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Ausgabe lesen - Rheinkiesel

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Natur<br />

Eine Sache mit<br />

vielen Haken<br />

Anhänglich sein können nicht nur unsere geliebten Haus -<br />

tiere. Ein perfektes Beispiel: die Klette, eine Pflanze, die hier<br />

und da am Wegrand wächst. Wer einen Hund hat, der kennt<br />

die „anhänglichen“ Vertreter nur zu gut: Die Klette bringt<br />

Fruchtstände hervor, die mit Dutzenden von Haken besetzt<br />

sind und sowohl im Fell als auch an Haaren und an der<br />

Kleidung außerordentlich effektiv haften.<br />

In einem solchen Fall wiederholt<br />

sich eine historische Begebenheit,<br />

die zweierlei Folgen hatte: eine<br />

höchst erfolgreiche Erfindung und<br />

die erste Manifestierung einer der<br />

damals noch jungen Wissen -<br />

schafts richtung. Dieser Zweig versucht,<br />

sich Phänomene in der Na -<br />

tur anzuschauen und sie mit technischen<br />

Mitteln nachzuahmen.<br />

Die Erfindung heißt Klettver -<br />

schluß und die Wissenschafts -<br />

richtung, welche Biologie und<br />

Technik vereint, Bionik. Doch was<br />

geschah damals?<br />

Haken unter der Lupe<br />

Der Schweizer Georges de Mestral<br />

(1907-1990) war nicht nur Wis sen -<br />

schaftler und Ingenieur, sondern<br />

auch neugierig und wurde so zum<br />

erfolgreichen Erfinder. In den<br />

1940er Jahren bemerkte er nach<br />

Spa ziergängen in der Natur an seinen<br />

Kleidern und im Fell seines<br />

Hundes die Fruchtstände der<br />

Großen Klette, einer stattliche<br />

Pflanze, die mit den Disteln verwandt<br />

ist. Die „Kletten“ waren so<br />

perfekt und fest in Fell und Stoff<br />

eingehakt, daß er sich ihre Be -<br />

schaffenheit unter dem Mikro -<br />

skop anschaute. Was er dort er -<br />

kannte, war nicht bloß die vermeintlich<br />

igelartige Form: Er fand<br />

heraus, daß jedes Stachelhaar in<br />

einer hakigen Spitze endet – das<br />

Prinzip der Widerhaken, ähnlich<br />

wie bei einer Häkelnadel. Und<br />

mehr noch: Die Hakenspitzen<br />

sind erstens in verschiedene Rich -<br />

tungen verdreht, sind also darauf<br />

eingestellt, sich bei Kontakt mit<br />

weichem Material in allen Rich -<br />

tungen möglichst gut einzuhaken.<br />

Zweitens sind die Spitzen elastisch,<br />

so daß man die Klettkugeln<br />

abziehen kann, ohne daß die Wi -<br />

derhaken brechen. Trotz der großen<br />

Kraft, die erforderlich ist, um<br />

so eine Klette aus dem Fell zu ziehen,<br />

springen die Haken wieder in<br />

ihre ursprüngliche Position zurück<br />

und sind wieder „scharfgestellt“.<br />

Natur zum<br />

Nachahmen<br />

Das Prinzip der Klettfrüchte<br />

brach te ihn auf die Idee, „Haken<br />

und Ösen“ als Verschlußbänder<br />

her zustellen. Es war nicht nur die<br />

schweizerische Gemütlichkeit,<br />

pardon!, Gründlichkeit, sondern<br />

auch die Herausforderungen der<br />

technischen Umsetzung, daß<br />

Georges de Mestral erst nach weiteren<br />

zehn Jahren vom schweizerischen<br />

Patentamt ein Patent auf den<br />

Klettverschluß erhielt. Das Er -<br />

gebnis war ein Verschluß-System,<br />

das schnell und reversibel auf- und<br />

zuzumachen war und sich nicht<br />

verklemmt.<br />

Die Funktionsweise erläutert der<br />

Hersteller wie folgt: „Bringt man<br />

zwei derartige Gewebe in Kontakt,<br />

greifen sie ineinander. Die Ver bin -<br />

dung wird nur aufgehoben, wenn<br />

eine von außen auf die Häkchen<br />

wirkende Zugkraft eine vom Ma -<br />

terial des Gewebes abhängige<br />

Grenze überschreitet und die<br />

Häkchen aufgebogen werden.“<br />

Zu Beginn enthielten die Bänder<br />

übrigens noch die erforderlichen<br />

Haken und Schlaufen auf beiden<br />

Seiten. Heute hingegen sind die<br />

Haken auf einem Band, die Ösen<br />

auf dem Gegenstück angebracht.<br />

Die Erfindung nannte der Tüftler<br />

„Velcro“, eine Wortverschmelzung<br />

aus „velours“ (franz.: Samt, Flausch)<br />

und „crochet“ (Haken). Nach der<br />

Gründung der Firma Velcro In -<br />

dustries kam 1959 der erste<br />

Schnell verschluß auf den Markt.<br />

Das Unternehmen ist noch heute<br />

der führende Anbieter von textilen<br />

Klettprodukten. Der Ideengeber<br />

aus der Natur prangt nach wie vor<br />

in den Unternehmens-Informationen.<br />

Im deutschsprachigen Raum<br />

war es die zweite patentierte Er -<br />

findung nach einem Vorbild in<br />

der Natur. Das erste Bionik-Patent<br />

(1920 er teilt) war die Kons -<br />

truk tion eines spe ziellen „Neuen<br />

Streuers“ mit seitlichen Öffnungen<br />

nach dem Vorbild der Mohn -<br />

kap sel. Doch die „anhängliche<br />

Klette“ ist nach wie vor ein besonders<br />

gängiges Beispiel für die<br />

Arbeitsweise und den Erfolg der<br />

Bionik.<br />

Eßbares Gemüse<br />

Und die Geschichte der Klette? Sie<br />

soll natürlich auch nicht zu kurz<br />

kommen, war sie doch auch zuvor<br />

schon dem Menschen dienlich.<br />

Die Pflanze ist mit einer Höhe von<br />

bis zu 1,50 Metern ein durchaus<br />

stattliches Gewächs. Ihre Blätter<br />

sind derb und für mitteleuropäische<br />

Verhältnisse mit einer Länge<br />

von bis zu einem halben Meter<br />

geradezu riesig. Die Klettkugeln<br />

sind drei bis vier Zentimeter groß.<br />

Verblüffenderweise sind Kletten<br />

eßbar: Ähnlich wie die „Riesen -<br />

distel“ Artischocke eine Delika tesse<br />

liefert, können Wurzel, Sten gel<br />

und Blätter der Klette zu Gemüse<br />

verarbeitet werden.<br />

Die zweijährige Große Klette<br />

(Arctium lappa) bildet im Laufe<br />

ihres Lebens eine ästig verzweigte<br />

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10 Dezember 2013

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