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Ausgabe 1/2013 der tw - tagungswirtschaft, für PDF-Version HIER

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incentives | keynote<br />

Wo hört Kundenpflege auf und fängt Korruption<br />

an?<br />

Das wissen wir nach den neuen Richtlinien genauso<br />

wenig wie vorher. Ob e<strong>tw</strong>as zulässig ist o<strong>der</strong> nicht,<br />

entscheiden jetzt immer öfter <strong>der</strong> Compliance Officer<br />

und das Finanzamt.<br />

Die Steuer?<br />

Künftig prüft auch <strong>der</strong> Fiskus mit. Von <strong>der</strong> Steuer<br />

absetzen lassen sich nur noch Veranstaltungen, auch<br />

firmeninterne,die „compliant“ sind. Und eine Strategie-Tagung<br />

auf den Bahamas gehört sicher nicht dazu.<br />

Was ist denn „compliant“?<br />

Was Bestechung ist, bestimmt <strong>der</strong> Strafrichter. Was<br />

im Graubereich liegt, <strong>der</strong> Compliance Officer.Der ist<br />

meist Jurist und entsprechend vorsichtig. Der wird<br />

<strong>der</strong> Event-Abteilung Veranstaltungen o<strong>der</strong> Veranstaltungsteile<br />

lieber einmal zu viel als einmal zu wenig<br />

streichen.<br />

Könnten Sie ein Beispiel nennen?<br />

Empfänge, Festakte, Galas, Sportveranstaltungen<br />

und Konzerte dürfen nur noch zu bestimmten Anlässen<br />

gesponsert werden, wie Werkseröffnungen<br />

o<strong>der</strong> Firmenjubiläen. Ich glaube nicht, dass die Lufthansa<br />

künftig noch gute Kunden und Mitarbeiter zum<br />

jährlichen Neujahrskonzert <strong>der</strong> Berliner Philharmoniker<br />

samt Flug und Hotel einladen kann. Den 1. Januar<br />

gibt es schließlich jedes Jahr.<br />

Und was ist noch erlaubt?<br />

Laut dem S-20-Leitfaden: Museumsbesuche und<br />

Stadtrundfahrten. Der Zauberkünstler, <strong>der</strong> bei einer<br />

Veranstaltung auftritt, ist per se verdächtig, die Band<br />

auch. Das ist schließlich Spaß und Unterhaltung und<br />

die sind nur begrenzt compliant. Touristisch attraktive<br />

Destinationen sind als Veranstaltungsorte verdächtig,<br />

Luxushotels sowieso. Auf <strong>der</strong> Wies’n sind<br />

dieses Jahr viele Tische leer geblieben, weil Bier,<br />

Brez’n und Hendl zu den üblichen Kundeneinladungen<br />

nicht mehr angenommen werden durften.<br />

Aber muss es nicht im Interesse aller liegen, Korruption<br />

zu verhin<strong>der</strong>n?<br />

Natürlich. Aber da<strong>für</strong> eine ganze Branche als Geisel<br />

nehmen? Die großen Schmierer kriegt man auf diese<br />

Weise nicht. Stattdessen wird schon ein Geschäftsessen<br />

zum strafrechtlich relevanten Akt. Das ist lächerlich.<br />

Da wird am Buffet Schmalhans Küchenmeister<br />

und bei <strong>der</strong> Eventplanung <strong>der</strong> Anwalt Konzeptioner.<br />

Rechtssicherheit schafft das nicht.<br />

Weil?<br />

…weil das Augenwischerei ist. Letztlich gilt bei je<strong>der</strong><br />

Einladung und jedem Event: ‚Es kommt darauf an.’<br />

Das entscheiden erst die Anwälte und dann die Gerichte.<br />

Mit Demokratie hat das Ganze ohnehin nichts<br />

zu tun.<br />

Die Bekämpfung <strong>der</strong> Korruption ist Ihrer Meinung<br />

nach undemokratisch?<br />

Die Compliance-Richtlinien sind eine pure Anmaßung<br />

und Willkür.Es entspricht nicht meinem Demokratieverständnis,dass<br />

einige wenige Großkonzerne Regeln<br />

<strong>für</strong> den Rest <strong>der</strong> Wirtschaft aufstellen und dabei <strong>der</strong><br />

Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft erheblichen<br />

finanziellen Schaden zufügen dürfen. Dazu gehört<br />

wurden nur Staatsanwälte und das Innenministerium,<br />

aber kein einziger Volksvertreter.Diese Richtlinien<br />

sind in Hinterzimmern entstanden. Als Staatsbürger<br />

akzeptiere ich so ein Vorgehen nicht!<br />

INTERVIEW: SONIA SHINDE<br />

„Letztlich gilt:<br />

Es kommt<br />

darauf an. Erst<br />

entscheiden die<br />

Anwälte, dann<br />

die Gerichte.<br />

Mit Demokratie<br />

hat<br />

,,<br />

das Ganze<br />

nichts zu tun.“<br />

So streng?<br />

Die <strong>der</strong>zeitige Obergrenze <strong>für</strong> Einladungen und Geschenke<br />

liegt bei Amtsträgern bei 25 €, in den Richtlinien<br />

des Arbeitskreises Corporate Compliance und<br />

<strong>der</strong> Initiative S 20 ist von 50 € <strong>für</strong> Kunden die Rede.<br />

Und bei <strong>der</strong> BASFmüssen Mitarbeiter Zuwendungen<br />

ab 5 € per Formular anmelden. Geschenke o<strong>der</strong> Einladungen<br />

jenseits von 40 € sind nicht mehr zulässig.<br />

Korruptions-Experten sprechen vom „Anfüttern“,<br />

das mit kleinen Beträgen und Gefälligkeiten beginnt<br />

…<br />

Auch mit einem Essen <strong>für</strong> 55 € können Sie niemanden<br />

kaufen, auch nicht mit einem Ticket <strong>für</strong> einen Klitschko-Boxkampf<br />

<strong>für</strong> 250 Euro. Das ist völlig hanebüchen.<br />

Und das Absurdeste: Sie dürfen einen Auftraggeber<br />

vor Auftragsvergabe nicht zu einem Klitschko-Boxkampf<br />

<strong>für</strong> 250 € das Ticket einladen, hinterher schon.<br />

1|<strong>2013</strong> 39

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