslosen Wannenbad.<br />

Selbstverständlich wäre ich kein echter<br />

Deutscher, wenn ich <strong>für</strong> meine Probleme<br />

mit dem Aufbruch mich selbst verantwortlich<br />

machen würde. Vielmehr<br />

sind die Umstände schuld. Wir Durchhänger<br />

sind die Kinder der 80er-Jahre.<br />

Wohin sollten wir aufbrechen, wo doch<br />

allgegenwärtige existenzielle Gefahren<br />

jede Initiative als naiv erscheinen<br />

ließen? Saurer Regen, atomare Auslöschung<br />

und Boy George. Der ist zwar<br />

zu einer Mega-Karriere aufgebrochen.<br />

Geriet dann aber bald an die richtig<br />

schlimmen Drogen und ist heute was?<br />

Genau, ganz schön dick.<br />

Wer als lässig gelten wollte, der<br />

brach nicht auf, sondern ab. Stundenlang<br />

saß ich mit Gleichgesinnten<br />

in der Cafeteria, um in aller Ruhe<br />

die Beendigung des Studiums ohne<br />

Abschluss vorzubereiten.<br />

Wir haben den Porsche nicht erfunden,<br />

weil es den schon gab. Ein<br />

zweites Wirtschaftswunder wurde<br />

von uns nicht erwartet. Zu einer<br />

technischen Revolution hatten wir<br />

auch nicht so richtig Lust. Ganz<br />

ehrlich: Ein Typ wie Bill Gates, der<br />

hyperaktiv in seiner Garage frickelt,<br />

wäre uns vor allem auf die Nerven<br />

gegangen.<br />

Immerhin sind wir<br />

aufgebrochen,<br />

um<br />

bleibe<br />

dabei: Der Körperschwerpunkt<br />

sinkt vom Kopfe her.<br />

Wäre ich ein Mensch, der<br />

loslegt, der abgeht,<br />

der permanent<br />

zündet,<br />

dann müsste<br />

ich nie mehr<br />

Atemnot <strong>für</strong>chten,<br />

wenn Hemden als ›Slim Line‹<br />

gepriesen werden.<br />

Einmal sprach ich mit einem<br />

Bekannten am Rande eines Balls über<br />

die Antriebslosigkeit, die einen gehörig<br />

aufpolstern kann. Er gestand, dass<br />

er auch nur mit Mühe in den Smoking<br />

gekommen war. Ganz anders sein Partner.<br />

Den hatte der bevorstehende Aufbruch<br />

zu diesem glamourösen<br />

Ereignis in einen<br />

solchen Aufruhr versetzt, dass<br />

er beinahe um die eigene Achse<br />

rotierte. Er probierte ständig neue<br />

Outfits, frottierte sich hektisch und<br />

verbrannte dabei schon mehr, als er im<br />

Verlauf des Abends nachladen konnte.<br />

Ich sah mich immerhin leicht im heterosexuellen<br />

Vorteil. Denn Frauen behaup-<br />

neue<br />

Begriffe <strong>für</strong><br />

unsere Aufbruch losigkeit<br />

zu finden. Wer kannte in den 60er-Jahren<br />

ein Sabbatjahr? Entschleunigt<br />

hat damals auch noch niemand.<br />

Erschöpfung klingt zu wenig<br />

nach Brandverletzung, deswegen<br />

haben wir den Burnout<br />

erfunden. Wenn es den<br />

wirklich geben sollte, macht<br />

er bestimmt schlank.<br />

Sie wollen unserem Kolumnisten auf die<br />

Sprünge helfen? Dann schreiben Sie ihm<br />

unter: chancen-thadeusz@kfw.de<br />

17


REDEN<br />

Gründer in<br />

Deutschland<br />

Eine Existenzgründung ist immer ein Aufbruch<br />

ins Ungewisse und dabei sind die<br />

Deutschen eher zögerlich. Die Gründungslust<br />

hierzulande war 2012 erneut rückläufig:<br />

775.000 Neuunternehmer hat der<br />

<strong>KfW</strong>-Gründungsmonitor gezählt, sieben<br />

Prozent weniger als 2011. Der Rückgang<br />

hat mehrere Ursachen: die schwache Konjunktur,<br />

die gute Arbeitsmarktsituation<br />

und Änderungen in der Existenzgründungsförderung<br />

der Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit.<br />

Ist das Jobangebot am Arbeitsmarkt ausreichend,<br />

das Wirtschaftswachstum aber<br />

verhalten, wagen weniger Menschen den<br />

Schritt in die Selbstständigkeit. »Der Rückgang<br />

ist besorgniserregend, denn Gründer<br />

helfen, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu<br />

erhalten und Arbeitsplätze zu schaffen«,<br />

sagt <strong>KfW</strong>-Chefvolkswirt Dr. Jörg Zeuner.<br />

Dennoch ein Lichtblick: Diejenigen, die<br />

ein Unternehmen gründen, tun dies umso<br />

häufiger, weil sie an ihre Idee glauben.<br />

Wollten 2011 nur 35 Prozent der Gründer<br />

eine Geschäftsidee umsetzen, waren es<br />

2012 schon 47 Prozent. Damit sank auch<br />

der Anteil derjenigen, die aus Mangel<br />

an Alternativen in die Selbstständigkeit<br />

gehen, von 35 auf 30 Prozent. »Chancengründer<br />

sind eher erfolgreich, weil sie<br />

stärker motiviert sind, ihre Geschäftsidee<br />

im Wettbewerb durchzusetzen«, so<br />

Zeuner. »Notgründer nutzen die Selbstständigkeit<br />

oft nur übergangsweise.«<br />

Die <strong>KfW</strong> unterstützt Existenzgründer mit<br />

zinsgünstigen Darlehen und Beratungszuschüssen.<br />

2012 hat die <strong>KfW</strong> 3,2 Milliarden<br />

Euro in diesen Bereich investiert.<br />

Weitere Informationen zu den <strong>KfW</strong>-<br />

Programmen <strong>für</strong> Gründer:<br />

www.kfw.de/gruenden.<br />

* Anteil der Gründer an der Bevölkerung im Alter zwischen<br />

18 und 65 Jahren<br />

30 %<br />

Mangel an<br />

Erwerbs alternativen<br />

7<br />

Monate<br />

23 %<br />

Sonstiges<br />

dauert im Schnitt<br />

der Weg von der ersten<br />

Projektidee bis zur<br />

Selbstständigkeit.<br />

BRANCHEN<br />

29,1 % Persönliche<br />

Dienstleistungen<br />

25,8 % Wirtschaftliche<br />

Dienstleistungen<br />

18,3 % Handel<br />

6,4 % Sonstige<br />

5,9 % Verkehr und<br />

Nachrichten -<br />

übermittlung<br />

5,4 % Baugewerbe<br />

4,9 % Verarbeitendes<br />

Gewerbe<br />

4,2 % Finanzdienstleistungen<br />

GRÜNDE FÜRS<br />

GRÜNDEN<br />

47%<br />

Eigene<br />

Geschäftsidee<br />

SPITZENREITER<br />

Berlin -------------- 2,55 %<br />

Hamburg ---------- 2,30 %<br />

Bremen ------------ 2,19 %<br />

GRÜNDERQUOTE: 1,5 %*<br />

Sachsen-Anhalt --- 1,13 %<br />

Saarland ---------- 1,09 %<br />

Brandenburg ------ 1,02 %<br />

SCHLUSSLICHTER<br />

DURCHSCHNITTLICHE<br />

WOCHENARBEITSZEIT<br />

Vollerwerbsgründer<br />

Arbeitnehmer<br />

18 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


ZAHLENWERK<br />

INNOVATIONEN<br />

10 %<br />

der Gründer bieten ein<br />

regional neues Produkt an.<br />

775.000<br />

PERSONEN<br />

5 %<br />

starten etwas<br />

deutschlandweit<br />

Einzigartiges.<br />

4 %<br />

können mit einer<br />

weltweiten<br />

Marktneuheit<br />

aufwarten.<br />

haben sich 2012 selbstständig gemacht,<br />

60.000 weniger als im Vorjahr.<br />

40 %<br />

Bürokratie<br />

31 %<br />

30 %<br />

Belastung <strong>für</strong><br />

die Familie<br />

25 %<br />

FORM DER<br />

EXISTENZ-<br />

GRÜNDUNG<br />

76 %<br />

Neugründung<br />

14 %<br />

Beteiligung<br />

Finanzielles<br />

Risiko<br />

Finanzierungsschwierigkeiten<br />

20 %<br />

10 %<br />

Übernahme<br />

Verzicht auf Vorteile<br />

aus abhängiger<br />

Beschäftigung<br />

Die größten Hürden <strong>für</strong> Vollerwerbsgründer<br />

DIE MEISTEN GRÜNDER LEGEN ALLEINE LOS<br />

82 % Einzelgründer<br />

18 %<br />

75 % Ohne Angestellte<br />

Teamgründer<br />

25 % Mit Angestellten<br />

39 %<br />

der Gründer<br />

sind Frauen<br />

Finanzierungsbedarf<br />

54,7 % 1 bis 5.000 Euro<br />

10,6 % 5.000 bis 10.000 Euro<br />

18,7 % 10.000 bis 25.000 Euro<br />

6,7 % 25.000 bis 50.000 Euro<br />

2,7 % 50.000 bis 100.000 Euro<br />

6,6 % über 100.000 Euro<br />

21%<br />

der Gründer nutzen externe<br />

Finanzmittel wie Bankdarlehen<br />

oder Zuschüsse.<br />

59 % Nebenerwerb 41 % Vollerwerb<br />

Quelle: <strong>KfW</strong>-Gründungsmonitor 2013, komplette Studie: www.kfw.de/gruendungsmonitor2013<br />

19


REDEN<br />

WISSENSTRANSFER<br />

Wer kommt nach<br />

den BRICS-Staaten?<br />

Unter dem Label ›BRICS‹ sind die Schwellenländer Brasilien,<br />

Russland, Indien, China und Südafrika zum Inbegriff expandierender<br />

Märkte geworden. Doch mittlerweile bietet auch eine Generation<br />

anderer Länder vielversprechende Rahmenbedingungen <strong>für</strong><br />

Investitionen deutscher Unternehmen – etwa Indonesien oder die<br />

Staaten Ostafrikas.<br />

Text: Alexander Klein<br />

Uganda<br />

5,6 %<br />

Ruanda<br />

7,5 %<br />

Burundi<br />

4,5 %<br />

Kenia<br />

5,9 %<br />

Tansania<br />

7,0 %<br />

Indonesien<br />

5,3 %<br />

Wachstum des<br />

Bruttoinlandsprodukts<br />

2013 (Prognose)<br />

Quelle: IWF, World Economic Outlook Database, Oktober 2013<br />

Die BRICS-Staaten zählen zu den<br />

wichtigsten Auslandsmärkten<br />

deutscher Unternehmen außerhalb<br />

der EU. Doch allerorten<br />

werden die Wachstumsprognosen <strong>für</strong><br />

die größten Schwellenländer nach unten<br />

korrigiert. Die negativen Folgen des starken<br />

Wachstums wie zunehmende soziale<br />

Ungleichheit und Umweltschäden<br />

verschieben die politischen Prioritäten<br />

der BRICS-Staaten. Auch Investitionshemmnisse<br />

wie Korruption bremsen den<br />

Fortschritt.<br />

Da ist es an der Zeit, sich nach Alternativen<br />

umzuschauen. Jenseits von BRICS<br />

gibt es eine Vielzahl an Ländern, die weiterhin<br />

mit Wachstumsraten von mehr als<br />

fünf Prozent aufwarten und dabei ver-<br />

20 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


gleichsweise gute Rahmenbedingungen<br />

<strong>für</strong> Investitionen, eine rela tive politische<br />

Stabilität und eine attrak tive Marktgröße<br />

vorweisen können. Dazu zählen Indonesien<br />

und die Länder der Ostafrikanischen<br />

Gemeinschaft.<br />

Indonesien wächst jährlich<br />

um fünf bis sechs Prozent<br />

So hat das Bruttoinlandsprodukt von<br />

Indonesien in den vergangenen zehn<br />

Jahren preisbereinigt jährlich zwischen<br />

fünf und sechs Prozent zulegen können.<br />

Wesentlicher Wachstumstreiber ist die<br />

starke Binnennachfrage. Zu den Hauptausfuhrmärkten<br />

zählen die USA, Japan<br />

und China. Für die kommenden Jahre<br />

werden weiterhin Wachstumsraten von<br />

rund sechs Prozent erwartet, wenngleich<br />

die globale Konjunkturverlangsamung<br />

das Wachstum temporär unter diese<br />

Marke ziehen dürfte.<br />

Eine erste Einordnung von Zukunftsmärkten<br />

wie Indonesien ermöglicht der<br />

Doing Business Index. Damit untersucht<br />

die Weltbank anhand von 36 Indikatoren<br />

die Rahmenbedingungen <strong>für</strong> Unternehmen<br />

in 185 Ländern. Demnach ist<br />

es etwa in Indonesien deutlich leichter,<br />

eine Baugenehmigung zu erhalten als<br />

in China oder Indien: Der Inselstaat belegt<br />

im aktuellen Doing Business Report<br />

bei diesem Kriterium Rang 75, während<br />

China und Indien auf den Plätzen 181<br />

und 182 am Ende der Tabelle rangieren.<br />

Ausbau der Städte birgt großes<br />

Investitionspotenzial<br />

Wie in den größten Schwellenländern<br />

liegt auch in den Märkten der Zukunft<br />

das maßgebliche Potenzial in der demografischen<br />

Entwicklung. Bereits heute<br />

lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung<br />

in Städten und die Städte werden immer<br />

größer. Es wird davon ausgegangen,<br />

dass bis 2030 das urbane Bevölkerungswachstum<br />

fast ausschließlich in den<br />

Schwellen- und Entwicklungsländern<br />

stattfinden wird.<br />

Der erforderliche Ausbau der Städte<br />

birgt großes Potenzial <strong>für</strong> private Unternehmen,<br />

ebenso wie eine wachsende<br />

Mittelschicht mit sich verändernden Konsumgewohnheiten.<br />

Der Bedarf an umweltfreundlichen<br />

Transportlösungen,<br />

Trink- und Abwasseraufbereitung, Abfallwirtschaft,<br />

erneuerbaren Energien<br />

und einer Vielzahl von Dienstleistungen<br />

247<br />

Millionen<br />

Mit dieser<br />

Einwohnerzahl ist<br />

Indonesien das<br />

viertgrößte Land<br />

der Welt – ein<br />

riesiger Markt.<br />

steigt. <strong>Das</strong> alles bietet deutschen Unternehmen<br />

Anknüpfungspunkte.<br />

Besonders attraktiv <strong>für</strong> Investoren<br />

auch aus Deutschland ist das binnen- und<br />

außenwirtschaftliche Potenzial Indonesiens,<br />

das sich mit nur einem Produktionsstandort<br />

erschließen lässt. Mit einer Einwohnerzahl<br />

von etwa 247 Millionen ist<br />

Indonesien das viertgrößte Land der Welt.<br />

Als Mitglied des Verbands Südostasiatischer<br />

Nationen (ASEAN) hat es Zugang<br />

zu einem stark integrierten Wirtschaftsraum<br />

mit insgesamt rund 600 Millionen<br />

Einwohnern.<br />

Dennoch ist der Anteil der deutschen<br />

Direktinvestitionen bislang überschaubar.<br />

Auch im Außenhandel ist die Bedeutung<br />

Deutschlands vergleichsweise gering. So<br />

machen deutsche Produkte in Indonesien<br />

weniger als zwei Prozent der gesamten<br />

Einfuhren aus. Zum Vergleich: Japanische<br />

Güter kommen auf zwölf Prozent. Zu den<br />

deutschen Hauptausfuhrgütern zählen<br />

Maschinen, chemische Erzeugnisse sowie<br />

Kraftwagen und Kraftwagenteile.<br />

Ostafrika ist eine zweite Region, die<br />

seit Jahren weitgehend unbeachtet erhebliche<br />

Fortschritte gemacht hat. Zu den<br />

Ländern der Ostafrikanischen Gemeinschaft<br />

zählen Burundi, Kenia, Ruanda,<br />

Tansania und Uganda. Mit 140 Millionen<br />

Einwohnern, einer Gesamtwirtschaftsleistung<br />

von etwa 85 Milliarden US-<br />

Dollar, teils hohen Rohstoffvorkommen<br />

und einer weiter zunehmenden Handelsintegration<br />

hat die Staatengemeinschaft<br />

ein signifikantes Wirtschaftspotenzial<br />

vorzuweisen.<br />

Neben dem Rohstoffsektor sind besonders<br />

die Bereiche Infrastruktur und<br />

Dienstleistungen vielversprechend. Aber<br />

auch im Verarbeitenden Gewerbe gibt<br />

es positive Entwicklungen. Noch gehen<br />

nur rund 0,1 Prozent der deutschen Ausfuhren<br />

in die Länder Ostafrikas und die<br />

Zahl der deutschen Direktinvestitionen<br />

ist verschwindend gering.<br />

Mit der richtigen Unterstützung<br />

zum Erfolg<br />

Angesichts des perspektivisch niedrigeren<br />

Trendwachstums in den größten<br />

Schwellenländern ist es <strong>für</strong> viele deutsche<br />

Unternehmen durchaus sinnvoll,<br />

ihre Auslandsaktivitäten in neue Märkte<br />

auszuweiten. Mit der richtigen Unterstützung<br />

können solche Investi tionen<br />

zum Erfolg werden. Ein erfahrener Finanzierungspartner<br />

bei Investi tionen in<br />

Zukunftsmärkten ist die DEG – Deutsche<br />

Investitions- und Entwicklungsgesellschaft<br />

mbH. Sie begleitet seit mehr als<br />

50 Jahren Unternehmen ins Ausland<br />

und ist mit den politischen, kulturellen<br />

und rechtlichen Gegebenheiten vertraut.<br />

Als Teil der <strong>KfW</strong> kann sie zudem auf ein<br />

interna tionales Netzwerk in über 70 Ländern<br />

zurückgreifen.<br />

ALEXANDER KLEIN<br />

arbeitet als Volkswirt in der Abteilung<br />

Unternehmensentwicklung und Entwicklungspolitische<br />

Grundsätze bei der<br />

<strong>KfW</strong>-Tochter DEG – Deutsche Investitionsund<br />

Entwicklungsgesellschaft mbH.<br />

Sie erreichen den Autor unter<br />

chancen-wissenstransfer@kfw.de<br />

21


Halbe Fahrt voraus<br />

HANDELN<br />

In der internationalen Seeschifffahrt deutet<br />

sich ein Kurswechsel an: Energieeffizienz<br />

und Schadstoffemissionen rücken stärker in den<br />

Fokus. Als großer Schiffsfinanzierer treibt die<br />

<strong>KfW</strong> IPEX-Bank das Green Shipping mit voran.<br />

Text: Sven Appel<br />

22 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


HANDELN<br />

Mit fast acht Knoten<br />

pflügt die ›Stek Ut‹<br />

durchs Hamburger Elbwasser.<br />

Zusätzlich zur<br />

Welle am Bug entsteht eine zweite<br />

große Welle am Heck. »<strong>Das</strong> ist ineffizient«,<br />

sagt Till F. Braun und drosselt<br />

die Maschine des alten Festmacherbootes.<br />

Weil der Brennstoffverbrauch<br />

bei zunehmender Geschwindigkeit<br />

›sein Hamburg‹ vom Wasser aus. Dann<br />

fährt er ganz dicht ran an die großen<br />

Schiffe. Am Burchardkai etwa liegt wie<br />

ein offener Schuhkarton eines der größten<br />

Containerschiffe der Welt. Portalkrane<br />

heben unzählige Stahlkisten aus<br />

dem Bauch der fast 400 Meter langen<br />

›Marco Polo‹ der französischen Reederei<br />

CMA CGM. Im Schatten der Bordwand,<br />

die so hoch ist wie ein achtstöckiges<br />

TIPPS VOM<br />

FACHMANN<br />

Jan-Henrik Hübner<br />

erklärt, wie Ballasttanks<br />

die Lage des<br />

Schiffes verbessern<br />

exponentiell ansteigt, lässt es Till F.<br />

Braun lieber etwas ruhiger angehen.<br />

Slow Steaming heißt das. Viele in der<br />

Schifffahrtsbranche sehen darin ein<br />

adäquates Mittel, die Brennstoffkosten<br />

nachhaltig zu senken und zugleich<br />

etwas <strong>für</strong> die Umwelt zu tun. Was <strong>für</strong><br />

ein Boot wie die ›Stek Ut‹ gilt, ist bei<br />

den großen Pötten nicht anders: Fährt<br />

ein Containerschiff 20 statt 25 Knoten,<br />

sinken die Brennstoffkosten schon<br />

um bis zu 40 Prozent.<br />

Die Nase sollte sauber sein<br />

Braun ist deshalb nicht nur in seiner<br />

Freizeit ein eifriger Verfechter von Slow<br />

Steaming, sondern auch in seinem Job:<br />

Bei FutureShip, einem Unternehmen<br />

der Schiffsklassifikationsgesellschaft<br />

DNV GL, berät er viele international<br />

operierende Reedereien, die ihre Schiffe<br />

effizienter machen, um im zunehmenden<br />

Wettbewerb bestehen zu können.<br />

Nach Feierabend hält Braun die im<br />

Museumshafen Oevelgönne liegende<br />

›Stek Ut‹ ehrenamtlich in Schuss oder<br />

zeigt interessierten Gästen gern auch<br />

Haus, bugsiert der gelernte Schiffsingenieur<br />

Braun sein Boot an die Nase<br />

des Riesen – sie ist plan und sauber.<br />

Ganz anders sieht es bei einem Schiff der<br />

Panamax-Klasse einige Hundert Meter<br />

weiter aus. Rost und Algenbewuchs am<br />

Rumpf sind mehr als ein kosmetisches<br />

Problem. Sie bremsen die Fahrt. »Die<br />

Oberfläche sollte möglichst glatt sein.<br />

<strong>Das</strong> senkt den Kraftstoffverbrauch um<br />

mindestens zwei bis drei Prozent«, sagt<br />

Braun. Eine Alternative zu herkömmlichen<br />

Antifoulings, so heißen die Unterwasseranstriche,<br />

sei deshalb heute<br />

ein Anstrich mit silikonhaltiger Farbe,<br />

die den Rumpf so glatt macht, dass<br />

auch kleinere Organismen keinen Halt<br />

finden – nur eine von vielen Möglichkeiten,<br />

die Energieeffizienz zu erhöhen.<br />

Charterer fragen genauer nach<br />

Die Reeder sind in Zugzwang: »Zum<br />

einen gibt es in der Handelsschifffahrt<br />

ein Überangebot an Transportkapazitäten.<br />

Zum anderen haben sich die<br />

Brennstoffpreise in den vergangenen<br />

drei Jahren verdoppelt«, so Brauns<br />

24 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Kollege Jan-Henrik Hübner. Als Leiter<br />

des Bereichs Shipping Advisory von<br />

FutureShip zeigt Hübner den Kunden,<br />

wie sie ihr Schiff durch Anpassungen –<br />

etwa in der Fahrweise – effizienter<br />

machen können. »Der hohen Brennstoff-<br />

Stellschrauben <strong>für</strong><br />

Energieeffizienz<br />

Rumpfform: Eine optimierte Rumpfform<br />

lässt das Schiff besser durch die Wellen<br />

gleiten. Schon kleine Veränderungen an<br />

der Schiffsnase sparen oft drei bis sechs<br />

Prozent Brennstoff.<br />

Propeller und Ruder: Bilden diese Komponenten<br />

eine Antriebseinheit, wird das<br />

Schiff stromlinienförmiger und der Wirkungsgrad<br />

der Antriebseinheit erhöht.<br />

Trim: Indem die Ladung optimal verteilt<br />

und die Ballasttanks geflutet oder ausgepumpt<br />

werden, lässt sich die Schwimmlage<br />

des Schiffes verbessern. Dadurch<br />

können auf vielen Reisen mehr als fünf<br />

Prozent Brennstoff eingespart werden.<br />

kosten wegen schauen Charterer heute<br />

viel genauer auf die Energieeffizienz<br />

eines Schiffes, bevor sie es einchartern«,<br />

sagt er. Energieeffizienz ist ein wichtiger<br />

Wettbewerbsfaktor geworden.<br />

Darüber hinaus steigt der gesellschaftliche<br />

Druck auf die Schifffahrt, grüner<br />

zu werden; die gesetzlichen Bestimmungen<br />

werden verschärft. Die Handelsschifffahrt<br />

verursacht weltweit mehr<br />

CO 2 -Emissionen als die Industrienation<br />

Deutschland. Deshalb hat die International<br />

Maritime Organization (IMO) den<br />

Energy Efficiency Design Index, kurz<br />

EEDI, etabliert. Er gilt als Referenzgröße<br />

<strong>für</strong> Energieeffizienz und CO 2 -Emissionen.<br />

Für neu gebaute Schiffe schreibt der<br />

EEDI Obergrenzen vor. »Aber auch <strong>für</strong><br />

die Einordnung von Bestandsschiffen<br />

ist er mittlerweile weltweit als Maßstab<br />

anerkannt«, sagt Hübner.<br />

Grüne Kreuzfahrtriesen<br />

Rund 240 Straßenkilometer südwestlich<br />

von Hamburg liegt Papenburg. Spektakulär<br />

die Bilder von Kreuzfahrtschiffen,<br />

die die Meyer Werft verlassen und sich<br />

durch die Ems in Richtung Nordsee<br />

zwängen. Wer zum ersten Mal die riesigen<br />

Hallen der Werft in der Ferne aus<br />

der flachen Landschaft emporragen<br />

sieht, glaubt sie näher, als sie tatsächlich<br />

sind. <strong>Das</strong> überdachte Baudock II<br />

ist mit einer Länge von 504 Metern und<br />

einer Höhe von 75 Metern weltweit das<br />

größte Gebäude seiner Art. Darin wirkt<br />

selbst die bereits weiß lackierte ›Norwegian<br />

Getaway‹ wie ein Farbtupfer zwischen<br />

dem Rostbraun, Graublau und<br />

Dunkelgrün der Gerüste und Kräne.<br />

Einen kurzen Fußmarsch entfernt von<br />

der ›Norwegian Getaway‹ sitzen Stephan<br />

Schmees und sein Kollege Heinz<br />

Hermann Trütken im Besprechungsraum.<br />

Schmees verantwortet bei der<br />

Meyer Werft als Projektleiter den Bau<br />

von Schiffen <strong>für</strong> Norwegian Cruise Line.<br />

Trütken treibt die Forschung und Entwicklung<br />

voran. Früher sei das Licht auf<br />

Passagierschiffen quasi mit der ersten<br />

Fahrt eingeschaltet und nach der letzten<br />

Fahrt ausgeschaltet worden, spitzt<br />

Trütken das mangelnde Umweltbewusstsein<br />

vergangener Epochen zu. »Heute<br />

ist das ganz anders: Kreuzfahrtschiffe<br />

energieeffizienter und umweltfreundlicher<br />

zu machen, ist ein überaus<br />

wichtiger Teil unserer Arbeit.« Kollege<br />

Schmees ergänzt: »Egal, ob bei der<br />

Kabinenbeleuchtung, einem Motor oder<br />

einem Lüfter – stets überlegen wir, ob<br />

es noch effizienter geht.«<br />

Von ihrer Anzahl her und auch die<br />

Emissionen betreffend, machen Kreuzfahrtschiffe<br />

zwar nur einen sehr kleinen<br />

Anteil an der weltweiten Schifffahrt<br />

aus. Dennoch steht die Branche<br />

bei Umweltschützern immer wieder in<br />

der Kritik: vor allem wegen des Ausstoßes<br />

von Schwefeldioxid, Stickoxiden<br />

und Ruß partikeln. Schließlich befördern<br />

Kreuzfahrtschiffe in ihrer Funktion<br />

BESSER ALS IHR RUF<br />

Die Kreuzfahrtbranche<br />

setzt immer häufiger umweltfreundliche<br />

Technologien ein<br />

25


HANDELN<br />

als schwimmende Hotels Passagiere<br />

über einen relativ langen Zeitraum hinweg.<br />

Zudem liegen sie vergleichsweise<br />

oft und lang in Häfen oder fahren in<br />

Küstennähe.<br />

Schadstoffreduktion ist Pflicht<br />

<strong>Das</strong> weltweit geltende MARPOL-<br />

Abkommen soll die ökologische Belastung<br />

der Meere durch die Schifffahrt<br />

eindämmen. Die maritime Organisation<br />

IMO hat darin Emissionsgrenzwerte<br />

<strong>für</strong> Substanzen festgelegt, die die Ozonschicht<br />

angreifen, also auch <strong>für</strong> Stickoxide<br />

und Schwefeldioxid. Besonders<br />

streng sind diese Grenzwerte in den sogenannten<br />

Sulphur Emission Control<br />

Areas (SECA): Entlang der nordamerikanischen<br />

Küsten sowie in Nord- und<br />

Ostsee, in besonders dicht besiedelten<br />

GRÜNE GESCHÄFTE<br />

Carsten Wiebers fördert bei der<br />

<strong>KfW</strong> IPEX-Bank energieeffiziente Schiffe<br />

Regionen also, darf von 2015 an nur<br />

noch Brennstoff mit einem Schwefelgehalt<br />

von höchstens 0,1 Prozent in<br />

die Tanks. Derzeit liegt der Grenzwert<br />

bei 1,0 Prozent. Alternativ können die<br />

Schiffe technisch so ausgerüstet werden,<br />

dass sie Schwefeldioxid-Emissionen<br />

fast komplett vermeiden.<br />

Schon heute wäre es <strong>für</strong> das Gros der<br />

Schiffe technisch gesehen relativ einfach,<br />

den Schwefeldioxid-Ausstoß zu<br />

verringern. Statt Schweröl zu verwenden,<br />

könnten sie das umweltfreundlichere –<br />

aber teurere – Marinedieselöl nutzen.<br />

Die technisch aufwendigere Alternative<br />

ist der Einbau eines sogenannten Scrubbers.<br />

Mithilfe dieser Rauch gas waschanlagen<br />

lässt sich Schwefeldioxid weitestgehend<br />

aus den Abgasen entfernen.<br />

»Von den jüngst bei uns in Auftrag gegebenen<br />

Kreuzfahrtschiffen sollen einige<br />

mit Scrubber fahren«, sagt Projektleiter<br />

Schmees von der Meyer Werft.<br />

Flüssigerdgas als Alternative<br />

<strong>Das</strong> Kreuzfahrtunternehmen Aida<br />

Cruises will seine neuen Schiffe künftig<br />

neben einer Abgasreinigungsanlage mit<br />

Dual-Fuel-Motoren ausstatten. Diese<br />

können alternativ zu Schweröl auch<br />

Liquid Natural Gas (LNG) als Brennstoff<br />

nutzen. Mit dem auch als Flüssigerdgas<br />

bezeichneten LNG lassen sich<br />

Glossar<br />

Festmacherboote helfen dabei, große<br />

Schiffe mithilfe von Trossen an der Kaimauer<br />

oder an Dalben festzumachen.<br />

Panamax oder PanMax bezeichnet<br />

Schiffe, die von ihren Abmessungen her<br />

gerade noch durch den heutigen Panamakanal<br />

passen. Sie sind 294,4 Meter lang,<br />

32,3 Meter breit und haben 12,2 Meter<br />

Tiefgang. Diese Containerschiffe bieten<br />

Transportraum <strong>für</strong> rund 5.000 Standardcontainer<br />

(TEU).<br />

Portalkrane sind ortsgebundene Krane,<br />

die sich meist auf Schienen bewegen<br />

und ihren Arbeitsbereich wie ein Portal<br />

überspannen.<br />

die strengen, von 2015 an in den SECA-<br />

Gebieten geltenden Emissionsgrenzwerte<br />

weit unterschreiten. Dennoch<br />

zögern viele Reeder. »Wir könnten sofort<br />

LNG-Antriebe einsetzen«, sagt Heinz<br />

Hermann Trütken aus der Forschungsund<br />

Entwicklungsabteilung der Meyer<br />

Werft. Die Reedereien stünden dem<br />

generell offen gegenüber, hielten sich<br />

jedoch zurück, weil sich das Netz der<br />

LNG-Tankstellen noch im Aufbau befindet.<br />

»Sie müssen das Gas ja auch überall<br />

bekommen können«, sagt Trütken.<br />

26 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Und die Verbreitung der notwendigen<br />

Infrastruktur braucht ihre Zeit.<br />

Der LNG-Tanker ›Coral Energy‹ soll<br />

LNG-Tankstellen in Häfen der Nordund<br />

Ostsee mit dem Brennstoff versorgen.<br />

<strong>Das</strong> orangefarbene Schiff der niederländischen<br />

Reederei Anthony Veder<br />

Group kann LNG als Brennstoff aus<br />

seiner eigenen Ladung beziehen. Finanziert<br />

wurde dieses erste in Deutschland<br />

gebaute Schiff mit Gasantrieb mithilfe<br />

der <strong>KfW</strong> IPEX-Bank, aus der Taufe<br />

gehoben auf der Neptun Werft im Seebad<br />

Warnemünde. Die gehört zur Meyer<br />

Werft. »Wir sehen einen wachsenden<br />

Markt <strong>für</strong> Schiffe, die LNG als Brennstoff<br />

nutzen. Wir werden eine aktive Rolle in<br />

diesem Markt einnehmen und weitere<br />

Schiffe dieser Art ordern. Schiffe, die<br />

mit LNG als Brennstoff fahren, werden<br />

auch die strengsten, in Nord- und Ostsee<br />

geltenden Anforderungen deutlich<br />

übertreffen«, erklärt Jan Valkier, CEO<br />

von Anthony Veder.<br />

Energieeffiziente Flotte<br />

Einen Hafenblick bietet der Frankfurter<br />

Standort der <strong>KfW</strong> IPEX-Bank zwar<br />

nicht. Dennoch beschäftigt sich Carsten<br />

Wiebers als Leiter der Abteilung Maritime<br />

Industries täglich mit Schiffen. Die<br />

Bank ist schließlich an der Finanzierung<br />

von rund 950 Schiffen beteiligt – und<br />

NAHAUFNAHME<br />

Die Oberfläche<br />

des Rumpfes sollte<br />

möglichst glatt sein.<br />

Denn so kann der<br />

Kraftstoffverbrauch<br />

deutlich gesenkt<br />

werden<br />

GEFRAGTE BERATER Jan-Henrik Hübner (l.) und Till F. Braun machen Schiffe<br />

sparsamer und dadurch konkurrenzfähiger<br />

strebt möglichst umweltverträgliche<br />

Geschäfte an. <strong>Das</strong> hat mit dem Selbstverständnis<br />

der <strong>KfW</strong> als ›Bank aus<br />

Verantwortung‹ zu tun, ist aber auch<br />

betriebswirtschaftlich sinnvoll: Die<br />

Umwelteigenschaften beeinflussen<br />

immer stärker die Charterwahrscheinlichkeit<br />

und damit das Kredit ausfallrisiko.<br />

»Wir wollten deshalb herausfinden,<br />

wie energieeffizient die von uns<br />

mitfinanzierten Schiffe im Vergleich<br />

zur Weltflotte sind«, erläutert Wiebers.<br />

<strong>Das</strong> hat die <strong>KfW</strong> IPEX-Bank dann auch<br />

gemeinsam mit FutureShip getan. Die<br />

Grundlage <strong>für</strong> die Bewertung bildete<br />

der EEDI. FutureShip hat jedoch einen<br />

weiterführenden Ansatz entwickelt, um<br />

auch die Energieeffizienz von Schiffen<br />

mit Spezialantrieben sowie von Kreuzfahrtschiffen<br />

bewerten zu können, die<br />

erst seit Kurzem auch im EEDI berücksichtigt<br />

werden. Die erste Erkenntnis<br />

aus dem Projekt: <strong>Das</strong> Schiffsportfolio der<br />

<strong>KfW</strong> IPEX-Bank ist überdurchschnittlich<br />

energieeffizient.<br />

»Wir wollten außerdem wissen, wie sich<br />

die Energieeffizienz eines Schiffes auf<br />

seinen Verbrauch im täglichen Betrieb<br />

und über die Brennstoffkosten auf seine<br />

Verdienstmöglichkeiten auswirkt. <strong>Das</strong><br />

ist <strong>für</strong> den Betreiber eines Schiffes gleichermaßen<br />

interessant wie <strong>für</strong> dessen<br />

Eigentümer«, erklärt Jan-Henrik Hübner<br />

von FutureShip. Der ökonomische ist<br />

jedoch nicht der einzige Antrieb der<br />

<strong>KfW</strong> IPEX-Bank. »Wir wollen die Energieeffizienz<br />

im Flottendurchschnitt weiter<br />

verbessern und damit den CO 2 -Ausstoß<br />

verringern«, sagt Banker Wiebers.<br />

Krise als Katalysator<br />

Doch nicht der Verbrauch allein ist entscheidend.<br />

So verbraucht ein Scrubber<br />

zur Reduzierung des Schwefeldioxid-<br />

Ausstoßes Energie und erhöht damit<br />

den Brennstoffbedarf eines Schiffes.<br />

Insgesamt macht er das Schiff wegen<br />

des verringerten Schadstoffausstoßes<br />

jedoch umweltfreundlicher.<br />

Betrachtet man das Verhältnis von Verbrauch<br />

und transportierter Ladung ist<br />

die Schifffahrt schon heute umweltfreundlicher<br />

als andere Verkehrsmittel.<br />

Und die Entwicklung geht weiter: »Die<br />

Krise ist ein Katalysator <strong>für</strong> Green Shipping«,<br />

sagt Berater Hübner. Deshalb<br />

könne man der Branche nicht vorwerfen,<br />

sie betreibe nur Imagepflege, wenn<br />

sie stärker auf Verbrauch und Umweltfreundlichkeit<br />

achtet. »Hauptziel ist,<br />

dass die Schiffe am Chartermarkt zu<br />

auskömmlichen Raten Beschäftigung<br />

finden.« Reederei-Chef Valkier sieht<br />

in Green Shipping eine Chance <strong>für</strong> die<br />

europäische Schifffahrt an sich: »Die<br />

Europäer sind bei diesem Thema gut aufgestellt.<br />

Um die grüne Schifffahrt jedoch<br />

richtig voranzubringen, brauchen wir<br />

weitere Investitionen. Banken wie die<br />

<strong>KfW</strong> IPEX-Bank spielen dabei eine<br />

wichtige Rolle.«<br />

27


HANDELN<br />

Aufbruch<br />

von unten<br />

Mit dem Mikrofinanzprogramm SANAD gewährt die <strong>KfW</strong><br />

Kleinunternehmen in Nordafrika und im Nahen Osten<br />

Zugang zu Kapital. Auf diese Weise hilft sie auch, die Länder<br />

des Arabischen Frühlings zu stabilisieren.<br />

Text: Friederike Bauer<br />

DAS PROBLEM AN DER WURZEL PACKEN<br />

Die schlechte wirtschaftliche Lage war der Auslöser <strong>für</strong><br />

den Arabischen Frühling. Mit SANAD können die<br />

Menschen in Nordafrika nun ihre Situation verbessern<br />

28 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Bei einem Roman und einer Revolution, urteilte der<br />

Staatsphilosoph Alexis de Tocqueville schon vor rund<br />

200 Jahren, sei das Schwierigste, ein gutes Ende<br />

zu finden. Wie wahr diese Worte sind, erfahren die<br />

Menschen gerade in Nordafrika. Damit sie in der Phase des<br />

Umbruchs nicht mutlos werden, ihre Ziele von Freiheit und<br />

wirtschaftlichem Fortschritt nicht vorzeitig aufgeben, erhalten<br />

sie auch Beistand von außen.<br />

Der Geschäftsbereich Entwicklungsbank der <strong>KfW</strong> unterstützt<br />

einen Fonds namens SANAD – das arabische Wort <strong>für</strong><br />

Hilfe. Denn genau die will Deutschland leisten, um so zur Stabilisierung<br />

der gesamten Region beizutragen. In Nordafrika<br />

fehlen geschätzte 50 Millionen Arbeitsplätze. Ein Mangel,<br />

unter dem vor allem die junge Generation leidet; ihr neue Perspektiven<br />

zu eröffnen, dazu dient auch dieser Fonds. Schließlich<br />

waren die trüben wirtschaftlichen Aussichten ein entscheidender<br />

Auslöser <strong>für</strong> den ›Arabischen Frühling‹ und sind<br />

vielerorts bis heute ein Quell der Unzufriedenheit. »Nur wenn<br />

die jungen Menschen dort eine echte Chance auf Einkommen<br />

und Beschäftigung haben«, sagt die <strong>KfW</strong>-Nordafrikaexpertin<br />

Babette Stein von Kamienski, »gibt es auch eine Chance auf<br />

beständige demokratische Verhältnisse in der Region.«<br />

Jeder Mini-Betrieb entfaltet enorme Kraft<br />

Gemeinsam mit lokalen Finanzdienstleistern gewährt der<br />

SANAD-Fonds kleinen und mittleren Betrieben Zugang zu<br />

Krediten, die sie sonst kaum erhalten würden. Der arabische<br />

Raum gehört zu den Weltgegenden, die bisher am schlechtesten<br />

mit Mikrofinanzinstitutionen ausgestattet sind. Nur etwa<br />

20 Prozent der Kleinunternehmer dort, das zeigen Studien,<br />

können sich angemessen finanzieren. Dabei sind es gerade die<br />

winzigen Schneiderbetriebe, Telefondienstleister, Handwerker<br />

oder Kioskbesitzer, die ein Wirtschaftssystem von unten mit<br />

absichern. Jeder dieser Mini-Betriebe mag nur ein, zwei oder<br />

drei Arbeitsplätze schaffen, aber zusammen entfalten sie<br />

eine enorme Kraft. Da<strong>für</strong> den finanziellen Rahmen zu bieten,<br />

gründer- oder expansionswilligen Unternehmern Kredite<br />

zu gewähren, »hilft dem politischen Wandel wirtschaftlich<br />

auf die Sprünge«, wie Stein von Kamienski sagt.<br />

Auch in den Palästinensischen Gebieten gingen die Menschen<br />

auf die Straße, um politische und wirtschaftliche Verhältnisse<br />

anzuprangern. Auch dort schafft SANAD Per spek tiven:<br />

Misa’ Nassar konnte mithilfe des Programms ein kleines<br />

Therapiezentrum <strong>für</strong> behinderte Kinder in Ramallah eröffnen.<br />

Die Idee dazu hatte sie schon länger, auch die entsprechende<br />

Ausbildung, nicht aber das Geld <strong>für</strong> die Ausstattung. Mit<br />

einem Kredit über umgerechnet etwa 20.000 Euro von FATEN,<br />

der palästinensischen Partnerinstitution von SANAD, ging<br />

ihr Traum schließlich in Erfüllung. Seither hat die junge Frau<br />

nicht nur mehr als 200 Kindern geholfen, sondern auch noch<br />

fünf Mitarbeiter angestellt. »Mein Therapiezentrum steht jetzt<br />

auf soliden wirtschaftlichen Füßen«, sagt sie stolz.<br />

Geld <strong>für</strong> neuen Friseurstuhl und Schönheitsprodukte<br />

Vergleichbare Erfahrungen hat auch die jordanische Friseurin<br />

Elham Al-Naser gemacht. Ein kleiner Kredit von rund 1.500 Euro<br />

der Middle East Micro Credit Company (MEMCC), ebenfalls<br />

ein Partner von SANAD, brachte ihr Geschäft in Amman<br />

spürbar voran: Damit erstand sie einen zweiten Friseurstuhl<br />

und neue Schönheitsprodukte. Jetzt kann sie auch Kunden<br />

bedienen, die vorher wegen Überlastung warten oder sogar<br />

wieder gehen mussten. Dabei helfen ihr das zusätzliche<br />

Handwerkszeug – und eine neue Aushilfskraft.<br />

Ähnlich wie diese beiden Frauen werden bald noch<br />

mehr Kleinunternehmer im arabischen Raum von SANAD<br />

profitieren. Der Fonds, den die <strong>KfW</strong> 2011 im Auftrag und mit<br />

Finanzierung des Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung ins Leben gerufen hat<br />

und an dem sich inzwischen auch die EU finanziell beteiligt,<br />

ist mittlerweile in sechs Ländern aktiv.<br />

In den nächsten drei Jahren sollen über SANAD rund<br />

100 Millionen Euro in die Region fließen und zu den bisherigen<br />

Ländern weitere dazukommen, wie Jemen, Irak und eines Tages<br />

auch Syrien. Etwa 115.000 Betriebe, so die Pläne, kommen<br />

verteilt über die Region in den Genuss eines Kleinkredits zu<br />

vernünftigen Konditionen, 5.000 Kreditverträge laufen bereits.<br />

»Nur mit einer echten<br />

Chance auf Beschäftigung<br />

gibt es eine Chance auf<br />

beständige demokratische<br />

Verhältnisse.«<br />

Babette Stein von Kamienski<br />

Kredite meist nicht höher als 300 Euro<br />

Auch in Tunesien will SANAD nun helfen, die Wirtschaft zu<br />

festigen. Dort hatte die ›Arabellion‹ im Januar 2011 ihren<br />

Anfang genommen, als sich der Gemüsehändler Mohamed<br />

Bouazizi aus Protest gegen die sozialen Zustände in seinem<br />

Land verbrannte. Seither ringt Tunesien mit sich, seinem<br />

neuen politischen System und seinen sozialen Problemen.<br />

Der lokale Partner dort ist der Mikrofinanzdienstleister<br />

ENDA inter-arabe. Mit den umgerechnet rund fünf Millionen<br />

Euro von SANAD kann ENDA »mehr Kleinunternehmer,<br />

darunter vor allem Frauen, in benachteiligten Gebieten Tunesiens<br />

unterstützen«, wie deren Exekutivdirektorin Essma Ben<br />

Hamida sagt. Ländliche Gegenden zählen in Tunesien traditionell<br />

zu den wirtschaftlich schwächeren; deshalb war die<br />

Unzufriedenheit dort jüngst besonders hoch. Rund 32.000<br />

Kredite möchte SANAD in Tunesien über ENDA auslegen,<br />

jeder einzelne im Schnitt nicht höher als 300 Euro. <strong>Das</strong> sind<br />

<strong>für</strong> sich genommen kleine Beträge, aber mit großer Wirkung<br />

in der Summe.<br />

Um die hohe Arbeitslosigkeit auf zehn Prozent zu senken,<br />

müssten in Tunesien nach Berechnungen der Regierung<br />

500.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. »<strong>Das</strong> geht sicherlich<br />

nicht über Nacht«, resümiert <strong>KfW</strong>-Nordafrikaexperte<br />

Wolfgang Reuß, »aber SANAD wird zweifellos einen Beitrag<br />

zum Aufbau nachhaltiger wirtschaftlicher Strukturen in<br />

Tunesien und anderswo in Nordafrika leisten.«<br />

29


HANDELN<br />

30 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Die<br />

Tatkräftigen<br />

Die Flut ist weg. Was bleibt, sind Schäden in Millionenhöhe.<br />

Seit der Hochwasserkatastrophe im Juni stecken in der bayerischen<br />

Stadt Passau Gewerbe treibende, Privatleute und die Kommune ihre<br />

ganze Energie in den Wiederaufbau. Die <strong>KfW</strong> hilft ihnen.<br />

Text: Susanne Gotzek<br />

31


HANDELN<br />

MONTAG, 12. AUGUST,<br />

Stadtwerke Passau:<br />

Gottfried Weindler blickt<br />

aus dem Konferenzraum<br />

im obersten Stock. Die Sonne blendet ihn,<br />

blinzelnd zeigt der Geschäftsführer auf<br />

eine leere Fläche. »Hier bauen wir nächstes<br />

Jahr ein zweites Gebäude. Eines,<br />

das – so Gott will – unsere Netzwerkleitwarte<br />

vor dem Hochwasser bewahrt.«<br />

Nur so könne eine 100-prozentige Versorgung<br />

der Stadt mit Strom, Gas und<br />

Wasser sichergestellt werden. Seine<br />

Stimme wird brüchig. »Damit sich die<br />

Katastrophe nicht wiederholt.«<br />

Schlaflose Nacht<br />

MONTAG, 3. JUNI, Stadtwerke Passau:<br />

Gottfried Weindler hat in der Nacht<br />

von Sonntag auf Montag kaum ein Auge<br />

zugetan. In der Dreiflüssestadt steht<br />

das Wasser so hoch wie seit 1501 nicht<br />

mehr. Frühmorgens sind es bereits<br />

»Erst kam das<br />

Wasser, dann der<br />

Schock – und jetzt<br />

die Tatkraft.«<br />

Gottfried Weindler<br />

über zehn Meter. Und Donau, Inn und<br />

Ilz steigen immer weiter. In der Stadt<br />

herrscht Ausnahmezustand: Menschen<br />

werden mit Booten aus ihren Wohnungen<br />

evakuiert. 1.100 Einsatzkräfte<br />

der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks<br />

und der Bundeswehr sind im<br />

Kampf gegen die Fluten im Einsatz. Als<br />

Geschäftsführer der Stadtwerke gehört<br />

Weindler zum Krisenstab der Stadt.<br />

Doch trotz aller Routine beim Umgang<br />

mit dem alljährlichen Hochwasser –<br />

»diese Katastrophe sprengte alle<br />

Dimen sionen.«<br />

Nur wenige Stunden später treffen<br />

sich die Donau und der Inn in der Fußgänger<br />

zone und verwandeln die Altstadt<br />

in eine Insel. <strong>Das</strong> Wasser steht<br />

jetzt 12,98 Meter hoch. Auch die Trafostation<br />

und das Pumpwerk Stadtau,<br />

die Passau mit Strom und Wasser ver-<br />

32 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


Hochwasserhilfe<br />

der <strong>KfW</strong><br />

DER KRISENMANAGER<br />

Als Chef der Stadtwerke Passau<br />

sorgt Gottfried Weindler nun<br />

da<strong>für</strong>, dass Pumpwerk und Trafostation<br />

wasserfest werden<br />

KAUM LAND IN SICHT<br />

Donau, Inn und Ilz fluteten<br />

Passau. <strong>Das</strong> Wasser stand hier<br />

im Juni 2013 so hoch wie seit<br />

1501 nicht mehr<br />

Zur Behebung von Flutschäden hat die<br />

<strong>KfW</strong> ein Paket von Sofortmaßnahmen<br />

im Umfang von zunächst 100 Millionen<br />

Euro gestartet. Im Rahmen des <strong>für</strong><br />

ein Jahr aufgesetzten Aktionsplans<br />

Hochwasser bietet die <strong>KfW</strong> Unternehmen,<br />

Privathaushalten und Kommunen<br />

Kredite mit besonders günstigen Zinssätzen<br />

an. Diese Hilfsleistungen sind<br />

Teil eines Zehn-Punkte-Programms der<br />

Bundesregierung.<br />

Weitere Informationen zum <strong>KfW</strong>-Aktionsplan<br />

unter www.kfw.de/hochwasser.<br />

sorgen, werden überflutet. Für Weindler<br />

»der Supergau«. <strong>Das</strong> Krisenhandbuch<br />

schreibt vor, bei welchem Pegel welche<br />

Maßnahme zu treffen ist – doch <strong>für</strong><br />

diesen Wasserstand gibt es keinen Plan<br />

mehr. »<strong>Das</strong> war wie im Krieg. Es ging um<br />

Stunden.« Weindler behält einen kühlen<br />

Kopf. Erste Maßnahme: Die Stromversorgung<br />

abstellen. Danach gilt es, das<br />

Trinkwasser zu sichern. Ein vergeblicher<br />

Kampf. Als der 61-Jährige im Fernsehen<br />

sieht, »wie der Brunnen auf der Insel<br />

Soldatenau absäuft«, ist er »den Tränen<br />

nahe«. In diesem Moment hätte sich der<br />

Geschäftsführer am liebsten wie eine<br />

Maus in einem Loch verkrochen – »aber<br />

ich musste ja meinen Mann stehen,<br />

Vorbild sein«. Mit Erfolg: Weindler und<br />

seinem Team gelingt es, trotz abgestell-<br />

ter Brunnen, die Stadt weiterhin über<br />

Notbehälter mit sauberem Wasser zu<br />

versorgen.<br />

Nach der Flut bleibt <strong>für</strong> die Stadtwerke<br />

ein Schaden von mehr als zwei<br />

Millionen Euro. Die Versicherung kommt<br />

<strong>für</strong> 700.000 Euro auf, die <strong>KfW</strong> hilft<br />

mit einem Kredit über eine Million Euro.<br />

Weindler managt die Reparaturen, die<br />

bis Mitte September andauern. »Erst<br />

kam das Wasser, dann der Schock –<br />

und jetzt die Tatkraft.« Die Hochwassermarke<br />

wird neu definiert: Da<strong>für</strong> müssen<br />

die Trafostation und das Pumpwerk<br />

Stadtau zwei Meter höher gelegt werden,<br />

ebenso die Brunnen auf der Insel<br />

Soldatenau. <strong>Das</strong> Parkhaus Römerplatz<br />

wird komplett saniert und die Stadtwerke<br />

Passau errichten ein zweites,<br />

hochwassersicheres Gebäude.<br />

Die Karten werden neu gemischt<br />

MONTAG, 12. AUGUST. <strong>Das</strong> flache<br />

Wasser der Ilz glitzert im Sonnenlicht,<br />

eine Schwanenfamilie putzt sich ausgiebig<br />

das Gefieder, weiße Wäsche<br />

flattert im Wind. <strong>Das</strong> Haus der Familie<br />

Rübsam liegt mitten im Paradies, der<br />

Garten grenzt direkt an die Ilz – mit<br />

eigenem Zugang zum Fluss. »Im Sommer<br />

kühlen wir uns gerne in dem<br />

klaren Wasser ab.« 1996 kehrten die<br />

Pensionäre der Großstadt München<br />

den Rücken und zogen in das romantische<br />

Kleinod in der Achatiusstraße in<br />

Passau. Franz-Josef Rübsam, pensionierter<br />

Versicherungskaufmann und<br />

33


HANDELN<br />

aktiver Hobbymaler, liebt die lauen<br />

Sommernächte, in denen er im Garten<br />

sitzt, dem sanften Rauschen der Ilz<br />

lauscht und den Rauch seiner Zigarre<br />

in die Dunkelheit bläst.<br />

Doch in der Nacht des 4. Juni kauert<br />

der 78-Jährige erschöpft mit seiner<br />

Frau im Dachgeschoss. Die Flut hält die<br />

Rentner in ihrem Haus gefangen. »Ohne<br />

Strom waren wir von der Außenwelt<br />

abgeschnitten.« Den ganzen Tag über<br />

hatten die Rübsams Wasser aus dem<br />

Wohnzimmer geschöpft, und trotzdem<br />

stieg es Treppenstufe um Treppenstufe.<br />

»Ein grausamer Anblick.« Am Dienstag<br />

zieht sich die Flut zurück – übrig bleibt<br />

ein Trümmerhaufen. »Die Schränke<br />

waren zerstört, die Möbel verkeilt und<br />

an der Decke klebten Spielkarten, die<br />

uns vor die Füße fielen«, erinnert sich<br />

Margit Rübsam. <strong>Das</strong> Schicksal hat die<br />

Karten neu gemischt. Der Altersruhesitz<br />

ist jetzt eine Baustelle. »Der Schaden<br />

beläuft sich auf etwa 90.000 Euro.« Die<br />

Rübsams erhalten Spenden von der<br />

Stadt und einen Kredit von der <strong>KfW</strong>. Sie<br />

blicken nach vorne: »Die Abbruchphase<br />

ist überstanden, jetzt kommt der Aufbau.«<br />

Doch der tägliche Blick auf die<br />

Ilz nährt die bange Frage: Wann kommt<br />

das nächste Hochwasser? »Noch so<br />

eine Flut, das überstehen wir nicht –<br />

emotional und finanziell.«<br />

Ein Hotel versinkt<br />

SONNTAG, 2. JUNI, Hotel Residenz:<br />

<strong>Das</strong> Wasser der Donau kommt geräuschlos,<br />

aber mit gewaltiger Kraft. <strong>Das</strong><br />

Viersternehotel an der Fritz-Schäffer-<br />

Promenade steht an vorderster Front,<br />

direkt an der Donau. Die Touristen sind<br />

ausquartiert, die üblichen Vorkehrungsmaßnahmen<br />

bereits getroffen, als die<br />

Hotelbesitzer Petra und Wilhelm von<br />

Jaruntowski eine dunkle Vorahnung beschleicht:<br />

Was ist, wenn das Wasser höher<br />

steigt als prognostiziert? 7,80 Meter –<br />

»das ist <strong>für</strong> uns Routine«. Bis 9,50 Meter<br />

sei das Hotel, das das Ehepaar seit sechs<br />

Jahren leitet, hochwassersicher. Doch es<br />

bleibt nicht dabei. »Am Sonntag konnten<br />

wir zusehen, wie das Wasser immer<br />

weiter stieg.«<br />

Die Hotelbesitzer tragen zusammen<br />

mit ihren Mitarbeitern die wichtigsten<br />

Sachen in den 15 Meter hoch liegenden<br />

zweiten Stock, bis ein Boot der Wasserwacht<br />

sie abholt und die Räumarbeiten<br />

beendet. »Wir wurden quasi zwangsevakuiert«,<br />

erinnert sich Petra von Jaruntowski.<br />

Enttäuschung und Verzweiflung<br />

liegen in ihrer Stimme. »Wir hätten<br />

noch viel mehr retten können.« In der<br />

Nacht von Sonntag auf Montag dann<br />

die Nachricht: <strong>Das</strong> Wasser steigt womöglich<br />

über 13 Meter. Wilhelm von<br />

Jaruntowski lässt sich mit einem Boot<br />

SPUREN DER FLUT<br />

<strong>Das</strong> Hochwasser hat im Hotel Residenz einen Schaden in<br />

Millionenhöhe verursacht. Die Feuchtigkeit ist nur schwer<br />

aus den Wänden herauszubekommen<br />

zum Hotel fahren, um den ohnehin sehr<br />

hoch stehenden Anlagenserver ebenfalls<br />

in den zweiten Stock zu schaffen.<br />

Mit einer Taschenlampe bewaffnet,<br />

watet er durch die Dunkelheit. »Die<br />

Strömung hat Schränke herausgerissen<br />

und Scheiben zerbrochen. Möbelstücke<br />

schwammen umher, der ganze erste<br />

Stock war abgesoffen.« <strong>Das</strong> Hotel erinnert<br />

ihn an »ein sinkendes Schiff«.<br />

Täglich das Chaos verwalten<br />

MONTAG, 12. AUGUST, Frühstücksraum<br />

im Hotel Residenz, Erdgeschoss:<br />

Feuchtigkeit liegt in der Luft. »Knusprige<br />

Brötchen fallen in Windeseile ein«,<br />

sagt Wilhelm Jaruntowski. Seine Frau<br />

lächelt gequält. Die Hotelbesitzer sind<br />

ein attraktives Paar – doch das perfekte<br />

Make-up der blonden Hotelfachfrau<br />

und das charmante Lächeln des Juristen<br />

verbergen ihre Angespanntheit nicht.<br />

Handwerker gehen ein und aus. Es wird<br />

gebohrt und gehämmert. Offene Kabel<br />

34 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


UNFREIWILLIGER NEUANFANG<br />

Seit der Flut gehen Handwerker im Hotel ein und aus.<br />

Mit Geld von der <strong>KfW</strong> verwandeln die Betreiber ihr Haus<br />

wieder in einen Ort, an dem sich Gäste wohlfühlen<br />

hängen von der Decke. »Wir haben einen<br />

Millionenschaden«, sagt Petra von Jaruntowski<br />

langsam. »<strong>Das</strong> Hotel ist unsere<br />

Existenz«, fügt ihr Mann hinzu. Der<br />

Schock sitzt tief, das sieht und hört man.<br />

Zurückblicken helfe nichts – »sonst kann<br />

ich gleich in die Klapse«, sagt Wilhelm<br />

von Jaruntowski. »Oder uns <strong>für</strong> Hartz IV<br />

anmelden«, ergänzt seine Frau. Die<br />

Hoteliers wandeln ihre Enttäuschung<br />

über das Schicksal in Sarkasmus um –<br />

und in Energie <strong>für</strong> den Wiederaufbau.<br />

Vom Land haben die Hoteliers einen<br />

Zuschuss über 200.000 Euro bekommen,<br />

von der <strong>KfW</strong> ein Darlehen über<br />

300.000 Euro. »Ohne diese finanzielle<br />

Unterstützung könnten wir einpacken.«<br />

Auf der Terrasse des Hotels sitzen<br />

drei Frauen beim Kaffeekränzchen<br />

mit Blick auf die Donau, die an diesem<br />

strahlenden Sommertag friedlich und<br />

träge ihre begradigten Bahnen zieht. Die<br />

Touristen kommen wieder. »Wir sind<br />

fast ausgebucht, trotz Baustelle«, sagt<br />

Petra von Jaruntowski. <strong>Das</strong> Leben in<br />

Passau geht weiter.<br />

WASSERSTRASSE STATT<br />

BÜRGERSTEIG<br />

Wo sonst Passanten entlanglaufen,<br />

fuhren während des Hochwassers<br />

Rettungsboote. Viele Bürger mussten<br />

aus ihren Häusern fliehen<br />

35


HANDELN<br />

M ACHER<br />

»Unsere<br />

Kunden<br />

müssen<br />

nicht aufs<br />

Stromnetz<br />

warten«<br />

Mobisol –<br />

Sonnenenergie<br />

<strong>für</strong> Afrika<br />

Gegründet: 2010<br />

Firmensitz: Berlin<br />

Mitarbeiter in Deutschland: 20<br />

Mitarbeiter in Afrika: 15 fest<br />

angestellte und 35 freie Mitarbeiter<br />

in Tansania, drei fest angestellte<br />

und zwölf freie Mitarbeiter in Kenia<br />

Installierte Anlagen<br />

bis 30. September 2013: 1.650<br />

Internet: www.plugintheworld.com<br />

Thomas Gottschalk hat sich aufgemacht,<br />

Sonnenenergie in afrikanische Haushalte<br />

zu bringen. Im Interview erklärt der Berliner,<br />

wie er mit einem Baukastensystem das<br />

Leben von Menschen in Tansania, Kenia<br />

und Ghana verändert.<br />

Interview: Ulrike Wronski<br />

36 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


GE SÜNDE R A L S<br />

KEROSINLAMPEN<br />

Die Solaranlagen von<br />

Thomas Gottschalk<br />

bringen Licht ins Haus,<br />

ohne die Räume zu<br />

verrußen<br />

Herr Gottschalk, sind Sie ein Weltverbesserer?<br />

Die Welt zu verbessern, ist natürlich<br />

ein sehr schöner Gedanke, aber wenn<br />

man als Unternehmer mit seiner Idee<br />

kein Geld verdienen kann, steht man<br />

schnell alleine da. Es geht mir also auch<br />

ums Geldverdienen. Nur ein profitables<br />

Geschäft lässt sich irgendwann ausweiten<br />

und kommt so möglichst vielen<br />

Menschen zugute.<br />

Wie kommt es, dass Sie Privathaushalte<br />

in Afrika mit Solarmodulen<br />

ausstatten?<br />

Ein Freund hatte die Idee, Solaranlagen<br />

mit Mobilfunktechnologie zu verbinden<br />

und im ländlichen Afrika verfügbar zu<br />

machen. Ich bin Ingenieur <strong>für</strong> erneuerbare<br />

Energien und so fragte er, ob das<br />

<strong>für</strong> mich nicht ein spannendes Vorhaben<br />

wäre. Ich habe schnell gemerkt: <strong>Das</strong> ist<br />

ein gigantischer Markt mit unglaublichem<br />

Potenzial.<br />

Was hat Sie an der Idee fasziniert?<br />

Unternehmerisch hat mich gereizt, ein<br />

Produkt zu entwickeln, das ein Viertel<br />

der Weltbevölkerung benötigt. Dazu<br />

dann noch der soziale und der ökologische<br />

Aspekt: Unsere Solarsysteme sind<br />

günstiger <strong>für</strong> die Nutzer als Energie<br />

aus fossilen Brennstoffen und zudem<br />

gesünder und umweltfreundlicher.<br />

Warum hat da vorher noch keiner<br />

dran gedacht?<br />

Auch andere arbeiten daran, das ländliche<br />

Afrika zu elektrifizieren. <strong>Das</strong><br />

Besondere an unserem Konzept ist,<br />

dass wir bezahlbare Solaranlagen mit<br />

dem Mikrofinanzmodell verknüpfen<br />

und alles via Mobilfunk abwickeln. <strong>Das</strong><br />

wäre so vor fünf Jahren nicht gegangen,<br />

weil die Technologie noch nicht so weit<br />

war. Die Solarmodule waren zu teuer<br />

und den Mobile Money Service gab es<br />

noch nicht.<br />

Wie funktioniert Ihr System genau?<br />

Der Kunde finanziert die Solaranlage<br />

über eine Laufzeit von 36 Monaten.<br />

Danach gehört sie ihm. Die monatliche<br />

Rate überweist er via Handy, nur dann<br />

liefert das System Strom. Insgesamt<br />

liegen die Kosten <strong>für</strong> das Solarsystem<br />

unter denen, die die Kunden vorher <strong>für</strong><br />

fossile Energie aufbringen mussten.<br />

Die kleinste Anlage kostet neun Dollar<br />

im Monat. Damit hat man Licht, kann<br />

ein Radio anschließen und sein Handy<br />

aufladen. Mit der größten Anlage <strong>für</strong><br />

45 Dollar pro Monat lässt sich ein kleines<br />

Geschäft betreiben, indem man<br />

zum Beispiel gekühlte Getränke anbietet<br />

oder eine Haarschneidemaschine<br />

<strong>für</strong> einen Friseurladen anschließt. Auch<br />

die Handys der Nachbarn kann man<br />

damit aufladen.<br />

Wie viele Kunden nutzen die Solaranlagen<br />

<strong>für</strong> ihr eigenes Unternehmen?<br />

Etwa ein Drittel. Die meisten von ihnen<br />

sind Frauen. Während ihre Männer auf<br />

dem Feld arbeiten, können die Frauen<br />

neben Hausarbeit und Kinderbetreuung<br />

noch einen kleinen Shop aus dem Küchenfenster<br />

betreiben. <strong>Das</strong> ist <strong>für</strong> viele sehr<br />

lukrativ. Die Monatsrate von 45 Dollar<br />

verdient manch einer an zwei Tagen<br />

mit dem Aufladen von Handys. Unsere<br />

Kunden merken: Ich brauche gar nicht<br />

mehr aufs Stromnetz zu warten!<br />

Welche Effekte hat die Elektri -<br />

fizierung <strong>für</strong> Menschen, die kein<br />

Geschäft betreiben?<br />

Die Menschen können abends länger<br />

tätig sein, zum Beispiel Hausarbeit verrichten<br />

oder Schularbeiten machen. <strong>Das</strong><br />

ging vorher mit Kerosinlampen kaum.<br />

Hinzu kommt, dass die Wohnräume nicht<br />

so verräuchert sind und weniger CO 2<br />

emittiert wird. Viele Käufer berichten<br />

uns auch von einem neuen Sicherheitsgefühl,<br />

weil ihr Haus hell erleuchtet ist.<br />

Wie sieht es mit Ihrem Sicher heitsgefühl<br />

aus? Haben Sie sich Sorgen<br />

gemacht, als Sie mit Ihrem Unternehmen<br />

gestartet sind?<br />

<strong>Das</strong>s die Anlage funktionieren würde –<br />

davon war ich überzeugt. Aber ich wusste<br />

natürlich nicht, wie dieses neue Produkt<br />

in Afrika ankommen würde. Eine Technologie,<br />

die sich Weißnasen in Berlin ausgedacht<br />

haben, hätte dort auch scheitern<br />

37


HANDELN<br />

VORBILD IKEA<br />

Die Solaranlagen<br />

sind so designt,<br />

dass die Kunden sie<br />

ohne fremde Hilfe<br />

montieren können.<br />

Es wird lediglich ein<br />

Hammer benötigt<br />

können. Außerdem <strong>für</strong>chtete ich Korruption.<br />

Doch diese Sorgen waren unbegründet.<br />

Die Reaktionen der Käufer auf die<br />

Solaranlagen waren bis jetzt nur positiv.<br />

Lediglich ein System wurde gestohlen.<br />

Auch der Import der Solarmodule läuft<br />

unkompliziert.<br />

Wo werden die Module gefertigt?<br />

Teilweise in China, teilweise in Kenia.<br />

Wir würden gern alles lokal produzieren,<br />

aber unsere Kunden sind sehr preissensitiv.<br />

Sie müssen sich die Anlagen ja<br />

auch leisten können.<br />

Wie aufwendig ist die Montage der<br />

Anlagen?<br />

Wir haben sehr lange am Design gefeilt,<br />

damit die Käufer die Anlagen ohne<br />

fremde Hilfe installieren können. Ikea<br />

war dabei unser Vorbild. Die Kunden<br />

brauchen nur einen Hammer <strong>für</strong> die<br />

Montage, notfalls reicht auch ein Stein.<br />

Die Wartung übernehmen unsere freien<br />

Mitarbeiter vor Ort. Sie werden via<br />

Mobilfunk informiert, wenn eine Anlage<br />

nicht funktioniert.<br />

Wie haben Sie Produktentwicklung<br />

und Markteintritt finanziert?<br />

Der erste Investor kam aus der Solarbranche.<br />

Er finanzierte die Produktentwicklung<br />

und ein paar Mitarbeiter.<br />

Für die Pilotprojekte in Tansania und<br />

Kenia konnten wir dann den nächsten<br />

Investor gewinnen. Seit 2012 ist auch<br />

die <strong>KfW</strong>-Tochter DEG an Bord. Mit ihrer<br />

Hilfe konnten wir 1.000 Anlagen vorfinanzieren.<br />

Weil wir beim Vertrieb unserer<br />

Solaranlagen auf Mikrofinanzierung<br />

setzen, müssen wir zunächst die Kosten<br />

vorstrecken – ein finanzieller Kraftakt.<br />

Als die DEG einstieg, merkten wir<br />

schnell: Sie hat einen guten Leumund,<br />

das erleichtert die Gespräche mit neuen<br />

Investoren immens.<br />

Wie geht es weiter? Wo sehen Sie<br />

Ihr Unternehmen in den kommenden<br />

Jahren?<br />

Wir haben <strong>für</strong> unsere Pilotphase in<br />

Tansania und Kenia verlässliche Partner<br />

gefunden. Auch in Ghana läuft es gut.<br />

Inzwischen erhalten wir jeden Tag neue<br />

Anfragen von Menschen, die mit uns<br />

zusammenarbeiten möchten. 2014 starten<br />

wir in Ruanda. Damit wir die große<br />

Nachfrage decken können, schauen<br />

wir gerade, wie wir das Unternehmen<br />

zusammen mit Franchisenehmern größer<br />

machen können. Der Vertrieb muss<br />

ausgelagert werden. Bis Ende des Jahres<br />

wollen wir 3.500 Anlagen installiert<br />

haben, dann ist auch unser Break-even<br />

erreicht. 2014 soll das Jahr werden, in<br />

dem wir unser Unternehmen skalieren.<br />

20.000 Anlagen sind das Ziel. Der Bedarf<br />

liegt übrigens bei mehr als 100 Millionen<br />

Anlagen – da ist also noch Luft<br />

nach oben.<br />

Die Förderung<br />

der DEG<br />

Die <strong>KfW</strong>-Tochter Deutsche Investitionsund<br />

Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG)<br />

hat Mobisol mit develoPPP-Mitteln des<br />

Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt.<br />

Auf diese Weise konnte das Unternehmen<br />

1.000 Anlagen vorfinanzieren.<br />

38 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


STARTHELFER<br />

Neues hinter jeder Ecke<br />

Ein <strong>KfW</strong>-Mitarbeiter bezieht Posten am anderen<br />

Ende der Welt: Statt in Frankfurt lebt Familie Hilliges<br />

jetzt in Neu-Delhi.<br />

Text: Friederike Bauer<br />

39


HANDELN<br />

Drei Jahre Indien liegen vor<br />

Peter Hilliges, seiner Frau<br />

Carla Berke und den Kindern<br />

Mona und Malte. Drei aufregende,<br />

bereichernde und unvergessliche<br />

Jahre, wie sie hoffen. Noch können die<br />

vier mehr erahnen als wissen, was da<br />

genau auf sie zukommt. Denn die Familie<br />

ist erst vor Kurzem von Frankfurt nach<br />

Neu-Delhi gezogen, weil Peter Hilliges<br />

die Stelle des <strong>KfW</strong>-Büroleiters in Indien<br />

übernommen hat. Noch leben die vier<br />

aus Koffern in einer Übergangswohnung.<br />

Aber schon jetzt »entdecken wir hinter<br />

jeder Ecke etwas Neues«, sagt Carla<br />

Berke, die ebenfalls bei der <strong>KfW</strong> beschäftigt<br />

ist und sich <strong>für</strong> die Zeit in Indien<br />

hat beurlauben lassen.<br />

»<strong>Das</strong> hätte es vor 20 Jahren nicht<br />

gegeben«<br />

Besonders neu ist das alles <strong>für</strong> Malte<br />

und Mona, acht- und zehnjährig. Anders<br />

als ihre Eltern kannten sie Indien vorher<br />

gar nicht. Nicht einmal zum ›Schnuppern‹<br />

waren sie dort, wie das im <strong>KfW</strong>-<br />

Jargon heißt, wenn eine Familie ein Land<br />

inspiziert, um zu prüfen, ob sie dort tatsächlich<br />

einige Jahre <strong>für</strong> die Bank arbeiten<br />

und leben könnte. »Wir haben das<br />

entschieden, weil wir überzeugt sind,<br />

dass sie das packen. Damit können wir<br />

ihnen eine Erfahrung <strong>für</strong>s Leben mitgeben«,<br />

sagt Peter Hilliges.<br />

Die beiden Erwachsenen wussten dagegen<br />

ziemlich genau, worauf sie sich einlassen,<br />

jedenfalls das Land betreffend:<br />

»Uns hat die Liebe zu Indien hierhergetrieben«,<br />

erzählt Carla Berke. »Wir<br />

sind fasziniert von diesem Land, seiner<br />

dynamischen Entwicklung und vielfältigen<br />

Kultur.« Dazu gehören <strong>für</strong> Volkswirte<br />

wie Hilliges und Berke auch die<br />

wirtschaftliche Entwicklung Indiens<br />

und dessen Bezüge zur restlichen Welt.<br />

Derzeit verfolgen sie staunend den dramatischen<br />

Verlust bei der Rupie, ausgelöst<br />

durch eine geänderte Geldpolitik<br />

der US-Notenbank. »<strong>Das</strong> hätte es vor<br />

20 Jahren nicht gegeben«, sagt Hilliges.<br />

»Indien ist heute ganz anders in die<br />

Weltwirtschaft integriert.«<br />

Peter Hilliges und Carla Berke, beide<br />

seit Ende der 90er-Jahre bei der <strong>KfW</strong>,<br />

kennen den Subkontinent noch aus<br />

Studienzeiten: Damals verbrachten sie<br />

unabhängig voneinander viele Monate<br />

in Indien, er als Praktikant beim Verband<br />

der indischen Industrie, sie bei<br />

einer Nichtregierungsorganisation. <strong>Das</strong><br />

Land hat sie seither nicht mehr losgelassen,<br />

hat ihr Mitgefühl geweckt, ihre<br />

Fantasie beflügelt und immer wieder<br />

auch ihr Arbeitsleben bestimmt: Beide<br />

hatten als Projektmanager bei der <strong>KfW</strong><br />

mit Indien zu tun, er kümmerte sich<br />

um Energie- und Wasservorhaben, sie<br />

um ländliche Entwicklung.<br />

»Deshalb haben wir schon lange<br />

davon geträumt, mal gemeinsam in<br />

Indien zu leben«, erzählt Peter Hilliges.<br />

Auslandserprobt sind er und seine Frau<br />

übrigens nicht nur aus Studienzeiten.<br />

Danach haben sie sich, zuletzt jeweils<br />

als <strong>KfW</strong>-Teamleiter, um alle möglichen<br />

Probleme in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

gekümmert – rege Reisetätigkeiten<br />

eingeschlossen: Der Schutz des<br />

Ama zonas-Regenwaldes gehörte dazu,<br />

aber auch die Hilfe <strong>für</strong> misshandelte<br />

Frauen in der Demokratischen Republik<br />

Kongo oder die Wiedereingliederung<br />

von ehemaligen Kombattanten im Südsudan.<br />

<strong>Das</strong> Interesse an neuen Aufgaben<br />

und fremden Kulturen prägt ihr ganzes<br />

Berufsleben – und als stabiles Band<br />

auch ihre Beziehung.<br />

»Als Frau steht man unter<br />

permanenter Beobachtung«<br />

Und dennoch: Der Umzug nach Indien<br />

markiert selbst <strong>für</strong> die Eltern eine<br />

neue Etappe. So muss vor allem Carla<br />

Berke mit der Gewalt gegen Frauen<br />

in der indischen Gesellschaft umgehen.<br />

Effizienzhäuser<br />

in Indien nach<br />

deutschem Vorbild<br />

Land: Indien<br />

Projektpartner: die indische National<br />

Housing Bank (NHB)<br />

Projektziel: Energieeffizienz in<br />

Gebäuden verbessern<br />

Vorgehen: Die <strong>KfW</strong> hat der NHB eine<br />

zinsgünstige Kreditlinie von zunächst<br />

50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.<br />

Diese refinanziert über ein Netz an Hausbanken<br />

Eigenheimkredite <strong>für</strong> energieeffiziente<br />

Immobilien.<br />

Fortschritte: Inzwischen sind um die<br />

1.300 Kreditverträge mit einer Gesamthöhe<br />

von 30 Millionen Euro unterzeichnet.<br />

Mehr als 140 Gebäude wurden bereits<br />

refinanziert. Durch den geringeren Energiebedarf<br />

im Vergleich zu herkömmlichen<br />

Gebäuden lassen sich Kohlendioxid-<br />

Emissionen von 1.800 Tonnen jährlich<br />

einsparen. Wegen des Pro gramm erfolges<br />

wird die Kreditlinie um 100 Millionen Euro<br />

erweitert. Außerdem arbeitet die NHB<br />

an einem Effizienzlabel, das ähnlich wie<br />

die <strong>KfW</strong>-Standards in Deutschland funktionieren<br />

soll. <strong>Das</strong> Programm gilt als<br />

besonders innovativ und wurde deshalb<br />

im Jahr 2012 mit dem ›SKOCH Financial<br />

Inclusion Award‹ ausgezeichnet.<br />

»Als Frau steht man unter permanenter<br />

Beobachtung – auch als Ausländerin.<br />

Daran muss man sich gewöhnen«, sagt<br />

Carla Berke. Unannehmlichkeiten versucht<br />

sie durch angemessene Kleidung<br />

wie weite Blusen zu vermeiden. »Indien<br />

hat hier zweifellos ein massives Problem.<br />

Ich hoffe sehr, dass es irgendwann<br />

auch hier mehr Gerechtigkeit und keine<br />

sexuelle Gewalt mehr gibt.«<br />

Beruflich muss sich Carla Berke<br />

ebenfalls umstellen: Sie ist beurlaubt<br />

von der <strong>KfW</strong> und wird sich in Indien<br />

früher oder später eine Übergangs-<br />

40 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


ERSTER FAMILIENAUSFLUG<br />

Bevor der neue Alltag so richtig<br />

beginnt, erkundet Familie Hilliges ihre<br />

neue Heimat<br />

beschäftigung suchen. Vorstellen kann<br />

sie sich vieles, eine internationale Organisation<br />

oder eine NGO, auf jeden Fall<br />

irgendetwas Konkretes, »nahe bei den<br />

Menschen«. <strong>Das</strong>s sie noch nichts Genaueres<br />

weiß, empfindet Carla Berke nicht<br />

als Last, sondern als Luxus. <strong>Das</strong> Angebot<br />

ihres Mannes, ihr ins Ausland zu folgen,<br />

hat sie bewusst abgelehnt. Sie sieht die<br />

nächsten Jahre vielmehr als »absolute<br />

Chance, ganz entspannt noch einmal<br />

Neues auszuprobieren«.<br />

Auch <strong>für</strong> Peter Hilliges heißt es jetzt:<br />

lernen, lernen, lernen. Die finanzielle<br />

Zusammenarbeit kennt er. Wie die <strong>KfW</strong><br />

funktioniert, weiß er nach 17 Jahren<br />

im Geschäftsbereich Entwicklungsbank<br />

auch. Aber in die Gepflogenheiten vor<br />

Ort muss sich Hilliges erst noch einfinden.<br />

<strong>Das</strong> beginnt bei simplen Managementfragen<br />

und endet bei kulturellen<br />

Missverständnissen. Immerhin ist seine<br />

neue Aufgabe vergleichbar mit der eines<br />

Geschäftsführers von 15 Angestellten,<br />

die meisten davon Einheimische.<br />

»Wir passen im Moment<br />

einfach gut hierher«<br />

Auf Hilliges wartet deshalb abgesehen<br />

von einem neuen Alltag mit der Familie<br />

auch jede Menge Arbeit, schon weil<br />

Indien zu den wichtigsten Außenposten<br />

der <strong>KfW</strong> zählt. Außer bei Energie- und<br />

Umweltprojekten sowie in den Sektoren<br />

Gesundheit und Finanzen möchte er<br />

besondere Akzente bei der Stadtentwicklung<br />

setzen. Seiner Ansicht nach fehlen<br />

in den Städten energieeffiziente Gebäude<br />

genauso wie U-Bahnen, Bus linien oder<br />

Müllsysteme. »Der Bedarf ist gigantisch;<br />

ich glaube, hier können wir noch<br />

viel machen« – damit meint Hilliges<br />

sicher mehr als die reine Projektarbeit.<br />

Etwas direkter drückt es seine Frau<br />

aus: »Wir passen im Moment einfach<br />

gut hierher.«<br />

41


HANDELN<br />

HANDELSBILANZ<br />

»Ohne ihn hätte<br />

ich meinen Beruf<br />

geschwänzt«<br />

Wir fragen Prominente nach einer Tat,<br />

die ihr Leben verändert hat. Esther<br />

Schweins erzählt, wie sie ihr Schulleiter<br />

<strong>für</strong>s Theater begeisterte.<br />

ESTHER SCHWEINS<br />

lebt mit ihrem Mann und ihren zwei<br />

Kindern auf Mallorca. 1993 wurde sie<br />

durch die Comedy-Sendung ›RTL Samstag<br />

Nacht‹ bekannt. Schweins führte<br />

Regie beim Theaterstück ›Caveman‹,<br />

moderierte Kulturmagazine im Fernsehen.<br />

Die Schauspielerin wirkt in TV- und<br />

Kinofilmen mit, etwa in der Komödie<br />

›Sommer in Rom‹ (17.12., 20.15 Uhr,<br />

ARD). Privat engagiert sie sich als Botschafterin<br />

der EU-Kampagne ›We Care,<br />

You Enjoy‹ <strong>für</strong> Obst und Gemüse aus<br />

Europa (www.wecareyouenjoy.eu).<br />

Durch die Summe vieler Einzeltaten<br />

hat ein Mann mein<br />

Leben tief berührt und maßgeblich<br />

verändert – und nicht<br />

nur meines. Karl Büchsenschütz heißt<br />

dieser Anzug und Krawatte tragende,<br />

von einem inneren Feuer des Lehrens<br />

beseelte Zweimetermann. Vom ersten<br />

Tag seiner Amtszeit als Direktor der<br />

Viernheimer Alexander-von-Humboldt-<br />

Schule, damals Sorgenkind des Landes<br />

Hessen, begrüßte er morgens jeden seiner<br />

rund 1.000 Schüler persönlich. Wenn<br />

der Betonklotz, dem er nun vorstand, etwas<br />

ausstrahlte, dann war es Tristesse.<br />

Die tat sicher ihr Übriges, den Umgang<br />

der Schüler untereinander rau sein zu<br />

lassen. Die Starken dominierten die<br />

Schwachen, im Kollektiv und mit Härte,<br />

die mit Härte aus dem Lehrerkollegium<br />

beantwortet wurde, an dieser kollektiven<br />

Gesamtschule.<br />

Bis 1983. Dann ging die Sonne auf. Statt<br />

Unterricht gab es unter ›Büchses‹ Führung,<br />

die mehr Inspiration war, Projektwochen<br />

zur Schulhausgestaltung. Aus<br />

Grau wurde Bunt, aus Unmut Kunst,<br />

Pinselstrich <strong>für</strong> Pinselstrich weg von<br />

Massenschülerhaltung hin zu individualisierter<br />

Förderung. Ein ökologischer<br />

Garten entstand und ein Feuchtbiotop.<br />

Eine Bibliothek, in der es still war in<br />

all dem Trubel, wurde zum Zufluchtsort.<br />

Kolloquien, die von begeisterten Professoren<br />

fremd klingender Universitäten<br />

in unserer nun mit Wandmalereien der<br />

Mayakultur versehenen Aula abgehalten<br />

wurden, brachten mir bei, dass die Welt<br />

denen gehört, die neu und quer denken.<br />

Die Büchse war so ein Quer denker,<br />

der ›seine Pappenheimer‹ zum Tee lud,<br />

befragte, ausreden ließ, ihnen zur Not<br />

auch eine Auszeit von der Schule empfahl<br />

– und den ungehinderten Wiedereintritt<br />

versprach, um sie wieder auf Spur<br />

zu bringen.<br />

Er hat in einer Atmosphäre des Tumults<br />

genau hingesehen, so genau, wie er Sprache<br />

setzte, und ich möchte meinen, dass<br />

keines seiner Worte sein Ziel verfehlte.<br />

Mich hat er kurz vor der mittleren Reife,<br />

förmlich das ›Sie‹ verwendend, aufs Abitur<br />

eingeladen. Ohne seinen Vorschlag<br />

hätte ich orientierungslos die Schule<br />

verlassen. Und ich hätte, wäre ich nicht<br />

einer weiteren seiner ›Einladungen‹ gefolgt,<br />

nie Theater gespielt, obwohl meine<br />

Liebe zu den Klassikern dank einer<br />

weiteren Überzeugungstäterin, meiner<br />

Deutschlehrerin Hanne Lukat, längst<br />

entfacht war. Die Büchse gründete einen<br />

Theatereinsatztrupp und bestückte ihn<br />

mit Schülern, von denen er meinte, dass<br />

sie Freude daran hätten, so wie er Gruppen<br />

<strong>für</strong> Chemie, Literatur, Foto und was<br />

sonst noch ins Leben rief.<br />

Ich war ein schüchternes Mädchen,<br />

selbst in Gedanken. Die Büchse aber bot<br />

mir einen schützenden Rahmen, in dessen<br />

Grenzen ich lernte, frei zu denken<br />

und das Unmögliche <strong>für</strong> möglich zu halten.<br />

Die Büchse hat mir Feuer unterm<br />

Hintern gemacht, mir Flügel verliehen<br />

und Rückenwind gegeben. Er hat mir<br />

Perspektiven gezeigt, die weit über die<br />

Grenzen des Gebietes reichten, das von<br />

der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft<br />

befahren wurde. Ohne Karl Büchsenschütz<br />

hätte ich nicht nur so manche<br />

Französischstunde, sondern meinen Beruf<br />

geschwänzt.<br />

42 | <strong>CHANCEN</strong> Aufbruch


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60325 Frankfurt am Main<br />

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Redaktion:<br />

Alexandra Albin, Axel Breitbach, Alexander Kempf,<br />

Alexander Klein, Verena Mohrenweiser, Cordula Rinsche,<br />

Michael Ruffert, Bernd Salzmann (Ltg.), Thomas Schuch,<br />

Anja Strautz, Dela Strumpf (alle <strong>KfW</strong> Bankengruppe)<br />

Sven Appel, Friederike Bauer, Nicolas Engel, Leonore<br />

Esser, Susanne Gotzek, Leif Ullmann, Ulrike Wronski<br />

(Ltg.) (alle fischerAppelt, relations GmbH)<br />

Jörg Thadeusz (Kolumnist)<br />

chancen-redaktion@kfw.de<br />

Gestaltung:<br />

Dominique Haussener, Gesa Heitmann, Jan Kruse,<br />

Martina Massong (alle Ligalux GmbH)<br />

Fotos:<br />

aasha/Getty Images (S. 12); Bennett/Getty Images<br />

(S. 43); Christo/Schürf & Diogenes (S. 43); Roberto<br />

Conte/Getty Images (S. 7); Cameron Davidson/Corbis<br />

(S. 22 – 23); DEG/Mobisol GmbH (S. 38); Peter Hilliges<br />

(S. 41); Hurd/REA/laif (S. 28); Enno Kapitza (S. 4, 30 – 31,<br />

33 – 35); Alexander Kempf (S. 21, 26); <strong>KfW</strong>-Bildarchiv/<br />

Fotograf: Gaby Gerster (S. 3); Yann Layma/Getty<br />

Images (S. 5); Malik Verlag (S. 43); Thomas D. McAvoy/<br />

Getty Images (S. 12); Michael Oehlmann (Titel, S. 3, 4,<br />

24, 26, 27); Feisal Omar/Reuters/Corbis (S. 6); picture<br />

alliance, dpa (S. 32, 35); plainpicture/Folio Images<br />

(S. 6); Jenny Sieboldt (S. 17); Pete Starman/Getty<br />

Images (S. 7); Jens Steingässer (S. 4 – 5, 8 – 11, 39);<br />

The 3C Company (S. 40); Marc Waldow (S. 42); Michael<br />

Wessels/Meyer Werft (S. 25); Jan Zappner (S. 36)<br />

Plakate:<br />

Historisches Konzernarchiv RWE (S. 15, unten links)<br />

Historisches Konzernarchiv <strong>KfW</strong> Stiftung (S. 4, 13 – 16,<br />

alle übrigen Plakate)<br />

Reproduktionen:<br />

Harries, Heinrich: Wiederaufbau, Welt und Wende. Die<br />

<strong>KfW</strong> – eine Bank mit öffentlichem Auftrag, Frankfurt<br />

1998, S. 3 (S. 16, links); Kroker, Evelyn: Der Arbeitsplatz<br />

des Bergmanns, Bd. 2: Der Weg zur Vollmechanisierung,<br />

Bochum 1986, S. 60, Abb. 48 (S. 14, unten links);<br />

Dokumentation zur <strong>KfW</strong>-Marshallplan-Ausstellung 1997,<br />

Titelseite (S. 14, oben rechts)<br />

Lithografie:<br />

Alphabeta GmbH<br />

Druck:<br />

Druckerei Vogl GmbH & Co KG<br />

Auflage: 30.000<br />

Redaktionsschluss: 31. Oktober 2013<br />

Wie man das Eis bricht<br />

Ohne die Eisbrecher vor der Küste würde Finnlands Wirtschaft<br />

im Winter einfrieren: Tag und Nacht sorgen die Panzerknacker<br />

des Meeres da<strong>für</strong>, dass Frachter und andere Schiffe freie Fahrt<br />

haben. Die Dokumentation ›Eisbrecher vor Finnland‹<br />

aus der Reihe ›ARTE Entdeckung‹ zeigt<br />

den Alltag an Bord. www.youtube.com<br />

> Eisbrecher vor Finnland<br />

Aufbruch mit Zwilling<br />

Die Zwillinge Hansen und Paul Hoepner<br />

fuhren in sieben Monaten 13.600 Kilometer<br />

mit dem Rad von Berlin nach Shanghai.<br />

Heute sagen sie, die Abenteuerreise habe<br />

ihre Beziehung auf eine neue Ebene gehoben.<br />

Gerade ist ihr Buch ›Zwei nach Shanghai‹<br />

erschienen. www.zweinachshanghai.de<br />

Loslegen mit Bedacht<br />

Wer seinen Aufbruch penibel vorbereiten möchte, wird bei<br />

Globetrotter Rolf Dobelli fündig. Sein E-Book ›Die Kunst des<br />

klugen Handelns‹ hilft, Fehler zu vermeiden. Dobelli erklärt<br />

darin, warum wir Marionetten unserer Gefühle<br />

sind und wieso wir unseren Feinden Informationen<br />

geben sollten. www.hanser-literaturverlage.de<br />

> Die Kunst des klugen Handelns<br />

Gemeinsam anpacken<br />

Auf in neue Geschäftsfelder, ferne Länder oder einfach in<br />

einen neuen Tag: Mit der App ›Wunderlist‹ <strong>für</strong> Tablet-PC und<br />

Smartphone können Kollegen, Reisepartner oder Familienmitglieder<br />

To-do-Listen abrufen und gemeinsam abarbeiten.<br />

App Store/Google Play > Wunderlist – To-Do & Task List<br />

<strong>KfW</strong> kompakt<br />

Auch die <strong>KfW</strong> bricht auf: in die vielfältige Welt<br />

der Apps. Eine App zum Geschäftsbericht 2012<br />

stellt iPad-Nutzern anhand von Artikeln, Filmen<br />

und Grafiken das weltweite Förderangebot<br />

vor und bildet die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres<br />

kompakt ab. App Store > <strong>KfW</strong> Geschäftsbericht 2012<br />

Eine weitere App bietet einen bequemen Zugang zu den<br />

aktuellen Publikationen aller <strong>KfW</strong>-Ökonomen. App Store<br />

> <strong>KfW</strong> Research<br />

›Chancen‹ erscheint mindestens zweimal jährlich.<br />

klimaneutral<br />

natureOffice.com | DE-137-401492<br />

gedruckt


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