Ein Leben für den Hufbeschlag - Tiho Bibliothek elib - Tierärztliche ...

Stefanie Albrecht
Prof. Dr. Hans Jöchle
(1892 – 1968)
Ein Leben für
den Hufbeschlag
Quellen und Materialien
zur Geschichte der
Tierärztlichen Fakultät
der Universität München

Aus dem Fachgebiet Geschichte der Veterinärmedizin und der Haustiere
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Prof. Dr. Hans Jöchle (1892-1968) -
Ein Leben für den Hufbeschlag
Quellen und Materialien zur Geschichte der
Tierärztlichen Fakultät der Universität München
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
Doktorin der Veterinärmedizin
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
vorgelegt von
Stefanie Albrecht
aus Ravensburg
Hannover 2006

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Johann Schäffer
1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Dr. habil. Johann Schäffer
2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. Helmut Waibl
Tag der mündlichen Prüfung: 13.11.2006
ISBN 10: 3-939665-21-5
ISBN 13: 978-3-939665-21-2
1. Auflage 2006
© docupoint Verlag, Magdeburg
Herstellung: docupoint GmbH, Magdeburg
Printed in Germany
Alle Rechte vorbehalten

Meiner Familie
For want of a nail the shoe is lost,
For want of a shoe the horse is lost,
For want of a horse the rider is lost,
For want of the rider the battle is lost,
For want of the battle the war is lost,
For want of the war the nation is lost,
All for the want of horseshoe nail.
George Herbert (1593-1633)

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 13
1.1 Forschungsstand 15
1.2 Quellen und Methodik 17
2 Biographie 20
2.1 Herkunft und Schulzeit 20
2.2 Kriegsstudium 24
2.2.1 Promotion 37
2.2.2 „Apollo“ 39
2.3 Assistent an der Universität 47
2.4 Wanderlehrer für Hufbeschlag 60
2.5 Ernennung zum Professor 82
2.6 Der Zweite Weltkrieg 87
2.7 Nachkriegszeit 97
2.7.1 „Und trotzdem werden Sie nie ein Nationalsozialist
werden“ - die Entnazifizierung 99
2.7.2 Wiedereinstieg? 102
2.8 Tierzuchtdirektor an der Staatlichen Hufbeschlagschule 106
2.9 Ruhestand 115
2.10 Tabellarischer Lebenslauf 121
3 Bibliographie 124
4 Im Dienste des Hufbeschlags 129
4.1 Die Staatliche Hufbeschlagschule München 133
4.1.1 Ausbildung der Hufschmiede 140
4.1.2 Widakstollen 145
4.2 Das Institut für Hufkunde 149
4.3 Der Hengst Maximilian 153
4.4 Die Hufbeschlagsfrage 156

4.5 Veterinärinspekteur Curt Schulze 166
5 Die Tierärztliche Fakultät in München 173
5.1 Vorgeschichte 173
5.2 Die Tierärztliche Fakultät München im Dritten Reich 177
5.2.1 Personalpolitik an der Tierärztlichen Fakultät
München 177
5.2.2 Die „Führer“ der Universität München 181
5.2.3 Professor Mosers Erbe 184
5.2.4 Fleischbeschau, Lebensmittelkunde und
Parasitologie 194
5.2.5 Die Theologische Fakultät in München 199
5.2.6 Schließung und Wiedereröffnung? 200
5.2.7 Die Heeresveterinärakademie Hannover und
andere tierärztliche Fakultäten 213
5.3 Nachkriegszeit in München 216
5.3.1 Die Tierärztliche Fakultät nach 1945 216
5.3.2 Professorenschaft und Entnazifizierung in
München 225
Reinhard Demoll 227
Wilhelm Ernst 228
Oskar Seifried 229
Hans Sedlmeier 231
Anton Otto Stoß 232
Walther Baier 235
Hugo Grau 237
Richard Abelein 237
Karl Hilz 240
Eugen Mennel 242
Johannes Nörr 244
Walter Koch 246
Fritz Stockklausner 248
Wilhelm Niklas 249
Melchior Westhues 251
Bilanz 257

5.3.3 Entnazifizierung an den tierärztlichen
Bildungsstätten 259
5.3.4 Die Studentenschaft 260
5.3.5 Hans Jöchle und die Professur für Hufkunde 262
6 Schlussbetrachtung 270
7 Zusammenfassung/Summary 278
8 Quellen und Literatur 282
8.1 Quellen 282
8.2 Literatur 287
8.3 Zeitzeugen und Fachleute 310
8.4 Abbildungsnachweis 311

Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
ao. außerordentlich
ASchw Archiv Schwaiganger
außerpla. außerplanmäßig
BArch Bundesarchiv Berlin
BayHStA Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München
BDC Berlin Document Center
BDM Bund Deutscher Mädel
Briefw. Briefwechsel
DB Deutsche Burschenschaft
DVG Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft
d. R. der Reserve
evtl. eventuell
h. c. honoris causa (ehrenhalber)
H. Dv. Heeresdienstvorschrift
HJ Hitlerjugend
hrsg. herausgegeben
Hrsg. Herausgeber
HVV Heeresveterinärvorschrift
IfZ Institut für Zeitgeschichte, München
IGTM Institut für Palaeoanatomie, Domestikationsforschung und
Geschichte der Tiermedizin, München
JV Jungvolk
Kap. Kapitel
LMU Ludwig-Maximilians-Universität München
L.-R. Landwirtschaftsrat
mdl. mündlich
MF (Bayerisches) Finanzministerium
MInn (Bayerisches) Innenministerium
Mitt. Mitteilung
MK (Bayerisches) Kultusministerium
MKr Bayerisches Hauptstaatsarchiv München - Kriegsarchiv
ML (Bayerisches) Landwirtschaftsministerium
NS nationalsozialistisch, Nationalsozialismus
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSDB Nationalsozialistischer Dozentenbund
NSDStB Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund
NSLB Nationalsozialistischer Lehrerbund
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt

o. ohne
o. ordentlicher
o. Sign. ohne Signatur
Obb. Oberbayern
OKH Oberkommando des Heeres
pla. planmäßig
PrivAMJ Privatarchiv Manfred Jöchle
PrivAWJ Privatarchiv Wolfgang Jöchle
RM Reichsmark
SA Sturmabteilung der NSDAP
schriftl. schriftlich
sog. so genannte/r
SpkA K Spruchkammerakten Karton
SS Schutzstaffel der NSDAP
SS Sommersemester
StAM Staatsarchiv München
TH Technische Hochschule
TiHo Tierärztliche Hochschule Hannover
TiHoA Archiv der Tierärztlichen Hochschule Hannover
u. a. und andere
u. dergl. und dergleichen
u. s. w. und so weiter
UA HUB Universitätsarchiv der Humboldt-Universität Berlin
UAM Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität München
übers. übersetzt
uk unabkömmlich
V. B. Völkischer Beobachter
VELF Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Vet. med. Fak. Veterinärmedizinische Fakultät
VMTA veterinärmedizinisch-technische Assistentin
VO. Verordnung
vorl. vorläufig
Wiedereinstell. Wiedereinstellung
WS Wintersemester
z. Zt., z. Z. zur Zeit

Abb. 1: Prof. Dr. med. vet. Hans Jöchle, Bronze. Die Künstlerin Eva
Moshack-Bach lernte Hans Jöchle in seinem letzten Lebensjahr kennen
und fertigte posthum nach Fotovorlagen die Büste an, die sich heute im
Besitz des ältesten Sohnes, Wolfgang Jöchle, befindet.

1 Einleitung
13
„Wo immer Jöchle beruflich tätig war, hat er sich durch völlige
Hingabe an sein Werk und durch wissenschaftliche Gründlichkeit
ausgezeichnet. Er hat insbesondere im Bereich der Landwirtschaftsverwaltung
die tierärztliche Wissenschaft und den tierärztlichen
Stand würdig vertreten. Er hat als früher Zuchthygieniker auf die
Erblichkeit von Hufmängeln hingewiesen und in der bayerischen
Pferdezucht die Ausmerzung solcher Mängel mit Erfolg betrieben“
(Mehrle 1968, 234).
Mit diesen Worten fasste Franz Mehrle das Lebenswerk Jöchles nach
dessen Tod im Jahr 1968 in der Deutschen tierärztlichen Wochenschrift
zusammen. Der in Erkheim im Allgäu geborene Tiermediziner Hans Jöchle
war ab Ende der 20er Jahre über drei Jahrzehnte eine der profiliertesten
Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Hufkunde und des Hufbeschlags. Der
Landesverband bayerischer Schmiedemeister und Fahrzeugbauer ernannte
ihn deshalb auf dem Verbandstag 1957 zum Ehrenmitglied (Mehrle 1957,
442). Auch im Rahmen seines Einsatzes für die Entwicklung der
bayerischen Landespferdezucht gebührt ihm ein ranghoher Platz. Die
Biographie Jöchles ist eng mit der Geschichte der Tierärztlichen Fakultät
der Universität München verbunden, die bisher weder in der Zeit des
Dritten Reichs noch in der Nachkriegszeit hinreichend erforscht ist. 1
Darüber hinaus gilt es, die den Hufbeschlag betreffenden fachlichen
Differenzen Jöchles mit dem Veterinärinspekteur im Oberkommando des
Heeres, Prof. Dr. Curt Schulze, zu analysieren, die - Gerüchten zufolge -
1939 zur Schließung der Münchner Fakultät geführt haben sollen.
Die Leistungen Jöchles liegen weniger im Bereich der Forschung als in der
jahrzehntelangen Ausbildung der Hufschmiede in Bayern. Er war stets
bemüht, ihnen neben dem Fachwissen auch die Grundbegriffe des
Tierschutzes mit auf den Weg zu geben und Aufklärungsarbeit unter den
Pferdebesitzern zu betreiben.
Eine Vielzahl an Aufsätzen und veterinärmedizinischen Dissertationen
beschäftigt sich mit der Geschichte der tierärztlichen Ausbildung in
Deutschland, die Zeit des Nationalsozialismus bleibt allerdings eine
Randerscheinung, die kaum bearbeitet wurde. Das liegt unter anderem
daran, dass diese Schriften oft als Jubiläums-Festschriften veröffentlicht
1 Siehe Schäffer, Brumme 1998.

14
wurden (Schimanski, Schäffer 2001a, 380) oder zur Ehrung einzelner
Professoren oder Institute dienten. Die Autoren wagten nicht, das recht
schwierige Thema des Nationalsozialismus anzugreifen, insbesondere
solange noch direkt Beteiligte an den tierärztlichen Bildungsstätten lehrten.
Ziel dieser Arbeit ist, neben der Biographie Jöchles auch sein Umfeld an
der Tierärztlichen Fakultät München zu erforschen und die Rahmenbedingungen
für seine Tätigkeiten in Forschung und Lehre zu beleuchten.
Die dabei beteiligten Personen werden unter Berücksichtigung der Gesamtumstände
dieser Zeit beschrieben, es soll jedoch nicht über sie geurteilt
werden. Ludwig Kotter 2 erklärte zu diesem Thema in der Eröffnungsansprache
zur Ringvorlesung „Die deutsche Universität im Dritten Reich“
am 18. November 1965 in München:
„Noch ein besonderes Wort an Sie, meine lieben Kommilitoninnen
und Kommilitonen. Die Vorlesungen unseres Rings behandeln
Ereignisse, die Sie selbst nicht erlebt haben. Damit sollen Sie nicht
von der Pflicht zu einem kritischen Urteil entbunden werden. Die
historische und menschliche Gerechtigkeit verlangt aber, daß man
sich in die Umstände und die besonderen Notlagen der damaligen
Zeit vorurteilslos hineinversetzt - nur so ist ein objektives Urteil
möglich. Sie dürfen mir glauben: Nicht konformistisch zu sein, ist
selbst unter den freiheitlichen Umständen unserer glücklicheren Zeit
schwer genug. Wieviel mehr Mut gehörte im Dritten Reich dazu,
gegen einen gewalttätigen und oft mörderischen Strom zu
schwimmen [...]“ (Kotter 1965, 65).
Die Arbeit soll dazu beitragen, die Fakultätsgeschichtsschreibung zu
vervollständigen und damit auch die Berufs- und Standesgeschichte der
Tiermedizin ein kleines Stück voranzubringen. Die Verdienste Hans
Jöchles um den Hufbeschlag und die Tierzucht, die leider nie entsprechend
gewürdigt wurden, sollen in das Bewusstsein der Tierärztlichen Fakultät
München zurückgerufen werden. Eine umfassende Bearbeitung der
Geschichte der Tierärztlichen Fakultät München im Dritten Reich ist in
dem Rahmen der vorliegenden Arbeit sicherlich nicht möglich, da die
Biographie Jöchles den Schwerpunkt bildet. Es ist aber ein erster Schritt,
sich ernsthaft mit diesem Teil der Vergangenheit auseinanderzusetzen.
2 Professor an der Tierärztlichen Fakultät und Rektor der LMU München 1965/66.

1.1 Forschungsstand
15
Das Thema „Tiermedizin im Nationalsozialismus“ ist nach wie vor wenig
bearbeitet (vgl. Schäffer, Brumme 1998, 13-21), auch wenn sich in den
letzten Jahren auf diesem Gebiet einiges getan hat. Grundlegende Werke
sind der Tagungsband „Veterinärmedizin im Dritten Reich“ der Fachgruppe
Geschichte der Veterinärmedizin der Deutschen Veterinärmedizinischen
Gesellschaft 3 und die in der Folge der Tagung entstanden
Dissertationen zu dieser Thematik, die sich unter anderem mit der
Tierärztlichen Hochschule Hannover im Nationalsozialismus (Schimanski
1997) oder mit der Problematik der jüdischen Tierärzte im Deutschen
Reich (Möllers 2002) beschäftigt haben. Auch die Geschichte der
veterinärmedizinischen Fakultäten in Gießen (1933-1957) und Leipzig
(1933-1945) wurde in zwei Dissertationen erfasst (Orlob 2003; Riedel
2004).
Die Geschichte der Tierärztlichen Fakultät der LMU München zur Zeit des
Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit ist in der offiziellen
Geschichtsschreibung der Fakultät bisher kaum bearbeitet worden 4 . Die
wenigen vorhandenen Berichte bestehen vor allem aus Auflistungen der
Lehrstuhlbesetzungen und der Gebäudeschäden nach dem Zweiten
Weltkrieg und sie münden in die Darstellung des Wiederaufbaus der
Tierärztlichen Fakultät, verbunden mit hagiographischen Würdigungen der
daran beteiligten Personen (Pschorr 1950; Westhues 1965; Boessneck
1965; Boessneck 1972). Lediglich blumig umschreibende Zitate befassen
sich mit der Schließung der Fakultät 1939 und deren Gründen. Eichhorn
(1951, 74-75) berichtet in seiner Dissertation, das Reichserziehungsministerium
habe eine möglichst große Anzahl von Hochschulen schließen
wollen, und die Tierärztliche Fakultät München konnte trotz Überfüllung
der anderen tierärztlichen Bildungsstätten und vielfältiger Bemühungen
während des Krieges nicht wiedereröffnet werden. In der Festschrift zur
200-Jahrfeier der Fakultät wird die Zeit des Nationalsozialismus nur kurz
in Form eines Zeitzeugenberichts abgehandelt (Gylstorff 1990, 31-37) 5 .
Dabei wird die Berufung Jöchles auf den Lehrstuhl für Hufkunde anstelle
3 „Veterinärmedizin im Dritten Reich“, 5. Tagung der Fachgruppe Geschichte der
Veterinärmedizin der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft am 14.-15.11.1997 in
Hannover. – Publiziert von Johann Schäffer (Hrsg. 1998): Veterinärmedizin im Dritten Reich,
5. Tagung der DVG-Fachgruppe Geschichte der Veterinärmedizin, 1997. Verlag der Deutschen
Veterinärmedizinischen Gesellschaft, Gießen.
4 Vgl. Heiber 1994, 204. Da Heiber eine Vielzahl an Universitäten beschreibt, kann er
naturgemäß nur einen Überblick verschaffen, aber nicht auf die Details eingehen.
5 Augenzeugenbericht. Vgl. Schäffer, Gunther 1998, 278.

16
des von dem Veterinärinspekteur des Heeres, Prof. Dr. Curt Schulze,
vorgeschlagenen Kandidaten als einer der ausschlaggebenden Gründe für
die Schließung der Fakultät während des gesamten Krieges genannt. Eine
Darstellung der Gesamtuniversität von 1933 bis 1936 geht ebenfalls kaum
auf die Tierärztliche Fakultät ein (Böhm 1995) und Böhm gesteht ein,
„gerade die Zeit des Dritten Reichs blieb in der sonst gut erforschten
Münchener Universitätsgeschichte bisher fast gänzlich ausgespart.“ Die
Festschriften und die Fakultätenbände zu den Universitätsjubiläen streifen
das Thema, wenn überhaupt, nur am Rande und die Biographien einzelner
Persönlichkeiten und Berichte über den studentischen Widerstand bearbeiten
nur wenige Schwerpunkte (Böhm 1995, 15-16).
Zur Person von Prof. Hans Jöchle wurde bisher nichts veröffentlicht, was
seiner Bedeutung als Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag, Professor für
Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und Beschirrungslehre und
Leiter der Staatlichen Hufbeschlagschule München auch nur im mindesten
angemessen wäre. Die Erinnerungen von Walther Baier erwähnen Hans
Jöchle nur am Rande als Assistenten unter Professor Moser (Baier 1990).
Erst nach Jöchles Tod 1968 widmete ihm die Jahreschronik der LMU
einen 1-seitigen Lebenslauf (Fritsch 1970). Auch die Chroniken der
Tierärztlichen Fakultät München enthalten nur Kurzbiographien in Form
weniger Sätze, die Jöchle als Landwirtschaftsrat, außerordentlichen
Professor und Leiter der Staatlichen Hufbeschlagschule darstellen
(Boessneck 1972; Boessneck, von den Driesch 1990). In der Chronik der
Chirurgischen Tierklinik, die das Institut für Huf- und Beschirrungskunde
1947 übernahm, ist Jöchle gänzlich ausgeklammert (Matis 1990).
Der Hufbeschlag wurde vor und während des Zweiten Weltkriegs in den
einschlägigen Fachzeitschriften, von den Hufbeschlagsmethoden bis zur
Nomenklatur, heftig diskutiert. Schon 1933 appellierte Friedrich in der
Tierärztlichen Rundschau in mehreren Aufsätzen, die deutschen
Hufbeschlaglehren zu vereinheitlichen (Friedrich 1933). Diese Auseinandersetzungen
wirkten sich auch auf die Vita von Hans Jöchle aus.

1.2 Quellen und Methodik
17
Die Arbeit basiert auf der historiographischen Erfassung, Dokumentation
und Auswertung eines umfangreichen originären Quellenmaterials, zum
einen aus dem persönlichen Nachlass von Hans Jöchle in Form von
Urkunden, Dokumenten und Briefen, die sein Sohn, Prof. Dr. Wolfgang
Jöchle (USA), zur Verfügung stellte. Zum Zweiten existiert aussagekräftiges
Archivmaterial aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv und
Kriegsarchiv München, dem Universitätsarchiv München, dem Staatsarchiv
München, dem Stadtarchiv München und dem Archiv der TiHo
Hannover.
Im Universitätsarchiv der LMU München befinden sich Personal- und
Berufungsakten des Akademischen Senats zu Hans Jöchle und zu anderen
Professoren der Tierärztlichen Fakultät, sowie Akten des Verwaltungsausschusses
der LMU München und Senatsprotokolle, die jedoch recht
lückenhaft sind. Ein großer Teil der Akten der Tierärztlichen Fakultät ging
im Zweiten Weltkrieg verloren (UAM 2004, schriftl. Mitt.). Sie werden
ergänzt durch Akten zu Hans Jöchle, die sich im Bestand des Bayerischen
Hauptstaatsarchivs befinden und von der Regierung von Oberbayern
stammen. Das Bayerische Hauptstaatsarchiv besitzt außerdem Material aus
dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem
Innenministerium, das sich auf das Institut für Hufkunde, die Tierärztliche
Fakultät und ihre Professoren, die Entnazifizierung und die Wiedereröffnung
bezieht. Die Akten des Staatsministeriums für Unterricht und
Kultus zur Chirurgischen Tierklinik (BayHStA MK 69666) zwischen dem
5. und dem 30. Dezember 1947, sowie ein Teil der Akten zur ordentlichen
Professur für Chirurgie und der Chirurgischen Klinik (BayHStA MK
69631) sind jedoch aus „Datenschutzgründen“ gesperrt. In anderen Akten
fehlt jeglicher Inhalt aus der Zeit zwischen 1936 und 1945. Im Staatsarchiv
München sind die Spruchkammerakten von Hans Jöchle und anderen
Professoren der Tierärztlichen Fakultät erhalten. Die Spruchkammerakten
sind jedoch hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit recht kritisch zu behandeln.
Einige wenige Akten der Bundesarchive in Berlin ermöglichen eine
Ergänzung der Thematik. Leider sind die Wehrmachtpersonalunterlagen
von Hans Jöchle und Melchior Westhues in der Deutschen Dienststelle in
Berlin nicht überliefert und so sind die Dienstzeiten nicht mehr
nachzuvollziehen (Deutsche Dienststelle Berlin 2005, schriftl. Mitt.). Die
Bücher sämtlicher bayerischer Hufbeschlagschulen werden im Archiv des
Bayerischen Haupt- und Landgestüts Schwaiganger aufbewahrt, wo sich

18
heute die letzte Hufbeschlagschule Bayerns befindet (Wolpert 6 2005, mdl.
Mitt.).
Eine dritte Quellenbasis bilden sowohl biographisch wertvolle Hinweise
als auch streng fachbezogene, die Hufkunde und den Hufbeschlag
betreffende Beiträge in veterinärmedizinischen Fachzeitschriften (Berliner
und Münchener tierärztliche Wochenschrift, Deutsche tierärztliche Wochenschrift,
Tierärztliche Umschau, Tierärztliche Mitteilungen, Deutsches
Tierärzteblatt und verschiedene Zeitschriften für Tierzucht). Insbesondere
die Zeitschriften
- „Der Hufschmied“ (1920-1944) 7
- „Zeitschrift für Veterinärkunde“ (1916-1944) 8
- „Bayerische Schmiedezeitung“ (1925-1941) 9
- „Die Schmiede-Werkstatt“ (1947-1958) 10
- „Zucht und Sport“ (1927-1934) 11
- „Deutsches Kaltblut“ (1929-1936)
wurden systematisch ausgewertet, da sie das Wirken Jöchles im Bereich
Hufbeschlag und Pferdezucht zu dokumentieren vermögen. Zur Ergänzung
wurde das Personen- und Vorlesungsverzeichnis der Universität München
herangezogen.
Die Sekundärliteratur in Form der oben genannten Chroniken der
Universität München, aber auch Biographien sowie schriftlich festgehaltene
Erinnerungen und Rückblicke von Zeitzeugen (Koch 1972; Baier
1990) ergänzen die Vita Jöchles und tragen dazu bei, den Zeitgeist zu
erfassen (Koch 1973; Jäger 1989).
Hans Jöchle selbst publizierte in folgenden Periodika: Deutsches
Tierärzteblatt, Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht, Deutsches Kaltblut,
Tierärztliche Rundschau, Wochenblatt der Landesbauernschaft Bayern,
Zeitschrift für Gestütkunde und Pferdezucht, Zucht und Sport, Die
Schmiede-Werkstatt und Der Bayerische Schmied. Außerdem ist die
Dissertation von Hans Jöchle 12 in der Bibliothek der Tierärztlichen Fakul-
6
Dr. Erwald Wolpert war von 1972 bis 1990 Gestütstierarzt und Leiter der Hufbeschlagschule
Schwaiganger.
7
1944 Erscheinen eingestellt.
8
1945 Erscheinen eingestellt.
9
1941 Erscheinen eingestellt.
10
Erster Jahrgang 1947.
11
1934 Erscheinen eingestellt.
12
Jöchle, Hans (1920): Versuche zur Bekämpfung der Dasselplage mit giftigen Gasen.
München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche Fakultät, Diss.

19
tät München erhalten, und auch sein Buch über Huf- und Klauenpflege 13
liegt vor.
Leider sind aufgrund des großen zeitlichen Abstands zu den Hauptgeschehnissen
in den 1930er und 40er Jahren kaum noch Zeitzeugen am
Leben. Grundsätzlich bereitet es Schwierigkeiten, repräsentative und
objektive Zeitzeugen für die „Oral History“ zu finden, zumal im
Nachhinein vieles beschönigt wird oder unausgesprochen bleibt. Auch ein
oft reduziertes Erinnerungsvermögen und ein sehr begrenztes Faktenwissen
drängen die Personenbefragung zu diesem Thema immer mehr in
den Hintergrund und es bleibt nur das Aktenstudium als Quellenmaterial
(Böhm 1995, 20).
13 Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege. Arbeiten des
Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin.

2 Biographie
2.1 Herkunft und Schulzeit
20
Am 29. März 1892 kam Hans Jöchle in Erkheim bei Memmingen auf dem
Hof seiner Eltern, der Landwirtseheleute Wilhelm und Elisabeth Jöchle,
zur Welt (UAM Sen-I-145, Lebenslauf). Sein Vater (geb. am 25. Juni 1855
in Erkheim) war Sohn des Söldners und Bauern Johannes Jöchle und seiner
Ehefrau Theresia, geborene Huber. Er hatte den Hof Nr. 66 von seinem
Vater übernommen und war zusätzlich noch für die Forstarbeiten in und
um Erkheim verantwortlich. Elisabeth Jöchle kam am 18. Oktober 1854 im
selben Ort als Tochter des Schusters Anton Zedelmayer und seiner Ehefrau
Balbina, geborene Hörterich, zur Welt (UAM Sen-I-145, Abstammungsnachweis
von H. Jöchle 1938). Die Ehe schlossen die beiden am 13. Februar
1879 in Erkheim (Standesamt Erkheim). Die Familie hatte einen
mittelgroßen Hof mit 79 Tagwerken zu bewirtschaften, der zwei Pferde,
eine Rinderherde und einige Schweine umfasste (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt).
Abb. 2: Das Geburtshaus von Hans Jöchle in Erkheim, Lerchenweg 1,
(früher Nr. 66). Das Haus wurde 1961 abgebrochen und durch einen
Neubau ersetzt.

Johannes Jöchle
* 27.09.1828
�
Theresia Huber
* 22.03.1837
Anton Zedelmayer
* 16.05.1816
�
Balbina Hörterich
* 06.02.1820
in Siebnach
21
Wilhelm Jöchle
* 25.06.1855
† 13.05.1932
� 14.02.1879
Elisabeth Zedelmayer
* 18.10.1854
† 18.08.1943
Balbina
* 18.10.1878
† 18.03.1965
Johann Georg
* 27.01.1880
† 29.09.1950
Wilhelm
* 06.10.1881
† 07.11.1882
Theresia
* 15.01.1883
† 11.08.1976
Elisabetha
* 21.11.1884
† 18.06.1964
Kreszenzia
* 12.06.1886
† 03.08.1886
Barbara
* 09.10.1888
† 03.04.1969
Anton
* 05.02.1891
† 26.04.1971
Johannes
* 29.03.1892
† 26.02.1968
Maria
* 22.10.1897
† 10.12.1975
Abb. 3: Genealogie der Familie Jöchle. Alle Personen ohne gesondert
vermerkten Geburtsort sind in Erkheim geboren.

22
Johannes Jöchle, später „Hans“ gerufen, war das neunte Kind der Familie
(UAM Sen-I-145, Lebenslauf von H. Jöchle) und wurde nach seinem
Großvater benannt. Die älteste Tochter war am 18. Oktober 1878 als
uneheliches Kind zur Welt gekommen und wurde deshalb als Balbina
Zedelmayer eingetragen. Das war im ländlichen Raum zu dieser Zeit nichts
Ungewöhnliches und wurde akzeptiert, wenn die Vaterschaft feststand und
das Kind später durch Heirat „legitimiert“ wurde. Das zweite Kind, Johann
Georg, wurde erst nach der Hochzeit am 27. Januar 1880 in Erkheim
geboren, das dritte, Wilhelm, am 6. Oktober 1881. Er verstarb schon im
Alter von einem Jahr. Die Schwestern Theresia, Elisabetha und Kreszenzia
folgten im Abstand von jeweils ein bis zwei Jahren, wobei die letztere
schon nach zwei Monaten, im August 1886, verstarb. Wie alle Jöchle-
Kinder wurden auch Barbara (9. Oktober 1888) und Anton (5. Februar
1891) in Erkheim geboren. Daraufhin folgten Johannes und am 22. Oktober
1897 Maria (Standesamt Erkheim; Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).
Der um ein Jahr ältere Bruder Anton war als Kind sehr schwach und
forderte die volle Kraft der Mutter. Deshalb wurde Hans Jöchle als
Säugling zu Verwandten auf einen Einödhof in Sankt Johann, in der Nähe
Erkheims, gegeben und wuchs dort als Einzelkind auf (Dycke 2005, mdl.
Mitt.). Das Anwesen umfasste einen landwirtschaftlichen Betrieb und eine
Wirtschaft. Eine unverheiratete Tante, Josepha Fritz, geb. Jöchle (1880-
1965), die jüngste Schwester von Wilhelm Jöchle, übernahm dabei die
Betreuung von Hans Jöchle. Hans hielt Josepha längere Zeit für seine
Mutter (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.). Erst als er, um die Schule
besuchen zu können, zurück nach Erkheim sollte, wurde ihm bewusst, dass
er nicht im Elternhaus aufgewachsen war und eigentlich viele Geschwister
hatte. Diese Erkenntnis war ein harter Schlag für ihn (Jöchle, W. 2004,
mdl. Mitt.). Seine Eltern sprach er, wie seine Geschwister auch, mit
„Ihr/Euch“ an (Jöchle, J. 2005, mdl. Mitt.; Jöchle, W. 2005, mdl. Mitt.).
Hans Jöchle besuchte vom 1. Mai 1898 bis zum 1. September 1905 die
katholische Volksschule in Erkheim (PrivAWJ, Jöchle, H. 1951; Verzeichnis
der Werktagsschule zu Erkheim pro 1904/05) und am 1. Mai 1905
trat er in die ortsansässige Sonntagsschule ein. Der Ort war damals streng
in einen katholischen und einen protestantischen Teil getrennt, und so
waren auch die Schulen getrennt 14 . Es war üblich, dass aus jeder größeren
Landwirtsfamilie ein Kind einen geistlichen Weg einschlagen sollte. Da
14 Die konfessionelle Trennung war eine Folge des Augsburger Religionsfriedens von 1555
und wurde im gesamten „Deutschen Reich“ erst 1938 aufgehoben (Prestel 2002, 112; Jöchle,
W. 2005, schriftl. Mitt.).

23
Hans Jöchle in der Schule sehr gute Leistungen erbrachte und nur knapp
die Note 1 verpasst hatte, wurde er, nachdem er die siebenjährige Schulpflicht
absolvierte hatte, auserwählt, Pfarrer zu werden. Die ganze Familie
investierte in diese Ausbildung, um ihn, auf Empfehlung des katholischen
Ortspfarrers Joseph Rohrhirsch, nach Dillingen auf das humanistische
Gymnasium, im Volksmund „Pfarrschmiede“, schicken zu können.
In Dillingen trat er am 20. September 1905 an (Lang 2005, mdl. Mitt.) und
schloss am 14. Juli 1913 mit der Reifeprüfung ab (PrivAWJ, Jöchle, H.
1951; Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Das Internat in Dillingen war zu teuer,
deshalb mietete er extern ein Zimmer bei einer Frau in Dillingen. „Aber
ihm haben bald die Mädle besser gefallen als der Chorrock, und da kam
dann der Umstieg in das tierärztliche Fach“ (Dycke 2005, mdl. Mitt.).
Durch einen Pfarrer in der Familie hatte man sich einen besseren Draht
zum Himmel erhofft, aber zum Entsetzen der ganzen weiblichen
Verwandtschaft verkündete Hans Jöchle (um 1910), dass er Tierarzt
werden wolle und zog sich damit den Ärger all derer zu, die, um seine
Schulbildung zu finanzieren, auf einiges hatten verzichten müssen (Jöchle,
W. 2004, mdl. Mitt.). Sein Vater akzeptierte jedoch diese Entscheidung
und sagte ihm die finanzielle Unterstützung für das Studium zu. Das im
Allgäu seit kurzem etablierte genossenschaftliche Molkereiwesen verschaffte
den Bauern ein geregeltes Einkommen und damit die Möglichkeit
der Finanzplanung (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).
Johann Georg ergriff den Beruf seines Vaters und auch die Schwestern
wurden standesgemäß mit einem Landwirt verheiratet. Eine Ausnahme
bildete Barbara Jöchle, die Näherin in Erkheim wurde. Sie blieb unverheiratet
und pflegte ihre Eltern bis zu deren Tod. Anton Jöchle ergriff den
Beruf des Schmiedemeisters in Erkheim und gab Name und Beruf später
auch an seinen Sohn weiter (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.; Jöchle, A. jun.
2005, mdl. Mitt.). Ob der Beruf seines älteren Bruders Hans Jöchle dazu
anregte, sich im Hufschmiedegewerbe zu engagieren oder ob die Aussicht
auf einen, aus damaliger Sicht, sicheren Arbeitsplatz bei der Wiederherstellung
bzw. Instandhaltung des Verkehrsmittels „Pferd“ den Ausschlag
zur Berufswahl gaben, bleibt unklar.

2.2 Kriegsstudium
24
Schon 1892 stellte Prinzregent Luitpold die Professoren der Tierärztlichen
Hochschule München den Universitätsprofessoren gleich. Sie wurden in
ordentliche und außerordentliche Professoren unterteilt. Das war an
anderen Tierärztlichen Hochschulen in Deutschland noch nicht üblich. Ab
dem 1. April 1903 wurde das Reifezeugnis eines Gymnasiums, Realgymnasiums
oder einer Oberrealschule Voraussetzung für das Studium der
Veterinärmedizin. Die Münchner Tierärztliche Hochschule erhielt schließlich
1910 auch als erste das selbständige Promotionsrecht und setzte das
Prädikat Dr. med. vet. durch. Die übrigen deutschen tierärztlichen Ausbildungsstätten
folgten diesem Beispiel und mussten den in München
geschaffenen Titel übernehmen. Schon im Frühjahr 1910 hatte München
auch eine Habilitationsordnung erhalten (Boessneck 1972, 304-309). Am
1. April 1913 trat die 3. Prüfungsordnung in Kraft und führte das 8. Semester
ein. Die Studierenden hatten damit eine tierärztliche Vorprüfung
abzulegen, die einen naturwissenschaftlichen Teil nach dem dritten
Semester und einen anatomisch-physiologischen Abschnitt nach dem
vierten Semester umfasste. Nach dem 8. Semester war dann die tierärztliche
Prüfung in sieben Fächern vorgesehen. Schon hier wurden Hufkunde
und Hufbeschlagskunde der Chirurgie zugeordnet (Eichhorn 1951, 43-44;
Boessneck 1972, 309).
Die Tierärztliche Hochschule (die spätere Tierärztliche Fakultät) lag
idyllisch am Rand des Englischen Gartens. Doch die Klänge der Schmiedehämmer
gaben der Nachbarschaft ständig Anlass zu Beschwerden.
Mitten im Hof standen zwei Holzbaracken, in einer davon wurden die
Chemie-Kurse für die Studenten abgehalten. Die erforderlichen Neubauten
wurden nicht genehmigt. Drumherum führte eine ovale Fahrstraße, auf der
auch Pferde und Rinder bewegt und Lahmheitsuntersuchungen durchgeführt
wurden. Teilweise fand hier auch der klinische Unterricht statt. Die
anderen Gebäude waren rings um diesen Hof angeordnet (Koch 1972, 3-6).
Schon 1910 hatte der allgemeine Verband der Studierenden der
Tierärztlichen Hochschule München an das Kultusministerium und den
Landtag Petitionen gerichtet, in welchen die unhaltbaren Zustände in den
einzelnen Instituten der Hochschule geschildert wurden, und hatte deren
Beseitigung gefordert (Eichhorn 1951, 26). So stand die Tierärztliche
Hochschule an letzter Stelle der deutschen Ausbildungsstätten. Lediglich
der Freizeitwert lockte viele Studenten für die vorklinischen Semester nach
München. In der näheren Umgebung der Hochschule hatten sich die
Verbindungshäuser etabliert (Koch 1972, 2, 4).

25
Hans Jöchle kam im WS 1913/14 an die Königliche Bayerische Tierärztliche
Hochschule, an der sich die wesentlichen Rahmenbedingungen erst
vor kurzem so grundlegend geändert hatten. In diesem Semester waren an
der Tierärztlichen Hochschule 411 Studierende eingeschrieben (Eichhorn
1951, 42). Doch schon im Oktober 1914 (Voit 1926, 119) wurde die
Hochschule durch besonderen Einsatz von Prinz Ludwig in die Universität
eingegliedert. Die Universität wollte die Tierärztliche Fakultät aber nicht
so recht als gleichwertige Fakultät anerkennen und so musste sie immer
wieder als Beispiel für nichtwissenschaftliche, halb-akademische Arbeit
herhalten. Auch in der Öffentlichkeit war die Veterinärmedizin wenig
angesehen. Die im Geist des historisch-literarischen Humanismus erzogene
Bürgerschicht hatte Probleme, die Veterinäre, die sich aus dem Milieu der
Schmiede und Abdecker entwickelt hatten, als Akademiker anzuerkennen
(Koch 1972, 1).
Die Studenten rekrutierten sich hauptsächlich aus Tierarzt- und Bauernsöhnen.
Während der Tierarzt-Nachwuchs den Anschein erweckte, ohnehin
alles - besser - zu wissen, waren die Bauernsöhne bestrebt, die ihnen ermöglichte
Ausbildung zu nutzen und möglichst viel zu lernen. Dazwischen
fanden sich einige Theologen, die umgesattelt hatten (Koch 1972, 13). Ein
Großteil der Veterinärstudenten hatte sich einer Korporation angeschlossen,
meistens einer farbentragenden Verbindung, und verpflichtete
sich damit zu einer Zugehörigkeit auf Lebenszeit (Baier 1990, 12).
Bevorzugt wurden die Burschenschaft „Alemannia“ und die Corps „Saxo-
Thuringia“, „Suebo-Salingia“ und „Vandalia“. Für das Studium wurde eine
möglichst aufs Praktische ausgerichtete Ausbildung angestrebt. Nur eine
Minderheit der Studenten, meistens städtischer Herkunft, ergriff den Beruf,
um kranken Tieren helfen zu können. Für die Mehrheit der meist vom
Lande stammenden Studenten war „Tierschutz“ ein Fremdwort, und es
standen eher die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund (Koch 1972,
14-15).
Wenn einem begabten süddeutschen, katholischen Bauernsohn das
Studium ermöglicht wurde, war es selbstverständlich, dass er Theologie
studierte und Pfarrer wurde. Erst wenn Probleme mit dem Zölibat auftauchten,
wurde oft umgesattelt. Die Humanmedizin wurde auf dem Land
von örtlichen Heilkundigen ausgeübt. Dem „studierten Doktor“ wurde eher
misstraut. Ein Jurist lebte vom Betrug, das war nichts für einen ehrlichen
Bauernsohn. Und Lehrer und Beamte waren aus Sicht der Bauern schlecht
bezahlte Knechte. So blieb nur die Tiermedizin: Einen Tierarzt, „den
braucht man, und der wird gut bezahlt. Man kann ja sehen, daß Tierärzte,

26
soweit sie nicht saufen, bald einen stattlichen Hof sich erwerben können“
(Koch 1972, 37-38). Das war die weit verbreitete Meinung.
Der Besuch der Universität war mit einigen Opfern verbunden, denn an
jeden Professor musste, abhängig von der Stundenzahl und Art der Lehrveranstaltung,
ein „Honorar-Betrag mit Dienergeld, Praktikums-Beitrag
und Instituts-Gebühr“ bezahlt werden. Die Beträge variierten zwischen
25,- und 80,- RM pro Semester (PrivAWJ, Kollegienbuch Hans Jöchle
1919). Der Studierende hatte sich zunächst in die für die betreffende
Vorlesung oder Übung ausliegende Inskriptionsliste einzutragen. Diese
Listen lagen vom 15. Oktober bis 15. November und vom 15. April bis
zum 15. Mai aus. Die Eintragung in die Inskriptionsliste verpflichtete zur
Bezahlung des Kollegiengeldes für die jeweilige Vorlesung oder Übung,
wenn der Eintrag nicht bis zu einem Stichtag wieder gestrichen wurde. Die
Ausgabe von Hörsaalkarten, gegebenenfalls mit Platznummern, teilte den
Hörern bestimmte Plätze zu und ermöglichte den Aufruf der Hörer in einer
bestimmten Reihenfolge (PrivAWJ, Kollegienbuch Hans Jöchle 1914-
1919).
Der Kriegsbeginn unterbrach das Studium Jöchles. Nach der deutschen
Kriegserklärung an Russland und Frankreich drängten sich die jungen
Männer vor den Rekrutierungsbüros. Im Zuge der allgemeinen Euphorie
konnten sie es kaum erwarten, in den Krieg zu ziehen (Large 1998, 82).
Jöchle kam als Einjährig-Freiwilliger zum Dritten Artillerie-Regiment in
München, in dem auch sein Vater und seine Brüder gedient hatten.
Aufgrund des großen Andrangs wurde Jöchle vom Regiment entlassen und
durfte die Truppe seiner Wahl ansprechen, das Erste Bayerische Schwere
Reiter-Regiment am Oberwiesenfeld (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Der Krieg forderte von Hans Jöchle zweimal die Unterbrechung des
Studiums (PrivAWJ, Jöchle, H. 1951). Er war vom Winterhalbjahr
1914/15 bis einschließlich Winterhalbjahr 1915/16 beurlaubt, weil er im
Heer stand. Erst zur Tierärztlichen Vorprüfung, die er am 22. Juli 1916
bestand (MKr OP 15233), wurde er nach München abkommandiert. Daran
schloss sich ein erstes klinisches Semester in Uniform an (Jöchle, W. 2004,
mdl. Mitt). Vom Winterhalbjahr 1916/17 bis einschließlich Winterhalbjahr
1918/19 wurde er erneut beurlaubt, um seinen Heeresdienst abzuleisten
(PrivAWJ, Kollegienbuch Hans Jöchle 1914-1919).
Am 2. August 1914 trat Hans Jöchle als Kriegsfreiwilliger beim Ersten
Schwere Reiter-Regiment der Bayerischen Kavallerie-Division in Mün-

27
chen ein (PrivAWJ, Lebenslauf von H. Jöchle, ca. 1927). Dort erhielt er im
Herbst 1914 seine Grundausbildung im Reiten (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.) und wurde „militärisch mit Karab. 96 und der Stahlrohrlanze
ausgebildet“ (MKr OP 15233). Schießen lernte Jöchle erst, „als 1915
abgesessen wurde und es in die Schützengräben der erstarrten Westfront
ging“ (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Schon am 3. November 1914 ging er
als Reiter mit der Ersatz-Eskadron ins Feld 15 und am 11. Juli 1915 wurde
er zum Gefreiten befördert (MKr OP 15233).
Beim Einsatz an der Ostfront erlitt Jöchle am 29. Juli 1915 durch einen
Schuss eine leichte Verwundung des linken Oberarms 16 (MKr OP 15233;
UAM Sen-I-145) und zwei Monate später wurde ihm im Namen seiner
Majestät des Deutschen Kaisers Wilhelm II., König von Preußen, das
Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen. Daraufhin wurde er am 18. Oktober
1915 zum Unteroffizier befördert und konnte vom 4. Dezember 1915 bis
zum 12. Februar 1916 am Übungskurs für Fahnenjunker und Offiziersaspiranten
in Grafenwöhr teilnehmen. Dort beurteilte man ihn als gereiften,
zuverlässigen Charakter von guten Umgangsformen und guter Erziehung,
der auch aus militärischer Sicht die besten Führungseigenschaften vereinte
(MKr OP 15233). So konnte er am 11. Februar 1916 als Vizewachtmeister
zur Ersatz-Eskadron des Ersten Schweren Reiter-Regiments München
zurückkehren (PrivAWJ, Lebenslauf von H. Jöchle, ca. 1927).
„Im Frühsommer 1916 versuchte die deutsche Heeresleitung durch
eine massive Kavallerieattacke, zu der drei Kavalleriedivisionen
wieder in den Sattel gesetzt worden waren, die Ostfront aufzubrechen.
Jöchle hat diese Attacke mitgeritten, die unmittelbar vor
den russischen Linien abgebrochen wurde [...]. Der Plan der
Deutschen war verraten worden und die Russen hatten auf der
ganzen geplanten Durchbruchstelle schwere Maschinengewehre in
Stellung gebracht. Gegenspionage hatte das in letzter Minute
aufgedeckt. So ist ein unvorstellbares Massaker vermieden worden.
Danach ist die deutsche Kavallerie bis auf Restverbände endgültig
abgesessen“ (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
15
Vom 12. bis 24. November 1914 wurde er bei der Schlacht bei Ypern eingesetzt (UAM E-
II-1898).
16
Nach einem Vormerkungsbogen von 1940 aus der Personalakte des Akademischen Senats
zu Jöchle wurde er erst am 31. Juli 1915 verwundet, was durchaus möglich wäre, da er vom
30. Juli bis 7. August 1915 im Kampfgebiet um Kupischki eingesetzt wurde (UAM E-II-
1898).

28
Wegen des inzwischen eingetretenen Mangels an Truppenveterinären
wurde Jöchle ab März 1916 ausschließlich zum Veterinärdienst herangezogen.
Es erfolgte deshalb auch Ostern 1916 die Kommandierung zur
Ersatz-Eskadron nach München, wo er für sechs Monate zur klinischen
Ausbildung an den tierärztlichen Instituten der Universität freigestellt
wurde 17 (PrivAWJ, Lebenslauf von H. Jöchle, ca. 1927) und am 22. Juli
1916 die Tierärztliche Vorprüfung ablegte (MKr OP 15233).
„Nach den Mobilmachungsvorarbeiten hatten die Generalkommandos
den Bedarf an Veterinären für die Kriegsstellen, für die der
Bestand an Veterinären des aktiven und Beurlaubtenstandes nicht
ausreichte, durch Verpflichtung nicht dienstpflichtiger Tierärzte
sichergestellt. Der unerwartet große Bedarf machte jedoch
weitergehende Maßnahmen notwendig. Die Generalkommandos
wurden daher ermächtigt, die anfangs August Dienst mit der Waffe
tuenden, approbierten Tierärzte ohne Rücksicht auf die
zurückgelegte Dienstzeit zu Unterveterinären zu befördern, einerlei
ob sie als Freiwillige eingestellt oder als Mannschaften des
Beurlaubtenstandes oder Ersatzreserve einberufen waren. Ebenso
können Studierende der Tierheilkunde, die 5 Semester studiert und
die naturwissenschaftliche Prüfung bestanden haben, von den
Generalkommandos zu Feldunterveterinären befördert werden“
(MKr 10653, Übersicht über die Beförderungs- und Besoldungsverhältnisse
der Veterinäre während des Krieges, ca. Oktober 1914).
So wurde auch Jöchle am 3. Oktober 1916 zum Feldunterveterinär ernannt
und es wurde ihm im Zuge der Kriegseinteilung der Veterinäre befohlen,
sich „nach beschleunigter Erledigung seiner Vorbereitungen sofort nach
Biala bei Brest-Litowsk in Marsch zu setzen, wo er bei dortiger
Bahnhofskommandantur näheren Befehl über seinen Weitermarsch zu
erholen hat“ (MKr 10684). Auf diesem Wege gelangte die Feldpostnummer
776 (Anonym 1917, 38) zur Bayerischen Minenwerfer-
Kompagnie 200 der Bayerischen Kavallerie-Division (MKr OP 15233).
17 Der Mangel an Veterinären ging so weit, dass in Erwägung gezogen wurde, den
bayerischen Feldunterveterinären während des SS 1916 das Studium in München und am
Ende die Ablegung der Fachprüfung zu ermöglichen. Dazu sollte die Kommandierung der
Betreffenden zum Pferdelazarett des „st. Gen. Kdos. I. A.K.“ (Generalkommando I.
Armeekorps) erfolgen, das unter der Leitung des Universitätsprofessors Dr. Leonhard Vogel,
Oberstabsveterinär d. L. (der Landwehr), stand. Außerdem war dort unter anderen der
Universitätsprofessor Dr. Moser als Stabsveterinär auf Kriegsdauer tätig. Damit sollte die
nötige Fachaufsicht und Förderung der Studierenden gewährleistet werden (MKr 10757,
25.1.1916).

29
Abb. 4: Hans Jöchle als Feldunterveterinär (ca. 1916), mit dem Eisernen
Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet, das er im Stil der Zeit im Knopfloch der
Jacke trägt.
Die Veterinäroffiziere standen nicht - wie die Sanitätsoffiziere - unter dem
Schutz des Roten Kreuzes. Im Feld durften daher nur Veterinäroffiziere
oder Unterveterinäre verwendet werden, aber nicht die vertraglich
angestellten, nicht dienstpflichtigen Tierärzte, die wegen des großen
Bedarfs beschäftigt wurden, aber kein militärisches Dienstverhältnis
hatten. Das forcierte die schnelle Heranbildung des Nachwuchses und
machte die Beförderung von mindestens zwei Monate in ihrem Dienstgrad
stehenden Unterveterinären des Beurlaubtenstandes möglich. Aus diesem
Grunde erfolgte auch schon am 23. Januar 1917 die Beförderung Hans

30
Jöchles zum Feldhilfsveterinär (Offizier) 18 (MKr OP 15233). Kurz darauf
(29.01. - 10.7.1917) wurde er bei Stellungskämpfen am Stochod eingesetzt
(UAM E-II-1898).
Abb. 5: Jöchle (links, mit Blick zum Betrachter) bei der Untersuchung
eines lahmen Pferdes, im „Waldlager“ der Minenwerfer-Kompagnie 200,
zwischen Herbst 1916 und Frühjahr 1917.
Anfang Juli 1917 wurde Jöchle als Abteilungsveterinär zur Ersten
Bayerischen Maschinengewehr-Abteilung der Bayerischen Kavallerie-
Division versetzt. „Seine Majestät der König haben Sich unterm 9. November
1917 allergnädigst bewogen gefunden, dem Feld-Hilfsveterinär
einer Maschinengewehr Abteilung Hans Jöchle das Militär-Verdienstkreuz
1. Klasse mit Schwertern zu verleihen“ und am 5. Juni 1918 erhielt er das
18 Wegen der Beförderung in den Offiziersrang musste Jöchle aus dem damals noch rein
adligen Offizier-Korps des Ersten Bayerischen Schweren Reiter-Regiments (einem Garde-
Regiment) ausscheiden und wurde für den Rest des Krieges einer bespannten Schweren
Maschinengewehr-Abteilung zugeteilt. Diese Abteilungen waren eine „Geheimwaffe“, die
trotzdem das Kriegsende nicht beeinflussen konnte (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).

31
„Verwundeten-Abzeichen für einmalige Verwundung“ (BayHStA MK
43826). Jöchle blieb bei seiner Abteilung bis zur Rückkehr in die Heimat
Weihnachten 1918 (MKr OP 15233). Das bedeutete, den Einbruch in die
Ukraine (UAM E-II-1898), die Krim und den Kaukasus mitzumachen. Die
Abteilung stand schon 100 km vor Baku (Aserbaidschan) am Kaspischen
Meer, als am 9. November 1918 zum Rückzug geblasen wurde. Auf der
Flucht, auch vor den Engländern, gelang es der Einheit, auf dem Seeweg
Odessa und im Dezember 1918 Rumänien zu erreichen. Über Ungarn und
Österreich gelangte Jöchle nach Passau. Bald danach kehrte er nach
Erkheim im Allgäu zurück. Seit fast einem Jahr hatte die Familie nichts
von ihm gehört. Sein Heimkommen galt fast als ein Wunder (Jöchle, W.
2004, mdl. Mitt.). Vom 2. bis zum 29. Januar 1919 war er im Ersatz-
Pferde-Depot Bamberg tätig (MKr OP 15233).
Der Krieg stellte sehr hohe Anforderungen an die Veterinäre. Die
Bekämpfung von Seuchen, die Behandlung kranker Pferde, aber auch die
Gesunderhaltung der Pferde- und Viehbestände gehörten zu ihrem Aufgabenbereich.
Aus den monatlichen Krankenrapporten und Seuchenberichten
ist zu ersehen, dass im Februar 1917 insgesamt 235.492 Pferde, also 18 %
des Bestandes, behandelt wurden. Aufgrund des Mangels an Veterinären
waren aber nur 58 % der Veterinärstellen des Feldheeres besetzt. Ein guter
Gesundheitszustand des Pferde- und Viehbestandes war aber für die
Schlagfertigkeit und Beweglichkeit des Heeres von herausragender Bedeutung
(MKr 10654, Brief des Generalquartiermeisters an das Königliche
Kriegsministerium Berlin, 4. Mai 1917). Das veranlasste auch den
Bundesbruder Keller, aus dem Feld an die Philisterzeitung der Burschenschaft
Apollo zu schreiben: „[...] müßt wissen, daß bei uns die Pferde - das
einzige Beförderungsmittel - fast höher gewertet werden als die
Menschen!“ (Keller 1914, 8).
Ein Brief des Allgemeinen Kriegs-Departments des Kriegsministeriums
vom 31. August 1917 an die Bayerischen, Sächsischen und Württembergischen
Kriegsministerien und an sämtliche Königlich Preußischen
stellvertretenden Generalkommandos (MKr 10686) geht näher auf den
„großen Mangel an Veterinären im Feldheer und an Tierärzten in der
Heimat“ ein. Deshalb sollte das Veterinär-Hilfspersonal im Feld- und
Besatzungsheer eine bessere Ausbildung erhalten und vermehrt herangezogen
werden. Die schnelle Versorgung selbst kleiner Wunden, um eine
Verschlimmerung zu vermeiden, schien so wichtig, dass sogar die
Befürchtung, solche Leute könnten sich später als Kurpfuscher betätigen,
unwichtig wurde. Auch Veterinäroffiziere des Beurlaubtenstandes sollten

32
neben dem „Veterinärdienst bei Formationen des Besatzungsheeres noch
ihre bisherige Praxis ausüben können, soweit es der Truppendienst zuläßt“.
Alleine die 14. Bayerische Infanterie-Division hatte beispielsweise im
Februar 1917 einen Bestand von 2.075 Pferden, davon 987 schwere Pferde
(MKr 10733). Mit einem Krankenbestand von 150 Pferden Ende Januar
wurden durch Zugänge im Februar 360 Pferde behandelt und davon 167
geheilt. Nicht nur die Seuchen machten den Pferden zu schaffen, sondern
auch die Überforderung bei ungenügendem Futter und schlechter
Unterkunft schwächte die Leistungsfähigkeit der oft sehr jungen oder sehr
alten Tiere. Auch der Mangel an pferdekundigen Offizieren und Unteroffizieren
machte sich bemerkbar. Trotz allem sei der Hufbeschlag in
Ordnung gewesen und die angeforderten Arzneien und Instrumente wurden
geliefert (MKr 10733, Februarbericht 1917 der 14. Bayerischen Infanterie-
Division).
Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus meldete am 10. Februar
1919 an das Ministerium für militärische Angelegenheiten, dass in Bayern
für alle Studierenden, auch die der Tierheilkunde, ein Zwischensemester
für die Kriegsteilnehmer eingeschoben werde. Es hatte bereits am 4. Februar
begonnen und sollte bis Mitte April dauern (MKr 10757). Doch die
Revolution ließ an ein zügiges Beenden des Studiums nicht denken. Noch
am 6. April hatten die Ausschüsse des Kriegsteilnehmerverbandes aller
Fakultäten dem vorläufigen Studentenrat ihr Vertrauen ausgesprochen. Am
nächsten Tag wurde in München dann die Räterepublik ausgerufen. Der
revolutionäre Studentenrat ließ auf dem Universitätsgebäude eine rote
Fahne hissen, doch „vor den gesperrten Toren der Universität sammelt sich
während des ganzen Tages eine große Zahl von Studierenden -
hauptsächlich Kriegsteilnehmer - an, welche ihrer Empörung über die
Vergewaltigung der Universität durch die Gruppe der sozialistischen
Akademiker in starken Worten Luft macht“ (Müller 1919, 1-2). Die
Universität war vom revolutionären Studentenrat besetzt, Rektorat, der
Senat und die Professoren wurden abgesetzt. Widerstand sollte mit
Waffengewalt unterdrückt werden. Am 13. April wollten die „Räte“ die
Universität schließen und den Lehrbetrieb beenden, um die Umgestaltung
der Universität in die neue (revolutionäre) Hochschule einzuleiten, und am
25. April teilte das Rektorat mit, dass die Universität bis auf weiteres
geschlossen bleibe (Müller 1919, 6, 11, 14). Das war ein harter Schlag für
die Studenten, die, endlich aus dem Krieg zurückgekehrt, ihr Studium
möglichst zügig beenden wollten. „Der Revolution und ihrem Gedankengut
stand die von den Korporationen repräsentierte, völkisch orientierte

33
Mehrheit zunehmend feindlich gegenüber“ (Seifert 1972, 330). Das führte
zu regem Zulauf bei den diversen Freikorps.
Die Mitglieder des Freikorps Epp (darunter Studenten, Bundesbrüder und
Kriegsteilnehmer) hatten sich schon früher, erzürnt über die Misswirtschaft
der Soldatenräte, dem „Obersten von Epp“ angeschlossen (Dinglreiter
1919, 40). Der hatte in Ohrdruf in Thüringen, unterstützt von den
„Preußen“, ein Lager errichtet, um sich gegen die Soldatenräte in Bayern
zu rüsten. Doch noch betrachtete der Militärminister Bayerns die Freikorps
als „Hochverräter“. So verging einige Zeit, bis der Reichswehrminister
Noske das Eingreifen der Freikorps erbat (Dinglreiter 1919, 40). Die
Freikorps, die Ministerpräsident Hoffmann aufmarschieren ließ, „waren
nicht nur entschieden antikommunistisch gesinnt, sondern rekrutierten sich
größtenteils aus militanten Antidemokraten und Rassisten“, zu einem guten
Teil ausgediente Soldaten. Das wichtigste Bayerische Freikorps wurde von
Franz Ritter von Epp geführt. Er unterhielt Kontakte zur Thule-
Gesellschaft, die mit Geld und Kampfwilligen die Anti-Revolutionstruppen,
die sich außerhalb Münchens sammelten, unterstützte. Trotz allem
musste Hoffmann, entgegen seiner Überzeugung, die Hilfe des Reichs
erbitten. Der Reichswehrminister schickte 20.000 Mann, darunter ein
großer Anteil Preußen (Large 1998, 154).
Per Bahn ging es in Richtung Bayern und dann wurde marschiert. Am
1. Mai erreichte das Freikorps München. Auf dem Marsch durch die
Ortschaften wurden die Truppen von der Bevölkerung begeistert begrüßt.
Von den Münchner Bürgern, die aufs Land geflohen waren, hatte man sich
Verstärkung erhofft, doch die meisten beschränkten ihre Unterstützung auf
heftiges Winken (Dinglreiter 1919, 40). Hans Jöchle war wohl einer
derjenigen, die sich am 1. Mai dem Freikorps anschlossen 19 (MKr OP
15233). Während der Kämpfe hatten sich die Räte zu Gewalttaten
hinreißen lassen, unbeteiligte Geiseln wurden erschossen (Cornelissen,
Holzbauer 1988, 27). Nun schlugen die „Weißen“ zurück. Die
Häuserblocks wurden systematisch durchsucht und entwaffnet, mit den
„Roten“ wurde „kurzer Prozess gemacht. Her - und ab an die Wand“
(Dinglreiter 1919, 41) 20 . Bis zum 31. August 1919 war Jöchle beim Stab
der zweiten Abteilung des Ersten Artillerie-Regiments des Freikorps Epp
(Bayerisches Schützenkorps) (MKr OP 15233).
19 Nach einem Vormerkungsbogen aus der Personalakte des Akademischen Senats zu Jöchle
trat er bereits am 22. April 1919 dem Freikorps bei (UAM E-II-1898).
20 Darstellung eines Mitkämpfers des Freikorps und Mitglied der Burschenschaft Apollo in
der Philisterzeitung der Sudentenverbindung „Apollo“ vom Oktober 1919.

34
„Nachdem sich in den letzten Tagen der Räterepublik viele Professoren
verstecken mußten, um einer Geiselverhaftung zu entgehen, mochte der
Einmarsch des Freikorps Epp und die folgende Welle des weißen Terrors
als ‚Befreiung vom Joch unmöglicher Willkür und Fremdherrschaft‘
erscheinen ...“ (Seifert 1972, 333). Die Studenten waren vorwiegend von
deutsch-nationalem Geist erfüllt, und auch der Senat gestattete Anfang Mai
1919 die Einrichtung einer Werbestelle des Freikorps Epp im Universitätsgebäude.
Wurde doch die Stärkung der Freikorps als dringliche
Aufgabe angesehen (Seifert 1972, 334).
„Diese Formation [Freikorps Epp] war vom damaligen sozialdemokratischen
Ministerpräsidenten Hoffmann als Schützenbrigade
21 aufgestellt worden und zwar zur Befreiung Münchens von der
kommunistischen Räteherrschaft. Da auch 90 % der Münchner
Einwohner damals die einrückenden Befreier von den Rucksackspartakisten
mit Jubel begrüssten, ist es absurd, aus diesem Dienst
am Volke eine Belastung konstruieren zu wollen“ (UAM E-II-1898,
Spruchkammer X in München, 18.12.1946).
Die Professoren der Universität München hatten im Kriegsnothalbjahr vom
15. Januar bis zum 15. April 1919 insbesondere den Kriegsteilnehmern
ihre Beratung für das weitere Studium angeboten (Vorlesungsverzeichnis
der LMU 1919, VII). Nach bestandenem Physikum mussten vier
Studienhalbjahre bis zur Zulassung zur tierärztlichen Prüfung nachgewiesen
werden. Der Kriegsdienst wurde dafür bis zu einem halben Jahr
angerechnet. Dabei war es völlig gleichgültig, ob der Dienst in dem
entsprechenden Fachgebiet oder mit der Waffe im Feld geleistet wurde
(Vorlesungsverzeichnis der LMU 1919, IX).
Im WS 1919/20 konnte Hans Jöchle sein Studium abschließen. Die
Tierärztliche Approbation erlangte er am 5. März 1920 (PrivAWJ, Jöchle,
H. 1948). Die Zahl der Studierenden an der Tierärztlichen Fakultät war
nach dem Ersten Weltkrieg auf 246 gesunken und sollte 1925/26 mit 126
Studenten einen Tiefpunkt erreichen (Eichhorn 1951, 69-70).
Am 5. April 1922 stellte Jöchle, zu dieser Zeit Assistent an der Tierärztlichen
Fakultät der Universität München, beim Bayerischen Wehrkreiskommando
VII die „Bitte um Verleihung des Charakters als Veterinär mit
der Erlaubnis zum Tragen der Uniform“ des Veterinäroffiziers des
beurlaubten Standes, die ihm im Juli dann auch gewährt wurde (MKr OP
15233).

35
Abb. 6: Auszug aus dem Kollegienbuch von Hans Jöchle im Kriegsnotsemester 1919.

36
Abb. 7: „Zeugnis zum Abgange von der Universität“ (20. Dezember
1919): Zwischen den beiden Blättern war das Kollegienbuch eingeheftet.

2.2.1 Promotion
37
Nach der Approbation im Jahr 1920 war Hans Jöchle drei Monate als
Praktikant am städtischen Schlacht- und Viehhof in München tätig. Er
fertigte in dieser Zeit am Forschungsinstitut für angewandte Zoologie an
der Universität in München auch seine Dissertation an, über „Versuche zur
Bekämpfung der Dasselplage mit giftigen Gasen (Schwefeldioxyd)“
(PrivAWJ). Dieses Institut wurde von Prof. Karl Escherich geleitet und
gehörte, wie auch das Fachgebiet der Bodenkunde und die angewandte
Botanik zur Staatswirtschaftlichen Fakultät. So musste Hans Jöchle, wie
auch die zahlreichen anderen Doktoranden aus dem naturwissenschaftlichen
Bereich, einen Doktorvater an seiner eigenen Fakultät suchen
(Pechmann 1972, 181). Den fand er in Prof. Franz Schmitt aus der
Medizinischen Tierklinik (Baier 1990, 49).
Dr. Wilhelm Pschorr, Oberregierungsrat im Bayerischen Staatsministerium
des Innern, beurteilte die Leistungen Jöchles später wie folgt:
„Zuerst kam ich mit ihm in Berührung bei Ausarbeitung seiner
Promotionsschrift über die Bekämpfung der Dassellarven beim
Rind. Dieses Thema war seinerzeit noch wenig behandelt, obwohl
die ungemein grossen Schädigungen der Häute durch die
Dassellarven (Wirtschaft im Allgemeinen und lederverarbeitende
Industrien im Besonderen) zu genaueren Untersuchungen hätte
Anlass geben müssen. Dr. Jöchle gab durch seine Arbeit wertvolle
Anregungen zu weiteren Untersuchungen, die dann im Gesetz zur
Bekämpfung der Dasselfliege vom 7.12.1933 ihren Niederschlag
fanden“ (PrivAWJ, Gutachten von Dr. Pschorr über Hans Jöchle
vom 26.11.1945).
Aufgrund dieser Arbeit und des Rigorosums wurde Jöchle am 21. Mai
1920 von der Tierärztlichen Fakultät der Universität München mit der
Note 1 zum Dr. med. vet. promoviert (PrivAWJ, Jöchle, H. ca. 1927).

38
Abb. 8: Die Dissertation von Hans Jöchle (1920) ist in der
Bibliothek der Tierärztlichen Fakultät München auszuleihen.

2.2.2 „Apollo“
39
„Die wichtigste Sozialisationsinstanz des akademischen Milieus bildete im
Kaiserreich und in der Weimarer Republik das studentische Verbindungswesen,
die Korporationen.“ Nach dem Ersten Weltkrieg sank der Anteil
der Korporationsstudenten deutlich, im Reichsdurchschnitt waren 1929
aber immer noch mehr als die Hälfte der männlichen Studenten Mitglied
einer Verbindung, dieser Anteil variierte jedoch an den einzelnen
Hochschulen beträchtlich (Schimanski 1997, 48).
Hans Jöchle trat am 28. Oktober 1913 in die schlagende, nichtfarbentragende,
katholische Studentenverbindung Apollo ein (Cichlar
2004, schriftl. Mitt.; Jöchle, W. 2004, schriftl. Mitt.). Am 13. Januar 1914
wurde der „cand. med. vet.“ aus Erkheim offiziell aufgenommen (Anonym
1914, 23) und nach seiner Approbation im Juni 1920 philistriert (Anonym
1920b, 20). Besonders aktiv scheint er aber in der Verbindung nicht
gewesen zu sein. Außerhalb der „Persönlichen Mitteilungen“ in der
Philisterzeitung, die über das berufliche Fortkommen und den Familienstand
unterrichteten, wird er nur einmal, in der Anwesenheitsliste eines
Ausflugs mit anschließendem Tanz anlässlich des Stiftungsfests 1921
erwähnt (Traeger 1921, 26).
Am 5. Dezember 1914 wurde der Universitätsprofessor Erwin Moser, der
spätere Vorgesetzte Jöchles, wieder in die Verbindung aufgenommen
(Abel 1915, 16) und philistriert (Anonym 1915, 16). Dr. phil. Erwin Moser
war außerordentlicher Professor für Hufkrankheiten und Theorie des
Hufbeschlags. Er leitete auch die Lehrschmiede, die bei der Angliederung
an die Universität abgetrennt und der Regierung von Oberbayern
unterstellt wurde (Boessneck 1972, 312). Weshalb er „wieder“ aufgenommen
wurde, also vorher wohl ausgetreten war, ist leider nicht mehr
nachzuvollziehen.
Während des Krieges wurden in der „Philisterzeitung der Studentenverbindung
Apollo“ eifrig Feldadressen, Kriegserlebnisse und Briefe von
Bundesbrüdern aus dem Feld veröffentlicht, bevorzugt über zufällige
Zusammentreffen von Bundesbrüdern im Feld.

40
Abb. 9: Hans Jöchle als Korporationsstudent, ca. 1914.

41
Im Januar 1920 gründete die Studentenverbindung Apollo eine „Berufszentrale“.
Sie sollte den Heimkehrern die durch den Krieg „verspätete und
konkurrenzbedrohte Existenzgründung“ erleichtern, ohne aber zu „einem
Versorgungsverein auf Gegenseitigkeit herabgedrückt zu werden“.
Aufgrund des Freundschaftsprinzips gehe es jedoch nicht an, in dieser
schweren Zeit „bei gleicher Eignung und bei gleicher Tüchtigkeit den
Fremden vor dem Bundesbruder zu bevorzugen oder aus Mangel an
Kenntnis den Bundesbruder von der Bewerbung überhaupt auszuschließen“
(Philistervertretung 1920, 2).
Die Mehrzahl der Menschen trauerte noch dem Kaiserreich nach und
akzeptierte gezwungenermaßen die Demokratie der Weimarer Republik.
Sie wurde jedoch eher als die Auswirkung eines verlorenen Krieges als
eine erstrebenswerte Staatsform betrachtet. Man fühlte sich „vaterländisch“
und dankte beim Festkommers anlässlich des Stiftungsfests im Juli 1921
im großen Saal der „Vier Jahreszeiten“ Ministerpräsident von Kahr,
Polizeipräsident Pöhner und Forstrat Escherich, dass sie wieder für Ruhe
und Ordnung im „engeren Vaterland“ gesorgt hatten 21 (Traeger 1921, 25).
Im Dezember 1923 musste auch die Philisterzeitung aufgrund der
allgemeinen Notlage sehr knapp gehalten und, um Papier zu sparen, sehr
eng gedruckt werden. Da es vielen nicht mehr möglich war, die
Fortsetzung ihres Studiums aus eigenen Mitteln zu bestreiten, wurde eine
Notkasse gegründet und die Bundesbrüder wurden um Unterstützung
gebeten (Anonym 1923, 7). Das Lebensbundprinzip der Korporationen
festigte die Beziehungen zwischen den Tierärzten und führte vielerorts zu
einem ausgeprägten Standesbewusstsein unter den Tierärzten (Schimanski,
Schäffer 2001a, 380).
Der Student der Veterinärmedizin und Oberleutnant der Reserve aus
Baienfurt bei Ravensburg, Franz Mehrle, Sohn eines Hufschmieds, wurde
am 14. Dezember 1918 in diese Verbindung aufgenommen (Anonym
1919a, 12; Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.). Er wurde der Leibfuchs
Jöchles und es entstand daraus eine enge Freundschaft, die ein Leben lang
halten sollte (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.). Daran änderte auch seine
Karriere nichts, die Mehrle als Praktischer Tierarzt in Buchau am Federsee
begann. Nach einem Jahrzehnt Praxistätigkeit (ca. 1923-1933) wurde
Mehrle um 1934 Kreistierarzt in Schwäbisch Hall und in den 50er Jahren
21 Forstrat Georg Escherich war der Begründer der Einwohnerwehren in Bayern 1919
(„Orgesch“ = Organisation Escherich). Sein Bruder, Prof. Karl Escherich (Heiber 1994, 209),
betreute die Dissertation von Hans Jöchle.

42
war er der Leiter des Veterinärwesens im Innenministerium in Baden-
Württemberg (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).
Die Studentenverbindung Apollo wurde 1933 in „Burschenschaft Apollo“
umbenannt (Cichlar 2004, schriftl. Mitt.). Zwei Jahre später untersagte der
Reichsjugendführer Baldur von Schirach allen Mitgliedern der Hitlerjugend
die Korporationszugehörigkeit und auch der NSDStB und die SA
verhängten ähnliche Verbote. Daraufhin schloss die Deutsche Burschenschaft
am 5. Oktober 1935 mit dem NSDStB 22 das „Plauener Abkommen“,
wonach die Burschenschaften geschlossen als Kameradschaften in den
NSDStB übernommen werden sollten. Doch schon im Januar 1936 wurde
das Abkommen hinfällig und der „Stellvertreter des Führers“, Rudolf Heß,
untersagte den studierenden NSDAP-Angehörigen die Mitgliedschaft in
einer Korporation. Bis zum Sommersemester 1936 hatten sich etliche
Burschenschaften aufgelöst, aber zahlreiche Altherrenschaften bestanden
weiter und weigerten sich weiterhin, den „Kameradschaften“ ihre Häuser
zur Verfügung zu stellen. Das änderte sich erst, als der SS-Führer Dr. med.
Gustav Adolf Scheel 1938 zum Führer der Deutschen Studentenschaft und
gleichzeitig auch zum Reichsführer des NSDStB ernannt wurde. Durch
Konzessionen an die Tradition der Korporationen gelang es ihm, einige der
Altherrenschaften zur Aufnahme von Kameradschaften in ihre Häuser zu
bewegen. 23 Vordergründig gaben die Verbindungen zwar nach und
verwandelten ihre Häuser in „Wohnkameradschaften“, versuchten aber,
unter dem neuen Deckmantel die alten Traditionen zu wahren. Das wurde
dadurch begünstigt, dass einige der Alten Herren hohe Positionen in Staat
und Wirtschaft inne hatten (Roegele 1966, 158). 24
Anstatt der früheren lateinischen Namen wurden nun berühmte Personen
der deutschen Geschichte als Namensgeber für die Kameradschaften auserwählt.
So wurde „Apollo“ 1938 in „Kameradschaft Sepp Innerkofler“
umbenannt. Die Alten Herren wurden in der „NS-Studenten-Kampfhilfe“
vereinigt und ab 1938 im NS-Altherrenbund.
22
Schon im Januar 1926 wurde der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB)
in München gegründet.
23
Wreden, Ernst Wilhelm † (1998): Von den Anfängen bis zum Ende des Zweiten
Weltkrieges. In: Grundriss der burschenschaftlichen Geschichte: Auszug aus dem Handbuch
der Deutschen Burschenschaft, S. 25. http://www.burschenschaft.de/geschichte/handbuch_
der_deutschen_burschenschaft.pdf.
24
Vgl. Grüttner 1995, 287-331.

43
„Ich habe in einem Brief an den Reichsstudentenführer Pg. Scheel
meinen Beitritt zu dem Altherrenbund der deutschen Studenten
erklärt und dabei betont, dass ich diesen Schritt sowohl als
Nationalsozialist als auch als alter Herr der früheren Burschenschaft
‚Apollo‘ getan habe. Ich erwarte von allen SS-Männern, die alte
Herren der früheren studentischen Verbände waren, dass sie
ebenfalls ihren Beitritt zu dem Altherrenbund der deutschen
Studenten erklären. Der Reichsführer-SS, H. Himmler“ (IfZ MA
1164 Akz 4046/68, 13.11.1937).
Hans Jöchle gehörte immer noch der Burschenschaft Apollo an, als diese
am 1. September 1938 korporativ in den NS-Altherrenbund übertrat
(PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946), und auch als
1953 wieder der Name „Burschenschaft Apollo“ angenommen wurde, war
Hans Jöchle offiziell noch Mitglied. 1970 fand dann die Fusion mit der
„Münchner Burschenschaft P. C. - Franco-Bavaria“ zur „Münchner Burschenschaft
Franco-Bavaria“ statt. Leider sind bei dieser Fusion nahezu
alle schriftlichen Unterlagen der Verbindung vernichtet worden (Cichlar
2004, schriftl. Mitt.). Auch der spätere Schwiegersohn von Hans Jöchle,
der Apotheker Ernst Dycke, gehörte der Burschenschaft Apollo an (Dycke
2005, mdl. Mitt.).
„Erwähnenswerte Bundesbrüder aus der Nachkriegszeit [des Ersten
Weltkrieges] waren unter anderem Dr. Weber, der spätere Reichstierärzteführer,
und Heinrich Himmler, späterer Reichsführer SS.
Vor dem Ersten Weltkrieg studierte Himmler Landwirtschaft und
Tierzucht und befasste sich mit Hühnergenetik. Er gehörte zu denen,
die nach Krieg und Freikorpseinsatz den Einstieg ins Studium nicht
wieder finden konnten und dann in die Politik drifteten, ohne das
Studium abzuschließen. Himmler schloss sich frühzeitig an Hitler an
und hat damals oft versucht, meinen Vater für die NSDAP
anzuwerben, was ihm nicht gelang“ (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Gebhard Himmler war schon 1914 Mitglied der Studentenverbindung
Apollo (Anonym 1914, 23; Anonym 1919b, 41). Er war Konrektor am
Gymnasium Landshut und wurde 1919 zum Gymnasialrektor in Ingolstadt
befördert (Anonym 1919b, 41). Am 22. November 1919 nahm die
Verbindung auch seinen Sohn, Heinrich Himmler, „cand. agron.“ aus
Ingolstadt auf (Anonym 1920a, 8), der am 14. Juli 1920 vollberechtigtes
Mitglied wurde (Anonym 1920c, 33). Doch schon am 23. Juli wurde er bei
der Verbindung wieder inaktiviert (Anonym 1920c, 33). Heinrich Himmler

44
studierte an der Landwirtschaftlichen Fakultät der TH München (Heiber
1994, 46). Der spätere Reichsführer-SS nahm als Mitglied der schwarzen
Verbindung Apollo München, später DB-Burschenschaft, im von Ernst
Röhm geführten Wehrverband Reichskriegsflagge am Hitler-Putsch 1923
teil. 25
Friedrich Weber immatrikulierte sich zum Sommersemester 1912 an der
Tierärztlichen Hochschule München, also drei Semester über Hans Jöchle.
Auch Weber meldete sich Anfang August 1914 beim Ersten Bayerischen
Schweren Reiter-Regiment in München. Dort absolvierte er eine ähnliche
Laufbahn wie Jöchle, allerdings bei anderen Truppenteilen. Er kehrte nach
dem Krieg nach München zurück, um sein Studium zu beenden, beteiligte
sich im Freikorps des Franz Ritter von Epp an der Niederschlagung der
Räterepublik und beendete sein Studium im Dezember 1919 (Schäffer,
Gunther 1998, 279-280). Nach kurzer Praxistätigkeit und Beteiligung bei
der Niederschlagung von Aufständen im Ruhrgebiet, als Gruppenführer im
Zeitfreiwilligen-Korps Godin, kehrte er wiederum an die Tierärztliche
Fakultät München zurück. Als Assistent am Tierphysiologischen Institut
fertigte er unter Prof. Dr. Erwin Voit seine Dissertation an (Schäffer,
Gunther 1998, 280). Er ließ sich allerdings wenig im Institut sehen, da er
viel politisch tätig war und schon früh seine nationalsozialistische und
antisemitische Einstellung erkennen ließ (Koch 1972, 23). Als Führer des
Freikorps „Oberland“ nahm er an dem von Hitler und Ludendorff
angeführten Aufmarsch am 9. November 1923 an der Feldherrnhalle teil.
Nach diesem Putsch wurde Weber in der Fakultät nicht mehr gesehen. Er
wurde verurteilt und in Landsberg inhaftiert. Diese frühe politische
Aktivität Webers ist umso bedeutsamer, „als die Studentenschaft unserer
[der Tierärztlichen] Fakultät von den Ereignissen um Hitler kaum berührt
war“. So gingen die Studenten auch am 9. November 1923, unberührt vom
politischen Tagesgeschehen, zu den Präparierübungen. In der Anatomie
waren die Tierkörper immer knapp und Pferde sehr selten. Die Studenten
wurden erst auf die aktuellen politischen Geschehnisse aufmerksam, als
der Prosektor, Dr. Hans Demeter, die Studenten zum Odeonsplatz schickte,
um nachzusehen, ob bei der Schießerei Pferde gefallen seien, die sie dann
für den Präparierkurs verwenden könnten (Baier 1990, 29).
25 Anonym (2004): Verbindungen kappen: Burschenschafter als Aktivitas des Nationalsozialismus,
S. 3. http://www.nadir.org/nadir/archiv/Antifaschismus/Burschenschaften/verbin
dungen-kappen/artikel/10-burschenschafter-als-a ktivitas-des-ns.htm.

45
Im April 1924 entließ das Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Weber nach seiner Verurteilung sofort aus dem Universitätsdienst. Doch
die Fakultät wollte ihren Mitarbeiter nicht verlieren. Dekan Anton Otto
Stoß bezeichnete Weber als fleißigen, gewissenhaften Mitarbeiter, auf
dessen Hilfe bei im Jahr zuvor begonnenen Ernährungsversuchen kaum
verzichtet werden könne. Doch auch das nützte nichts. Nach der
Haftentlassung im Frühjahr 1925 soll Weber sich noch als Praktikant an
der Medizinischen Tierklinik und am Tierpathologischen Institut München
betätigt haben, ging aber 1926 nach Berlin und ließ sich dann im Herbst als
praktischer Tierarzt in Euerdorf in Unterfranken nieder (Schäffer, Gunther
1998, 283) und verschwand damit aus der Umgebung Jöchles. Dass er
einige Jahre später wieder so spektakulär auf der Bildfläche erscheinen
sollte, ahnte damals noch niemand.
Trotz dieser parallelen Lebenswege ist von einem persönlichen Kontakt
zwischen Jöchle und Weber nichts bekannt. Doch wäre Jöchle nicht der
einzige, der Weber nicht wahrnahm, denn auch Walther Baier, der im Mai
1922 sein Studium an der Tierärztlichen Fakultät in München begann,
berichtete: „Mit ist nicht erinnerlich, ihm damals in der Fakultät irgendwie
begegnet zu sein, schon auch aus dem Grund, als die Studentenschaft
unserer Fakultät von den Ereignissen um Hitler kaum berührt war“ (Baier
1990, 29).
Ein ehemaliger Kommilitone Webers, Herr Dr. Josef Loibl, schilderte
später seinem Sohn (der auch Tierarzt wurde) Weber als unbedeutenden
Tierarzt. „Aber da er bei dem Hitler-Putsch dabei war, konnte er gar nicht
so dumm sein, um nicht Reichstierärzteführer zu werden“ (Loibl 2005,
mdl. Mitt.). „In dieser Stellung wirkte er dann mehr als stiller Befehlsempfänger,
als daß man ihm irgendeine Gehässigkeit, Arroganz oder
sonstiges übles Gehabe hätten nachsagen können“ (Baier 1990, 30).
Friedrich Weber ist nach den Auskünften von Archivar Cichlar nicht in
den Archivunterlagen der Burschenschaft Apollo auffindbar (Cichlar 2004,
schriftl. Mitt.).
Die Burschenschaft war für junge Leute eine Möglichkeit, andere kennen
zu lernen und sich zu treffen, auch um zusammen zu lernen. Nach dem
Krieg sind die Burschenschaften nicht sonderlich in den Vordergrund
getreten, das kam erst später wieder. Hans Jöchle war in der Verbindung
wenig engagiert. Er hatte zwar noch Kontakte zu einzelnen Personen,
nahm aber nicht mehr am Verbindungsleben teil. Er „war sehr
zurückhaltend, er war kein Trinker und ‚Gaudibursche‘.“ Sein Sohn,

46
Wolfgang Jöchle, der später auch in München Tiermedizin studierte, trat
dieser Verbindung bzw. der Nachfolgeverbindung nicht bei (Jöchle, M.
2005, mdl. Mitt.).

2.3 Assistent an der Universität
47
„Mit der Angliederung der tierärztlichen Hochschule an die Universität
im Oktober 1914 wurde die frühere Lehrschmiede der tierärztlichen
Hochschule getrennt: in das wissenschaftliche, dem
tierärztlichen Unterricht dienende Institut für Hufkunde und in die
einerseits für die Meisterlehrkurse des Hufschmiedehandwerks,
andererseits für die tierärztliche Ausbildung in Betracht kommende
Hufbeschlagschule.
Damit ist die Hufbeschlagschule, soweit sie den Anforderungen des
Hufschmiedehandwerks Genüge leisten muss, nach aussen hin
selbständige Fachschule für die Meisterausbildung geworden und es
darf gerade bei den gegenwärtigen, allseitigen Bestrebungen, das
Handwerk zu heben und zu sichern, nicht versäumt werden, die
Münchner Hufbeschlagschule, die bisher die einzige vollverstaatlichte
Hufbeschlagschule darstellt, ebenso nach innen zu gestalten,
dass sie auch für die Zukunft eine wirkliche rationelle Muster-
Bildungsanstalt für das Handwerk bedeutet.
An der Hufbeschlagschule München werden die Zivilhufschmiede
Bayerns, insonderheit Oberbayerns, in vier 26 viermonatlichen Lehrkursen
für die Meisterprüfung im Hufbeschlag theoretisch und
praktisch vorbereitet. Der Unterrichtsbetrieb erstreckt sich demnach
auf das ganze Jahr ohne jede Ferienunterbrechung, wobei in den
Monaten Januar-April-Juli-Oktober sogar zwei Kurse nebeneinander
abgehalten werden müssen. Der sog. theoretische Unterricht wird
erteilt in den eigentlichen Unterrichtsstunden im Schulzimmer an
Präparaten, Modellen, Zeichnungen u. dergl., sowie auf der
Demonstrationsbeschlagbrücke an lebenden Pferden und toten
Hufen, die von den Schülern zur praktischen Übung verwendet
werden, ferner auf der Beschlagbrücke des Kundschaftsbetriebes,
wobei alle anfallenden Beschlagshandlungen und besonderen
Beschlagsarten, alle fehlerhaften und krankhaften Hufe u. s. w. in
Anpassung an die praktischen Bedürfnisse des Hufschmiedes am
lebenden Pferde besprochen werden. Ausserdem wird Unterricht in
der Buchführung und im gewerblichen Rechnen wie überhaupt in
der gewerblichen Geschäftskunde erteilt. Für den theoretischen
Unterricht kommt der Vorstand sowie ein Assistent in Frage. Für
26 Unterstreichung im Original.

48
den rein praktischen Unterricht kommt die Arbeitsleistung der
Schüler auf der Beschlagbrücke an den täglich zugeführten Pferden
und das Schmieden der Hufeisen am Feuer in der Werkstätte unter
der Anleitung und Aufsicht der beiden Werkmeister und des
Vorschmiedes in Betracht [...]“ (BayHStA ML 562).
Dieser Brief von Professor Erwin Moser an das Staatsministerium für
Landwirtschaft in München vom 20. September 1919 verschafft einen
Überblick über die Organisation und die Ziele der Staatlichen
Hufbeschlagschule in München. Das eigentliche Anliegen des Schreibens
war die Umwandlung einer Assistentenstelle in eine planmäßige Fachlehrerstelle.
Die Assistentenstelle mit einem Gehalt von 1800 M kam nur
für „Anfangsassistenten“ (wie man heute sagen würde) in Betracht. Das
bedeutete einen ständigen Wechsel der Assistenten, die jedes Mal neu
eingearbeitet werden mussten. Moser wünschte sich einen älteren
Assistenten, der ihn vertreten konnte und dem er überdies mehr Autorität
gegenüber den, meist älteren, Lehrgangsteilnehmern und der Kundschaft
zutraute.
Die Stelle des Vorstands der Hufbeschlagschule, eigentlich nur als
Nebenamt vorgesehen, nahm Moser derart in Anspruch, dass er die
wissenschaftliche Arbeit am Institut für Hufkunde geradezu vernachlässigte.
Die Ankunft der Kriegsteilnehmer, die nun promovieren wollten
und dabei nur „vom Professor selbst“ betreut werden konnten, forcierte das
Problem noch. Nur der Assistent Dr. Eugen Mennel war schon seit 1906 an
der Lehrschmiede tätig, da ihm die Einreihung in die gehobene
Assistentenstellung gelungen war und er eine zusätzliche Entschädigung
für den Buchführungsunterricht erhielt. Allerdings weist Moser darauf hin,
dass nur seine besondere Neigung für den Hufbeschlag und seine günstigen
Vermögensverhältnisse ihm ein so langes Verweilen an der Hufbeschlagschule
ermöglichten (BayHStA ML 562).
Trotzdem wurde am 1. Juli 1920 der frisch promovierte Hans Jöchle als
Assistent, offiziell als „Veterinärassessor“ (BayHStA ML 562) bezeichnet,
an der Staatlichen Hufbeschlagschule München eingestellt. Er wechselte
am 1. Juni 1921 an das Institut für Huf- und Beschirrungskunde der
Tierärztlichen Fakultät der Universität München, um dort die Aufgaben
eines wissenschaftlichen Assistenten zu erledigen.

49
Abb. 10: Die Staatliche Hufbeschlagschule München und das Institut für Huf- und Beschirrungskunde,
ca. 1910 (unverändert bis ca. 1960).

50
„Mit Wirkung vom 1.6.21 an wird die durch den Austritt des
Assistenten Dr. Eugen Mennel am Institut für Hufkunde bei der
tierärztlichen Fakultät der Universität München erledigte Assistentenstelle
dem seitherigen Assistenten an der Hufbeschlagschule
München Dr. Hans Jöchle in jederzeit widerruflicher Weise auf die
Dauer von 2 Jahren übertragen.
Zugleich wird dem Assistenten Dr. Jöchle eine Grundvergütung von
jährlich 7560 M zugewiesen“ (BayHStA MK 43826, 5.7.1921,
Staatsministerium für Unterricht und Kultus an das Rektorat der
Universität).
Seine Freizeit verbrachte Hans Jöchle bei einem Amtstierarzt, um die
Vorbedingungen zum amtstierärztlichen Dienst zu erfüllen. Dazu gehörte
auch ein Kurs an der Bayerischen Veterinärpolizeilichen Anstalt in
Schleißheim über die bakteriologische Fleischbeschau (PrivAWJ, Jöchle,
H., ca. 1927).
Die Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst in Bayern im Herbst 1922
gliederte sich in drei Abschnitte. Der erste umfasste die Fächer Veterinärpolizei,
Gerichtliche Tierheilkunde, Landwirtschaftliche Tierzucht und
Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Nutztiere, während der zweite
die Untersuchung eines lebenden Tieres für veterinärpolizeiliche oder
gerichtliche Zwecke, die Sektion eines Tieres, die Mikroskopische
Untersuchung und die Ätiologie und Prophylaxe der Infektionskrankheiten
berücksichtigte. Der dritte Teil hatte das Gesamtgebiet des amtstierärztlichen
Dienstes und die Gerichtliche Tierheilkunde zum Inhalt
(PrivAWJ, Notenliste von Hans Jöchle 1922; BayHStA MInn 87396).
So legte Jöchle im Herbst 1922 die Prüfung für den tierärztlichen
Staatsdienst mit der Note 2,2 ab. Auch danach war er, neben seiner Arbeit
am Institut, noch neun Monate lang als amtstierärztlicher Praktikant bei
einem Bezirkstierarzt tätig (BayHStA MK 43826).

51
Abb. 11: Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst in Bayern im Herbst 1922: Notenliste von Hans Jöchle.

52
Abb. 12: Prüfungszeugnis Jöchles für den tierärztlichen Staatsdienst
(12. Februar 1923).

53
Zum 31. Mai 1923 lief die zweijährige Assistenzzeit von Hans Jöchle ab.
Da Professor Moser aber, wie oben erwähnt, mehr Kontinuität im Instituts-
und Hufbeschlagschulalltag wünschte, bat er Rektorat und Senat der
Universität und das Staatsministerium für Unterricht und Kultus um eine
Vertragsverlängerung für Jöchle um zwei Jahre. Der war inzwischen gut
eingearbeitet und konnte selbständig die Vertretung des Lehrauftrags
Mosers übernehmen. Insbesondere die Hufübungen für die Studenten im
Sommersemester und die Urlaubsvertretung für die Kollegen im Sommer
fielen in seinen Aufgabenbereich. Dazu kamen noch der Vorbereitungsunterricht
für die Meisterprüfung der Hufschmiede und vieles mehr. So
wurde der Vertrag bis zum 30. September 1925 verlängert (BayHStA MK
69645).
Noch im selben Jahr erhielt Professor Moser einen Ruf der bulgarischen
Regierung an die Universität Sofia, was den Bund bayerischer Schmiedeinnungen
und Schmiedemeister dazu veranlasste, das Staatsministerium für
Landwirtschaft darum zu bitten, den Universitätsprofessor Dr. Erwin
Moser für Bayern zu erhalten. Moser hatte sich sehr für die Schmiede
eingesetzt und als Leiter der Hufbeschlagschule und Berater des gesamten
bayerischen Schmiedehandwerks hatte er in unzähligen Versammlungen
der Schmiedeinnungen die Schmiede für sich gewonnen. Deshalb forderten
sie das Landwirtschaftsministerium auf: „Hohes Ministerium für Landwirtschaft
wolle alles daran setzten, unserer Heimat diesen hochverdienten
Gelehrten zu erhalten“ (BayHStA ML 562). Das hat das Ministerium dann
wohl auch getan. Professor Moser blieb.
Professor Moser war ein kleiner, schlanker und würdevoller Herr mit
einem Knebelbart. Er versuchte die wissenschaftliche Bedeutung seines
Fachs zu unterstreichen, indem er eine Nomenklatur benutzte, die sich aus
der Medizin ableitete und mit anatomischen, pathologischen und
chirurgischen Fachtermini gespickt war. Doch dadurch wurden auch
einfachste Vorgänge kompliziert und schwer verständlich dargestellt und
Assistenten, Studenten und Schmiede waren auf Dauer frustriert, da er von
allen die gleiche Nomenklatur und Darstellungsweise verlangte. Das blieb
Jöchle als Vorlesungsassistent nicht verborgen. Um das Jahr 1923 beauftragte
Professor Moser, der an einer Sitzung teilnehmen sollte, Hans
Jöchle, für ihn vertretungsweise eine Vorlesung zu halten. Jöchle bemühte
sich, den Vorlesungsstoff klar und verständlich darzustellen, was von den
Studenten begeistert angenommen wurde. Moser kam jedoch vorzeitig
zurück und hatte sich die Vorlesung angehört, ohne gesehen zu werden. Er
war entsetzt über die Darstellungsweise Jöchles. „Das könne doch jeder,

54
[...] das sei absolut unwissenschaftlich und eines Universitätsassistenten
unwürdig.“ All das hat das gute Verhältnis zwischen Jöchle und Moser
nicht getrübt, das später zu einer ausgeprägten Freundschaft wurde (Jöchle,
W. 2004, mdl. und schriftl. Mitt.).
Abb. 13: Erwin Moser, Professor für Hufkunde und Vorstand der Hufbeschlagschule
München, um 1933.
Im September 1925 lief der Vertrag Jöchles wieder aus. Und wieder
schrieb Professor Moser an Rektorat, Senat und Ministerium und bat um
ein weiteres Jahr. Er selbst sei mit Gutachtertätigkeiten auf dem Gebiet der
Hebung des Hufbeschlagwesens sehr in Anspruch genommen und die
gegenwärtige Umstellung der Hufbeschlagschule und des Instituts auf den
Vorkriegsumfang erforderten gerade jetzt gut geschultes und erfahrenes

55
Lehr- und Beaufsichtigungspersonal. Außerdem bestehe für Dr. Jöchle die
Aussicht, entweder in den Wanderlehrbetrieb für Huf- und Klauenkunde
oder im Bereich der Pferdezucht aufgenommen zu werden, wobei ihm in
beiden Fällen eine längere Betätigung am Institut für Hufkunde sehr zugute
komme, zumal hier Bewerber mit Spezialausbildung benötigt würden
(BayHStA MK 69645).
Die Anstellung im Gestütswesen fiel Sparmaßnahmen zum Opfer: Ein
Tierarzt, dessen Stelle im Landwirtschaftsministerium abgebaut wurde,
musste untergebracht werden und bekam den Jöchle in Aussicht gestellten
Posten. Es bestand aber immer noch die Aussicht, Nachfolger des bald 60
Jahre alten und kränklichen Kreiswanderlehrers für Hufbeschlag in
Oberbayern oder Vorstand einer Hufbeschlagschule zu werden und nicht
als überalterter Assistent an der Universität zu enden. Unter Hinweis auf
Tüchtigkeit und Pflichteifer stellte Moser auch die Vorteile für das Institut
durch das Verbleiben Jöchles dar und fügte hinzu, Jöchle sei auch
langjähriger Kriegsteilnehmer und Frontsoldat auf den verschiedenen
Kriegsschauplätzen gewesen. Da konnte das Ministerium wohl nicht
umhin, den Vertrag um ein halbes Jahr zu verlängern.
Doch der Kreiswanderlehrer für Hufbeschlag war zäh, und so bat Professor
Moser im Februar 1927 wieder um eine „Weiterverwendung auf ein
weiteres Jahr“, mindestens jedoch bis 1. November 1927. Neben den
üblichen Argumenten führte er an, eine Entlassung würde für Jöchle
„Stellenlosigkeit und schwere wirtschaftliche Bedrückung bedeuten“.
Außerdem werde der Betrieb an der Hufbeschlagschule durch die neuen
Ausbildungsbestimmungen für Hufschmiedemeister auf das Höchstmaß
gesteigert und zudem solle sich das Institut auch an der Handwerkerausstellung
1927 beteiligen, was einige zusätzliche Arbeit bedeutete. Und
dann die schwerwiegenden Argumente „Kriegsteilnehmer“ und „Frontsoldat“.
So verblieb Jöchle bis zu seiner Anstellung als Kreiswanderlehrer
für Hufbeschlag, also bis zum 15. Oktober 1927, an der Universität
(BayHStA MK 69645; UAM Sen-I-145).
Im Oktober 1926 hatte sich Hans Jöchle für eine international ausgeschriebene
Lehrstelle an der Königlichen Tierärztlichen Hochschule in
Stockholm beworben. Er war sogar bereit, sich dafür der schwedischen
Approbationsprüfung zu unterziehen und verbrachte einige Zeit damit,
Schwedisch zu lernen. Diese Stelle wurde aber 1927 mit einem
schwedischen Tierarzt besetzt (PrivAWJ 1926; Jöchle, W. 2005, schriftl.
Mitt.).

56
Professor Moser leitete in Personalunion die Staatliche Hufbeschlagschule
und das Institut für Huf- und Beschirrungskunde. So war auch Hans Jöchle
über seine letztendlich doch siebenjährige Tätigkeit als wissenschaftlicher
Assistent mit beiden Gebieten gut vertraut. In der Hufbeschlagschule
bestand seine Arbeit darin, auf der Hufbeschlagbrücke die Beschlagsausführung
zu überwachen und besonders bei Pferden mit fehlerhaften und
kranken Hufen tierärztliche Anweisungen zu geben. Außerdem war er für
den theoretischen Hufbeschlagunterricht für die viermonatigen Lehrgänge
für die Hufschmiede zuständig, das heißt, er beteiligte sich während seiner
Assistenzzeit an der Ausbildung von 27 Lehrkursen mit jeweils 16 bis 18
Schmieden und an Verwaltungsarbeiten wie Rechnungsführung, Materialbeschaffung
und Materialverwaltung (PrivAWJ, Jöchle, H. ca. 1927).
Während dieser Zeit wohnte Hans Jöchle in der Königinstraße 49, also nur
einen Steinwurf von der Universität und der Hufbeschlagschule entfernt
(BayHStA MK 43826).
Die Arbeit am Institut für Huf- und Beschirrungskunde ermöglichte Jöchle,
die Ausbildung der Studenten von der anderen Seite kennen zu lernen und
sich auf dem wissenschaftlichen Gebiet der Hufkunde und der Hufkrankheiten
weiterzubilden. So wirkte er auch bei allen praktischen
Übungen und Kursen mit, betreute die Doktoranden, überprüfte deren
Forschungsergebnisse und fertigte mikroskopische Präparate für die
Studenten und die wissenschaftliche Sammlung an. In Anbetracht der Fülle
der Aufgaben versteht man leicht, dass für größere wissenschaftliche
Veröffentlichungen keine Zeit blieb (PrivAWJ, Jöchle, H. ca. 1927). Trotzdem
absolvierte er im März 1926 nochmals einen einwöchigen Kursus
über die Technik der bakteriologischen Fleischbeschau an der Veterinärpolizeilichen
Anstalt in Oberschleißheim.

57
Abb. 14: Gruppenfoto zur Erinnerung an den Lehrschmiede-Kurs der Hufbeschlagschule München
vom 1. Okt. 1923 bis 30. Jan. 1924. Hans Jöchle steht in der hinteren Reihe ganz rechts.

58
Professor Moser beurteilte die Arbeit von Hans Jöchle in einem Zeugnis
vom 16. Februar 1926 (PrivAWJ 1926):
„Herr Dr. Hans Jöchle, geboren am 29. März 1892 zu Erkheim steht
seit 1. Juli 1920 als Assistent im Dienste der staatl. Hufbeschlagschule
München sowie des Instituts für Huf- und Beschirrungskunde
der tierärztlichen Fakultät der Universität München. Seine Tätigkeit
erstreckte sich auf die Beaufsichtigung des Schmiedebetriebes,
indem einerseits hier tierärztliche Anweisungen für einen sachgemässen
Hufbeschlag normaler und anormaler Pferde sowie eine
genaue Kontrolle über die richtige Ausführung der verschiedenen
Beschlagsarten in Anlehnung an den theoretischen Unterricht in
Frage kommt, andererseits das arbeitende Gesellenpersonal (Kursteilnehmer
der jährlich vier viermonatlichen Lehrkurse) bei den hier
mustergültig durchzuführenden Beschlagshandlungen einer steten
Belehrung und Überwachung bedarf. - Ausserdem beteiligte sich Dr.
Jöchle in der theoretischen Unterrichtserteilung sowohl in der
Unterweisung der Kursteilnehmer auf dem Gebiete der Hufbeschlagslehre
als auch hinsichtlich der gewerblichen Buchführung
bzw. der gewerblichen Geschäftskunde überhaupt.
Weiterhin hatte er ständig Gelegenheit auf dem wissenschaftlichen
Gebiete der Pathologie und Bakteriologie im Betriebe des
Universitätsinstituts für Hufkunde sich zu betätigen, wodurch er
ohnehin in steter Fühlung mit dem von Herrn Geheimrat Kitt
geleiteten Institute für Pathologie und Bakteriologie war. Auch bei
meiner ausgedehnten ehrenamtlichen Gutachtertätigkeit hinsichtlich
der Haftpflicht der Hufschmiede konnte er sich in dieser Hinsicht
weiterbilden.
Die vielseitige Tätigkeit, wie solche die tägliche Beurteilung des
Pferdematerials, der Verkehr mit dem Publikum verschiedenster
Bildungsgrade und die ständige Belehrung der meist ländlichen
Kursteilnehmer neben den schriftlichen Bureauarbeiten mit sich
bringt, haben Herrn Dr. Jöchle reichlich Gelegenheit geboten, das in
ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen zu können. Durch sein
tadelloses, ruhiges und zielbewusstes Benehmen sowie durch sein
eifrigstes Bestreben seinen verantwortungsvollen Aufgaben vollauf
Genüge zu leisten, hat Herr Dr. Jöchle meinerseits und überall
vollste Zufriedenheit und Anerkennung gefunden.“

59
Trotz der fachlichen Kompetenz war eine Habilitation nach der Inflation
von 1922/23 nur möglich, wenn man auf ein privates Vermögen
zurückgreifen konnte, von dem man die sechs bis zehn Jahre der
Habilitationsvorbereitungen und während der Zeit als Privatdozent bis zur
Berufung leben konnte. Außerdem war die Berufung selbst mehr von der
Hochschulpolitik als von der fachlichen Eignung abhängig, und damit die
Zukunftsaussichten mehr als vage. Für so lange Zeiträume gab es damals
normalerweise keine Assistentenstellen und auch keine Förderung der
Forschung durch die Industrie oder den Staat. 1924 betrug das Gehalt
Jöchles 2550 Goldmark jährliche Grundvergütung plus 576 Goldmark
Ortszuschlag. Eine Familiengründung war unter solchen Umständen
schwer möglich (PrivAWJ 1924; Jöchle, W. 2004, schriftl. Mitt.).
Bei einem Faschingsball in der Wohnung von Professor Ernst Strützel,
dem Präsidenten der Akademie der Bildenden Künste in München, lernte
Jöchle 1926 seine spätere Frau kennen (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Maria Marta Pupke, geboren am 30. März 1902, stammte aus Zeitz,
Provinz Sachsen, und studierte in München Musik. Ihr Vater war Kaufmann
in Zeitz und hatte Marta Fehr, eine Gutsbesitzerstochter geheiratet.
Die ganze Familie war evangelisch. Das war bei katholischen Schwaben
nicht gern gesehen, und so trat Marta Pupke zum katholischen Glauben
über, um Hans Jöchle heiraten zu können (UAM Sen-I-145). Dann stand
aber der Hochzeit nichts mehr im Wege, und Jöchles konnten am 17. Juli
1926 heiraten. Trauzeugen waren der Rechtsanwalt Dr. Rudolf Heichlinger
und die Musikstudierende Karoline Stössner (BayHStA MK 43826).

2.4 Wanderlehrer für Hufbeschlag
60
Am 16. Oktober 1927 wurde Hans Jöchle zum Landwirtschaftsrat für
Hufbeschlag in Oberbayern ernannt, „mit einem aus Kreismitteln zu
schöpfenden jährlichen Grundgehalte von 3900 RM“ (BayHStA MK
69645). Diese „Gehaltsaufbesserung“ kam gerade recht, um die finanzielle
Versorgung der kleinen Familie zu gewährleisten, denn kurz zuvor (5. Oktober
1927) kam das erste Kind zur Welt: Wolfgang. Am 9. April 1929
folgten Tochter Dorothea und am 25. März 1931 Maria. Der Nachzügler
Manfred sollte erst am 5. Januar 1941 zur Welt kommen (PrivAWJ, Jöchle,
H. 1951).
Im Nachlass Hans Jöchles (PrivAWJ) befindet sich der „Entwurf einer
Dienstanweisung für den Fachberater für Hufbeschlag in Oberbayern“, der
die Tätigkeit Jöchles sehr gut beschreibt. Leider sind weder der Verfasser
noch das Jahr angegeben. Die präzise Auflistung der Aufgaben des
Fachberaters für Hufbeschlag und auch der Arbeitsweise an der Staatlichen
Hufbeschlagschule lässt vermuten, dass dieser Entwurf von Hans Jöchle
selbst und, nach der Einordnung im Nachlass, etwa von 1939 stammt.
„Der Fachberater für Hufbeschlag steht den Pferdebesitzern und
Hufschmieden als praktischer Berater zur Seite und seine Betätigung
liegt auf dem Gebiete der Aufklärung über die Vorteile eines
rationellen Hufbeschlages. Er hat die Aufgabe, die Pferdezüchter,
Pferdehalter und Hufschmiede über Hufpflege und Hufbeschlag
durch Vorträge im allgemeinen zu belehren und die einzeln
Beteiligten im Stalle oder auf der Beschlagbrücke im besonderen zu
unterweisen und zwar
a.) durch Beschlagsnachschauen in Ställen und auf Beschlagbrücken;
b.) durch Beschlagsmusterungen bei pferdezüchterischen Veranstaltungen;
c.) durch Anleitung bei Huf- und Beschlagsberichtigungen;
d.) durch Anleitung in der praktischen Fohlenhufpflege;
e.) durch Abhaltung von Kursen an Landwirtschaftsschulen;
f.) durch aufklärende Vorträge bei Versammlungen der Pferdezuchtgenossenschaften,
sowie bei landwirtschaftlichen Versammlungen
überhaupt, wobei sich der Fachberater für Hufbeschlag
in enger Fühlung mit dem Pferdezuchtverband Oberbayern
und mit den landwirtschaftlichen Vereinen zu halten
hat.

61
Auch auf die Notwendigkeit der Klauenpflege soll er die Landwirte
aufmerksam machen und sich für die Förderung der praktischen
Klauenpflege mit seiner ganzen Kraft einsetzen.
Er soll die beteiligten Kreise auch in der einschlägigen Fachpresse
aufklären und hierin diesbezügliche belehrende Aufsätze veröffentlichen.
[...]
Um sich die notwendige Kenntnis von dem Stande des Hufbeschlages
an der Staatlichen Hufbeschlagschule München zu erhalten, hat
der Fachberater für Hufbeschlag mit derselben in enger fachlicher
Fühlung zu bleiben und vor allem an den Hufschmiedeprüfungen
daselbst teilzunehmen 27 . Er soll sich auch mit den jeweiligen
Lehrkursteilnehmern der Staatlichen Hufbeschlagschule während
der viermonatigen Lehrkurse ins Benehmen setzen und denselben
die im Aussendienst gesammelten Erfahrungen entsprechend
vermitteln.
Um sich eine eingehende Kenntnis von dem Stande des Hufbeschlages
und der Hufpflege in den einzelnen Bezirken zu verschaffen und
daselbst zur Aufklärung der Pferdebesitzer zu wirken, hat sich der
Fachberater für Hufbeschlag an Stallkontrollen, Stutbuchaufnahmen,
Vorschauen, Prämiierungen 28 , Hengstkörungen, Fohlen- und Pferdemärkten
sowie Ausstellungen zu beteiligen. Hierdurch wird es dem
Fachberater für Hufbeschlag ermöglicht, bei den Pferdebesitzern
und Hufschmieden das Interesse für eine zweckmäßige Hufpflege
und einen rationellen Hufbeschlag zu wecken.
In Bezirken, wo bereits durch strebsame Hufschmiede Verbesserungen
im Hufbeschlage eingeleitet sind, hat er darauf hinzuwirken,
dass dieselben nicht wieder aufgegeben werden.
27 Auf der Oberbayerischen Obermeistertagung am 18. September 1932 in München wurde
bemängelt, dass der Kreiswanderlehrer nicht zu allen Gesellenprüfungen zugezogen worden
war. Die Prüfer wurden außerdem zu einer strengen Durchführung der Gesellen- und
Meisterprüfungen angehalten (Hagen 1932, 5).
28 Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Schreibweise „Prämiierung“ üblich und wird deshalb
in den Zitaten so übernommen. Ansonsten bevorzugt die Autorin die Schreibweise „Prämierung“,
obwohl inzwischen nach dem DUDEN beide Schreibweisen möglich sind.

[...]
62
Die Beratung der Hufschmiede hat sich zu erstrecken:
a.) auf die Aufklärung über Fortschritte und Neuerungen im Hufbeschlag;
b.) auf die Mitwirkung bei der Lehrlingsausbildung im Hufbeschlag;
29
c.) auf die Teilnahme an den Lehrlingsprüfungen;
d.) auf die Uebernahme von belehrenden Vorträgen bei Innungsversammlungen;
e.) auf die Anleitung und Ueberwachung von Hufkorrekturen und
Beschlagsänderungen;
f.) auf die Mitwirkung bei der Durchführung von Hufbeschlagsbewertungen
gelegentlich pferdezüchterischer Veranstaltungen.
Beim Besuche der Beschlagbrücken hat der Fachberater für Hufbeschlag
die noch nicht geprüften Schmiedegehilfen auf den Besuch
einer Hufbeschlagschule hinzuweisen.“
Außerdem wurde gefordert, dass der Fachberater für Hufbeschlag über
seine Tätigkeiten ein Tagebuch zu führen und dieses auch jährlich der
Regierung von Oberbayern und dem Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten vorzulegen habe. Dazu sollten auch Vorschläge
zur Hebung des Hufbeschlags eingereicht werden. Die Dienstanweisung
gab dem Landwirtschaftsrat außerdem das Recht und die Pflicht,
ein Verzeichnis über die selbständigen Hufschmiede in Oberbayern zu
führen, aus dem ersichtlich war, wann und wo jeder Hufschmied seine
Berechtigung zur Ausübung des Hufbeschlaggewerbes erworben hatte. Sie
ermächtigte ihn, die dazu notwendigen Akten einzusehen. Des Weiteren
wurde die Abrechnung von Dienstreisen, auch per Fahrrad, berücksichtigt,
und ein „Pauschbetrag“ von 200 RM jährlich zur Bestreitung des
notwendigen Sachbedarfs gewährt. „Der Fachberater für Hufbeschlag steht
unter der Dienstaufsicht der Regierung von Oberbayern, Verwaltung des
Bezirksverbandes“ (PrivAWJ, ca. 1939).
29
Hans Jöchle beschäftigte sich intensiv mit dem Ausbildungswesen der Hufschmiede. Siehe
dazu Kap. 4.1.1.

63
Abb. 15: Ernennung Jöchles zum Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag
am 16. Oktober 1927 durch das Staatsministerium für Landwirtschaft in
München.

64
Alle diese Aufgaben bewältigte Hans Jöchle in seinen täglichen Dienstgeschäften.
Außerdem hielt er Vorträge bei Tierärztetagungen, Tagungen
der Pferdezuchtinspektoren und auf Pferdezüchterversammlungen in
Bayern, auf Innungsversammlungen der Hufschmiede und an landwirtschaftlichen
Winterschulen in Oberbayern (PrivAWJ). Besonders seine
„Lichtbildervorträge“ über Hufbeschlag und Hufpflege waren angesehen
(Anonym 1932e, 156). Außerdem war Jöchle Mitglied der Körkommission
für Zuchthengste und Zuchtstuten. Dr. Franz Gentner war oft der
Vorsitzende dieser Körkommission. Jöchles Ziel war, alle wichtigen
Hengste und Stuten in Oberbayern ständig hinsichtlich Hufgesundheit und
Hufbeschlag zu überwachen, weshalb er vor den Körungen in die Ställe
fuhr und die Pferde untersuchte (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft und Arbeit,
Abteilung Landwirtschaft, hatte die Stelle des Kreiswanderlehrers für
Oberbayern bezuschusst. Doch auch dort wurden die finanziellen Mittel
knapper, und so schrieb man an die Regierung von Oberbayern: „Es ist
fraglich, ob zum Aufwand des Jahres 1930 noch ein gleich hoher Zuschuss
bewilligt werden kann. [...] Die anderen Kreise haben Kreiswanderlehrer
nicht aufgestellt und Ausgaben für diesen Zweck nicht zu verzeichnen,
weshalb Zuschüsse nicht [mehr] in Frage kommen“ (BayHStA MF 68351).
Auch andere Kreise hätten gerne einen Wanderlehrer für Hufbeschlag
aufgestellt, doch war dies häufig, wie beispielsweise in Schwaben, aus
finanziellen Gründen nicht möglich. Doch Oberbayern gelang die
Erhaltung dieser Stelle (Anonym 1931a, 41):
Um Hufpflege und Hufbeschlag zu fördern hat der „Sachverständige
für Hufbeschlag, Landwirtschaftsrat Dr. Joehle 30 [...] durch
Ratschläge bei Prämiierungen und Vorträge[n] nach dieser Richtung
in dankenswerter Weise gewirkt, er ist auch bereit, bei der
Hufzubereitung und dem Beschlag an Ort und Stelle die nötigen
Anweisungen zu geben“ (Anonym 1930b, 7).
Mit Fahrrad oder Zug fuhr Jöchle zu den Bauern und Hufschmieden und
kontrollierte den Beschlag. Wenn die Schmiede ihn nicht kannten, stellte er
sich als Zuschauer daneben und beurteilte hinterher die Leistung.
Schmieden, die mit den Pferden schlecht umgingen oder schlecht beschlugen,
entzog er die Lizenz. Er schreckte auch nicht davor zurück, vorbei-
30
Hier handelt es sich wahrscheinlich um einen Schreibfehler. Es sollte eigentlich Jöchle
heißen.

65
fahrende Bauern anzuhalten und sie darauf hinzuweisen, dass ihr Pferd
lahmte (Neuper 2005, mdl. Mitt.). Anfang 1935 konnte Hans Jöchle dann
ein so genanntes „beamteneigenes Auto“, den gerade auf den Markt gekommenen
„Opel Olympia“, anschaffen. Es gab gewisse Steuervergünstigungen
unter der Voraussetzung, diese Autos hauptsächlich im Dienst
einzusetzen und sie bei einer Mobilmachung der Wehrmacht zu überlassen.
Als Diensträume dienten Jöchle von 1926 bis 1937 zwei ausgebaute
Dachzimmer im Institut von Professor Moser (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.).
Anhand der Zeitschrift „Zucht und Sport“ und der „Bayerischen
Schmiedezeitung“, „Eigentum des Bundes bayerischer Schmiedeinnungen
und Schmiedemeister“ 31 lässt sich die Arbeit von Hans Jöchle recht gut
nachverfolgen. Er nahm regelmäßig an Obermeistertagungen teil, um die
Hufschmiede in fachlichen und organisatorischen Fragen zu beraten und
beurteilte auf Pferdeprämierungen den praktischen Hufbeschlag 32 .
Die Bayerische Schmiedezeitung entstand unter der „Mitwirkung von
Herrn Universitätsprofessor Dr. Erwin Moser“. Moser war Ehrenmitglied
des Bundes (Impressum Bayerische Schmiedezeitung 1927 31 (1), 1) und
nahm regelmäßig an den Schmiedetagungen teil. Ende 1926 besuchte noch
der Landwirtschaftsrat Dr. Eugen Mennel an der Seite von Professor
Moser die Kreistagung in Oberbayern (Hager 1927, 3). Doch mit dem
aufkommenden Antisemitismus wurde er in den Kreistagungsberichten
immer seltener erwähnt. „Dr. Joehle 33 [sic!] von der Hufbeschlagschule“
tauchte erstmals in einem Bericht über die Obermeistertagung des
Oberbayerischen Kreisverbandes im Augustiner-Bierstübl in München am
18. September 1927 auf (Hagn 1927, 4). Dabei gab Prof. Moser bekannt,
dass ab 1. Oktober der neue Kreiswanderlehrer angestellt werde (Hagn
1927, 5). Danach wurde Jöchle regelmäßig bei den Obermeistertagungen
unter den Ehrengästen gesehen.
Die Bayerische Handwerkskammer stellte fest, dass die gewerbliche
Ausübung des Hufbeschlags durch nicht geprüfte Schmiede und sogar
durch andere Handwerker immer noch viel zu häufig vorkam, und sah sich
veranlasst, die Hufschmiede auf die Berechtigung zum selbständigen
Betrieb des Hufbeschlaggewerbes zu überprüfen. Diese Aufgabe fiel im
31
Verbandsblatt der dem Bunde angeschlossenen Kreisverbände und Innungen.
32
Siehe hierzu Tab. 1.
33
Hierbei handelt es sich wohl um einen Schreibfehler, wie er auch in der Zeitschrift „Zucht
und Sport“ vorgekommen ist.

66
Regierungsbezirk Oberbayern dem Kreiswanderlehrer für Hufbeschlag, Dr.
Jöchle, zu, während sie in den anderen Regierungsbezirken den Pferdezuchtinspektoren
zugeteilt wurde. Beschwerden und Hinweise dazu sollten
bei den oben genannten vorgebracht werden (Anonym 1928a, 1).
Es war ein allgemeines Problem, dass Ungelernte und Gesellen sich ohne
Erlaubnis selbständig machten und durch günstigere Preise den Meistern
die Arbeit wegnahmen, wobei die Qualität dieser Arbeiten oft zu wünschen
übrig ließ. Die zuständigen Bezirksämter vernachlässigten solche Angelegenheiten
oder verhängten sehr geringe Geldstrafen von drei bis fünf
Mark. Auch hier war die Zusammenarbeit des Kreiswanderlehrers Jöchle
mit der Handwerkskammer gefordert, um die Regierung zu einer genauen
Anweisung zu solchen Verfahren an die Bezirksämter zu bewegen (Hagn
1928, 1). Die schlechte Auftragslage aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage
und der der Landwirtschaft im Besonderen, ließ eine ungute
Stimmung unter den Schmiedemeistern aufkommen. Auch der erst vor
kurzem eingeführte 8-Stunden-Tag bereitete in den wenigen Phasen mit
höherem Arbeitsaufkommen Probleme, da dann in der „kurzen“ Zeit die
ganze Arbeit nicht zu schaffen war (Hagen 1929, 6).
Auf der Obermeistertagung des Oberbayerischen Kreisverbandes am
19. März 1928 in München wurde der Kreiswanderlehrer Jöchle dann den
restlichen Obermeistern vorgestellt. Er teilte mit, dass er sich durch die
geforderte allgemeine Kontrolle wohl nur bei den Schmiedemeistern
unbeliebt machen würde, er prüfe aber gerne nach, wenn ihm
„verantwortliche, genaue Meldungen“ zugingen. Sein Ziel seien die
Pfuscher, anständige Schmiedemeister hätten nichts zu befürchten (Hagn
1928, 1).
Schon 1927 hatte Pferdezuchtinspektor Dr. Hetzel aus Würzburg in einem
Artikel in der „Süddeutschen landwirtschaftlichen Tierzucht“ regelmäßige
Hufbeschlagsbewertungen angeregt, die bis dahin wohl nur in Einzelfällen
durchgeführt worden waren. Er wollte damit das Hufbeschlagwesen
fördern und die Wichtigkeit von Hufbeschlag und Hufpflege unterstreichen
(Hetzel 1927, 311). Dieser Vorschlag wurde bald in die Tat umgesetzt. Auf
den Zuchttier-Prämierungen 1928 waren die Pferde jedoch oft noch als
eher mäßig zu beurteilen und
„Haltung und pflegliche Behandlung ließen ebenfalls zu wünschen
übrig. [...] Das Beschläg war zum größeren Teil befriedigend. Beanstandungen
fanden einige schlechte Beschläge, sowie die Unsitte,

67
daß die Hufe häufig mit Wagenschmiere, Stiefelwichse und Ruß
geschwärzt waren. [...] L.-R. Dr. Jöchle hielt [bei den Prämierungen]
die Kritik über Hufpflege und Beschläg und gab den Züchtern
wertvolle Ratschläge über sachgemäße Hufpflege“ (Anonym 1928b,
369).
Die Pferdebesitzer versuchten, sich durch Einsparungen beim Hufbeschlag
zu entlasten, was zu einem starken Rückgang des Hufbeschlaggeschäfts
und zu vernachlässigten Hufen führte. Der bayerische Preissenkungskommissar
ordnete daraufhin eine Senkung der Hufbeschlagpreise an,
doch die Pferdebesitzer hielten die Senkung für zu gering (Anonym 1932b,
56-57). Sie warteten weiterhin viel zu lange, bis sie die Pferde erneut
beschlagen ließen, eine völlig falsch angesetzte Sparsamkeit, die die
Leistung verringerte und sich äußerst nachteilig auf die Gesundheit und
damit die „Nutzungsdauer“ der Pferde auswirkte (Jöchle zit. n. Anonym
1933a, 189).
Um dem Abhilfe zu schaffen, versuchte Jöchle, bei möglichst vielen
Schauen und Prämierungen anwesend zu sein und die Züchter über
Hufpflege und Beschläge anzuleiten. Er überwachte auch die Hufzubereitung
auf den Fohlenhöfen Kanzlerhof und Gammerhof und bei
etlichen anderen Züchtern (Gentner 1930, 270), indem er durch die
Gemeinden reiste und seine „Belehrungen und Anweisungen zur Hufpflege
und Korrektur der Stellungen“ erteilte (Anonym 1932c, 109).
Doch die Hufbeschlagsbewertungen bei den Pferdeprämierungen wurden
nicht von jedermann begrüßt. Es wurde befürchtet, das damit zu erwerbende
Diplom könnte zu Wettbewerbsverschiebungen führen und die
Kollegialität der Hufschmiede darunter leiden. Bei den Prämierungen
würden nur erstklassige Pferde mit guten Hufen vorgeführt, während die
Schmiede sonst mit schlechten Hufen und Fehlstellungen zu kämpfen
hätten, die viel schwieriger zu beschlagen seien. „Jeder Schmiedemeister
wird besonders viel Mühe und Zeit opfern, wenn er in die angenehme Lage
versetzt ist, ein Pferd zur Prämiierung zu beschlagen, damit er eben auch
seine Anerkennung und sein Diplom erhält und damit die Kundschaft auch
mehr Respekt vor ihm bekommt“. Für die alltäglichen Beschläge vor
drängender Kundschaft nehme man sich nicht die Zeit. Angebrachter wäre
es, unangemeldet von Dorf zu Dorf zu ziehen und den Hufbeschlag zu
bewerten (Hörndl 1931, 3).

68
Das tat Hans Jöchle auch bereits, allerdings nur in beratender Form. Die
Pferdehufe wurden oft längere Zeit nicht korrigiert und dann kurz vor den
Prämierungen ziemlich heftig zurückgestutzt, was häufig zu Lahmheiten
führte (Anonym 1933a, 189). Deshalb kontrollierte Jöchle, vor allem vor
den größeren Prämierungen, schon Wochen vorher die Hufe und führte
gegebenenfalls auch Hufkorrekturen und Beschlagsverbesserungen durch
(Löffler 1931, 354; Anonym 1932d, 155):
„Bei der zweiten Vorschau [für den Erdiger Zuchthengstmarkt]
nahm auch der Sachverständige für Hufbeschlagwesen, L.-R. Dr.
Jöchle teil, dessen Bemühungen, besonders bei den Einzelbesichtigungen,
es gelang, fast bei allen Hengsten einwandfreie
Hufpflege und Beschlag durchzusetzen. Die Auswirkung dieser
Maßnahme war unverkennbar, besonders für den, der die erste
Vorschau mitzumachen Gelegenheit hatte. Die wenig fehlerhaften,
teilweise sehr korrekten Gänge, auch bei den Jährlingshengsten, darf
als Verdienst des Dr. Jöchle und der den Ratschlägen Folge
gebenden Aufzüchter bezeichnet werden“ (Groll 1931, 35).
Für den Erdinger Zuchthengstmarkt am 25. und 26. Januar 1932 hatte
Jöchle die Hengste so vorbesichtigt, dass es am Marktag selbst hinsichtlich
Hufpflege und Hufbeschlag keine Beanstandungen gab (Anonym 1932a,
40).
Auch Tierzuchtinspektor Löffler honorierte die Förderung des
Hufbeschlags. Bei Prämierungen, Hengstkörungen, Stutbuchaufnahmen
und Stallbesuchen fielen ihm die gute Hufpflege und die korrekten
Beschläge auf.
„Das H a u p t v e r d i e n s t an der sich immer mehr b e s s e r n -
d e n Hufpflege [ist] der eifrigen, unermüdlichen, leider oft sehr
undankbaren Arbeit des Kreiswanderlehrers für Hufbeschlag, Herrn
Dr. Jöchle zuzusprechen.
Es wird wohl in keinem Kreise die H u f p f l e g e so gefördert, wie
in Oberbayern“ 34 (Löffler 1933, 30).
Ein erster Platz bei den Genossenschaftsprämierungen konnte bis zu
40 RM einbringen. Die Pferde wurden nach Warm- und Kaltblut und nach
34 Hervorhebungen wie im Originaltext.

69
Altersklassen getrennt bewertet. Bei der Prämierung der Pferdezuchtgenossenschaft
Ingolstadt 1931 wurden beispielsweise 1.200 RM an
Preisen verteilt 35 . Die Richterkommission, darunter Landstallmeister Eugen
Groll, stellte in einer öffentlichen Kritik die Vorzüge und Nachteile der
einzelnen Pferde dar, was für die Landwirte besonders interessant war
(Anonym 1931c, 224). Jöchle lobte die Verbesserungen in Hufpflege und
Hufbeschlag und forderte die Pferdebesitzer auf, in Zukunft ihre Schmiede
mitzubringen, damit er direkt bei den Schmieden die Verbesserungsvorschläge
vorbringen könne (Anonym 1931c, 225).
Der Reichsverband der Kaltblutzüchter Deutschlands legte 1933 eine
Mindesthöhe der Preise bei den Prämierungen von 10 RM fest, um eine
einheitliche Verwendung der Mittel sicherzustellen. Das Geld sollte den
Pferdebesitzern zur Verfügung gestellt werden, während die Schmiede
Diplome des Reichsverbandes erhalten sollten (Kern 1933,187-188). Da
die Geldpreise wesentlich besser ankamen als Diplome allein, erhielten
dann auf der Stutenschau der Pferdezuchtgenossenschaft Ingolstadt am
12. Juli 1933 auch besonders gute Schmiede ein Diplom mit Geldprämie.
„Den Schmiedemeistern, die in großer Zahl der Prämiierung
angewohnt haben, um die Belehrungen des Kreiswanderlehrers
entgegenzunehmen, gebührt großer Dank, da sie im Interesse der
Züchter einen ganzen Tag geopfert haben. Dr. Jöchle wies dann
besonders darauf hin, daß bei den jungen Pferden immer wieder
rechtzeitig die Hüfe 36 zubereitet und korrigiert werden müssen, um
gute Stellungen zu erzielen, daß bei Arbeitspferden rechtzeitige
Beschlagerneuerung das Pferd in besserem Werte erhält und die
Gebrauchszeit verlängert“ (Wildsfeuer 1933, 178).
Im Februar 1936 wandte sich der Reichsverband der Kaltblutzüchter
Deutschlands an Jöchle. Die Erfolge bei der Verbesserung des Hufbeschlagwesens
in Oberbayern waren aufgefallen. Auf Anregung des
bayerischen Vertreters beschlossen die Geschäftsführer der Kaltblutzuchtverbände
auf ihrer Sitzung am 30. Januar 1935, die Richtlinien für die
Hufbeschlagsprämierungen Hans Jöchle zur Stellungnahme zu schicken,
bevor sie endgültig beschlossen und bekannt gegeben werden sollten
(BArch R 68I/99, 7.2.1935).
35 Ein [Hufschmiede-] Meister erhielt 1931 80 Pfennig Stundenlohn, die produktive
Lehrlingsstunde wurde mit 25 Pfennig veranschlagt (Anonym 1931f, 2).
36 Schreibweise im Original.

70
Jöchle war sehr bemüht, das angespannte Verhältnis zwischen Pferdebesitzern
und Hufschmieden zu verbessern. Deshalb sollten die Schmiede
mindestens „im gleichen Stimmverhältnis wie die Pferdebesitzer 37 in den
Prämiierungsausschuß“ aufgenommen werden. Er schlug einen Prämierungsausschuss
bestehend aus „einem mit dem Hufbeschlag besonders
vertrauten Tierarzt als Vorsitzenden“, einem Pferdezüchter und einem
Hufschmiedemeister vor. Diese Anregung Jöchles wurde allerdings nicht
angenommen. Außerdem war geplant, die Hufbeschlagsprämierungen
unangekündigt durchzuführen, um spezielle Hufzubereitungen nur für die
Prämierungen und ansonsten weiterhin die Vernachlässigung der
Hufpflege zu vermeiden. Jöchle hielt jedoch die Anwesenheit der
Hufschmiede und den damit verbundenen Wettbewerb und die öffentliche
Kritik für wichtig, damit sie zu besserem Hufbeschlag angeleitet werden
konnten. In den Richtlinien wurde schließlich ein Kompromiss geschlossen,
mit dem Passus: „um jedoch den Hufbeschlagschmieden ebenso
wie den Pferdebesitzern zu ermöglichen, an den Prämiierungen teilzunehmen,
kann die Bekanntgabe an die Interessenten eine angemessene
Zeit vor der Veranstaltung erfolgen“. Außerdem regte Jöchle die Vergabe
von Geld- und Ehrenpreisen, auch für die Hufschmiede und nicht nur für
die Pferdebesitzer an (BArch R 68I/99 15.2.1935).
Ständiges Thema auf den Kreisverbandstagen war auch die Haftpflichtversicherung
der Hufschmiede, die sich oft mit Unfällen aufgrund
von Unachtsamkeit und Unordnung und mit überhöhten Anforderungen
herumzuschlagen hatte (z. B. Hagen 1929, 6; Hagn 1930b, 2; Anonym
1930a, 1). Auch Missstände auf der Hufbeschlagbrücke und veraltete
Notstände erhöhten die Unfallgefahr in vielen Schmieden. Oft wurde Hans
Jöchle von den Schmieden im Schadensfall gebeten, sich für sie
einzusetzen, insbesondere wenn es sich um Schadensfälle der erweiterten,
also der Betriebshaftpflicht handelte, der Betreffende aber nur einfach
versichert war. Das wollte Jöchle aber aus wirtschaftlichen Gründen der
Versicherung nicht zumuten (Hagn 1930a, 2).
Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde die berufliche
Tätigkeit Jöchles zunehmend von politischen Elementen beeinflusst:
Auf der Obermeistertagung des Oberbayerischen Kreisverbandes am
26. August 1933 wurden die Gäste schon mit einem „Sieg-Heil“ vom
Vorsitzenden, Gewerberat M. Bathrey, begrüßt (Anonym 1933b, 5) und
37 Hervorhebung im Original.

71
auf der Kreistagung in München am 27. August 1933 verkündete Bathrey,
dass „der Auftragsmangel und die Schmälerung der Verdienstmöglichkeit
vor der Regierungsübernahme der NSDAP das Erträgliche überschritten
hatten. Die Hauptschuld tragen die Regiebetriebe und die Schwarzarbeit.
Es besteht die Hoffnung, daß es der neuen Regierung gelingen werde, auch
hier gründlich Wandel zu schaffen“ (Anonym 1933c, 6).
Auch die Pferdezuchtveranstaltungen und die Landwirtschaft blieben von
der Politik nicht verschont. Die fachliche Prominenz wurde nun von der
politischen abgelöst und politische Aktivitäten auf Kosten der fachlichen
Berichterstattung in den Vordergrund gerückt: „Das Zusammenfallen des
Hengstmarktes mit dem Jahrestag der siegreichen Revolution Hitlers gab
den Anlaß zu einer großen Bauernkundgebung mit der Weihe dreier neuer
Bauernfahnen.“ Zum wichtigsten Ereignis auf dem 26. Zuchthengstmarkt
in Erding wurde der Festzug unter der Mitwirkung von SA, HJ und BDM
erhoben (Anonym 1934b, 38). Vom 16. September bis 1. Oktober 1933
wurde nach fünfjähriger Pause erstmals wieder das Zentrallandwirtschaftsfest
in München durchgeführt. Das „erste nationalsozialistische
Bauernfest in Bayern“ wurde durch zahlreiche Reit- und Fahrvorführungen
der Reichswehr, Landespolizei, SA, SS und des Stahlhelms „bereichert“
(Anonym 1933d, 207-208).
Im Sommer 1933 begann außerdem der Aufbau des Reichsnährstandes, der
zukünftigen „Vertretung der deutschen Bauernschaft“ und der Landwirtschaft
als „Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts“.
Der Reichsnährstand trat die Nachfolge des Deutschen Landwirtschaftsrats
und der öffentlich-rechtlichen landwirtschaftlichen Berufsvertretungen, der
Bauernkammern und der Landwirtschaftskammer, an. Auch Vereine und
Verbände wurden eingegliedert (Anonym 1934a, 3-4).
Am 17. Februar 1934 sollte auf Anregung des Reichsnährstandes ein
Probehufbeschlag an der Staatlichen Hufbeschlagschule München
durchgeführt werden. Hierzu war auch Oberregierungsrat Dr. med. vet.
Wilhelm Pschorr von der Regierung von Oberbayern erschienen. Des
Weiteren waren anwesend ein Herr von der Handwerkskammer Nürnberg,
ein Vertreter des Württembergischen Schmiedemeisterverbandes, der Vorstand
des Bayerischen Schmiedebundes Josef Sperber, Gewerberat Bathrey
von der Handwerkskammer München, Prof. Moser und die Landwirtschaftsräte
Dr. Mennel und Dr. Jöchle. Die Vertreter des Reichsnährstandes
waren eine Stunde nach der vereinbarten Zeit immer noch nicht

72
erschienen und so wurde der Probebeschlag ohne sie begonnen. Gefordert
war:
1. ein glatter Beschlag mit selbst geschmiedetem Eisen
2. ein Beschlag mit angeschmiedeten Stollen und Griffen
3. ein Schraubeisenbeschlag mit eingeschweißten Griffen und ein-
geschraubten Stollen
4. ein Steckgriffeisenbeschlag
5. ein Tauhufeisenbeschlag.
Die Beschläge wurden von verschiedenen Hufbeschlagsmeistern durchgeführt
und Zeit und Materialaufwand berechnet und mit den Werten eines
1915 von Professor Moser durchgeführten Probebeschlags verglichen, um
eventuelle Abweichungen (und damit auch andere Kosten) festzustellen.
Zeit- und Materialverbrauch blieben bei diesem Versuch nahezu unverändert.
Die Herren vom Reichsnährstand waren den ganzen Tag über nicht
erschienen (Sperber 1934, 1).
Die Gleichschaltung betraf auch die Schmiedeinnungen: Die freien und die
Zwangsinnungen waren Körperschaften des öffentlichen Rechts und nach
demokratischen Grundsätzen aufgebaut. Mit dem Inkrafttreten der ersten
Handwerksverordnung vom 15. Juni 1934 wurden auch die Innungen nach
dem Führerprinzip aufgebaut. Der Innungsobermeister wurde nicht mehr
gewählt, sondern von der Handwerkskammer auf unbestimmte Zeit
berufen. Dem Obermeister wurde als ehrenamtlichem „Führer der Innung“
alleine deren Vertretung übertragen. Nur besonders wichtige wirtschaftliche
Entscheidungen sollten von der Innungsversammlung getroffen oder
mussten von der Handwerkskammer genehmigt werden (Berninger 1938,
31). Auf der Gesamtvorstandssitzung des Bayerischen Schmiedebundes am
16. Dezember 1934 in München wurde verkündet, dass ab 1. Januar 1935
auf Anordnung des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks die
Kreisverbände aufgelöst werden sollten. Der Rechtsnachfolger der
Kreisverbände sollte der Bayerische Schmiedebund werden (Anonym
1935a, 3). Ab September 1939 gab es keine regelmäßigen Innungsversammlungen
mehr.
„Die Abhaltung von Innungsversammlungen bedarf nach einer
Anordnung des Reichsstandes des deutschen Handwerks in Zukunft
der Genehmigung der zuständigen Handwerkskammer, die nur dann
erteilt wird, wenn die Versammlung zur Durchführung wehr- oder

73
ernährungswirtschaftlicher Aufgaben notwendig erscheint“ (Anonym
1939, 242).
Bei der Novemberwahl 1932 und im März 1933 hatte Hans Jöchle noch die
Bayerische Volkspartei gewählt (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung,
15.1.1946), doch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung
forderte das Reichsgesetz vom 20. August 1934 die Vereidigung
der Beamten der Regierung von Oberbayern auf den „Führer“. Auch Jöchle
leistete am 27. August 1934 durch Nachsprechen der Eidesformel unter
Aufheben der rechten Hand den Eid:
„Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und
Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten
und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott
helfe“ (BayHStA MK 43826).
Im Juli 1935 wurde dann im Rahmen der „Beurteilung der amtstierärztlichen
Staatsdienstanwärter“ der „Nachweis der arischen Abstammung“
von Jöchle und dessen Ehefrau verlangt. Es dauerte jedoch bis
März 1936, bis sämtliche Geburts-, Tauf- und Heiratsurkunden
ordnungsgemäß beschafft waren und der Regierung von Oberbayern
vorgelegt werden konnten. Ab 8. Juni 1936 galt die „arische Abstammung“
dann als nachgewiesen (BayHStA MK 43826). Inzwischen war Jöchle
Mitglied des Reichsluftschutzbundes (29.1.1934), der NS-Volkswohlfahrt
(1.3.1935), der NS-Kriegsopferversorgung (1.5.1936) und Blockhelfer
(7.11.1935) geworden 38 , ohne jedoch ein besonderes Amt innerhalb der
Organisationen zu bekleiden (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung,
15.1.1946; BayHStA MK 43826, Ergänzung der Personalakten 19.2.1938).
Im März 1936 erhielt Professor Moser ein Schreiben des Wehrbezirkskommandos
München. Hans Jöchle hatte ihn als Vertrauensmann
angegeben, um „über seine persönlichen Verhältnisse Auskunft zu geben“.
Diese Erhebungen wurden bei ehemaligen Reserveoffizieren angestellt, die
„allenfalls zu Übungen eingezogen werden sollen“ (PrivAWJ 1936).
„... Ich bitte daher, über die soziale Stellung, Gesinnung, Charakter,
Lebensführung in der Nachkriegszeit und, soweit möglich, über
Fähigkeit, Führeranlage und wirtschaftliche Verhältnisse des
38
Die Eintrittsdaten zwischen dem Fragebogen 1946 und der Ergänzung zu den Personalakten
1938 variieren teilweise geringfügig.

74
genannten Herrn Aufschluss zu erteilen und mir dieses Schreiben
mit Auskunft unter persönlicher Anschrift zurückzusenden“
(PrivAWJ 1936).
Die Antwort von Professor Moser fiel für Hans Jöchle mehr als positiv aus
(PrivAWJ 1936):
„Herr Dr. Jöchle war mehrere Jahre an meinem Institut Assistent,
wurde dann von mir aufgrund seiner vorzüglichen Dienstleistung,
seines grossen Arbeitseifers, seines stets bewiesenen Pflichtbewusstseins
und Verantwortungsgefühles für die selbständige Stelle
eines Kreiswanderlehrers für Hufbeschlag in Oberbayern der
Regierung von Oberbayern vorgeschlagen und von ihr hierzu
berufen.
Er steht auch heute noch in engster Verbindung mit der Staatlichen
Hufbeschlagschule München, so dass ich in der Lage bin, über ihn
ein Urteil abzugeben. Seine Tätigkeit, sein Charakter, seine geschickte,
besonnene Behandlung sowohl der Pferdebesitzer als auch
der Schmiede und seine kameradschaftliche Einstellung auch seinen
Kollegen gegenüber werden allgemein als mustergültig angesprochen
und haben ihm allseitiges Vertrauen und allgemeine Anerkennung
eingebracht. Seine soziale Stellung und seine wirtschaftlichen
Verhältnisse sind einwandfrei und gesichert, seine Gesinnung und
sein Charakter sind einwandfrei und zuverlässig im Sinne des
Nationalsozialismus, desgleichen war seine Lebensführung in der
Nachkriegszeit. In seiner Tätigkeit als Berater der Landwirte und
Handwerker hat er seine Fähigkeit und Anlage zum Führer schon
reichlich unter öffentlichen Beweis gestellt und fand er auch die
behördliche Anerkennung im vollsten Masse. Auch ich halte ihn als
Vorgesetzten für tauglich und zuverlässig“ (PrivAWJ 1936).
Der Passus im Bezug auf den Nationalsozialismus drückt wohl weniger die
politische Einstellung Jöchles als vielmehr das Wohlwollen Professor
Mosers Hans Jöchle gegenüber aus. An eine weitere berufliche Karriere,
ohne zumindest den äußeren Anschein des Parteikonformismus, war nicht
zu denken. Hierbei ist anzumerken, dass Jöchle zu diesem Zeitpunkt noch
kein Mitglied der NSDAP war.
Als Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag war Hans Jöchle bis zu 200 Tage
im Jahr im Außendienst tätig, manchmal auch mehr. Seine Dienstan-

75
weisung sah häufige Vorträge für Pferdezüchter, Landwirte und Hufschmiede
vor. Nach der Gleichschaltung wurden auch diese landwirtschaftlichen
und handwerklichen Veranstaltungen von der Partei durchdrungen.
So kam es, dass 1936 bei einer Versammlung der Pferdezuchtgenossenschaft
Garmisch in Bad Kohlgrub Hans Jöchle seinen bereits
begonnenen Vortrag abbrechen musste, weil der Kreisbauernführer aus
Weilheim vom Versammlungsleiter forderte, die „Vertreter und Angehörigen
der Partei“ vor den nicht der Partei angehörigen sprechen zu
lassen. 39 Ein anderes Mal lehnte ein Kreishandwerksmeister Jöchles
Mitwirkung bei der Gesellenprüfung für Hufschmiede ab, weil Jöchle für
diese Aufgabe nicht „von der Partei namhaft gemacht worden sei“. 40 Dabei
war die Abnahme der Gesellenprüfung für Hufschmiede eine der
wesentlichen Aufgaben des Fachberaters für Hufbeschlag. Andere
Parteianhänger hetzten gegen Jöchle und verlangten, man solle Jöchle „bei
seinen Beschlagbrückenbesuchen kurzerhand die Türe weisen“ (StAM
SpkA K 814 Johannes Jöchle).
Hinzu kam, dass die NSDAP 1937 bekannt gab, „dass bei Jahresende die
Mitgliedschaft in der Partei abgeschlossen werde. Wer diese Gelegenheit
nicht wahrnehme, könne nach Ende 1937 nicht mit Anstellung bzw.
Wiederverwendung beim Staat rechnen“. Hans Jöchle war gläubiger
Katholik und hatte gehofft, durch die Reaktivierung als Reserveveterinäroffizier
1936 der Parteimitgliedschaft entgehen zu können. Doch
nach dem Zwischenfall bei der Pferdezüchterversammlung in Bad
Kohlgrub 1936 war Jöchle schwer beunruhigt. Die Röhm-Affäre 1934 und
Gerüchte über Konzentrationslager im Hinterkopf entschloss er sich, seiner
Familie und seiner Arbeit zuliebe, am 1. Mai 1937 in die NSDAP
einzutreten. Dabei hoffte er immer noch auf ein Eingreifen des Militärs 41
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt; PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung,
15.1.1946). Nun im Besitz eines vorläufigen Mitgliedsausweises glaubte
sich Hans Jöchle gegen weitere Demütigungen und Drohungen gewappnet,
doch ein Kreisbauernführer erklärte ihm: „Und trotzdem werden Sie nie
ein Nationalsozialist werden“ (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle).
Hans Jöchle verband noch ein weiteres Erlebnis mit Bad Kohlgrub. Er litt
an „chronischem Ischias“ und machte deshalb von 1933 bis 1938 jährliche
39
Bestätigt durch den Bürgermeister und vier Landwirte aus Bad Kohlgrub am 12. März 1946
(StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle).
40
Diese Begebenheit wurde während Hans Jöchles Entnazifizierungsverfahren von Schmiedemeister
Johann Steger bestätigt (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle).
41
Vgl. hierzu Fortner (1964, 569).

76
Moorbadekuren in Bad Kohlgrub bei Murnau. Dort wohnte er bei einem
Schmiedemeister Brunner, der Zimmer an Kurgäste vermietete und mit
dem er sich, beruflich wie privat, gut verstand. Der andere Schmied am Ort
(G.) befürchtete, dass er dadurch benachteiligt werden könnte (PrivAWJ
1937). Die Beschlagsausführung auf der Schmiede G. gab wohl schon
wiederholt Anlass zu Beanstandungen. Bei einer weiteren Kontrolle dieser
Schmiede leitete Hans Jöchle den Herrn G. an, die Hintereisen bei dem zu
beschlagenden Pferd nicht mehr zu verwenden, da diese zu stark
abgelaufen und vor allem viel zu kurz waren. Die Eisen waren schon durch
das letztmalige Aufstollen viel zu kurz geworden und hätten eigentlich
schon beim letzten Mal für dieses Pferd nicht mehr verwendet werden
sollen. Herr G. erklärte daraufhin, er mache, was die Pferdebesitzer
verlangten. Als Jöchle versuchte, dem Schmied zu erklären, dass es seine
Aufgabe sei, dem Besitzer zu erklären, dass dadurch der „Fuß des Pferdes“
schwer geschädigt werde, kam es zu einer Auseinandersetzung, die die
Leute auf der Straße zusammenlaufen ließ (BayHStA MK 43826) und die
Gendarmerie zu folgendem Strafbefehl veranlasste:
„An Herrn G., Schmiedemeister in Kohlgrub.
Nach einer Anzeige der Gendarmerie [des] Landwirtschaftsrates für
Hufbeschlag in Obb. vom 19.7.37 sollen Sie einen anderen öffentl.
beleidigt haben, indem Sie am 7.7.37 in Ihrer Schmiede in Kohlgrub
d. Kreisfachberater für Hufbeschlag in Obb. Landwirtschaftsrat Dr.
Jöchle erklärten: ‚Sie können ja so dumm daherreden, weil Sie vom
Staate bezahlt werden, Ihnen kann es ja gleich sein, wenn mein
Geschäft ruiniert wird. Sie verstehen vom Hufbeschlag überhaupt
nichts; Sie können einen nur dauernd schikanieren u. tun dies
absichtlich, um die ganzen Bauern nur abspenstig zu machen. Sie
ziehen unsere alten Kunden weg u. veranlassen sie, zu
Schmiedemeister Brunner zu gehen; bei dem flacken Sie ohnehin
die ganze Woche drinn, da wird dann ausgemacht, wie man uns
wieder schikanieren kann. Wenn Sie ein Mann wären, dann würden
Sie die Stuten auch einmal auf unsere Schmiede zum Brennen
bringen lassen 42 .‘ Diese Aeusserungen, die Sie in so lautem Tone
von sich gaben, dass sie von den Benutzern der an der Schmiede
vorbeiführenden Ortsstrasse gehört werden konnten, waren in hohen
42 Gemeint ist das Zusammenführen der Stuten und Fohlen zur Stutbuchaufnahme. Der Ort
wurde durch den Pferdezuchtverband festgelegt und die Schmiede Brunner gewählt, weil die
Schmiede G. an der verkehrsreichen Hauptstraße lag und weder genügend Raum zum
Aufstellen der Tiere noch ein Vormusterungsplatz vorhanden waren (BayHStA MK 43826).

77
Masse geeignet, den Kreisfachberater für Hufbeschlag Dr. Jöchle, in
seiner Ehre herabzusetzen. Strafantrag ist frist- u. formgerecht
gestellt.
Diese Handlung erfüllt den Tatbestand eines Vergehens der
öffentlichen Beleidigung nach § 185, 194, 196, 200 RSTGB“
(BayHStA MK 43826).
Es wurde eine Strafe von 30 RM verhängt und dem Beleidigten das Recht
eingeräumt, den Strafbefehl eine Woche an der Gemeindetafel in Kohlgrub
öffentlich bekannt zu geben (PrivAWJ 1937).
1937 arbeitete Hans Jöchle außerdem auf Forderung der Deutschen
Arbeitsfront die Richtlinien für die Durchführung des Berufswettkampfes
im Hufschmiedehandwerk aus (PrivAWJ, ca. 1945). Ziel des Handwerkerwettkampfes
der Deutschen Arbeitsfront war die Erziehung und die
Leistungssteigerung im deutschen Handwerk. Die Wettkampfgruppe
„Metall“ wurde in drei Leistungsklassen unterteilt: Meister, Gesellen und
Arbeitsgemeinschaften. Bei den Meistern und Gesellen der Beschlagschmiede
hatten jeweils zwei Wettkampfteilnehmer ein Pferd zu beschlagen,
einen Vorderhuf der einen, und einen Hinterhuf der anderen Seite. Der
Huf wurde ausgeschnitten, gerichtet und ein selbst geschmiedetes Eisen
wurde aufgepasst und vernagelt. Der Beschlag musste in zweieinhalb
Stunden durchgeführt werden, ansonsten drohte der Ausschluss vom
Wettkampf. Nach jedem Beschlag führte der Teilnehmer das Pferd vor, um
mögliche Lahmheiten festzustellen (Anonym 1938, 270). Die Gaubesten
aus „Großdeutschland“ trafen sich dann in Frankfurt am Main zu einer
Reichsausscheidung um die Auszeichnung „Reichssieger im Handwerkerwettkampf
1939“ und der sollte dann am 1. Mai dem „Führer und Reichskanzler“
persönlich vorgestellt werden (Reichsinnungsverband 1939, 14).
In Vorbereitung auf das „braune Band“ des deutschen Derbys in München-
Riem betreute Hans Jöchle von 1936 bis 1939 die Hufpflege und den
Hufbeschlag der Pferde des Präsidenten des deutschen Renn- und
Reitsportverbandes Christian Weber im Gestüt Leutstetten (Jöchle, W.
2004, mdl. Mitt.).

78
Tab. 1: Pferdezuchtveranstaltungen und Schmiedetagungen, die
Hans Jöchle nach den Zeitschriften „Zucht und Sport“ und
„Bayerische Schmiedezeitung“ zwischen 1927 und 1935 besuchte.
Jahr Veranstaltung Quelle
1927 Obermeistertagung des Oberbayerischen
Kreisverbandes im Augustiner-Bierstüberl in
München am 18. September 1927
1928 Obermeistertagung des Oberbayerischen
Kreisverbandes am 19. März 1928 in München
Oberbayerischer Kreisverbandstag am 6. Mai
1929
1930
1928 in Bad Reichenhall
Prämierung der Pferdezuchtgenossenschaft
Tölz-Lenggries am 31. Oktober 1928
Bericht über die Obermeistertagung des
Oberbayerischen Kreisverbandes
Obermeistertagung des Oberbayerischen
Kreisverbandes am 19. März 1929 in München
Prämierung der Pferdezuchtgenossenschaft
Friedberg am 5. Mai 1929 in Friedberg
Oberbayerische Kreisverbandstagung in
Fürstenfeldbruck am 26. Mai 1929
Versammlung der Pferdezuchtgenossenschaft
Ingolstadt am 6. November 1929, Referent des
Tages Kreiswanderlehrer Dr. Jöchle hielt einen
„Vortrag über Hufpflege, insbesondere bei
Fohlen, und sachgemäßen Hufbeschlag“
Obermeistertagung des Kreisverbandes
oberbayerischer Schmiedeinnungen am 19. März
in München (Augustiner-Bräustüberl)
Pferdepflege- und Vorführungskurs am
Kanzlerhof vom 5. bis 10. Mai 1930
Kreisverbandstagung oberbayerischer
Schmiedeinnungen am 11. Mai 1930
Pferdeschau anlässlich des Bezirksfestes in Bad
Reichenhall am 8. August 1930, veranstaltet von
der Pferdezuchtgenossenschaft Berchtesgaden
Hagn 1927,
4-5.
Hagn 1928,
1-2.
Hagen 1928,
4-5.
Anonym
1928b, 369-
370.
Anonym
1928c, 3-5.
Hagn 1929,
3-4.
Löffler 1929,
177-178.
Hagen 1929, 6.
Wildsfeuer
1929, 373-374.
Hagn 1930a,
2-3.
Anonym
1930c, 173.
Hagn 1930b,
1-3.
Anonym
1930d, 275.

Tab. 1 (Fortsetzung)
79
Obermeistertagung des Kreisverbandes ober- Anonym
bayerischer Schmiedeinnungen im Oktober 1930 1930a, 1-2.
Vorschau für den Zuchthengstmarkt in Erding Groll 1930,
am 12. und 13. November 1930 in Erding,
Arndorf, Frauenberg und Stammham
329-330.
Mitgliederversammlung in Miesbach-Tegernsee Anonym1930b,
am 14. November 1929
7-9.
Stuten- und Fohlenprämierungen in Tittmoning, Brixner 1930,
24. November 1930; darauf folgte die Züchterversammlung
mit Preisverteilung bei Geiselbrechtinger
und Ankündigung für einen Vortrag
Jöchles mit Demonstrationen über Huf- und
Klauenpflege für Hufschmiede, Pferdezüchter
und -halter am 14. Dezember bei Geiselbrechtinger
in Titmoning
349-350.
1931 Erdinger Zuchthengstmarkt im Februar 1931 Groll 1931,
35-36.
Generalversammlung des Pferdezuchtvereins Anonym
Markt Oberndorf im Frühjahr 1931, Jöchle hielt
einen Lichtbildervortrag über Hufpflege und
Hufbeschlag
1931b, 74-75.
Obermeistertagung des Kreisverbandes oberbayerischer
Schmiedeinnungen am 19. März
1931
Hagn 1931, 1.
Oberbayerischer Kreisverband: Tagung der Anonym
oberbayerischen Schmiedeinnungen am 10. Mai
1931 in Traunstein
1931d, 4-6.
Genossenschaftsprämierung der Pferdezucht- Anonym
genossenschaft Ingolstadt am 10. Juli 1931 1931c, 224-
226.
Verbands-Pferdeschau in Höchstädt am 15. Juli Mittel 1931,
1931
231-233.
Obermeistertagung des Kreisverbandes Anonym
Oberbayern am 20. September 1931 in München 1931e, 1.
Sitzung des gesamten Vorstandes (des Bundes Anonym
Bayerischer Schmiedeinnungen und Schmiedemeister)
am 21. November 1931 in München
1931f, 1-4.

Tab. 1 (Fortsetzung)
1932
1933
1934
80
Sitzung des gesamten Vorstandes am 21. Anonym
November 1931 in München (Schluss) 1932f, 1-2.
24. Erdinger Zuchthengstmarkt am 25. und 26. Anonym
Januar 1932
1932a, 39-40.
Oberbayerische Obermeistertagung am 19. März Anonym
1932 im Augustiner-Bierstüberl zu München 1932g, 1-2.
Pferdeprämierung in Freising am 9. September Anonym
1932, Lichtbildervortrag
1932e, 156.
Oberbayerische Obermeistertagung am Hagen 1932,
18. September in München
4-5.
Auf dem vierwöchigen Reit- und Fahrkurs für Eichner 1933,
Landwirtssöhne Anfang 1933 hatte Dr. Jöchle
Vorträge über Hufbeschlag gehalten
39, 41.
Obermeistertag des Oberbayerischen
Anonym
Kreisverbandes am 12. März 1933 in München
im Sitzungssaal der Handwerkskammer
1933e, 3-4.
Abschlussprüfung des Reit- und Fahrkurses Kattenbeck
Dorfen am 4. Mai
1933, 133.
Stutenprämierung der Pferdezuchtgenossen- Lindner 1933,
schaft Friedberg im Sommer 1933
177.
Stutenschau der Pferdezuchtgenossenschaft Wildsfeuer
Ingolstadt am 12. Juli 1933
1933, 178.
Stutenprämierung der Pferdezuchtgenossen- Anonym
schaft Fürstenfeldbruck am 22. Juli 1933 1933a, 189.
Oberbayerischer Kreisverband: Obermeister- Anonym
tagung am 26. August 1933
1933b, 5-6.
Kreistagung in München am 27. August 1933 Anonym
1933c, 6.
Der 26. Zuchthengstmarkt in Erding, Anfang Anonym
1934
1934b, 37-38.
Probebeschlag in der Staatlichen Huf-
Sperber 1934,
beschlagschule München, Veterinärstraße, am
17. Februar 1934.
1.
Tagung des Oberbayerischen Kreisverbandes am Anonym
18. Februar 1934
1934c, 4.
Haupttagung des 26. Bayerischen Schmiede- Anonym
bundestages in München am 9. und 10. Juni 1934d, 1-6.

Tab. 1 (Fortsetzung)
1935
81
Gesellenprüfung in München am 30. März 1935 Anonym
1935b, 73-74.
„Referat über Hufpflege und sachgemäßen Huf- Groll 1935,
beschlag“ auf der Pinzgauer Stutenprämierung 36-37.
und Jubiläumsversammlung in Traunstein am
22. Oktober 1934 anlässlich des 25jährigen
Jubiläums der Pferdezuchtgenossenschaft
Traunstein
Tab. 2: Berichte über die Arbeit Jöchles in „Zucht und Sport“ und
„Bayerische Schmiedezeitung“.
1928 Erhebung und Nachprüfung der Berechtigung
zur gewerblichen Ausübung des Hufbeschlags
1930 Jahresbericht der Pferdezuchtgenossenschaft für
das Bayerische Oberland für 1929, Überwachung
der Hufzubereitungen bei Prämierungen
und Schauen
1931 Pferdezuchtverband für das oberbayerische
Flachland: Jahresbericht für das Jahr 1930
1933 Jahresbericht für das Jahr 1931 des
Pferdezuchtverbandes für das oberbayerische
Flachland
Anonym
1928a, 1.
Gentner 1930,
270-271.
Löffler 1931,
353-354.
Löffler 1933,
29-30.

2.5 Ernennung zum Professor
82
Am 18. September 1937 starb Professor Moser 43 . Daraufhin wandte sich
das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus an den Rektor
der Universität München, ob eine Vertretung der Professur für das
Wintersemester 1937/38 erforderlich sei. Gegebenenfalls sei ein Vertreter
zu nennen und ein Dreiervorschlag für eine Berufung vorzulegen (UAM
Sen-I-145). Das Dekanat (Professor Wilhelm Ernst) der Tierärztlichen
Fakultät der Universität München schlug vor, „bis zur endgültigen
Regelung der verwickelten Angelegenheit den derzeitigen Landwirtschaftsrat
für Hufbeschlag in Oberbayern, Dr. med. vet. Hans Jöchle“ mit
der Abhaltung der Vorlesungen und Übungen sowie der Vornahme der
Prüfungen zu betrauen. Er sei vortragsgewandt und außerdem mit dem
Institut und den Anforderungen des Lehr- und Forschungsbetriebes
vertraut. Er geht auch auf die Problematik der Wiederbesetzung der
Professur ein, die im Kapitel 5.2.3 näher erörtert wird. Das Schreiben
wurde auch dem Leiter der Dozentenschaft der Universität München
vorgelegt (UAM Sen-I-145, 19.10.1937). Die Regierung von Oberbayern
forderte hingegen beim Staatsministerium für Wirtschaft, Abteilung Landwirtschaft,
den Assistenten der Staatlichen Hufbeschlagschule München,
Landwirtschaftsrat Dr. Eugen Mennel, vertretungsweise mit der Leitung
der Hufbeschlagschule zu betrauen (BayHStA ML 562). Dr. Mennel
bemühte sich eifrig darum, hatte aber außer seiner Promotionsarbeit keine
wissenschaftlichen Leistungen nachzuweisen. Als dann noch bekannt
wurde, dass Dr. Mennel „durch Heirat jüdisch versippt“ sei und aus dieser
Ehe eine Tochter stamme, war ihm der Aufstieg verwehrt 44 (BayHStA
MInn 87315).
Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus übertrug
Jöchle am 23. November 1937 „vorbehaltlich der endgültigen Stellungnahme
des Kreistagsausschusses und des Herrn Reichserziehungsministers
für das Winterhalbjahr 1937/38 die Vertretung der Professur für Hufkrankheiten,
Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungskunde mit
sofortiger Wirkung“ (PrivAWJ 1937). Das beinhaltete die Abhaltung von
Vorlesungen und Übungen über Hufkunde und Hufkrankheiten an der
Tierärztlichen Fakultät (PrivAWJ, Jöchle, H. 1952):
43
Hans Jöchle schrieb den Nekrolog für Prof. Moser in der Zeitschrift „Der Hufschmied“
(Jöchle 1937b, 165-166).
44
Trotzdem leitete Eugen Mennel von 1937 bis Ende Mai 1948 die Hufbeschlagschule.
Eigentlich sollte Hans Jöchle auch die Vorstandschaft der Hufbeschlagschule übernehmen,
was aber durch den Kriegsausbruch nicht mehr vollzogen wurde (BayHStA MInn 87315).

Im WS 1938/39:
Huf-, Klauen- und Beschlagskunde 2 Stunden
Beurteilungsübungen in der gesamten Hufkunde 1 Stunde
Im SS 1939:
Huf- und Klauenkrankheiten 1 Stunde
Beschirrungskunde 1 Stunde
Übungen in der Huf- und Klauenbeschlagskunde 1 Stunde
(Boessneck 1972, 322, 324).
83
Der Prorektor Wilhelm Ernst war Professor für Mikrobiologie und
Hygiene und Vorstand der Veterinäruntersuchungsanstalt in Schleißheim.
Er setzte sich 1937 bis 1939 sehr für die Erhaltung von „Prof. Mosers
Erbe“ und die Berufung von Hans Jöchle ein (Jöchle, W. 2005, schriftl.
Mitt.). Erst Ende Januar 1938 erklärte sich der oberbayerische Kreisausschuss
damit einverstanden, dass Jöchle die Professur und die Leitung des
Instituts für Huf- und Beschirrungskunde der Tierärztlichen Fakultät der
Universität München nebenamtlich erledigte. Durch diese Regelung war es
dem Staatsministerium auch möglich, Jöchle weiter seine Hauptbezüge als
Landwirtschaftsrat zu bezahlen und für die Professur nur eine Vergütung
für die Übernahme einer Nebentätigkeit und nicht das volle Gehalt eines
Professors entrichten zu müssen. Diese Vergütung betrug 1000,- RM pro
Semester (PrivAWJ 1938).
Um weiterhin im öffentlichen Dienst tätig sein zu können, musste Jöchle
erneut den „Ariernachweis“ erbringen. Am 2. Juli 1938 schrieb er einen
Lebenslauf und füllte einen Fragebogen mit den Daten und der Konfession
seiner Eltern, Großeltern und seiner Frau aus. Außerdem gehörte eine
Aufstellung der Mitgliedschaften in den Partei-Unterorganisationen dazu.
Zum Schluss musste er noch eine Erklärung unterzeichen, dass er weder
der kommunistischen Partei, der nationalkommunistischen Bewegung
(Schwarze Front), der sozialdemokratischen Partei noch ihren Hilfsorganisationen
angehörte und sich auch nie in deren Sinne betätigt habe,
mit dem Schlusssatz: „Ich bin mir bewusst, dass ich fristlos entlassen
werde, wenn diese Erklärung nicht der Wahrheit entspricht“.
Der Nachweis fiel für Hans Jöchle zufriedenstellend aus und er konnte mit
gutem Gewissen unterzeichnen, dass
„trotz sorgfältiger Prüfung keine Umstände bekannt [sind], welche
die Annahme rechtfertigen könnten, dass ich - und meine Frau - von

84
nicht-arischen Eltern oder Großeltern abstammen; insbesondere hat
keiner meiner - und meiner Frau - Elternteile oder Grosselternteile
zu irgend einer Zeit der jüdischen Religion angehört“ (UAM Sen-I-
145, „Fragebogen“ und Lebenslauf).
Das ermöglichte die weitere Anstellung Jöchles.
Die „Hauptstelle politische Beurteilung“ des Gaupersonalamts erkundigte
sich bei der Ortsgruppe Keuslinstraße der NSDAP anlässlich der
möglichen Berufung über Jöchle. Sein soziales Verhalten stuften die
Parteigenossen als einwandfrei ein und aufgrund der Mitgliedschaft in der
Partei und einiger ihrer Gliederungen, auch der der Kinder beim JV und
beim BDM, wurde folgendes Gesamturteil erstellt:
„Angefragter ist unbedingt positiv zur NSDAP eingestellt. Er
gehörte weder einer anderen Partei noch einer Loge an. Er ist für die
Partei einsatzbereit und opferfreudig.
Er ist Bezieher des V. B.
Beflaggt gut, und grüßt nur mit dem Deutschen Gruß 45 .
Obwohl er selbst 3 Kinder hat lädt er wöchentlich 2 mal ein Kind
zum Mittagessen ein“ (BArch DS (ehem. BDC) B 72, Bl. 2366-
2368).
Damit konnte Hans Jöchle am 15. Januar 1939 an das Staatsministerium
für Wirtschaft, Abteilung Landwirtschaft, schreiben:
„Der Herr Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
beabsichtigt, mich auf den freien Lehrstuhl für Hufkrankheiten,
Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre
an der Universität München zu berufen und meine Ernennung zum
ausserordentlichen Professor zu erwirken.
Im Hinblick auf § 60 DBG [...] stelle ich unter der ausdrücklichen
Voraussetzung, dass meine Ernennung zum ausserordentlichen
Professor vollzogen wird, die Bitte, mich aus dem Dienst des
Bezirksverbandes Oberbayern zu dem Zeitpunkt meiner Neuer-
45 Vgl. hierzu Kap. 2.7.1.

85
nennung zum ausserordentlichen Professor zu entlassen“ (PrivAWJ,
Jöchle, H. 1939).
Die „Nebentätigkeit“ entpuppte sich als sehr zeitaufwendig, und so sah
sich Jöchle im Juli 1939 seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen, „es sei
denn auf Kosten [... seines] hauptamtlichen Dienstes“. Deshalb bat er den
Dekan der Tierärztlichen Fakultät, ihn für das WS 1939/40 von der
Vorstandschaft des Instituts und der Abhaltung der Vorlesungen, Übungen
und Prüfungen zu entlasten (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle).
Entweder rechnete Jöchle wirklich nicht mehr mit einer Berufung oder er
wollte diese mit seinem Schreiben erst vorantreiben. Obwohl Jöchle im
Juli noch um seine Freistellung von der Universität gebeten hatte, ernannte
ihn der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in
einem Schreiben vom 23. August 1939 zum Professor 46 (PrivAWJ).
„Der Führer hat Sie zum ausserordentlichen Professor ernannt.
Ich verleihe Ihnen mit Wirkung vom 1. September 1939 ab in der
Tierärztlichen Fakultät der Universität München die freie Planstelle
eines ausserordentlichen Professors mit der Verpflichtung, die
Fächer Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und Beschirrungslehre
in Vorlesungen und Uebungen zu vertreten.
Gleichzeitig ernenne ich Sie zum Vorstand des Instituts für Huf- und
Beschirrungskunde der Universität München.“
Damit standen Hans Jöchle jährlich 7.700,- RM Grundgehalt, sowie
Wohnungsgeld und Kindergeld zu und es wurde ein Unterrichtsgeld von
2.000,- RM jährlich gewährt. Daraufhin wurde Jöchle wohl auch in den
NS-Dozentenbund aufgenommen, ohne jemals die Beiträge bezahlt zu
haben. Ob er eine Aufnahmeerklärung eingereicht hatte, vermochte er sich
später nicht mehr zu erinnern (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung,
15.1.1946).
Als Professor Wilhelm Ernst, der Dekan der Tierärztlichen Fakultät, Jöchle
am 18. September 1939 zu seiner Berufung gratulieren wollte, war Hans
Jöchle schon als Stabsveterinär der Reserve in Frankenbach bei Heilbronn
im Einsatz (PrivAWJ 1939).
46 Mehr zu den Berufungsverhandlungen im Kap. 5.2.3.

86
Die Beratung für Hufbeschlag im Regierungsbezirk Oberbayern sollte
Jöchle weiterhin als Nebentätigkeit für 200,- RM monatlich übernehmen.
Allerdings verfügte der Bezirksauschuss, dass diese Auszahlung nur bei
tatsächlicher Ausübung der Nebentätigkeit erfolgen sollte, also nicht
während der Tätigkeit im Feld. In einem Brief vom 24. November 1939
schrieb die Verwaltung des Bezirksverbandes, die Vereinbarung solle in
kraft treten, wenn Jöchle nach Entlassung aus dem Heeresdienst die
Beratungstätigkeit aufnehmen könne (PrivAWJ 1939). So ist es wohl nie
zur Erfüllung dieses Vertrags gekommen.
In einem „Auszug aus der Niederschrift über die Bezirksverbandsausschuss-Sitzung
[des Bezirksverbandes Oberbayern] am 10. Januar 1940“
wird die nebenamtliche Beratertätigkeit Jöchles bestätigt und seine
Aufgaben ähnlich wie oben beschrieben festgelegt. Allerdings fielen ihm
hier auch die Aufgaben zu, die Tierärzte bei besonderen Huferkrankungen
zu beraten und das Gestüt Isarland in allen Fragen der Hufpflege zu
beraten. Darüber hinaus übertrug man ihm „die Aufsicht über die Huf- und
Klauenpflege bei den bezirksverbandseigenen Gütern in Eglfing, Gabersee,
Taufkirchen und Kaltenberg, sowie die Einleitung bezw. Beantragung
entsprechender Massnahmen zur Beseitigung von Mißständen“.
Diese Niederschrift wurde von Christian Weber, dem Präsidenten des
Bezirksverbandstags, gezeichnet. Für die Vergütung von Reisekosten
wurden bei Reisen von mehr als 12 Stunden 9 RM Tagegeld und ein
Übernachtungsgeld von 6 RM veranschlagt (PrivAWJ 1940).
Seine Amtsräume als Fachberater für Hufbeschlag im Gebäude der
Staatlichen Hufbeschlagschule sollte Jöchle weiterhin behalten (PrivAWJ
1940). Den Unterricht an der städtischen Berufschule für Schmiede gab
Jöchle mit der Berufung jedoch auf (BayHStA MK 64637, Vormerkung
über die Berufungsverhandlungen). Mit dem Eintritt in die Universität
erhielt Jöchle auch die Kleiderordnung der Universität München. Als
außerordentlicher Professor war er zum Tragen des kleinen Talars
berechtigt und so hatte er das Eintrittsgeld von 20 RM und zusätzlich einen
Jahresbeitrag von 6 RM zur Kleiderkasse zu entrichten. Trotzdem blieb die
Amtskleidung Eigentum der Universität und ihre Verwahrung und
Erhaltung erledigte der Verwaltungsausschuss (PrivAWJ, Kleiderordnung
o. Datum).

2.6 Der Zweite Weltkrieg
87
Aufgrund der Verordnung vom 13. Juli 1934 wurde Hans Jöchle im
Namen des Führers und Reichskanzlers am 15. Februar 1935 zur
Erinnerung an den Weltkrieg 1914 bis 1918 das vom Reichspräsidenten,
Generalfeldmarschall von Hindenburg, gestiftete „Ehrenkreuz für Frontkämpfer“
verliehen (BayHStA MK 43826).
Vom 1. Juni bis zum 28. Juni 1937 nahm Hans Jöchle als Veterinär an
Übernahmeübungen zum Reserveveterinäroffizier des Infanterie-Regiments
19 teil (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946). Als
Nicht-Parteimitglied hatte er am eigenen Leib erfahren, was Diskriminierung
bedeutete. Nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht bot die
freiwillige Teilnahme an militärischen Lehrgängen und die Ernennung zum
Reserveoffizier die Möglichkeit, seine „nationale Gesinnung“ unter Beweis
zu stellen und sich damit weitere Partei-Aktivitäten vom Leib zu halten
(Kunkel 1966, 127; Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Auch bestand weiterhin
die Hoffnung, die Wehrmacht könne doch noch eingreifen und „den
ganzen Parteistall ausräumen“ (Fortner 1964, 569). Doch schon 1938
wurde Jöchle „im Rahmen des Anschlusses von Österreich“ mobilisiert
und einem Pferdelazarett bei Augsburg zugeteilt (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.).
Hans Jöchle verbrachte den März 1939 als Stabsveterinär der Reserve bei
Pflichtübungen im Veterinärdienst an der Heereslehrschmiede München.
Sein Vorgesetzter war Oberfeldveterinär Dr. Walter Richter (PrivAWJ,
Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946), der Leiter der Heereslehrschmiede.
Hans Jöchle hatte sich um die Stelle an der Heereslehrschmiede
bemüht, da die neueren Veröffentlichungen Abweichungen und
Gegensätze zwischen Zivil- und Militärhufbeschlag aufdeckten und Jöchle
sich deshalb den Militärhufbeschlag genauer ansehen wollte. Das führte zu
einer Auseinandersetzung über die Hufbeschlagsmethodik und dazu, dass
Jöchle diese Übung auf Anordnung des Veterinärinspekteurs vorzeitig
abbrechen musste (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle). Der Veterinärinspekteur,
Generaloberstabsveterinär Prof. Curt Schulze, leitete die
Veterinärinspektion, eine Unterabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht.
Er war „Fachvorgesetzter des gesamten Veterinär- und Hufbeschlagspersonals“
(Brumme 1981, 103).
Am 1. September 1939 wurde Hans Jöchle endgültig zum Wehrdienst
einberufen. Der Stabsveterinär der Reserve verrichtete den Kriegs-

88
veterinärdienst als Staffelführer im Armeepferdelazarett 551 47 (PrivAWJ,
Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946). Hier wurde zur selben Zeit
auch Melchior Westhues eingesetzt, der Ordinarius für Chirurgie an der
Tierärztlichen Fakultät München. Bald darauf erfolgte jedoch dessen
Versetzung zum Heimatpferdelazarett 105 in Ulm (Deutsche Dienststelle
Berlin 2005, schriftl. Mitt.). Hans Jöchle blieb bei seiner Einheit und zog
mit ihr 1939 vom Quartier in Frankenbach (Württemberg) los, über
Stuttgart zum Quartier in Eich 48 , in dem ein „Gaskurs für Mensch und
Tier“ abgehalten wurde. Hans Jöchle traf dort auf seinen Freund und
ehemaligen Leibfuchs Franz Mehrle. Nach der Überquerung der
Rheinbrücke wurden in Ochtendung (westlich von Koblenz) Fohlen
verladen. Die nächste Station war Maria Laach (PrivAMJ).
Am 25. März 1940 erfolgte die Beförderung Jöchles zum Oberstabsveterinär
der Reserve und die Versetzung zum Armeepferdelazarett 572 49 ,
weiterhin als Staffelführer im Kriegs-Veterinärdienst (PrivAWJ, Fragebogen
der Militärregierung, 15.1.1946). Eine Sammelstaffel und zwei
Lazarettstaffeln ergaben ein Armeepferdelazarett (Hörning 1973, 24). Es
gehörten jeweils drei Armeepferdelazarette zu einer Armee (Deutsche
Dienststelle Berlin 2005, mdl. Mitt.). Die Lazarette waren für etwa 1.000
Pferde ausgelegt, oft wurden sie aber mit bis zu 1.500 Pferden belegt
(Hörning 1973, 24).
Verwundete oder erkrankte Tiere wurden aus der Kampfzone herausgebracht
und auf dem Pferdeverbandsplatz untersucht und behandelt.
Schwer verwundete und marschunfähige Pferde, die längere Behandlungen
oder Operationen benötigten, gab man an die Lazarettstaffel der
Veterinärkompanie ab, die mit allem Notwendigen ausgestattet war. Für
eine länger andauernde Erholung wurden die Pferde einem Armeepferdelazarett
„und schließlich zur völligen Ausheilung den H e i m a t p f e r -
delazaretten 50 zugeführt“ (Richters 1941, 550).
47 Für das Armeepferdelazarett 551 konnte für September 1939 der Standort Neuhausen
festgestellt werden. Wahrscheinlich handelt es sich um das Neuhausen im Wehrkreis V
(Stuttgart), „da das Armeepferdelazarett 551 zu dem dort angesiedelten Armeeoberkommando
7 gehört haben dürfte“ (Deutsche Dienststelle Berlin 2005, schriftl. Mitt.).
48 Da es entlang des Rheins mehrere Ortschaften des Namens „Eich“ gibt, ist nicht mehr zu
rekonstruieren, um welche es sich handelt.
49 Das Armeepferdelazarett 572 wurde vermutlich im Rahmen der Heeresgruppe A ab Mai
1940 im Frankreichfeldzug verwendet (Deutsche Dienststelle Berlin 2005, schriftl. Mitt.).
50 Hervorhebung im Original.

89
Abb. 16: Gaskurs für Mensch und Tier in Eich, 1939.

90
Ein Heimatpferdelazarett war für gewöhnlich in eine Lazarettzentrale, eine
Aufnahme- und Abgabeabteilung (gleichzeitig Genesungsabteilung), eine
chirurgische und eine innere Abteilung und eine Absonderungs- und
Seuchenabteilung unterteilt (Seifried 1941, 141). Es gab dort Röntgengeräte,
Zahnstationen und „Apparate zur Aufnahme der Herztätigkeit“.
Über Pferdeparke und Veterinärkompanien gelangten die Pferde schließlich
wieder zur „kämpfenden Truppe“. Beim Heer nicht mehr einsetzbare
Pferde wurden an die Landwirtschaft abgegeben, „selbstverständlich [...
fanden] tierschützerische Gesichtspunkte weitgehende Berücksichtigung“
(Richters 1941, 550).
Reitpferd „Peter“ begleitete Hans Jöchle auf dem Marsch zur belgischen
Grenze. Im Juli 1940 erreichten sie Évigny bei Charleville-Mézières in
Frankreich (PrivAMJ). Jöchle betreute dort eine Vielzahl an Pferden der
französischen Armee und die berühmten Berberhengste der Spahi-
Divisionen aus Nordafrika und sollte diese für die Wiederverwendung
vorbereiten (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Der weitere Vormarsch nach
Süden Richtung Dijon führte über Amance und die Vogesen. Der Weg
über Col de la Schlucht nach Saint-Dié führte am „Grenzstein des
deutschen Vorstoßes 1914“ vorbei und weiter nach Straßburg (PrivAMJ).
Hans Jöchles altes Ischiasleiden konnte in den 30er Jahren durch jährliche
Moorbadekuren unter Kontrolle gehalten werden. Da es nun nicht mehr
behandelt wurde, erlitt er erneut eine Ischiasattacke und wurde von
September bis Dezember 1940 zur Heereskuranstalt Krynica in Polen
verlegt, die zum Kriegslazarett Krakau gehörte (PrivAMJ). Dort verordnete
ihm der Arzt eine Unterwassermassage. Leider war das, wie Jöchle später
vom leitenden Arzt in Krakau bestätigt wurde, in seinem Falle gänzlich
unangebracht. Nach der Anwendung brach Jöchle plötzlich zusammen und
musste mit einer Querschnittslähmung zwei Monate liegen (PrivAWJ;
Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).

Abb. 17: Hans Jöchle auf Reitpferd „Peter“, ca. 1939 bei Stuttgart.
91
Abb. 18: Hans Jöchle bei der Behandlung eines Pferdes mit einer
Schusswunde, Évigny 1940.

92
Abb. 19: Hans Jöchle leitet Helfer bei der Behandlung eines verletzten
Pferdes an, Évigny im Juni 1940.
Danach gelangte Jöchle als Veterinäroffizier zum Kommandant (= Truppenteil)
rückwärtiges Armeegebiet 559 (PrivAWJ, Fragebogen der
Militärregierung, 15.1.1946), das am 1. Februar 1941 in Regensburg
aufbrach, dann mit der Zweiten Armee im Balkan (Mai 1941) und 1942 bei
der Vierten Armee in Mittelrussland im Einsatz war (Deutsche Dienststelle
Berlin 2005, mdl. Mitt.; Tessin 1980, 168). Am 1. März 1941 erhielt Jöchle
das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern 51 für gewissenhafte
Dienstleistung (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946).
Auch in Belgrad musste er 1941 seine Ischiaserkrankung an der dortigen
Universitäts-Nervenklinik behandeln lassen (PrivAWJ 1952).
Das Elend der Zivilbevölkerung machte Jöchle sehr zu schaffen
(PrivAMJ):
51 Das Kriegsverdienstkreuz galt als „Zeichen der Anerkennung für Verdienste [...], die keine
Würdigung durch das Eiserne Kreuz finden können“. Der Zusatz „mit Schwertern“ steht für
„besondere Verdienste bei Einsatz unter feindlicher Waffenwirkung“ (Verordnung über die
Stiftung des Kriegsverdienstkreuzes. In: Westarp 1940, 412).

93
„Im April 1941 war Jöchle als Teil eines Sonderstabes [...] nach der
Einnahme Belgrads, für Seuchenschutz von Menschen und Tieren
und Wasser- und Nahrungsmittelversorgung der Truppe im Großraum
Belgrad verantwortlich. Da diese Aufgabe ohne Einbeziehung
der Zivilbevölkerung nicht möglich war, hat Jöchle, gegen Befehl,
Kontakte mit dem diesbezüglichen Experten der Universität Belgrad
gesucht, weil die Probleme nur gemeinsam zu lösen waren, was
dann auch rasch gelang. Im Mai 1941 kam es in Belgrad zu einer
Begegnung mit dem Reichsführer SS und Chef der Polizei, Heinrich
Himmler, im Offizierskasino. 52 Himmler bat Jöchle an seinen Tisch
und bestürmte ihn, die Position des leitenden Veterinäroffiziers der
Waffen-SS zu akzeptieren. Nein zu sagen war im Kreis des Stabes
von Himmler nicht leicht. Jöchle wusste aber bereits, dass er dem
Sonderstab des Generals von Unruh, dem späteren ‚General
Heldenklau‘, als leitender Veterinäroffizier für den Großraum
Moskau zugeteilt worden war. General Unruh konnte bei Hitler
Jöchles Abwerbung durch Himmler unterbinden. Als Folge nahm
Jöchle am Russlandfeldzug 1941 mit der Spitze der Panzerarmee
Guderian teil, die vor Moskau im Dezember 1941 zum Stehen kam.
Jöchle hatte im Fernrohr die Silhouette des Moskauer Stadtrands
erkennen können, ehe er, wie alle, den Rückzug zu Fuß antreten
musste. Es gelang dem Sonderstab Unruh, Anschluss an die
vorgerückte, aber ebenfalls zum Stillstand gekommene Infanterie zu
finden, ohne gefangen worden oder erfroren zu sein“ (Jöchle, W.
2004, mdl. Mitt.).
Das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern für gewissenhafte
Dienstleistung erhielt Hans Jöchle am 20. April 1942 und am 1. Juli 1942
folgte das Verwundetenabzeichen in Silber für dreimalige Verwundung
(PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946).
Ab Oktober 1942 war Hans Jöchle Leitender Veterinäroffizier für Lettland
in Riga bei der Oberfeldkommandatur 394 (PrivAWJ, Fragebogen der
Militärregierung, 15.1.1946; Deutsche Dienststelle Berlin 2005, schriftl.
Mitt.). Nach einem Aufenthalt am Ilmensee 53 Anfang 1943 (PrivAWJ
1952) wurde Jöchle im Mai 1943 zum Oberfeldveterinär befördert und als
Divisionsveterinär zur 47. Infanterie-Division versetzt. Er kam zur 156.
52 Himmler war ein Bundesbruder Jöchles bei der Burschenschaft Apollo. Er schloss sich früh
der NSDAP an und versuchte, Jöchle für die Partei zu gewinnen, was ihm jedoch nicht gelang
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
53 Der Ilmensee liegt in Nordwestrussland zwischen Moskau und Sankt Petersburg.

94
Reservedivision in Calais (Frankreich) (Deutsche Dienststelle Berlin 2005,
schriftl. Mitt.; PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946).
Das Aufgabengebiet eines Divisionsveterinärs umfasste die Seuchenvorbeuge
und -bekämpfung und die Betreuung der Veterinärkompanien.
Außerdem regelte er die Angelegenheiten des Veterinär- und Hufbeschlagpersonals
der Division und sorgte für Pferdeersatz und den
Nachschub an Veterinärgeräten (Zieger 1973, 73).
Auch in Calais plagte Hans Jöchle wieder der Ischias und er musste 1943
das Luftwaffen-Lazarett in St. Omer aufsuchen (PrivAWJ 1952). Ab 1940
war Jöchle aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung in seiner
Tauglichkeit stark herabgesetzt, was seine Vorgesetzten aber keineswegs
berücksichtigten. 1943 verordnete der Arzt Hans Jöchle „Heimatverwendung“,
doch Jöchle wurde weiterhin an der Front behalten (StAM
SpkA K 814 Johannes Jöchle).
Hans Jöchle war in einem Armeekorps hinter dem Atlantikwall stationiert
und hatte mehrere tausend Pferde zu betreuen, die dort als Fortbewegungsmittel
auf eine mögliche Verlegung oder den Rückzug warteten.
Das Personal für diese Dienste war völlig ungeschult und auch Beschirrung
und Wagen ließen zu wünschen übrig. Die Pferde waren schlecht trainiert.
Da die Invasion in Calais erwartet wurde, waren alle Anträge auf eine
Verbesserung der Situation vergebens. Niemand rechnete ernsthaft damit,
dass es zu einer Verlegung kommen sollte - bis die Invasion am 6. Juni
1944 die Normandie erreichte. Daraufhin sollte das Armeekorps rasch nach
Süden verlegt werden. Die untrainierten Pferde brachen reihenweise vor
den ungeeigneten und überladenen Wagen zusammen. Trotzdem erreichte
das Korps den Wald von Compiègne, verschoss dort rasch seine Munition
und wurde geschlagen.
Jöchle versuchte mit einigen Kameraden die deutsche Grenze zu erreichen,
um einer Gefangennahme zu entgehen. Tagsüber versteckt, nachts
marschierend oder unter der Nutzung zurückgelassener Gefährte, erreichte
er im Herbst 1944 Aachen. Die Truppe hatte bedeutend an Stärke verloren.
Hans Jöchle war nun der dienstälteste und ranghöchste Offizier und führte
den Rest der Einheit bei der Verteidigung von Aachen (Jöchle, W. 2004,
mdl. Mitt.). Die Zeit vom 26. Oktober 1944 bis Kriegsende verbrachte
Jöchle bei der 47. Volksgrenadier-Division (PrivAWJ, Fragebogen der
Militärregierung, 15.1.1946). Im Januar 1945 wurde er schwer verwundet
und musste in das Lazarett abtransportiert werden (Jöchle, W. 2004, mdl.

95
Mitt.; PrivAWJ 1952). Später ließ sich Hans Jöchle im Reservelazarett
Heidelberg behandeln (ab 10. März 1945) 54 und am 4. April 1945 verlegte
man ihn in das Reservelazarett Krumbad bei Mindelheim im bayerischen
Schwaben, wo er am 28. Mai 1945 in die Heimat entlassen wurde
(Krankenbuchlager Berlin 2005, schriftl. Mitt.).
Jöchle gelangte in ein amerikanisches Gefangenenlager bei Kaufbeuren.
Die Amerikaner versuchten, die Kriegsverbrecher unter den Deutschen zu
ermitteln und Jöchle war ihnen als Parteimitglied und Professor an einer
nationalsozialistischen Hochschule äußerst verdächtig. Er versuchte sich zu
verteidigen und erzählte von seiner Aufgabe in Belgrad. Über Umwege
hatten die Amerikaner von einem jugoslawischen Wissenschaftler und
dessen Zusammenarbeit mit Jöchle erfahren. Aufgrund dessen Berichts
wurde Jöchle am 3. August 1945 freigelassen und zu seiner Familie nach
Erkheim gebracht (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.; UAM E-II-1898). Am
31. Juli 1945 wurde Jöchle „frei von Ungeziefer und ansteckenden Krankheiten“
aus der Wehrmacht entlassen (Krankenbuchlager Berlin 2005,
schriftl. Mitt.; PrivAWJ 1945).
Die Familie hatte München im Sommer 1943 nach den ersten Bombenschäden
verlassen und war nach Zeitz zu den Großeltern gezogen. Die
Tochter Maria wurde zur Erntehilfe herangezogen (UAM E-II-1898). Kurz
vor der Übernahme durch die Russen im Juni 1945 entschloss sich Frau
Jöchle, mit den drei jüngeren Kindern nach Erkheim zurückzukehren. Mit
den sich zurückziehenden amerikanischen Truppen gelangten sie auf
abenteuerlichen Wegen über München nach Erkheim. Die Wohnung in
München war im Juli 1944 völlig zerstört worden (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.).
„Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges sah es zunächst aus, als ob in
der Zeit der ‚Blitzkriege‘ dem Pferd nur noch eine nebensächliche
Rolle zufalle. Das gut ausgebaute, feste Straßen- und Wegenetz des
Westens gab im Verein mit der hohen, unverbrauchten Qualität des
Materials dem Motor den unbestrittenen Vorrang. Der Ostfeldzug
zeigte aber, daß im weiten russischen Raum mit seinen schlechten
Wegeverhältnissen und dem außergewöhnlichen Klima mit seinen
Einflüssen auf die Bodenbeschaffenheit sowie im Gebirge eine
Kriegsführung ohne Pferd - sei es als Reit-, Zugpferd oder Tragtier -
54 Nach der Dienstaltersliste der Veterinäroffiziere wurde Jöchle am 8. März im Reservelazarett
Heidelberg eingeliefert (TiHoA o. Sign., Dienstaltersliste der Veterinäroffiziere nach
dem Stand vom 1. Januar 1945, 27).

96
undenkbar ist. Mit der Länge des Krieges, der Abnutzung der
Motorisierung, dem Versagen des Nachschubs infolge Ausfall der
Industrie durch feindlichen Lufterror, trat der Pferdezug immer mehr
in den Vordergrund. Kamerad Pferd eroberte dort seinen Platz
weitgehend wieder [...] Fast überall mußten auch Panzerverbände
für Artillerie und Wirtschaftsfahrzeuge zum Pferdezug greifen, da
selbst Panzer und Zugmaschinen [...] versagten“ (Zieger 1973, 413-
414).
Die Deutschen setzten im Zweiten Weltkrieg etwa 2,75 Millionen Zug-
und Reitpferde sowie Tragtiere ein. Die Verwendung des Pferdes beim
Kampfeinsatz sank drastisch, als Transportmittel war es aber immer noch
von großer Bedeutung. Durch Krankheiten, Seuchen und Kriegseinwirkung
entstanden enorme Pferdeverluste, aber auch die eisige Kälte in
Russland und der Futtermangel machten den Pferden zu schaffen. Die
größten Verluste an der Pferdepopulation ließen sich schlicht auf die
Erschöpfung der Tiere zurückführen. Viele der Feld- und Gefechtswagen
waren für die schlechten Straßenverhältnisse in Russland zu schwer und
überforderten die Pferde. Die großen Feldküchen und Pferdetransportwagen
taten ein Übriges (Brumme 1981, 101-102; Buchner 1998, 137-138,
141).
„Der Zweite Weltkrieg, den Jöchle als Stabs-, Oberstabs- und
Oberfeldveterinär mitgemacht hat, und dessen bitteres Ende haben
Jöchle hart zugesetzt“,
schrieb Franz Mehrle, als er den Nekrolog für seinen besten Freund und
Bundesbruder verfasste (Mehrle 1968, 234).

2.7 Nachkriegszeit
97
Die Wohnung in der Keuslinstraße 4 in München war am 13. Juli 1944 mit
den noch vorhandenen Teilen der Einrichtung den Bomben zum Opfer
gefallen. Der im August 1943 nach Zeitz „in Sicherheit gebrachte“
Hauptteil des beweglichen Besitzes befand sich nun in der russischen
Besatzungszone und musste somit als verloren betrachtet werden 55
(BayHStA MK 43826). Der mühsam ersparte Konzertflügel für Marta
Jöchle konnte nicht mitgenommen werden. Er ging 1944 in Flammen auf
(Jöchle, M. 2005, mdl. Mitt.).
Bis zum 10. Mai 1945 hatte Hans Jöchle Wehrsold empfangen. Danach
befand er sich in der Kriegsgefangenschaft, aus der er am 3. August 1945
entlassen wurde. Um die Versorgung der Familie zu sichern und um zu
sehen, was von seiner Arbeit noch übrig war, trat er schon am 5. August
1945 seinen Dienst an der Universität (UAM E-II-1898) und der
Hufbeschlagschule wieder an 56 , um Instandsetzungs-, Erhaltungs- und
Ordnungsarbeiten durchzuführen und zu koordinieren.
„Das Institut war zwar 1943 schwer beschädigt worden, hatte aber
wieder ein Dach erhalten, und obwohl Vorlesungsauditorium und
die große Sammlung total ausgebrannt waren, gab es drei
funktionsfähige Räume, das Geschäftszimmer, das Büro des Vorstandes
und einen Laborraum. Zudem war die Hufbeschlagschule
mit ihren 15 Feuern intakt geblieben. Dort fungierte Dr. Mennel, der
noch aus Professor Mosers Zeiten Assistent war. Er war gerade
soviel älter, um nicht eingezogen worden zu sein und hatte den
Schmiedebetrieb als Dienstleistungsbetrieb zusammen mit zwei
uralten Werkmeistern den ganzen Krieg hindurch aufrechterhalten.
Es hieß, er habe eine halbjüdische Frau und er habe alles unternommen,
sie zu retten bzw. sie zu schützen, was gelungen ist. Dafür
war es aber notwendig, sich in München festzuhalten“ (Jöchle, W.
2004, mdl. Mitt.).
Um in München eine Wohnung zu bekommen, musste Jöchle den Rektor
der Universität, Albert Rehm, bitten, beim Staatsministerium für Unterricht
und Kultus eine Dringlichkeitsbescheinigung anzufordern (BayHStA MK
43826). Daraufhin gelang es Jöchle, ab Anfang 1946 in der Sonder-
55
Vieles davon hat dann später doch noch den Weg zurück gefunden (Jöchle, W. 2006,
schriftl. Mitt.).
56
Die Akte BayHStA MK 43826 berichtet vom 6. August 1945.

98
meierstraße 84 in Untermiete bei einem seiner Beschlagmeister unterzukommen
(StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle; Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.). Der Rest der Familie Jöchle hatte sich nach Erkheim zurückgezogen
(BayHStA MK 43826), da in München die Wohnungsnot sehr groß und
eine Zuzugsgenehmigung nicht zu erwarten war. Sohn Manfred berichtet
über seine Kindheit in Erkheim:
„Meine Mutter, meine beiden Schwestern und ich sind nach
Erkheim gekommen. Wir haben gedacht, dass man uns freudig
aufnimmt, weil mein Vater ein Erkheimer war. Aber Erkheim war
voll mit Flüchtlingen aus dem ganzen Ostbereich. Wir haben ein
Austragsstüberl bekommen, was für den Bauer zu schlecht war, aber
wir hatten wenigstens ein Dach über dem Kopf. Dort haben wir fünf
Jahre gelebt. Mein Vater und mein Bruder kamen aus der
Kriegsgefangenschaft zurück. Mein Bruder hat dann in Memmingen
das Abitur gemacht und ist danach sofort nach München zum
Studieren“ (Jöchle, M. 2005, geb. 5.1.1941, mdl. Mitt.).
Hans Jöchle hatte sich sehr für den Wiederaufbau der Hufbeschlagschule
und des Hufkundeinstituts eingesetzt und deshalb traf ihn die Enthebung
vom Dienst als Professor durch das Bayerische Staatsministerium für
Unterricht und Kultus auf Weisung der Militärregierung am 15. November
1945 umso härter. Die Besoldungszahlstelle stellte die Bezüge ein und
Jöchle wurde jede weitere dienstliche Tätigkeit an der Universität oder
angegliederten Instituten untersagt (UAM E-II-1898). Er blieb bis Ende
März 1946 ohne Beschäftigung (PrivAWJ 1948).
Nach der Dienstenthebung suchte Hans Jöchle dringend Arbeit. Ministerialrat
Dr. Wilhelm Pschorr fragte am 2. Januar 1946 beim Landesverband
bayerischer Pferdezüchter für Jöchle an, ob der Verband einen
Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag und Klauenpflege aufstelle. Er werde
gegebenenfalls für eine geeignete Kraft (also Jöchle) sorgen. Die Militärregierung
für Oberbayern entschied sich schließlich am 14. März 1946,
„dass Dr. Jöchle vorläufig im Dienst [als Fachberater für Hufbeschlag]
bleiben darf, abhängig von der Verfügbarkeit passender Beamter oder auf
einer Weisung, ihn zu entlassen“ (BayHStA MInn 87801).
Mit der Entscheidung des Staatsministeriums des Innern vom 17. Juni
1946 wurde Jöchles nebenamtliche Weiterbeschäftigung als Fachberater
für Hufbeschlag in Oberbayern genehmigt. Er wurde damit rückwirkend
zum 1. April 1946 beim Bezirksverband Oberbayern angestellt, was ihm

99
monatlich 596,- RM plus 154,- RM Wohnungsgeldzuschuss, aber keinen
Anspruch auf Ruhegeld einbrachte (PrivAWJ 1946, 1951). Für eine
hauptamtliche Einstellung als Beamter sollte das Ergebnis des Entnazifizierungsverfahrens
abgewartet werden (BayHStA MInn 87801).
2.7.1 „Und trotzdem werden Sie nie ein Nationalsozialist werden“ -
die Entnazifizierung
Der stellvertretende Militärgouverneur der Amerikaner betrieb in Bayern
eine kompromisslose Entnazifizierungspolitik, „förderte aber auch die von
den USA ausgehenden Hilfeleistungen für die Bevölkerung“ (Röcken
2002, 79). Der alliierte Kontrollrat erstellte Direktiven „über die Befreiung
von Nationalismus und Militarismus“ und ließ alle Bürger umfassende
Fragenbogen ausfüllen. Die sollten die Grundlagen für die deutschen
Spruchkammern bilden, um die Bürger in fünf Kategorien einzuteilen:
I Hauptschuldige
II Belastete
III Minderbelastete
IV Mitläufer
V Entlastete (Stöckel 2000, 19).
Auch Jöchle wurde am 15. November 1945 durch den Bayerischen
Staatsminister für Unterricht und Kultus, auf Weisung der Militärregierung,
des Dienstes enthoben (PrivAWJ 1951).
Bei seinen nicht der NSDAP angehörenden Mitmenschen war Jöchle
„niemals als Nationalsozialist hervorgetreten, weder durch nazistische
Äusserungen, noch durch die Grussform, noch durch irgendwelche
sonstige Wandlungen. [...] Lediglich die Eintopfspenden wurden auf
Weisung des NSV-Blockwarts [...] eine Zeitlang in seiner Wohnung
abgegeben“ (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle, Elisabeth Jasinski).
Auch der Lehrlingswart der Schmiedeinnung Freising, Johann Steger, der
bei den Gesellenprüfungen oft mit Jöchle in Berührung kam, bezeugte,
dass Jöchle weder auf Versammlungen noch bei Prüfungen jemals
„nazistische Äußerungen“ oder den Hitlergruß gezeigt habe. Nach dem
Arzt aus dem Reservelazarett Krumbad war Jöchle sogar ein „absoluter
Gegner des Naziregimes“ - wenigstens im Winter 1945. Es fanden sich

100
noch viele weitere Personen, denen Jöchle seine Abneigung dem
Nationalsozialismus gegenüber mitgeteilt hatte oder die Zeugen der
Diskriminierung Jöchles im Berufsleben wurden und die dies nun zu
Protokoll gaben (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle).
Die Spruchkammer X in München reihte Hans Jöchle am 18. Dezember
1946 in die Gruppe der Mitläufer ein. Es wurde eine Geldsühne von
1.000,- RM zu einem Wiedergutmachungsfond verhängt. „Anstelle von je
40,- RM Geldsühne tritt für den Fall der Uneinbringlichkeit eine
Arbeitsleistung von 1 Tag. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens
zu tragen. Streitwert: 12.000,- RM.“ Begründet wurde diese Strafe mit der
Parteimitgliedschaft seit 1937 und weiteren Mitgliedschaften beim NS-
Dozentenbund 1940 bis 1945, der NS-Volkswohlfahrt, der NS-Kriegsopferversorgung,
dem NS-Altherrenbund, dem Reichskriegerbund 57 und
dem Reichsluftschutzbund. Die Zugehörigkeit zum Freikorps Epp wurde
ihm nicht angelastet und die Ernennung zum außerordentlichen Professor
beruhte nach der Aussage von Oberregierungsrat Wilhelm Pschorr vom
Ministerium des Innern nicht auf der Parteizugehörigkeit, sondern darauf,
dass Jöchle „in seinem Spezialfach (Hufbeschlag) als erste Autorität“ galt.
Er bekleidete kein Parteiamt und setzte sich auch sonst nicht für die Partei
ein, deshalb wurde er lediglich als nominelles Parteimitglied betrachtet.
„Gegen eine Berufung als Professor bestehen bei der Sachlage keinerlei
Bedenken“ (UAM E-II-1898).
General Joseph McNarney erließ die Weihnachtsamnestie, die ungefähr
800.000 Personen betraf. Nach der Durchführungsbestimmung fielen alle
vom Befreiungsgesetz betroffenen Personen darunter, deren Einkommen
1943 und 1945 unter 3.600 RM lag und die am 1. Januar 1945 weniger als
20.000 RM an Vermögen besaßen. Außerdem betraf sie auch alle Körperbeschädigten,
die zu 50 % und mehr versehrt waren oder in die
Versehrtenstufen II, III oder IV eingegliedert waren. Die laufenden
Verfahren wurden damit eingestellt. Hauptschuldige und Aktivisten waren
von der Amnestie ausgenommen (StAM LRA 137, 420, „Neue Zeitung“
vom 28.2.1947).
Hans Jöchle erfüllte die Voraussetzungen der Weihnachtsamnestie (StAM
SpkA K 814 Johannes Jöchle). Der Arzt im ehemaligen Reservelazarett
München I teilte ihn am 27. Februar 1946 aufgrund von Ischias- und
57 Hans Jöchle war Mitglied der „Kameradschaft ehemaliger Angehöriger der Bayerischen
Schützenbrigade 21 von 1919“ die im Oktober 1938 korporativ dem NS-Reichskriegsbund
beitrat (PrivAWJ, Fragebogen der Militärregierung, 15.1.1946).

101
Herzbeschwerden in die Versehrtenstufe III ein (PrivAWJ 1952) und
wahrscheinlich trafen auch die finanziellen Bestimmungen zu. Im Rahmen
der Weihnachtsamnestie teilte der öffentliche Kläger bei der Spruchkammer
X in München Jöchle am 26. April 1947 mit: „auf Grund der
Angaben in Ihrem Meldebogen sind Sie von dem Gesetz zur Befreiung von
Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 nicht betroffen“
(UAM E-II-1898).
Zwei Tage später (28. April 1947) ging der Antrag um Wiedereinstellung
als außerordentlicher Professor mit beigefügten Spruchkammerbescheiden
an den Dekan der Tierärztlichen Fakultät München, der die Angelegenheit
an den Rektor der Universität weiterleitete (UAM E-II-1898). Mit der
Weihnachtsamnestie hatten sich die Chancen auf die Professur wieder
deutlich erhöht.
„Die Wiedereinstellung entfernter Beamter, die als Mitläufer 58
erklärt sind, liegt ausschließlich im Ermessen der Verwaltung. Diese
hat sich, wie bei jeder Neuanstellung, von der persönlichen und
sachlichen Eignung des Beamten, vom Ausmaß ihres Personalbedarfs
und vom Vorhandensein geeigneter freier Stellen innerhalb
ihres Bereichs leiten zu lassen. Nur wenn diese Voraussetzungen
erfüllt sind, darf die Wiedereinstellung in Aussicht genommen
werden. [...] Entfernte Beamte, die als vom Gesetz nicht
betroffen 59 erklärt sind, müssen wieder in ihre bisherige Stelle oder,
falls dies nicht möglich ist (z. B. weil die Stelle besetzt, weggefallen
oder verändert ist), in eine andere Stelle mit gleichem Rang und
Gehalt berufen werden“ (StAM LRA 137, 420, 29.03.1947).
„Und trotzdem werden Sie nie ein Nationalsozialist werden“ hatte der
Kreisbauernführer 1937 zu Jöchle gesagt (StAM SpkA K 814 Johannes
Jöchle) und damit nicht die formelle NSDAP-Zugehörigkeit, sondern die
innere Einstellung Jöchles gemeint. Dies hatte auch das Entnazifizierungsverfahren
weitgehend bestätigt. Trotzdem fühlte Hans Jöchle sich
schuldig. Er bereute, nicht den Mut aufgebracht zu haben, sich öffentlich
zu seiner Einstellung gegen den Nationalsozialismus zu bekennen. Stattdessen
war er zum Mitläufer geworden. Er lastete sich an, seinen jüdischen
Freundeskreis und seinen Glauben verraten zu haben (StAM SpkA K 814
Johannes Jöchle).
58 Keine Hervorhebung im Original.
59 Keine Hervorhebung im Original.

2.7.2 Wiedereinstieg?
102
Die Fakultätssitzung der Tierärztlichen Fakultät München am 2. Mai 1947
hatte unter anderem die Wiedereinstellung Jöchles, die Zurückziehung des
Lehrauftrags von Wilhelm Pschorr und „verschiedene neue Verordnungen
über die Wiedereinstellung entlassener Personen, einzureichender Papiere
usw.“ auf dem Plan. Außerdem wurde die Bewerbung von Dr. Walter
Richter um den Lehrstuhl für Hufkunde besprochen. Anwesend waren
hierbei die wenigen, nicht dem Dienst enthobenen Professoren und
Dozenten Karl Hilz 60 , Eugen Mennel, Hans Kuppelmayr, Reinhard
Demoll, Melchior Westhues und Wilhelm Niklas (PrivAWJ 1947). Staatssekretär
Franz Fischer legte bei Staatsminister Dr. Alois Hundhammer ein
gutes Wort für Jöchle ein, ihm seine alte Position zurückzugeben. Er kenne
Jöchle seit dem Jahre 1905 und sei sicher, dass mit Jöchle der Lehrstuhl für
Hufkunde und Hufkrankheiten richtig besetzt sei. Der kommissarische
Leiter, Dr. Mennel, stehe im 68. Lebensjahr und werde über kurz oder lang
von selbst ausscheiden (BayHStA MK 43826, 4.6.1947).
Doch die Tierärztliche Fakultät hatte andere Pläne. Der Dekan teilte über
den Rektor der Universität dem Bayerischen Staatsministerium für
Unterricht und Kultus mit, dass die Professur für Hufkrankheiten, Theorie
des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre für die Fakultät bereits im
Jahre 1939 nicht zu den Lebensnotwendigkeiten gehörte, um so mehr, da
unter allen tierärztlichen Lehranstalten nur München einen derartigen
Lehrstuhl besaß. Damals wurde der Lehrstuhl trotzdem mit Jöchle besetzt,
das Fach Hufkrankheiten sollte nun aber der Chirurgie zugeteilt werden,
die ohnehin schon die Hufoperationen vornehme und dann von einem
Oberassistenten vertreten werden, der sich später auf diesem Gebiet
habilitieren sollte. Die Huf- und Beschirrungskunde werde der Vorstand
der Hufbeschlagschule im Rahmen eines Lehrauftrags oder einer Honorarprofessur
lesen. Für die Fakultät sei viel dringender, eine ordentliche
Professur für Fleischbeschau und tierärztliche Lebensmittelkunde zu
beantragen, die bei den anderen tierärztlichen Bildungsstätten bereits seit
längerer Zeit bestünden. Die freiwerdenden Mittel und Räumlichkeiten des
Hufkundeinstituts sollten zur Errichtung dieser Professur genutzt werden.
Außerdem werde sich, wie bei anderen Hochschulen schon vorhanden,
eine außerordentliche Professur für Parasitenkunde mit einem Laboratorium
nicht umgehen lassen (BayHStA MK 69637, 28.7.1947).
60 Karl Hilz war von 1946 bis 1949 Dekan der Tierärztlichen Fakultät München.

103
Mit der Entschließung Nr. V 350004 vom 26. August 1947 wandelte das
Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus „auf Antrag der
Tierärztlichen Fakultät [...] die ao. Professur für Hufkrankheiten in eine
solche für Fleischbeschau“ um. Das Institut für Hufkunde wurde der
Chirurgischen Tierklinik angegliedert. So konnte die Fakultät keine
Einsatzmöglichkeit für Professor Jöchle mehr finden (PrivAWJ 1953) und
er bemühte sich um die Leitung der Hufbeschlagschule.
Der ehemalige Chef der Heereslehrschmiede München, Generalveterinär
Dr. Walter Richter, bewarb sich ebenfalls für die Leitung der Münchner
Hufbeschlagschule, was Jöchle sehr erboste. Eine Zusammenarbeit mit
Richter an der Staatlichen Hufbeschlagschule München und Jöchle als
Fachberater für Hufbeschlag in Oberbayern wäre nicht zu umgehen
gewesen, insbesondere, da sich auch die Büroräume des Fachberaters in
der Hufbeschlagschule befanden. Dass eine solche Situation für Jöchle
untragbar schien, war wohl auf den Zwischenfall an der Heereslehrschmiede
1939 61 zurückzuführen. Da die Professur für Hufkunde nun
endgültig eingezogen war, kämpfte Professor Jöchle noch verbitterter um
die Position des Leiters der Staatlichen Hufbeschlagschule, die ihm nach
seiner langjährigen Tätigkeit dort und den Vorkriegsverträgen auch
zustand. Schon vor dem Krieg wurde ihm als Professor und Vorstand des
Instituts für Hufkunde auch die Leitung der Staatlichen Hufbeschlagschule
schriftlich zugesichert, aber wegen der Einberufung Jöchles nicht mehr
vollzogen (PrivAWJ, Jöchle, H. 1948). In einem Schreiben von 1948
begründete er darüber hinaus:
„Ich halte meine Bewerbung um die Leitung der Staatlichen
Hufbeschlagschule auch deshalb für berechtigt, weil ich den ganzen
Betrieb dort von A-Z kenne und die Instandsetzung der einschlägigen
Gebäude noch im Jahre 1945 unter persönlichen Opfern
durchgeführt habe. Ausserdem besteht mit der Leitung der
Staatlichen Hufbeschlagschule die Möglichkeit, falls die Professur
wirklich nicht mehr besetzt werden sollte, die genannten Fächer (=
Theorie des Hufbeschlages und Hufkrankheiten) wenigstens im
Lehrauftrag zu vertreten, da bei völliger Loslösung dieser
Disziplinen von der Staatlichen Hufbeschlagschule und deren
Einrichtungen die Ausbildung des tierärztlichen Nachwuchses auf
diesem Gebiete die schwerste Einbusse erleiden müsste“ (PrivAWJ,
Jöchle, H. 1948).
61 Siehe Kap. 2.6 und 4.4.

104
Am 1. April 1948 berief die Regierung von Oberbayern Jöchle, unter
Ernennung zum Landwirtschaftsrat, wieder in das Beamtenverhältnis. Im
Juni wurde er zusätzlich zu seiner Stellung als Fachberater für Hufbeschlag
stellvertretender Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule München
(PrivAWJ 1948, 1952).

105
Abb. 20: Erneute Ernennung Jöchles zum Landwirtschaftsrat am
1. April 1948 (Urkunde vom 20. April 1948).

106
2.8 Tierzuchtdirektor an der Staatlichen Hufbeschlagschule
Während des Krieges und in der Nachkriegszeit, als sich bei Hans Jöchle
das Entnazifizierungsverfahren noch hinzog, hatte Landwirtschaftsrat Dr.
Eugen Mennel die Leitung der Staatlichen Hufbeschlagschule München
und stellvertretend auch die außerordentliche Professur für Hufkrankheiten,
Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre übernommen.
Da er „jüdisch versippt“ war, war er weder NSDAP-Mitglied noch am
Kriegsgeschehen beteiligt. Er hatte vielmehr während des ganzen Krieges
versucht, seine jüdische Frau zu schützen, und die Hufbeschlagschule am
Laufen zu halten (PrivAWJ 1948). So hatte er nach dem Krieg mit seiner
Ausbildung keine Schwierigkeiten, Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule
zu werden, und behielt diese Position bis zu seinem Ruhestand Ende
Mai 1948. Er war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt und musste nach neu
erlassenen Bestimmungen relativ kurzfristig in den Ruhestand treten. Da
zu diesem Zeitpunkt wieder einer der viermonatigen Lehrkurse im letzten
Kursmonat stand und die Vorbereitung und Durchführung der Hufschmiedeprüfung
anstand, war eine sofortige Übernahme der Vorstandsgeschäfte
notwendig. Auch für den nächsten Lehrkurs, der am 1. Juli beginnen sollte,
waren schon 18 Teilnehmer angemeldet. Wer konnte sich für diesen Posten
besser eignen, als jemand, der durch langjährige Tätigkeit an dieser Anstalt
und durch spätere ständige Fühlungnahme die Verhältnisse an der
Staatlichen Hufbeschlagschule bestens kannte?
So teilte Hans Jöchle der Regierung von Oberbayern am 3. Juni 1948 mit,
dass ihn das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(zum 1. Juni 1948) stellvertretend mit der Leitung der Staatlichen Hufbeschlagschule
München betraut habe. Er werde jedoch bestrebt sein, seinen
Dienst als Fachberater für Hufbeschlag, so gut es gehe, weiterzuführen.
Oberregierungsrat Dr. Franz Gentner vom Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten setzte sich dafür ein, dass Jöchle die
Leitung der Hufbeschlagschule endgültig übernehmen sollte und die
Geschäfte als Regierungsfachberater für Hufbeschlag in Oberbayern im
Nebenamt mit der gleichen Regelung wie im Jahre 1939, als er die
Professur übernahm, weiterführen sollte. Um diese Aufgabenfülle
bewältigen zu können, wurde ihm ein Wanderlehrschmied beigegeben, der
die zeitraubende praktische Anleitung auf der Beschlagbrücke übernahm
(PrivAWJ 1948).
Der Bezirksverband Oberbayern entließ Jöchle zum 1. Februar 1949 aus
seinen Diensten und gleichzeitig ernannte ihn das Bayerische Staats-

107
ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unter Berufung in
das Beamtenverhältnis zum Landwirtschaftsrat und Vorstand der Staatlichen
Hufbeschlagschule München. Die Tätigkeit als Fachberater für
Hufbeschlag übte er wieder im Nebenamt aus (PrivAWJ 1952). Am 3. November
1949 wurde auch das Beamtenverhältnis auf Probe in ein solches
auf Lebenszeit umgewandelt (PrivAWJ 1951).
Abb. 21: Hans Jöchle unterrichtet im Hörsaal der Hufbeschlagschule, ca.
1950.
1948 hatten sich an der Berufsschule für Schmiede der Kerschensteiner
Gewerbeschule in der Liebherrstraße in München 165 Lehrlinge gemeldet.
Die Schule war bei Kriegsende völlig ausgeplündert worden und konnte
den Unterricht nur mit Hilfe zahlreicher Sachspenden von Schmiedeinnungen
und einzelner Schmiedemeister wieder aufnehmen. Seit September
1947 wurden dort in vier überfüllten Klassen junge Schmiede auf
die Gesellenprüfung vorbereitet. Zusätzlich wurden auch noch Meisterkurse
abgehalten. Neben Zeichnen, Rechnen, Deutsch, Sozialkunde,
Religion und fachtechnischem Zeichnen wurde auch praktisches Arbeiten
in den Werkstätten gelehrt. Hans Jöchle „von der Veterinärschule“ erteilte

108
dort Unterricht im Hufbeschlag. Die Fachklassen waren in Huf-, Auto- und
Formschmiede unterteilt, wobei bei den Hufschmieden besonders großer
Andrang herrschte. Die Erste Klasse legte den Schwerpunkt auf Material-,
Werkzeug- und Maschinenkunde, in der Zweiten Klasse wurden Hufbeschlag,
Autogen- und Elektroschweißen unterrichtet. Die Dritte Klasse für
Hufschmiede konzentrierte sich auf Hufbeschlag und Wagenbau. Danach
kam die Gesellenprüfung. Der Krieg hatte große Lücken in der Schulbildung
der Lehrlinge hinterlassen und aufgrund des großen Bedarfs an
Schmiedegesellen wurden nicht nur geeignete Bewerber ausgebildet
(Anonym 1948a, 10).
Hans Jöchle engagierte sich weiterhin sehr für das Hufschmiedehandwerk.
Auch zur Arbeitstagung der Vorstandschaft des Landesverbandes bayerischer
Schmiedemeister am 1. April 1950 in Regensburg wurde er wieder
eingeladen. Man bereitete den Schmiedeverbandstag am 2. und 3. Juni in
München vor, wo die „gesetzliche Ausübung des Hufbeschlages“ besprochen
werden sollte (Anonym 1950c, 15). Auf dem Verbandstag der
bayerischen Schmiedemeister und Fahrzeugbauer im Augustinerkeller in
München (2.-5. Juni 1950) hielt Hans Jöchle dann auf der öffentlichen
Haupttagung ein Referat über „die gesetzliche Gestaltung des Hufbeschlagswesens
in Bayern“ (Anonym 1950b, 14-15).
Auf dem Würzburger Schmiedetag (15.-17. Juni 1951) wurde ebenfalls
eine Arbeitstagung abgehalten:
„Als Vertreter der bayerischen Regierung nahm auch Professor Dr.
Hans J ö c h l e, Vorstand der Staatl. Hufbeschlagschule München
das Wort. Er überbrachte die Grüße und guten Wünsche des
bayerischen Landwirtschaftsministers und nahm auch zum H u f -
b e s c h l a g p r o b l e m Stellung. Er warnte davor, durch die
Mitarbeit der Schmiede an der Technisierung der Landwirtschaft
sich über die weiteren Notwendigkeiten und Verpflichtungen des
Schmiedehandwerks im Rahmen des Hufbeschlags ein falsches Bild
zu verschaffen und dadurch zu kurzsichtigen Schlußfolgerungen zu
gelangen. Durch die veränderten Verhältnisse habe der Hufbeschlag
noch an Bedeutung gewonnen, die Aufgaben der Hufbeschlagschulen
seien nun noch verantwortungsvoller geworden“ (Munck
1951, 1).
1952 führte dann der Hauptverband des Schmiedehandwerks in Darmstadt
eine Arbeitstagung über Hufbeschlagsfragen durch. Hierzu waren die

109
„Veterinärdezernenten“ der Länderregierungen, der Regierungspräsident,
die Vertreter der Lehrschmieden und einige Landesinnungsmeister
geladen. Hans Jöchle berichtete dort über die „Reformbedürftigkeit des
Hufbeschlaggesetzes“. Er kritisierte die Bestrebungen, den Klauenbeschlag
wieder aus dem Gesetz herauszunehmen (Anonym 1952, 97-98). Auch an
der zweijährigen Gesellenzeit als Zulassungsvoraussetzung zur Lehrschmiede
wollte er festhalten und die im Schmiedehandwerk diskutierte
Verkürzung der Lehrkurse an den Hufbeschlagschulen lehnte er ab. Dafür
wollte er die Schülerzahl pro Feuer von vier auf drei Schüler verringern
und maximal zwölf Schüler pro Lehrmeister zulassen. Während des
Lehrgangs sollte in Zukunft auch die Vorbereitung für die Meisterkurse
möglich sein. Die Prüfungsausschüsse sollten durch einen Pferdezüchter
als Beisitzer ergänzt werden und die Zahl der bei den Prüfungen
anzufertigenden Hufeisen wollte Jöchle reduzieren. Er plädierte dafür, dass
ausschließlich der Staat die Trägerschaft der Lehrschmieden übernehmen
sollte 62 .
Jöchles Anregungen wurden mit großem Beifall aufgenommen und heiß
diskutiert. Nur hinsichtlich der Gesellenzeit zur Zulassung zu den
Hufbeschlagslehrgängen wurde man sich nicht ganz einig. Die Versammlung
beschloss, eine Kommission einzusetzen, der neben dem
Landesinnungsmeister und den Hufbeschlagslehrmeistern unter anderen
Hans Jöchle angehören sollte. „Diese Kommission soll die Vorschläge für
die Abänderung des Hufbeschlaggesetzes weiter ausarbeiten.“ Danach
wurden die noch immer nicht einheitlichen Hufbeschlagstheorien
besprochen und beschlossen einen Ausschuss einzusetzen, der „eine
einheitliche Theorie für alle Lehrschmieden in Vorschlag bringen“ sollte.
Diese Aufgabe übernahmen Jöchle und die Leiter der anderen
Hufbeschlagschulen (Anonym 1952, 98).
Auf der Tagung des Landesverbandes des bayerischen Schmiedemeister-
und Fahrzeugbauerhandwerks in Dinkelsbühl 1954 wurde wieder
beantragt, die Ausbildungszeit an den Lehrschmieden zu verkürzen,
worauf Prof. Jöchle erneut seine Argumente vorbrachte, die bisherige
Lehrzeit unbedingt beizubehalten. Außerdem verlangte er, aufgrund des
Tierschutzgesetzes eine Regelung zur rechtzeitigen Beschlagserneuerung
zu treffen (Anonym 1954, 188-189).
62 1952 gab es im Bundesgebiet 23 Lehrschmieden (Anonym 1952, 97).

110
Professor Jöchle bewältigte nun alleine, unter sehr schwierigen Bedingungen,
ein Aufgabengebiet, das sich vor 1937 auf den nebenamtlichen
Vorstand der Hufbeschlagschule, den etatmäßigen Landwirtschaftsrat
(Assistent an der Hufbeschlagschule) und auch auf den Assistenten am
Institut für Hufkunde verteilte. Das Bayerische Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zog Jöchle zur Bearbeitung aller
den Hufbeschlag, die Hufbeschlagschulen und die Hufschmiedprüfungen
betreffenden Fragen hinzu 63 . Die Unterabteilung Tierzucht betraute ihn mit
der Oberaufsicht über die bayerischen Hufbeschlagschulen, die er mit
Regierungsdirektor Dr. Franz Gentner durchführte. Außerdem war die
Staatliche Hufbeschlagschule München mit vier Lehrkursen pro Jahr die
meist besuchte in Bayern. So mussten während vier Monaten des Jahres
Doppel-Lehrgänge durchgeführt werden (PrivAWJ, 19.4.1951). Aufgrund
der pflichtbewussten Erfüllung seiner Aufgaben wurde Jöchle am 30. Januar
1952 rückwirkend zum 1. Januar zum Tierzuchtdirektor ernannt
(PrivAWJ 1952).
Die Familie Jöchle kam erst 1951 wieder nach München und zog in die
Borstei, von Geheimrat Borst gebaute, sehr fortschrittliche bessere
Wohnungen mit Zentralheizung und parkartigen Innenhöfen in der
Dachauerstraße. Die großen gelben Gebäude hatten im Krieg nur geringe
Schäden davongetragen und wurden nun vom Staat als Wohnungen für
Staatsangestellte unterstützt (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Wolfgang
studierte inzwischen an der Tierärztlichen Fakultät in München
Tiermedizin, Dorothea war Lehrling in einer Apotheke und Maria studierte
Germanistik und Theaterwissenschaft in München. Manfred drückte noch
die Schulbank (PrivAWJ 1951). Von 1939 bis 1951 konnte Hans Jöchle
seine Familie, die in Erkheim lebte, nur an Feiertagen oder im Urlaub
besuchen (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
63 In einer Übersicht über die Spezialberater auf Regierungsebene in Bayern (1954) ist „Dr.
Jöchle, Hufbeschlagschule München“ für die Beratung in Sachen Hufbeschlag bestimmt
(StAM RA 100 661).

111
Abb. 22: Am 30. Januar 1952 wurde Hans Jöchle zum Tierzuchtdirektor
befördert.

112
1958 wurde erneut versucht, die Staatliche Hufbeschlagschule, die auf dem
Fakultätsgelände stand, zu schließen. Sie sollte abgerissen werden und das
Institutsgebäude anderen Instituten zukommen (Jöchle, W. 2005, schriftl.
Mitt.).
„In seinem Prüfungsbericht empfiehlt der Oberste Rechnungshof die
Auflösung der vier in Bayern noch bestehenden Staatlichen
Hufbeschlagschulen in München, Augsburg, Nürnberg und Deggendorf
64 . Die Schule in Würzburg ist in der Zwischenzeit bereits
aufgelöst worden. Durch den seit Jahren anhaltenden Rückgang der
Pferdehaltung habe der Besuch dieser Schulen erheblich nachgelassen
und ihr Bestand sei auf die Dauer nicht mehr gesichert“
(Anonym 1958, 140).
Das Landwirtschaftsministerium wollte zwei der vier bayerischen
Hufbeschlagschulen schließen, München und Nürnberg sollten erhalten
bleiben. Zwei Hufbeschlaglehrschmieden reichten nach Ansicht des
Ministeriums aus, um den Nachwuchs auszubilden. Trotzdem plante das
Bayerische Landwirtschaftsministerium für 1,5 Millionen Mark eine neue
große Hufbeschlagschule an der Dachauer- oder der Infanteriestraße in
München. Dort sollten die Schmiede aber auch in Maschinenkunde
ausgebildet werden. Die Trägerschaft sollte der Landesverband bayerischer
Schmiedemeister und Fahrzeugbauer übernehmen und auch für das
Inventar sorgen. „Die alten Räume der Münchner Hufbeschlagschule, die
keinen zeitgemäßen Anblick bieten, will die Veterinärmedizinische
Fakultät der Universität München für ihre Zwecke ausbauen, wodurch die
Errichtung des oben genannten Neubaues notwendig wird“ (Anonym 1958,
140).
Nachdem Hans Jöchle (1957) in den Ruhestand getreten war leitete Anton
Haug die Hufbeschlagschule, bis 1961 die Hufbeschlagschulen München
und Augsburg in Augsburg zusammengelegt wurden. Die Lehrschmiede in
München wurde abgerissen und an ihrer Stelle ein Parkplatz gebaut, es ist
aber bis heute die Plattform, auf der die Lehrschmiede stand, erkennbar.
Die Zufahrten von der Königinstraße wurden gesperrt (Jöchle, W. 2005,
schriftl. Mitt.; ASchw 1961).
64 Die Staatliche Hufbeschlagschule in Deggendorf wurde erst am 19. August 1950 eröffnet.

113
Abb. 23: Die Staatliche Hufbeschlagschule München und dahinter das Institut
für Huf- und Beschirrungskunde (ca. 1910, unverändert bis ca. 1960), in dem
nach dem Zweiten Weltkrieg das Institut für Nahrungsmittelkunde eingerichtet
wurde.
Abb. 24: Wo früher die Staatliche Hufbeschlagschule München stand, befindet
sich heute ein Parkplatz. Das Gebäude rechts im Bild wurde noch bis vor
kurzem als Institut für Hygiene und Technologie der Lebensmittel tierischen
Ursprungs genutzt. Davor ist noch der Zaun zu erkennen, der früher das Gelände
der Hufbeschlagschule begrenzte.

114
Anlässlich des 65. Geburtstags von Hans Jöchle im Jahr 1957 schreibt Dr.
Franz Gentner im Landwirtschaftlichen Wochenblatt:
„Seit dem Jahre 1920 war seine Lebensarbeit der Förderung des
Hufbeschlags und der Hufkunde in verschiedenen Stellungen
gewidmet und speziell die oberbayerischen Pferdezüchter und
Pferdehalter waren die Nutznießer seiner unermüdlichen Tätigkeit.
Hunderte von Hufbeschlagschmieden verdanken weiter dem Jubilar
ihre Ausbildung, denen er ein äußerst gewissenhafter und gründlicher
Lehrmeister war, der ihnen auch stets mit Rat und Tat
hilfreich zur Seite stand“ (Gentner 1957b, 29).

2.9 Ruhestand
115
Hans Jöchle hatte sich dem „Verband der nicht-amtierenden (amtsverdrängten)
Hochschullehrer, Hochschulgruppe München“ angeschlossen.
Er befürchtete, mit dem „Bayerischen Gesetz zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der unter § 63 des Gesetzes zu Artikel 131 des
Grundgesetzes fallenden Personen“ 65 keinen Anspruch auf ein Ruhegehalt
zu erlangen. Auf Antrag der Fakultät und des Hochschulsenats konnten
zwar die akademischen Rechte eines entpflichteten Hochschullehrers
verliehen werden, ein Ruhegehalt sollte aber nur bekommen, wer eine
Dienstzeit von mindestens acht Jahren abgeleistet hatte oder infolge
Krankheit dienstunfähig geworden war (PrivAWJ 1952). In seiner Position
als Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule München unterstand
Jöchle dem Landwirtschaftsministerium und war damit gehaltlich
schlechter gestellt als ein Professor. Eine Wiederverwendung als Professor
kam aber wegen der Umwandlung der Professur für Hufkunde und
Hufkrankheiten in eine Professur für Nahrungsmittelkunde nicht in Frage.
So bemühte er sich, nicht die Bezüge des Pensionisten, sondern die Bezüge
des entpflichteten Hochschullehrers zu bekommen (PrivAWJ, Jöchle, H.
1952). Das wurde ihm im Juli 1953 für den altersbedingten Eintritt in den
Ruhestand auch zugesichert, doch er musste hart dafür kämpfen. Das traf
ihn schwer. Die Professur hatte man ihm „weggenommen“, ohne dass er
sich wehren konnte. Durch das Entnazifizierungsverfahren, das sich bis
1947 hinzog, hatte er auch keine Möglichkeit einzugreifen. Möglicherweise
hätten die Verhandlungen sonst eine andere Wendung genommen.
Das führte zu der Äußerung Jöchles: „Ich bin weiter gar nichts als
Parteianwärter vom 1. Mai 1937 gewesen. Es ist jetzt, glaube ich, der
Diskriminierung genug“ (PrivAWJ, Jöchle, H. 1952). Nach dem Bericht
des Sohnes Wolfgang Jöchle stieß Hans Jöchle auch bei den Fakultätsmitgliedern
auf eine ablehnende Haltung:
„Die Fakultät ignorierte ihn oder kannte ihn nicht, oder kannte ihn
nicht mehr. Die Freunde starben. Dazu kamen Gesundheitsprobleme
[...], die in den letzten Lebensjahren immer wieder Krankenhausaufenthalte
notwendig machten“ (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
65 Dieses Gesetz sollte die Rechtsverhältnisse von Personen regeln, die bei Kriegsende im
öffentlichen Dienst standen und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründen aus
dem öffentlichen Dienst ausgeschieden waren und danach nicht entsprechend ihrer früheren
Stellung „Verwendung“ fanden (Schweizer 2002, 127, 322).

116
Abb. 25: Hans Jöchle im Ruhestand, um 1964.

117
Ende März 1957 sollte Hans Jöchle mit 65 Jahren in den Ruhestand treten.
Doch der Nachfolger Anton Haug übernahm die Leitung der Hufbeschlagschule
erst am 1. Juni 1957 (Anonym 1957b, 179) und das Dienstverhältnis
Jöchles als Tierzuchtdirektor musste bis Ende Mai 1957 verlängert werden
(UAM E-II-1898). Danach wurde Jöchle endgültig in den Ruhestand
versetzt und am 12. August 1957 verlieh die Universität München
Professor Jöchle „die akademischen Rechte eines entpflichteten außerordentlichen
Professors“ (PrivAWJ 1957). Auch im Ruhestand war Jöchle
noch als „Berater für Pferdezucht und Hufschmiedehandwerk tätig“
(Fritsch 1970, 19).
In den letzten Jahren seines Lebens war Jöchle sehr niedergeschlagen. Mit
dem scheinbaren Niedergang des Pferdes 66 sah er die Bedeutung seines
Lebenswerks schwinden (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Schon in den 20er
Jahren konnte man in den Fachzeitschriften häufig Artikel über das
Problem „Pferd oder Motor“ lesen. Die Zeitschrift „Der Hufschmied“ gab
1927 sogar eine Sondernummer „Pferd oder Motor“ heraus und die
Staatliche Lehrschmiede Dresden nahm das zur Anregung, den Film „Pferd
oder Motor“ herzustellen. Vor dem Krieg wurde dieser Film regelmäßig
den Lehrgangsteilnehmern gezeigt und darüber berichtet:
„Der Film selbst stellt keineswegs einen Angriff auf die Motorisierung
der verschiedenen Betriebe dar, sondern soll lediglich
beweisen, daß auch im Zeitalter der Motorisierung das Pferd
unentbehrlich ist und seine Daseinsberechtigung neben dem Auto
hat“ (Fischer 1929, 122).
Anfang der 50er Jahre konnte eine solche Behauptung nicht mehr
aufrechterhalten werden, zumindest nicht im Bezug auf das Pferd als
Verkehrsmittel.
66 Nach einer Pferdezählung gab es am 1. Dezember 1951 in Bayern 20.000 Pferde weniger
als im Jahr zuvor (fast 6 %), nämlich 315.812 Tiere. Das waren 8.843 weniger als im Jahr
1938. Besonders bemerkenswert war der Rückgang der Hengste um fast die Hälfte zwischen
1949 und 1952 (Wolf 1952, 346).

118
Abb. 26: Nach langem Kampf wurden Hans Jöchle am 12. August 1957
die akademischen Rechte eines entpflichteten außerordentlichen Professors
an der Universität München eingeräumt.

119
Auch der Schmiede seines Bruders Anton Jöchle in Erkheim, die 1948
dessen Sohn übernahm, machte die einsetzende Mechanisierung der
Landwirtschaft zu schaffen und so wurde der traditionelle Hufschmied
langsam zum Händler und Reparateur für Landmaschinen. Die nächste
Generation hatte mit der Hufschmiedekunst nichts mehr zu schaffen,
sondern war auf Landmaschinen spezialisiert (Prestel 2002, 25). Die
Maschine hatte das Pferd verdrängt. Somit war auch der Hufbeschlag
unwesentlich geworden und Hans Jöchle betrachtete sein Lebenswerk als
vergebens. Deshalb weigerte er sich, obwohl er im Ruhestand nun endlich
die Zeit dazu gefunden hätte, seine vielfältigen zuchthygienischen
Erfahrungen niederzuschreiben, trotz mehrfacher Anregung durch Angehörige
und Kollegen, darunter auch Professor Walter Koch. 67 „Jöchle nahm
Anteil an der ganz anders gearteten beruflichen Tätigkeit seines ebenfalls
Tierarzt gewordenen ältesten Sohnes Wolfgang.“ Er war müde geworden
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Den Aufschwung, den das Pferd als
Freizeitbegleiter und damit auch der Hufbeschlag erfuhren, erlebte Hans
Jöchle nicht mehr.
Er verbrachte seinen Lebensabend mit seiner Frau und Dackel Wasti in der
Borstei in München (Dycke 2005, mdl. Mitt.). „Immer aber blieb Johannes
Jöchle dem schwäbischen Boden, dem er entstammte, aufs engste
verbunden und hat dort auch seine letzte Ruhestatt gefunden“ (Fritsch
1970, 19).
Jöchle starb am 28. Februar 1968 nach langer Krankheit in der
Universitätsklinik links der Isar in München und wurde wunschgemäß in
seiner Heimat Erkheim in stiller Feier bestattet. Nach seinem Wunsch steht
auf dem Grabstein „Dr. Hans Jöchle“. Er war der Ansicht, „der Professor
sei ihm verliehen worden, den Doktor habe er sich redlich erworben“
(Mehrle 1968, 234; Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Seine Frau Marta Jöchle verließ München 1969 und zog zurück nach
Erkheim. Aus gesundheitlichen Gründen siedelte sie 1979 in ein Altersheim
in Memmingen über, in dem sie 1994 starb (Jöchle, W. 2006, schriftl.
Mitt.).
67 Siehe Kap. 4.3.

120
Abb. 27: Das Grab von Marta und Hans Jöchle in Erkheim.

2.10 Tabellarischer Lebenslauf
121
29. März 1892 in Erkheim bei Memmingen geboren
1898-1905 Volksschule in Erkheim
1905-1913 Humanistisches Gymnasium in Dillingen an der Donau
14. Juli 1913 Abitur
1913-1919 Studium an der Tierärztlichen Hochschule resp. ab 1914
an der Tierärztlichen Fakultät München
28. Okt. 1913 Eintritt in die schlagende, nicht-farbentragende, katholische
Studentenverbindung Apollo
02. Aug. 1914 Freiwilliger beim Ersten Bayerischen Schweren Reiter-
Regiment München
18. Okt. 1915 Beförderung zum Unteroffizier
22. Juli 1916 Tierärztliche Vorprüfung
23. Jan. 1917 Beförderung zum Feldhilfsveterinär (Offizier)
01. Mai 1919 -
31. Aug. 1919
Freikorps Epp
05. März 1920 Tierärztliche Approbation
21. Mai 1920 Promotion zum Dr. med. vet.
01. Juli 1920 Assistent an der Staatlichen Hufbeschlagschule München
01. Juni 1921 Assistent am Institut für Hufkunde
Herbst 1922 Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst in Bayern
17. Juli 1926 Hochzeit mit Marta Pupke aus Zeitz
16. Okt. 1927 Ernennung zum Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag in
Oberbayern

122
05. Okt. 1927 Geburt des Sohnes Wolfgang
09. April 1929 Geburt der Tochter Dorothea
25. März 1931 Geburt der Tochter Maria
01. Mai 1937 Eintritt in die NSDAP
23. Nov. 1937 Vertretung der Professur für Hufkrankheiten, Theorie
des Hufbeschlags und der Beschirrungskunde
März 1939 Pflichtübungen im Veterinärdienst an der Heereslehrschmiede
München
01. Sept. 1939 Ernennung zum außerordentlichen Professor und Vorstand
des Instituts für Huf- und Beschirrungskunde der
Universität München
01. Sept. 1939 Einberufung zum Wehrdienst
25. März 1940 Beförderung zum Oberstabsveterinär der Reserve
05. Jan. 1941 Geburt des Sohnes Manfred
Mai 1943 Beförderung zum Oberfeldveterinär
05. Aug. 1945 Rückkehr an die Universität
15. Nov. 1945 Enthebung vom Dienst als Professor auf Weisung der
Militärregierung
17. Juni 1946 nebenamtliche Weiterbeschäftigung als Fachberater für
Hufbeschlag in Oberbayern rückwirkend zum 1. April
1946
18. Dez. 1946 beim Entnazifizierungsverfahren als Mitläufer eingestuft
26. April 1947 im Rahmen der Weihnachtsamnestie als vom Gesetz zur
Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus
„nicht betroffen“ eingestuft

123
26. Aug. 1947 Umwandlung der ao. Professur für Hufkrankheiten in
eine solche für Fleischbeschau und Angliederung des
Instituts für Hufkunde an die Chirurgische Tierklinik
01. April 1948 Ernennung zum Fachberater für Hufbeschlag beim
Bezirksverband Oberbayern und Landwirtschaftsrat
unter Berufung in das Beamtenverhältnis (auf Probe)
01. Juni 1948 stellvertretender Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule
München
01. Feb. 1949 Ernennung zum Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule
München
03. Sept. 1949 nebenamtlich Fachberater für Hufbeschlag beim Bezirksverband
Oberbayern
03. Nov. 1949 Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
1951 Rückkehr der Familie Jöchle nach München
30. Jan. 1952 Ernennung zum Tierzuchtdirektor rückwirkend zum
1. Januar 1952
01. Juni 1957 Ruhestand
12. Aug. 1957 Verleihung der akademischen Rechte eines entpflichteten
außerordentlichen Professors
28. Feb. 1968 Tod von Hans Jöchle in München

3 Bibliographie
124
Die folgende Bibliographie Jöchles umfasst insgesamt 17 Zeitschriftenaufsätze,
eine Buchveröffentlichung und ein Skript für die Schüler der
Hufbeschlagschule. Das Buch „Huf- und Klauenpflege“ entstand 1937 auf
Anregung von Professor Fritz Stockklausner. Hans Jöchle schrieb das erste
Kapitel „Die Hufpflege“, während sie das zweite Kapitel „Klauenpflege
beim Rind“ gemeinsam verfassten. Hans Jöchle war ein Praktiker und am
Schreiben, auch aus Zeitgründen, wenig interessiert (Jöchle, W. 2004, mdl.
Mitt.). Dr. Wilhelm Pschorr, Oberregierungsrat im Bayerischen Staatsministerium
des Innern und langjähriger Vorgesetzter Jöchles, berichtete
(in einem Gutachten vom 26. November 1945) über Hans Jöchle und
dessen wissenschaftliche Schriften:
„Freilich ist die Zahl seiner Veröffentlichungen nicht sehr gross,
aber es muss gesagt werden, dass wissenschaftliches Denken und
Arbeiten durchaus nicht immer von zahlreichen literarischen
Erzeugnissen abhängig sind“ (PrivAWJ).
Jöchle, Hans (1920): Versuche zur Bekämpfung der Dasselplage mit
giftigen Gasen. München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche
Fakultät, Diss.
Jöchle, Hans (1926): Einiges zur Hufknorpelverknöcherung des Pferdes
und deren Behandlung durch den Beschlag. In: Tierärztliche Rundschau 32
(52), 916-919.
Jöchle, Hans (1929): Hufpflege und Hufbeschlag. In: Zucht und Sport 12
(22), 332-333.
Jöchle, Hans (1932): Pferdezucht, Hufpflege und Hufbeschlag. In: Zucht
und Sport 15 (20), 186-187; 15 (21/22), 202-203.
Jöchle, Hans (1933): Hufbeschlag und Hufpflege im Winter. In: Zucht und
Sport 16 (24), 280-281.
Jöchle, Hans (1934a): Schlechte Einnahmen beim Pferdeverkauf durch
Vernachlässigung der Hufpflege. In: Wochenblatt der Landesbauernschaft
Bayern 124 (44), 1625-1626.

125
Jöchle, Hans (1934b): Warum ist die Klauenpflege notwendig und wie soll
sie durchgeführt werden? In: Wochenblatt der Landesbauernschaft Bayern
124 (46), 1700-1701; 124 (47), 1734-1735.
Jöchle, Hans (1935): Sachgemäße Pflege der Fohlenhufe. In: Deutsches
Kaltblut 8 (18), 277-280.
Jöchle, Hans (1936): Die Hufpflege beim beschlagenen Pferde. In:
Deutsches Kaltblut 9 (11), 171-175.
Jöchle, Hans (1937a): Was kann der Pferdezüchter und Pferderhalter für
die Entwicklung leistungsfähiger Hufe und für deren Gesunderhaltung tun?
In: Zeitschrift für Gestütkunde und Pferdezucht 32, 104-109, und in:
Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht 41 (7), 99-101.
Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege.
Arbeiten des Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-
GmbH, Berlin.
Jöchle, Hans (1938a): Hufpflege und Hufbeschlag, eine Notwendigkeit zur
Werterhaltung und Leistungssteigerung. In: Deutsche landwirtschaftliche
Tierzucht 42 (8), 151-153.
Jöchle, Hans (1938b): Die Mitarbeit des Tierarztes im Huf- und
Klauenbeschlag sowie in der Huf- und Klauenpflege. Ein Beitrag zur
Verwirklichung des Tierschutzgedankens. In: Deutsches Tierärzteblatt 5
(24), 482-485.
Jöchle, Hans (1949): Gültigkeit der Hufschmiede-Kriegsprüfungszeugnisse.
In: Die Schmiede-Werkstatt 3 (6), 15-16.
Jöchle, Hans (1950): Die gegenwärtige gesetzliche Gestaltung des Hufbeschlagwesens
in Bayern. In: Die Schmiede-Werkstatt 4 (7), 8, 13.
Jöchle, Hans (ca. 1950): Hufkunde, Huf- und Klauenbeschlag. Skript für
den Unterricht an der Staatlichen Hufbeschlagsschule München.
Jöchle, Hans (1953a): Bedeutung der Hufbeschlagschulen und Lehrschmieden
für das Schmiedehandwerk. In: Die Schmiede-Werkstatt 7 (14),
301-302.

126
Jöchle, Hans (1953b): Unsere Beschlags-Haftpflichtversicherung. In: Der
Bayerische Schmied 6 (1), 6-8.
Jöchle, Hans (1953c): Die Herstellung von Hufeisen an den Hufbeschlagschulen.
In: Die Schmiede-Werkstatt 7 (16), 363.
Jöchle, Hans (1957): Hufbeschlag und Tierschutz. In: Das Recht der Tiere.
Organ des Bundes gegen den Mißbrauch der Tiere e. V. Landshut. 3 (1-2),
26-29.

127
Abb. 28: Titelbild des Buches von Hans Jöchle und Fritz Stockklausner
(1937): Huf- und Klauenpflege. Arbeiten des Reichsnährstandes. Band 28.
Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin.

128
Abb. 29: Schmutztitel des Buches von Hans Jöchle und Fritz Stockklausner
(1937): Huf- und Klauenpflege. Arbeiten des Reichsnährstandes.
Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin.

4 Im Dienste des Hufbeschlags
129
Hans Jöchle war ein praktisch orientierter Wissenschaftler. Er bemühte
sich darum, wissenschaftlich fundierte Kenntnisse an Pferdebesitzer,
Schmiede, Meisterschüler und Studenten weiterzugeben und den Hufbeschlag
in der Praxis zu verbessern (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.). Rudolf
Fritsch, damals Assistent an der Chirurgischen Tierklinik München unter
Professor Westhues, schreibt in der Jahreschronik 1967/68 der Ludwig-
Maximilians-Universität München über Professor Jöchle:
„Die zahlreichen Veröffentlichungen Professor Jöchles befaßten
sich vor allem mit Problemen des Hufbeschlags und der Verbesserung
von Huf- und Klauenpflege sowie der Weiterbildung der
Hufschmiede. Jöchle hat das Ansehen der tierärztlichen Wissenschaft
gegenüber der Landwirtschaft und dem Schmiedehandwerk
bestens gefördert, wozu auch besonders seine stets ruhige und
freundliche Wesensart mithalf. 1957 wurde Jöchle auch zum Ehrenmitglied
des Landesverbandes Bayerischer Schmiedemeister und
Fahrzeugbauer ernannt“ (Fritsch 1970, 19).
Hans Jöchle versuchte in seinen Veröffentlichungen auf die Fehler, die er
täglich an der Hufbeschlagschule sehen musste, einzugehen und Abhilfe zu
schaffen. Hierbei ist besonders auffällig, dass er nicht nur für die
Hufschmiede schrieb, sondern seine Aufsätze häufig an die Pferdehalter
und Bauern richtete (Jöchle 1936, 174). Im Herbst 1934 hatte auch der
Hauptgeschäftsführer des Reichsverbandes der Kaltblutzüchter Deutschlands,
Oberregierungsrat Mayer in Berlin, Jöchle und seine Arbeit kennen
gelernt und bat ihn daraufhin, für die Zeitschrift „Deutsches Kaltblut“
einen Artikel über die „Sachgemäße Pflege der Fohlenhufe“ zu schreiben
(BArch R 68I/99, 8.5.1935). Jöchle weist in einem Brief an ihn
ausdrücklich darauf hin, dass sein Aufsatz „Sachgemäße Pflege der
Fohlenhufe“ 68 für die Zielgruppe der Pferdezüchter verfasst sei (BArch R
68I/99, 17.5.1935). Denn der beste Hufbeschlag nütze nichts, wenn die
Pferdebesitzer die Hufpflege vernachlässigten und erst den Hufschmied
aufsuchten, wenn die Eisen schon von selbst herunterfielen und die
Hufwände dabei ausgerissen würden, so dass es kaum möglich sei, das
Pferd wieder neu zu beschlagen. Mangelnde Hufpflege und zu lange
Beschlagsintervalle wurden in Jöchles Arbeiten immer wieder als tier-
68
Jöchle, Hans (1935): Sachgemäße Pflege der Fohlenhufe. In: Deutsches Kaltblut 8 (18),
277-280.

130
schutzrelevant dargestellt. Er warnte vor zu starkem Ausschneiden aus
Sparsamkeitsgründen und dem ständigen Gebrauch von Griffen und
Stollen, um die Hufeisen - auf Kosten der Pferdebeine - zu schonen (Jöchle
1936, 174). Auch der Beschlag bei möglichst billigen Hufschmieden mit
zweifelhafter Qualifikation missfiel ihm (Jöchle 1957, 29).
Nicht nur der Hufbeschlag an sich, sondern auch der Tierschutzaspekt -
einerseits eine Errungenschaft des Nationalsozialismus 69 , andererseits aber
auch dringende Notwendigkeit - lagen Hans Jöchle sehr am Herzen. So
war er einer der wenigen großen „Hufbeschlagslehrmeister“, die sich nicht
nur mit der Erforschung neuer Hufbeschlagstheorien an der Universität
beschäftigten, sondern er bemühte sich, diese Erkenntnisse der breiten
Basis nahe zu bringen. Praktisch angewandter Tierschutz bedeutete für ihn,
den Tierbesitzern klar zu machen, dass auch eine Unterlassung, nämlich
die der Huf- und Klauenpflege, Tierquälerei bedeuten könne, „umsomehr
solche zur offenkundigen Tierquälerei führenden Unterlassungen ja außerdem
nur schnödem Geiz und gemeiner Habgier entsprungen sind, um
nämlich die Rechnung beim Schmied möglichst niedrig zu halten“ (Jöchle
1957, 29).
Deshalb veröffentlichte Hans Jöchle im „Deutschen Tierärzteblatt“ einen
Aufruf an die Tierärzte, Pferdezüchter und Schmiede zum Tierschutz
anzuhalten. Er ging in seinen Aufsätzen häufig auf den Tierschutz durch
rechtzeitige Beschlagserneuerung und Klauenpflege ein. In diesem Artikel
befasste er sich aber auch intensiv mit den Zwangsmitteln für ungehorsame
Pferde:
„Ich denke hier an die verschiedenartigen Zwangsmittel, die mitunter
beim Beschlagsgeschäft sinnlos und brutal in Anwendung
kommen und den Vorschriften des Tierschutzgesetzes von vornherein
zuwiderlaufen. So finde ich es z. B. mit den dem Reichstierschutzgesetz
zugrunde liegenden ethischen Gesichtspunkten und mit
der Einstellung des Nationalsozialismus zum Tierschutz nicht mehr
vereinbar, wenn man bei nicht schmiedefrommen Pferden heute
noch vor dem Beschlagen das Ermüden dieser Tiere durch Hunger,
Durst oder tagelanges Hochbinden des Kopfes im Stalle empfiehlt.
Als grobe Tierquälerei muß es gleichfalls bezeichnet werden, wenn
junge, an das Beschlagsgeschäft noch nicht gewöhnte Pferde
rücksichtslos mit Klöppel, Hammer oder Zange geschlagen oder mit
69 Das Tierschutzgesetz vom 24. November 1933 trat am 1. Februar 1934 in Kraft.

131
anderen gerade erreichbaren Gegenständen gezüchtigt werden, wenn
vorne aufsteigende Pferde mittels um die Ohren des Tieres gewickelten
Feuerzangen am Kopfe durch handfeste Männer niedergezogen
werden, wenn man bei unruhigen Tieren gleich zur
polnischen Bremse, zur Zungen- oder Mundschnur greift, oder wenn
die Beschlagsdurchführung durch Aufziehen des Hinterschenkels
mittels eines an der Decke oder Wand angebrachten Ringes
vorgenommen wird. - Erlaubt ist bei unruhigen und widersetzlichen
Pferden das Müdemachen durch Arbeit, das Rückwärtstretenlassen,
besonders im weichen Boden, bis zum Schweißausbruch, der
Gebrauch der Nasenstrickbremse an der Oberlippe, des Kappzaumes
und der Schnellkette, besonders bei vorne aufsteigenden Tieren, die
Spannmethode nach Kalning, das Spannseil in einfacher und
doppelter Anwendung und schließlich der Notstand, der für
bösartige und besonders auch für kranke Tiere in Gebrauch zu
nehmen ist“ (Jöchle 1938b, 483-484).
Die Pferde in der Schmiede von Hans Jöchle durften nicht übermäßig
gezüchtigt werden. Er konnte von seinem Büro direkt auf die Beschlagbrücke
schauen und wenn ein ungehorsames oder verängstigtes Pferd
beschlagen werden sollte, kam er heraus, lenkte das Pferd mit seinem
Schlüsselbund ab und es blieb stehen und ließ sich beschlagen. So wurde
auch der Beschlagstand wenig genutzt, in den anderswo schwierige Pferde
„eingesperrt“ wurden (Langwieser 2005, mdl. Mitt.).
Jöchle war ein sehr strenger Lehrer. Die Schmiede kannten ihn oft nicht
persönlich und so stellte er sich in die Schmieden und schaute unauffällig
zu. So auch beim Beschlag der Deckhengste im bayerischen Stammgestüt
Schwaiganger 70 . Da ihm der Beschlag nicht zusagte, kritisierte er den
Schmied, der ihn daraufhin kurzerhand aus der Werkstatt warf. Das kostete
diesen Schmied seine Lizenz (Langwieser 2005, mdl. Mitt.).
Für die Kurse an der Hufbeschlagschule wurden die Hufe toter Pferde vom
Schlachthof geholt. Wenn diese nicht korrekt beschlagen waren, konnte
Jöchle toben und sich sehr abfällig über die „Landschmiede“ äußern
(Langwieser 2005, mdl. Mitt.).
Auf einem Pferdemarkt bei Ingolstadt sollte Jöchle die Pferde mustern. Als
ihm ein zweijähriges unbeschlagenes Pferd vorgestellt wurde, erkundigte
70 Das spätere Bayerische Haupt- und Landgestüt Schwaiganger.

132
er sich nach dem zuständigen Schmied. Als ihm dessen Name genannt
wurde, antwortete er darauf: „Jetzt habe ich diesem Mann die Note 1
gegeben und jetzt murkst er weiter wie vorher“ (Langwieser 2005, mdl.
Mitt.). An der Staatlichen Hufbeschlagschule München wurden allerdings
hauptsächlich die Noten 1 und 2 erteilt, durchgefallen war eigentlich noch
niemand (ASchw).
Abb. 30: Beschlag- oder Notstand der Staatlichen Hufbeschlagschule in
München, um 1930.

133
4.1 Die Staatliche Hufbeschlagschule München
1901/02 wurde auf Anregung Friedrich Gutenäckers 71 das Lehrgebäude des
Instituts für Hufkunde und Hufkrankheiten und der Staatlichen Lehrschmiede
errichtet. Das Gebäude, ein nüchterner Zweckbau, lag an der
Königinstraße neben der Medizinischen Tierklinik (Boessneck 1972, 306).
Im Erdgeschoss befanden sich die Institutsräume und der Kursraum für die
Übungen am Huf. Der darüber liegende Hörsaal wurde mit der Pathologie
geteilt. Die angebaute Lehrschmiede war für Studenten und Publikum
meist nicht zugänglich (Koch 1972, 11).
Die geräumige Werkhalle der Hufbeschlagschule war von rauchgeschwärzten
Dächern überdeckt und die Hammerschläge waren weithin zu hören.
Die lange Beschlagbrücke ermöglichte es, die Pferde vor und nach dem
Beschlagen auch im Trab zu mustern. An der Außenwand konnten mehrere
Pferde gleichzeitig angebunden und beschlagen werden. Vor der Hufbeschlagschule
konnte man die unterschiedlichsten Gefährte und Leute antreffen,
die auf ihre Pferde warteten (Baier 1990, 38).
In der Königinstraße gab es sogar eine Wirtschaft zur „Lehrschmiede“, die
vor allem die Gesellen aus der Hufbeschlagschule besuchten. Von der
Königinstraße führten eigene Fahrwege hinunter zur Hufbeschlagschule, so
dass die restliche Fakultät von dem Verkehr unbehelligt blieb. Der
Schwabinger Bach führte direkt an der Schmiede vorbei (Baier 1990, 16,
39).
Die Lehrschmiede wurde mit der Angliederung der Tierärztlichen
Hochschule an die Universität München am 1. Oktober 1914 von der
Tierärztlichen Hochschule getrennt und als „Königliche Hufbeschlagschule
München“ geführt. Seitdem hatten Hufbeschlagschule und Institut für Hufkunde
getrennte Haushalte, da die Hufbeschlagschule nun der Regierung
von Oberbayern und damit dem Staatsministerium für Landwirtschaft
unterstellt war, sie teilten sich jedoch die Räumlichkeiten im Institutsgebäude.
Die Hufbeschlagschule musste als Miete jährlich einen Pauschalbetrag
von 1.400 Mark an das Universitätsinstitut abführen. 1934 wurde
dieser Betrag auf 1.000 RM gesenkt. Die Lehrschmiede hatte durch den
Beschlagsbetrieb ihre eigenen Einnahmen, die die Materialkosten voll-
71 Der Militärveterinär Friedrich Gutenäcker hatte von 1869 bis 1872 an der Zentral-
Tierarzneischule München studiert (Boessneck 1972, 305). 1882 wurde er dort zum
Hufbeschlaglehrer und Vorstand der Lehrschmiede (Moser 1926, 136) und 1898 zum
Professor ernannt. Gutenäcker starb 1906 im Alter von 53 Jahren (Boessneck 1972, 305).

134
kommen deckten. Die Leitung der beiden Anstalten oblag weiterhin in
Personalunion Prof. Erwin Moser (BayHStA MK 69684; TiHoA o. Sign.;
Moser 1926, 137-139).
Nach dem Ersten Weltkrieg waren an der Hufbeschlagschule eine
Assistentenstelle und zwei Lehrschmiedestellen vorhanden. Außerdem
wurden aus dem Haushalt der Hufbeschlagschule zwei geprüfte Hufschmiedegesellen
(Vorschmiede) beschäftigt (Moser 1926, 139). Schulgeld
für den Hufbeschlagskurs wurde nicht verlangt, aber Prüfungsgebühren.
Bedürftige Schüler bekamen Zuschüsse und Stipendien (Anonym 1930a,
1).
Zur Klientel des Instituts und der Hufbeschlagschule gehörten die
Münchner Brauereien mit ihren berühmten Hengstgespannen, die
pferdebespannte Müllabfuhr, die 1939 noch 1.100 Pferde hatte, und diverse
Privatkunden, insbesondere Rennpferdebesitzer, die ihre Traber und
Galopper brachten, wenn es darum ging, Lahmheiten aufzudecken oder
Spezialhufbeschläge zu erhalten (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.). Trotzdem
gab es Spannungen zwischen den Zivilschmieden und der Militärlehrschmiede
München. Auf der Kreistagung in Oberbayern Ende 1926
wurden die Klagen mehrerer Meister laut, dass an der Militärlehrschmiede
in München zu viele Pferde der Privatkunden beschlagen wurden. Die
anderen Meister hätten dadurch zu wenig Arbeit und ein schlechtes
Einkommen. Die Beschlagszahlen der Militärlehrschmiede waren 1920
festgelegt worden und wirkten sich erst nach dem drastischen Rückgang
des Pferdebestands so gravierend auf das Hufbeschlagsgewerbe aus (Hager
1927, 3). Anfang der 30er Jahre wurden die Hufbeschlagspreise
herabgesetzt und die Zahl der Fuhrwerke nahm aufgrund der Motorisierung
stetig ab. Daraufhin entwickelte sich ein gewisses Konkurrenzdenken
um die Kundschaft zwischen der Staatlichen Hufbeschlagschule, den
anderen Hufschmieden in München und der Militärlehrschmiede München,
die den anderen gegenüber im Vorteil war, da sich in ihrer Nähe „ein
grösserer Geschäftsbetrieb mit Pferdefuhrwerken abspielt“ (UAM VA-AII-
80,7, 19.2.1937).

135
Abb. 31: Lehrschmiedemeister beim Unterrichten in der Staatlichen Hufbeschlagschule
München, ca. 1925.

136
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden - wie überall - auch an der Staatlichen
Hufbeschlagschule die Verhältnisse schwierig und das Material
knapp.
„Katastrophal wird sich über kurz oder lang der Mangel an
Hufnägeln auswirken, da viele Schmiede bereits erklärt haben, dass
sie den Beschlag der Pferde in Kürze ganz einstellen müssen. Schon
jetzt zeigt sich teilweise eine große Verwahrlosung des Beschlags,
da die Pferde eben von den Schmieden nicht zum Beschlag aufgenommen
werden können. Sehnenleiden und Ausfall vieler Pferde
wegen Lahmheiten werden die Folge sein.
Bei der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Pferdehaltung
(Treibstoffknappheit) wären unbedingt Schritte erforderlich, endlich
durch Wiederingangsetzung von Hufnagelfabriken für eine laufende,
geregelte Belieferung von Schmieden zu sorgen. Auch der Mangel
an Hufeisen und Schraubstollen ist gross“ (BayHStA MInn 87801;
Auszug aus dem Monatsbericht des Regierungspräsidenten in
München, Februar 1946).
Am 20. Dezember 1946 genehmigte das Bayerische Staatsministerium des
Innern die Wiedereröffnung der Hufbeschlagschule München. Die Beschaffung
von Schmiedekohlen und Stabeisen bereitete aber noch erhebliche
Schwierigkeiten. Dadurch verzögerte sich der Beginn der Lehrkurse
(BayHStA MInn 87801) und die Hufbeschlagschule konnte erst am
1. November 1947 ihren Betrieb wieder aufnehmen. Die Materialbeschaffung
für den theoretischen und praktischen Unterricht bereitete aber immer
noch große Schwierigkeiten und so wurden maximal 18 Teilnehmer pro
Kurs angenommen. Teilweise überschnitten sich die Kurse und es mussten
36 Schüler angeleitet werden. Die Anmeldungen stauten sich auf, so dass
1948 insgesamt 330 Anmeldungen vorlagen und damit die Lehrgänge für
die nächsten vier bis fünf Jahre ausgebucht waren. Trotz der Zuzugssperre
für München hatten sich, wegen des guten Rufs der Hufbeschlagschule,
Schüler aus allen Teilen Bayerns angemeldet. Trotz allem wurde aber auch
nach menschlichen Gesichtspunkten entschieden und das Alter und die
familiären Verhältnisse berücksichtigt (Redaktionsmitarbeiter 1948, 10).
„Da bittet ein 40jähriger Mann, ehemaliger Kriegsgefangener, um
baldmögliche Berücksichtigung, denn er ist der einzige Sohn und
der Betrieb ruht wegen Todesfall des Vaters. Es geht um die
Existenz, der Mann wartet schon seit Monaten auf den nächsten

137
Kursbeginn. Ein anderer ist Flüchtling aus Schlesien und er hat alles
verloren, die Eltern, die väterliche Schmiede. Und wiederum ein
anderer ist der letzte von drei im Kriege gefallenen Söhnen, der das
väterliche Geschäft für den altgewordenen, arbeitsunfähigen Vater
übernehmen soll“ (Redaktionsmitarbeiter 1948, 10).
Im Oktober 1948 gefährdeten die „gering bemessenen Betriebsmittel“
erneut ernsthaft die Weiterführung der Lehrkurse (ASchw 1948).
Mitte der 50er Jahre beschlugen die Lehrkräfte und der Vorschmied an der
Hufbeschlagschule monatlich wieder etwa 140 Pferde. Als nebenamtlicher
Fachberater für Hufbeschlag verbrachte Jöchle etwa sieben Tage pro
Monat im Außendienst (ASchw 1956).
Seine Dienststelle als Fachberater für Hufbeschlag war mit den laufenden
Fachzeitschriften gut ausgestattet. Die Bibliothek enthielt die Zeitschriften
- Deutsche Schmiedezeitung
- Der Deutsche Schmiedemeister
- Deutsche Schlosser- und Schmiedezeitung
- Süddeutsche landwirtschaftliche Tierzucht
- Zucht und Sport
- Der Hufschmied
- Münchner tierärztliche Wochenschrift
und einige Fachbücher (ASchw, Fahrnis-Verzeichnis, 1959).
Hans Jöchle war auch als Gutachter für Versicherungen tätig. Bei Vernagelung
und Wundstarrkrampf zahlten die Versicherungen die ersten
beiden Schadensfälle eines Schmieds, danach nicht mehr (Langwieser
2005, mdl. Mitt.). So wurde in Zweifelsfällen oft das Gutachten Jöchles
eingeholt, wie folgende Beispiele zeigen:
Ein Pferd wurde einer Strahlkrebsoperation unterzogen und zweimal vom
Tierarzt nachbehandelt. Einen Monat später ließ der Tierbesitzer das Pferd
vom Hufschmied „nachbehandeln“ und beschlagen. Eine Woche darauf
wurde wieder der Tierarzt gerufen, weil das Pferd nicht mehr fraß. Der
klinische Untersuchungsbefund ergab Wundstarrkrampf im Endstadium,
woraufhin das Pferd geschlachtet werden musste. Der Streitpunkt war nun,
ob der Tierarzt oder der Hufschmied die Krankheit zu verantworten hätten.
Das Institut für Tierpathologie leitete den Pferdehuf an Professor Jöchle
weiter und das Tierhygienische Institut wies den Erreger Clostridium tetani
nach. Wundstarrkrampf infolge von Vernagelung, was sonst häufiger vor-

138
kam, lag in diesem Fall nicht vor. Alle Nägel saßen korrekt, aber unter dem
am Hufeisen aufgebrachten Deckel konnte sich Erde ablagern, da der
Deckel unzureichend befestigt war. Jöchle vermutete, dass die Erreger mit
der Erde eingedrungen waren. Durch die recht unterschiedlich langen
Inkubationszeiten des Erregers konnte aber letztendlich der Schuldige nicht
eindeutig bestimmt werden (ASchw 1957). Solche Schadensfälle, insbesondere
durch Vernagelung, kamen öfters vor und Jöchle erstellte die
entsprechenden Gutachten für Pferdebesitzer und Versicherungen.
Als Beiratsvorsitzender der Beschlagshaftpflichtversicherung hatte Jöchle
mit einigen Problemen zu kämpfen. Einerseits wollten viele Hufschmiede
nicht einsehen, dass es auch Grenzen der Haftpflichtversicherung gab. Sie
reichten unter anderem Arztkosten nach Unfällen auf dem Weg zur
Kundschaft ein und wollten nicht verstehen, dass die Versicherung nicht
zahlte (Jöchle 1953b, 6). In anderen Fällen waren Pferde, die nur noch für
den Abdecker taugten, plötzlich wieder unglaublich wertvoll, wenn es um
die Versicherungssumme ging (Anonym 1951b, 2). Andererseits versuchten
auch die Pferdebesitzer bei Pferden mit Starrkrampf, die Schuld auf die
Schmiede abzuwälzen, wenn es die Inkubationszeit irgendwie zuließ.
Jöchle ermahnte die Schmiede, in diesen Fällen die Hufe des Pferdes
grundsätzlich nur an die Staatliche Hufbeschlagschule München zur Untersuchung
einzuschicken. Keinesfalls sollten die Hufe „an die Landesanstalt
für Tierseuchenforschung in Schleißheim, oder an die Veterinärpolizeiliche
Anstalt in Nürnberg, oder an irgend ein Schlachthaus-Laboratorium, oder
an die Chirurgische Tierklinik der Universität München, oder überhaupt an
die Tierärztliche Hochschule in München“ geschickt werden. Wiederholt
konnte Jöchle die korrekte Arbeit der Hufschmiede nachweisen und andere
Ursachen wie Nageltritte, Gabelstiche etc. aufdecken (Jöchle 1953b, 6).
Am 20. Mai 1949 übernahm Hans Jöchle die Beratung der Gesamtvorstandschaft
des Landesverbandes bayerischer Schmiedemeister und Fahrzeugbauer
in Fragen der Hufbeschlagsversicherung und des Hufbeschlags.
Auf dem Verbandstag 1951 wurde Jöchle zum ordentlichen Mitglied der
Vorstandschaft gewählt (Anonym 1951b, 1) und nahm dann regelmäßig an
den Gesamtvorstandssitzungen teil, bis er 1957 in den Ruhestand trat
(Anonym 1953, 2).
Auf dem Verbandstag am 31. Mai 1957 am Chiemsee wurde offiziell das
Ausscheiden Hans Jöchle als beratendes Mitglied des Vorstands bekannt
gegeben und Jöchle daraufhin zum Ehrenmitglied ernannt (R. S. 1957, 7-
8).

139
„Infolge seiner großen Verdienste um die Erziehung unseres Nachwuchses
schlug deshalb der Gesamtvorstand des Landesverbandes
der Delegiertenversammlung vor, Herrn Prof. Dr. Jöchle zum Ehrenmitglied
des Landesverbandes zu ernennen. Die Delegiertenversammlung
stimmte diesem Antrag des Gesamtvorstandes einstimmig
zu“ (R. S. 1957, 7-8).
Mit der zunehmenden Motorisierung wurde die Vollbesetzung der Lehrkurse
an der Staatlichen Hufbeschlagschule München immer schwieriger,
insbesondere in den Sommermonaten, wenn es in der Landwirtschaft viel
zu tun gab. Das Interesse am Hufbeschlag ließ stetig nach und Hans Jöchle
musste (1955) feststellen:
„Heutzutage wollen alle nur noch in Winterkurse, weshalb mir die
Besetzung des kommenden Aprilkurses bereits Schwierigkeiten
macht. Von einem vollbesetzten Lehrgang hat jetzt die Mehrzahl
abgesagt und um Einreihung zum Winter gebeten“ (ASchw, Briefw.
A-Z, Jöchle, H. 1955).
1950 gab es in Bayern noch vier Lehrschmieden für Hufbeschlag:
München, Augsburg, Nürnberg und Würzburg (Anonym 1950a, 16). Erst
1949 war die Staatliche Hufbeschlagschule Würzburg unter der Leitung
von Dr. Walter Richter 72 wiedereröffnet worden. Während zwischen 1949
und 1954 noch 40 bis 45 Schmiede pro Jahr in Würzburg ausgebildet
wurden, waren es 1956 nur noch 9 Schüler. Auch Pferde für die
Ausbildung konnten kaum noch beschafft werden. So wurde diese Schule
im August 1957 wegen Schüler- und Pferdemangels wieder geschlossen
und ihr übriges Aufgabengebiet im September auf die Staatliche Hufbeschlagschule
Nürnberg übertragen (ASchw).
„Der Rückgang der Pferdehaltung und das mangelnde Interesse der
Pferdehalter an einer sachgemäßen Hufpflege zwingen viele
Schmiede, aus Gründen der Existenzsicherung, den Betrieb auf
Maschinenreparatur und Fahrzeugbau umzustellen“ (ASchw 1957).
Zum 1. Juni 1957 ging Hans Jöchle in den Ruhestand und betraute Dr.
Anton Haug mit der Leitung der Staatlichen Hufbeschlagschule München
(Anonym 1957b, 179). Anton Haug wurde am 10. Juli 1914 in Bad
Kissingen geboren. Er studierte von 1934 bis 1938 in München Tiermedi-
72 Der ehemalige Leiter der Militärlehrschmiede München.

140
zin und hatte 1939 mit der Arbeit „Der Aufbau der Achselschwanger
Warmblutzucht“ am Institut für Tierzucht der Tierärztlichen Fakultät
München bei Prof. Fritz Stockklausner promoviert. Prof. Hans Jöchle war
an dieser Arbeit als zweiter Gutachter beteiligt (Haug 1939, 1). Später
arbeitete Haug für den Rindergesundheitsdienst in Regensburg. Zum
1. September 1957 wurde Anton Haug zum Landwirtschaftsrat ernannt
(Anonym 1957a, 207).
Trotz Verkürzung der Hufbeschlagslehrgänge auf eine Dauer von zwei
Monaten ging die Zahl der Lehrgangsteilnehmer immer weiter zurück und
so wurden am 1. April 1961 die Staatliche Hufbeschlagschule Nürnberg
und am 1. Mai 1961 die Staatliche Hufbeschlagschule München geschlossen
73 . Damit war die Hufbeschlagschule Augsburg für die Hufbeschlagsausbildung
in ganz Bayern zuständig (ASchw 1961).
1966 gab es dann auch in Augsburg Lehrgänge mit nur vier und 1967 nur
noch zwei Teilnehmern, bis am 1. Oktober 1968 die Hufbeschlagschule in
Augsburg ebenfalls geschlossen (ASchw, 2.10.1968) und als letzte
Hufbeschlagschule in Bayern nach Schwaiganger verlegt wurde. Aufgrund
der geringen Nachfrage war sie als selbständige Schule nicht mehr zu
erhalten und der Gestütstierarzt Dr. Erwald Wolpert konnte sie neben
seiner tierärztlichen Tätigkeit führen, da in den ersten Jahren selten mehr
als ein bis zwei Schüler pro Kurs angemeldet waren. 1973 stieg die
Nachfrage recht unvermittelt wieder an und man führte in den 80er Jahren
wieder zwei Kurse pro Jahr ein 74 . Die Nachfrage stieg kontinuierlich
weiter, so dass 1992 mit Wartezeiten bis zu zwei Jahren zu rechnen war
(Karnbaum 1992, 14).
4.1.1 Ausbildung der Hufschmiede
Um gewisse Grundvoraussetzungen im Hufbeschlag zu gewährleisten, erließ
der Reichsminister des Innern mit Wirkung vom 1. April 1927 die
„Mindestanforderungen an die Ausbildung und Prüfung von Hufschmieden“.
75 Darin wurden erstmalig einheitlich im ganzen Reich der Lehr-
73
Baier (1990, 82) berichtet in seinen Erinnerungen, dass die Staatliche Hufbeschlagschule
München erst 1963 aufgelöst wurde.
74
Mit vier bis neun Teilnehmer pro Kurs (ASchw).
75
Bis 1940 war der Hufbeschlag auf Landesebene geregelt und es wurde nur der gewerbliche
Hufbeschlag erfasst.

141
gangszwang und eine Ausbildungszeit von vier Monaten an einer Hufbeschlagschule
bestimmt (Fischer 1941, 31).
Daraufhin hielt Hans Jöchle auf dem Oberbayerischen Kreisverbandstag
des Bundes bayerischer Schmiedeinnungen und Schmiedemeister am
6. Mai 1928 in Bad Reichenhall einen Vortrag über die „neuen Vorschriften
bei der Gesellen- und Meisterprüfung im Hufbeschlag und
Wagenbau“. 76 Das Ziel dieser Vorschriften war die „Förderung des
Hufbeschlages und Hebung des Schmiedehandwerks“ (Hagen 1928, 4).
Um die komplizierten Verhältnisse aufzuklären, erläuterte Hans Jöchle
auch in seinem Buch „Huf- und Klauenpflege“ (1937) 77 den Ausbildungsweg
zum Hufschmied:
„In der Erkenntnis der Notwendigkeit und des Nutzens eines guten
Hufbeschlages fordert der Gesetzgeber seit dem Jahre 1927 für den
gewerblichen Hufbeschlag neben dem schon seit 1884 bestehenden
Prüfungszwang im Hufbeschlag noch den Kurszwang, und zwar
einheitlich für das ganze Reich. Wer also heute beabsichtigt, die zur
Ausübung des Hufbeschlaggewerbes vorgeschriebene Prüfung im
Hufbeschlag abzulegen, muß sich zunächst einem viermonatigen
Ausbildungslehrgang an einer staatlichen Hufbeschlagschule oder
einer staatlich anerkannten Lehrschmiede unterziehen. Ebenso wie
die Ausbildung und Prüfung der Hufschmiede gesetzlich geregelt
ist, so ist auch die Zulassung zu einem Lehrkurs gesetzlich
festgelegt. Zugelassen zu einem Lehrkursus kann nur werden, wer
die ordnungsmäßige Lehrzeit im Hufbeschlag zurückgelegt, die
Gesellenprüfung bestanden und nach bestandener Gesellenprüfung
noch mindestens drei (in Bayern vier) Jahre als Geselle im
Hufbeschlag gearbeitet hat“ (Jöchle, Stockklausner 1937, 7).
Trotz der verbesserten Ausbildungsmöglichkeiten der Hufschmiede zeigte
sich bei den Pferdevormusterungen 1939, dass
„viele Pferde infolge grober Vernachlässigung des Hufbeschlags in
ihrer Verwendungsfähigkeit stark behindert waren, ja trotz sonstiger
Brauchbarkeit für die Zwecke der Wehrmacht überhaupt ausfallen
76 Auch Professor Moser hatte sich schon um eine Verbesserung der Ausbildung der
Hufschmiede bemüht und wurde zur Mitarbeit im Bayerischen Schmiedebund gebeten und
später zu dessen Ehrenmitglied ernannt (Jöchle 1937b, 166).
77 Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege. Arbeiten des
Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin.

142
mußten. Aus wehrpolitischen Gründen ist auch eine Vereinheitlichung
des Hufbeschlages 78 erstrebenswert, die bislang mangels
gesetzlicher Vorschriften nicht durchzuführen war“ (BArch R
1501/5594, Begründung zu dem Gesetz über den Hufbeschlag).
Nach diesen Erfahrungen bei der Mobilmachung 1939 forderte das Oberkommando
des Heeres eine „reichsrechtliche Regelung des Hufbeschlagswesens
als eine für die Wehrkraft des Volkes bedeutsame Maßnahme“.
Daraus entstanden das „Gesetz über den Hufbeschlag“ und die „Verordnung
über den Hufbeschlag“ (BArch R 1501/5594) und der Reichsminister
des Innern konnte dem Reichskanzler berichten:
„Das Gesetz tritt an die Stelle des geltenden Landesrechts und bringt
die im Interesse der Wehrfähigkeit des Deutschen Volkes und
wegen der Eingliederung neuer Gebiete in das Reich notwendige
reichsrechtliche Regelung des Hufbeschlagwesens.
Im Hinblick auf den Erlaß des Führers und Reichskanzlers über eine
vorübergehende Einschränkung der Rechtssetzung vom 5. Juni 1940
hat das Oberkommando der Wehrmacht das Gesetz über den Hufbeschlag
als kriegswichtig bezeichnet und um seine beschleunigte
Verabschiedung gebeten“ (BArch R 55/21000, Bl. 1, 7.10.1940).
Am 1. Januar 1941 trat dann das Gesetz über den Hufbeschlag vom
20. Dezember 1940 in Kraft. Der § 1 legte fest, dass zur Ausübung des
Huf- und Klauenbeschlags die Anerkennung als geprüfter Hufbeschlagschmied
notwendig war 79 , außer für Gesellen und Lehrlinge, die unter der
Aufsicht eines geprüften Schmieds arbeiteten. Auch die leitenden
Schmiede der so genannten Regiebetriebe, also Gutsschmieden oder
Brauereischmieden, mussten neuerdings eine solche „Anerkennung“ vorweisen
(Behrninger 1948, 7). Dafür waren der Nachweis der Lehrzeit und
einer mindestens zweijährigen Gesellenzeit bei einem geprüften Meister
und ein viermonatiger Lehrgang an einer staatlich anerkannten Hufbeschlagschule
oder einer Heereslehrschmiede notwendig (Berninger 1948,
8). Die Ausbildung der Hufbeschlagslehrmeister fiel in den Zuständigkeitsbereich
der Lehrschmiede der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin und
der Staatlichen Hufbeschlagschule München (BayHStA MF 68351).
78 Siehe dazu auch Kap. 4.4.
79 Vorher war nur für die gewerbliche Ausübung des Hufbeschlags die Anerkennung als
geprüfter Hufbeschlagschmied erforderlich (Fischer 1941, 31).

143
Die Prüfung der Hufschmiede nach dem viermonatigen Lehrkurs nach der
Verordnung über den Hufbeschlag vom 31.12.1940 erstreckte sich über
zwei Tage. An der Staatlichen Hufbeschlagschule München fanden freitags
von acht bis eins und von zwei bis sechs Uhr der praktische Teil und am
Samstag von acht bis ein Uhr der theoretische Teil statt. Die fünfköpfige
Prüfungskommission bestand aus einem Regierungsveterinärrat als Vorsitzendem,
einem Schmiedemeister, einem Diplomlandwirt, dem Werkmeister
der Staatlichen Hufbeschlagschule München und Hans Jöchle als
Leiter der Hufbeschlagschule (ASchw 1956). Für die Prüfungen wurden
unter anderem die beschlagsbedürftigen Pferde der berittenen Abteilung
der Münchner Polizei herangezogen (ASchw 1949).
Im allgemeinen Nachkriegschaos war erneut die Frage der Berechtigung
der Berufsausübung der Hufschmiede zu klären, was durch die von den
Amerikanern propagierte Gewerbefreiheit noch verkompliziert wurde.
Viele Schmiedegesellen hatten anstatt des viermonatigen Lehrkurses eine
auf acht Wochen verkürzte Lehrzeit an einer Heereslehrschmiede absolviert,
die der viermonatigen gleichgestellt war. Damit konnte man den
Beruf aber noch nicht selbständig ausüben, sondern benötigte noch das
Zeugnis der unteren Verwaltungsbehörde zur „Anerkennung als geprüfter
Hufbeschlagschmied“. Das waren meist die Oberbürgermeister der jeweiligen
Standorte der Heereslehrschmieden. Diese wiederum mussten die
Anerkennung den jeweiligen Truppenteilen zustellen, mit dem Erfolg, dass
die meisten dieser Lehrgangsteilnehmer nach dem Krieg ohne Prüfungszeugnis
und ohne Anerkennung dastanden und auch nicht wussten, wo sie
sich diese beschaffen konnten. Prof. Jöchle versuchte mit einem aufklärenden
Artikel in der Zeitschrift „Die Schmiede-Werkstatt“ zu helfen 80
(Jöchle 1949, 15-16).
Einige Schmiede wandten sich auch persönlich an Jöchle. Oft konnte er
ihre Fragen beantworten und ihre Lehrgangsteilnahme und das Ablegen der
Hufbeschlagsprüfung bestätigen, „da von den Teilnehmern an der Heereslehrschmiede
München von 1941 bis fast Kriegende ein lückenloses
Verzeichnis vorhanden ist“ (ASchw 1957).
Auf dem Verbandstag der bayerischen Schmiedemeister und Fahrzeugbauer
81 im Augustinerkeller in München hielt Hans Jöchle am 3. Juni 1950
ein Referat über „die gesetzliche Gestaltung des Hufbeschlagswesens in
80
Jöchle, Hans (1949): Gültigkeit der Hufschmiede-Kriegsprüfungszeugnisse. In: Die
Schmiede-Werkstatt 3 (6), 15-16.
81
Vom 2. bis 5. Juni 1950.

144
Bayern“ (Anonym 1950b, 14-15). Ein Auszug dieses Referats wurde unter
dem Titel: „Die gegenwärtige gesetzliche Gestaltung des Hufbeschlagswesens
in Bayern“ in der Zeitschrift „Die Schmiede-Werkstatt“ veröffentlicht
(Jöchle 1950, 8, 13). Nach einem Rückblick über die
Schmiedeausbildung berichtete Jöchle über die aktuelle Gesetzgebung. Das
Hufbeschlaggesetz vom 20.12.1940 legte fest, dass „bereits zur Ausübung
des Hufbeschlages die Anerkennung als geprüfter Hufbeschlagschmied
erforderlich ist, d. h. also, daß alle die Personen, die Pferde für andere
beschlagen, also auch die sog. Regieschmiede, die Anerkennung als
geprüfte Hufbeschlagschmiede besitzen müssen“. Zusätzlich wurde auch
für den Klauenbeschlag die Anerkennung als geprüfter Hufschmied
notwendig, was von den Hufschmieden schon längere Zeit gefordert
wurde. Jöchle ging weiter auf verschiedene Übergangsregelungen ein und
erläuterte dann die aktuelle Situation: ein geprüfter Geselle musste
mindestens zwei Jahre bei einem als geprüften Hufschmied anerkannten
Meister tätig gewesen sein, den viermonatigen Lehrkurs an einer
Lehrschmiede absolviert und die Hufbeschlagprüfung bestanden haben
(Jöchle 1950, 8, 13).
Mit der Verringerung des Pferdebestands kam bei den Schmieden wieder
der Wunsch nach einer Verkürzung dieser Lehrkurse auf. Doch gerade
dieser Rückgang und die wenigen Gelegenheiten, Pferde zu beschlagen
und in Übung zu bleiben, machten die Lehrkurse für die Hufschmiedeausbildung
unersetzlich (Jöchle 1953a, 301). Trotzdem war für Hans
Jöchle der Lehrkurs mehr als nur eine Ausbildung im Hufbeschlag. Er
hatte sich zum Ziel gesetzt,
„die Lehrkursteilnehmer auch als Menschen zu Persönlichkeiten
auszuformen und zu erziehen. Der Lehrkursteilnehmer soll im Laufe
der Lehrkurswochen spüren, daß das wahre Berufsethos den vollen
Einsatz seiner fachlichen und auch menschlichen Fähigkeiten
fordert“ (Jöchle 1953a, 302).
Auf die Anfrage von Josef Langwieser im Jahr 1957 nach einer Stelle als
Schmiedemeister an der Hufbeschlagschule, gab Jöchle zur Antwort, bei
den staatlichen Stellen sehe es schlecht aus, da Personal abgebaut werde
und sonst alle Stellen mit jungen Schmieden besetzt seien. „Hätten Sie
keine Lust, in einen guten Schmiedebetrieb einzuheiraten? Der Betrieb
liegt in Oberbayern in schönster Gegend“ (ASchw, Briefw. A-Z). Das war
in der Nachkriegszeit keine Seltenheit. In den Schmiedezeitungen häuften
sich die Anzeigen von Schmieden, die „einheiraten“ wollten, oder Damen,

145
die diese Möglichkeit bieten konnten, nach dem Motto „ordentlich, ehrlich,
katholisch“. So erkundigte sich auch der eine oder andere Hufschmied, der
nicht mit Söhnen gesegnet war, bei Jöchle, ob er ihm nicht einen Nachfolger
vermitteln könne (Langwieser 2005, mdl. Mitt.).
Obwohl Hans Jöchle auf dem Verbandstag 1953 in Passau noch berichtet
hatte, das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
halte es für unerlässlich, an den viermonatigen Hufbeschlaglehrgängen
festzuhalten 82 , fand im Oktober 1956 an der Münchner Hufbeschlagschule
der erste Kurzlehrgang mit zehn Teilnehmern seinen Abschluss (ASchw
1956). Neben den regulären Hufbeschlagskursen gab es 1956/57 auch
Kurzlehrgänge für Kriegsteilnehmer und Spätheimkehrer. Danach sollten
die Hufbeschlagprüfungen auf Grund des Gesetzes über den Hufbeschlag
vom 20.12.1940 wieder nur noch im Anschluss an die gesetzlich
festgelegten viermonatigen Hufbeschlaglehrgänge durchgeführt werden
(ASchw, Briefw. A-Z, Haug). Doch auch das änderte sich mit sinkender
Teilnehmerzahl und Anton Haug musste im Januar 1961 bekannt geben:
„Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten hat mit Anordnung vom 20.12.60 bestimmt, dass an den
bayerischen staatlichen Hufbeschlagschulen ab 1.1.1961 bis auf
weiteres zweimonatige Hufbeschlaglehrgänge abzuhalten sind“
(ASchw, Briefw. A-Z). 83
Franz Mehrle, Bundesbruder und Freund Hans Jöchles, fasste dessen
Bemühungen um die Hufschmiede folgendermaßen zusammen:
„In zahlreichen Veröffentlichungen hat er auf die Verbesserung des
Hufbeschlags, der Huf- und Klauenpflege und der Weiterbildung der
Hufschmiede hingearbeitet“ (Mehrle 1957, 442).
4.1.2 Widakstollen
Die sog. Widakstollen, an deren Entwicklung Hans Jöchle intensiv
mitwirkte, waren eine herausragende Neuerung auf dem Gebiet des Gleit-
82
Die Hufschmiede sollten in dieser Zeit auch die Grundkenntnisse im autogenen und
elektrischen Schweißen in Halbtags- und Abendkursen erlernen (Anonym 1953, 5).
83
In Baden-Württemberg wurden immer noch viermonatige Lehrgänge abgehalten (ASchw,
Briefw. A-Z).

146
schutzes, die durch die gesamte Fachpresse ging. Viele einzelne spitze
Widiakörner 84 waren in den Stollen eingeschweißt 85 und verliehen ihm
damit eine hervorragende Haltbarkeit und Bodengriffigkeit. Später gab es
auch Widakstollen mit einem Hartmetallstift in der Mitte (Bachofer 2005,
mdl. Mitt.). Die raue Oberfläche gab selbst auf vereisten Straßen einen
guten Halt. Widakstollen kosteten doppelt so viel wie herkömmliche
Stollen, hielten aber vier bis sechs Mal so lange. Durch diese lange
Verwendbarkeit rechneten sie sich trotz des höheren Anschaffungspreises
und die Stollen hielten oft länger als die Hufeisen selbst. Die Widakstollen
wurden bis 2004 noch bei der Firma Mack & Schneider in Stuttgart
hergestellt (Schrempp 1949, 16; Bachofer 2005, mdl. Mitt.). Im Gebirge
werden sie immer noch verwendet (Neuper 2005, mdl. Mitt.).
Wolfgang Jöchle erinnert sich aus der Zeit um 1956 an Gespräche mit
seinem Vater Hans Jöchle über den Widakstollen. Von Vorteil war die
Möglichkeit, den Stollen auf dafür vorbereiteten Eisen rasch aufschrauben
zu können, ohne deswegen die Eisen abnehmen zu müssen. Insbesondere
für die Zugpferde der Münchner Brauereigespanne, aber auch für die
Polizeipferde waren die Widakstollen ein schnell einsetzbarer Gleitschutz
auf regennassen oder vereisten Straßen (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).
„Ich hatte den Eindruck, dass die Firma an Hans Jöchle herangetreten
war“, um die Vorteile des Stollens weiter auszubauen und die Nachteile zu
minimieren (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.; Jöchle, J. 2005, mdl. Mitt.).
Auch an der Staatlichen Hufbeschlagschule Augsburg wurden die Widakstollen
getestet und für gut befunden. Bisher wurden hauptsächlich Steckgriffe
und herkömmliche Stollen verwendet. Durch das ungleichmäßige
Ablaufen und der daraus folgenden unterschiedlichen Höhen dieser Stollen
wurden die Hufe und damit die Gelenke ungleichmäßig belastet. Das
führte mit der Zeit zu Huf-, Sehnen- und Gelenkerkrankungen. Diese
Probleme gab es bei den neuen harten Widakstollen nicht. Durch den
geringen Verschleiß konnten die Widakstollen vier bis sechs Mal so lange
wie herkömmliche Stollen verwendet werden und die Pferde konnten drei
bis vier Mal umbeschlagen werden, ohne die Stollen auszutauschen. Die
ursprünglichen Widak-Schraubstollen waren bald überholt, doch die
Widak-Steckstollen mit ihrer „spitzdachartigen“ Form gewährten einen
sicheren Gleitschutz. Auch die geringe Höhe der neuen Stollen kam der
84 Widia (wie Diamant) ist ein Hartmetall, das härter ist als Stahl (Schrempp 1949, 16).
85 Schmelzmasse mit Hartmetallkörnern (Bachofer 2005, mdl. Mitt.).

147
Physiologie des Hufs entgegen (Wolfer 1949, 5-7). Rudolf Wolfer, Leiter
der Staatlichen Hufbeschlagschule Augsburg, stellte fest:
„Die bisherigen Gebrauchsstollen haben nur deswegen eine so
unnatürliche Höhe erreicht, damit sie nicht so schnell bis auf das
Hufeisen abgelaufen sind und normalerweise eine Beschlagsperiode
aushalten, was aber noch lange nicht immer der Fall ist! [...] Die
Pferde kommen dadurch endlich einmal von ihren viel zu hohen
Stöckeln herunter, wodurch der Huf wieder in eine mehr natürliche
Bodennähe gebracht wird!“ (Wolfer 1949, 7).
Mit dem Gabelmeißel ließen sich die Stollen recht einfach und ohne
Abnehmen der Hufeisen wieder entfernen (Wolfer 1949, 7-8). Der
Widakstollen wurde in drei Ausführungen gefertigt: als flacher Nietstollen
und als Steckstollen in je vier Größen und als Schraubstollen mit 13 und
15 mm in drei Größen (Anonym 1951a, 16).
Abb. 32: Kombinierter Widak-Beschlag mit Widakkornstollen im Zehenteil
und Widakstiftstollen in den Schenkelenden.

148
Abb. 33: Widakkorn-Steckstollen. Abb. 34: Widakstift-Schraubstollen.

4.2 Das Institut für Hufkunde
149
Die Tierärztliche Hochschule München war 1914 zur Universitätsfakultät
erhoben worden, um die Tierärzte wissenschaftlich ausbilden zu können.
Trotzdem wurden weiterhin Schmiede an der Hufbeschlagschule ausgebildet,
aus deren Handwerk der tierärztliche Berufsstand vor nicht allzu
langer Zeit entstanden war. „Viele Tierärzte haben damals nicht verstanden,
wie abträglich die Existenz dieser Hufbeschlagschule dem Ansehen
der Fakultät im Allgemeinen und in der Universität war.“ Auch die Entstehung
der Professur für Hufkunde war unglücklich: Schon vor dem
Ersten Weltkrieg gab es an der Tierärztlichen Hochschule einen Fachlehrer
für Hufbeschlag, was schon damals nicht mehr zeitgemäß war. Von den
Tierärzten wurde nicht mehr verlangt, dass sie ein Hufeisen schmieden
konnten. Sie sollten nur die erforderlichen Operationen am Huf durchführen.
Mit dem Anschluss an die Universität wurde aus dem Lehrauftrag
eine Professur (Koch 1972, 44).
Professor Erwin Moser 86 hatte aus dem kleinen Fachgebiet das Beste
gemacht. Im ersten Stock befand sich eine sehr umfangreiche Sammlung
von Hufpräparaten und verschiedenen Beschlägen. Daneben wurde der
Beschirrungskunde Rechnung getragen. Man konnte Geschirre und Spannzeuge
für Pferd und Rind, Halfter, Gebisse und Sättel aller Variationen und
aus verschiedenen Ländern bewundern (Baier 1990, 39). Auch die Vorlesung
über Hufkrankheiten war sehr gut und umfassend. Operationen am
Huf durfte Moser aber weder durchführen noch demonstrieren. Dafür war
der Chirurg zuständig. So konnte dieses praktische Fach bis auf das
Ausschneiden vom Schlachthof stammender Hufe nur theoretisch gelehrt
werden (Koch 1972, 45).
Das Institut für Hufkunde wurde nach der Trennung von der Hufbeschlagschule
mit einem Röntgenapparat, einem Projektions- und Kinoapparat,
mikro- und makrophotographischen Apparaten und Mikroskopen
ausgestattet. Außerdem waren ein eigener Hörsaal, ein Übungsraum, ein
Mikroskopierzimmer mit Dunkelkammer, ein Betriebsbureau und ein Vorstandzimmer
im Institutsgebäude untergebracht. Dem Institut standen ein
86 Prof. Dr. phil. Erwin Moser erhielt nach seiner Assistenzzeit an der Lehrschmiede und im
Tieranatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule München 1906 einen Lehrauftrag
und wurde 1907 Vorstand der Lehrschmiede. Im darauf folgenden Jahr wurde er zum
außerordentlichen Professor für Hufkrankheiten und Theorie des Hufbeschlags ernannt.
Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod am 18. September 1937 aus (Baier 1990, 82;
Boessneck, von den Driesch 1990, 12, 320).

150
„wissenschaftlich vorgebildeter Assistent“ (von 1921 bis 1927 Hans
Jöchle) und ein Diener zur Verfügung (Moser 1926, 139-140). Walther
Baier, Anfang der 20er Jahre Student der Veterinärmedizin in München,
beschrieb die Situation am Hufkundeinstitut später wie folgt:
„Mosers Auftreten war von einem nicht allzu geringen Selbstbewußtsein
getragen, das mitunter einen gestrengen Herrn vermuten
ließ. Der äußerst menschliche Assistent Dr. Hans Jöchle, - wie schon
vom Namen her zu erkennen, - ein biederer Schwabe, wußte jedoch
einen begütigenden Ausgleich zu finden“ (Baier 1990, 39).
Abb. 35: Museum der Hufbeschlagschule bzw. des Instituts für Hufkunde
um 1905. Die Sammlung wurde im Zweiten Weltkrieg völlig vernichtet.

151
Abb. 36: Ein Teil der Sammlung des Instituts für Hufkunde, ca. 1925.
Obwohl Sammlung und Hörsaal im Institut für Hufkunde im Zweiten
Weltkrieg ausgebrannt waren, konnten das Gebäude mit seinem Hörsaal
und verschiedenen Nebenräumen und die Staatliche Hufbeschlagschule bei
der Wiedereröffnung für den Unterricht der Studierenden genutzt werden
(Boessneck, von den Driesch 1990, 19-20). „Das Aufgabengebiet des
Instituts für Hufkunde ist im Jahre 1946 der chirurgischen Klinik zugeteilt
worden“ (Mehrle 1957, 442). Melchior Westhues übernahm einen Teil der
Mitarbeiter der früheren Hufbeschlagschule, darunter drei Schmiede und
eine Assistentenstelle (Fritsch 2005, schriftl. Mitt.).
Schon in den 30er Jahren hatte Melchior Westhues intensive Forschungen
über die Podotrochlitislahmheit des Pferdes und über den Hufkrebs
betrieben (Westhues 1965, 66), die er auch veröffentlichte. 87 Die Hufkunde
der Chirurgie war nach 1945 am Oberwiesenfeld in ehemaligen Wehrmachtsräumen
untergebracht und umfasste auch eine Schmiede. Westhues
beschäftigte sich eingehend mit Lahmheiten und sie machten einen großen
87 Beispielsweise Westhues, Melchior (1937): Über das Wesen und die Behandlung des
Hufkrebses. In: Berliner tierärztliche Wochenschrift 53 (28), 436-440.

152
Teil seiner chirurgischen Eingriffe aus, insbesondere die Hufkrebsbehandlungen
(Müller 2005, mdl. Mitt.) 88 . 1950 vergab Westhues sogar
eine Dissertation über den Hufkrebs 89 . Überschneidungen mit den Interessen
des Hufkundeinstituts waren dabei kaum zu vermeiden und
verstärkten die Spannungen zwischen Hans Jöchle und Melchior Westhues
noch. So kam Westhues die Auflösung des Hufkundeinstituts sicherlich
gelegen, um endlich den Konkurrenten loszuwerden.
Der „Leitfaden der Huf- und Klauenkrankheiten“, Erstausgabe von Prof.
Moser 90 , wurde 1950 als zweite verbesserte Auflage von Moser und
Westhues herausgegeben 91 . Da Erwin Moser 1937 gestorben war, handelt
es sich eigentlich um die Überarbeitung von Mosers Buch durch Westhues.
Westhues brachte die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ein, insbesondere
auf dem Gebiet des Hufkrebses wurden einige Änderungen vorgenommen.
Eugen Mennel hatte bis einschließlich WS 1950/51 die Vorlesungen und
Übungen am Institut für Huf- und Klauenkunde gehalten, danach
übernahm sie Westhues. Seit 1952 war das Institut im Vorlesungsverzeichnis
wieder ausgewiesen und „führte noch bis 1968 92 ein Schattendasein“.
Da die Beschirrungskunde immer mehr an Bedeutung verlor,
während die Zehenerkrankungen der Klauentiere in den Vordergrund
traten, erfolgte 1951 die Umbenennung des „Instituts für Huf- und
Beschirrkunde“ in „Institut für Huf- und Klauenkunde“ (BayHStA MK
69645). Unter Prof. Horst Schebitz wurde es dann endgültig aufgelöst
(Boessneck 1972, 339).
Unter Prof. Westhues erhielt die Chirurgische Klinik eine eigene Beschlagbrücke
für dort behandelte Pferdepatienten (Dahme 2004, schriftl.
Mitt.). 1984 errichtete die Fakultät eine neue Schmiede im Innenhof des
Stammgeländes (Matis 1990, 154).
88
Kommilitone von Wolfgang Jöchle, der 1953 in München das Staatsexamen ablegte und
dann zweieinhalb Jahre am Pathologischen Institut der Fakultät arbeitete.
89
Drexl, Hans (1950): Der Einfluß der Sulfonamide auf die Heilung des Hufkrebses.
München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche Fakultät, Diss.
90
Moser, Erwin (1934): Leitfaden der Huf- und Klauenkrankheiten. Ferdinand Enke Verlag,
Stuttgart.
91
Moser, Erwin, und Melchior Westhues (1950): Leitfaden für Huf- und Klauenkrankheiten,
2. verbesserte Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart.
92
Das Todesjahr Jöchles.

4.3 Der Hengst Maximilian
153
In Bayern wurde das Süddeutsche Kaltblut 93 als bäuerliches Arbeitspferd
gezüchtet. Diese Pferde waren beweglich, anspruchslos, hart und langlebig.
Die Zucht war in den 20er Jahren recht ungeordnet und die Herkunft der
meisten Pferde nicht genau bekannt. Es gab sogar Zuchthengste mit
ungewisser Abstammung, da das Zuchtbuch noch nicht sehr lange bestand
(Koch 1973, 155, 158).
Dem Hufkrebs fielen jährlich tausende von Kaltblütern zum Opfer, was
immense volkswirtschaftliche Schäden mit sich brachte (Henkels 1935,
180). Hufkrebs an sich ist nicht vererbbar, „wohl aber naturgemäß die
Prädisposition zu Hufkrebs, in Form schlechter Hornqualität [...], wozu
unter Umständen noch schlechte Stallpflege und schlechter Beschlag
hinzukommen“ (Henkels 1935, 185). Auch Prof. Wilhelm Zorn von der
Landesanstalt für Tierzucht in Grub bei München berichtete später von der
Anfälligkeit der Kaltblutpferde gegenüber Hufkrebs und dass man „eine
gewisse Vererbbarkeit“ beobachtet habe. Man könne zwar nicht die vielen
Stuten, die an der Krankheit litten, von der Zucht ausschließen, doch ein an
Hufkrebs erkrankter Hengst dürfe keinesfalls als Vatertier verwendet
werden (Zorn 1948, 247). Wolfgang Jöchle, der Sohn Hans Jöchles,
erinnert sich an einen solchen Vorfall:
„Um 1930 erkannte Hans Jöchle, dass der Hengst Maximilian, das
Idealbild des Süddeutschen Kaltblutes, der deswegen für die damals
astronomische Summe von 17.500 Reichsmark von der bayerischen
Staatsregierung ersteigert worden war und auf dem Staatsgestüt
Achselschwang ausgelesene Stuten bediente, nicht nur vorzeitig aus
dem Deckgeschäft wegen unheilbarem Hufkrebs ausscheiden
musste, sondern die Disposition für Hufkrebs an die meisten seiner
Nachkommen vererbt hatte. Auf Jöchles Betreiben, dem sich die
Zuchtleitung lange widersetzte, musste jedoch, als der Skandal nicht
mehr zu vertuschen war, die gesamte Blutlinie Maximilian aus dem
Zuchtbetrieb verbannt werden. So berühmt war einst dieser Hengst,
dass der Präsident der Kunstakademie München, Professor Ernst
Strützel, den Auftrag akzeptierte, den Hengst Maximilian zu
portraitieren. Das Bild dieses prachtvollen Tieres, einem Fuchs mit
93 Damals war für das Süddeutsche Kaltblut die Bezeichnung „Noriker“ gebräuchlich und
innerhalb dieser Rasse wurde zwischen Pinzgauern und Oberländern differenziert. In Bayern
war hauptsächlich der Oberländer vertreten.

154
vier weißen Fesseln und weißem Hufhorn, ist heute noch in Familienbesitz“
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt).
„Hans Jöchle bekam für diese Aktion einen Verdienstorden, dessen
weiß-blaues Ordensband auf seiner Uniform-Ordensschnalle herausstach
und von Vorgesetzten regelmäßig angesprochen wurde, da sie
den meisten unbekannt war. Die gerahmte Urkunde hing in der
elterlichen Wohnung“ (Jöchle, W. 2005, schriftl. Mitt.).
Abb. 37: Der Hengst Maximilian, portraitiert von Professor Ernst Strützel
aus München, ca. 1925.
Die Urkunde muss wohl im Zweiten Weltkrieg mit der Wohnungseinrichtung
verloren gegangen sein. Auch in dem wenigen erhaltenen
Archivmaterial zur Pferdezucht fehlt von Maximilian jede Spur und in den

155
Standardwerken über die Oberländer in Bayern 94 bleibt Maximilian
unerwähnt.
Walter Koch jedenfalls, (seit 1956) Direktor des Instituts für Tierzucht und
Erbpathologie der Freien Universität Berlin, interessierte sich sehr für die
Erbpathologie des Hufkrebses im Bezug auf Maximilian 95 , doch Hans
Jöchle sah bei dem Niedergang der Pferdezucht keinen Sinn mehr, diese
Angelegenheiten schriftlich festzuhalten (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt). In
der Tierärztlichen Umschau würdigte Koch die Verdienste Jöchles um die
Tierzucht:
„Einen besonders segensreichen Einfluß auf die bayerische
Pferdezucht hat Prof. Dr. Hans Jöchle 96 genommen, der schon seit
1926 zunächst als Wanderlehrer und weiterhin als Fachberater für
Hufbeschlag und Hufpflege tätig war und ist. Er hat klar erkannt,
daß die wichtigsten Zucht- und Erbkrankheiten bei Kaltblutpferden
Fehler des Hufes sind. In unermüdlicher und zäher Arbeit hat er die
Erblichkeit verschiedener Hufleiden erforscht und konsequent
bekämpft. Diese Krankheiten, die früher, wie bei allen Kaltblütern,
auch bei den Norikern häufig waren, sind heute selten geworden“
(Koch 1959, 40).
Auch Franz Mehrle, Bundesbruder und enger Freund Hans Jöchles, geht in
dessen Nekrolog auf die Pferdezucht ein:
„Er hat als früher Zuchthygieniker auf die Erblichkeit von Hufmängeln
hingewiesen und in der bayerischen Pferdezucht die Ausmerzung
solcher Mängel mit Erfolg betrieben“ (Mehrle 1968, 234).
94 Landesverband bayerischer Pferdezüchter (Hrsg. 1940): Männliche Blutlinien des Oberländers.
Hengstbuch für den Bereich der Landesbauernschaft Bayern, Bayerische Ostmark,
Württemberg, Baden, Saarpfalz und Sudetenland. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Zweigniederlassung
Bayern, München. - Gentner, Franz (1957a): Die männlichen Blutlinien des
bayerischen Kaltblutpferdes, Herausgegeben vom Landesverband bayerischer Pferdezüchter
München. Obst- und Gartenbauverlag, München.
95 Walter Koch war Assistent und später Professor an der Tierärztlichen Fakultät in München
und wurde dort auf Hans Jöchle und seine Arbeit aufmerksam. Siehe auch Kap. 5.3.2 „Walter
Koch“.
96 Hervorhebung im Original.

4.4 Die Hufbeschlagsfrage
156
Nach der Aufforderung zu „freiwilligen“ Reserveübungen im Heeresveterinärwesen
durch die vorgesetzte Zivildienststelle, die Regierung von
Oberbayern, versuchte Hans Jöchle, die Zeit so gut wie möglich zu nutzen
und meldete sich 1939 zur Heereslehrschmiede München. Die neueren
Veröffentlichungen hatten Unterschiede zwischen dem Zivil- und Militärhufbeschlag
aufgedeckt, deshalb wollte sich Hans Jöchle den Militärhufbeschlag
genauer ansehen (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle). Sein
Sohn Wolfgang Jöchle berichtete später:
„Mit dem Wiedererstehen der Wehrmacht brach ein lange schwelender
Konflikt auf. Der Generalinspekteur des Veterinärwesens,
Schulze, führte eine verbindliche neuere Art des Hufbeschlags ein,
die er wohl selbst entwickelt hatte, bzw. an deren Entwicklung er
beteiligt war. Diese wurde an den Militärhufbeschlagschulen den
Fahnenschmieden, das heißt den Militär-Hufbeschlagmeistern gelehrt
und bei allen Einheiten praktiziert. Dieser Beschlag basierte
auf Vorstellungen über Bewegungsaktionen beim Pferd, die denen
diametral gegenüberstanden, die an den zivilen Hufbeschlagschulen
und die den Veterinärstudenten gelehrt wurden und zu einer ganz
anderen Beschlagsform geführt hatten. Junge staatlich geprüfte
Hufschmiedemeister mussten beim Militär umlernen. Jöchle war
über diese Entwicklung entsetzt, da sie seiner Auffassung nach die
Leistungsfähigkeit bespannter bzw. berittener Einheiten gefährdete“
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
In den Fachzeitschriften gab es einige Veröffentlichungen, die die unterschiedlichen
Hufbeschlagstheorien jeweils als die einzig richtige hervorhoben
und die anderen als absolut unhaltbar darstellten. Rudolf Wolfer,
Leiter der Staatlichen Hufbeschlagschule Augsburg, berichtete später in
der „Tierärztlichen Umschau“ über die Theorien der Hufzubereitung:
„Eine Reihe von Theorien, die sich vielfach widersprechen, wurden
im Laufe der Zeit aufgestellt und manchmal geradezu mit starrer
Unerbittlichkeit verfochten“ (Wolfer 1948, 272).
1936 hatte der Veterinärinspekteur an den Heereslehrschmieden Berlin I,
Hannover und München Versuche veranlasst um zu überprüfen, ob im Anhang
I zur Heeresveterinärvorschrift die „plane Fußung“ weiterhin die
Grundlage für die Hufzubereitung bilden sollte (Richter 1936, 291). Nach

157
dem Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift von 1931 sollten die Hufe
noch unter Berücksichtigung „des Verlaufes der Zehenachse und der
Fußung“ gekürzt werden. Die Hufe passten zum Fesselstand, wenn die
Zehenachse, eine durch die Mitte des Fessel-, Kron- und Hufbeins gelegte
Hilfslinie, gerade verlief und von hinten „die verlängerte Kötenzopflinie in
die Mitte der Ballengrube fällt“. Plane Fußung bedeutet in diesem Fall
gleichmäßige Fußung. Dabei sollte das Pferd beim Auftreten den Boden
mit allen Teilen des Huftragerands bzw. des Hufeisens gleichmäßig und
gleichzeitig berühren (Anhang I HVV 1931, 21-22, 27, 29-30).
Abb. 38: Die verlängerte
Kötenzopflinie fällt in die
Mitte der Ballengrube.
Aufgrund dieser Versuche wurde die Hufzubereitung nach der Fesselstandstheorie
als Richtlinie für den Heereshufbeschlag übernommen und
die Hufzubereitung nach der Fußungstheorie grundsätzlich abgelehnt
(Richter 1936, 301). Die Methoden des Militärhufbeschlags wurden im
„Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift, Grundsätze für den Hufbeschlag“
(1937) und im „Handbuch des Hufbeschlages“ von Theodor Bauer (1938)
für die Schüler der Heereslehrschmieden festgehalten 97 . Im Anhang I zur
Heeresveterinärvorschrift von 1937 wurde die Fesselstandstheorie erläutert:
97 Oberfeldveterinär Theodor Bauer war Chefveterinär der Heereslehrschmiede Berlin I und
Lehrbeauftragter an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Berlin.

158
„Die Hufe passen zum Fesselstand, wenn, von der Seite gesehen, die
verlängerte Fessellinie (eine durch die Mitte des Fessels gedachte
gerade Linie) mit der Zehenlinie des Hufes in gleicher Richtung
verläuft, wenn, von vorn gesehen, die verlängerte Halbierungslinie
des Fessels die Mitte der Hufzehe trifft und, wenn, von hinten
gesehen, die verlängerte Halbierungslinie des Mittelfußes in die
Mitte der Ballengrube fällt [siehe Abb. 39]“ (Anhang I HVV 1937,
21-22).
„Eine Berücksichtigung der Fußung kommt für den Neubeschlag
nur dann in Frage, wenn Fußung und Passen des Hufes zum
Fesselstand sich in Übereinstimmung bringen lassen“ (Anhang I
HVV 1937, 27).
a b c
Abb. 39:
a) Fessellinie und Zehenlinie verlaufen in der gleichen Richtung.
b) Die verlängerte Halbierungslinie der Fessel trifft auf die Mitte der Hufzehe.
c) Die verlängerte Halbierungslinie des Mittelfußes fällt in die Mitte der
Ballengrube.
Die zivilen Lehrschmieden in Dresden, München (also Jöchle) und Wien
bevorzugten die Zehenachsentheorie (Vollbach 1954, 27): „Die Zehenachse
(eine durch die Mitte des Fessel-, Kron- und Hufbeins gelegte

159
gedachte Linie) muß von der Seite und von vorn gesehen g e r a d e 98
(= gestreckt) verlaufen“. Die Fesselstandstheorie stimmt damit vom
Grundgedanken her mit der Zehenachsentheorie überein. 99 Beide gehen
davon aus, dass die Zehenknochen, mit Ausnahme der bärenfüßigen
Stellung, gestreckt verlaufen sollen, um eine gleichmäßige Belastung zu
gewährleisten. Der Unterschied der Theorien liegt in der Methodik. In der
Fesselstandstheorie wird jedoch der Ausdruck „Zehenachse“ 100 bewusst
vermieden (Wolfer 1948, 272-273, 277).
Die Zehenachsentheorie richtet den Huf nach der Zehenachse und je nach
Autor auch nach der Lage des Kronrands aus. Dabei wird berücksichtigt,
dass das Fesselgelenk ein Scharniergelenk ist und seitliche Abweichungen
kaum zulässt. Deshalb ist die Fesselachse die Richtschnur, nach der die
Hufachse ausgerichtet werden muss, auch wenn die Zehenachse dann bei
Fehlstellungen, von vorne gesehen schräg zum Boden verläuft. Diese
Theorie lässt sich bei etwa 75 % der Pferde anwenden, bei extremen Fehlstellungen
sind die Kriterien aber nicht zu erfüllen und die Hufzubereitung
erfolgt nach empirischen Gesichtspunkten (Wolfer 1948, 272, 275, 277).
Abb. 40: A) spitzer, B) regelmäßiger und C) stumpfer Huf mit gerader
Zehenachse. 101
98 Hervorhebung im Original.
99 Vgl. Vollbach 1954, 15.
100 Während im Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift von 1931 noch der Begriff „Zehenachse“
gebraucht wird, um die Hufzubereitung zu erläutern, wird er im Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift
von 1937 streng vermieden.
101 Abbildung aus: Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege.
Arbeiten des Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin, 49.

160
Abb. 41:
a) Huf falsch zubereitet, der Kronrand liegt nicht waagrecht und die
Zehenachse ist gebrochen.
b) Huf passend zubereitet. 102
Nach der Fesselstandstheorie gilt als einzige Richtlinie für die Hufzubereitung,
den Huf von der Seite, von vorne und von hinten zum Fesselstand
passend zu machen. Dabei wird die Halbierungslinie des Mittelfußes als
Beurteilungskriterium herangezogen, was nach Wolfer der Fehler an dieser
Theorie ist. Bei korrekt gestellten Pferden geht die Medianebene des
Mittelfußes zwar direkt in die Medianebene der Zehenknochen über, bei
der zehenengen, der zehenweiten und anderen Fehlstellungen sagt die
Mittelfußlinie jedoch nichts über das Passen des Hufes zum Fesselstand
aus. 103 Die Vertreter der Fesselstandstheorie 104 bezeichneten diese Fehlstellungen
eher als Ausnahmefälle, während die Anhänger der Zehenachsentheorie
die Ansicht vertraten, dass die meisten Fehlstellungen zu
diesen „Ausnahmen“ gehörten und unter diesen Umständen die Fessel-
102
Abbildung aus Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege.
Arbeiten des Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin, 36.
103
Vgl. Ruthe, Müller, Reinhard 1997, 53-54.
104
Wie z. B. Walter Richter.

161
standstheorie nicht haltbar sei (Wolfer 1948, 277). So geht der Anhang I
der Heeresveterinärvorschrift von 1937 auch nicht weiter auf die
Zubereitung der bodenengen und bodenweiten Hufe ein 105 (Anhang I HVV
1937, 25).
Nachdem sich im Hufbeschlag so grundlegende Dinge geändert hatten,
beauftragte der Veterinärinspekteur im Oberkommando des Heeres,
Professor Curt Schulze, den Oberstveterinär Professor Theodor Bauer,
Chefveterinär der Heereslehrschmiede Berlin I und Lehrbeauftragter an der
Universität Berlin, mit der Erstellung eines Lehrbuchs für Hufbeschlagschmiede
nach den Anforderungen des Anhangs I zur Heeresveterinärvorschrift
von 1937. Es sollte die Unterrichtsgrundlage für das Hufbeschlagpersonal
der Wehrmacht schaffen. Bauer übernahm weitgehend die
Gliederung der Veterinärvorschrift, baute den Text aus und fügte weitere
Abbildungen hinzu. Auch die Chefveterinäre der anderen Heereslehrschmieden,
Friedrich Zschocke aus Hannover, Walter Richter aus
München und Emil Meller aus Berlin (II) beteiligten sich an dem
Lehrbuch. Der Inhalt wurde vom Veterinärinspekteur überprüft und nach
dessen Ansichten ergänzt (Bauer 1944, V, Vorwort zur ersten Auflage von
1938). Der gesamte Heereshufbeschlag richtete sich nach dem Buch von
Professor Bauer. Jöchle fand es nicht gut, musste sich aber daran halten
(Langwieser 2005, mdl. Mitt.).
Der Veterinärinspekteur versuchte mit aller Kraft, die Vereinheitlichung
des Hufbeschlags und die von ihm favorisierte Theorie durchzusetzen. Im
Beiheft 1 zum Anhang I der Heeresveterinärvorschrift von 1938, die von
Schulze unterzeichnet wurde (Beiheft 1 1938, 2), ordnete er an, „der
Gebrauch anderer Ausdrücke im Unterricht, als der in diesem Beurteilungsgang
angegebenen, ist verboten“ (Beiheft 1 1938, 4).
1939 entwarf Schulze sogar eine neue Kriegsveterinärvorschrift 106 , in der
er bestimmte,
„Beschlagarten, die unerprobte Neuerungen oder willkürliche
Abänderungen der in den folgenden Nummern festgelegten Richtlinien
darstellen, sind verboten“ (Kriegsveterinärvorschrift 1939, 6).
105 Er gibt nur den wenig hilfreichen Hinweis, der bodenenge Huf „nähert sich in seiner
inneren Hälfte dem weiten, in seiner äußeren Hälfte dem engen Huf“ und umgekehrt (Anhang
I HVV 1937, 25).
106 Kriegsveterinärvorschrift (1939), Entwurf. H. Dv. 56/6, Teil 6, Grundsätze für den
Hufbeschlag. Gedruckt in der Reichsdruckerei, Berlin.

162
Die Vereinheitlichung des Hufbeschlags war ihm also äußerst wichtig, und
so kam es während der Übung an der Heereslehrschmiede München (1939)
zu folgendem Vorfall:
„Jöchle demonstrierte [dem Chefveterinär der Heereslehrschmiede
München] Walter Richter anhand von Beispielen auf der Beschlagsbühne
vor versammelter Mannschaft, warum der Beschlag à la
Schulze unakzeptabel, ja schädlich sei. Das war ein Skandal, der
sofort nach Berlin gemeldet wurde. Jöchle wurde innerhalb von 24
Stunden zum benachbarten Infanterieregiment Liszt Nr. 19 abkommandiert,
wo er den Rest seiner Dienstzeit von dreieinhalb Wochen
zumeist mit Reiten im Englischen Garten verbrachte.
Generalinspekteur Schulze hat das Jöchle nie vergessen. Als die
Fakultät bei Kriegsbeginn, ebenso wie die Fakultäten in Leipzig und
Gießen, geschlossen wurde, kamen in München Gerüchte in
Umlauf, wonach sich Schulze damit für die Berufung von Jöchle,
entgegen den von Schulze gemachten Berufungsvorschlägen, gerächt
hat“ (Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Die Archivalien des Universitätsarchivs München, des Bayerischen Hauptstaatsarchivs
und der Bundesarchive in Berlin geben keine Hinweise auf
einen solchen Zusammenhang. Die genauen Umstände werden im Kapitel
5.2.6 erörtert.
Rudolf Wolfer befasste sich nach dem Krieg wieder mit den Hufbeschlagstheorien:
„Ich habe während des Krieges die Möglichkeit gehabt, an einer
Heeres-Lehrschmiede die Anwendung der Fesselstandstheorie in
praxi zu verfolgen. Die Häufigkeit der Falschkürzungen, die sich
zwangsnotwendig aus dem Gebrauch der Mittelfußlinie ergaben, hat
mich auch empirisch von der Gefährlichkeit dieser Theorie
überzeugt [...]. B a u e r 107 selbst gab mir gegenüber 1943 zu, daß
die Mittelfußlinie wieder verschwinden muß“ (Wolfer 1948, 277).
Während des Krieges wurde diese Schwachstelle der Fesselstandstheorie
an der Heereslehrschmiede Hannover erkannt und versucht, eine neue
Theorie zu entwickeln, die Theorie vom Trachtenlängenverhältnis.
107 Hervorhebung im Original.

163
Doch auch diese Hufbeschlagstheorie war auf Dauer nicht haltbar (Wolfer
1948, 277-278).
Dr. Thomas Kratz, selbst Tierarzt und Hufschmied, hält die Angelegenheit
eher für den allgemein verbreiteten Streit um die Hufbeschlagstheorien
zwischen Nord und Süd. Dabei ging es um unterschiedliche Methoden des
Ausschneidens, die Fußungstheorie und den Fesselstand. Grundlegend
waren aber vor allem persönliche Streitigkeiten, die Unterschiede im
Hufbeschlag waren eher unbedeutend. Heute wird versucht, einen
Kompromiss zwischen beiden Theorien zu finden (Kratz 2005, mdl. Mitt.).
Letztendlich ist es keinem der Autoren gelungen, allgemein gültige Richtlinien
für die Hufzubereitung zu erstellen. Jede hat ihre Schwächen (Vollbach
1954, 27). Es gibt bis heute keine Theorie, die für alle Fälle
anwendbar ist. Stanek in Wien (2006, 1015-1016) beispielsweise legt bei
der Hufzubereitung Wert auf eine ungebrochene Zehenachse und strebt an,
„dass der Huf zum Fesselstand passt“. Generell empfiehlt er eine möglichst
„korrekte Gliedmaßen- und Zehenstellung bei planer Fußung“. Die
Trennungen der Begriffe sind in der neueren Literatur nicht mehr so streng.
„Gerade Zehenachse“ und „zum Fesselstand passend“ werden eher
synonym verwendet.
Die Auffassung Staneks stimmt mit der Jöchles, die in seinem Lehrbuch
von 1937 abgedruckt ist, weitestgehend überein 108 :
„Nach Beendigung der Hufzubereitung sollen die Hufe wieder
passend, also frei von Fehlern sein. Dies ist im allgemeinen erreicht,
wenn die Fußung jetzt eine möglichst gleichmäßige ist, die
Zehenachse von der Seite und auch von vorne gerade ist und die
Krone waagerecht liegt“ (Jöchle 1937, 36-37).
Auch nach Vollbach (1954, 24) sind die Grundzüge der Zehenachsentheorie
„heute“ (1954) noch anzuerkennen und „entsprechen im wesentlichen
der Fesselstandstheorie“.
Wilhelm Zieger 109 (1973, 271-272) stellte fest, der Heereshufbeschlag habe
sich bewährt. Es seien keine Fälle bekannt, in denen die Truppe durch
schlecht beschlagene oder lahmende Pferde marschunfähig wurde. Auch
108 Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege. Arbeiten des
Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-GmbH, Berlin.
109 Wilhelm Zieger war Stabsveterinär an der Heereslehrschmiede Berlin I.

164
seien in der „Zeitschrift für Veterinärkunde“, in der die Probleme des
Veterinärdienstes besprochen wurden, in den ganzen Kriegsjahrgängen nur
zwei Artikel über Hufbeschlag erschienen. Das zeuge von einem zufriedenstellenden
Hufbeschlag (Zieger 1973, 271-272).
Auch nach dem Krieg waren die Heereshufeisen bei den Schmieden noch
angesehen und deren „Güte und Zweckmäßigkeit“ geschätzt (Wolfer 1949,
7). Noch Ende der 50er Jahre kaufte die Staatliche Hufbeschlagschule
München unter Prof. Jöchle sowie unter Dr. Haug das Militärhufeisen 32 110
an (ASchw 1957).
Abb. 42: Heereshufeisen 32 mit vier
Schraubstollenlöchern, Bodenfläche.
Abb. 43: Heereshufeisen 32,
Tragefläche.
Trotz aller Differenzen zwischen Jöchle und Schulze wurden im Runderlass
des Reichsministers des Innern vom 4.4.1941 zum Hufbeschlagsgesetz
für die Ausbildung der Hufbeschlagslehrmeister, die für die Ausbildung
des Hufschmiedenachwuchses zuständig waren, die Lehrschmieden
der Veterinärmedizinischen Fakultät Berlin und die Staatliche Hufbeschlagschule
München bestimmt (Anonym 1941, 69).
110 Das Heereshufeisen 32 wurde am 1. Januar 1934 bei der Wehrmacht eingeführt.

165
Weder Jöchle noch Schulze haben zu diesem Vorfall an der Heereslehrschmiede
München etwas veröffentlicht. Außer den Heeresveterinärvorschriften
hat Schulze selbst fast nichts veröffentlicht 111 (Herter 1951,
385) und von Jöchle selbst gibt es keine Darstellung zu diesem Vorfall.
Welche Zeitschrift hätte es 1939 noch gewagt, einen Artikel zu veröffentlichen,
in dem der gesamte Heereshufbeschlag in Frage gestellt wurde? Es
war allseits bekannt, dass Schulze sich persönlich mit der Hufbeschlagsfrage
befasst hatte 112 .
Im November 1943 fiel das Gebäude der Veterinärinspektion in Berlin
dem Feuer zum Opfer. Dabei verbrannte fast das gesamte Aktenmaterial.
Beim Eintreffen der amerikanischen Truppen im Quartier in Bad
Reichenhall, wohin die Veterinärinspektion kurz vor Kriegsende verlegt
wurde, waren die letzten Unterlagen der Veterinärinspektion vernichtet
worden, darunter das Kriegstagebuch (Zieger 1973, 44-45). So gibt es auch
von dieser Seite keine Akten mehr über die Auseinandersetzung.
111
Er gab jedoch zahlreiche Forschungsaufträge an die Heereslehrschmieden, deren Ergebnisse
dann auch veröffentlicht wurden.
112
Siehe Kap. 4.5.

166
4.5 Veterinärinspekteur Curt Schulze
Der Veterinärinspekteur Curt Schulze übte einen weitreichenden Einfluss
auf das Leben Jöchles aus. Ob die Besetzung des Hufkundelehrstuhls mit
Jöchle wirklich entgegen den Willen des Veterinärinspekteurs durchgesetzt
wurde, ist heute im Detail nicht mehr rekonstruierbar. 113 Tatsache bleibt
jedoch, dass Jöchle aufgrund dieser Gerüchte von Seiten der anderen
Fakultätsmitglieder für die Schließung der Fakultät verantwortlich gemacht
wurde und damit ins gesellschaftliche Abseits gedrängt wurde. Auch die
Strafversetzung Jöchles aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen über
die Hufbeschlagsmethoden im März 1939 wurde durch Schulze veranlasst
und trug dazu bei, diese Gerüchte zu schüren. Die Person Curt Schulze soll
hier kurz skizziert werden, um seine Macht und Einflussmöglichkeiten und
damit auch die schwierige Situation Hans Jöchles als dessen Gegner
darzulegen.
Curt Schulze (geboren am 19. November 1881 in Wittenberg) durchlief
eine steile Militärkarriere mit zahlreichen Beförderungen. Nachdem er
(1900) seine einjährige Militärausbildung absolviert hatte, wurde Schulze
schon vor dem Studium für ein Jahr an die Heereslehrschmiede Berlin
kommandiert. Im Oktober 1901 begann er das Studium an der Militärveterinärakademie
Berlin (BArch R 4901/13276, Fi. 184; Zieger 1981,
449). Seine Dissertation beschrieb die „Untersuchungen über das Wachstum
des Hufhorns der Pferde unter Berücksichtigung des Einflusses
äußerer und innerer Reize“ 114 . Im Oktober 1910 kam er als Assistent
wieder an die Heereslehrschmiede Berlin (Herter 1939, 433), an der er bis
zum Beginn seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg blieb (BArch R
4901/13276, Fi. 184). 1919 wurde Schulze Referent der Veterinärinspektion
im Reichswehrministerium und 1927 schließlich Chef des
Stabes der Veterinärinspektion (Mießner 1939, 621). Als nach dem Ersten
Weltkrieg das Militär auf ein „100.000-Mann-Heer“ abgebaut wurde,
gelang es ihm, trotz erheblicher Widerstände, die Erhaltung des Heeresveterinäruntersuchungsamtes
in Berlin und der Heereslehrschmieden in
Berlin, Hannover und München durchzusetzen (Zieger 1981, 450).
Am 1. Juni 1934 wurde Schulze zum Veterinärinspekteur ernannt. Er war
seit diesem Jahr Vorsitzender des wissenschaftlichen Senats für das
113 Siehe auch Kap. 5.2.6.
114 Schulze, Curt (1911): Untersuchungen über das Wachstum des Hufhorns der Pferde unter
Berücksichtigung des Einflusses äußerer und innerer Reize. Berlin, Königlich-Tierärztliche
Hochschule, Diss.

167
Heeresveterinärwesen (Zieger 1981, 449-450), dem er schon seit 1928
angehörte. Die Landwirtschaftlich-Tierärztliche Fakultät der Universität
Berlin ernannte ihn am 3. Juni 1936 zum Honorarprofessor (Mießner 1939,
621). Mit der Beförderung zum Generaloberstabsveterinär 1938 erlangte er
den höchsten Dienstgrad, den jemals ein Veterinäroffizier erlangt hatte. Er
war maßgeblich am Aufbau des Veterinärdienstes der Wehrmacht beteiligt
(Zieger 1981, 449-450), indem er das Veterinärgerät weiterentwickelte und
das Pferdelazarettwesen ausbaute (Herter 1951, 384). Schon während des
Ersten Weltkriegs hatte sich Schulze mit dem Veterinärgerät befasst und
einige Neuerungen hervorgebracht, die später von der Wehrmacht übernommen
wurden, darunter ein Veterinärkoffer und -verbandsmittelkasten
und ein Veterinärarzneikasten (Zieger 1981, 450).
Abb. 44: Generaloberstabsveterinär Professor Dr. Curt Schulze, um 1939.
Trotz seiner Verwaltungstätigkeiten versuchte Schulze, immer in der
Praxis zu bleiben, insbesondere was Chirurgie und Hufbeschlag betraf. So
behandelte er vor allem auf den Rennbahnen, wo er ohnehin viel Zeit

168
verbrachte, die Pferde (Herter 1951, 383). Er befasste sich früh mit den
Problemen des Heereshufbeschlags und beteiligte sich maßgeblich an der
Entwicklung des Heereshufeisens 32 (Herter 1939, 435). Außerdem
ordnete er Forschungsaufträge an den Heereslehrschmieden an und
überarbeitete die Hufbeschlagsvorschriften für das Militär. Zweimal im
Jahr beteiligte er sich an den Prüfungen der Heereslehrschmieden
(Rathsmann 1936, 124). Das veranlasste Rudolf Herter über Schulze zu
berichten:
„Schulze 115 galt als unbestrittene Autorität auf dem Gebiete des
Hufbeschlags. Sein großes Ziel, eine Vereinheitlichung des Hufbeschlags
im ganzen Deutschland herbeizuführen und alle Hufbeschlagmittel
zu normen, hat er allerdings infolge der auseinanderstrebenden
Interessen der beteiligten Kreise nicht erreichen können“
(Herter 1951, 384).
Selbst Schüler der nach dem Ersten Weltkrieg aufgelösten Militärveterinärakademie
Berlin, setzte sich Schulze für die Errichtung einer neuen
Heeresveterinärakademie ein, die dann 1935 in Hannover eröffnet
wurde. 116 Der Offiziersnachwuchs war in einer Kaserne in der Möckernstraße
untergebracht und wurde täglich mit Bussen zum Studium an die
Tierärztliche Hochschule Hannover gefahren. In der Veterinärakademie
selbst fanden nur Sport und militärischer Unterricht statt (König 1936,
119-120). Ab 1936 wurden auch Reserveveterinäroffiziere in der sog.
Lehrgruppe II ausgebildet, während die Lehrgruppe I den aktiven Veterinäroffiziersanwärtern
vorbehalten blieb. Der Kommandeur der Heeresveterinärakademie
war ein Veterinäroffizier in Generalsstellung, der die
Akademie nach den Weisungen des Veterinärinspekteurs führte (König
1939, 622-623).
Der Veterinärinspekteur war Vorgesetzter der Veterinärtruppen des Ersatzheeres
„in disziplinarer und fachlicher Hinsicht“. Er hatte die Aufsicht über
das Heeresveterinäruntersuchungsamt, die Heereslehrschmieden, den Heereshauptveterinärpark,
die Lehr- und Versuchsveterinärkompanie und das
Lehr- und Versuchspferdelazarett. Auch die fachliche Ausbildung des
Veterinär- und Hufbeschlagpersonals sowie der Ersatz des Veterinärgeräts
115 Hervorhebung im Original.
116 Nach einer Bestimmung, die von der Reichswehr der Weimarer Republik übernommen
wurde, durften die Berufsangehörigen der Wehrmacht (Unteroffiziere, Offiziere und Beamte)
nicht der NSDAP angehören (Lessing 1998, 130). Das Militär galt als „politisch unabhängig
und sauber“ und die Offizierslaufbahn war sehr begehrt (Maier 1966, 94).

169
fielen in seinen Aufgabenbereich (Zieger 1973, 36). Zu Kriegsbeginn kam
Schulze nach dem Mobilmachungsplan zum Oberkommando der Wehrmacht
und leitete den Kriegsveterinärdienst in Feld- und Ersatzheer (Zieger
1981, 450). In seiner Hand liefen alle Fäden zusammen. Wenn es im
tierärztlichen Bereich Probleme gab, wurde Schulze um Rat gefragt und
aufgrund seiner weit reichenden Beziehungen konnte er oft mit Material
oder Arbeitskräften aushelfen (Herter 1951, 385).
Abb. 45: Die Heeresveterinärakademie in Hannover in der Möckernstraße,
um 1935.
Aus seiner „preußisch-konservativen Haltung“ heraus lehnte Schulze den
Nationalsozialismus ab, was auch bekannt war (Zieger 1981, 451). Trotzdem
blieb er bis Kriegsende in seiner Position als Veterinärinspekteur und

170
wohl einzigem Veterinäroffizier, der den Dienstgrad eines kommandierenden
Generals erreichte (Zieger 1973, 237). 117
Rudolf Lessing, ehemaliger Wehrmachtsangehöriger und Student an der
Heeresveterinärakademie berichtet:
„Beim Eintritt in die Heereslehrschmiede Anfang September 1939
ist mir ein Ereignis in besonderer Erinnerung. Der Veterinärinspekteur,
dem die angetretenen Unterveterinäre gemeldet wurden,
sagte wörtlich: ‚Der Hitler hat einen Krieg angefangen, der geht so
sicher verloren, wie das Amen in der Kirche.‘ Wir waren über diese
Äußerung erstaunt, aber auch hier fand sich keiner, der ihn
denunzierte. Nach dem 20. Juli 1944 wurde Schulze inhaftiert, dann
aber wegen erwiesener Unschuld freigesprochen“ 118 (Lessing 1998,
131).
Schulze wurde als Mitverschwörer gegen Hitler vom 20. Juli 1944 von der
Gestapo verhaftet. Die Vermutungen der SS ließen sich jedoch nicht
bestätigen und so wurde der Veterinärinspekteur nach etwa zehn Tagen
wieder aus der Haft entlassen und konnte seine Stellung behalten (Zieger
1973, 44; Zieger 1981, 451). Er gab 1946 der amerikanischen Militärregierung
gegenüber eine eidesstattliche Versicherung ab, aufgrund der
Freundschaft mit Claus Graf Schenk von Stauffenberg, dem Kopf der
Verschwörer vom 20. Juli 1944, und den Generälen Friedrich Olbricht und
Erich Hoepner verhaftet worden zu sein. Nach der Entlassung sei er
weiterhin vom Sicherheitsdienst überwacht worden. Über eine direkte
Beteilung an der Verschwörung steht in dieser Erklärung nichts (siehe
Abb. 46; Deutsche Dienststelle, Berlin).
117
Zieger (1981, 451) berichtet, Schulze habe nur Uniform getragen, wenn es unbedingt nötig
war.
118
Loibl (2005, mdl. Mitt.) dagegen berichtet, Schulze sei am Verschwörerkreis des 20. Juli
beteiligt gewesen. Er habe dort keine Position inne gehabt, sei aber Sympathisant gewesen
und wusste, was geplant war.

171
Abb. 46: Eidesstattliche Versicherung von Curt Schulze 119 vom 18. Oktober
1946.
119 Obwohl Schulze hier die Schreibweise „Kurt“ für seinen Vornamen verwendete, wurde in
sämtlichen Archivalien, Veröffentlichungen, Ehrungen und in seiner Dissertation immer die
Schreibweise „Curt“ gewählt. Möglicherweise liegt es daran, dass seine mündliche Versicherung
von der amerikanischen Militärregierung in dieser Weise schriftlich festgehalten
wurde und Schulze in der gleichen Weise unterzeichnen musste.

172
Am 30. April 1945 geriet Schulze in US-Gefangenschaft, aus der er erst
am 16. Januar 1947 wieder entlassen wurde (Deutsche Dienststelle Berlin
2005, schriftl. Mitt.). Er stand ausgebombt und ohne Arbeit auf der Straße
und ging deshalb mit 64 Jahren wieder in die Praxis (Herter 1951, 385). Er
verdiente sein Geld als Rennbahntierarzt in München-Riem 120 und Berater
der Kommission für Vollblutzucht und Rennen für Bayern. „Ob ich mich
daneben um eine Lehrtätigkeit an der Fakultät in München bemühe, weiß
ich selbst noch nicht. Angeschnitten ist die Frage“ (UA HUB Vet. med.
Fak. Nr. 549, Curt Schulze). Da Schulze 30 Jahre lang eigene Traber besaß
(Herter 1951, 383) schien er bestens dazu geeignet, den Rennstall und das
Gestüt Isarland der Stadt München zu leiten (1948-1964) (König 1961,
448; Zieger 1981, 450). Am 11. Oktober 1966 verstarb Curt Schulze in
München, wo er seit dem 24. Juli 1948 gemeldet war (Stadtarchiv München
2004, schriftl. Mitt.).
Einerseits höchster Veterinäroffizier im Oberkommando der Wehrmacht
und Leiter des Kriegsveterinärdienstes in Feld- und Ersatzheer und andererseits
bekannter Nazigegner, spiegelt Schulze die traditionell nationalkonservative
Haltung des Militärs des Kaiserreichs wider.
Die Hufbeschlagsfrage, die den Konflikt zwischen Jöchle und Schulze
schürte, ist aus heutiger Sicht von geringer fachlicher Bedeutung. Schulze
war jedoch, wie Jöchle auch, eine Autorität auf dem Gebiet des Hufbeschlags,
und beide duldeten keine Kritik an ihren Hufbeschlagsmethoden.
Die Strafversetzung muss als Machtdemonstration Schulzes angesehen
werden und Jöchle blieb keine Möglichkeit, seine Ansichten zu verteidigen.
Mit der Kriegsveterinärvorschrift von 1939 121 wurde die Schulzesche
Hufbeschlagsmethode für Jöchle verbindlich.
Nach 1945 ist keine Verbindung zwischen Schulze und Jöchle mehr
rekonstruierbar, obwohl sich beide in München aufhielten und wichtige
Persönlichkeiten in Pferdehalterkreisen darstellten. Immerhin hatte Schulze
in Erwägung gezogen, sich an der Tierärztlichen Fakultät München um
einen Lehrauftrag zu bewerben (siehe oben), wozu es aber nach der
Aktenlage doch nie gekommen ist.
120 Zur damaligen Situation auf der Rennbahn und zur Pferdebehandlung in München-Daglfing
(unmittelbar neben Riem) existieren Zeitzeugeninterviews mit den Trainern Richard
Haselbeck und Rolf Luff (TiHoA o. Sign. 2005).
121 Siehe Kap. 4.4: Kriegsveterinärvorschrift (1939), Entwurf. H. Dv. 56/6, Teil 6, Grundsätze
für den Hufbeschlag. Gedruckt in der Reichsdruckerei, Berlin, 6.

173
5 Die Tierärztliche Fakultät in München
5.1 Vorgeschichte
Die Hälfte der Studenten an der Tierärztlichen Hochschule München im
19. Jahrhundert begann dort das Studium, weil sie das Abitur, das für
andere Studiengänge als Zugangsvoraussetzung verlangt wurde, nicht
bestanden hatte. Die Folgen waren sehr lange Studienzeiten, und nur 25 %
der Studenten erlangten die Approbation als Tierarzt. Deshalb wurde ab
dem 1. April 1903 das Abitur als Zulassungsvoraussetzung zum Studium
der Tiermedizin gefordert. Bereits im Jahr 1892 waren die Professoren der
Königlich-Tierärztlichen Hochschule den Universitätsprofessoren in Rang
und Uniform gleichgestellt worden, und 1910 wurde neben dem Promotionsrecht
auch eine Habilitationsordnung für die Tierärztliche Hochschule
in München erlassen. Die erste Habilitation erfolgte am 5. April 1912.
Habilitand war der Leiter des Schlachthoflaboratoriums München, Dr. Max
Müller (Eichhorn 1951, 2-7, 15, 20, 31, 39).
Die Überfüllung der Hochschulen in den 20er Jahren verschlechterte die
Studienbedingungen. Auch die ohnehin schlechten Berufsaussichten für
Akademiker wurden nach dem Ersten Weltkrieg durch die miserable
Wirtschaftslage noch ungünstiger (Böhm 1995, 29) und der klinische
Unterricht an der Tierärztlichen Fakultät litt ständig unter dem Mangel an
Patienten (Koch 1972, 65).
Die Mehrzahl der Menschen trauerte noch dem Kaiserreich nach und
akzeptierte gezwungenermaßen die Demokratie der Weimarer Republik.
Sie wurde jedoch eher als die Auswirkung des verlorenen Krieges als eine
erstrebenswerte Staatsform betrachtet und der Versailler Vertrag allgemein
als „Versailler Diktat“ oder „Versailler Schandfrieden“ bezeichnet (Schimanski,
Schäffer 2001a, 380-381). Auch die Mehrheit der Hochschullehrer
entwickelte kein positives Verhältnis zur Weimarer Republik. Dazu kam
noch das traditionell unpolitische Verhalten der Professorenschaft in der
Öffentlichkeit, die im Grunde liberal-konservativ bis deutschnational
eingestellt war (Böhm 1995, 42-43), „wenn [sie] nicht gar eine gähnende
Passivität gegenüber den damals schon bedenklich aufleuchtenden Zeichen
der Zeit“ erkennen ließ (Baier 1990, 42). Die meisten Professoren konzentrierten
sich auf die sachliche Argumentation und ließen kaum ihre
politische Gesinnung erkennen (Baier 1990, 41).

174
Abb. 47: Durch das Eingangstor zur Tierärztlichen Fakultät München sieht
man auf das efeuumrankte Verwaltungsgebäude, den dahinter liegenden
Hauptbau und die Medizinische Tierklinik (1932). Der Haupteingang liegt
heute links des Tores.

175
Eine gewisse Überalterung des Lehrkörpers an der Tierärztlichen Fakultät
München war nicht zu übersehen. Stoß, Voit 122 , Giesenhagen, Brandl,
Jodlbauer, Kitt, Pächtner, Vogel, Mayr und Schmitt waren Anfang der 20er
Jahre bereits über 55 Jahre alt. Stoß, Kitt und Mayr entstammten der
Münchner Schule und auch diejenigen, die aus dem Staatsdienst kamen,
hatten in München studiert (Vogel, Ernst und Müller). Auch die Humanmediziner
Brandl, Voit, Jodlbauer und Süpfle hatten ihre Ausbildung in
München absolviert, allerdings an der (Human-) Medizinischen Fakultät.
Aus anderen Städten berufen waren lediglich Giesenhagen, Schmitt, Pächtner
und Demoll (Koch 1972, 59-60). 123
Die Tierärztliche Fakultät hatte immer noch mit dem alten Streit zwischen
den humanmedizinischen und den tierärztlichen Dozenten zu kämpfen. Der
ewige Krieg zwischen tierärztlichen und nicht-tierärztlichen Professoren
lähmte das Fakultätsleben in den 20er Jahren. Den Tierärzten wurde ein zu
enger Gesichtskreis vorgeworfen und dass sie zu wenig Kontakt zu den
anderen Fakultäten suchten. Der Grund wurde darin gesehen, dass sie sich
vom Studenten zum Professor an der gleichen Stelle „heraufgedient“
hatten. Bei manchem Professor konnte man die Absicht nicht verleugnen,
dass er sich einen bestimmten Assistenten als Nachfolger „heranzuziehen“
versuchte (Koch 1972, 25, 60).
Viele der tierärztlichen Professoren waren nicht habilitiert, da das für
Tierärzte erst seit 1910 möglich war. Doch auch nach dem Krieg bemühte
sich kaum einer, die Habilitation nachzuholen, wenn er als Nachfolger
eines Professors eingesetzt worden war. So galten die Tierärzte als
„Schmalspurakademiker“. Die tierärztlichen Professoren kritisierten wiederum,
dass die Tierärztliche Fakultät zum „Ablageplatz für ältere Münchner
medizinische Privatdozenten verkommen sei, die keinen Ruf mehr
erhalten konnten“ (Koch 1972, 60-61). Die Folgen dieses Streits
erstreckten sich auch auf die Studenten. Berufungen wurden zusätzlich
erschwert und hinausgezögert und Habilitationen erwiesen sich beinahe als
unmöglich, da die jeweilige „Gegenseite“ grundsätzlich Einspruch erhob.
122 „Voit war von 1911 bis 1914 Rektor der Tierärztlichen Hochschule und anschließend
erster Dekan der Tierärztlichen Fakultät. Als letzter Mediziner auf dem Lehrstuhl für
Physiologie und Diätetik emeritierte er 1926“ (Gieseke 1990, 68).
123 Anton Stoß, Erwin Voit, Karl Giesenhagen, Joseph Brandl, Albert Jodlbauer, Theodor
Kitt, Johannes Pächtner, Leonhard Vogel, Josef Mayr, Franz Schmitt, Wilhelm Ernst, Max
Müller, Karl Süpfle und Reinhard Demoll. Der Übersicht halber wurde im Text auf die
Vornamen verzichtet.

176
Diejenigen Veterinärmediziner, die als Assistenten bei einem Humanmediziner
arbeiteten, wurden wie Verräter behandelt (Koch 1972, 57, 62).
Es war allgemein beliebt, einen Assistenten möglichst lange zu behalten,
wenn er einmal eingearbeitet war, um ihn als Helfer im Unterricht
einsetzen zu können. Wissenschaftliche Initiativen der Assistenten wurden
nicht gefördert und auch Habilitationen waren unerwünscht (Koch 1972,
67). Das führte zu Nachwuchsproblemen an der Tierärztlichen Fakultät,
was Oskar Seifried zu einem Vortrag auf der Tagung der Reichstierärztekammer
in Jena im März 1938 veranlasste:
„Die Nachwuchsfrage [Wissenschaftlicher Nachwuchs an den
tierärztlichen Fakultäten] ist in der Hauptsache ein wirtschaftliches
Problem, denn die Jahre nach dem Weltkrieg und der Inflationszeit
haben gezeigt, in welchem Maße junge Leute, die aus Neigung und
Begabung ein wissenschaftliches Fach zu ergreifen Lust hatten, in
ihrem Vorhaben gehemmt oder gar gehindert wurden. Auf der
anderen Seite hatten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zur Folge,
daß die Ergreifung des Berufes als akademischer Lehrer nicht weiter
Vorrecht begüterter und wirtschaftlich unabhängiger Kreise bleiben
konnte und führte zur Beseitigung eines Zustandes, der früher
ebenso selbstverständlich hingenommen wurde, wie er heute bewußt
abgelehnt wird“ (Seifried 1938, 172). 124
Diese Entwicklung machte eine wirtschaftliche Besserstellung der Assistenten
notwendig (Seifried 1938, 172).
124 Das Referat wurde im Deutschen Tierärzteblatt abgedruckt: Seifried, Oskar (1938): Die
Frage des Wissenschaftlichen Nachwuchses. In: Deutsches Tierärzteblatt 5 (9), 171-175.

177
5.2 Die Tierärztliche Fakultät München im Dritten Reich
„Nichts gibt mir mehr Glauben an die Richtigkeit unserer Idee als
die Siege des Nationalsozialismus auf der Hochschule“ (Aussage
Hitlers 1930, zit. n. Brumme 1981, 107).
Abb. 48: Die Tierärztliche Fakultät München 1933: 1/2 Chirurgische Klinik.
2 Tierzucht, Zoologie, Botanik (bis 1928), Hygiene (3. Obergeschoß
seit 1923), Dekanat und Bibliothek. 2/3 Medizinische Klinik. 4 Hufkunde,
Hufbeschlagschule. 5 Anatomie, Pathologie. 6 Geburtshilfe, Klinik für
kleine Haustiere. 7 Physiologie, Pharmakologie. 8 Verwaltung.
5.2.1 Personalpolitik an der Tierärztlichen Fakultät München
Nach der Niederschlagung des Hitler-Putsches am 9. November 1923
beruhigte sich die politische Situation in München. Der Senat der
Universität sah sich nicht veranlasst, die im Hitlerprozess angeklagten
Universitätsmitglieder in ihre Schranken zu weisen (Seifert 1972, 351,
337). Der aufkommende Nationalsozialismus wurde vielerorts als Möglichkeit
der politischen Stabilisierung betrachtet.

178
Die bisher auf Länderebene geregelten Habilitationsangelegenheiten
wurden nach der Machtübernahme durch die Reichshabilitationsordnung
vom 13. Dezember 1934 abgelöst (Böhm 1995, 185) und die Privatdozentur
abgeschafft. Man erlangte mit den wissenschaftlichen Leistungen der
Habilitationsschrift den Grad eines Dr. habilitatus (Schweizer 2002, 41).
Um aber die Erteilung der Lehrerlaubnis im nationalsozialistischen Staat
zu erlangen, die sog. Dozentur, mussten die angehenden Hochschullehrer
die erfolgreiche Absolvierung einer Lehrprobe, die Bewährung im Gemeinschaftslager
125 und in der Dozentenakademie nachweisen. Dazu kam -
meistens von Seiten der Dozentenschaft - eine politische Beurteilung
(Böhm 1995, 185-186). Der Dekan hatte bei Berufungsvorschlägen und in
Habilitationsangelegenheiten den Rat der engeren Fakultät einzuholen
(Böhm 1995, 417).
Das „Gesetz über die Wiederherstellung des deutschen Berufsbeamtentums“
vom 7. April 1933 bestimmte die Vorgehensweise für die „Säuberung
des Lehrkörpers“ (Böhm 1995, 146). Aufgrund des § 2 wurden
sämtliche seit dem 9. November 1918 ernannten Beamten entlassen, wenn
sie nicht die nötige Vorbildung aufweisen konnten. Insbesondere galten
kommunistische Beamte als völlig ungeeignet (Maier 1966, 81). § 3
versetzte die „nicht-arischen“ Professoren in den Ruhestand oder entzog
ihnen die Lehrerlaubnis (Seifert 1972, 356).
„Eine Ausnahme wurde zunächst wiederum für Beamte gemacht,
die ununterbrochen seit dem 1. August 1914 Beamte gewesen waren
oder die im Weltkrieg an der Front gekämpft hatten oder deren
Väter oder Söhne im Weltkrieg gefallen waren. War die arische
Abstammung zweifelhaft, so sollte ein Gutachten des beim
Reichsministerium des Inneren bestellten Sachverständigen für
Rasseforschung eingeholt werden“ (Maier 1966, 81).
Doch mit dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“ 1935 konnten sich auch
die „nicht-arischen Frontkämpfer“ ihrer Stellung nicht mehr sicher sein, da
das grundsätzliche Recht auf Belassung im Dienst wegfiel und recht willkürlich
„von Fall zu Fall“ entschieden wurde (Möllers 2002, 55-56).
Nach § 4 des Gesetzes über die Wiederherstellung des deutschen Berufsbeamtentums
von 1933 konnten außerdem Beamte entlassen werden, die
nach ihrer bisherigen politischen Gesinnung „nicht die Gewähr dafür
125 Schweizer (2002, 41) berichtet von einem Wehrsportlager.

179
boten, daß sie sich jederzeit rückhaltlos für den neuen Staat einsetzten“.
Dazu zählten beispielsweise die Mitglieder des Reichsbanners, des
Republikanischen Richterbundes, der Liga für Menschenrechte, des
Bundes republikanischer Beamter oder der Eisernen Front. „Zur
Vereinfachung der Verwaltung“ räumte § 6 ein, Beamte ohne weitere
Begründung in den Ruhestand versetzen zu können, auch wenn diese noch
voll einsatzfähig waren (Maier 1966, 81-82). „An der Tierärztlichen
Fakultät [München] gab es 1933 keine jüdischen Dozenten“ (Böhm 1995,
146) und danach sollte es auch bis 1945 zu keiner solchen Berufung mehr
kommen. Die Berufung von Hugo Grau 1934 auf den Lehrstuhl für
Anatomie scheiterte an dessen „nicht-arischer Abstammung“. Die
Universität Leipzig dagegen ernannte ihn noch im selben Jahr zum nichtbeamteten
außerordentlichen Professor (Möllers 2002, 59, 153).
Mit dem „Gesetz über die Entpflichtung und Versetzung von Hochschullehrern
aus Anlaß des Neuaufbaus des deutschen Hochschulwesens“ vom
21. Januar 1935 sollte die personelle Erneuerung der Hochschulen erfolgen.
Die älteren Hochschullehrer, die eher unpolitisch waren und die
nationalsozialistische Idee nicht mittrugen, sollten den Platz für junge
Lehrkräfte räumen, die die Studenten im „nationalsozialistischen Sinn
erziehen“ sollten. Die Professoren, die in Bayern bisher oft bis zum Alter
von 70 Jahren oder mehr im Amt waren, sollten nun mit 65 Jahren von
ihren Verpflichtungen entbunden werden, was der Universität mit ihrer
überalterten Professorenschaft an sich nicht abträglich gewesen wäre
(Böhm 1995, 186-187).
„Offiziell konnte erst nach dem Erlaß des Deutschen Beamtengesetzes
vom 26. Januar 1937 Beamter und damit auch beamteter
Hochschullehrer nur werden, wer - wie die berüchtigte und nach
dem Kriege viel mißbrauchte Formel in § 26 lautete - die Gewähr
dafür bot, daß er jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen
Staat eintreten würde. Das wurde so verstanden, daß der Betreffende
Mitglied der Partei oder einer ihrer Gliederungen sein mußte,
obwohl das in dieser klaren Form erst eine Verordnung vom
29. Februar 1939 verlangt hat“ (Heiber 1991, 341).
Nach den Aussagen von Dedié und Mitscherlich war der Beitritt zum NS-
Dozentenbund bzw. zur NSDAP Voraussetzung für eine Habilitation
(Schimanski 1997, 167).

180
„Einmal vorliegende negative politische Gutachten wurden meist
‚fortgeschrieben‘ und begleiteten die Betroffenen über Jahre als
unsichtbares und in den allermeisten Fällen unüberwindbares
Karrierehindernis“ (Böhm 1995, 35).
Noch 1932 war an der Tierärztlichen Fakultät - im Gegensatz zur Universität
- wenig von der allgemeinen Radikalisierung zu spüren. „Die Fakultät
verhielt sich bis auf wenige Assistenten und einen Famulanten
zunächst abwartend“ (Gylstorff 1990, 32, 34). 1933 waren an der
Tierärztlichen Fakultät nur die Professoren Anton Otto Stoß jun. und
Wilhelm Ernst Parteimitglieder. Ernst löste 1935 Stoß jun. als Dekan ab
und behielt dieses Amt bis 1945. Stoß entwickelte keine politischen
Aktivitäten und übte sein Amt recht sachlich aus, wie ab 1935 auch sein
Nachfolger Ernst, der als Mitglied des Verwaltungsausschusses und
Rektor-Stellvertreter (ab Februar 1936) über große Einflussmöglichkeiten
verfügte (Böhm 1995, 400).
Der 1926 gegründete Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund
(NSDStB) fand anfangs wenig Zulauf (Seifert 1972, 353), da die
korporierten Studenten, insbesondere die katholischen Verbindungen, die
Organisation ablehnten. Doch das stetige Anwachsen des NS-Studentenbundes
(Kuhn 1966, 34) erlaubte 1931 die Vereinnahmung der Deutschen
Studentenschaft. Nach der Machtergreifung 1933 war der NS-Studentenbund
in seinen Krawall- und Boykottaktionen nicht mehr eingeschränkt
(Seifert 1972, 353, 356).
Schon vor Beginn des Sommersemesters 1933 erließ der Reichsminister
für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ein Gesetz, um die angeblich
überfüllten Hochschulen zu entlasten. Die Hochschulen sollten nur noch
den Prozentsatz „nicht-arischer“ Studenten aufnehmen, der deren Anteil an
der Gesamtbevölkerung entsprach. Studenten, deren Väter im ersten
Weltkrieg für Deutschland oder seine Verbündeten gekämpft hatten oder
die aus „Mischehen“ stammten, die vor Veröffentlichung des Gesetzes
geschlossen wurden, sollte diese Regelung nicht betreffen (Pascher 1966,
51). Nach der neuen Prüfungsordnung wurden im Sommer 1934 nur
diejenigen Studenten zum Vorphysikum in der Tiermedizin zugelassen, die
einen Nachweis für die Ableistung eines Arbeitsdienstes erbringen
konnten. Juden wurden zu diesem Arbeitsdienst nicht zugelassen und
konnten somit auch die Prüfung nicht ablegen (Möllers 2002, 299).

181
Im Wintersemester 1938/39 kamen durch die neue Studien- und Bestallungsordnung
neue Vorlesungen hinzu: Tierschutz und Tierschutzgesetz
und „Die Stellung des Tierarztes in Volk und Staat (Berufskunde)“
(BayHStA MK 69896).
5.2.2 Die „Führer“ der Universität München
Die Kultusministerielle Entschließung vom 28. Juni 1933 verfügte, von
Rektor-, Dekan- und Senatswahlen „bis auf weitere Weisung“ abzusehen,
da die Verfassungen der bayerischen Universitäten bald geändert würden.
Diese Weisung wurde am 28. August veröffentlicht, sollte aber erst zum
15. Oktober in Kraft treten (Böhm 1995, 153). Daraufhin wurden im Juli
1933 die Neuwahlen des Rektors storniert, da mit der neuen Universitätsverfassung
der Rektor in Zukunft vom Minister ernannt werden sollte
(Heiber 1994, 211). Am 15. Oktober 1933 folgte die endgültige Umstellung
zum Führerprinzip. Der Senat schlug aus der Reihe der ordentlichen
Professoren einen oder mehrere geeignete Kandidaten als Rektor vor, die
Ernennung erfolgte aber durch den Staatsminister für Unterricht und
Kultus (Böhm 1995, 153, 158).
Da die Staatswirtschaftliche Fakultät 1927/28 letztmals einen Rektor gestellt
hatte entsprach die Ernennung Escherichs in etwa auch dem Turnus.
Karl Leopold Escherich war zwar nicht in der NSDAP, galt aber als
national eingestellter Mann (Böhm 1995, 154). Er war von 1921 bis zur
Auflösung 1923 in der Partei gewesen, hatte sich aber danach nicht mehr
politisch betätigt (Heiber 1994, 211).
Das Reichserziehungsministerium ordnete zum Ende des WS 1934/35
einen reichseinheitlichen Rektoratswechsel an. Am 15. Februar 1935
sollten im ganzen Reich Dozenten und Professoren auf einem Zettel den
Rektorenvorschlag für ihre Hochschule notieren und das Ergebnis in Berlin
bekannt geben. Dabei handelte es sich aber keinesfalls um eine Wahl,
sondern eben nur um einen Vorschlag, den das Ministerium annehmen
konnte, aber nicht annehmen musste (Schimanski 1997, 148-149). Die
Selbstverwaltung wurde durch das Führerprinzip ersetzt. Der vom
Reichskultusminister zum Rektor ernannte beamtete Professor wurde zum
„Führer der Universität“ und ernannte wiederum die Dekane (Maier 1966,
80, 90).

182
„Der Rektor [...] erhielt die Aufgabe, die Hochschulgemeinschaft zu
führen, indem er die wissenschaftliche Gestaltung in Verbindung
mit den Dekanen der Fakultäten festlegte und die Erfüllung der
politischen Aufgaben im Einvernehmen mit den Führern der
Parteigliederungen an der Hochschule sicherte. Die Stellung des
Senats schrumpfte auf eine rein beratende Tätigkeit zusammen. [...]
Erstaunlich ist, daß die Fakultäten das Recht auf Berufungsvorschläge
behielten, wenngleich das Ministerium oft sehr selbstherrlich
über ihre Vorschläge hinwegging“ (Maier 1966, 90).
Die Funktionäre des NS-Dozentenbundes kontrollierten Rektor und
Dekane. „Selbst die Hochschulabteilung des Reichskultusministeriums war
gehalten, in Berufungsangelegenheiten jeweils das Votum des Reichsdozentenführers
einzuholen“ (Kunkel 1966, 114).
1935 wurde der Professor für Angewandte Zoologie, Karl Leopold
Escherich, wieder zum Rektor ernannt (Heiber 1994, 211; Böhm 1995,
154). Doch schon im Oktober trat Escherich, angeblich aus gesundheitlichen
Gründen, zurück und Altparteigenosse und Geologe Professor
Leopold Kölbl, der gegen den Willen seiner Fakultät berufen wurde und es
schon bis zum Prorektor gebracht hatte, übernahm das Rektorat (Heiber
1994, 211-213). Am 14. Dezember 1935 wurde Professor Kölbl zum
Rektor der Universität München ernannt. Er hatte als „verdienter aktiver
Nationalsozialist“ einen guten Draht zu den wichtigen Parteistellen und
auch zum Kultusministerium (Böhm 1995, 539). Im Oktober 1938 zog sich
Kölbl dann von seinem Amt zurück. Jede Fakultät machte Vorschläge für
die Neubesetzung und so schlug die Tierärztliche Fakultät Wilhelm Ernst,
zu dieser Zeit Prorektor, für das Amt vor (Heiber 1994, 214).
Kölbls späterer Abgang war recht spektakulär. Er wurde am 10. Februar
1939 wegen „fortgesetzter Vergehen der Unzucht zwischen Männern“
verhaftet und sofort aus SA und Partei ausgeschlossen. Außerdem hatte er
eine empfindliche Strafe zu erwarten. Man sprach von einer „Hirnerkrankung“,
„periodisch auftretenden krankhaften Störung der Geistestätigkeit“
und einer „erheblichen Schwächung seiner Nervenkraft“ und wies ihn in
die Münchner Psychiatrie und Nervenklinik ein. Nach mehreren Urteilen
und Revisionsverfahren entschied schließlich am 21. August 1941 die
1. Strafkammer des Landgerichts München II: Gefängnis für zwei Jahre

183
und drei Monate. Außerdem kostete es Kölbl sein Amt und seine Pension
(Heiber 1992, 539-540; Heiber 1994, 764-765). 126
Der Mediziner Philipp Broemser wurde von der Medizinischen Fakultät
vorgeschlagen und Dozentenschaft und Dozentenbund schlossen sich an.
Er genoss „in hohem Maße das Vertrauen der Partei“ und war
Parteigenosse seit Mai 1937. So wurde Broemser zum 1. November 1938
neuer Rektor. Doch schon am 11. November 1940 starb Broemser „nach
mehrwöchiger Krankheit“. In den Akten ist über seine Amtszeit kaum
etwas zu finden (Heiber 1994, 214-215).
Bei den darauf folgenden Berufungsverhandlungen war auch wieder Wilhelm
Ernst mit im Spiel (Heiber 1994, 215). Doch schließlich schlug Ernst,
der als Prorektor das Rektorat übernommen hatte, Walther Wüst und den
Juristen Marian San Nicolò als Kandidaten vor. Schließlich wurde Wüst
auserkoren und die Anfragen des Reichserziehungsministeriums zu Wüst
bei verschiedenen Parteigrößen ließen den SS-Standartenführer als den
besseren Kandidaten erscheinen. Wüst war seit Oktober 1935 ordentlicher
Professor für „arische Kultur- und Sprachwissenschaft“ und Direktor des
gleichnamigen Instituts (Seifert 1972, 358; Heiber 1994, 224). 127 Nach
seiner Ernennung zum Rektor am 12. März 1941 ersetzte er Ernst bald
durch den Physiologen Friedrich von Faber, den bisherigen Dekan der
Naturwissenschaftler. Wüst war im „Ahnenerbe“ tätig, wo er auch die
Bekanntschaft Himmlers machte. Er blieb bis Kriegsende Rektor der LMU
(Heiber 1994, 216-217, 220, 232).
Die Dekane und Senatoren für das Studienjahr 1933/34 waren noch
ordnungsgemäß gewählt worden. Prof. Johannes Nörr war als Dekan der
Tierärztlichen Fakultät vorgesehen. Doch die Wahlvorgänge wurden am
28. Juni 1933 gestoppt. Der Rektor zog es vor, Anton Stoß jun. als Dekan
der Tierärztlichen Fakultät einzusetzen (Böhm 1995, 152, 158-159).
Mit dem neuen Reichsgesetz zur Hochschulverfassung von 1935 fanden
endgültig keine Rektor- und Dekanatswahlen mehr statt, sondern die
„Führer der Hochschulen“, die auch viele Senatsrechte erhalten hatten,
126
„Professor Dr. Wilhelm Ernst wird für seine Vernehmung als Zeuge in dem Verfahren
gegen Professor Dr. Kölbl wegen widernatürlicher Unzucht von der Verpflichtung zur
Wahrung des Amtsgeheimnisses [durch das Kultusministerium] entbunden“ (BayHStA MK
43573).
127
Walther Wüst war von 1935 bis 1940 Dekan der Philosophischen Fakultät der LMU
München (Seifert 1972, 358).

184
ernannten nun die Dekane. Der Senat, bestehend aus den Dekanen und den
Führern der Dozenten- und der Studentenschaft, war nur noch beratend
tätig (Seifert 1972, 357; Böhm 1995, 161). Die meisten Dekane waren
Parteigenossen, so Otto Koellreutter (Juristische Fakultät), Heinz Kürten
(Medizinische Fakultät), Wilhelm Ernst (Tierärztliche Fakultät), Walther
Wüst (Philosophische Fakultät) und Leopold Kölbl (Naturwissenschaftliche
Fakultät), also fünf der sieben Dekane 1935 (Heiber 1994, 212). „Der
Ordinarius für Hygiene in der Tierärztlichen Fakultät, Wilhelm Ernst,
wurde im Februar 1936 zum Prorektor ernannt. Ernst war ‚formell
ebenfalls als Nationalsozialist ausgewiesen: Pg. 1.5.1933, SA, NSDB, NS-
Ärztebund‘“ (Böhm 1995, 539).
Böhm (1995, 399) berichtet, dass an der Tierärztlichen Fakultät bis 1939
die Berufungen der Professoren in traditionellen Bahnen verliefen und
politische Gesichtspunkte dabei nicht im Vordergrund standen.
„Zur Zufriedenheit der Fakultät verliefen offensichtlich auch die
Berufungsverhandlungen 1938 und 1939 um die Nachfolge der
Professoren Jodlbauer und Moser. So konnte sich die Fakultät bis
1939 mit Unterstützung von Rektor und Senat auch gegenüber
abweichenden Vorstellungen der ‚Dozentenschaft‘ durchsetzen“
(Böhm 1995, 442).
5.2.3 Professor Mosers Erbe
Nach dem Tod von Professor Erwin Moser am 18. September 1937 wandte
sich das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus an den
Rektor der Universität München, um zu erfahren, ob eine Vertretung der
Professur für das Wintersemester 1937/38 erforderlich sei. Gegebenenfalls
sei ein Vertreter zu benennen und ein Dreiervorschlag für eine Berufung
vorzulegen (UAM Sen-I-145). Das Dekanat der Tierärztlichen Fakultät der
Universität München (Professor Wilhelm Ernst) schlug vor, „bis zur
endgültigen Regelung der verwickelten Angelegenheit den derzeitigen
Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag in Oberbayern, Dr. med. vet. Hans
Jöchle“, mit der Abhaltung der Vorlesungen und Übungen sowie der
Vornahme der Prüfungen zu betrauen. Er sei „vortragsgewandt“ und
außerdem mit dem Institut und den Anforderungen des Lehr- und
Forschungsbetriebs vertraut. Ernst erklärte dem Rektor der Universität die
Verhältnisse an der Hufbeschlagschule und dem Institut für Hufkunde:

185
„Bei der Umwandlung der Tierärztlichen Hochschule zur Fakultät
der Universität im Jahr 1914 wurde die staatliche Hufbeschlagsschule
München vom Institut für Hufkunde abgetrennt und ab 1915
mit gesondertem Etat geführt von Professor Moser, der Vorstand der
beiden Institute war. Bis dahin gab es nur eine staatliche Hufbeschlagsschule,
die dem damaligen Ministerium für Unterricht und
Kultus unterstand. Von 1915 ab war das Institut für Hufkunde als
Fakultätsinstitut im Bereich des Ministeriums für Unterricht und
Kultus, die ‚Zivillehrschmiede‘ aber (die Staatliche Hufbeschlagsschule)
der Regierung von Oberbayern (in Sonderheit seit 1919 dem
Staatsministerium für Landwirtschaft, jetzt dem Staatsministerium
für Wirtschaft, Abteilung Landwirtschaft) unterstellt.
Vor 1914 hatte die damalige staatliche Hufbeschlagsschule 2 Assistenten.
Nach der Teilung hatte jedes Institut nur einen. 1921 wurde
die Assistentenstelle der staatlichen Hufbeschlagsschule eine etatmäßige
Beamtenstelle mit dem Titel ‚Landwirtschaftsrat‘. Sie hat
seit 1921 Dr. Mennel inne.
Ferner besteht an der Regierung von Oberbayern eine Landwirtschaftsratstelle
(Kreiswanderlehrerstelle), die seit Ende 1927 und
derzeit Dr. Jöchle bekleidet.
Am Institut für Hufkunde (der Fakultät) ist seit 1. Januar 1937 Herr
Tierarzt Gerhard Schröter als Assistent tätig.
Soweit die Instituts- und Personalverhältnisse.
Zur Zeit werden die Verhältnisse noch weiter verwickelt dadurch,
dass
1.) München die einzige Universität (Hochschule) des Reiches ist,
die noch über eine eigene Professur für Huf- und Klauenkunde, Huf-
und Klauenkrankheiten und Beschirrungslehre verfügt. Aus Kreisen
der Wehrmacht wird auf Intensivierung und Ausbau des einschlägigen
Unterrichts besonderer Wert gelegt. Das würde für die Notwendigkeit
der Beibehaltung der einzigen Forschungsstätte akademischen
Gepräges in Deutschland und einer eigenen Professur
sprechen.

186
2.) Gleichzeitig betonen aber gleiche maßgebende Militärveterinäre,
es bestünden zur Zeit sehr verbesserungsbedürftige Verhältnisse im
Hufbeschlagwesen der Zivilbevölkerung. Ich vermag als Nichtfachmann
die Verhältnisse nicht zu übersehen, möchte auch hier die
Frage nicht beantworten und darf mir dies für die Vorschläge zur
endgültigen Regelung vorbehalten.
Wichtig ist, dass die Besserung erwartet wird von einer ‚Vereinheitlichung
des Hufbeschlages‘. Diese im Interesse der Landesverteidigung
für notwendig erachtete Vereinheitlichung will dadurch
erreicht werden, dass an aktive Veterinäroffiziere, die durch
mehrjährige Ausbildung und Tätigkeit an Heereslehrschmieden ihre
Eignung erwiesen haben, ein Lehrauftrag gegeben wird. Die Besetzung
einer Professur käme dabei nicht in Frage. Die Lehrbeauftragten
sollten Militärpersonen bleiben.
Diese Fragen bedürfen reiflichster Überlegung, zumal die Tierärztliche
Fakultät noch Mangel an anderen sehr wichtigen
Professuren hat (Lehrstuhl für Parasitologie, für tierärztliche
Lebensmittelkunde ...). Ich bitte auch hier die endgültigen Vorschläge
mir nach Anhören des Berufungsausschusses vorbehalten zu
dürfen.
Aus vorstehenden Gründen halte ich eine vorläufige Zwischenlösung
für das Gegebene. Wenn ich Dr. Jöchle für die Vertretung
vorschlage, so geschieht das deswegen, weil alle Erkundigungen
über ihn, seine Person, seinen Charakter, seine Leistung und seine
Familie ausgezeichnet ausgefallen sind. Dr. Jöchle untersteht
unmittelbar der Regierung von Oberbayern. Ich bitte den Vorschlag
als besonders eilig zu behandeln“ (UAM Sen-I-145, 19.10.1937).
Das Schreiben wurde auch dem Leiter der Dozentenschaft der Universität
München vorgelegt (UAM Sen-I-145, 19.10.1937). Die Regierung von
Oberbayern forderte beim Staatsministerium für Wirtschaft, Abteilung
Landwirtschaft, dass der Assistent der Staatlichen Hufbeschlagschule
München, Landwirtschaftsrat Dr. Eugen Mennel, vertretungsweise mit der
Leitung der Anstalt betraut werde (BayHStA ML 562).
Am 1. November 1937 teilte die Dozentenschaft der Universität München
dem Rektor mit, dass sie mit der vertretungsweisen Abhaltung der
Vorlesungen und Übungen in Hufkunde durch Hans Jöchle einverstanden

187
sei. Es dürften ihm aber keine Hoffnungen auf die Nachfolge Professor
Mosers gemacht werden, da Professor Westhues als Fakultätsmitglied und
Fachmann auf dem Gebiet der Hufkrankheiten wohl die geeignetste
Persönlichkeit für die Abhaltung der Prüfung und der Vorlesung über
Hufkunde und Hufkrankheiten sei. Insbesondere sein hervorragender
Vortrag über Hufkrebs vor der „Münchener Tierärztlichen Gesellschaft“
und seine überragende klinische Betätigung auf diesem Gebiet prädestinierten
ihn für diese Aufgabe (UAM Sen-I-145).
So gab Rektor Kölbl an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus
weiter, dass Jöchle als Vertreter bestellt werden solle. Auch der Dozentenschaftsleiter
(Ernst Bergdolt, Naturwissenschaftliche Fakultät) sei damit
einverstanden. Gleichzeitig wurde der Dekan Ernst (zu dieser Zeit auch
Prorektor) gefragt, ob er die Auffassung der Dozentenschaft teile. Und falls
ja, ob die außerordentliche Lehrkanzel für andere Zwecke außerhalb der
Fakultät zur Verfügung gestellt werde (UAM Sen-I-145, 3.11.1937; Vorlesungsverzeichnis
WS 1937/38).
Dem könne das Dekanat der Tierärztlichen Fakultät unter keinen Umständen
zustimmen, gab Ernst zur Antwort. An der Tierärztlichen Fakultät
fehlten ohnehin Lehrstühle, die andere tierärztliche Fakultäten und Hochschulen
besäßen, z. B. Parasitologie und Fleisch- und Lebensmittelkunde.
Und Fächer, die an anderen Bildungsstätten ordentliche Professuren wären,
wie Geburtshilfe und Ambulatorische Klinik, seien an der Münchner
Fakultät nur als außerordentliche Professuren eingestuft (UAM Sen-I-145,
12.11.1937).
Sechs Tage später drängte der Reichs- und Preußische Minister für Wissenschaft,
Erziehung und Volksbildung das Bayerische Staatsministerium
für Unterricht und Kultus, die
„Vorschläge zur Wiederbesetzung der ordentlichen Professur für
Hufkrankheiten, Hufbeschlag und Beschirrungskunde (früher Prof.
Erwin Moser) einzureichen. Ferner sehe ich Ihrem Antrag wegen
der Vertretung der freien Professur entgegen“ (BayHStA MK
64637).
Am 23. November 1937 übertrug das Bayerische Staatsministerium für
Unterricht und Kultus Hans Jöchle für das Winterhalbjahr 1937/38 die
Vertretung der Professur für Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags
und der Beschirrungslehre - vorbehaltlich der endgültigen Stellungnahme

188
des Kreistagsausschusses und des Herrn Reichserziehungsministers (UAM
Sen-I-145). Da im Winter die Außentätigkeit sowieso eingeschränkt war,
erklärte sich der Oberbayerische Kreisausschuss bereit, Jöchle für die sechs
Wochenstunden freizugeben, allerdings „unter der ausdrücklichen Voraussetzung,
dass dadurch die hauptamtliche Tätigkeit Dr. Jöchle’s als Kreisfachberater
für Hufbeschlag nicht beeinträchtigt wird“ (BayHStA MK
43826). Auch die Leitung des Instituts für Hufkunde fiel in seinen Aufgabenbereich.
Die Vertretung der Vorstandsstelle der Staatlichen Hufbeschlagschule
wurde Landwirtschaftsrat Dr. Eugen Mennel übertragen.
Der Dekan setzte einen Berufungsausschuss ein, der ihn in der Frage der
Nachfolge Professor Mosers beraten sollte. Oskar Seifried (Pathologie),
Fritz Stockklausner (Tierzucht), Melchior Westhues (Chirurgie und Augenheilkunde),
Wilhelm Pschorr (Oberregierungsrat mit Lehrauftrag für
Staatstierheilkunde) und Hubert von Obernberg (Pharmakologie) traten
dreimal zur Beratung zusammen: am 25. Oktober, am 9. November und am
23. Dezember 1937 (UAM Sen-I-145, 28.12.1937; Vorlesungsverzeichnis
WS 1937/38). Sie kamen zu dem Entschluss, dass das Lehrgebiet des
verstorbenen Professor Mosers nicht als selbständiges Lehrgebiet weitergeführt
werden sollte. Die Tierärztliche Fakultät der Universität München
war die einzige in Deutschland, die eine außerordentliche Professur für
Hufkunde besaß. An der Tierärztlichen Fakultät der Universität Berlin
wurde (seit 1936) die Theorie des Hufbeschlags (Hufkunde) von einem
Veterinäroffizier im Lehrauftrag erteilt. Er war auch für die Ausarbeitung
von Gutachten zuständig, die jedoch von dem Fachvertreter für Chirurgie
bestätigt werden mussten. Auch an der Tierärztlichen Hochschule
Hannover bestand eine ähnliche Regelung. 128 In Gießen und Leipzig
gehörten die Hufkunde sowie die Lehre der Huf- und Klauenkrankheiten
zum Lehrgebiet der Chirurgie (UAM Sen-I-145, 28.12.1937).
Eine ähnliche Regelung strebte nun auch München an. Die Lehre der Huf-
und Klauenkrankheiten gehörten ohnehin schon zum Fachgebiet der
Chirurgie. Wenn die Krankheiten der Hufe und Klauen von der Chirurgie
abgetrennt würden, so müsste auch deren Behandlung von der Chirurgischen
Klinik getrennt werden. Da aber die Hufkrankheiten einen bedeutenden
Anteil des Patientenguts der Chirurgischen Klinik ausmachten,
konnte die Klinik eine solche Abtrennung nicht vertragen. Auch die
128 Bis 1937 unterrichtete der Honorarprofessor und Direktor der Zentrallehrschmiede Dr.
Otto Scheibner das Fach Hufbeschlag an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Nachdem
er aus Altersgründen zurückgetreten war, übernahm der Chefveterinär der Heereslehrschmiede
Hannover, Dr. Friedrich Zschocke, den Lehrauftrag (TiHoA 1.7.2.1.11).

189
Behandlung von Lahmheiten fiel in den Bereich der Chirurgie, während
Huflahmheiten eine Sache des Instituts für Hufkunde waren. Um aber die
Diagnose „Huflahmheit“ stellen zu können, waren wieder chirurgischklinische
Untersuchungsmethoden nötig, was zu einem ständigen Kompetenzgerangel
führte. Einige der Huflahmheiten bedurften der stationären
klinischen Behandlung, was wiederum nur in der Chirurgischen Klinik
möglich war. Hier gab es auch ein Labor und eine Röntgenstation. Nach all
diesen Überlegungen erschien es den Herren als „untunlich“, die
außerordentliche Professur für Hufkunde zu erhalten, da das übrig
bleibende Gebiet für ein selbständiges Extraordinariat viel zu klein wäre
(UAM Sen-I-145, 28.12.1937). Das Reichskriegsministerium wünschte,
dass Veterinäroffiziere im Lehrauftrag mit der Vorlesung über die Theorie
des Hufbeschlags betraut würden. Doch auch diese Lösung lehnte der
Ausschuss ab, da dadurch die Lehre und Forschung auf diesem Gebiet
ganz dem Einfluss der Fakultät entzogen würden, weil der Inhaber des
Lehrauftrags der Veterinärinspektion und nicht der Fakultät unterstellt
wäre. Außerdem wurden ein ständiger Wechsel der Lehrauftragsinhaber
und Probleme bei der Materialbeschaffung für Unterrichtszwecke befürchtet
(UAM Sen-I-145, 28.12.1937).
So sahen Westhues, Seifried und von Obernberg die beste Lösung darin,
die Huf- und Klauenkrankheiten mitsamt dem Hufbeschlag dem Fachvertreter
für Chirurgie in Form eines nicht selbständigen Lehrauftrags zu
unterstellen. Der Lehrauftragsinhaber wäre in diesem Fall ein Abteilungsvorsteher
der Chirurgischen Klinik und dieser unmittelbar unterstellt. Er
sollte sich für das Fach Hufbeschlag im Rahmen der Chirurgie habilitieren.
Da das Gebiet so klein war, kam eine selbständige Habilitation außerhalb
der Chirurgie nicht in Betracht. Auch Professor Fritz Stockklausner
erklärte sich damit einverstanden, allerdings nur unter der Bedingung, dass
dieser Lehrauftrag Landwirtschaftsrat Hans Jöchle angeboten würde. Sollte
dieser ablehnen, sollte ihm ein selbständiger Lehrauftrag auf diesem Gebiet
angeboten werden. 129 Oberregierungsrat Pschorr sprach sich dagegen für
einen selbständigen Lehrauftrag für Hufbeschlag aus, der organisatorisch
nicht an eine bestimmte Professur gebunden sei. Der Ausschuss erkundigte
sich bei den anderen tierärztlichen Bildungsstätten nach geeigneten Kandidaten,
konnte aber keinen finden. So war man sich darüber einig, dass für
den Lehrauftrag, in welcher Form auch immer, nur Landwirtschaftsrat
129 Hans Jöchle hatte 1937 zusammen mit Fritz Stockklausner das Lehrbuch „Huf- und
Klauenpflege“ für den Reichsnährstand verfasst. Vielleicht setzte er sich deshalb so für Jöchle
ein.

190
Hans Jöchle in Betracht komme, der ohnehin schon mit der Vertretung der
Vorlesungen und Übungen betraut war.
„Die über ihn eingezogenen Erkundigungen lauten sowohl was sein
berufliches Können und seine Leistungen, als auch seine Person,
seinen Charakter und seine Familie angeht, gleich günstig und
einwandfrei. Auch in politischer Hinsicht ist über Dr. Jöchle nichts
Nachteiliges bekannt. Er ist Kriegsteilnehmer, Freikorpskämpfer
und Stabsveterinär d. R.“ (UAM Sen-I-145, 28.12.1937, Seifried).
Der Dekan schrieb am 11. März 1938 an den Rektor der Universität, der
Ausschuss für die Wiederbesetzung des Lehrstuhls habe vorgeschlagen,
die Selbständigkeit des Instituts für Hufkunde aufzuheben, die Professur
nicht mehr zu besetzen und den Lehrbeauftragten sowie das Institut dem
Ordinarius für Chirurgie zu unterstellen, der in Zukunft auch das Gebiet
der Hufkrankheiten lesen sollte. Auf dem Gebiet der Hufkunde, der
Hufbeschlags- und Klauenbeschlagslehre sollte der Lehrbeauftragte
weitestgehende Selbständigkeit erlangen. Es sei sinnvoll, wenn der
jeweilige Lehrbeauftragte gleichzeitig Vorstand der Zivillehrschmiede
würde, um die Zusammenarbeit und das notwendige Pferdematerial zu
sichern. Das in der Bestallungsordnung vom 16. Februar 1938 als
Prüfungsfach IV - Huf- und Klauenkrankheiten sowie Huf- und Klauenbeschlagskunde
- würden zwar in Lehre und Forschung in „Huf- und
Klauenkrankheiten“ und „Huf- und Klauenbeschlagskunde“ getrennt, aber
insgesamt durch den Lehrbeauftragten geprüft werden. Das Fach
Beschirrungskunde werde nicht mehr geprüft, aber weiterhin gelehrt. Dafür
wurde Landwirtschaftsrat Hans Jöchle vorgeschlagen. Die Nachweise über
die „arische Abstammung“ lägen bei seiner vorgesetzten Stelle, der
Regierung von Oberbayern, vor (UAM Sen-I-145, 11.3.1938). Die
Dozentenschaft war gleicher Meinung und lehnte eine Übertragung des
Lehrauftrags an Veterinäroffiziere grundsätzlich ab.
„Eventuell wäre dem mit dem Lehrauftrag für Hufkunde zu
betrauenden Herrn Dr. Jöchle (er ist der einzige, der für einen
derartigen Lehrauftrag in Betracht kommen kann), eine Habilitation
auf dem Gebiete der Chirurgie nahezulegen. Charakterlich ist uns
Jöchle wenig bekannt. Einen übermässigen Gemeinschaftssinn
scheint er aber nicht aufbringen zu können. Sonst macht er in jeder
Weise einen bescheidenen und durchaus nicht aufdringlichen
Eindruck. Gegen seine politische Zuverlässigkeit bestehen keine
Bedenken.

191
Der Leiter der Dozentenschaft, Bergdolt“ an den Rektor der
Universität (UAM Sen-I-145).
Doch die Pläne stießen auf Widerstand. Die Zivillehrschmiede hatte nur
eine etatmäßige Stelle, die mit Landwirtschaftsrat Eugen Mennel besetzt
war. Der kam aber „aus persönlichen Gründen“ für einen Lehrauftrag oder
eine leitende Stelle nicht in Frage. Jöchle als Kreisbeamter unterstand dem
Wirtschaftsministerium, Abteilung Landwirtschaft, und konnte auf Dauer
die Stelle auch nicht besetzen, da der „Kreis eine weitere etatmäßige und
leitende Stelle an der Zivillehrschmiede ablehnt“. So blieb keine andere
Möglichkeit, als die außerordentliche Professur und das Institut für Hufkunde
doch zu erhalten (UAM Sen-I-145, 16.5.1938). Dekan Ernst hielt
Rücksprache mit dem Reichstierärzteführer Dr. Friedrich Weber und beide
kamen überein, die Verhältnisse wie unter Professor Moser zu belassen:
Jöchle sollte zum außerordentlichen Professor für Hufkrankheiten, Theorie
des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre berufen werden und
gleichzeitig die Vorstandschaft des Instituts für Hufkunde und der
Zivillehrschmiede übernehmen. Auch die Einheit in der Lehre entspreche
dann der Bestallungsordnung (UAM Sen-I-145, 2.6.1938). Doch die
Dozentenschaft vertrat Rektor Kölbl gegenüber die Meinung, das ganze
Institut für Hufkunde solle in seiner derzeitigen Form als außerordentliche
Professur der Chirurgischen Tierklinik als Unterabteilung zugewiesen und
in Personalunion von dem Professor für Chirurgie geleitet werden. Ein
„Abteilungsvorstand“ der „Abteilung für Hufkunde“ (außerordentlicher
Professor) könne dann Vorlesungen und Übungen halten. Damit sei auch
das vom Reichstierärzteführer geforderte Weiterbestehen des „in Deutschland
einzig bestehenden Institutes für Hufkunde“ gesichert (UAM Sen-I-
145).
Dekan Ernst dagegen wies in seinem Brief vom 22. Juli 1938 an Rektor
Kölbl auf die Wichtigkeit der Hufkunde für die „Erhaltung der Nutzbarkeit
und Arbeitsfähigkeit der Huf- und Klauentiere“ hin. Die Hufprophylaxe
und der richtige Beschlag seien wichtig für „die Wehrhaftigkeit des
Volkes“ und um die Heerespferde auf Höchstleistung zu halten. Deshalb
erscheine die Spezialisierung des Fachs und die Herausnahme aus der
allgemeinen Chirurgie notwendig und „die Erhaltung der selbständigen
Professur für Hufkunde, Theorie des Hufbeschlags und Beschirrungskunde
vollbegründet“ (UAM Sen-I-145). Auch der Rektor schloss sich dieser
Meinung an und gab das an das Staatsministerium für Unterricht und
Kultus weiter, welches dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung
und Volksbildung die Gegebenheiten schilderte:

192
„Der Rektor [...] ist der Auffassung, daß die Professur nicht aufgegeben
werden soll. Der Reichstierärzteführer teilt diese Ansicht.
Mangels geeigneter Persönlichkeiten kann der übliche Dreiervorschlag
nicht gemacht werden. Für die Professur kommt nach den
Berichten des Dekans und des Rektors nur der derzeitige Vertreter
Landwirtschaftsrat Dr. med. vet. Jöchle in Betracht. Er hat sich
während der Vertretungszeit durchaus bewährt. Ich bitte mich daher
zu ermächtigen, mit Dr. Jöchle Berufungsverhandlungen zu führen“
(BayHStA MK 69637, 1938).
Die Frage der Vorstandschaft der Zivillehrschmiede wurde wieder aufgeworfen.
Dr. Mennel bemühte sich eifrig darum, hatte aber außer seiner
Promotionsarbeit keine wissenschaftlichen Leistungen nachzuweisen. Als
dann noch bekannt wurde, dass Dr. Mennel „durch Heirat jüdisch versippt“
sei und aus dieser Ehe eine Tochter hatte, war für ihn das Rennen verloren
(BayHStA MInn 87315).
Am 25. März 1939 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
mit, dass Jöchle bereit sei, den Ruf auf die offene außerordentliche
Professur für Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und der
Beschirrungslehre an der Tierärztlichen Fakultät der Universität München
anzunehmen. Seine „deutschblütige Abstammung und die seiner Ehefrau“
habe er nachgewiesen. Es folgte eine Aufzählung der Mitgliedschaften in
den Parteigliederungen und die besondere Betonung des Fronteinsatzes
und der Teilnahme an den Kämpfen des Freikorps Epp. Die Ernennung
zum planmäßigen außerordentlichen Professor wurde zum 1. April 1939
beantragt, erfolgte aber dann doch erst am 14. August 1939 130 (BayHStA
MK 43826).
Dr. Wilhelm Pschorr, Oberregierungsrat im Bayerischen Staatsministerium
des Innern und unmittelbarer Fachvorgesetzter von Hans Jöchle während
seiner Tätigkeit als Landwirtschaftsrat für Hufbeschlag, schrieb in seinem
Gutachten über Hans Jöchle am 26. November 1945:
„Die Besetzung ging nicht glatt vor sich, da mächtige Gegenspieler
vorhanden waren, aber der Zivilist Jöchle wurde doch vorgezogen
130 Im März 1939 muss sich auch der Zwischenfall mit dem Veterinärinspekteur ereignet
haben (siehe Kap. 4.4). Möglicherweise war das der Grund für das Hinauszögern der Ernennung.

193
und somit die einzige hauptamtliche Professur für diesen Zweig in
Deutschland gerettet. Es ist hier ausdrücklich zu betonen, dass - wie
ich ganz genau weiss - die Mitgliedschaft zur NSDAP in keinerlei
ursächlichem Zusammenhang zur Berufung stand, sondern lediglich
die sachliche Geeignetheit den Ausschlag gab. Es wäre also
durchaus falsch, die Berufung des Dr. Jöchle auf parteipolitische
Einflüsse oder Bindungen zurückzuführen oder ihn gar zum
Nutzniesser des ‚3. Reiches‘ stempeln zu wollen. Ich halte diese
Feststellung für besonders wichtig, da derartige Fehlschlüsse auch
bei der Berufung eines anderen Mitgliedes der tierärztlichen
Fakultät gezogen wurden“ (StAM SpkA K 814 Johannes Jöchle,
Oberregierungsrat im Bayerischen Staatsministerium des Innern, Dr.
Pschorr, 26.11.1945).
Die Ernennung von Hans Jöchle zum Professor erfolgte zum einen aus
finanzpolitischen Gründen, zum andern, weil keine tierärztliche Ausbildungsstätte
einen geeigneten Kandidaten vorweisen konnte, der habilitiert
oder zumindest zur Habilitation bereit war. Die Tierärztliche Fakultät
konnte aber letztlich doch ihren Kandidaten durchsetzen, was bei den
vielfachen Einflussversuchen durch verschiedene parteikonforme Instanzen
wie dem Reichskriegsministerium, dem Reichstierärzteführer und dem
Leiter der Dozentenschaft nicht selbstverständlich war, wenn auch aus
finanzpolitischen Gründen der Lehrstuhl für Hufkunde weitergeführt
werden musste, obwohl die Fakultät dessen Auflösung angestrebt hatte und
den Lehrstuhl anderweitig nutzen wollte. In fachlicher Hinsicht war Hans
Jöchle mit seiner langjährigen Erfahrung im Hufbeschlag sicher bestens
geeignet. Angesichts der dringend benötigten Professur für Fleischbeschau
und Nahrungsmittelkunde ist es aber unverständlich, dass auf diese
Professur verzichtet wurde, zugunsten einer Professur für Hufkunde, die
eigentlich niemand haben wollte.
An den tierärztlichen Ausbildungsstätten Berlin und Hannover wurde der
Lehrauftrag für Hufkunde an Veterinäroffiziere vergeben und somit auch
der Militärhufebeschlag still und leise in den zivilen Bereich übernommen.
Diese Methode wurde in München durch die geplante Berufung Hans
Jöchles vereitelt und schuf erst die Bedingungen für den Hufbeschlagstreit
im März 1939 an der Heereslehrschmiede München. 131
131 Siehe Kap. 4.4.

194
5.2.4 Fleischbeschau, Lebensmittelkunde und Parasitologie
Seit dem 1. April 1903 verlangte das Reichsgesetz eine regelmäßige
Schlachtvieh- und Fleischbeschau und damit auch eine umfassendere
Ausbildung der angehenden Tierärzte in der Fleischbeschau. So wurde
1905 die Fleischbeschau Prüfungsfach (Eichhorn 1951, 42-43). 1913
wurde dieses Prüfungsfach erweitert und umfasste nunmehr „Fleischbeschau
und sonstige Kunde der vom Tiere stammenden Nahrungsmittel“.
Die Tierärztliche Hochschule in München veranstaltete als erste tierärztliche
Bildungsstätte einen regelmäßigen Unterricht in Lebensmittelkunde.
Da es aber an Räumlichkeiten mangelte, „konnte das Fach lange nicht
seiner Bedeutung entsprechend ausgebaut werden“. Auch eine „Eingabe“
der Studenten 1922 für eine Verbesserung der Ausbildung in der Fleischbeschau
scheiterte an der Raumfrage (Krauße, Zaadhof 1990, 85).
Der Pathologe Kitt hatte neben seinen vielen anderen Fächern auch die
Nahrungsmittelhygiene gelesen. Nachdem die Tierärztliche Hochschule
München das Habilitationsrecht erlangt hatte, nutzte als erster 1912 132 der
Schlachthoftierarzt Dr. Max Müller die Gelegenheit sich zu habilitieren
und erhielt den Lehrauftrag an der Fakultät. Für den Unterricht stellte er
Räume und Material des Schlachthofs zur Verfügung. Jedes Jahr versuchte
Müller erneut, die Errichtung einer Professur für Nahrungsmittelhygiene
zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. 1923 stellte er schließlich ein Ultimatum:
Entweder die Professur und ein Institut würden errichtet, oder er trete
zurück. Das ließen sich das Ministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten
und die Fakultät nicht gefallen und entließen ihn. Von den
Münchner Amtstierärzten wollte verständlicherweise keiner die Stelle
antreten, und schließlich wurde der Lehrauftrag für Lebensmittelkunde
(von Tieren stammende Lebensmittel, ausgenommen Milch, mit Lehrauftrag
für Fleischbeschau) dem Oberveterinärrat und späteren Direktor des
Augsburger Schlachthofs Dr. Georg Stroh erteilt (Koch 1972, 58-59;
Krauße, Zaadhof 1990, 85). Stroh fuhr einmal wöchentlich mit der Bahn
nach München, um die Vorlesung „Fleischbeschau“ bzw. „Fleischbeurteilungsübungen“
zu halten. Seine Objekte brachte er in einem Koffer mit.
Um die Studenten mit dem Schlachthof vertraut zu machen, wurden sie
einmal im Semester nach Augsburg eingeladen (Baier 1990, 55). Doch die
Zeit für die Vorlesungen war viel zu knapp. Außerdem fehlte es an
Demonstrationsmaterial und die Praxis musste man außerhalb der Fakultät
132 Koch (1972, 58) berichtet irrtümlich von einer Habilitation im Jahr 1914. 1916 wurde Max
Müller außerordentlicher Professor und 1934 Honorarprofessor (Krauße, Zaadhof 1990, 84).

195
erlernen. 133 Eine solche Ausbildung war für die tierärztliche Praxis völlig
unzureichend (Koch 1972, 58-59).
Dieser Zustand wurde auch von Seiten der Praktiker bemängelt und so
wandte sich 1925 Generalstabveterinär a. D. Dr. med. vet. Göbel aus
München an das Bayerische Staatsministerium des Innern mit dem
„Betreff: Notwendigkeit der Schaffung eines neuen Ordinariates und
Institutes für animalische Nahrungsmittelkunde an der tierärztlichen
Fakultät der LMU zu München.
Bei den Verhandlungen des Staatshaushaltsausschusses über den
bayerischen Kultusetat 1921/22 hat der Herr Abgeordnete Dr.
Wohlnuth den alten Wunsch der Tierärzte nach Schaffung eines
Ordinariates für Fleischbeschau an der Münchner tierärztlichen
Fakultät vorgebracht. […]
Schlachthoftierärzte, die bestrebt waren und noch sind, die Lücke
auszufüllen, die durch den Mangel eines Lehrstuhles für animalische
Nahrungsmittelkunde immer noch vorhanden ist. Diese haben im
Gegenteil das Menschenmögliche geleistet mit dem, was ihnen an
Zeit und Mitteln zur Verfügung gestanden ist; [...]
Die Studierenden der Tiermedizin wie auch die Tierärzte haben
daher bis heute immer wieder den Wunsch geäußert, dass ihnen in
der Fleischbeschau an ihrer Hochschule, an ihrer Fakultät eine
bessere Ausbildung zu teil werde - eine Ausbildung, die der Wichtigkeit
und der immer mehr steigenden Bedeutung der animalischen
Nahrungsmittelkunde in hygienischer und volkswirtschaftlicher
Hinsicht gerecht werde.
Die Gesamtvertretung der deutschen Tierärzte, der Deutsche
Veterinärrat, hat die Schaffung ordentlicher Professuren für Fleisch-
und Milchhygiene, für sonstige animalische Nahrungsmittelkunde
und für Schlacht- und Viehhofwesen an den tierärztlichen Hochschulen
und Fakultäten als dringend notwendig erklärt. [...]
133 Erst 1934 wurde mit der 5. Prüfungsordnung auch eine dreimonatige praktische Ausbildung
in der Fleischbeschau an einem zugelassenen Schlachthof eingeführt (Eichhorn 1951,
71).

196
Ordinariate für Nahrungsmittelkunde befinden sich schon in Berlin
und Leipzig; in Hannover sind die Schritte dazu getan [...]“
(BayHStA MInn 87315, 9.12.25).
1932 wurde Oskar Seifried Nachfolger von Prof. Kitt. Am Institut gab es
bei Seifrieds Berufung zwei Assistenten: Dr. Ernst Heidegger und Dr.
Hans Sedlmeier. Um eine Rufabwendung zu erreichen, wurde am
12. Oktober 1934 das Extraordinariat in ein Ordinariat umgewandelt. Dabei
wurde Seifried „vom Dekanat der Universität zu einem Memorandum
über die Situation der Tierärztlichen Fakultät eingeladen“. Er verlangte die
Errichtung eines Lehrstuhls für Parasitologie und eines Lehrstuhls für
Lebensmittelkunde, „Lehrstühle, die an anderen Fakultäten bereits
florierten“ (Hermanns, Dahme 1990, 182). Aufgrund dieser Forderungen
konnten sich der Assistent am Tierhygienischen Institut, Hans Sedlmeier
(1936), bei Prof. Wilhelm Ernst für Hygiene, Bakteriologie, Fleischbeschau
und Milchhygiene (Krauße, Zaadhof 1990, 85) 134 und Ernst Heidegger
für Parasitologie habilitieren (Hermanns, Dahme 1990, 182). Beiden
wurde 1937 die Dozentur übertragen.
1933 wurde außerdem Georg Stroh zum Honorarprofessor ernannt, der bis
zum Ende des Zweiten Weltkriegs an der Fakultät lehrte. Im WS 1938/39
hielt Stroh einen „Lehrgang und Übungen in der Schlachtvieh- und
Fleischbeschau“ (4 Wochenstunden) und Privatdozent Sedlmeier die
Vorlesung „Von Tieren stammende Lebensmittel und ihre Haltbarmachung“
(1 Wochenstunde). Im SS 1939 unterrichtete Prof. Dr. Stroh
„Schlachtvieh- und Fleischbeschau“ (3 Wochenstunden) und „Tierärztliche
Lebensmittelkunde“ (3 Wochenstunden). Privatdozent Dr. Sedlmeier las
wieder „Von Tieren stammende Lebensmittel und ihre Haltbarmachung“
(1 Stunde) (Krauße, Zaadhof 1990, 85-86).
Anfang 1939 erging an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus
wieder ein Brief, der das Fehlen einer Professur für Fleischbeschau und
Lebensmittelkunde in München bemängelte. Der Absender ist nicht zu
entziffern. Der Brief zeigt aber, wie schlecht es in München immer noch
um die Ausbildung in der Lebensmittelhygiene stand:
„Das Fehlen einer Professur für Fleischbeschau und tierärztliche
Lebensmittelkunde an der tierärztl. Fakultät München wirkt sich
134
Hermanns und Dahme (1990, 182) berichten von einer Habilitation für Nahrungsmittelkunde.

197
schon seit Jahren nachteilig in der Praxis und in der Veterinärverwaltung
aus. Die Tierärzte, die aus der Münchener Fakultät
hervorgehen, gehen nicht mit der gründlichen Ausbildung in die
Praxis wie die Tierärzte aus den übrigen Fakultäten.
Besonders brennend ist die Frage geworden seit dem Erlass des
Lebensmittelgesetzes im Jahre 1927 und insbesondere seit dem
Erlass der VO. v. 7.5.1937 […] über die Durchführung des
Lebensmittelgesetzes. Diese VO. ist bereits am 1. Oktober 1937 in
Kraft getreten. Nach dieser VO. sind die Amtstierärzte u. a.
Sachverständige für die Überwachung des Verkehrs mit frischem
und zubereitetem Fleisch warmblütiger Tiere (ausgenommen Fett)
sowie mit Erzeugnissen aus solchem Fleisch, mit Fischen, Weich-,
Schalen- und Krustentieren und deren Zubereitungen sowie mit
Eiern.
Da den Veterinärbeamten von der Hochschule her die notwendigen
Kenntnisse in der tierärztlichen Lebensmittelüberwachung fehlten,
mussten für diese kostspielige Sonderlehrgänge abgehalten werden,
um ihnen wenigstens das allernotwendigste Rüstzeug zu geben. In
4tägigen Kursen kann natürlich von einer eingehenden Behandlung
der Materie keine Rede sein.
Von Seiten der Veterinärverwaltung wird schon seit Jahren darauf
hingewirkt, dass doch endlich auch die Münchener Fakultät eine
ordentliche Professur für Fleischbeschau und Lebensmittelkunde
erhält. Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, wie wichtig gerade die
Lebensmittelkunde und Fleischbeschau bei der heutigen Vorratswirtschaft
und bei dem grossen Bedarf der Wehrmacht an
Lebensmitteln tierischer Herkunft ist. Weiterhin stellt der grosse
Verbrauch und Verkehr mit Fischen und Fischerzeugnissen neue
Anforderungen an die Kenntnis und das Wissen der Tierärzte.
Aus allen diesen Gründen kann, insbesondere auch von Standpunkt
der gesundheitlichen Betreuung der Volksgenossen gesehen, nicht
mehr verantwortet werden, wenn den Tierärzten für die grossen
Aufgaben in der Ausübung der Fleischbeschau und der Lebensmittelüberwachung
nicht die notwendige Ausbildung an der Fakultät
zuteil wird. Ein Lehrauftrag kann diesen Zweck nicht erfüllen. Nur
eine Professur, bei der Lehre und Forschung vereinigt sind, kann die
notwendige Ausbildung gewährleisten. Ich erachte deshalb die

198
Errichtung einer Professur an der Tierärztlichen Fakultät der
Universität München für unbedingt erforderlich“ (BayHStA MInn
87315).
Michael Apfelbeck vom Bayerischen Staatsministerium des Innern quittierte
diesen Brief mit der Bemerkung:
„Von Seiten der Veterinärverwaltung laufen schon seit Jahren
Bemühungen, dass endlich auch die Münchener Fakultät eine
Professur für Fleischbeschau und Lebensmittelkunde erhält, jedoch
bisher ohne Erfolg“ (BayHStA MInn 87315).
So wandte sich das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und
Kultus am 14. Februar 1939 an das Staatsministerium der Finanzen
betreffs der „Errichtung einer Professur für Fleischbeschau und tierärztliche
Lebensmittelkunde in der Tierärztlichen Fakultät der Universität
München“. Die anderen tierärztlichen Bildungsstätten verfügten bereits
über entsprechende Professuren, nur in München wurde das Fach bisher
nebenamtlich durch Honorarprofessor Dr. Georg Stroh, Direktor des
städtischen Schlacht- und Viehhofs Augsburg, versehen. Doch die neue
Studienordnung machte die Errichtung einer eigenen Professur notwendig.
Die Tierärztliche Fakultät, der Leiter der Dozentenschaft und der Rektor
der Universität München beantragten deshalb die Schaffung einer neuen
Professur, mit angegliedertem Institut, zwei Assistenten und einer technischen
Assistentin. Das Staatsministerium des Innern wies darauf hin, dass
„sich das Fehlen einer Professur für Fleischbeschau und tierärztliche
Lebensmittelkunde in der tierärztlichen Fakultät der Universität München
schon seit Jahren nachteilig in der Praxis und in der Veterinärverwaltung
ausgewirkt hat“ (BayHStA MF 71323).
Auch eine Professur für Parasitologie wurde dringend benötigt, denn
inzwischen wurde von den Studierenden für die Zulassung zur Prüfung der
Nachweis der Teilnahme an einem parasitologischen Kurs und an einer
Vorlesung über Parasitenkunde gefordert. Aber auch eine solche Professur
fehlte - im Gegensatz zu anderen Hochschulen - in München. So beantragten
der Rektor und der Leiter der Dozentenschaft die Schaffung einer
neuen Professur, der ein Institut mit planmäßigem Assistenten angegliedert
werden sollte. Auch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und
Kultus hielt dies für dringend geboten und forderte, ebenfalls am
14. Februar 1939, unterstützt durch das Staatsministerium des Innern, vom
Staatsministerium der Finanzen auch noch die

199
„Errichtung einer Professur für Schmarotzerkunde in der tierärztlichen
Fakultät der Universität München. [...] Die unbedingt notwendige
Bekämpfung der Schmarotzerkrankheiten, die dem deutschen
Volksvermögen ungeheuere Verluste zufügten, sei nur dann
wirksam, wenn die durch Schmarotzer hervorgerufenen Krankheiten
rechtzeitig festgestellt und in ihrer Natur und Ursache richtig
erkannt würden. Das setze aber eine entsprechende Ausbildung
voraus“ (BayHStA MF 71323).
Diesen Argumenten konnte das Staatsministerium der Finanzen nichts
entgegensetzen und stimmte der Errichtung der beiden Professuren zu
(BayHStA MF 71323). Bei Kriegsende gab es in München nun immerhin
ein Extraordinariat für Nahrungsmittelkunde und eines für Parasitologie
(Hermanns, Dahme 1990, 182).
5.2.5 Die Theologische Fakultät in München
Im WS 1938/39 wurde die Theologische Fakultät München durch die
bayerische Regierung wegen Differenzen um eine Lehrstuhlbesetzung
geschlossen. Die Münchner Theologieprofessoren wurden emeritiert oder
versetzt und die Lehrstühle eingezogen (Heiber 1994, 205-207).
Die Universität nahm die Schließung einer ihrer Fakultäten 135 zur
Kenntnis, von einem von der Regierung ernannten „Führer-Rektor“ war
auch kein Einspruch zu erwarten (Pascher 1966, 60). Der Rest der
Universität war vielmehr bemüht, das Erbe der Theologischen Fakultät
unter sich aufzuteilen, das heißt, der Kampf um die Lehrstühle begann.
Auch die Tierärztliche Fakultät bemühte sich, zwei Lehrstühle zu erhalten.
Die Sitzung des Akademischen Senats am 15. Mai 1939 hatte die
Schließung der Theologischen Fakultät zum Thema. Die Dekane wurden
angehalten, baldmöglichst ihre Anträge für neue Lehrstühle einzureichen.
„Es soll unter allen Umständen verhindert werden, dass vom Ministerium
ein theologischer Lehrstuhl an eine andere Hochschule abgegeben wird“
(UAM D-III-106).
135
Die Tierärztliche Fakultät München wurde erst am 13. September 1939 geschlossen (siehe
Kap. 5.2.6).

200
Auf der Sitzung am 26. Oktober 1939 wurde dann die Verwendung der
freigewordenen Lehrstühle diskutiert und man kam zu folgender Rangliste
der neu zu errichtenden Ordinariate:
1. Lehrstuhl für Rechtsvergleich
2. Betriebswirtschaftslehre
3. Gerichtliche Medizin
4. Zahnheilkunde
5. Schlachtvieh- und Fleischbeschau sowie tierärztliche Lebensmittelkunde
6. Physikalische Chemie
7. Steuerrecht
8. Wirtschaftsgeschichte
9. Osteuropäische Geschichte
Reihenfolge der außerordentlichen Lehrstühle:
1. Chirurgie des Kindesalters
2. Tierärztliche Parasitologie
3. Völkerkunde mit besonderer Berücksichtigung der Kolonien
4. Angewandte Physik
5. Vererbungswissenschaft (UAM D-III-106).
Dem Ministerium sollten nach Auflösung der Theologischen Fakultät acht
ordentliche und acht außerordentliche Lehrstühle vorgeschlagen werden
(UAM D-III-106). Der Tierärztlichen Fakultät, die hier noch eifrig um
neue Lehrstühle kämpfte, sollte bald ein ähnliches Schicksal widerfahren.
5.2.6 Schließung und Wiedereröffnung?
Bei Ausbruch des Krieges 1939 war es die Absicht des Reichserziehungsministeriums,
eine möglichst große Anzahl an Hochschulen zu schließen
und nur einige wenige für den nötigsten Bedarf offen zu halten (Eichhorn
1951, 74). Die Universität München war eine der wenigen, die - bis auf die
Tierärztliche Fakultät - nicht geschlossen wurde. Die Tierärztliche
Hochschule Hannover mit der Heeresveterinärakademie und die Fakultät in
Berlin sollten den Bedarf des Heeres und den Zivilbedarf an Tierärzten
decken (TiHoA o. Sign.). Dies führte aber zu einem Ansturm auf die
offenen tierärztlichen Hochschulen, die ihre Aufgaben in überfüllten

201
Parallelkursen und doppelt gehaltenen Vorlesungen erfüllen mussten. Mit
der Zeit wurde ein Großteil der deutschen Universitäten und auch der
tierärztlichen Hochschulen wieder eröffnet (Eichhorn 1951, 75). Die
Tierärztliche Hochschule Wien wurde am 1. Oktober 1939 wieder
geöffnet, die Tierärztliche Fakultät in Gießen am 8. Januar 1940
(Schimanski 1997, 238). Nur die Tierärztliche Fakultät München blieb
geschlossen.
Zu Beginn des Krieges wurden die meisten Institutsvorstände und
Assistenten der Tierärztlichen Fakultät München, bis auf die Professoren
Reinhard Demoll, Wilhelm Ernst und Karl Hilz, auf einen Streich zum
Wehrdienst eingezogen und damit standen Lehrbetrieb und Forschung an
den Instituten still (von Obernberg 1965, 59; Westhues 1965, 66). Am
13. September 1939 erließ der Dekan Ernst den offiziellen Schließungsbescheid,
womit Lehr- und Forschungstätigkeit endgültig eingestellt wurden
(siehe Abb. 49). Die meisten Kliniken wurden geschlossen. Nur der
Klinikbetrieb der Medizinischen Klinik und der Untersuchungsbetrieb des
Instituts für Tierpathologie konnten notdürftig aufrechterhalten werden.
Insbesondere der Ausfall der Chirurgischen und der Ambulatorischen
Tierkliniken führte für Landwirte und andere Tierbesitzer zu großen
Verlusten, da kranke Tiere nicht behandelt wurden und deshalb teilweise
getötet werden mussten. Privatkliniken gab es sowieso keine mehr, da
42 % der bayerischen Tierärzte im Feld standen und „von den zurückgebliebenen
Tierärzten ist ein grosser Teil nur mehr beschränkt
verwendungsfähig“ (BayHStA MInn 87315, Februar 1940; Boessneck
1972, 324).

202
Abb. 49: Schließungsbescheid für die Tierärztliche Fakultät München. Es
handelt sich hier um einen Bogen Durchschlagpapier, das oft verwendet
wurde, um Schriftstücke zu vervielfältigen. Das Papier ist sehr dünn, die
Schrift, bedingt durch das Durchschlagverfahren, sehr dick bis verschwommen.
Auffällig ist der letzte Halbsatz, der sich deutlich von der andern
Schrift abhebt, weil die Linien der Buchstaben schmal, klar und nicht
verschwommen sind. Das führt zu der Vermutung, dass dieser Satz
nachträglich hinzugefügt wurde.

203
Schon Ende Oktober 1939 wurde der Tierärztlichen Fakultät München die
Wiedereröffnung in Aussicht gestellt. Das nächste Trimester 136 begann am
8. Januar 1940 - allerdings ohne die Tierärztliche Fakultät, denn der Antrag
der Fakultät auf Freistellung von Professoren und Assistenten vom
Heeresdienst wurde am 1. Februar 1940 vom Oberkommando der Wehrmacht
abgelehnt. Dadurch war auch die Wiedereröffnung im nächsten
Sommertrimester in Frage gestellt. Die Begründung, die laufenden Entlassungen
von Veterinäroffizieren zur Deckung des dringendsten Bedarfs der
Veterinärverwaltung und der Wirtschaft seien so zahlreich, dass es nicht
möglich sei, auch noch Lehrpersonal für die Universität München
freizustellen, wirkt fadenscheinig. Denn schon mit fünf bis sechs
Veterinäroffizieren wäre eine Aufnahme des Unterrichts möglich gewesen
(BayHStA MInn 87315, Februar 1940).
Der Reichsminister des Innern wies auf die wirtschaftlichen und
militärischen Nachteile hin, die die Schließung mit sich brachte: Die
Studenten aus dem süddeutschen Raum waren gezwungen, in Norddeutschland
zu studieren, was für viele große finanzielle Opfer bedeutete.
Mancher Student überlegte sich, ob er wirklich Tiermedizin studieren oder
lieber ein anderes Studium ergreifen sollte, das mit weniger Aufwand zu
bestreiten war. Das verstärkte den Mangel an Veterinäroffizieren insbesondere
im süddeutschen Armeekorps, da viele, die in den Norden zogen,
um dort zu studieren, auch dort zum Heeresdienst eingezogen wurden
(BayHStA MInn 87315, Februar 1940).
Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung wies
die Heeresveterinärinspektion darauf hin, dass die Sicherstellung der
tierärztlichen Versorgung in der Heimat nicht mehr gewährleistet sei und
eine erhebliche Seuchengefahr für die Haustiere bestehe. Insbesondere die
Pferdezucht mit den Vollblutgestüten in Planegg, Leutstetten, Heimathausen
und Buchhof hatte darunter zu leiden (BayHStA MInn 87315).
Die elf ordentlichen und außerordentlichen Professoren der Münchner
Tierärztlichen Fakultät hatten sich schon vor dem Krieg freiwillig zu
militärischen Übungen zur Verfügung gestellt und auch die Assistenten
standen im Heer. So stellten das Bayerische Staatsministerium des Innern
136 Schon 1939/40 wurde deutlich, dass es kriegsbedingte Nachwuchsprobleme unter den
Akademikern geben würde. So beschleunigte das Reichserziehungsministerium die
Studiengänge, indem es das Studienjahr in drei Trimester anstatt der bisherigen zwei Semester
einteilte. Die Vorlesungszeit wurde von siebeneinhalb auf zehneinhalb Monate pro Jahr
angehoben, die Semesterferien entsprechend gekürzt (Schimanski 1997, 243).

204
und der Reichsdozentenführer die Forderung, wenigstens die über 45 Jahre
alten Professoren freizustellen: Ernst, Stoß, Seifried, Abelein und
Stockklausner. Professor Westhues, der als Chirurg im Pferdelazarett in
Ulm tätig war, sollte nach München versetzt werden. Professor Jöchle, der
zu diesem Zeitpunkt die 45 bereits überschritten hatte, wird hier nicht
erwähnt (BayHStA MInn 87315, Februar 1940).
Auch die Errichtung einer tierärztlichen Fakultät in Posen, die Lehrkräfte
benötigte, war im Gespräch, doch das Bayerische Staatsministerium des
Innern wollte erfahren haben, dass „nach dem Willen des Führers vorerst
von der Errichtung der Universität in Posen abgesehen werden muss“. Das
Ministerium und der Reichsdozentenführer wandten sich an den Reichsminister
für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung mit der Bitte, beim
Oberkommando der Wehrmacht vorzusprechen und richteten auch selbst
ein Schreiben dorthin. Auch das Staatsministerium für Unterricht und
Kultus, das Reichsministerium des Innern und der Generaloberstabsveterinär
Dr. Curt Schulze persönlich wurden gebeten, die Freistellung der
Professoren zu erwirken (BayHStA MInn 87315, Februar 1940):
„Trotz aller Bemühungen auch von seiten des RMdI. 137 und des
StMdI. 138 ist es bisher nicht gelungen, dass die Münchner Tierärztl.
Fakultät ihren Betrieb wieder aufnehmen konnte. Alle tierärztl.
Hochschulen und Fakultäten sind offen. Es wäre [eine] Härte
sondergleichen, wenn die Münchner Bildungsstätte dafür bestraft
würde, dass eine sehr grosse Anzahl ihrer Professoren, Dozenten
und Assistenten im Felde steht. Es ist mehr als einfach für das
Oberkommando des Heeres, 6 Veterinäroffiziere vom Wehrdienst
freizustellen. Die Ablehnung des Generaloberstabsveterinärs ist
nicht überzeugend begründet (BayHStA MInn 87315, Februar
1940).“
Nach einem Bericht von Dr. Friedrich Weber sah das Reichserziehungsministerium
die Ursache allein darin, dass
„der Rektor der Universität im Gegensatz zu dem viel lebendigeren
und stosskräftigeren Rektor der Technischen Hochschule München
es nicht verstanden hat, entsprechende Beziehungen zum Wehrkreiskommando
VII anzuknüpfen und zu erreichen, dass ihm wenigstens
137 Reichsministerium des Innern.
138 Bayerisches Staatsministerium des Innern.

205
einige der älteren Dozenten der Fakultät wieder zur Verfügung
gestellt werden“ (BayHStA MInn 87315).
Danach sei es nach den bisherigen Erfahrungen viel einfacher, auch die
anderen Professoren vom Heer zurückzuerhalten. Gießen und Wien
konnten nach diesem Rezept innerhalb eines halben Jahres ihre Fakultät
bzw. Hochschule wieder eröffnen. Entscheidend sei, dass neben dem
Anatomen vielleicht noch zwei oder drei der älteren Münchner Professoren
im Laufe des Spätherbstes freigestellt würden und die Universität dann die
Eröffnung der Fakultät zum 1. Januar 1941 bekannt gebe - die Genehmigung
hierfür würde sie vom Reichserziehungsministerium erhalten.
Daraufhin könne man auch den Rest der Professoren mit der Unterstützung
des Reichserziehungsministeriums loseisen. Nach einem Abkommen
zwischen der Veterinärverwaltung und der Veterinärinspektion sollten die
beamteten Tierärzte der Geburtsjahrgänge 1898 und älter im Laufe des
Herbstes bis auf einige ganz wenige Ausnahmen restlos wieder der
Zivilverwaltung zur Verfügung gestellt werden. Entscheidend seien
nunmehr die Energien des Münchner Rektors (BayHStA MInn 87315).
Reichstierärzteführer Dr. Friedrich Weber schrieb am 1. Oktober 1940 an
Oberregierungsrat Dr. Michael Apfelbeck im Staatsministerium des
Innern, dass von seiner Seite aus alles geschehen sei, um eine Wiedereröffnung
der Münchner Fakultät zu erwirken. Nun sei es Sache des
Rektors, alles daran zu setzen, dass die Fakultät in München wieder
eröffnet werde (BayHStA MInn 87315). Der Dekan der Tierärztlichen
Fakultät München teilte diese Meinung und bat den Rektor, beim
Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung zu beantragen,
dass der Lehr- und Forschungsbetrieb der Münchner Tierärztlichen
Fakultät zum 1. Januar 1941 wieder eröffnet werde und dass der
Reichsminister auch beim Oberkommando des Heeres dafür eintrete, dass
wenigstens alle für die Eröffnung des vollen Lehr- und Forschungsbetriebs
nötigen Kräfte der Geburtsjahrgänge 1898 und älter spätestens bis zum
1. Dezember 1940 für ihren Zivilberuf freigestellt würden (BayHStA MInn
87315, 5.10.1940). Dieser Personenkreis bestand aus folgenden Dozenten:
Dr. Wilhelm Ernst, o. Prof. (1879) Oberstabs- u. Chefveterinär,
Wehrkreis-Veterinär-
Untersuchungsstelle VII
Dr. Joannes Nörr, o. Prof. (1886) Oberstabsveterinär,
Feldpostnummer ...

206
Dr. Anton Otto Stoß, o. Prof. (1888) Oberstabsveterinär,
Heimatpferdelazarett
Frankfurt a. M.
Dr. Fritz Stockklausner, o. Prof. (1889) Oberstabsveterinär,
Feldpostnummer ...
Dr. Melchior Westhues, o. Prof. (1896) Oberveterinär,
Heimatpferdelazarett 105 in
Ulm a. D., unterer Kuhberg
Dr. Oskar Seifried, o. Prof. (1896) Stabsveterinär,
Heimatpferdelazarett 105 in
Ulm a. D., unterer Kuhberg
Dr. Richard Abelein, pla. ao. Prof. (1891) Oberstabsveterinär,
Feldpostnummer ...
Dr. Hans Jöchle, pla. ao. Prof. (1892) Oberstabsveterinär,
Feldpostnummer: 14773
Dr. Rudolf Stetter, außerpla. Prof. (1890) z. Zt. noch nicht eingerückt,
war bis jetzt nach Ankara
beurlaubt
Dr. Eduard Heidegger, Dozent (1898) Veterinär,
Feldpostnummer ...
(BayHStA MInn 87315, 5.10.1940).
Trotz mehrfacher Anträge war es bisher nicht geglückt, auch nur einen der
zum Heeresdienst eingezogenen Professoren, Dozenten oder Assistenten
freizustellen. Organisationen des Reichsnährstandes, Züchter und Tierhalter
waren recht verärgert, dass gerade im viehzuchtreichen Süddeutschland
die bewährte Hilfe der Tierärztlichen Fakultät in München fehlte,
während alle übrigen Fakultäten in Deutschland geöffnet waren (BayHStA
MInn 87315, 5.10.1940).
Im darauf folgenden Januar 1941 empfahl auch der Reichstierärzteführer
Friedrich Weber, Kontakt mit dem Reichsminister für Wissenschaft,
Erziehung und Volksbildung aufzunehmen, damit dieser persönlich die
Sache in die Hand nehmen könne.
„Das Oberkommando des Heeres - Veterinärinspektion - ist an der
Angelegenheit weitgehend desinteressiert. Es ist bereit, die Kräfte
für 4 Ausbildungsstätten zur Verfügung zu stellen und hat kein
Interesse an den Fakultäten in Leipzig und Giessen, wie der
Veterinärinspekteur mir persönlich erklärt hat. Welche Ausbildungsstätten
aber in Betrieb genommen bezw. gelassen werden sollen,

207
überläßt er dem Erziehungsministerium, wenn er auch persönlich,
wie die Inspektion keine Bedenken gegen die Inbetriebnahme der
Münchener Fakultät hat, allerdings unter der Voraussetzung, daß
dafür die dort erforderlichen Kräfte an anderen Stellen (Leipzig,
Giessen) eingespart werden“ (BayHStA MInn 87315).
Obwohl der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung,
Bernhard Rust, im Herbst 1940 noch die Wiedereröffnung der
Tierärztlichen Fakultät München zum ersten Trimester 1941 in Aussicht
gestellt hatte (BayHStA MInn 87315, 25.9.1940), lehnte er am 14. März
1941 plötzlich die Wiedereröffnung der Münchner Fakultät ab. Daraufhin
stellte der Bayerische Staatminister des Innern, Adolf Wagner, am 20.
März einen weiteren Antrag, der am 7. April wiederum abgelehnt wurde.
Trotzdem versuchte er schon am 18. April wieder, von der Notwendigkeit
der Wiedereröffnung zu überzeugen. Als Haupthindernis war seiner
Ansicht nach die Veterinärinspektion beim Oberkommando des Heeres
anzusehen.
Als weiterer Grund gegen die Wiedereröffnung Münchens wurde die
Tatsache angeführt, dass sämtliche Professoren sich schon vor dem Krieg
freiwillig zu Übungen zur Verfügung gesellt hatten. Außerdem vertrat die
Veterinärinspektion die Ansicht, dass es bei dem außerordentlich hohen
Bedarf auf jeden einzelnen Tierarzt ankam, insbesondere auf jeden, dem
eine leitende Stelle übertragen werden konnte. Wagner sah kein größeres
Problem darin, zugunsten Münchens eine andere Lehrstätte zu schließen
(BayHStA MInn 87315, 18.4.1941). Er wollte sogar Dozenten aus anderen
Fakultäten, insbesondere Leipzig, für München heranziehen. „Der Herr
Reichstierärzteführer Min. Dir. Prof. Dr. Weber hat ebenfalls bereits
zugesagt, dass er auch die notwendige Zahl von Assistenten zur Verfügung
stellen wird […]“ (BayHStA MInn 87315, 19.3.1941).
Auch Christian Weber, Präsident des Bezirksverbandes Oberbayern, setzte
sich für die Wiedereröffnung ein:
„Es ist wirklich unverständlich, dass ausgerechnet Bayern in einer
solchen Weise behandelt wird, dass hier nicht ein einziger Professor
der Schule verbleiben könnte. Professor Westhues sitzt in Ulm, hat
dort nichts zu tun und darf einfach nicht nach München. Den Dienst
in Ulm könnte auch ein weniger fähiger und geringerer Tierarzt
versehen. In anderen und kleineren Städten wie in Gießen, Hannover
usw. hat man die tierärztliche Hochschule bestehen lassen. Die

208
Klagen nehmen immer mehr zu und zwar berechtigterweise“
(BayHStA MInn 87315, 11.8.1942).
Im Herbst 1942 gab der Reichsminister des Innern dem Bayerischen
Staatsministerium des Innern in München wenig Anlass zur Hoffnung auf
eine baldige Wiedereröffnung:
„Nach meiner Kenntnis der Ersatzlage und der Stellungnahme des
Oberkommandos des Heeres zur Frage der Uk-Stellung von
Lehrkräften der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität
München halte ich einen Antrag auf Entlassung des Professors Dr.
Westhues aus dem Heeresdienst sowie alle Bemühungen um die
baldige Wiedereröffnung der Fakultät in München für aussichtslos.
Ihre Auffassung, dass die im Heeresdienst befindlichen Professoren
dieser Fakultät in ihren Stellungen durch Veterinäroffiziere, die
nicht Professoren sind, ersetzt werden können, wird meines Wissens
von der Veterinärinspektion nicht geteilt“ (BayHStA MInn 87315,
23.9.1942).
Die Ausbildung der Heeresveterinäre war in Berlin und Hannover zusammengefasst,
um die volle Ausnutzung der dort vorhandenen guten Einrichtungen
und Lehrkräfte zu gewährleisten. So studierten im ersten Trimester
1940 in Berlin 312, in Hannover 749 und in Gießen, Leipzig und Wien
zusammen 294 Veterinäre. Durch neue Einziehungen war die Zahl der
Studenten weiter zurückgegangen, so dass neben Berlin und Hannover
zwei weitere tierärztliche Ausbildungsstätten für den zivilen Bedarf
wirklich genügten. In Wien lagen die Verhältnisse insofern günstig, als es
dort möglich war, eine große Zahl von Professoren einzuziehen, sie aber
vor Ort zu beschäftigen, so dass sie auch die Vorlesungen abhalten
konnten. Für München sprach zwar die geographische Lage, um eine
gleichmäßige Verteilung der tierärztlichen Bildungsstätten im „Großdeutschen
Reich“ zu gewährleisten, die äußeren Vorraussetzungen für das
Studium wurden aber in Gießen und Leipzig als wesentlich besser angesehen.
Daneben wurden auch die Auswirkungen auf die Gesamtuniversität
berücksichtigt: In München wie in Leipzig stellte die Veterinärmedizinische
Fakultät nur einen Teil einer bedeutenden Universität dar, während in
Gießen die Schließung der Veterinärmedizinischen Fakultät praktisch die
Schließung der Hälfte der Universität bedeutet hätte. Aus diesen Gründen
entschied Bernhard Rust im März 1941, für den zivilen Bereich Wien und
Gießen zu erhalten. Da die Zahl der Veterinärmedizinstudenten noch
weiter zurückging, betrachtete die Heeresveterinärinspektion schon die

209
Erhaltung zweier ziviler Lehrstätten als besonderes Entgegenkommen,
eigentlich genüge eine (BayHStA MInn 87315, 25.7.1941).
„Die Wiedereröffnung der Tierärztlichen Fakultät der Universität
München scheitert immer wieder an dem ablehnenden Standpunkt
des OKH (Veterinärinspektion). Eine derartige Benachteiligung
Süddeutschlands und insbesondere Bayerns gegenüber Mittel- und
Norddeutschland kann und darf nicht mehr länger hingenommen
werden“ (BayHStA MInn 87315, Bemerkung von Michael
Apfelbeck unter einem Brief an das Bayerische Staatsministerium
für Unterricht und Kultus, 10.9.1942).
Reichstierärzteführer Friedrich Weber vom Reichsministerium des Innern
berichtete im Mai 1943 von einer Aussprache mit dem Chef des Stabes der
Veterinärinspektion, Oberstveterinär Dr. Rudolf Herter, bei dem Ministerialdirektor
Dr. Rudolf Mentzel und dem mit der Fakultät betrauten Sachbearbeiter.
Dabei wurde festgestellt, dass die geplante Wiedereröffnung der
Münchner Fakultät für das Sommersemester daran gescheitert war, dass
das Reichserziehungsministerium die von der Veterinärinspektion verlangte
Schließung der Fakultät Gießen, gegebenenfalls auch Leipzig, gegen
die Ablehnung der in Frage kommenden Reichsstatthalter nicht durchzusetzen
wagte. Das Reichserziehungsministerium erkannte die Argumente
für München an und sagte zu, die Gießener Fakultät zu schließen, zumal,
wie Reichstierärzteführer und Veterinärinspektion festgestellt hatten, nur
wenige Kräfte zur Verfügung gestellt werden müssten, um die Münchener
Fakultät eröffnen zu können. Es handelte sich nur um Ersatz der
Professoren Stockklausner, Abelein, Jöchle und Stoß. Die anderen Herren
könnten laut Veterinärinspektion den Lehrbetrieb neben dem militärischen
Dienst zur gegebenen Zeit aufnehmen. Die Wiedereröffnung könne jedoch
erst zum 1. Oktober 1943, also zum Wintersemester stattfinden. Dennoch
blieb Weber nach den bisherigen Erfahrungen skeptisch, ob die Wiedereröffnung
tatsächlich gelinge. Seiner Meinung nach war die Wiedereröffnung
der Münchner Fakultät am 1. Juni nicht an der Haltung der
Veterinärinspektion gescheitert, sondern die Veterinärinspektion tue alles
im Rahmen ihrer Möglichkeiten, um die auch von ihr für notwendig
erachtete Eröffnung verwirklichen zu können. Der Reichserziehungsminister
zeige wohl kein sonderliches Interesse an München. Weber
hingegen versprach, nochmals alles zu versuchen, um die Wiederaufnahme
der Vorlesungen zu erreichen (BayHStA MInn 87315).

210
Im Zuge des „totalen Kriegseinsatzes“ wollte der Reichswissenschaftsminister
(am 12. Oktober 1944) auch den Betrieb der Rechtswissenschaftlichen,
der Staatswirtschaftlichen und der Philosophischen Fakultät
der Universität München einstellen. Die Naturwissenschaftliche Fakultät
sollte das erste bis vierte Semester einbüßen und die Medizinische Fakultät
das erste bis dritte und das fünfte bis siebte Semester (UAM D-III-111).
Zum Studium waren ohnehin nur noch Kriegsbeschädigte (etwa 500),
Wehrmachtkommandierte (ca. 3.500) und Abschlusssemester zugelassen.
Als Auffanguniversität für München und Würzburg war Erlangen geplant,
obwohl die Universität München in einem fast völlig zerstörten Stadtteil
lag und so für weitere Luftangriffe eher uninteressant war, während in dem
noch unversehrten Erlangen die Rüstungsindustrie als Angriffsziel lockte.
Die Kapazität der Universität in Erlangen war schon ohne die Münchner
Studenten ausgereizt und die Wohnungslage dort äußerst schwierig. Berlin
und Leipzig wurden, trotz schwerer Bombenschäden, in vollem Umfang
weitergeführt (UAM D-III-111, 18.10.1944).
Über die Hintergründe, weshalb ausgerechnet die Tierärztliche Fakultät
München während des gesamten Kriegs geschlossen blieb, gibt es
zahlreiche Ansichten. In der Festschrift zum 200jährigen Jubiläum der
tierärztlichen Ausbildungsstätte in München wird nach den mündlichen
Mitteilungen von Irmgard Gylstorff 139 folgender Sachverhalt geschildert:
„Die Berufung von Jöchle auf den Lehrstuhl für Hufkunde ohne
Rücksicht auf den vom Veterinärinspekteur Schulze vorgeschlagenen
Kandidaten verärgerte diesen maßlos und gilt als einer der
ausschlaggebenden Gründe für die Schließung der Fakultät während
des ganzen Krieges“ (Gylstorff 1990, 34-35).
Hermann Röcken, in den 50er Jahren Assistent unter Professor Westhues,
berichtet hingegen:
„Es ist sicher angebracht, an dieser Stelle einen Hinweis zu geben,
der mir mündlich überbracht worden ist, den ich bisher an keiner
Stelle schriftlich niedergelegt gefunden habe. Von der Sektion der
Staatsregierung, die für die Hochschulen im Deutschen Reich
zuständig war, erging an die Münchner Tierärztliche Fakultät das
dringende Ersuchen, den damalig höchsten Offizier des Veterinär-
139 Gylstorff, Irmgard (1990): Die Fakultät im Dritten Reich. In: Angela von den Driesch
(Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und
New York, 31-38.

211
wesens [Curt Schulze] zum Professor zu ernennen. In der durch den
damaligen Dekan einberufenen Fakultätssitzung, in der das Ersuchen
der Reichsregierung vorgetragen worden ist, hat sich Westhues
mit aller Vehemenz gegen den Antrag gestemmt und soll das
Vorgehen des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus aufs
Schärfste verurteilt haben. Dem Ersuchen wurde nicht stattgegeben.
Der Vorgang, die Fakultät zu schließen, und der Weg, wie das
geschah, wurde als ein Racheakt angesehen“ (Röcken 1999, 31-32).
Nach der Aktenlage ist es eher unwahrscheinlich, dass Schulze selbst die
Professur in München anstrebte. Curt Schulze war am 1. Juni 1934 zum
Veterinärinspekteur ernannt worden und am 3. Juni 1936 ernannte ihn die
Landwirtschaftlich-Tierärztliche Fakultät der Universität Berlin zum
Honorarprofessor (Anonym 1936, 130; Mießner 1939, 621). Als am
1. April 1938 die Beförderung zum Generaloberstabsveterinär erfolgte
(Deutsche Dienststelle Berlin 2005, schriftl. Mitt.), hatte Schulze den
höchsten Dienstgrad erlangt, den jemals ein Veterinäroffizier erreicht hatte
(Zieger 1981, 449-450). Damit dürfte für ihn eine (Honorar-) Professur in
München nicht sonderlich interessant gewesen sein. Ob er einen
bestimmten Kandidaten vorgeschlagen hatte, ist aus den Archivalien des
Universitätsarchivs München, des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und der
Bundesarchive in Berlin nicht ersichtlich. Das Gebäude der Veterinärinspektion
in Berlin fiel im November 1943 dem Feuer zum Opfer. Dabei
verbrannte fast das gesamte Aktenmaterial. Kurz vor Kriegsende war die
Veterinärinspektion dann in ein Quartier in Bad Reichenhall geflohen, wo
beim Eintreffen der amerikanischen Truppen die letzten Unterlagen der
Veterinärinspektion vernichtet wurden, darunter das Kriegstagebuch
(Zieger 1973, 44-45). Auch das Bundesarchiv (Militärarchiv) in Freiburg
erklärt in seiner Beständeübersicht, die schriftliche Hinterlassenschaft der
Heeresveterinärinspektion müsse als verloren gegangen oder befehlsgemäß
vernichtet angesehen werden. Lediglich acht Akten mit allgemeinen
Inhalten zum Veterinärwesen seien noch erhalten. 140 Somit gibt es wohl
keine Unterlagen mehr, die die Gerüchte bestätigen oder widerlegen
könnten.
Prof. Erwin Dahme berichtet, nach Erzählungen von Hans Sedlmeier, dass
Hitler persönlich verfügt hatte, den gesamten Gebäudekomplex an der
Königinstraße abzureißen, um nach Norden hin genügend Raum für eine
140 Bundesarchiv, Beständeübersicht: Bestand RH 12-24 Veterinärinspektion (VIn) 1931-
1943: http://www.bundesarchiv.de/bestaende_findmittel/bestaendeuebersicht/index_frameset.
html.

212
breite Aufmarschstraße zu gewinnen, auf der sich die Siegesfeier nach dem
„gewonnenen“ Krieg abspielen sollte. Zwischen 1936 und 1938 waren
bereits sämtliche Häuser auf der Seite des Englischen Gartens zwischen
Prinzregenten- und Veterinärstraße beseitigt worden. Schon 1937 wurde
die dadurch erheblich verbreiterte Königinstraße für Festzüge genutzt.
„Hitler soll ja auf die Fakultät ohnedies nicht gut zu sprechen gewesen
sein, da sein Schäferhund dort nicht seinen Vorstellungen entsprechend
behandelt wurde“ (Dahme 2004, schriftl. Mitt.). 141
Folgt man der Aktenlage, so ergibt sich aus heutiger Sicht folgender
Ablauf: Die Ausbildung in der Veterinärmedizin konzentrierte sich an der
Heeresveterinärakademie in Hannover und Berlin, dort wurden sämtliche
Veterinäroffiziere ausgebildet. Für die Studentenzahlen im zivilen Bereich
genügten zwei tierärztliche Ausbildungsstätten. Weshalb ausgerechnet die
Münchner Tierärztliche Fakultät geschlossen wurde, bleibt unklar. Dass
die Tierärztliche Fakultät in Gießen einen erheblichen Anteil der Gesamtuniversität
ausmachte, während die Tierärztliche Fakultät München ein
relativ unbedeutender Teil einer großen Universität darstellte und dass die
anderen tierärztlichen Ausbildungsstätten einfach wesentlich besser
ausgestattet waren als die Münchner Fakultät, mögen Gründe dafür
gewesen sein. Die Gießener und Leipziger Fakultät wehrten sich natürlich
vehement, als auf ihre Kosten die Münchner Fakultät wieder eröffnet
werden sollte. Für die Gießener und Leipziger Professoren hätte dies
möglicherweise Militärdienst anstatt Lehrtätigkeit oder zumindest eine
Versetzung an eine andere Universität bedeutet, da die Veterinärinspektion
nicht bereit war, für die Eröffnung der Münchner Fakultät, an der ohnehin
„nur Zivilisten“ studierten, weitere Veterinäroffiziere (Professoren) vom
Wehrdienst zu entlassen. Das Reichserziehungsministerium wagte nicht,
die Schließung der Veterinärmedizinischen Fakultät Gießen, gegebenenfalls
auch Leipzig, gegen die Ablehnung der in Frage kommenden Reichsstatthalter
durchzusetzen.
141 Vgl. dazu Wippermann (1998, 200-202): „Wie - fast - jeder weiß, liebte Hitler Schäferhunde
[...]“. So hatte Hitler bis zum Schluss im Bunker der Reichskanzlei seinen Schäferhund
Blondi bei sich gehabt.

213
5.2.7 Die Heeresveterinärakademie Hannover und andere tierärztliche
Fakultäten
Nach Kriegsbeginn wurden alle einberufenen Tiermedizinstudenten zum
dienstlichen Studium an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der
Heeresveterinärakademie 142 abkommandiert. 143 Neben den 166 aktiven
Veterinäroffiziersanwärtern studierten nun auch die Reserveveterinäroffiziersanwärter
in Hannover und die Gesamtzahl der Studenten stieg
somit von 538 im SS 1939 auf 877 im Herbst 1939 an. Die
Ausbildungskapazität der Tierärztlichen Hochschule war aber auf 550
Studenten beschränkt, deshalb wurde ein Teil der Reserveveterinäroffiziersanwärter
als „Abteilung Berlin der Lehrgruppe II“ nach Berlin
zum Studium an der dortigen, nicht ausgelasteten Veterinärmedizinischen
Fakultät verlegt (Schulze 1985, 17, 21; Schimanski 1997, 240-242).
Circa 75 % der männlichen Studenten in Hannover waren Wehrmachtsangehörige.
An den veterinärmedizinischen Fakultäten in Leipzig, Wien
und anfangs auch Berlin studierten nur Zivilisten, Frauen und Ausländer.
So blieb die absolute Zahl der Veterinärstudenten weitgehend konstant,
obwohl die militärischen Kommandos und die Schließung der tierärztlichen
Fakultäten in Gießen und München zu einer völligen Umverteilung
der Studenten führten. Trotz der seit 1938 eingeführten einheitlichen
Studienordnung kam es bei der Eingliederung der Studenten zu gewissen
Schwierigkeiten, da sich nicht alle Universitäten an die Studienordnung
gehalten hatten (Schimanski 1997, 242).
Nachdem man zu Kriegsbeginn zunächst alle Hochschulen geschlossen
hatte, wurde die Tierärztliche Hochschule in Wien kurz nach Hannover,
Berlin und Leipzig, am 1. Oktober 1939, wiedereröffnet. Die meisten
Professoren und Assistenten der Tierärztlichen Fakultät der Universität
Gießen wurden zur Wehrmacht einberufen. Trotzdem konnte im Januar
1940 die gesamte Universität Gießen wiedereröffnet werden, die
Studentenzahlen waren jedoch auf ein Drittel zurückgegangen, da auch die
Zulassungsbedingungen erschwert worden waren. Zu Beginn des zweiten
142 Zur Heeresveterinärakademie siehe auch Kap. 4.5.
143 Die Offiziere und Veterinäroffiziersanwärter der Heeresveterinärakademie Hannover
hatten sich freiwillig zum Kriegseinsatz gemeldet, was der Veterinärinspekteur Curt Schulze
allerdings ablehnte, da er einen Nachwuchsmangel an Veterinäroffizieren wie 1914
vermeiden wollte (Schimanski 1997, 238). Bis Anfang 1940 waren die meisten Professoren
nach ihrer Einberufung zur Wehrmacht an die Hochschule zurückgekehrt und blieben im
Allgemeinen auch bis Kriegsende (Schimanski 1997, 259).

214
Trimesters 1940 wurde in Berlin wieder darüber verhandelt, ob einige der
tierärztlichen Bildungsstätten geschlossen werden sollten. Außerdem war
im Juni 1940 der Reichstierärzteführer Friedrich Weber der Ansicht, dass
nach der Gründung der Reichsuniversität Posen, die eine veterinärmedizinische
Fakultät erhalten sollte, die Fakultät in Gießen überflüssig
sei. Zur Beschleunigung schlug er eine Überführung der Gießener Fakultät
nach Posen vor. Auch die personelle Situation in Gießen war problematisch,
da weiterhin etwa die Hälfte der Professoren eingezogen war und
die Emeriti Ersatz leisten mussten. So bemühte sich Gießen, eine
Abteilung der Heeresveterinärakademie zu bekommen, was aber nicht
gelang. 1944 wurde erneut die Schließung in Betracht gezogen, um die
Gebäude für das Heeresveterinäruntersuchungsamt Berlin nutzen zu
können. Ein Bombenabwurf im Juni 1944 zerstörte jedoch einen großen
Teil der Gebäude der Gießener Fakultät (Schimanski 1997, 288-290).
Schon im Dezember 1942 wurde in einem geheimen Lagebericht des
Sicherheitsdienstes der SS über die katastrophale Nachwuchssituation in
der Tiermedizin berichtet. Durch die besetzten Ostgebiete sei der Bedarf an
Tierärzten noch größer, und weder die Zahl der Tierärzte noch der
Studierenden genüge, diesen Bedarf auch nur annähernd zu decken.
Problematisch sei auch der Nachwuchsmangel an den Universitäten selbst,
da diese Laufbahn für die jungen Leute wenig Anreize bot. So wurde
befürchtet, dass die Lehre und Forschung derart vernachlässigt würden,
dass eine vollwertige Ausbildung für den Nachwuchs bald nicht mehr
möglich sei (Schimanski 1997, 294).
Dies hinderte das Reichserziehungsministerium nicht daran, im Rahmen
des totalen Kriegseinsatzes für das WS 1944/45 die Schließung von 77
Fakultäten im ganzen Reich zu planen und deren Studenten anderen
Fakultäten zuzuweisen. An anderen Fakultäten sollte der Lehrbetrieb nur
noch für die höheren Semester stattfinden und 12 Fakultäten sollten sogar
ganz geschlossen werden. Die tierärztliche Ausbildung sollte nur noch in
Berlin und Hannover erfolgen, Gießen und Wien sollten mit Hannover,
Leipzig und München mit Berlin zusammengelegt werden. An den
geschlossenen Fakultäten sollten nur die Kliniken geöffnet bleiben.
Aufgrund des Wohnraummangels und weil durch die kriegsbedingt
verlängerten Postlaufzeiten die betroffenen Hochschulen erst sehr spät von
den bevorstehenden Veränderungen erfuhren, zog das Ministerium diesen
Runderlass wieder zurück. Es wurde beschlossen, nur in den frontnahen
Hochschulen den Betrieb aufzugeben. Die übrigen Hochschulen brachen
mit Kriegsende zusammen (Schimanski 1997, 294). Von April bis Oktober

215
1945 war dann auch die Tierärztliche Hochschule Hannover geschlossen
(Hohmann 2000, 138).

5.3 Nachkriegszeit in München
216
Mit der „Proklamation Nr. 1 der Militärregierung-Deutschland“ wurden im
März 1945 „alle deutschen Gerichte, Unterrichts- und Erziehungsanstalten
innerhalb des besetzten Gebietes bis auf Weiteres geschlossen“ (Orlob
2000, 155).
Die Tierärztliche Hochschule Hannover, britische Besatzungszone, wurde
als erste zum WS 1945/46 wiedereröffnet. Danach begann auch an den
tiermedizinischen Fakultäten in der sowjetischen Besatzungszone wieder
der Unterricht: Ende Januar 1946 in Ost-Berlin und wenige Tage später in
Leipzig. Die „Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinärmedizin“
in Gießen wurde im Mai 1946 wieder eröffnet (Schweizer 2002,
51-52). Die zweite tierärztliche Bildungsstätte in der amerikanischen
Besatzungszone, die Tierärztliche Fakultät in München, konnte den Lehrbetrieb
erst im WS 1946/47 und zunächst auch nur für die vorklinischen
Semester wieder aufnehmen (Boessneck, von den Driesch 1990, 19).
Die Theologische Fakultät in München war schon im Februar 1946 wieder
eröffnet worden, die anderen Münchner Fakultäten folgten zum SS 1946
(Boehm 1972, 369). So war die Tierärztliche Fakultät auch unter den
Münchner Fakultäten die letzte, die den Lehrbetrieb wieder aufnahm
(Boessneck 1972, 326).
5.3.1 Die Tierärztliche Fakultät nach 1945
Am 30. April 1945 wurde die Stadt München übergeben und am 4. Mai die
Fortführung der Verwaltungstätigkeit angeordnet. An der ersten Sitzung
der Dekane und einiger weiterer Professoren am 15. Mai 1945 nahm als
Dekan der Tierärztlichen Fakultät Geheimrat Anton Otto Stoß jun. teil.
Albert Rehm, als letzter erreichbarer Altrektor aus der Zeit vor 1933,
wurde mit den Rektoratsgeschäften betraut (Boehm 1972, 369).
Die Gebäude der tierärztlichen Institute und Kliniken in der Veterinärstraße
6 144 waren zu 80 bis 90 % zerstört bzw. unverwendbar (Vollmerhaus
1999, 59). 145 In den letzten beiden Kriegsjahren waren die Gebäude der
144 Heute Veterinärstraße 13.
145 Zur baulichen Situation der Tierärztlichen Fakultät siehe auch: Tierärztliche Fakultät der
LMU München (Hrsg. 1965): 175 Jahre tierärztliche Ausbildungsstätte in München. Kief-

217
Fakultät durch Bomben stark in Mitleidenschaft gezogen worden
(Boessneck 1972, 324). Bei Kriegsende war die Chirurgische Tierklinik
das einzige brauchbare Gebäude der Fakultät. Dort sollten vorläufig die
vorklinischen Fächer unterkommen (Westhues 1965, 66-67). Das Institut
für Hufkunde und die Staatliche Hufbeschlagschule befanden sich in einem
Gebäude und waren durch Druckwellen und Brände stark beschädigt.
Trotzdem konnte in einigen Räumen die Arbeit wieder aufgenommen
werden (IGTM o. Sign. 1945).
Die Chirurgische Tierklinik kam im ehemaligen Wehrkreispferdelazarett
auf dem Oberwiesenfeld unter, das kaum Schäden davongetragen hatte.
Prof. Richard Abelein war bei Kriegsende in diesem Heimatpferdelazarett
stationiert und hatte weiterhin die etwa 100 Pferde versorgt, bis Prof.
Westhues im November 1945 die Leitung übernahm. Unter dem Namen
„Münchner Tierklinik“ wurde dort die Arbeit weitergeführt, weil es
chirurgisch eingerichtet und erhalten war (Westhues 1965, 66-67).
„Für die Wahrung der Fakultätsinteressen an diesem Gebäuderestbestand
[Oberwiesenfeld] sorge Frau Dr. I. SASSENHOFF 146 ,
die als Mitarbeiterin im umgesiedelten Pathologischen Institut tätig
war. Mit Unterstützung von Dr. H. KUPPELMAYR 147 und Dr. C.
HÄUTLE 148 , erwirkte sie bei der amerikanischen Militärregierung
ein Zutrittsverbot (off limits) auf dem Areal des Oberwiesenfelds,
um weitere Plünderungen, die im Nachkriegschaos an der Tagesordnung
waren, zu verhindern“ (Vollmerhaus 1999, 59).
Die Fakultät bemühte sich, auf Dauer das Nutzungsrecht der Räume zu
erhalten, da dort auch Räumlichkeiten für die Tierpathologie und
Stallungen für die Medizinische Klinik vorhanden waren (IGTM o. Sign.,
1945). Oskar Seifried forderte die Militärregierung auf, das Pferdelazarett
an die Universität zu überschreiben. Er erhielt mehrere mündliche Zusagen,
aber keine schriftliche Genehmigung (IGTM o. Sign., 3.12.1945).
An Einrichtungsgegenständen waren erhebliche Verluste anzuführen.
Trotzdem konnten einige Apparate, Instrumente und Handbücher gerettet
haber, Kiefhaber & Elbl, München. - Boessneck, Joachim (1972): Chronik der Tierärztlichen
Fakultät. In: Laetitia Boehm und Johannes Spörl (Hrsg.): Die Ludwig-Maximilians-Universität
in ihren Fakultäten. Erster Band. Duncker und Humblot, Berlin, 281-346.
146
Hervorhebung im Original.
147
Hervorhebung im Original.
148
Hervorhebung im Original.

218
werden. Die sehr umfangreiche und wertvolle Fakultätsbibliothek, die
extra nach Schloss Wässerndorf in Unterfranken ausgelagert worden war,
ging verloren. Sie war eine der größten Fachbibliotheken Deutschlands.
Als Grundstock für eine neue Fakultätsbibliothek wurde „von der
Militärregierung unter treuhänderischer Übernahme von Herrn Ministerialrat
Dr. Wilhelm Pschorr 149 “ die Bibliothek der ehemaligen Tierärzteburg
Hoheneck bei Nürnberg (früher Eigentum der Reichstierärztekammer) zur
Verfügung gestellt (BayHStA MK 69087).
Abb. 50: Das Eingangstor zur Tierärztlichen Fakultät München am
22. April 1949. Im Hintergrund sind die im Wiederaufbau befindlichen
Gebäude der Fakultät zu sehen.
Der Bayerische Staatsminister des Innern, Josef Seifried, fürchtete angesichts
der weit verbreiteten und teilweise auch auf den Menschen
übertragbaren Tierseuchen um die Volksgesundheit und Volksernährung.
Da die einzige tierärztliche Fakultät in Süddeutschland immer noch ge-
149 Vom Staatsministerium des Innern, Veterinär-Abteilung.

219
schlossen war und sich eine gewisse Überalterung in der Tierärzteschaft
abzeichnete, war ein Nachwuchsmangel an Tierärzten zu befürchten.
Dieser Mangel wurde wohl teilweise durch Flüchtlingstierärzte wieder
ausgeglichen, was aber aufgrund der Sprachbarriere zu Problemen mit den
bayerischen Bauern führte, so dass Seifried schon von „Überfremdung“
sprach und dringend die Eröffnung der Münchner Tierärztlichen Fakultät
forderte (BayHStA MK 69087, 26.4.1946).
Im Frühjahr 1946 arbeitete der Dekan der Tierärztlichen Fakultät, Prof.
Karl Hilz, einen neuen Plan für die Besetzung der durch Dienstenthebungen
vakanten Lehrstühle aus. Das Zoologische Institut sollte Prof.
Reinhard Demoll leiten. Der Vorstand des Anatomischen Instituts, Prof.
Anton Otto Stoß jun., seines Dienstes enthoben, sollte durch Dr. habil.
Walther Baier aus Marktheidenfeld vertreten werden. 150 Der Vorstand des
Instituts für Tierphysiologie, Prof. Johannes Pächtner, war, nahezu erblindet,
in die Schweiz verzogen. An seine Stelle sollte Prof. Arthur Scheunert
treten, früher am Tierphysiologischen Institut der Universität Leipzig und
Direktor der Reichsanstalt für Vitaminforschung. Auch Prof. Fritz Stockklausner
vom Institut für Tierzucht wurde seines Dienstes enthoben. Zu
seiner Vertretung wurde Oberveterinärrat Dr. Hans Gutbrod, Tierzuchtdirektor
a. D. vorgeschlagen. Die Tierpathologie sollte weiterhin Prof.
Oskar Seifried unterrichten, aus Raumgründen allerdings am Oberwiesenfeld.
Am Hygienischen Institut waren sowohl der Vorstand Prof. Wilhelm
Ernst wie auch der wissenschaftliche Oberassistent Prof. Hans Sedlmeier
des Dienstes enthoben und sollten durch Oberveterinärrat Dr. Eduard
Hölzl, Leiter der bakteriologischen Fleischbeschau in München, ersetzt
werden (BayHStA MK 69087, Hilz). Schlachtvieh- und Fleischbeschau
sowie die Beurteilung von Tieren stammender Lebensmittel wurden dem
Städtischen Veterinärdirektor a. D. in München, Dr. Hans Kuppelmayr,
übertragen (BayHStA MK 69880, 28.5.1946). Die Pharmakologie blieb bei
Prof. Karl Hilz und die Medizinische Tierklinik unter der Leitung von
Prof. Johannes Nörr. Die Chirurgische Tierklinik unter Prof. Melchior
Westhues hatte sich im Oberwiesenfeld etabliert. Da an der politischen
Korrektheit Prof. Richard Abeleins gezweifelt wurde, sollte Walther Baier
auch das Institut für Geburtshilfe übernehmen. Prof. Hans Jöchle, seines
Amtes als Vorstand des Instituts für Huf- und Beschirrungskunde enthoben,
wurde durch Landwirtschaftsrat Dr. Eugen Mennel vertreten, der
außerdem die Vorstandschaft der Staatlichen Hufbeschlagschule München
übernahm (BayHStA MK 69087, Hilz).
150 Siehe Kap. 5.3.2 „Walther Baier“.

220
Am 13. August 1946 konnte dann der Antrag auf Wiedereröffnung der
Tierärztlichen Fakultät gestellt werden. Bei den klinischen Semestern gab
es noch einige Personalschwierigkeiten, aber da die Fakultät nun immerhin
sieben Jahre geschlossen war, hatten sich vorwiegend Erstsemester und
Vorkliniker gemeldet, die schon einige Vorlesungen an der Naturwissenschaftlichen
Fakultät gehört hatten. So wurde vorläufig nur ein Lehrbetrieb
in den vorklinischen Fächern geplant (BayHStA MK 69087, 13.8.1946).
Die Genehmigung der Militärregierung wurde allerdings erst zum 19. Oktober
1946 erteilt (BayHStA MK 69087, 6.11.1946). Zum WS 1946/47
wurden 191 deutsche und 26 ausländische Studenten zugelassen und das
Studentenwerk sorgte für die Unterbringung der Studenten in Privatwohnungen
in der Stadt (BayHStA MK 69087).
Anfangs lehrten nur die Professoren Karl Hilz, Melchior Westhues und
Reinhard Demoll, da die von Hilz eingeplanten Professoren zum großen
Teil von der Militärregierung nicht genehmigt worden waren. Die
vorklinischen Fächer wurden teilweise außerhalb gehört: Anorganische
Chemie im Chemischen Institut in der Luisenstraße, Organische Chemie
bei Geheimrat Heinrich Wieland, einem Nobelpreisträger, in der Pettenkoferstraße
und Physik und Botanik im Universitätshauptgebäude (Röcken
2000, 311).
Im SS 1947 wurden das 2., 4. und 5. Semester gelesen (Anonym 1947,
140). Im Juli 1947 hatte die Tierärztliche Fakultät München etwa 500
Studierende (TiHoA o. Sign.). Das nächste WS sollte schon am 15. September
1947 beginnen und „in der kältesten Jahreszeit beendet sein, um zu
erwartenden Heizungsschwierigkeiten vorzubeugen“ (Anonym 1947, 140).
Im Winter 1947 musste der Vorlesungsbetrieb tatsächlich wegen Mangel
an Heizmaterial vorübergehend eingestellt werden (Boehm 1972, 371). Die
Vorlesungen und Übungen litten anfangs sehr unter dem Mangel an
Räumen und Einrichtungsgegenständen und unter den unsäglichen
hygienischen Verhältnissen (Boessneck, von den Driesch 1990, 20). 151
Im Sommer 1947 war die Wegberufung des Chirurgen Melchior Westhues
im Gespräch. Er hatte viel an der Fakultät geleistet, und ein geeigneter
Ersatz für ihn war nicht in Sicht. An der Fakultät waren nur vier Ordinarien
tätig, darunter der zur Weiterführung seines bisherigen Amtes beurlaubte
Staatsrat im Landwirtschaftsministerium, Wilhelm Niklas. Damit war der
Aufbau der klinischen Semester wieder ernsthaft bedroht, denn die Innere
151 Näheres hierzu bei Boessneck und von den Driesch (1990, 20-23).

221
sowie die Geburtshilfliche und Ambulatorische Klinik waren ebenfalls
nicht besetzt. So sah Dekan Hilz sich gezwungen, das Bayerische
Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu bitten, „alle geeignet
erscheinenden Mittel und Wege zu versuchen, um Professor Westhues der
Münchener Fakultät zu erhalten“ (BayHStA MK 44516, 28.7.1947), was
dann auch gelang. Der Rektor der Universität 152 war sogar der Ansicht,
„ein Weggang des Herrn Professor Dr. Westhues wäre für die Universität
München ein grosser Verlust und würde sogar die Schliessung der
Tierärztlichen Fakultät zur Folge haben“ (BayHStA MK 44516,
11.8.1947).
Im Frühjahr 1948 wollte man mit dem Wiederaufbau der Gebäude in der
Königinstraße beginnen, um den vollen Lehrbetrieb aufnehmen zu können.
Für die höheren Semester sollte bis zur Erstellung entsprechender Neubauten
der Unterricht in Baracken stattfinden. Da das Fakultätsgelände
hierfür zu klein war, sollten sie teilweise auf dem Gelände nördlich des
Schwabinger Baches untergebracht werden, das der Verwaltung der
staatlichen Schlösser, Gärten und Seen unterstand (BayHStA MF 71323,
1.3.1948). Der Englische Garten war im Laufe der Jahre von Süden her
immer weiter beschnitten worden und nun drohte auch noch die
Besatzungsmacht, Anspruch auf die große Reitwiese an der Königinstraße
zu erheben. So hatte das Universitätsbauamt zum Ziel, „die Tierärztliche
Hochschule 153 , sobald die wirtschaftlichen Verhältnisse dies irgendwie
gestatten, aus dem Englischen Garten zu entfernen“ und nur eine vorübergehende
pachtweise Überlassung eines kleinen Teils des Geländes an der
Königinstraße längs des Schwabinger Baches zu gestatten (BayHStA MF
71323, 11.3.1948).
152 Prof. Aloys Wenzl.
153 Gemeint ist hier die Tierärztliche Fakultät der LMU.

222
Abb. 51: Die Tierärztliche Fakultät in den 30er Jahren: 1/2 Chirurgische
Klinik. 2 Tierzucht, Zoologie, Botanik (bis 1928), Hygiene (3. Obergeschoß
seit 1923), Bibliothek. 2/3 Medizinische Klinik. 4 Hufkunde,
Hufbeschlagschule. 5 Anatomie, Pathologie. 6 Geburtshilfe, Klinik für
kleine Haustiere. 7 Physiologie, Pharmakologie. 8 Verwaltung.
An der „Planungssitzung der Tierärztlichen Fakultät in München“ am
3. März 1949 nahmen sämtliche Fakultätsmitglieder sowie einige Mitglieder
der Bayerischen Staatsministerien und der Baubehörden teil. Thema
sollte die „räumliche Notlage“ der Fakultät sein (Anonym 1949, 3). Dabei
wurde auf die katastrophalen hygienischen Verhältnisse in dem ehemaligen
Pferdelazarett auf dem Oberwiesenfeld hingewiesen. Im „Anatomischen
Institut“ waren keine Garderobenräume vorhanden, was zur Folge hatte,
dass „die Studenten die Garderobe in direkter Nachbarschaft der Kadaver
ablegen“ mussten und sogar „von dem benachbarten Depot der
Militärregierung [wurden] wiederholt Klagen über diese Zustände
geführt“. Auch im Pathologischen Institut ließen die beengten Verhältnisse
angemessene Hygienemaßnahmen nicht zu. Die Kadaver mussten quer
über den Hof transportiert werden und „eine hochinfektiöse Brühe mit
stärkstem Verwesungsgeruch [quoll] unter der Türe des Ablageraumes ins

223
Freie“ hervor. Auch dass die größeren Kadaverteile bei den Sektionen auf
dem Boden abgelegt werden mussten und die Studenten in der sich
absondernden Flüssigkeit standen, stellte eine enorme Infektionsgefahr dar
(Westhues zit. n. Anonym 1949, 15-16). Außerdem bereitete die große
räumliche Trennung von Oberwiesenfeld und Fakultätsgelände Probleme,
da der Weg „wenigstens 1 Stunde“ betrug und „der Weg zum Schlachthof
wiederum eine Stunde“ (Westhues zit. n. Anonym 1949, 17-18). „Ganze
Institute (Nahrungsmittelkunde, Parasitologie) fehlen der Fakultät überhaupt,
ebenso ein landwirtschaftliches Lehrgut. [...] Eine Verlegung der
Fakultät nach auswärts oder gar die Lostrennung von der Universität
lehnen alle Teilnehmer der Sitzung einstimmig ab“ (Anonym 1949, 25-26).
Trotzdem wurde in den nächsten Jahren versucht, ein geeignetes baureifes
Gelände oder ein fertiges Gebäude zu finden, das die Tierärztliche Fakultät
aufnehmen konnte. Die Errichtung der Fakultät auf einem neuem Gelände
scheiterte an den astronomischen Kosten von 30 Millionen DM, die dafür
veranschlagt wurden. Die bisherige Trennung in einen Komplex am Oberwiesenfeld,
der die Anatomie und zwei Kliniken enthielt, und in einen
zweiten Komplex an der Veterinärstraße mit Physiologie, Pathologie und
anderen Instituten schien auf Dauer untragbar, ganz zu schweigen von
weiteren Bauten an einer dritten Stelle. So blieb nur der Wiederaufbau an
der Königinstraße. Dazu war aber die Hinzunahme der Hofbaumschule
Voraussetzung und die Existenz der Fakultät hing nun von der
Bereitstellung der Hofbaumschule als Baugelände ab. Dekan Demoll
wollte ansonsten die Schließung der Fakultät beantragen, da im bisherigen
Rahmen den Studenten nicht das geforderte Wissen vermittelt werden
konnte. Daraufhin wurden ERP-Mittel 154 zur Errichtung von zwei Kliniken
zugesichert (BayHStA MK 69128).
In einer Verhandlung zwischen der Verwaltung der Staatlichen Schlösser,
Gärten und Seen, dem Kultusministerium, dem Universitätsbauamt und
Prof. Demoll wurde die Abgabe des umstrittenen Geländes an die Fakultät
erwirkt, allerdings mit der Auflage, dass für später notwendige Erweiterungen
der Fakultät kein weiteres Gelände des Englischen Gartens in
Anspruch genommen werde. Demoll versicherte, das Gelände der Hofbaumschule
decke auf absehbare Zeit, „etwa auf 100 Jahre hinaus“, den
Bedarf der Tierärztlichen Fakultät. Demoll forderte zusätzlich noch die
Verlegung der Hufbeschlagschule, die dem Landwirtschaftsministerium
154 Im Rahmen des ERP (European Recovery Program), des so genannten Marshallplans,
erhielten die veterinärmedizinischen Bildungsstätten in Deutschland später 1,5 Millionen DM
und München mit 800 000 DM den größten Anteil davon (Schweizer 2002, 86).

224
unterstand, da sie in der Tierärztlichen Fakultät einen „Fremdkörper“
darstelle und das Gesamtbebauungsbild störe. Wahrscheinlich ging es ihm
aber eher um den damit verbundenen Raum- und Gebäudegewinn für die
Fakultät. Jedenfalls wollte Demoll versuchen, den Leiter der Hufbeschlagschule
155 selbst für eine Verlegung der Schule zu gewinnen (BayHStA MK
69128, 21.9.1951).
„Die Tiermediziner knabbern am Englischen Garten“ lautete eine Schlagzeile
im Münchner Merkur 156 . Vorausgegangen war eine Bürgerversammlung
in Schwabing am 31. Mai 1952, auf der scharf gegen den
Wiederaufbau der Tierärztlichen Fakultät Stellung genommen wurde. Die
Bürger sahen in der Bebauung eine Gefahr für den Englischen Garten.
Geplant war „eine dreigeschossige (von der Hofseite aus fünfgeschossige)
Klinik entlang der Königinstraße auf dem Gelände der ehemaligen
Hofbaumschule mit drei rechtwinklig an den Hauptbau stoßenden flachen
Stallungsgebäuden“. Die Gegner bezeichneten die ganze Fakultät von
Anfang an als „landschaftliche Fehlplanung“ und die Tiermedizin gehöre
„hinaus aus der Stadt“. Geheimrat Demoll 157 entgegnete, dass diese Lösung
nicht finanzierbar und die Aufteilung der Fakultät auf drei Standorte
untragbar sei. Der Rektor der Universität, Prof. Michael Schmaus, sorgte
sich um die „universitas“. Die Tiermediziner brauchten einen „umfassenden
Blick“ und dürften den Zusammenhang mit der Universität nicht
verlieren (BayHStA MK 69128). Die Nähe zur Alma mater müsse erhalten
bleiben (Boessneck 1972, 329).
In München wurde 1952 offen über die mögliche Schließung der
Tierärztlichen Fakultät gesprochen, da staatliche Mittel für einen Ausbau
oder die aus Platzgründen angestrebte Verlegung der Fakultät fehlten
(Boessneck, von den Driesch 1990, 23, 26). Die Süddeutsche Zeitung
zitierte am 21. November 1952 sogar einen Brief des Dekans Prof.
Johannes Brüggemann an den Rektor der Universität, aus dem hervorging,
dass die Fakultät noch schlechter dastehe als vor 1914 und die Dozenten es
nicht weiter verantworten könnten, noch weiterhin Studenten aufzunehmen.
Es bliebe keine andere Möglichkeit, als den Unterrichtsbetrieb an
Ostern einzustellen. Das veranlasste den Kultusminister vier Wochen
später, einen beschleunigten Wiederaufbau und eine „angemessene Ausstattung“
der Fakultät zu versprechen (Schweizer 2002, 54).
155 Zu diesem Zeitpunkt Hans Jöchle.
156 Münchner Merkur, 9.6.52, Nummer 138, S. 3 (BayHStA MK 69128).
157 Der Dekan der Tierärztlichen Fakultät.

225
5.3.2 Professorenschaft und Entnazifizierung in München
Die Besatzungsmächte lasteten den Professoren und Dozenten schwer an,
dass sich die deutschen Hochschulen dem Nationalsozialismus nicht
vehementer entgegengesetzt hatten und nach der Machtergreifung mit dem
Regime kooperierten. Deshalb wurde nun eine Umerziehung „von unten
nach oben“ angestrebt, die in den Schulen beginnen sollte. Man wollte die
Hochschulen nach Kriegsende sogar für zwei Jahre schließen. Doch die
Alliierten merkten schnell, dass die Lehr- und Forschungsarbeiten der
Hochschulen unverzichtbar waren (Schweizer 2002, 46-47).
Das Bayerische Staatsministerium des Innern gab im Sommer 1945
bekannt, „mit einer Eröffnung der tierärztlichen Fakultät der Universität
München [sei] in absehbarer Zeit zu rechnen“, was auch über Rundfunk
bekannt gegeben wurde. „Doch ist es leider noch nicht möglich, einen
genauen Zeitpunkt anzugeben“ (BayHStA MInn 87315).
Am 15. Oktober 1945 genehmigte die Militärregierung Bayern, dass die
bayerischen Hochschulen mit sofortiger Wirkung den Lehrbetrieb wieder
aufnehmen sollten. Dazu wurde ein Ausschuss gegründet, der die
Wiedereröffnung der Universität vorzubereiten hatte. Er sollte aus Rektor,
Prorektor und je zwei Vertretern der einzelnen Fakultäten bestehen.
Mitglied durfte nur sein, wer weder der NSDAP noch einer ihrer Gliederungen
angehört hatte und politisch unbelastet war. Die Organisation
wurde dem Rektor übertragen. Maßgebend sollten nicht Amt und Würde
sein, sondern nur, dass von der jeweiligen Person eine tatkräftige
Förderung der Arbeiten zu erwarten war. Auch Professoren, die aus
politischen, weltanschaulichen oder rassischen Gründen ausgeschieden
waren und mit deren Rückkehr zu rechnen war, zog man in Betracht. Der
Rektor hatte schon am 12. Oktober eine solche Liste erstellt: Von jeder
Fakultät wurden je nach Eignung ein bis drei Professoren vorgeschlagen.
An der Tierärztlichen Fakultät handelte es sich um Prof. Karl Hilz und
Prof. Melchior Westhues (BayHStA MK 69087, 12.10.1945), die am
5. November 1945 auch von der Militärregierung bestätigt wurden
(BayHStA MK 69087). Der Ausschuss war auch für die Wiederbesetzung
derjenigen Lehrstühle zuständig, deren Inhabern ihr Amt entzogen worden
war. Die neuen Lehrkräfte wurden ausdrücklich nur vorübergehend und

226
nach Genehmigung der Militärregierung und des Staatsministeriums für
Unterricht und Kultus eingesetzt (BayHStA MK 69087). 158
Außerdem fiel die „politische Säuberung“ der Universitätsprofessoren in
den Aufgabenbereich des Ausschusses. Es sollten Berichte über alle
Professoren verfasst werden, die die Mitgliedschaft in der Partei und ihren
Gliederungen erfassten. Auch Verwandte, die bekannte Nazis waren, sowie
sämtliche Veröffentlichungen waren von Interesse. Hinzu kamen noch die
„Karriere“ im Heer und Hinweise auf eine mögliche „Anti-Nazi-Tätigkeit“
(BayHStA MK 69087, 24.10.1945). Darüber hinaus mussten „Personal,
Studienpläne und Studentenschaft völlig von Nationalsozialismus und
Militarismus gesäubert werden“. Forschung war grundsätzlich verboten,
nur einzelne, von der Militärregierung genehmigte Projekte konnten
durchgeführt werden. Zur Ergänzung des Lehrkörpers sollte wieder das
alte Vorschlagsrecht über Fakultät und Senat hergestellt werden. Später
wurden auch im Rahmen des Planungsausschusses erstellte „Reinigungsausschüsse“
zur Durchführung der Entnazifizierung in Erwägung gezogen
(BayHStA MK 69087, 9.11.1945). 159
Anfangs bestätigte die Militärregierung nur die Professoren Westhues, Hilz
und Demoll, letzterer wurde jedoch bald ans Bayerische Kultusministerium
berufen (Boessneck 1972, 325). Später kamen Landwirtschaftsrat Eugen
Mennel, der städtische Veterinärdirektor a. D. Hans Kuppelmayr und
Ministerialrat Dr. Wilhelm Pschorr als Lehrkräfte an der Fakultät hinzu
(Boessneck, von den Driesch 1990, 19). Der Prüfungssausschuss
„genehmigte“ am 21. Februar 1946 an der Tierärztlichen Fakultät Oskar
Seifried, Melchior Westhues, Johannes Nörr und Irmgard Sassenhoff 160 ,
während Wilhelm Ernst, Eduard Heidegger, Hans Jöchle, Rudolf Stetter,
Fritz Stockklausner, Anton Stoß (Vater und Sohn) und Hans Sedlmeier
entlassen wurden (UAM Sen-III-1b). 161
In den nächsten Kapiteln soll das Umfeld Hans Jöchles an der Tierärztlichen
Fakultät München skizziert werden. Dabei finden auch die anderen
Berufungsverfahren (bzw. Ernennungen) an der Tierärztlichen Fakultät
158 Brief von Dr. Hans Meinzolt aus dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und
Kultus an die Rektoren der drei Landesuniversitäten sowie den Rektor der Technischen
Hochschule München vom 15. Oktober 1945.
159 Brief des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus an die Rektoren der
drei Landesuniversitäten sowie den Rektor der Technischen Hochschule München vom 9. November
1945.
160 Später verheiratete Gylstorff.
161 Zur Entnazifizierung siehe auch Schimanski (2000, 34-49).

227
München in der Zeit des Nationalsozialismus Berücksichtigung. Um die
berufliche Entwicklung Hans Jöchles nach dem Zweiten Weltkrieg besser
einschätzen zu können, wird kurz die Entnazifizierung und weitere
Laufbahn der Kollegen an der Tierärztlichen Fakultät München dargestellt.
Der Verlust einer Professur war durchaus kein Einzelschicksal. Einige
Professoren erlangten, obwohl sie erst nach mehreren Verfahren endgültig
entnazifiziert worden waren, auf den verschiedensten Wegen wieder eine
Professur. Einzigartig ist sicherlich, dass der Lehrstuhl Hans Jöchles als
nicht mehr zeitgemäß betrachtet und deshalb eingezogen wurde. Die
schlechte Finanzlage und der dringende Bedarf an anderen Instituten
(Parasitologie und Nahrungsmittelkunde) taten ein Übriges.
In der Zeit von 1937 bis 1939 hatte Hans Jöchle offensichtlich gute
Beziehungen zu Dekan Ernst und den Professoren Nörr, Stockklausner,
Demoll und Sedlmeier. Der Umgang mit Westhues war sehr distanziert
(Jöchle, W. 2004, mdl. Mitt.).
Reinhard Demoll
Dr. phil. Reinhard Demoll (geboren am 3. Dezember 1882 in Kenzingen in
Baden) war seit 1917/18 Leiter des Zoologischen Instituts (Boessneck
1972, 315; Ahne u. a. 1990, 125) und wirkte über 40 Jahre an der
Tierärztlichen Fakultät München (Koch 1972, 25). 1931/32 wurde er der
erste Rektor der LMU, der aus der Tierärztlichen Fakultät kam (Boessneck
1972, 315).
Demoll hatte sich von NSDAP-Gliederungen ferngehalten und war auch
wenig in angeschlossenen Verbänden tätig. Er erwarb lediglich
Mitgliedschaften im Reichsluftschutzbund, in der NS-Volkswohlfahrt
(1935) und der NS-Studentenkampfhilfe (1937) (UAM E-II-1114,
20.7.1939). Deshalb wurde er ab Oktober 1945 an das Bayerische
Staatsministerium für Unterricht und Kultus berufen und konnte weiterhin
seine ordentliche Professur versehen. Der öffentliche Kläger der
Spruchkammer VI in München ließ ihm am 5. Mai 1947 noch den
Bescheid zukommen, dass er aufgrund der Angaben in seinem Meldebogen
vom Gesetz zu Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom
5.3.1946 nicht betroffen sei (UAM E-II-1114).

228
Im Dezember 1951 gab Demoll in der Fakultät bekannt, dass er, immerhin
schon 69 Jahre alt, um seine Emeritierung bitten wolle. Daraufhin schrieb
Prodekan Prof. Westhues im Januar 1952 an den Rektor der Universität
und das Bayerische Kultusministerium, dass Demoll in diesem Jahr Dekan
und damit auch Vertreter der Fakultät im Senat sei. Die schwierige Lage
der Fakultät und die neu zu besetzenden Lehrstühle machten einen
sofortigen Wechsel des Dekans unmöglich. „Die Fakultät bittet daher, das
Gesuch von Herrn Geheimrat Demoll nicht zu genehmigen, solange er
Dekan der Fakultät ist“. So wurde Professor Demoll erst zum 1. Oktober
1952 emeritiert (UAM E-II-1114). Trotzdem leitete er das Zoologische
Institut noch bis 1954 und übernahm auch die Vorlesungen in
Parasitologie, so dass das Institut 1951 offiziell in Zoologisch-Parasitologisches
Institut umbenannt wurde (Boessneck 1972, 333).
Wilhelm Ernst
Dr. med. vet. Wilhelm Ernst (geboren am 16. Mai 1879 in Augsburg)
wurde am 1. Oktober 1927 zum ordentlichen Professor für Hygiene an der
Tierärztlichen Fakultät München und Vorstand des gleichnamigen Instituts
ernannt (UAM E-II-1254; Boessneck 1972, 317). 162 Er wurde schon 1933
NSDAP-Mitglied und erlangte später auch Mitgliedschaften in zahlreichen
NS-Unterorganisationen: Förderndes Mitglied des Allgemeinen SS-Reitersturms
(1933), SA-Reserve (1933), NS-Dozentenbund (1933), NS-Altherrenbund,
NS-Volkswohlfahrt (1934), NS-Ärztebund (1934), Reichsschrifttumskammer
(1934), Reichsluftschutzbund (1934), Volksbund für
das Deutschtum im Ausland (1936) und NS-Studentenkampfhilfe (1936).
Am 5. Oktober 1939 wurde Ernst als Oberstabsveterinär der Reserve zur
Wehrkreisveterinär-Untersuchungsstelle VII in München-Neuherberg einberufen,
anfangs aber noch für die Durchführung der Examina beurlaubt
(UAM E-II-1254; BayHStA MK 43573). Da „die Untersuchungsstelle im
Bereich des Standorts München liegt“, konnte er seine Aufgaben als
Prorektor, Dekan der Tierärztlichen Fakultät und Institutsvorstand weiterhin
erfüllen (UAM E-II-1254).
162 1935 wurde Ernst als Dekan eingesetzt und, entgegen früheren Gebräuchen, behielt er
diese Funktion bis Kriegsende bei. 1936 bis 1941 war er sogar Prorektor der Universität und
konnte deshalb bei Kriegsbeginn und der damit verbundenen Schließung der Fakultät in der
Nähe Münchens bleiben (Eichhorn 1951, 51; Boessneck 1972, 317).

229
Schon im Januar 1945 bat Wilhelm Ernst, aus gesundheitlichen Gründen,
um die Entlassung aus dem Amt des Dekans der Tierärztlichen Fakultät
zum 1. Februar. Rektor Walther Wüst bestimmte Anton Stoß jun. zum
Nachfolger Ernsts, der nun Prodekan werden sollte (UAM E-II-1254).
Am 15. November 1945 wurde Prof. Ernst vorläufig vom Dienst enthoben.
Da er am 20. August 1948 (StAM SpkA K 375 Wilhelm Ernst) in die
Gruppe der Mitläufer eingestuft worden war (UAM E-II-1254), verlangte
Ernst im September 1948 seine Wiedereinstellung mit gleichzeitiger
Versetzung in den Ruhestand (BayHStA MK 43573). Einen Monat später
wurde seine Dienstenthebung endgültig bestätigt (UAM E-II-1254).
Wilhelm Ernst war inzwischen ein alter, kranker Mann, durch Kriegsverluste
und die Währungsreform um alle Reserven gebracht (UAM E-II-
1254, 8.8.1951). Am 31. Dezember 1951 (UAM E-II-1254) starb er im
Alter von 72 Jahren in Schleißheim (Boessneck 1972, 317).
Oskar Seifried
Am 1. April 1932 erfolgte die Berufung von Prof. Dr. Oskar Seifried aus
Gießen (geboren am 16. August 1896 in Schwäbisch-Hall) auf die
außerordentliche Professur für allgemeine Pathologie und pathologische
Anatomie in München (BayHStA MK 69629; UAM E-II-3132). 1933
erhielt er Amtsbezeichnung und akademische Rechte eines ordentlichen
Professors und 1934 im Rahmen der Rufabwendung dann auch das
entsprechende Gehalt (UAM E-II-3132). Nach der Aufforderung des
Rektors, dem Senat einen Überblick über die Verhältnisse an der
Tierärztlichen Fakultät zu geben, schrieb Seifried im Januar 1934 einen
neunseitigen Bericht, in dem er massiv die baulichen Missstände an der
Fakultät anprangerte. Auch die veraltete Einrichtung und die hygienischen
Verhältnisse wurden kritisiert. Schließlich berichtete er, einen Ruf auf den
ordentlichen Lehrstuhl für Veterinärpathologie an der Gießener Fakultät
erhalten zu haben. Die Verhältnisse dort seinen soviel besser, dass er den
Ruf annehme, wenn München nicht auf seine Forderungen einginge,
insbesondere „bindende Versprechungen für den Neubau eines Institutes
für Tierpathologie“ gebe (UAM E-II-3132, 24.1.1934).
Ab 1. November 1939 absolvierte Seifried seinen Wehrdienst als Führer
des Heimatpferdelazaretts 105 in Ulm an der Donau, wo Prof. Westhues

230
Chef der chirurgischen Abteilung wurde (Gylstorff 1990, 36). Nach dem
Krieg kehrte auch Seifried an die Fakultät zurück und beteiligte sich am
Wiederaufbau auf dem Oberwiesenfeld, wo er am Nachmittag des
4. Dezember 1945 von der Militärregierung abgeholt wurde,
„da er übersehen hat, auf seinem Fragebogen die Zugehörigkeit zu
einigen kleineren Organisationen anzugeben (Reichskriegerbund,
Verein für das Deutschtum im Ausland, NS-Lehrerbund und NS-
Altherrenbund). Wie mir Herr Westhues mitteilte, wurde Herr
Seifried in den vorausgegangenen 14 Tagen 2 x einem Verhör
unterzogen. Die Tatsache kam bei einem Vergleich der Parteikarteikarte
mit dem Fragebogen ans Licht“ (UAM E-II-3132; Mitteilung
von Dekan Karl Hilz an den Rektor der Universität, 7.12.1945).
Seifried wurde ins Gefängnis Stadelheim gebracht. Melchior Westhues und
Walther Baier bemühten sich von Anfang an um seine Entlassung (Röcken
2002, 83).
Als Mitglied der NSDAP (1937), des NS-Deutschen Studentenbundes
(1937) und der NS-Studentenkampfhilfe (1937) wurde Seifried am
13. November 1946 aus dem Dienst entlassen, da er „im Hinblick auf die
verlangten positiven politischen liberalen und sittlichen Eigenschaften“
den Ansprüchen der Militärregierung nicht entsprach (UAM E-II-3132).
Am Vormittag des 13. Dezember 1947 starb Professor Seifried, im Alter
von 51 Jahren, unerwartet an Herzversagen (Boessneck, von den Driesch
1990, 19; UAM E-II-3132). Ein Monat zuvor war ihm die endgültige
Amtsenthebung mitgeteilt worden (UAM E-II-3132) 163 . Melchior Westhues
schilderte den Vorfall 1948 in einem Brief an einen Tierarzt aus
Schussenried folgendermaßen:
„Professor Seifried befand sich in ausgezeichneter Gesundheit,
bekam aber einen Herzinfarkt und starb morgens in meiner Klinik,
innerhalb einer Stunde an Dyspnoe. Wir trauern ihm sehr nach“
(IGTM o. Sign.).
163 Der somit frei werdende ordentliche Lehrstuhl für Pathologische Anatomie wurde erst im
Mai 1952 mit Prof. Sedlmeier wieder besetzt (UAM E-II-3132).

Hans Sedlmeier
231
Im Jahr 1925 wurde Dr. Hans Sedlmeier 164 (geboren am 14. Juni 1900 in
Velden, Vils) unter Prof. Theodor Kitt Assistent am Pathologischen Institut
der Tierärztlichen Fakultät in München und blieb dort auch, als 1932 Oskar
Seifried die Nachfolge Kitts antrat (BayHStA MK 69629). Der Parteiobmann
an der Fakultät drängte Sedlmeier, in die Partei oder eine ihrer
Gliederungen einzutreten, da ansonsten eine Habilitation nicht möglich sei.
Auch unter dem Dozentenbundführer hatte Sedlmeier zu leiden. Deshalb
trat er 1933, wenig begeistert, in die SA ein, wo er 1937 automatisch in die
Partei überführt wurde (StAM SpkA K 1500 Hans Sedlmeier). Hinzu
kamen noch einige Mitgliedschaften in den harmloseren Gliederungen wie
Reichsluftschutzbund (UAM E-II-3117), NS-Volkswohlfahrt (1934) und
NS-Dozentenbund (1939). 1939 trat Sedlmeier wieder aus der SA aus
(StAM SpkA K 1500 Hans Sedlmeier).
Es gelang ihm im Jahr 1935, eine Stelle als Oberassistent am Hygienischen
Institut zu bekommen, und er habilitierte sich 1936 für Hygiene, Bakteriologie
und Nahrungsmittelhygiene (BayHStA MK 69629). Am 21. Juni
1937 wurde Hans Sedlmeier die Dozentur für „Hygiene, Bakteriologie,
Fleischbeschau und Milchhygiene“ übertragen. Zum Dozenten wurde er
erst zwei Jahre später ernannt. Im September 1942 setzte sich Dekan Ernst
für seine Ernennung zum außerplanmäßigen Professor ein (BayHStA MK
44324), die der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
am 13. Mai 1943 auch vollzog (UAM E-II-3117).
Auf Weisung der Militärregierung wurde Sedlmeier am 15. Oktober 1945
vom Dienst enthoben (BayHStA MK 69629), im Dezember 1945 erhielt er
die Genehmigung zur Niederlassung als Tierarzt. Daraufhin arbeitete er als
praktischer Tierarzt (StAM SpkA K 1500 Hans Sedlmeier).
Im Tierhygienischen Institut gab es nach Kriegsende keinerlei wissenschaftliches
Personal, da Dekan Hilz keine unbelastete, geeignete Vertretung
für Prof. Sedlmeier finden konnte, und so teilte Hilz am 18. September
1946 dem Staatsministerium für Sonderaufgaben mit, „auch Prof.
Sedlmeier bedeutet keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“, und er bat
um eine beschleunigte Entnazifizierung Sedlmeiers (StAM SpkA K 1500
Hans Sedlmeier).
164 Studium und Promotion in München (1921-1925) (BayHStA MK 69629).

232
Am 8. Mai 1947 wurde das Entnazifizierungsverfahren eingestellt und
Hans Sedlmeier als vom Gesetz nicht betroffen eingestuft (StAM SpkA K
1500 Hans Sedlmeier). Nachdem er bereits im Herbst 1947 eine
Assistentenstelle an der Universität erhalten hatte, ernannte ihn das
Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 1. April 1948
zum außerplanmäßigen Professor für „Hygiene, Bakteriologie, Fleischbeschau
und Milchhygiene“ (UAM E-II-3117). Gleichzeitig wurde er zum
kommissarischen Vertreter der ordentlichen Professur für allgemeine
Pathologie und pathologische Anatomie ernannt (BayHStA MK 69629;
UAM E-II-3117). Am 1. Februar 1951 wurde Sedlmeier außerordentlicher
Professor für Nahrungsmittelkunde an der Universität München (UAM E-
II-3117).
Die außerordentliche Professur, die Sedlmeier nun erhalten hatte, war
ursprünglich diejenige von Prof. Hans Jöchle für Hufkrankheiten, Theorie
des Hufbeschlags und Beschirrungslehre. Im August 1947 war die
Umwandlung in die außerordentliche Professur für Fleischbeschau erfolgt,
die im Januar 1951 wiederum in „außerordentliche Professur für Nahrungsmittelkunde“
umbenannt wurde (UAM E-II-3117). Doch schon im
Mai 1952 wurde Sedlmeier zum ordentlichen Professor für allgemeine
Pathologie und pathologische Anatomie berufen (BayHStA MK 44324)
und führte das neu eingerichtete Institut für Nahrungsmittelkunde nur
kommissarisch weiter (Krauße, Zaadhof 1990, 86) 165 .
Anton Otto Stoß
Anton Otto Stoß jun. 166 (geboren am 3. Juni 1888 in München) arbeitete
seit 1918 an einer anatomischen Aufgabenstellung, mit der er sich 1920 für
Anatomie habilitieren wollte. „Aus aeusseren Gründen gab Stoß diesen
Plan auf“ (BayHStA MK 69630, Ernst). Genauer betrachtet wollte Anatom
Anton Stoß sen. seinen Sohn zu seinem Nachfolger machen. Doch die
Fakultät wehrte sich gegen eine solche Hausberufung, und so ging Anton
165 Zusätzlich wurde der frühere Präsident der Bayerischen Tierärztekammer und Münchner
Schlachthofdirektor, Dr. Hans Kuppelmayr, 1947 zum Honorarprofessor für Schlachtvieh-
und Fleischbeschau berufen und später auch für Lebensmittelkunde (Krauße, Zaadhof 1990,
86).
166 Nach der Approbation 1912 war Stoß Assistent an der Chirurgischen Tierklinik der
Tierärztlichen Hochschule Berlin, wo er 1913 promovierte. Danach erhielt er eine Assistentenstelle
in der Münchner Chirurgie. Von 1915 bis 1918 leistete er Heeresdienst (BayHStA
MK 69630).

233
Stoß jun. mit seiner in München vorbereiteten, anatomischen Habilitationsschrift
nach Berlin (Koch 1972, 46). Dort erfolgte seine Habilitation für
„Geburtshilfe innerhalb der Chirurgie“ am 29. Juli 1919 (BayHStA MK
69630).
Bis zum Jahr 1917 wurden in München die Fächer Geburtshilfe und
Tierzucht von einer Professur vertreten. Erst 1917 wurden die Gebiete
getrennt. Für zwei Ordinariate fehlten aber die finanziellen Mittel, und so
wurde aus Gründen der Personalpolitik das Ordinariat an die Tierzucht
unter Leonhard Vogel gegeben. Für die Geburtshilfe stand nur noch ein
Extraordinariat zur Verfügung, auf das der Landestierarzt Gustav von
Vaerst berufen wurde. Von Vaerst verstarb aber nach kurzer Zeit, und
Anton Otto Stoß jun. trat seine Nachfolge an (Koch 1972, 45-46): Im
August 1923 wurde er zum außerordentlichen Professor für Geburtshilfe
und Ambulatorische Klinik an der Tierärztlichen Fakultät München
ernannt und 1930 zum ordentlichen Professor „befördert“ (BayHStA MK
69630).
Anton Stoß sen. ließ sich 1933 im Alter von 75 Jahren nach 50jähriger
Lehrtätigkeit emeritieren. Danach leitete er das Institut für Tieranatomie
noch ein Jahr lang weiter (Boessneck 1972, 315). Die Fakultätsvorschläge
für seine Nachfolge ließen sich nicht verwirklichen, da Prof. Wilhelm
Schauder aus Gießen abgelehnt und Prof. Eberhard Ackerknecht aus
Zürich einen anderen Ruf erhalten hatte (BayHStA MK 69630; Böhm
1995, 440; Möllers 2002, 59).
Stoß jun. hatte einige anatomische Arbeiten vorzuweisen und „Umfragen
bei namhaften tierärztlichen Anatomen ergaben“, dass seine anatomischen
Arbeiten und sein Wissen „hoch eingeschätzt“ wurden (BayHStA MK
69630, Ernst). Prof. Ernst 167 erklärte dem Senat der Universität München:
„Die Persönlichkeit und die charakterlichen Eigenschaften von
A. O. Stoß sind der Fakultät ebenso rühmlich bekannt wie seine ausgezeichnete
Eignung als Lehrer und Forscher und seine Beliebtheit
bei den Studierenden“ (BayHStA MK 69630, Ernst).
Die Fakultät entschied sich am 6. Dezember 1933, Prof. Anton Otto Stoß
jun., den ordentlichen Professor für Geburtshilfe und Ambulatorische
167 Da nach Professor Johannes Pächtner (1932/33) Anton Otto Stoß jun. (1933-1935) Dekan
der Tierärztlichen Fakultät war, regelte wohl Prof. Ernst die weiteren Berufungsangelegenheiten.

234
Klinik und Sohn des Emeritus, an die erste Stelle zu setzen und danach Dr.
Hugo Grau einzureihen, für den sich der Rektor und Forstzoologe Prof.
Karl Leopold Escherich sehr einsetzte. Der Rektor stimmte dem
Berufungsvorschlag der Fakultät nicht zu, was sonst sehr selten vorkam,
und teilte dem Kultusministerium mit, dass er Grau für diesen Posten als
am besten geeignet hielt. Grau war Mitglied des Freikorps Epp und am
Hitlerputsch vom 8./9. November 1923 beteiligt gewesen. Der Rektor
erhoffte sich deshalb die Unterstützung des Sachbearbeiters für tierärztliche
Angelegenheiten im bayerischen Innenministerium, des späteren
Reichstierärzteführers Dr. Friedrich Weber. Doch Grau hatte Schwierigkeiten,
seine „arische Abstammung“ nachzuweisen, und auch Weber hatte
sich für Stoß ausgesprochen (Böhm 1995, 440; Möllers 2002, 59).
So wurde am 1. November 1934 Anton Otto Stoß jun. berufen. Er vertrat
aber weiterhin noch seine alte Professur für Geburtshilfe und Ambulatorische
Klinik im Nebenamt (UAM E-II-3277).
Auch Anton Otto Stoß jun. wurde im November 1945 von seinem Amt
enthoben, weil er sich in der NSDAP (1933), der SA-Reserve (1933) und
im NS-Dozentenbund (1937) betätigt hatte, und er wurde am 14. Mai 1948
in die Gruppe der Mitläufer eingereiht 168 (UAM E-II-3277, 14.5.1948).
Aufgrund der geringen Zahl an Tieranatomen in Deutschland konnten nur
nominelle Parteigenossen für seine Vertretung ausfindig gemacht werden:
Dr. habil. Walther Baier und Prof. Dr. Hugo Grau (TiHoA o. Sign., Dekan
Hilz an der Rektor der Universität München, 30.4.1946). Als Prof. Stoß
seine Wiedereinstellung beantragte, hatte das Kultusministerium bereits die
Berufung von Walther Baier ausgesprochen. Die Fakultät bot aber an, Stoß
dafür wieder die außerordentliche Professur für Geburtshilfe und Ambulatorische
Klinik zu überlassen. Sollte sich das allerdings als „untunlich
erweisen“, sollte er aufgrund seiner langjährigen Dienste (mit 60 Jahren) in
den Ruhestand versetzt werden (BayHStA MK 69630).
Der Rektor der Universität München gab am 2. August 1948 eine
politische Unbedenklichkeitserklärung für Stoß ab und so konnte er im Juli
1949 wieder zum ordentlichen Professor berufen und gleichzeitig in den
Ruhestand versetzt werden (UAM E-II-3277). Die Rechtsstellung eines
emeritierten ordentlichen Professors der Universität München wurde ihm
nachträglich am 12. August 1957 zugestanden (BayHStA MK 44407), im
168 Zusätzliche Mitgliedschaften bestanden beim Reichsbund der Deutschen Beamten (1934),
der NS-Volkswohlfahrt (1934), dem NS-Ärztebund (1934), dem NS-Lehrerbund (1934), dem
Reichsluftschutzbund (1934) und der NS-Studentenkampfhilfe (1936) (UAM E-II-3277).

235
selben Verfahren mit den Professoren Johannes Nörr, Richard Abelein und
Hans Jöchle (UAM E-II-3277).
Walther Baier
Walther Baier (geboren am 22. Juni 1903 in Neustadt a. d. W.) hatte von
1922 bis 1926 in München Tiermedizin studiert. Die Promotion und
Assistenzzeit absolvierte er am Anatomischen Institut in München unter
Prof. Stoß sen. Später ging er nach Berlin und danach nach Hannover, wo
er sich 1931 für Anatomie, Histologie und Embryologie habilitierte
(TiHoA o. Sign.; Gylstorff 1958, 335; Schimanski 1997, 116). Seine
Karriere wurde 1933 vorläufig beendet, weil Baier sich geweigert hatte,
einen Spendenaufruf der Assistentenschaft für eine Hakenkreuzfahne zu
unterschreiben, und seinen Unmut darüber auch äußerte. Das hatte Baiers
Entlassung zur Folge (Schimanski, Schäffer 2001a, 382). 169
„Im Frühjahr 1933 wurde er wegen seiner gegnerischen Einstellung
zum Nationalsozialismus auf Grund eines Senatsbeschlusses [...] aus
seinem Dienst entlassen. Er erhielt mit Schreiben vom 25.7.34 durch
das Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung die
schriftliche Bestätigung, daß seine Entlassung aus politischen
Gründen erfolgte“ (TiHoA o. Sign., Dekan Hilz an der Rektor der
Universität München, 30.4.1946).
Auch in München war Baier 1933 für die Wiederbesetzung der Anatomieprofessur
vorgeschlagen worden, was aber durch den Vorfall in Hannover
vereitelt wurde. Deshalb blieb ihm nur die Arbeit in der tierärztlichen
Praxis. Er bekam ein Amt als stellvertretender Schlachthofleiter in Hersfeld,
aus dem er im Frühjahr 1934 durch einen Parteigenossen wieder
verdrängt wurde. Daraufhin gründete er dort eine Tierarztpraxis und im
Juli wurde er von der Reiter-SA mit der Überwachung ihres Pferdebestandes
betraut. Auch als er nach Marktheidenfeld umzog, wurde er dort
von der SA erfasst und kam als Tierarzt zur Reiter-SA Remlingen, die aus
einem ländlichen Reitverein hervorgegangen war. Aufgrund dieser Tätigkeit
wurde er am 1. Mai 1937 automatisch in die Partei übernommen
(TiHoA o. Sign., Dekan Hilz an der Rektor der Universität München,
30.4.1946).
169 Siehe Schimanski (1997, 115-130).

236
Baier hatte engen Bezug zur Vereinigung der Freunde der Burg Rothenfels,
einer katholischen Organisation, die den Nationalsozialisten ein Dorn im
Auge war. Im August 1939 hatte Baier zufällig von der bevorstehenden
Räumung der Burg durch die Gestapo erfahren. Daraufhin warnte er die
Vereinigung um Professor Romano Guardini und half mit, belastendes
Material zu vernichten (Schimanski 1997, 128).
Während des Zweiten Weltkriegs tat Baier in den Pferdelazaretten
Nürnberg und Ulm Wehrdienst als Veterinäroffizier, wo er mit Melchior
Westhues in Kontakt kam (Röcken 1999, 44-45; Röcken 2002, 141). In der
Nachkriegszeit bemühte sich Westhues, Baier nach München an die Tierärztliche
Fakultät zu holen (Röcken 2002, 79). Als die Militärregierung
Baier wegen seiner Partei- und SA-Mitgliedschaft ablehnte, bemühte sich
die Fakultät, Baier als Gegner des Nationalsozialismus darzustellen und
bezeichnete ihn vielmehr als „Opfer seiner politischen Überzeugung“
(TiHoA o. Sign.). Hermann Röcken, der spätere Assistent von Westhues,
berichtet über Baiers Entnazifizierung:
„Alle bestätigten einhellig, daß Baiers Weltanschauung dem Nationalsozialismus
konträr eingestellt war, woraus er auch keinen Hehl
gemacht hat und daß er auch niemals ein Militarist war. Bestätigt
wird ganz besonders, daß er als eines der ersten Opfer des NS-
Regimes schon 1933 Schlimmes zu erdulden hatte“ (Röcken 2002,
80).
Die Spruchkammer Marktheidenfeld hatte Walther Baier am 30. Juli 1946
in die Gruppe der Entlasteten eingereiht. Daraufhin legte der öffentliche
Kläger Berufung ein, doch die Berufungskammer Würzburg stufte Baier
am 4. Februar 1948 erneut in die Gruppe der Entlasteten ein (BayHStA
MK 69630).
Am 1. September 1948 wurde Dr. habil. Walther Baier (BayHStA MK
69630) auf den Lehrstuhl für Anatomie, Histologie und Embryologie an
der Tierärztlichen Fakultät München berufen (Walser, Stolla 1990, 159).
Als erfahrener Praktiker konnte er nun zusätzlich noch die Fächer Geburtshilfe,
Ambulatorische Klinik und Zuchtschäden und Aufzuchtkrankheiten
vorläufig übernehmen (TiHoA o. Sign., Dekan Hilz an der Rektor der
Universität München, 30.4.1946). Da Baier auch die Gynäkologie betreuen
musste, wurde er in der Lehre der Anatomie von Arturs Vitums und
danach von Eberhard Ackerknecht vertreten. Ab dem WS 1951/52 hielt

237
Hugo Grau die Anatomievorlesungen, bis ihm 1953 das Ordinariat
vollständig übertragen wurde (Vollmerhaus 1990, 58-59).
Hugo Grau
Hugo Grau (geboren am 15. April 1899 in Vilsbiburg, Niederbayern)
studierte in München Tiermedizin und promovierte dort auch (Möllers
2002, 153). Danach habilitierte er sich in Leipzig für Veterinär-Anatomie.
Im Frühjahr 1934 erhielt er einen Ruf nach München. Da Grau „Halbjude“
war, konnte er keinen „Arier-Nachweis“ erbringen und damit die Stelle
nicht bekommen. 170 Aus diesem Grunde wurde er in Leipzig ebenfalls
entlassen. So ging er für drei Jahre an die Landwirtschaftlich-Tierärztliche
Hochschule Karadji (Iran), bis er wegen einer Erkrankung seiner Frau nach
Deutschland zurückkehren musste. Am 6. Mai 1935 hatte ihn die
„Reichsstelle für Sippenforschung“ dann doch als Arier eingestuft und
1937 ermöglichte ihm ein Spezialgutachten des Reichs-Sippenamts den
Eintritt in die Partei. 1939 richtete er das Veterinäruntersuchungsamt in
Karlsbad ein und übernahm dessen Leitung, bis er am 11. Mai 1945 von
dort floh (TiHoA o. Sign., Dekan Hilz an der Rektor der Universität
München, 30.4.1946; BayHStA MK 69630; Möllers 2002, 152-153).
Grau kehrte nach München zurück, wo er im Sommer 1945 die Leitung der
Veterinärpolizeilichen Anstalt in Schleißheim übernahm (Vollmerhaus
1999, 47). Als „Halbjude“ hatte er sicherlich keine Schwierigkeiten mit der
Entnazifizierung. Als 1951 der Anatom Eberhard Ackerknecht die
Tierärztliche Fakultät recht plötzlich verließ, sprang Grau als Ersatz für ihn
ein und übernahm 1953 dessen Professur (Vollmerhaus 1999, 60, 63).
Richard Abelein
Am 1. November 1935 erhielt Dr. Richard Abelein 171 (geboren am 24. Juni
1891 in München) den außerordentlichen Lehrstuhl „für Geburtshilfe, für
die Behandlung von Außenfällen (ambulatorische Klinik) sowie für
Zuchtschäden und Aufzuchtkrankheiten in der Tierärztlichen Fakultät der
170 Siehe auch Kap. 5.3.2 „Anton Otto Stoß“.
171 Richard Abelein studierte von 1910 bis 1914 an der Tierärztlichen Hochschule München
Tiermedizin. Nach dem Kriegseinsatz ließ er sich 1919 als praktischer Tierarzt in
Hemigkofen-Nonnenbach am Bodensee nieder (Weber 1951, 260).

238
Universität München“, der durch die Berufung von Anton Stoß jun. auf
den Lehrstuhl für Anatomie frei geworden war. Damit wurde Abelein
Direktor des Instituts für Geburtshilfe und der Ambulatorischen Klinik
(UAM E-II-705, 8.4.1936). Die Tierärztliche Fakultät war bemüht, den
Kontakt zur Praxis zu wahren, hatte aber, insbesondere bei Personalfragen,
mit Einflussversuchen der tierärztlichen Standesvertretungen und des
Reichstierärzteführers zu kämpfen (Böhm 1995, 400).
Richard Abelein hatte sich um 1913 dem Widarbund angeschlossen, einer
„rassenhygienischen Organisation zur Förderung der nordischen Rasse“,
der er bis zu deren Auflösung 1933 angehörte (UAM E-II-705, 7.1.1936).
Seit 1. Februar 1932 gehörte er der NSDAP an, von 1933 bis 1935 war er
bei der SA-Reserve, seit 1934 als Oberrottenführer. Im Dezember 1935 trat
Abelein aus der SA-Reserve aus, weil es zu Auseinandersetzungen mit
seinem dortigen Vorgesetzten gekommen war. Außerdem wurde er Mitglied
der NS-Volkswohlfahrt (1934), des Volksbundes für das Deutschtum
im Ausland (1936), des NS-Dozentenbundes (1937), des NS-Ärztebundes,
des NS-Altherrenbundes (1937) und des Reichsluftschutzbundes (1937)
(StAM SpkA K 1 Richard Abelein).
Am 1. August 1939 wurde Abelein zum Wehrdienst einberufen (UAM E-
II-705). Während des Krieges stellte die Fakultät für Abelein mehrmals
Antrag auf Freistellung oder auf Arbeitsurlaub, unterstützt von der Landesbauernschaft
Bayern und dem Staatsministerium des Innern. Seine
Fähigkeiten in der Pferdegeburtshilfe und der Sterilitätsbekämpfung in der
Rinder- und Pferdezucht wurden bei dem Mangel an Ziviltierärzten
dringend benötigt (BayHStA MK 54164). Obwohl auch der Präsident des
Bezirksverbands Oberbayern, Christian Weber, die Dienste der Tierärztlichen
Fakultät für die Gestüte um München forderte (BayHStA MInn
87315), wurde Abelein nicht freigestellt.
Im Auftrag der Militärregierung wurde Prof. Abelein am 12. Juli 1945
durch den Bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus seines
Dienstes enthoben (UAM E-II-705). Im Februar 1946 wurde ihm die
Praxistätigkeit untersagt (StAM SpkA K 1 Richard Abelein) und am
15. April 1946 teilte ihm das Ministerium mit, „daß die Entfernung aus
Ihrem Amt endgültig und eine Entscheidung der Militärregierung ist“
(UAM E-II-705).
Prof. Westhues setzte sich für Abelein ein und bezeugte, dass Abelein nie
„propagandistisch für die Partei eingewirkt hat“. Die Berufung beruhe

239
allein auf der wissenschaftlichen Eignung (StAM SpkA K 1 Richard
Abelein). Auch Prof. Karl Hilz war dieser Ansicht und bezeugte, Abelein
habe „keinen Unterschied zwischen Parteigenossen und Nicht-Parteigenossen“
gemacht und 1938/39 den Tierarzt Walther Denstorff, der wegen
seiner „nicht-arischen Abstammung“ an anderen Instituten Probleme hatte,
die Anfertigung einer Dissertation ermöglicht (StAM SpkA K 1 Richard
Abelein, 24.6.1946).
Am 8. März 1947 reihte der öffentliche Kläger bei der Spruchkammer X in
München Richard Abelein aufgrund der NSDAP-Mitgliedschaft seit 1932
und der „Fülle der NS-Mitgliedschaften“ in die Gruppe II der Belastung
ein. Solange Abelein nicht rechtskräftig in die Gruppe IV (Mitläufer)
eingestuft war, war es ihm untersagt, als Tierarzt zu arbeiten. Deshalb
stellte am 18. März 1947 der Anwalt Abeleins den Antrag, „den
Betroffenen in die Gruppe IV der Mitläufer einzureihen“. Daraufhin stufte
ihn die Spruchkammer am 21. April 1947 in die Gruppe der
Minderbelasteten (III) ein und es wurde ihm für die Dauer der
Bewährungsfrist von zwei Jahren verboten, ein Unternehmen zu leiten, als
Lehrer tätig zu werden und „in nicht selbständiger Stellung anders als in
gewöhnlicher Arbeit beschäftigt zu sein“. Seit Herbst 1945 arbeitete
Abelein als Hilfsarbeiter bei der „Holzaktion Theresienwiese“. Aber schon
nach zwei Monaten verunglückte er (doppelter Rippenbruch) und kam
nach seiner Genesung als Melker zu einem Landwirt (StAM SpkA K 1
Richard Abelein).
Der Anwalt Abeleins legte am 18. Juni 1947 erneut Berufung ein und
forderte die Aufhebung des Spruches vom 21. April 1947 (StAM SpkA
K 1 Richard Abelein). Auch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung
und Landwirtschaft forderte die Berufungskammer auf, im Falle
Abeleins baldmöglichst zu einem Urteil zu kommen, um das Berufungsverfahren
zu beschleunigen. In der Kriegs- und Nachkriegszeit kam es zu
einer heftigen Verbreitung von Deckseuchen der Rinder und der „beste
Spezialist für die Bekämpfung der Sterilität der Rinder“ sollte im Interesse
der „Volks- und Ernährungswirtschaft“ die Bekämpfung der Seuchen in
Bayern in die Hand nehmen (StAM SpkA K 1 Richard Abelein,
23.12.1947).
So gelang auch Abelein nach der „Novelle zum Befreiungsgesetz vom
7.10.1947“ am 13. April 1948 schließlich die Einstufung in die Gruppe der
Mitläufer (StAM SpkA K 1 Richard Abelein). Er ging wieder in die Praxis
und wirkte bei der Etablierung der künstlichen Besamung in Bayern mit,

240
auch als Berater des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten. Er legte den Grundstein für die Abteilung
Sterilitätsbekämpfung des Rindergesundheitsdiensts in Bayern (Weber
1951, 260).
Nachdem Abelein durch die Spruchkammer in die Gruppe der Mitläufer
(IV) eingestuft worden war, sah er mit dem „Gesetz zu Artikel 131 des
Grundgesetzes“ 172 erneut die Chance, seine Professur doch noch zurückzubekommen.
Er stellte am 15. Mai 1951 beim Bayerischen Staatsministerium
für Unterricht und Kultus (BayHStA MK 54164) und am 30. Mai
1951 bei der Fakultät einen Antrag auf Wiederindienststellung (UAM E-II-
705). Seine Professur wurde immer noch durch Walther Baier, Inhaber der
Professur für Anatomie, vertreten, wenngleich auch inzwischen Berufungsverhandlungen
im Gange waren. Der Dekan der Fakultät hatte Abelein
mitgeteilt, die Kollegen würden eine Wiedereinstellung Abeleins begrüßen,
doch der Hochschulreferent des Ministeriums für Unterricht und
Kultus teilte mit, „es sei z. Z. noch nicht angängig, Nationalsozialisten,
welche vor dem 30.1.33 der Partei beigetreten seien, im Amtsbereich des
Kultusministeriums wieder in Dienst zu stellen“. Auch der Dekan der
Fakultät, Demoll, gab nun zu bedenken, dass im Falle einer Wiedereinstellung
Abeleins auch die Professoren Nörr und Stoß, die sich in einer
ähnlichen Lage befanden, ihre Wiedereinstellung fordern könnten. Die
Fakultät habe aber „keine Erinnerung gegen die Zuerkennung der
Pensionsansprüche an Herrn Prof. Abelein“ 173 (BayHStA MK 54164). Da
die Wiedereinstellung auf sich warten ließ, beantragte Abelein am 30. Juni
1951 Versorgungsbezüge und Übergangsgeld, was durch das „Gesetz zu
Artikel 131 des Grundgesetzes“ möglich geworden war (UAM E-II-705).
Karl Hilz
1923 wurde Albert Jodlbauer, ein Humanmediziner, auf den Lehrstuhl für
Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie berufen. Er wurde 1936
emeritiert, übernahm aber die Stellvertretende Leitung des Instituts
(BayHStA MK 69633; Schulz 1990, 208), da sich die Wiederbesetzung der
ordentlichen Professur für Pharmakologie und Pharmazie hinzog. Der
Dekan der Tierärztlichen Fakultät München schlug an erster Stelle die
Professoren Richard Völker aus Hannover und Alexander Gluschke aus
172 Siehe Kap. 2.9.
173 Prof. Abelein wurde am 24. Juni 1951 60 Jahre alt.

241
Berlin vor. An zweiter Stelle kamen der nicht beamtete außerordentliche
Prof. Karl Hilz 174 (geboren am 13. Dezember 1884 in München) aus
München und der ordentliche Prof. Paul Luy aus Karadji (Iran) 175 . Die
Dozentenschaft der Universität München wollte Hilz und Völker die erste
Stelle einräumen, während der Rektor der Universität dafür die Professoren
Völker und Gluschke bevorzugte. Deshalb verlangte das Bayerische
Staatsministerium für Unterricht und Kultus beim Reichs- und Preußischen
Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung die Berufung
Völkers (BayHStA MK 69633, 21.7.1937).
Während dieser Verhandlungen erkrankte Prof. Jodlbauer und der Konservator
und außerordentliche Professor Karl Hilz übernahm dessen Vorlesungen
und die Vorstandschaft des Pharmakologischen Instituts (BayHStA
MK 69633, 22.7.1937). Der Preußische Minister für Wissenschaft,
Erziehung und Volksbildung hielt die Wegberufung Völkers aus Hannover
für nicht vertretbar und verkündete, dass Völker den Ruf ohnehin nicht
annehmen würde. Da auch Professor Gluschke „erst kürzlich zum
ordentlichen Professor in Berlin ernannt worden“ war, wollte man ihn
nicht „nach so kurzer Zeit einer anderen Universität“ zuweisen (BayHStA
MK 69633, 4.3.1938). Trotz gewisser Zweifel seitens der Fakultät, ob Karl
Hilz fachlich auch geeignet sei, wurde er schließlich Jodlbauers Nachfolger.
Immerhin war er schon seit 1912 für das Institut tätig. Am 1. Oktober
1938 wurde Hilz ordentlicher Professor für Pharmakologie und Pharmazie
sowie Geschichte der Tierheilkunde (UAM E-II-1739).
Nachdem zu Kriegsbeginn die meisten Professoren einberufen worden
waren, sollte Hilz im Oktober 1939 die Vertretung von Professor Völker an
der Tierärztlichen Hochschule Hannover übernehmen. Doch kurz nach
Hilz’ Ankunft in Hannover wurde auch Völker nach Hannover zurückversetzt
und Hilz konnte nach München zurückkehren (UAM E-II-1739).
Während des Krieges blieb er neben dem damaligen Dekan Wilhelm Ernst
174 Er studierte von 1902 bis 1910 in München Tiermedizin. 1912 wurde er ordentlicher
Assistent am Pharmakologischen Institut der Tierärztlichen Fakultät München. Nach dem
Kriegseinsatz erwarb er 1921 nachträglich das Reifezeugnis des humanistischen Gymnasiums
und promovierte in München zum Dr. med. vet. 1926 habilitierte sich Hilz für Pharmakologie
und Dispensierkunde und wurde 1932 zum Konservator am Pharmakologisch-Pharmazeutischen
Institut an der Tierärztlichen Fakultät München ernannt. Ein Jahr später erhielt er den
Titel eines nicht-beamteten außerordentlichen Professors. Seit dem WS 1932/33 erteilte er das
Fach Geschichte der Tierheilkunde im Lehrauftrag (BayHStA MK 69633).
175 Paul Luy hatte ab 1930 die Apotheke der Tierärztlichen Hochschule Hannover geleitet und
wurde 1935 als Professor für Physiologie an die Landwirtschaftlich-Tierärztliche Hochschule
Karadji berufen (Vollmerhaus 1999, 40).

242
als einziger Professor im Amt und bildete veterinärmedizinisch-technische
Assistentinnen aus, nachdem an einen Lehrbetrieb an der Fakultät nicht
mehr zu denken war (Boessneck 1972, 317). Hilz wurde „Abteilungsführer
der Luftschutzpolizei“ und „Führer der Tierrettungsstelle Nord“. Nachdem
er am 20. April 1945 als Bereitschaftsführer bei der Luftschutzpolizei
München entlassen worden war, trat er am 1. Mai 1945 wieder seinen
Dienst an der Universität an (UAM E-II-1739).
Obwohl Karl Hilz den Nationalsozialismus innerlich ablehnte (Schmidt
2000, 254), wurde er Mitglied der NS-Volkswohlfahrt (1936), des
Altherrenbundes der deutschen Studenten (1937) und der NS-Studentenkampfhilfe
(1937) (UAM E-II-1739).
Eugen Mennel
Eugen Mennel (geboren am 26. April 1880 in München) studierte ab 1900
an der Tierärztlichen Hochschule München Veterinärmedizin. Er erhielt
1904 die Approbation und fand eine Assistentenstelle an der Chirurgischen
Tierklinik in München. Nach seinem Militärdienst arbeitete er ein Jahr am
Schlacht- und Viehhof, bis er 1906 die Assistentenstelle an der damaligen
Lehrschmiede der Tierärztlichen Hochschule München erhielt. Nach dem
Kriegsdienst promovierte er in München und erhielt 1921 den Titel
Landwirtschaftsrat. Nach dem Tod von Prof. Moser wurde er 1937 mit der
Stellvertretung der Vorstandsstelle an der Staatlichen Hufbeschlagschule
München betraut (BayHStA MK 54946).
Mennel, selbst katholisch, heiratete am 3. August 1914 die evangelische
Sophie Herrmann aus München. Die Nazis stuften sie später als „Halbjüdin“
ein, was sich sehr nachteilig auf seine weitere Karriere auswirkte
(BayHStA MK 54946). Während des Krieges versuchte Mennel, seine
Frau zu schützen und die Hufbeschlagschule am Laufen zu halten
(PrivAWJ 1948). Vermutlich wurde er auch wegen seines Alters nicht zum
Wehrdienst einberufen. Zu Kriegsbeginn war er immerhin schon 59 Jahre
alt.
Da Mennel lediglich Mitglied des Reichsbundes der deutschen Beamten,
der NS-Volkswohlfahrt und Luftschutzwart beim Reichsluftschutzbund
war, ansonsten aber keiner Gliederung angehört hatte, wurde er am 1.
Februar 1946 von der Militärregierung Bayern genehmigt und mit Spruch-

243
kammerurteil vom 4. Januar 1947 als nicht betroffen eingestuft (BayHStA
MK 54946). Am 30. Mai 1946 wurde Eugen Mennel offiziell zum
kommissarischen Vertreter der außerordentlichen Professur für
Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre
ernannt 176 (UAM E-II-2440; BayHStA MK 54946).
Die Fakultät beschloss auf ihrer Sitzung am 21. Januar 1948, beim
Kultusministerium für Eugen Mennel den Titel eines Honorarprofessors
für „Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre“
zu beantragen, da nach der allgemeinen Auffassung, nach Prof.
Mosers Tod, Mennel durchaus als dessen Nachfolger in Frage gekommen
wäre, wenn er nicht mit einer „Halbjüdin“ verheiratet gewesen wäre. So
war er von jeglicher Beförderung ausgeschlossen gewesen. Am 9. Juni
1948 folgte das Kultusministerium dem Antrag und ernannte Mennel zum
„Honorarprofessor für Hufbeschlag“ (BayHStA MK 54946).
Bis zu seinem Ruhestand Ende Mai 1948 blieb Mennel Vorstand der
Staatlichen Hufbeschlagschule in München (BayHStA MK 54946). Seine
Lehrtätigkeit an der Fakultät legte er erst am 31. Juli 1950 nieder. Trotzdem
hielt er noch bis zum Frühjahr 1951 Prüfungen über Hufbeschlag und
Huf- und Klauenkrankheiten ab (UAM E-II-2440).
Das Verhältnis zwischen Hans Jöchle und Eugen Mennel war sicher
schwierig, da Mennel als langjähriger Assistent an der Hufbeschlagschule
ebenfalls ein Anrecht auf die Nachfolge Mosers gehabt hätte. Durch die
politischen Umstände und Mennels Ehe mit einer „Halbjüdin“ wurde der
wesentlich jüngere Hans Jöchle zum Professor ernannt und sollte
eigentlich auch an der Hufbeschlagschule der Vorgesetzte Mennels
werden. Durch den Kriegsausbruch kam es allerdings nicht mehr dazu.
Nach Jöchles Heimkehr aus dem Krieg hatte Eugen Mennel dessen
Position übernommen, während Jöchle mit dem Entnazifizierungsverfahren
zu kämpfen hatte und dringend auf ein Gehalt angewiesen war, um
seine Familie zu versorgen. Immerhin konnte Jöchle wieder als Fachberater
für Hufbeschlag arbeiten, was nun wiederum für ihn einen starken
Karriereknick bedeutete.
Zeitzeuge Michael Urlbauer absolvierte bis 1948 seine Ausbildung bei
Eugen Mennel, danach bei Hans Jöchle an der Hufbeschlagschule. Er war
176 Rückwirkend zum 1. März 1946 (UAM E-II-2440).

244
von 1946 bis 1950 an der Staatlichen Hufbeschlagschule München und
konnte die Geschehnisse dort mitverfolgen. Er berichtet: „Mennel und
Jöchle waren sich nicht ganz einig, Jöchle wurde Mennel vorgesetzt“
(Urlbauer 2005, mdl. Mitt.).
Johannes Nörr
Nachdem Prof. Franz Schmitt sehr früh verstorben war, übernahm Dr.
med. vet. Johannes Nörr 177 (geboren am 25. Juni 1886 in Zumhaus,
Bayern), seit 1927 ordentlicher Professor in Gießen, am 1. Januar 1930 das
Ordinariat für spezielle Pathologie und Therapie und die Leitung der
Medizinischen Tierklinik. Zudem las er die Gerichtliche Tierheilkunde
(StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr; UAM E-II-2590; Boessneck 1972,
319). „Nörr war, obwohl menschlich schwierig, ein außerordentlich gebildeter
und tiermedizinisch vielseitig interessierter Mann.“ 1939 ernannte
die Universität Sofia Nörr zum Dr. med. vet. h. c. (Kraft, Dirksen 1990,
142).
Schon 1933 bekam Nörr große Schwierigkeiten, da die politische Führung
der Studentenschaft Material gegen ihn gesammelt hatte. Ihm wurde
vorgeworfen, er habe sich „nicht rechtzeitig und nicht eindeutig genug zum
NS bekannt“. Auch die Fakultät und das Ministerium wurden dadurch auf
ihn aufmerksam. Obwohl er 1933 zum Dekan der Tierärztlichen Fakultät
gewählt (nicht ernannt) worden war, musste er wieder zurücktreten, weil er
politisch nicht zuverlässig sei (StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr). Die
nähere Untersuchung dieses Fall gestaltet sich schwierig, da im Bayerischen
Hauptstaatsarchiv in der Akte MK 69635, „Ordentliche Professur für
spezielle Pathologie und Therapie“ (Innere Medizin), zwischen 1933 und
1948 kein Schriftgut überliefert ist.
Nach diesem Vorfall suchten die SA-Reiterstürme Münchens einen Tierarzt
zur kostenlosen Behandlung ihrer Pferde. Nachdem Nörr persönlich
aufgefordert worden war, gab er schließlich, aus Angst um seine Stellung,
nach. Er betreute ab 1934 regelmäßig die Pferde der SA-Reiterstürme und
177 Johannes Nörr war Assistent an der Tierärztlichen Hochschule Berlin (ab 1911) und an der
Tierärztlichen Hochschule Dresden (ab 1920). 1923 wurde er Oberassistent an der Medizinischen
Tierklinik der Universität Leipzig und 1925 ordentlicher Professor an der Universität
Sofia. 1927 erfolgte seine Berufung zum ordentlichen Professor für innere und gerichtliche
Tiermedizin an der Universität Gießen (UAM E-II-2590).

245
wurde auch beim Kauf neuer Pferde zu Rate gezogen. An Ausritten und
sonstigen SA-Aktivitäten beteiligte er sich jedoch nicht und 1939 trat er
aus der SA schließlich wieder aus (StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr).
Auch eine mögliche Berufung nach Leipzig scheiterte an der „politischen
Unzuverlässigkeit“ Nörrs, weitergegeben durch den Dekan der Fakultät.
Nörrs freundschaftliches Verhalten Walter Koch gegenüber, der 1936
wegen „seiner Angriffe auf die NS-Dozentenführung“ aus seiner Oberassistentenstelle
entlassen wurde, war nicht gern gesehen (StAM SpkA K
1257 Johannes Nörr).
SA-Mitglieder wurden 1937 automatisch in die NSDAP übernommen, die
Mitgliedschaft im NS-Dozentenbund konnte Nörr bis 1939 hinauszögern.
Außerdem war er Mitglied im NS-Lehrerbund (1933), im NS-Beamtenbund
(1933-1934), der NS-Volkswohlfahrt (1934), im Reichsluftschutzbund
(1935), im NS-Altherrenbund (1937), im Volksbund für das Deutschtum
im Ausland (1939) und im Reichskriegerbund (StAM SpkA K 1257
Johannes Nörr).
Ab März 1938 war Nörr als Veterinäroffizier in den Pferdelazaretten
München und Sonthofen stationiert, später auch in Freising und Augsburg.
Am 1. Juni 1942 zog ihn die Universität Gießen zur Vertretung zweier
Professuren heran (StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr), wo er bis zum
19. Juni 1945 die Lehrstühle für innere und gerichtliche Veterinärmedizin
betreute (UAM E-II-2590).
Nach Kriegsende war Nörr einige Monate als Praktiker tätig (Wagner
1951, 222), kehrte dann aber nach München auf seinen Lehrstuhl zurück,
bis er am 25. Februar 1946 vom Dienst als ordentlicher Professor für
spezielle Pathologie und Therapie und gerichtliche Tiermedizin enthoben
wurde. Immerhin gestattete man ihm am 23. April 1946 die Niederlassung
als praktischer Tierarzt, „vorbehaltlich der Zustimmung durch die Militärregierung“
(StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr).
Die Spruchkammer X in München reihte ihn am 5. November 1946 in die
Gruppe der Mitläufer ein und Nörr bat um die „Weiterverwendung“ in
seiner früheren Stelle als Vorstand der Medizinischen Tierklinik. Der
Dekan der Fakultät gab Nörrs Brief an den Rektor weiter, mit der
Bemerkung, „dass es der Fakultät bisher trotz ständiger Bemühungen nicht
möglich gewesen ist, einen geeigneten unbelasteten Ersatz für Herrn
Professor Nörr zu finden“ (UAM E-II-2590). Schon am 25. Juli 1946 hatte

246
der Dekan der Fakultät eine Beschleunigung des Entnazifizierungsverfahrens
für Nörr beantragt und am 13. November 1946 wurde Nörr die
Wiedereinstellung in Aussicht gestellt (StAM SpkA K 1257 Johannes
Nörr).
Mit der Weihnachtsamnestie 1946 stufte die Spruchkammer X Johannes
Nörr am 11. Juni 1947 als „vom Gesetz zur Befreiung vom Nationalismus
und Militarismus vom 5. März 1946 nicht betroffen“ ein (UAM E-II-
2590), doch am 18. November 1947 wurde das Urteil revidiert und ein
erneutes Verfahren eingeleitet (StAM SpkA K 1257 Johannes Nörr). Am
3. Februar 1948 reihte die Spruchkammer Nörr erneut in die Gruppe der
Mitläufer ein. Der Rektor der Universität München gab am 2. August 1948
eine politische Unbedenklichkeitserklärung für Nörr ab. Daraufhin konnte
er zum ordentlichen Professor ernannt werden, wurde aber gleichzeitig in
den Ruhestand versetzt (7. Oktober 1948). Die Emeritierung folgte erst am
12. August 1957 (UAM E-II-2590).
Nörrs Nachfolger wurde 1946 Prof. Rudolf Stetter, ein Schüler Franz
Schmitts, der sich 1927 habilitiert hatte (Kraft, Dirksen 1990, 142).
Walter Koch
Nach Studien in den Naturwissenschaften absolvierte Walter Koch (geboren
am 18. März 1902 in München) von 1921 bis 1925 in München das
Studium der Tiermedizin und promovierte 1925. Er erhielt eine Stelle am
Tieranatomischen Institut und später am Tierzuchtinstitut in München. Als
am 21. März 1936 seine Dienstzeit ablief, wurde der Vertrag nicht mehr
verlängert. Koch war 1934 Vertreter der Nichtordinarien und Privatdozenten
und kam mit dem Dozentenführer in Konflikt, der Koch Vorhaltungen
machte, einem Kollegen den „Mißbrauch amtlicher Geltung“ vorgeworfen,
damit dessen Ernennung zum Dozentenvertreter verhindert zu haben und
zugleich seine Aussichten auf die Berufung für die Professur für Tierzucht
verbessern zu wollen. Koch wollte die Sache klarstellen, doch der
Dozentenführer kam zu der Überzeugung „Koch sei ungeeignet für einen
Erzieher“. Dieser Dozentenführer, Prof. Heinrich Gall, wurde später
Ministerialrat im Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft,
Erziehung und Volksbildung. Aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen
konnte Koch immerhin seine Dozentur behalten (UAM E-II-
2044). Als Koch jedoch 1938 die Teilnahme an einem Kongress im

247
Ausland beantragte, lehnte der Leiter der Dozentenschaft Ernst Bergdolt
aufgrund dieses Vorfalls ab und sah sich veranlasst, dem Rektor der
Universität München mitzuteilen:
„Privatdozent Dr. Walter Koch hat sich aus charakterlichen Gründen
als nicht geeignet erwiesen die akademische Laufbahn weiter
fortzusetzen. Er mußte sogar als Assistent ausscheiden“ (UAM E-II-
2044, 30.11.1938).
Im März 1932 hatte Koch die Venia legendi für Tierzucht erhalten, doch
die Ernennung zum Dozenten wurde aufgrund der „angezogenen Verhältnisse“
bis Kriegsbeginn verzögert. Koch tat sich durch seine wissenschaftlichen
Leistungen hervor und da „gegen seine Persönlichkeit seit Jahren
keine Bedenken mehr aufgetaucht“ waren, wurde er am 4. November 1939
zum Dozenten ernannt und in das Beamtenverhältnis berufen. Als Koch
am 21. Oktober 1941 zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde,
leistete er bereits (seit Kriegsbeginn) Dienst an der Front (UAM E-II-
2044).
Walter Koch trat 1937 der NSDAP bei (UAM E-II-2044), „teils aus
Schwäche, teils aus notwendigem Opportunismus“ heraus. Dass er kein
überzeugter Nazi war, unterstreicht auch die Tatsache, dass er seiner Frau
die Mitgliedschaft verheimlichte, bis diese eines Tages zufällig das Parteiabzeichen
bei ihm entdeckte (TiHoA o. Sign., Claus Koch). Trotzdem war
er auch Mitglied in der SA (1933), der NS-Volkswohlfahrt (1938) und des
Reichsbundes der Kinderreichen (1939) (UAM E-II-2044).
Nachdem Koch aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war,
konnte er zwar an das Institut für Tierzucht zurückkehren, durfte aber nach
dem Befreiungsgesetz nur „in gewöhnlicher Arbeit“ beschäftigt werden
und die für die „Lehrtätigkeit des Herrn Prof. Dr. Niklas erforderlichen
Vorarbeiten“ erledigen. „Obrigkeitliche Befugnisse“ standen ihm nicht zu
(UAM E-II-2044, 26.9.1947). Am 10. November 1947 wurde auch Koch
durch die Weihnachtsamnestie als „nicht betroffen“ eingestuft. Daraufhin
ernannte der Rektor den „außerplanmäßigen Professor Dr. Walter Koch
[am 10. Februar 1948] zum wissenschaftlichen Assistenten am Institut für
Tierzucht der Tierärztlichen Fakultät der Universität München. Er ist
berechtigt, die Amtsbezeichnung ‚wissenschaftlicher Oberassistent‘ zu
führen“ (UAM E-II-2044, Abschrift der Ernennungsurkunde).

248
Anfang der 70er Jahre versuchte Koch, seine Autobiographie und die
Geschichte der Tierärztlichen Fakultät München in den 30er Jahren
niederzuschreiben. Er erklärte seinem Sohn Claus Koch gegenüber, dass
ihm das aber nicht so recht gelingen wollte: Um seine Rolle an der Fakultät
zu skizzieren, hätte er zu viele Peinlichkeiten und unangenehme
Wahrheiten über Leute preisgeben müssen, die damals noch lebten. Das
begonnene Manuskript ist heute unauffindbar 178 (TiHoA o. Sign.).
Fritz Stockklausner
Im Frühjahr 1934 wurde auch Leonhard Vogel, der ordentliche Professor
für Tierzucht, emeritiert. Das Kultusministerium hatte zwei Professoren
der Technischen Hochschule München, die aus organisatorischen Gründen
auf Lehrstühle anderer Hochschulen wechseln sollten, vorgeschlagen. Es
handelte sich hierbei um die Professoren Heinz Henseler und Josef Spann.
Die Fakultät hielt beide aus fachlichen Gründen für nicht geeignet, aber
nachdem das Ministerium angekündigt hatte, dass andere Vorschläge
zwecklos seien, erklärte sie sich „unter dem Zwang der Verhältnisse“ bereit,
den geeigneteren zu akzeptieren. Hier schaltete sich der Reichstierärzteführer
Dr. Friedrich Weber ein und schlug den Tierzuchtdirektor Dr.
Hans Gutbrod vor. Auch der Leiter des Landestierzuchtamts, Dr. Wilhelm
Niklas, kam ins Gespräch. Der „Vorbereitende Berufungssauschuss“ bestehend
aus Vogel, dem Dekan und Prof. Wilhelm Ernst, wollte aber die Liste
vervollständigen. So wurden an erster Stelle Gutbrod, Niklas und Stockklausner
genannt. An zweiter Stelle standen ein Professor aus Hannover 179
und der Münchner Privatdozent Dr. Walter Koch. Die erstgenannten waren
allesamt nicht habilitiert, konnten aber mit großen Verdiensten in der
bayerischen Tierzucht aufwarten. Aufgrund des Einspruchs einflussreicher
Personen wurde die Berufung erneut hinausgezögert und kurzzeitig wurde
sogar die vorläufige Vertretung durch die TH-Professoren wieder in
Erwägung gezogen, bis sich das Kultusministerium im Sommer 1935 doch
für den Leiter der Landesanstalt für Tierzucht in Grub, Tierarzt Dr. Fritz
Stockklausner 180 (geboren am 14. Juni 1889 in Tegernheim bei Regens-
178 Wolfgang Jöchle berichtet, das Manuskript sei sogar gedruckt worden, doch Walter Koch
war zu diesem Zeitpunkt schon schwer krank und nach seinem Tod zog es die Familie vor,
alle Exemplare zu vernichten, um den befürchteten Konflikten aus dem Weg zu gehen
(Jöchle, W. 2006, mdl. Mitt.).
179 Der Name geht aus der Literatur (Böhm 1995, 441-442) nicht hervor.
180 Stockklausner studierte an den Universitäten München und Gießen Veterinärmedizin.
Nach seiner Approbation 1912 legte er auch das Examen als Diplom-Landwirt ab (Härtl 1983,

249
burg), einsetzte (Böhm 1995, 441-442). Da nun weder die Fakultät noch
die Dozentenschaft Einwände erhoben, wurde Stockklausner zum 1. März
1936 zum Ordinarius für Tierzucht und Geburtshilfe ernannt (UAM E-II-
3266; Böhm 1995, 442).
Auch Fritz Stockklausner wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der
Militärregierung seines Amtes enthoben. Da er seit 1933 Parteigenosse
war, „besteht keinerlei Aussicht, daß er in seine alte Stelle zurückberufen
wird“ (BayHStA MK 69636, Dekanat an den Rektor der Universität
München und das Kultusministerium, 22.5.1946). Hinzu kamen weitere
Mitgliedschaften in der NS-Volkswohlfahrt (1934), im NS-Dozentenbund
(1936) und dem Altherrenbund der Deutschen Studenten (1936) (UAM E-
II-3266).
Anfang 1947 wurde Wilhelm Niklas als ordentlicher Professor auf den
Lehrstuhl für Tierzucht der Universität München berufen (BayHStA MK
69636; Anonym 1948b, 376). Fritz Stockklausner erhielt 1949 die ordentliche
Professur für Tierzucht an der Landwirtschaftlichen Fakultät der
Technischen Hochschule München in Weihenstephan (Boessneck 1972,
316; Härtl 1983, 356).
Wilhelm Niklas
Die Berufung Stockklausners 1936 erfolgte „unter Hintansetzung des
damals von der Fakultät in Aussicht genommenen Kandidaten“, Ministerialrat
Dr. Wilhelm Niklas (BayHStA MK 69636).
Wilhelm Niklas (geboren am 24. September 1887 in Traunstein) war seit
1920 am Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft tätig und
wirkte bei den Verhandlungen des Versailler Vertrages mit (Anonym
1948b, 376). Schon 1934 wollte das Staatsministerium für Wirtschaft,
Abteilung Landwirtschaft, Niklas zum ordentlichen Professor für Tierzucht
an der Tierärztlichen Fakultät der Universität München berufen. Doch der
Gauleiter von Franken, Julius Streicher, hatte Bedenken:
356) und war für ein Jahr Assistent an der Medizinischen Veterinärklinik in Gießen. Nach
dem Ersten Weltkrieg war er Assistent beim Zuchtverband Landshut, bis er 1920 zum Landwirtschaftsrat
ernannt und Vorstand der Tierzuchtinspektion Nürnberg wurde. Ein Jahr darauf
übernahm er die Leitung der Landesanstalt für Tierzucht in Grub und wurde Vorstand der
dortigen Tierzuchtinspektion (UAM E-II-3266).

250
„Erfahre von Gerüchten, daß Ministerialrat Niklas Universitätsprofessor
werden soll. Betreffender in Bauernfreundangelegenheit
vor Jahren schwer bloßgestellt. Verwendung unmöglich“ (BayHStA
MInn 87315).
Obwohl nach Ansicht des Staatskommissars für das Gesundheitswesen der
Hintergrund für diesen Vorwurf „nicht so schwerwiegender Natur ist, um
dem Herrn Ministerialrat Dr. Niklas die Zukunft völlig zu verbauen“
(BayHStA MInn 87315), wurde ihm das Amt nicht übertragen. Die
Schriftleitung des Stürmers hatte von der geplanten Berufung erfahren und
eine wilde Hetze gegen Niklas angefacht, was ihn letztendlich sein Amt als
Ministerialrat und Leiter der bayerischen Tierzucht kostete. „1935 zwang
ihn die NSDAP aus politischen Gründen zum Ausscheiden aus dem Amt
(Anonym 1948b, 376).
Daraufhin entschloss sich der Rektor der Universität München, die Stelle
nicht wie vorgesehen zum 1. April 1935 zu besetzen, sondern die
Professoren für Tierzucht der Technischen Hochschule München, Josef
Spann und Heinz Henseler, zur Vertretung heranzuziehen. Prof. Henseler
sollte die allgemeine, Prof. Spann die spezielle Tierzuchtlehre und die
Leitung des Instituts übernehmen (BayHStA MInn 87315).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Niklas wieder im bayerischen Landwirtschaftsministerium
eingestellt und im Oktober 1945 zum Staatsrat und
Stellvertreter des Ministers ernannt (BayHStA MK 69636).
Als an der Tierärztlichen Fakultät die Berufungen erneut diskutiert wurden,
kam Niklas wieder ins Gespräch. „Es bietet sich also jetzt die Gelegenheit,
das damals Dr. Niklas angetane Unrecht wieder gutzumachen“ (BayHStA
MK 69636, Dekanat an den Rektor der Universität München und das
Kultusministerium, 22.5.1946). Da Niklas inzwischen Staatsrat im
Landwirtschaftsministerium war, sah die Fakultät kein Problem darin, „von
der Einreichung einer Dreierliste in diesem Fall“ abzusehen, unter
anderem, weil es nicht möglich war, „mehrere geeignete Kandidaten zu
benennen“ (BayHStA MK 69636).
Niklas wurde später (1949-1953) - als erster und einziger Tierarzt - zum
Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten berufen.

Melchior Westhues
251
Melchior Westhues 181 (geboren am 6. März 1896 in Herbern, Westfalen)
war seit 1. April 1931 ordentlicher Professor für Chirurgie und Augenheilkunde
in München (UAM E-II-3554).
Nach Kriegsende setzte sich das Kultusministerium für die schnelle
Entnazifizierung Westhues’ ein. „Da Prof. Westhues dringend für den
Wiederaufbau der Universität benötigt wird, bitte ich um vordringliche
Behandlung des Fragebogens“ (BayHStA MK 44516, Hans Meinzolt,
5.3.1946). Ende Juli 1946 teilte die Militärregierung für Bayern in
München mit, Westhues könne „bis auf weiteres“ in seiner dienstlichen
Stellung als ordentlicher Professor an der Tierärztlichen Fakultät
verbleiben (UAM E-II-3554, 31.7.1946). Er hatte der Partei nicht angehört
(StAM SpkA K 1 Richard Abelein) und war lediglich 1933 der
Reichsschaft der Hochschullehrer im NS-Lehrerbund beigetreten (BArch
BA (ehem. BDC) NSLB-Kartei, Westhues, Melchior). Deshalb lautete die
Entscheidung der Spruchkammer „nicht betroffen“ (BayHStA MK 44516).
Nachdem der Lehrbetrieb wieder aufgenommen worden war, herrschte
durch die Dienstenthebungen durch die Militärregierung immer noch ein
immenser Lehrermangel und Westhues bemühte sich, neue Professoren zu
verpflichten. Ein ehemaliger Assistent Westhues’, Dr. Hermann Röcken,
erinnert sich:
„Man wollte Walther Baier haben. Westhues war zu einer Unterredung
im Bremserhäuschen eines Güterwagens zu ihm bis Würzburg
gefahren, dort fand der Kommunikationsaustausch statt. [...]
Baier betont, daß Westhues sich für ihn immer wieder eingesetzt,
ihn gefördert und seine Integration in den Lehrkörper der Fakultät
vorangetrieben habe“ (Röcken 2002, 79).
Beim Wiederaufbau der Fakultät und der Chirurgischen Tierklinik hatte
Westhues große Leistungen vollbracht (BayHStA MK 44516), doch im
Juni 1947 erhielt er ein Angebot für einen Ruf auf den Lehrstuhl für
Chirurgie und Augenheilkunde der Universität Gießen (BayHStA MK
44516, 15.6.1947). Die Abwerbung konnte aber durch weitere Verhand-
181 Westhues studierte an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Universität Gießen
Veterinärmedizin und erhielt 1920 die Tierärztliche Approbation. Er wurde Assistent an der
Chirurgischen Veterinärklinik der Universität Gießen, wo er sich 1925 habilitierte und 1930
zum außerordentlichen Professor ernannt wurde.

252
lungen mit dem Kultusministerium in München abgewendet werden
(BayHStA MK 44516, 22.8.1947).

253
Abb. 52: Prof. Reinhard Demoll. Abb. 53: Prof. Wilhelm Ernst.
Abb. 54: Prof. Karl Hilz. Abb. 55: Prof. Wilhelm Niklas.

254
Abb. 56: Prof. Hugo Grau. Abb. 57: Prof. Johannes Nörr.
Abb. 58: Prof. Melchior Westhues. Abb. 59: Prof. Walter Koch.

255
Abb. 60: Prof. Fritz Stockklausner. Abb. 61: Prof. Walther Baier.
Abb. 62: Prof. Oskar Seifried. Abb. 63: Prof. Hans Sedlmeier.

256
Abb. 64: Dr. Eugen Mennel. Abb. 65: Prof. Hans Jöchle.
Abb. 66: Prof. Anton Stoß sen. Abb. 67: Prof. Anton Stoß jun.

Bilanz
257
An der Tierärztlichen Fakultät München erfolgten bis 1945 kaum Berufungsverfahren
im heutigen Sinn. 182 Lediglich Johannes Nörr (1930),
Melchior Westhues (1931) und Oskar Seifried (1932) wurden als Professoren
von anderen tierärztlichen Ausbildungsstätten berufen (UAM E-II-
2590; UAM E-II-3554; UAM E-II-3132).
Hans Sedlmeier, Karl Hilz und Walter Koch hatten in München Tiermedizin
studiert und dort auch ihre Assistenzzeit und Habilitation hinter
sich gebracht. In allen drei Fällen erfolgten also Hausberufungen. Karl
Hilz, der sich 1926 in München habilitiert hatte, erhielt 1933 den Titel
eines nicht-beamteten außerordentlichen Professors (BayHStA MK
69633). Unklar bleibt, ob es tatsächlich Zweifel über seine fachliche
Eignung oder eher persönliche Gründe waren, die seine Berufung zum
ordentlichen Professor von 1936 bis 1938 hinzogen. Zu diesem Zeitpunkt
arbeitete er immerhin schon 26 Jahre an der Tierärztlichen Fakultät
München (UAM E-II-1739). Walter Koch erhielt 1932 die Venia legendi,
doch der Konflikt mit dem Dozentenführer 183 zögerte die Ernennung zum
außerplanmäßigen Professor bis 1941 hinaus (UAM E-II-2044). Hans
Sedlmeier habilitierte sich 1936 in München und wurde dort 1943 zum
außerplanmäßigen Professor ernannt (BayHStA MK 44324).
Anton Otto Stoß jun. hatte sich zwar in Berlin habilitiert, übernahm dann
aber später doch den Lehrstuhl seines Vaters in München (BayHStA MK
69630).
Auch die Berufungen von Richard Abelein (1935) und Fritz Stockklausner
(1936) verliefen nicht in den üblichen Bahnen. Abelein wurde vom
Praktiker zum Hochschullehrer ernannt und Stockklausner hatte sich als
Leiter der Landesanstalt für Tierzucht in Grub mit seinem späteren
Fachgebiet zwar eingehend befasst, aber ebenfalls nicht habilitiert (UAM
E-II-705; UAM E-II-3266). Auch Hans Jöchle, zu dieser Zeit Landwirtschaftsrat
für Hufbeschlag, wurde aus der Praxis an die Tierärztliche
Fakultät München berufen (1939), ohne sich habilitiert zu haben.
Obwohl eine gewisse „politische Zuverlässigkeit“ bei den Berufungsvorschlägen
berücksichtigt wurde, war an der Tierärztlichen Fakultät Mün-
182 Vgl. Schimanski, Schäffer 2001a, 385.
183 Siehe Kap. 5.3.2 „Walter Koch“.

258
chen letztlich doch die Eignung der zukünftigen Professoren für das
jeweilige Fachgebiet ausschlaggebend. Auffällig sind die bayerische
Abstammung der meisten Professoren an der Tierärztlichen Fakultät
München und ihr Studium in München. Trotz zahlreicher Einflussversuche
von außen verliefen die Berufungen aber letztlich doch im Sinne der
Tierärztlichen Fakultät. 184 Einen kollektiven Eintritt der ordentlichen
Professoren in die NSDAP, wie 1933 an der Tierärztlichen Hochschule
Hannover, hat es in München nicht gegeben. Die Münchner Professoren
lassen sich vielmehr in vier Gruppen einteilen: Die erste Gruppe war aus
politischer Überzeugung schon 1933 oder früher in die NSDAP eingetreten
185 , die Mitglieder der zweite Gruppe waren aus Angst vor
beruflicher Benachteiligung oder aus Überzeugung schon früh in die SA
eingetreten und von dort 1937 automatisch in die Partei überführt
worden 186 . Die dritte Gruppe, der auch Hans Jöchle angehörte, war erst
1937 der Partei beigetreten. 187 Die vierte Gruppe bildeten die Professoren,
die sich bewusst von der Partei distanziert hatten: Karl Hilz, Reinhard
Demoll und Melchior Westhues waren keine NSDAP-Mitglieder gewesen
und bekamen so keine Probleme bei der Wiedereinstellung nach dem Krieg
(UAM E-II-1739; UAM E-II-1114; BayHStA MK 44516).
Hans Sedlmeier wurde im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens
(1947) als „nicht betroffen“ eingestuft und auch Walter Koch erhielt
diesen Status mit der Weihnachtsamnestie (1947) (StAM SpkA K 1500
Hans Sedlmeier; UAM E-II-2044). Daraufhin konnten beide die Universitätslaufbahn
fortsetzen. Hans Jöchle wurde ebenso eingestuft, konnte
aber nicht an die Fakultät zurück, da sein Lehrstuhl eingezogen worden
war.
Johannes Nörr und Anton Otto Stoß jun. wurden in die Gruppe der
Mitläufer eingereiht, deshalb war eine Rückkehr an die Fakultät nicht
erwünscht. Ihr Alter (62 und 61 Jahre) ermöglichte aber die erneute
Berufung zum ordentlichen Professor unter gleichzeitiger Versetzung in
den Ruhestand (Nörr 1948 und Stoß 1949) (UAM E-II-2590; UAM E-II-
3277). Auch Richard Abelein, Parteigenosse seit 1932, gelang nach
mehreren Verfahren 1947 die Einstufung in die Gruppe der Mitläufer
(StAM SpkA K 1 Richard Abelein). Die Tierärztliche Fakultät lehnte aber
eine Anstellung als Hochschullehrer ab, unter anderem, weil sie sonst auch
184 Vgl. Böhm (1995, 399-400, 440-442).
185 Ernst, Stoß jun., Abelein und Stockklausner.
186 Sedlmeier, Baier, Nörr und Koch.
187 Jöchle und Seifried.

259
Anträge auf Wiedereinstellung der Professoren Nörr und Stoß befürchtete.
Abelein ging wieder in die Praxis, bemühte sich aber noch bis 1952 um
seinen Lehrstuhl (BayHStA MK 54164).
Fritz Stockklausner war seit 1933 Parteigenosse und hatte keine Chance,
seine alte Stellung zurückzubekommen (BayHStA MK 69636). Es gelang
ihm aber 1949, die ordentliche Professur für Tierzucht an der Landwirtschaftlichen
Fakultät der Technischen Hochschule München in Weihenstephan
zu erhalten (Boessneck 1972, 316; Härtl 1983, 356).
5.3.3 Entnazifizierung an den tierärztlichen Bildungsstätten
34 % der Professoren an den deutschen tierärztlichen Bildungsstätten
wurden im Rahmen der Entnazifizierung endgültig entlassen. Zusammen
mit den aus anderen Gründen ausgeschiedenen Professoren verloren 60 %
der Professorenschaft bei Kriegsende ihr Amt. Während an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover sieben Professoren und nur vorübergehend
entlassen wurden, verliefen die Entnazifizierungsmaßnahmen in der sowjetischen
und amerikanischen Besatzungszone wesentlich härter. So
wurden in der amerikanischen Zone in Gießen vier und in München sieben
Professoren aus politischen Gründen endgültig entlassen. In Leipzig
wurden ein Professor vorläufig und fünf Professoren endgültig entlassen.
Nur an der Berliner Fakultät (sowjetische Besatzungszone) gab es wenige
Entlassungen, weil ein großer Teil der Professoren nach Kriegsende nicht
mehr an die Fakultät zurückgekehrt war (Schimanski 2000, 39).
Obwohl München im WS 1944/45 einen geringeren Anteil an NSDAP-
Mitgliedern unter den Lehrstuhlinhabern zu verzeichnen hatte als die
tierärztlichen Bildungsstätten in Berlin, Hannover und Gießen, wurde dort
aufgrund der strengen Entnazifizierungspolitik der größte Anteil der
Professoren endgültig entlassen (in München 64 %, in Gießen 57 % und in
Hannover 0 % der Lehrstuhlinhaber).
Einige Professoren fanden aber später an anderen Bildungsstätten eine
neue Stellung, gefördert durch das „Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes“,
das geflüchteten und entlassenen Beamten einen Rechtsanspruch
auf Versorgung gewährte. 20 % der neu zu besetzenden Stellen mussten an
solche Beamte vergeben werden. Trotz allem war mit Kriegsende die

260
Hochschulkarriere von 14 veterinärmedizinischen Professoren beendet 188 ,
darunter auch Hans Jöchle. Schimanski hält das angesichts der exzessiven
Rehabilitierungs- und Wiedereinstellungspraxis für ungewöhnlich hoch
(Schimanski 2000, 40).
Tab. 3: NSDAP-Mitgliedschaft der Lehrstuhlinhaber an den tierärztlichen
Bildungsstätten im WS 1944/45 (Schimanski, Schäffer
2001b, 423).
Lehrstuhlinhaber NSDAP-Mitglieder Anteil
Berlin 14 11 79 %
Gießen 7 7 100 %
Hannover 12 9 75 %
München 11 7 64 %
Die vorläufigen und endgültigen Entlassungen führten an den schon bei
Kriegsende unterbesetzten Hochschulen zu einer angespannten Personalsituation.
Die Professoren, die noch im Amt waren, mussten mehrere
Fächer übernehmen und in Gießen und Leipzig wurden längst emeritierte
Professoren wieder an die Hochschule gerufen, damit ein Lehrbetrieb
überhaupt stattfinden konnte. Teilweise wurden Notdienstverträge geschlossen,
um den vorläufig entlassenen Professoren den Wiedereintritt zu
ermöglichen. Der schon während des Krieges herrschende Nachwuchsmangel
führte in München sogar so weit, dass die Lehrstühle für Innere
Medizin und für Tierhygiene erst 1955 wieder ordentlich besetzt werden
konnten (Schimanski 2000, 40-41).
5.3.4 Die Studentenschaft
In der Nachkriegszeit gab es für die Studenten strenge Reglungen.
Politisch Belasteten blieb der Zugang zur Hochschule versagt. Den älteren
sollte Vorzug vor den jüngeren gegeben werden und Kriegsteilnehmer,
insbesondere Kriegsversehrte, waren besonders zu berücksichtigen. Ansonsten
war nur die Eignung für den Beruf des Akademikers ausschlag-
188 Richard Abelein, Hans Dahmen, Wilhelm Ernst, Wilhelm Hinz, Hans Jöchle, Curt Krause,
Wilhelm Krüger, Johannes Nörr, Arthur Scheunert, Kurt Schmidt, Curt Sprehn, Richard
Standfuß, Anton Otto Stoß jun. und Hans-Jürgen Voss.

261
gebend. „Frauen sollen nicht grundsätzlich ausgeschlossen sein, müssen
jedoch hinsichtlich ihrer Eignung für den gewünschten Beruf besonders
strenge geprüft werden“ (BayHStA MK 69087). Als Anmeldefrist war der
25. November 1945 geplant. An eine nahtlose Anknüpfung an die Vorkriegsverhältnisse
war natürlich nicht zu denken. Die neue Hochschule
sollte in der Lage sein,
„den Studierenden nicht nur das nötige Wissen zu vermitteln,
sondern sie auch dazu zu erziehen, die Wahrheit auf Grund gefestigter
Weltanschauung zu suchen, den neuen Geist des Staates aufzunehmen,
fremde Überzeugung zu achten und dem Staat gegenüber
in demokratischer Gesinnung und Haltung sich verantwortlich zu
fühlen“ (BayHStA MK 69087, 15.10.1945).
Zum Zeitpunkt der Eröffnungssitzung des Senats am 28. November 1945
hatten sich 6.404 Studenten an der LMU München gemeldet. Davon
wollten 171 Männer und 11 Frauen das Studium der Tiermedizin
aufnehmen (UAM OC-N-1d, 1.12.1945). Zum SS 1946 meldeten sich
weniger Studenten als vor dem Krieg, was aber sicherlich auch daran lag,
dass die Fakultät offiziell noch nicht wiedereröffnet war. Im SS 1938 hatte
die Tierärztliche Fakultät der Universität München 275 Studierende, im SS
1946 meldeten sich nur 213 Studenten zum Studium (Schweizer 2002,
140).
Auf der Senatssitzung am 1. August 1946 wurde vorgeschlagen, ab dem
nächsten Semester „die Neuaufgenommenen zunächst für ein halbes Jahr
in einem studentischen Arbeitsdienst zu formieren, dessen Teilnahme das
Recht auf das Studium im nächsten Semester gewährt“. Dieser Vorschlag
wurde allgemein begrüßt und es wurde beschlossen, dass alle Abiturienten
nachweisen mussten, „mindestens ein halbes Jahr Handarbeit geleistet [zu]
haben“, ehe sie mit dem Studium beginnen durften (UAM Sen-III-1).
Wichtig für die Studienzulassung war auch der Nachweis einer Unterkunft.
In der Vorklinik wurden Studiengebühren von 150 bis 200 Mark und in
den klinischen Semestern von 200 bis 250 Mark verlangt (Röcken 2000,
311).
Für das WS 1946/47 waren an der Tierärztlichen Fakultät 191 Studenten
immatrikuliert (UAM Sen-III-1, 7.11.46). Auf der Senatssitzung am 6. Februar
1947 wurden Höchstzahlen für die Neuzulassungen der nächsten
Semester festgelegt. Für die Tierärztliche Fakultät waren für das SS 1947
30 und für das WS 1947/48 70 Neuzulassungen vorgesehen. Prof. Hilz

262
bemühte sich um eine Lockerung der Zuzugssperre 189 für die Studenten der
Tierärztlichen Fakultät, da München die einzige Ausbildungsstätte für
Tierärzte in Bayern war (UAM Sen-III-2, 6.2.1947).
Manfred Jöchle, der zweite Sohn Hans Jöchles, erinnert sich an die
schwierige Situation der Studenten in der Nachkriegszeit:
„Oft waren die einzigen Kleider, die die Studenten noch hatten, die
Uniformen. Alles andere war verloren. Es war aber verboten
Uniform zu tragen, und so haben sie die Uniformen umgedreht und
saßen recht abenteuerlich mit dem bekleidet, was sie kriegen
konnten, in der Vorlesung“ (Jöchle, M. 2005, mdl. Mitt.).
Auch sonst fehlte es am Allernötigsten und so kam es 1947 zu Hungerdemonstrationen
der Münchner Studenten in der Ludwigstraße 190 (Boehm
1972, 372).
5.3.5 Hans Jöchle und die Professur für Hufkunde
Nachdem Hans Jöchle das Entnazifizierungsverfahren am 26. April 1947
durchgestanden hatte, hoffte er, wieder die außerordentliche Professur für
die Theorie des Hufbeschlags, der Hufkrankheiten und der Beschirrungslehre
vertreten zu können. Doch die Fakultät hatte andere Pläne. Am
26. August 1947 wandelte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus die außerordentliche Professur für Hufkunde in eine solche für
Fleischbeschau um, wie es die Fakultät einen Monat zuvor beantragt hatte
(PrivAWJ 1953). Das Institut für Hufkunde wurde der Chirurgischen
Tierklinik zugeteilt. So konnte die Fakultät keine Einsatzmöglichkeit für
Professor Jöchle mehr finden (PrivAWJ 1953). Hans Jöchle fand diese
Umwandlung, auch hinsichtlich der Ausbildung der Studierenden,
vollkommen unangebracht:
„Nunmehr soll die ao. Professur für Theorie des Hufbeschlages, der
Hufkrankheiten und der Beschirrungslehre aufgehoben (=Antrag der
189 Durch Brand- und Bombenschäden herrschte im Nachkriegs-München ein immenser
Wohnungsmangel, und die Stadtverwaltung ordnete eine Kontingentierung des Zuzugs an,
zeitweise sogar eine totale Zuzugssperre. Andererseits konnte sich aber an der Universität nur
einschreiben, wer eine Unterkunft in München und Umgebung nachweisen konnte.
190 Wolfgang Jöchle berichtet, er sei als Student an der Organisation der Hungerdemonstrationen
beteiligt gewesen, die aber erst 1948 stattgefunden hätten (Jöchle, W. 2006, mdl. Mitt.).

263
Fakultät) und als Unterabteilung der Chirurgie angegliedert werden
unter Prof. Westhues. Man glaubt damit für ein anderes Lehrfach,
für das heute noch keine eigene Professur besteht z. B. für
Parasitologie oder Fleischbeschau eine Professur freizubekommen. -
Die Vorlesungen über die Theorie des Hufbeschlages sollen dem
jeweiligen Vorstande der Staatlichen Hufbeschlagschule eventuell
übertragen werden im Lehrauftrag.
Die Staatliche Hufbeschlagschule München, vormals Lehrschmiede
der Tierärztlichen Hochschule, ist bei Uebernahme der Tierärztlichen
Hochschule als Tierärztliche Fakultät an die Universität im
Jahre 1914 abgetrennt und seither dem Staatsministerium für
Landwirtschaft unterstellt. Jedoch war der Vorstand des Instituts für
Hufkunde gleichzeitig auch der Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule.
Diese Bedingung hatte ich bei Uebernahme der
Professur ebenfalls gestellt und auch zugesagt erhalten. Damit waren
für die Studierenden auch die unbedingt notwendigen Voraussetzungen
für eine praktische Unterweisung gegeben, weil so die
Einrichtungen der Hufbeschlagschule jederzeit auch zur Ausbildung
der Studierenden herangezogen werden konnten“ (PrivAWJ, Jöchle,
H. 1947).
Prof. Sedlmeier leitete neben der Pathologie kommissarisch auch noch die
Nahrungsmittelkunde. Das Institut für Tierpathologie hatte 1950 vier
Lager-Baracken auf dem Gelände der ehemaligen „Hofbaumschule“ erhalten,
worin Sektionshalle, Sammlung, Kursussaal sowie Labor-, Arbeits-
und Geschäftszimmer untergebracht waren. Doch bald mussten die
Baracken dem Klinikneubau weichen und Sedlmeier wurden für seine
beiden Institute die Räume der Hufbeschlagschule zugewiesen (Hermanns,
Dahme 1990, 184-185). Die außerordentliche Professur für Hufkunde
wurde mit samt ihren Räumen auf die Nahrungsmittelkunde übertragen
und das Institut für Huf- und Beschirrkunde mit Inventar, Assistent und
Wärter von der Chirurgie übernommen. Auch Übungen und Kurse wurden
von der Chirurgie gehalten und die Vorstandschaft - „ohne Anspruch auf
besondere Vergütung“ - dem Vorstand der Chirurgischen Tierklinik, Prof.
Westhues, übertragen (BayHStA MK 69645, 19.11.1951, 14.12.1951).
Im Institutsgebäude hatte Jöchle zu Anfang der 50er Jahre noch über einen
Arbeitsraum mit Handbibliothek verfügt. Als die Räumlichkeiten an Prof.
Sedlmeier abgegeben wurden, behandelte er Hans Jöchle sehr kollegial und
respektierte dessen räumliche Bedürfnisse (Dahme 2004, schriftl. Mitt.).

264
Erwin Dahme lernte als Student und Assistent am Institut für Tierpathologie
Hans Jöchle kennen und charakterisiert das Verhältnis Jöchles zur
Fakultät:
„Jöchle aber pflegte wohl von sich aus keinerlei Kontakt zum
damaligen Lehrkörper der Fakultät. Stets etwas mürrisch, aber
durchaus sehr höflich, gehörte er zum lebenden Inventar des Hauses.
Wir damals Jüngeren lebten lediglich auf ‚höflichem Grußfuß‘ mit
ihm“ (Dahme 2004, schriftl. Mitt.).
Hans Sedlmeier hatte behelfsweise die Lebensmittelhygiene vertreten,
doch er konzentrierte sich immer mehr auf die Pathologie und so sollte
1954 auch der Lehrstuhl für Lebensmittelhygiene wieder von einem
Professor hauptamtlich geleitet werden. Um das Institut für einen neuen
Lehrstuhlinhaber interessant zu machen, mussten eigene zusätzliche
Räume zur Verfügung gesellt werden. Angesichts der Raumnot bestand
„von Seiten der Fakultät nunmehr die besonders dringlich gewordene
Notwendigkeit, die Staatliche Hufbeschlagschule für den Bedarf der
Tierärztlichen Fakultät alsbald freizubekommen“. Dekan Prof. Baier ließ
vom Verwaltungsausschuss der Universität ein Gutachten anfertigen, um
die umstrittenen Besitzverhältnisse zwischen der Hufbeschlagschule, die
dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten unterstand, und der Universität 191 zu klären (BayHStA MK 69684,
9.1.1954).
Der Bayerische Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
Dr. Alois Schlögl, setzte sich sehr für den Erhalt der Hufbeschlagschule
ein. Es fand eine Besprechung mit Ministerialrat Johannes von Elmenau,
Dekan Baier und Prof. Westhues statt. München war die bestbesuchte
Hufbeschlagschule Bayerns und Schlögl hielt auch die Ausbildung der
Tiermedizinstudenten an der Hufbeschlagschule für äußerst wichtig. Dort
wurden monatlich etwa 120 Pferde beschlagen. Andere „neuerstellte“
Hochschulen (Hannover, Leipzig) legten größten Wert auf die Integration
der Lehrschmieden in die Fakultät und auch das Landwirtschaftsministerium
in Bayern hielt eine Verlegung der Hufbeschlagschule nicht für
ratsam. Falls es aber doch dazu kommen sollte, käme nur ein Neubau in
Betracht. Dafür veranschlagte Schlögl 200.000 DM, die aber bei der
Haushaltslage des bayerischen Staats nicht aufzubringen seien und so
191
Die Angelegenheiten der Universität hatte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus zu regeln.

265
schlug Schlögl vor, es beim bisherigen Zustand - also die Hufbeschlagschule
auf dem Fakultätsgelände - zu belassen (BayHStA MK 69684,
13.4.1954). Doch die Diskussion um die Hufbeschlagschule und das
Hufkundeinstitut wurde damit wieder neu entfacht. Auch Westhues bezog
dazu Stellung:
In einem Brief an das Dekanat vom 18. Juni 1954 kritisierte Professor
Westhues die Zweiteilung der Lehre zwischen Chirurgie und Hufkunde,
wobei er dem Institut für Hufkunde den theoretischen Vortrag zuteilte,
während die Chirurgische Klinik die hufkranken Tiere demonstriere und
operiere. Weiterhin argumentierte er, die Vereinheitlichung von 1945 biete
den Studierenden eine wesentlich bessere Ausbildung im Bereich der
Pathologie des Hufbeschlags und im Bereich der Huf- und Klauenkrankheiten
im klinischen Unterricht. Auch die Lahmheitsdiagnostik werde nur
in der Chirurgie gelehrt und dort werde hauptsächlich die Forschung
betrieben, wie auch Lehrbücher herausgegeben. Es gäbe in der Westzone
ohnehin keine Hufbeschlagschule in Verbindung mit der Universität mehr.
Die Hufbeschlagschule diene nur der Ausbildung der Hufschmiede und die
Behandlung von Huf- und Klauenkrankheiten gehöre ohnehin in den
Aufgabenbereich der Klinik. Für die Ausbildung der Studenten sei die
Lehre der Hufbeschlagschule von geringem Interesse, da sie nicht selbst
den Hufbeschlag ausführen, sondern lediglich fehlerhaften Hufbeschlag
erkennen sollten. So sei auch die räumliche Nähe von Universität und Hufbeschlagschule
unerheblich (BayHStA MK 69684, 18.6.1954; PrivAWJ
1954).
Daraufhin wurde auch Professor Hans Jöchle um eine Stellungnahme
gebeten. 192 Jöchle entgegnete, dass am Institut für Hufkunde besonders im
Rahmen von Übungen, aber auch im Anschluss an die Vorlesungen sehr
wohl der Huf- und Klauenbeschlag, hufkranke Tiere und orthopädische
Maßnahmen demonstriert würden. Auch die Lahmheitsdiagnostik werde
gelehrt, aber dem Fachgebiet entsprechend, nur auf die vom Huf ausgehenden
Probleme eingegangen. Das hierzu notwendige Material stehe auch nur
in der Hufbeschlagschule zur Verfügung, da die Chirurgische Tierklinik ja
nicht einmal eine eigene Schmiede besitze. So meldeten sich seit Jahren
immer wieder Studenten der Tierheilkunde an der Hufbeschlagschule mit
der Bitte, zusehen zu dürfen, weil sie an der Chirurgischen Tierklinik keine
Möglichkeit hätten, die ganze Materie kennen zu lernen. Die Vereinheitlichung
sei 1945 nur unter Ausnutzung der politischen Verhältnisse
192 Dieser Brief vom 21. September 1954 ist im Nachlass Jöchles erhalten.

266
erreicht worden, weil der Lehrstuhlinhaber des Dienstes enthoben worden
war. Die enge Verbindung von Universität und Hufbeschlagschule werde
sowohl in Leipzig als auch in Hannover praktiziert. Was die Veröffentlichung
von Lehrbüchern betreffe, sei es vielmehr so, dass der im Jahr
1934 von Professor Erwin Moser (zu dieser Zeit Vorstand des Instituts für
Hufkunde) herausgegebene „Leitfaden der Huf- und Klauenkrankheiten“
im Jahr 1950 vom Vorstand der Chirurgischen Tierklinik als 2. Auflage
herausgegeben worden war. Dem früheren Inhaber des Lehrstuhls für Huf-
und Klauenkrankheiten sei die Möglichkeit hierzu genommen worden. Die
Hufbeschlagschule behandle viele Pferde, die nicht durch chirurgische
Eingriffe, sondern in der Hauptsache durch orthopädische Korrekturen
arbeitsfähig erhalten würden. 193 Und wie sollten die Schüler Fehler des
Hufbeschlags erkennen und orthopädische Maßnahmen treffen, wenn sie
all dies praktisch nie demonstriert bekämen? Für die Ausbildung
praktischer Tierärzte sei es unverzichtbar, den Hufbeschlag in der praktischen
Ausbildung an der Hufbeschlagschule demonstriert zu bekommen
(PrivAWJ). Dieser Meinung schloss sich auch die Landestierärztekammer
Baden-Württemberg an, die seit der Auflösung der Tierärztlichen Hochschule
in Stuttgart die Ausbildungsmöglichkeiten für Tierärzte in der
Umgebung genau beobachtete (BayHStA MK 69684, 17.12.1954). Die
hier erläuterten Argumente Jöchles stehen demnach in krassem Gegensatz
zu der Schilderung Westhues’. Trotz allem blieben die Verhältnisse an der
Hufbeschlagschule unverändert.
Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hatte auch bei
Prof. Sedlmeier einen Bericht über die Angelegenheiten der Hufbeschlagschule
angefordert. Dieser wies auf die Notwendigkeit der Sicherung des
Instituts für Nahrungsmittelkunde hin, mit der Forderung, die Räume der
Hufbeschlagschule für das Institut für Nahrungsmittelkunde freizubekommen.
Die Berufung von Professor Martin Lerche aus Berlin an das Institut
für Nahrungsmittelkunde scheiterte wohl an persönlichen Gründen, er
teilte aber ausdrücklich mit, „dass er sich nicht in der Lage sähe, ein
Institut mit so erheblichen räumlichen Strittigkeiten zu übernehmen“. Der
Fakultät 194 war nun daran gelegen, schon vor oder im Zuge einer Neubesetzung
des Lehrstuhls die Raumfrage zu klären, um die neue Berufung
nicht von vornherein zu gefährden (BayHStA MK 69684, 7.7.1954).
193 Mit Rehehufen, Platthufen, Vollhufen, Zwanghufen, Kronenzwang, Hornspalten, Hufknorpelverknöcherungen,
Sehnenentzündungen und Spatlahmheit.
194 Hier vertreten durch den Dekan Prof. Baier.

267
Im Juli 1957 bat der Dekan der Tierärztlichen Fakultät - inzwischen Prof.
Hans Liebmann - erneut das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus, die Verhandlungen mit dem Bayerischen Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wieder aufzunehmen, da die
Hufbeschlagschule nun die Baumaßnahmen auf dem Fakultätsgelände zu
behindern drohte. Er forderte die baldmöglichste Räumung der Hufbeschlagschule.
Trotz allem wünschte man nun, „dass die Neuerrichtung der
Hufbeschlagschule in nicht allzugrosser räumlicher Entfernung vom [...]
Fakultätsgelände bezw. vom Oberwiesenfeld“ erfolgen möge (BayHStA
MK 69684, 5.7.1957). Auch Prof. Westhues, Mitglied des Verwaltungsausschusses
der Universität München, forderte eine Woche später den
Auszug der Hufschmiede, da im Zuge des Ausbaues der Fakultät die
Räumlichkeiten für das Institut für Nahrungsmittelkunde Verwendung
finden sollten (BayHStA MK 69684, 15.7.1957). Die Errichtung einer
neuen Hufbeschlagschule wurde auf dem Gelände der alten Schwere-
Reiter-Kaserne in unmittelbarer Nähe der Fakultätsgebäude am Oberwiesenfeld
geplant. Die Räumung der Staatlichen Hufbeschlagschule
konnte aber noch nicht stattfinden, da das Staatsministerium der Finanzen
und der Landtag die beantragten Mittel für den Neubau noch nicht zur
Verfügung gestellt hatten. Dies wurde frühestens für das nächste Haushaltsjahr
erhofft (BayHStA MK 69684, 9.10.1957). Die Mittel konnten
oder wollten wohl nicht bereitgestellt werden. Jedenfalls fanden die Hufbeschlagslehrgänge
weiterhin in der Hufbeschlagschule auf dem Fakultätsgelände
statt, allerdings mit stetig sinkender Teilnehmerzahl (ASchw). So
schien ein Neubau der Hufbeschlagschule nicht mehr erstrebenswert.
Die Staatliche Hufbeschlagschule München wurde 1961 aufgelöst und
nach Augsburg verlegt (ASchw 1961). Es bestand aber noch eine der
Chirurgischen Klink unterstellte Schmiede, die die Patienten der Klinik
versorgte, nebenbei aber auch andere Pferde beschlug (Westhues 1965,
71).
Im Vergleich dazu stellten sich die Verhältnisse an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover folgendermaßen dar: Dem Leiter der Ambulatorischen
Klinik, Honorarprofessor Hans Schultz 195 , wurde im WS 1947/48
ein Lehrauftrag für Hufbeschlagswesen erteilt und im März 1948 über-
195 Hans Schultz war ab 1931 als Regierungsveterinärrat in der staatlichen Veterinärverwaltung
tätig gewesen. Aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft in der NSDAP (1933-
1945) wurde er von der Militärregierung für eine Lehrtätigkeit an der Hochschule abgelehnt,
aber wenige Monate später im Zuge eines Revisionsverfahrens vom Kreisentnazifizierungsausschuss
Bad Segeberg als politisch unbedenklich eingestuft (Schweizer 2002, 324-325).

268
nahm er auch die Leitung der Landeslehrschmiede. Als 1952 die Ambulatorische
Klinik der Medizinischen Klinik angegliedert wurde, vertrat
Schultz ausschließlich das Hufbeschlagswesen an der Hochschule und der
Landeslehrschmiede (Schweizer 2002, 324-325).
Auch die Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig erhielt
1952 wieder ein Institut für Huf- und Klauenkunde. Der bereits habilitierte
Oberassistent der Chirurgischen Tierklinik, Hans Schleiter, wurde zum
Professor für Hufbeschlag und Beschirrungskunde berufen. Außerdem
übernahm er die Leitung der neu gegründeten Hufbeschlagslehrschmiede.
1956 wurde Schleiter zum Professor für Veterinärchirurgie und Direktor
der Chirurgischen Universitäts-Tierklinik berufen, leitete aber weiterhin
die Hufbeschlagslehrschmiede. 196
Melchior Westhues stellte die Vorgänge um die Hufbeschlagschule München
anlässlich des 175jährigen Jubiläums der Tierärztlichen Ausbildungsstätte
in München (1965) wie folgt dar:
„Nach dem Tode des letzten Vorstandes des Instituts, Prof.
MOSER 197 , 1937, wurde während des Krieges als Nachfolger der
Ob.-Vet.-Rat Dr. JÖCHLE 198 vom Ministerium eingestellt. Nach
dem Kriege wurde jedoch dieses Institut für Huf- und
Beschirrungskunde als selbständiges Institut aufgehoben und in die
Chirurgische Tierklinik einbezogen, während die Räume des
Instituts dem neuen Fakultätsinstitut für Nahrungsmittelkunde
zufielen. Das ist ein bemerkenswertes Ereignis in der Fakultät und
der ganzen Universität, daß ein Institut als überlebt eingezogen wird.
Es ist darüber vorher und nachher viel diskutiert worden. Jedenfalls
braucht die Landwirtschaft und das Fuhrwerk künftig den
Hufbeschlag praktisch nicht mehr. Jedoch braucht die Landwirtschaft
die Versorgung der Klauen der Paarhufer mehr als je und
hier macht sich der Mangel an Experten bereits sichtbar. [...] Aber
die Sportpferde bedürfen des Hufbeschlages mehr als je; [...] auch
der Pferdesport wird [...] seine Bedeutung voraussichtlich
allenthalben vermehren. [...] Man wird niemals sagen dürfen, die
Aufgabe ist zu gering, daß es nicht nötig ist, einen Tierarzt für diese
Aufgabe - Betreuung der Sportpferde - besonders auszubilden. Es ist
196
Schleiter, Hans (2002): 50 Jahre Hufbeschlag - Lehrschmiede feierte Jubiläum, S. 1-2:
http://www.uni-leipzig.de/journal/0205/0205hufe.html.
197
Hervorhebung im Original.
198
Hervorhebung im Original.

269
darum nicht so ganz einfach vor sich gegangen, daß hier ein
Spezialinstitut für Hufkunde wieder eingezogen und der Chirurgischen
Klinik einverleibt wurde. Das Fach der Huf- und Klauenkunde
muß in der Chirurgischen Klinik auch künftig gut versorgt
bleiben“ (Westhues 1965, 70-71).
Dieses Zitat macht u. a. deutlich, dass Westhues Jöchle nie wirklich als
Hochschullehrer akzeptiert hatte, da er nicht habilitiert war. Doch Hausberufungen
und die Berufung von Praktikern waren keine Seltenheit an der
Tierärztlichen Fakultät München. 199 Trotzdem war die Eingliederung des
Hufkundeinstituts in die Chirurgie in dieser Zeit des Niedergangs der
landwirtschaftlichen Pferdehaltung sicherlich vertretbar. Die Existenz eines
Hufkundeinstituts war schon vor 1939 fraglich und von ständigen
Kompetenzstreitigkeiten mit der Chirurgie begleitet, da das Fachgebiet für
eine eigene Professur als zu klein angesehen wurde.
An den tierärztlichen Bildungsstätten Hannover und Leipzig wurden zwar
nach dem Krieg wieder Hufkundeinstitute in Verbindung mit den Lehrschmieden
etabliert, doch trotz zunehmender Freizeitpferdehaltung wurden
auch dort die Hufkundeinstitute schließlich wieder aufgegeben und das
Gebiet der Chirurgie bzw. der Pferdeklinik zugeordnet.
199 Siehe Kap. 5.3.2 „Bilanz“.

6 Schlussbetrachtung
270
Die Biographie Hans Jöchles schildert die Geschichte eines Landwirtssohnes
aus dem Allgäu, der zum Professor aufstieg. Er durchlief die
übliche Karriere: Student und danach Assistent an der Universität. Die
Unterstützung durch seinen Bundesbruder Professor Erwin Moser,
Vorstand des Instituts für Huf- und Beschirrungskunde und der Staatlichen
Hufbeschlagschule München, war sicherlich mit ausschlaggebend für die
Wahl der Fachrichtung Hufbeschlag. Eine Habilitation konnte sich Jöchle
aus finanziellen Gründen jedoch nicht leisten und nahm deshalb eine Stelle
als Kreiswanderlehrer für Hufbeschlag an. Seine Bedeutung als Wissenschaftler
liegt weniger in der Entwicklung neuer Hufbeschlagsmethoden
oder -arten als in der Aufklärungsarbeit an der Basis. Schon vor der
Machtergreifung hatte sich Hans Jöchle für den Tierschutz eingesetzt. Er
bemühte sich um Aufklärung der Pferdebesitzer über den schädlichen
Einfluss schlechter Haltungsbedingungen und mangelnder Hufpflege und
um die Verbesserung der Ausbildung der Hufschmiede. Nicht zuletzt durch
die Bekämpfung erblicher Hufmängel beim Süddeutschen Kaltblut
bewahrte Jöchle die bayerische Pferdezucht vor schwerwiegenden
Schäden. Am Hufbeschlag an sich hat sich seit dieser Zeit bis heute kaum
etwas verändert. Trotz zahlreicher Versuche, Alternativen zu entwickeln,
sind die Hufbeschlagsmethoden bis heute erhalten geblieben (vgl. Kratz
2001, 99).
Nach der Machtergreifung durchdrang die nationalsozialistische Ideologie
sämtliche Bereiche, das Handwerk und die Landwirtschaft waren bevorzugte
Zielgruppen. Auch Hans Jöchle trat 1937 in die NSDAP ein, weil er
sich ohne Parteimitgliedschaft zunehmend beruflichen Ärger eingehandelt
hätte. Möglicherweise wäre sonst auch die Ernennung zum Professor
gescheitert. Die unverhoffte Ernennung des Praktikers zum Professor - an
der Tierärztlichen Fakultät in München jedoch nicht unüblich - erfolgte
1939, also erst zwei Jahre nach Professor Mosers Tod.
Anfangs strebte der Berufungsausschuss eine Einziehung des Hufkundeinstituts
und eine Vertretung des Fachs durch den Chirurgen Prof.
Westhues an, wie es auch an den tierärztlichen Fakultäten Gießen und
Leipzig üblich war. In München hatte es zwischen den beiden Instituten oft
Kompetenzüberschneidungen und -streitigkeiten gegeben. Durch diese
Umstrukturierung sollte nun die Errichtung eines Lehrstuhls für Lebensmittelkunde
oder Parasitologie ermöglicht werden, die an anderen tierärztlichen
Bildungsstätten bereits etabliert waren. Das Reichskriegsminis-

271
terium forderte, den Lehrauftrag an einen Veterinäroffizier zu vergeben,
der dann der Veterinärinspektion unterstellt sein sollte. Das lehnten der
Berufungsausschuss und die Dozentenschaft ab. Schließlich entschied sich
der Berufungsausschuss, die Hufkunde in Form eines nicht selbständigen
Lehrauftrags der Chirurgischen Klinik zu unterstellen und der Lehrauftragsinhaber
sollte ein Abteilungsvorsteher werden, der sich in diesem
Rahmen evtl. noch habilitieren sollte. Dafür wurde, mangels anderer
Kandidaten, schließlich Hans Jöchle vorgesehen. Das Vorhaben scheiterte
jedoch aus finanziellen Gründen, denn der langjährige Assistent an der
Hufbeschlagschule, Dr. Eugen Mennel, kam „aus persönlichen Gründen“
für eine leitende Position nicht in Frage und andererseits wagte man nicht,
sich ganz von Mennel zu trennen. So entschied man sich, die Professur für
Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre doch
zu erhalten. Der Forderung der Dozentenschaft, die Professur trotzdem der
Chirurgie zu unterstellen, wurde nicht nachgegeben. Rektor Kölbl, Dekan
Ernst und der Reichstierärzteführer Friedrich Weber konnten das unabhängige
Institut schließlich im Jahr 1938 durchsetzen.
Am 25. März 1939 teilte das Bayerische Staatsministerium für Unterricht
und Kultus dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
mit, dass Jöchle bereit sei, den Ruf auf die offene außerordentliche
Professur für Hufkrankheiten, Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre
an der Tierärztlichen Fakultät der Universität München
anzunehmen und schlug die Ernennung zum 1. April 1939 vor. Da musste
sich der Streit um die Hufbeschlagsfrage an der Militärlehrschmiede
München schon ereignet haben. Ob das der Grund war, weshalb die
Ernennung doch erst am 14. August 1939 erfolgte, ist in Ermangelung der
Akten der Veterinärinspektion nicht mehr festzustellen. Die Tierärztliche
Fakultät konnte aber letztlich doch ihren Kandidaten durchsetzen, was bei
den vielfachen Einflussversuchen durch verschiedene parteikonforme
Instanzen wie dem Reichskriegsministerium, dem Reichstierärzteführer
und dem Leiter der Dozentenschaft nicht selbstverständlich war.
So fehlten aber Anfang 1939 immer noch die Professuren für Fleischbeschau
und Lebensmittelkunde, obwohl bereits 1937 mit der Verordnung
über die Durchführung des Lebensmittelgesetzes vom 7.5.1937 (in Kraft
getreten am 1.10.1937) die Amtstierärzte für die Lebensmittelkontrolle
zuständig wurden und die Veterinärverwaltung schon mehrfach eine
ordentliche Professur für Fleischbeschau und Lebensmittelkunde gefordert
hatte. Am 14. Februar 1939 beantragte das Bayerische Staatsministerium
für Unterricht und Kultus eine „Professur für Fleischbeschau und tierärzt-

272
liche Lebensmittelkunde in der Tierärztlichen Fakultät der Universität
München“, die an den anderen tierärztlichen Bildungsstätten inzwischen
Selbstverständlichkeit war. Bei Kriegsende gab es in München immerhin
ein Extraordinariat für Nahrungsmittelkunde und eines für Parasitologie.
Hierbei hatte die Tierärztliche Fakultät sichtlich von den bei der
Schließung der Theologischen Fakultät im WS 1938/39 frei werdenden
Lehrstühlen profitiert.
1937 war die Tierärztliche Fakultät München die letzte der deutschen
tierärztlichen Fakultäten, die noch über einen Lehrstuhl für Hufbeschlag
verfügte. Der Zivilhufbeschlag lag immer noch im Argen und die
Wehrmacht forderte eine verbesserte Hufbeschlagsausbildung. Diese sollte
durch eine Vereinheitlichung des Hufbeschlags erreicht werden, genau
genommen durch die Einführung des Militärhufbeschlags auch im zivilen
Bereich. Das Militär versuchte, langsam die zivile Hufbeschlagsausbildung
zu unterwandern und durch die Methoden des Militärhufbeschlags zu
ersetzen, indem die entsprechenden Professuren und Vorstände der zivilen
Hufbeschlagschulen durch Veterinäroffiziere ersetzt wurden. Dies wurde
in München durch die anstehende Berufung Jöchles unterbunden. Als
Jöchle im März 1939 auch noch wagte, den Heereshufbeschlag, das
Fachgebiet des Veterinärinspekteurs, öffentlich zu kritisieren, eskalierte die
Situation an der Heereslehrschmiede München. Die Analyse der
Hufbeschlagsfrage lässt aus heutiger Sicht zwar fachliche Differenzen
erkennen, doch spielten sicherlich auch persönliche Streitigkeiten und die
bevorstehende Berufung eines Zivilisten anstatt eines Veterinäroffiziers auf
den Lehrstuhl für Hufkunde eine Rolle. Das sahen die Kontrahenten
damals anders: Beide waren fest davon überzeugt, die Anwendung der
Hufbeschlagsmethode des anderen würde die Schlagkraft der Armee
entscheidend schwächen. Die Konsequenzen der Auseinandersetzung
waren weitreichend, von der Strafversetzung Jöchles bis hin zu Gerüchten
über die Schuld Jöchles an der Schließung der Tierärztlichen Fakultät
München während des Zweiten Weltkriegs, die ihn an der Fakultät ins
gesellschaftliche Abseits drängte.
An der Tierärztlichen Fakultät München hatte die nationalsozialistische
Idee anfangs wenig Zustimmung unter den Professoren gefunden. 1933
waren lediglich die Professoren Anton Otto Stoß jun. und Wilhelm Ernst
Parteimitglieder, was sich in deren Hochschulkarrieren widerspiegelte.
Nach der Einführung des Führerprinzips im Oktober 1933 ernannte der
„Führer der Universität“ die Dekane und entgegen den früheren Gepflogenheiten
eines jährlichen Wechsels bekleideten Stoß von 1933 bis 1935

273
und Ernst von 1935 bis 1945 das Amt des Dekans, obwohl 1933/34
eigentlich Johannes Nörr als Dekan gewählt worden war. Nörr war aber zu
dieser Zeit weder SA- noch Parteimitglied und der Rektor hatte es
vorgezogen, Stoß als Dekan einzusetzen. 1935 waren schon fünf der sieben
Dekane an der LMU München Parteimitglieder. Ab 1936 wurde Stoß auch
noch stellvertretender Rektor der Universität. Hans Jöchle war einer der
letzten der Professoren an der Tierärztlichen Fakultät, die der Partei
beigetreten waren, abgesehen von den drei Kollegen, die einen Beitritt bis
zum Schluss konsequent verweigerten (Demoll, Hilz und Westhues).
Die Schließung der Tierärztlichen Fakultät München im September 1939
war nicht ungewöhnlich, denn das Reichserziehungsministerium wollte bei
Kriegsbeginn eine möglichst große Anzahl an Hochschulen schließen und
nur einige wenige für den nötigsten Bedarf offen halten. Trotzdem wurde
an der LMU München lediglich diese Fakultät geschlossen. Bis Anfang
1940 wurde aber ein Großteil der deutschen Universitäten wieder geöffnet.
Eine solche Wiedereröffnung wurde auch der Tierärztlichen Fakultät in
Aussicht gestellt, scheiterte aber immer wieder an der Freistellung der
Professoren vom Militärdienst. Der Reichstierärzteführer Friedrich Weber
setzte sich zwar heftig für die Fakultät ein, konnte letztlich aber doch
nichts erreichen.
Die Veterinäroffiziersausbildung konzentrierte sich in Hannover und
Berlin, um die dortige gute Ausstattung und die Lehrkräfte voll zu nutzen.
Mit dem Rückgang der Studentenzahlen waren für den Zivilbereich zwei
Ausbildungsstätten ausreichend. Für das Reichserziehungsministerium war
es natürlich wesentlich einfacher, eine geschlossene Fakultät außer Betrieb
zu belassen, als dafür eine andere mit laufendem Lehrbetrieb zu schließen
und die Professoren umzuverteilen. Die rivalisierende Administration
verstärkte das Problem noch. Die Veterinärinspektion verlangte die
Schließung der Gießener, evtl. auch der Leipziger Fakultät, um München
eröffnen zu können, während die entsprechenden Reichsstatthalter natürlich
vehement gegen die Schließung „ihrer“ Fakultäten protestierten. Das
Reichserziehungsministerium wagte nicht, diese Schließungen durchzusetzen
und so blieb weiterhin München geschlossen. Nach 1945 wurde die
Tierärztliche Fakultät München als letzte der tierärztlichen Bildungsstätten
und auch als letzte Fakultät der LMU München erst zum WS 1946/47
wieder eröffnet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Militärregierung nur die Professoren
Melchior Westhues, Karl Hilz und Reinhard Demoll bestätigt. Die

274
Amerikaner betrieben eine recht strenge Entnazifizierungspolitik. Drei
Professoren wurden aus politischen Gründen endgültig aus dem Universitätsdienst
entlassen 200 , zwei andere zwar wieder berufen, aber gleichzeitig
in den Ruhestand versetzt 201 . Prof. Stockklausner war Parteigenosse seit
1933 und konnte deshalb nicht wieder an der Tierärztlichen Fakultät
eingesetzt werden. Es gelang ihm jedoch 1949 zum ordentlichen Professor
für Tierzucht an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Technischen
Hochschule München in Weihenstephan berufen zu werden. Hans Jöchle
wäre zwar von der Militärregierung wieder als Professor zugelassen
worden, doch sein Lehrstuhl wurde eingezogen und seine Universitätslaufbahn
somit beendet. Die drei Professoren, die nicht der NSDAP
angehört hatten 202 , halfen beim Wiederaufbau der Fakultät und auch die
Professoren Sedlmeier und Koch konnten wieder an der Fakultät lehren.
Eine kurze Übersicht über die Wege der einzelnen Professoren gibt Tab. 4.
Bei den Professoren Stockklausner und Hilz fehlen einige Daten, da weder
die Entnazifizierungsakten im Staatsarchiv vorhanden sind noch entsprechende
Informationen im Universitätsarchiv der LMU München zu
finden sind. In den entsprechenden Lehrstuhlakten des Kultusministeriums
im Bayerischen Hauptstaatsarchiv fehlen zwischen 1936 bzw. 1938 und
1945 bzw. 1952 jegliche Einträge.
Die sich hinziehende Entnazifizierung und der Verlust der Professur in der
Nachkriegszeit muss Hans Jöchle, der den Nationalsozialismus innerlich
immer abgelehnt hatte, sehr getroffen haben. Nachdem er sich um einen
möglichst baldigen Wiederaufbau und die Fortführung des Lehrbetriebs
bemüht hatte, wurde er nun plötzlich als Nazi abgestempelt und schien für
die Universität nicht mehr tragbar. Das änderte sich zwar mit der
Einstufung in die Gruppe der Mitläufer im Dezember 1946 und in die
Gruppe der „nicht Betroffenen“ im April 1947, doch kurz darauf wurde der
Lehrstuhl für Hufkunde eingezogen, und damit wieder alle Hoffnung
zunichte gemacht. Jöchle fühlte sich von den „Kollegen“, die immer noch
an der Fakultät waren, hintergangen. Die Trennung von der Familie
aufgrund der Wohnungsknappheit in München kam noch hinzu. Immerhin
blieb ihm die Tätigkeit als Fachberater für Hufbeschlag und der spätere
Aufstieg zum Vorstand der Staatlichen Hufbeschlagschule München.
Die akademischen Rechte eines entpflichteten Professors der Universität
München wurden Hans Jöchle im selben Verfahren mit den Professoren
200 Ernst, Abelein und Seifried.
201 Stoß jun. und Nörr.
202 Hilz, Demoll und Westhues.

275
Johannes Nörr, Richard Abelein und Anton Stoß jun. erst nachträglich am
12. August 1957 zugestanden (BayHStA MK 44407; UAM E-II-3277).
Die Technisierung der Landwirtschaft und den damit verbundenen Rückgang
der Pferdezucht in den 60er Jahren wollte Hans Jöchle anfangs nicht
wahrhaben. Danach betrachtete er sein Lebenswerk, den jahrzehntelangen
Einsatz für den Hufbeschlag, als nutzlos und bemerkte darüber nicht die
Chancen, die sich mit der sich langsam entwickelnden Sportpferdehaltung
auftaten.

276
Tab. 4: Parteizugehörigkeit und Entnazifizierung der Professoren an
der Tierärztlichen Fakultät München und ihre Folgen.
Eintritt in die
SA NSDAP
Vorl.
Dienstenthebug
Entnazifizierung Wieder
einstell.
nach
Ernst 1933 1933 11/1945 08/1948 Gr. IV
10/1948 endgültige
Dienstenthebung
Stoß jun. 1933 1933 11/1945 05/1948 Gr. IV + a
Abelein 1933
bis
1935
1932 07/1945 04/1946 endgültige
Dienstenthebung
03/1947 Gr. II
04/1947 Gr. III
04/1948 Gr. IV
Stockklausner
- 1933 + Gr. IV? + b
Sedlmeier 1933 1937 c 10/1945 05/1947 nicht betr. +
Nörr 1934
bis
1939
1937 c 02/1946 11/1946 Gr. IV
06/1947 nicht betr.
02/1948 Gr. IV
d
11/1947 nicht betr.
04/1947 nicht betr.
+
-
-
Koch 1933 1937
Jöchle - 1937 11/1945 12/1946 Gr. IV
Seifried - 1937 11/1946 11/1947 endgültige
Dienstenthebung
Hilz - - - nicht betr.? +
Demoll - - - 05/1947 nicht betr. +
Westhues - - - nicht betr. +
1945
-
-
+ a

Erläuterungen zu Tab. 4:
277
- nein
+ ja
Gr. II Belastete
Gr. III Minderbelastete
Gr. IV Mitläufer
nicht betr. vom Gesetz zu Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus
vom 5.3.1946 nicht betroffen
a Berufung zum ordentlichen Professor unter gleichzeitiger
Versetzung in den Ruhestand
b Fritz Stockklausner erhielt 1949 die ordentliche Professur für
Tierzucht an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Technischen
Hochschule München in Weihenstephan (Boessneck
1972, 316; Härtl 1983, 356)
c automatisch von der SA in die Partei übernommen
d Kriegsgefangenschaft, dann Assistent an der Universität
Quellen Entnazifizierungsakten (Staatsarchiv München), Personalakten
(UAM) und Lehrstuhlakten (BayHStA) der betroffenen
Professoren.

7 Zusammenfassung
278
Stefanie Albrecht: Prof. Dr. Hans Jöchle (1892-1968) – Ein Leben für
den Hufbeschlag. Quellen und Materialien zur Geschichte
der Tierärztlichen Fakultät der Universität
München.
Die Arbeit beschreibt anhand der Bioergographie von Hans Jöchle die
Geschichte der Tierärztlichen Fakultät München in der Zeit von 1914 bis
in die 50er Jahre. Die dazu ausgewerteten Archivalien und Fachzeitschriften
der Veterinärmedizin, des Hufbeschlags und der Tierzucht wurden
durch Zeitzeugenaussagen ergänzt.
Die eigentliche Biographie soll das politische, gesellschaftliche und soziale
Umfeld Hans Jöchles beleuchten, um die Hintergründe seines Handelns zu
verstehen. Hans Jöchle verbrachte seine Kindheit auf einem Bauernhof in
Erkheim im Allgäu, seine Schulzeit am Gymnasium in Dillingen an der
Donau und 1913 begann er das Studium der Tiermedizin in München, das
während des Ersten Weltkriegs immer wieder unterbrochen wurde. Ab
Sommer 1914 diente Jöchle als Kriegsfreiwilliger beim Ersten Bayerischen
Schweren Reiter-Regiment München und bis Kriegsende erreichte er den
Rang eines Veterinäroffiziers. Nachdem Jöchle 1920 sein Studium beendet
hatte, fertigte er am Forschungsinstitut für angewandte Zoologie in
München unter der Anleitung von Prof. Dr. Schmitt seine Dissertation über
„Versuche zur Bekämpfung der Dassellarve mit giftigen Gasen“ an.
Danach trat er eine Assistentenstelle an der Staatlichen Hufbeschlagschule
München an und wechselte 1921 zum Institut für Hufkunde an der
Tierärztlichen Fakultät der LMU München. 1927 bot man Jöchle die Stelle
eines Kreiswanderlehrers für Hufbeschlag an; er erreichte damit den Rang
eines Landwirtschaftsrats.
Die Berufung zum außerordentlichen Professor für Hufkrankheiten,
Theorie des Hufbeschlags und der Beschirrungslehre an der Tierärztlichen
Fakultät München erfolgte erst 1939, nach einer fast zweijährigen
Verhandlungszeit. Da die Fakultät dringend andere Lehrstühle benötigte,
wurde die Einziehung des Hufkundelehrstuhls in Erwägung gezogen, die
dann aber an finanzpolitischen Gründen scheiterte. Der Veterinärinspekteur
des Heeres, Prof. Dr. Curt Schulze, hätte aber einen Lehrauftrag
für Hufkunde, vertreten durch einen Veterinäroffizier, der Berufung des
Zivilisten Jöchle vorgezogen. Als Jöchle dann auch noch bei Wehrübungen
an der Heereslehrschmiede München den von Schulze inaugurierten

279
Heereshufbeschlag in aller Öffentlichkeit zu kritisieren wagte, kam es zum
Eklat. Das brachte an der Fakultät Gerüchte in Umlauf, Hans Jöchle sei
damit für die Schließung der Tierärztlichen Fakultät von 1939 bis 1945
verantwortlich; nahezu der gesamte Lehrkörper war zum Heeresdienst
eingezogen worden. Die Analyse der Hufbeschlagsfrage lässt aus heutiger
Sicht zwar die fachlichen Differenzen erkennen, erweckt aber eher den
Eindruck einer Konfrontation zweier starkwilliger Persönlichkeiten. Das
sahen die Kontrahenten damals anders: Beide waren fest davon überzeugt,
dass die Durchsetzung der Hufbeschlagsmethode des anderen die
Schlagkraft der damals noch weithin bespannten Armee entscheidend
beeinträchtigen würde. Im darauf folgenden Zweiten Weltkrieg wurde
Jöchle wieder als Veterinäroffizier eingesetzt.
Die Entlassung aus der amerikanischen Gefangenschaft und die Dienstenthebung
durch die Militärregierung prägten für Hans Jöchle die Nachkriegszeit.
Er konnte immerhin wieder als Fachberater für Hufbeschlag bei
der Regierung von Oberbayern beginnen. Die Durchführung des Spruchkammerverfahrens,
das Jöchle in die Gruppe der Mitläufer einreihte
(18.12.1946) und ihn schließlich 1947 als nicht betroffen einstufte (sog.
Weihnachtsamnestie), ließ die Wiedereinstellung an der Universität
erwarten. Es entflammte aber der bereits 1937 mit Melchior Westhues,
dem Vorstand der Chirurgischen Tierklinik, entbrannte Streit um die
institutionelle Stellung des Lehrstuhls für Hufkunde erneut, und durch die
Umwandlung der Professur für Hufkunde in eine Professur für Fleischbeschau
und tierärztliche Nahrungsmittelkunde wurde die Wiedereinstellung
unmöglich. Jöchle wurde daraufhin 1948 zum Vorstand der
Staatlichen Hufbeschlagschule München und später zum Tierzuchtdirektor
ernannt. Erst 1957 wurden ihm die akademischen Rechte eines
entpflichteten außerordentlichen Professors der LMU München zuerkannt.
1968 starb Jöchle in München, wollte sich aber in seinem Heimatort
Erkheim beerdigt wissen.
Hans Jöchle übte großen Einfluss auf die Pferdezucht und -haltung in
Bayern aus, indem er das Universitätswissen hinaus in die Beschlagschmieden
und in die Ställe trug. Im ständigen Einsatz für die Hufpflege
bei den Pferdehaltern und bei seinen Bemühungen um die Ausbildung der
Hufschmiede traf Hans Jöchle immer wieder auf Schwierigkeiten, was ihn
aber nie daran hinderte, nach seiner Überzeugung weiterzuarbeiten.

Summary
280
Stefanie Albrecht: Prof. Dr. Hans Jöchle (1892-1968) - A life for
Horseshoeing. A contribution to the history of the
Faculty of Veterinary Medicine of the LM University of
Munich.
This study provides the professional biography of Hans Jöchle and how it
reflects on the history of the Faculty of Veterinary Medicine at the LM
University in Munich from about 1914 to the 1950ies, and on its faculty
(teaching staff). This study is based on information and data retrieved - and
analyzed - from archives and from contemporary professional journals for
veterinary medicine, horseshoeing and horse breeding. This was complemented
by statements of contemporary witnesses.
The objective of this biography is to show the social and political background of
Hans Jöchle as an explanation for the motivations of his actions. Hans Jöchle
was born into a farmer’s family in Erkheim (in the Allgäu), in South West
Bavaria where he spent his childhood. He attended and graduated from the
Humanistic Gymnasium in Dillingen. He inscribed at the Faculty of Veterinary
Medicine, LM University in Munich, in 1913. His education as a veterinarian
was interrupted several times by World War I. He entered the war in 1914 as a
cavalryman in the First Bavarian Regiment of Heavy Lancers (Erstes
Bayerisches Schwere Reiter-Regiment) in Munich. By the end of the war, he
had been promoted to the rank of a veterinary officer. After he had graduated in
1920, he obtained his Dr. med. vet. degree with a study about the control of
warble fly larvae with poisonous gases, at the Zoological Institute under the
supervision of Prof. Dr. Schmitt. He accepted a position as an assistant to the
director of the Farrier School in Munich, which was an annex to the Institute for
Hoof Science at the Veterinary Faculty. In 1921 he moved to the position of an
assistant in this institute. In 1927 he was appointed as the „Kreiswanderlehrer
für Hufbeschlag“ in Upper Bavaria, supervising the execution of horseshoeing
across the region, but also educating farriers and horse breeders alike.
The appointment as an extraordinary professor for hoof diseases, the theory of
horseshoeing and harnessing at the Munich Faculty of Veterinary Medicine
came in 1939, after two years of negotiations. This faculty had been missing two
full professorships and hence wanted to abolish hoof science and convert the
professorship into one of those missing, but eventually had failed. On the other
hand, the „Veterinärinspecteur“, head of the Army Veterinary Corps, Curt
Schulze, who had remodeled the army’s horseshoeing theory and practice would
have liked to see an army veterinarian in this position instead of a civilian
promoter of a style of „civilian horseshoeing“, which the general detested. For
this reason the conflict escalated as Hans Jöchle, during a military exercise in

281
1939 at the military farrier school in Munich, dared to criticize the military’s
method of hoof care and horseshoeing. That incidence led to the rumor that
Hans Jöchle was supposedly responsible for the closure of the Faculty of
Veterinary Medicine in Munich from 1939 to 1945. While an analysis today of
that debate seems to show a predominance of rather personal arguments, a clash
of two strong personalities, and of efforts to demonstrate the military’s power,
the parties involved then saw it differently. Hans Jöchle was deeply concerned
that in his professional judgment, the military approach to horseshoeing was
detrimental to the performance of the army’s horse population. Yet Curt Schulze
seemed convinced to be right and used his influence to consolidate his power.
Consequently, Hans Jöchle served during the entire World War II as a veterinary
officer in the army.
The release from American captivity in 1945 and the suspension from office by
the US Military Government the same year, marked the post-war period. But
soon Hans Jöchle was allowed to resume activities as a „Fachberater für
Hufbeschlag“ (Expert consultant for horseshoeing) as before (1927-1939) in
Upper Bavaria. On December 18, 1946, the special court system for
denazification rated Hans Jöchle as „Mitläufer“ (follower) and in 1947 as „nicht
betroffen“ (not involved) in the so called Christmas Amnesty. Hence a return to
the faculty seemed likely. But now an old debate from 1937 was revived:
Professor Melchior Westhues, head of the Department of Veterinary Surgery,
then and now argued that Hoof Science should become a section within his
department. He strongly supported the conversion of the hoof science
professorship into one for meat hygiene and food science. Hence Hans Jöchle
was deprived from reclaiming his former position at the University. Instead, he
was appointed „Director of the Farrier School“ (Staatliche Hufbeschlagschule)
in Munich, which by now was separated completely from the Veterinary
Faculty. In 1957, he was reinstated at the university and gained the status of a
retired professor. Hans Jöchle died in Munich in 1968. According to his wishes,
he was put to rest at Erkheim, the place of his birth.
Hans Jöchle had a strong influence on breeding, husbandry and hoof care of
horses in Bavaria by bringing his mix of academic knowledge and professional
experience into farrier shops and horse stables. Difficulties to convince
horseshoers and horse owners of the need for and the advantages of correct hoof
care could never discourage him. The same can be said about his dedication to
the education of farriers.

8 Quellen und Literatur
8.1 Quellen
282
Archiv der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHoA)
1.7.2.1.11 Unterricht über Hufbeschlag 1918-1955
o. Sign. Dienstaltersliste der Veterinäroffiziere nach dem Stand
vom 1. Januar 1945
o. Sign. weitere Archivalien ohne Signatur
Archiv des Bayerischen Haupt- und Landgestüts Schwaiganger
(ASchw)
Fahrnis-Verzeichnis der Staatlichen Hufbeschlagschule München
Briefw. A-Z Briefwechsel A-Z der Staatlichen Hufbeschlagschule
München
ASchw weitere Archivalien ohne Signatur
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA)
Innenministerium (MInn)
MInn 87315 Tierärztliche Fakultät der Universität München
MInn 87396 Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst Frühjahr 1921
(1920-22)
MInn 87801 Ausbildung und Prüfung der Hufschmiede 1943-1948
Kultusministerium (MK)
Personalakten
MK 43573 Wilhelm Ernst
MK 43826 Hans Jöchle
MK 44324 Hans Sedlmeier
MK 44407 Anton Otto Stoß jun.
MK 44516 Melchior Westhues
MK 54164 Richard Abelein
MK 54946 Eugen Mennel
Akten zur Tierärztlichen Fakultät der LMU München
MK 64637 Lehrstuhlakt Hufkunde

283
MK 69087 Lehrkörper, Entnazifizierung, Wiedereröffnung, 1945-46
MK 69128 Wiederaufbau der Tierärztlichen Fakultät, Geländeerwerb
Hofbaumschule
MK 69629 Außerordentliche Professur für allgemeine Pathologie
und pathologische Anatomie
MK 69630 Ordentliche Professur für Anatomie, Histologie und Entwicklungsgeschichte
MK 69631 Ordentliche Professur für Chirurgie, Augenheilkunde,
Geschichte der Tierheilkunde, Chirurgische Klinik und
Poliklinik
MK 69633 Ordentliche Professur für Pharmakologie, (Toxikologie)
und Pharmazie (umbenannt 1955)
MK 69635 Ordentliche Professur für spezielle Pathologie und Therapie
(Innere Medizin)
MK 69636 Ordentliche Professur für Tierzucht
MK 69637 Außerordentliche Lehrstühle, Umwandlung Hufbeschlag-
in Fleischbeschaulehrstuhl
MK 69645 Institut für Hufkunde
MK 69666 Chirurgische Tierklinik 1931-1960
MK 69684 Hufbeschlagschule
MK 69880 Lehraufträge 1939-1946, Lebensläufe
MK 69896 Vorlesungsverzeichnisse 1944-1945
Landwirtschaftsministerium (ML)
ML 562 Lehrschmiede der Tierärztlichen Hochschule München -
Personal, 1840-1937
Finanzministerium (MF)
MF 68351 Hufbeschlagschulen 1888-1941
MF 71323 Tierärztliche Fakultät der Universität München,
Professuren 1931-1950
Bayerisches Hauptstaatsarchiv - Kriegsarchiv (MKr)
MKr 10653 Veterinärpersonal 1913-1920
MKr 10654 Errichtung eines Veterinäroffizierskorps 1909-1920
MKr 10657 Veterinärpersonal 1905-1920
MKr 10684 Kriegseinteilung der Veterinäre 29.05.1916 - 10.12.1916
MKr 10686 Kriegseinteilung der Veterinäre 14.07.1917 - 15.03.1918

284
MKr 10733 Pferdekrankenrapporte und Veterinärsanitätsberichte
4.12.1916 - 8.8.1917
MKr 10757 Tierärztliche Hochschule München 1858-1919
MKr OP 15233 Offizierspersonalakt Jöchle
Bundesarchiv Berlin (BArch)
R 55/21000 Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda,
Hufbeschlagsgesetz
R 68I/99 Reichsverband für Zucht und Prüfung des Deutschen
Kaltbluts, Hufbeschlagsprämierungen
R 1501/5594 Reichsministerium des Innern, Gesetz über den Hufbeschlag
R 4901/13276 Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und
Volksbildung, Kartei der Hochschullehrer
BA (ehem. BDC) NSLB-Kartei, Westhues, Melchior, 06.03.1896
DS (ehem. BDC) B 72, Jöchle, Hans, 29.03.1892
Institut für Palaeoanatomie, Domestikationsforschung und Geschichte
der Tiermedizin der Tierärztlichen Fakultät München (IGTM)
IGTM o. Sign. Archivalien ohne Signaturen
Institut für Zeitgeschichte (IfZ)
IfZ MA 1164 Akz 4046/68
Privatarchiv Manfred Jöchle (PrivAMJ)
Archivalien ohne Signaturen
Privatarchiv Wolfgang Jöchle (PrivAWJ)
Archivalien ohne Signaturen

Staatsarchiv München (StAM)
285
LRA 137, 420 Entnazifizierung Bd. I , Namenslisten von Beamten im
Öffentlichen Dienst und Angestellten 1945-46
RA 100 661 Landwirtschaftsämter, Dienstbesprechungen 1952-55
Spruchkammerakten:
SpkA K 1 Richard Abelein
SpkA K 375 Wilhelm Ernst
SpkA K 814 Johannes Jöchle
SpkA K 1257 Johannes Nörr
SpkA K 1500 Hans Sedlmeier
Standesamt Erkheim
Geburts- und Heiratseinträge der jeweiligen Personen
Universitätsarchiv der Ludwig-Maximilians-Universität München
(UAM)
D-III-106 Sitzungsprotokolle des Akademischen Senats
05.01.1939 - 26.10.1939
D-III-111 Sitzungsprotokolle des Akademischen Senats
29.08.1944 - 02.11.1944
Personalakten des Akademischen Senats der LMU München zu:
E-II-705 Richard Abelein
E-II-1114 Reinhard Demoll
E-II-1254 Wilhelm Ernst
E-II-1739 Karl Hilz
E-II-1898 Hans Jöchle
E-II-2044 Walter Koch
E-II-2440 Eugen Mennel
E-II-2590 Johannes Nörr
E-II-3117 Hans Sedlmeier
E-II-3132 Oskar Seifried
E-II-3266 Fritz Stockklausner
E-II-3277 Anton Otto Stoß jun.
E-II-3554 Melchior Westhues

286
OC-N-1d Planungsausschuss: Wiedereröffnung der Universität,
1945-1946
Sen-I-145 Berufungsakte des Akademischen Senats zu Hans Jöchle
Sen-III-1 Sitzungsprotokolle des Akademischen Senats von Mai
1945 bis Dezember 1946 (Reinschrift)
Sen-III-1b Wiedereröffnung der Universität, 1945-1946
Sen-III-2 Senatsprotokolle 1947
VA-AII-80,7 Akten des Verwaltungsausschusses der LMU München
die Tierärztlichen Institute betreffend, Institut für Huf-
und Beschirrungskunde
Universitätsarchiv der Humboldt-Universität Berlin (UA HUB)
Vet. med. Fak. Nr. 549
Volksschule Erkheim
Verzeichnis der Werktagsschule zu Erkheim pro 1904/05

8.2 Literatur
287
Abel, Otto (1915): Aus dem Verbindungsleben. In: Philisterzeitung der
Studentenverbindung „Apollo“ 39 (1), 16.
Ahne, Winfried, u. a. (1990): Institut für Zoologie und Hydrobiologie. In:
Driesch, Angela von den (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und
Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und New York, 123-130.
Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift (1931), zur H. Dv. 57, Heer und
Marine. Grundsätze für den Hufbeschlag vom 29. Juni 1931. Verlag
„Offene Worte“, Berlin.
Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift (1937), zur H. Dv. 57, Heer und
Marine. Grundsätze für den Hufbeschlag vom 20. August 1936. Verlag
„Offene Worte“, Berlin.
Anonym (1914): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 38 (2), 23-24.
Anonym (1915): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 39 (1), 16.
Anonym (1917): Feldadressen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 41 (3), 38.
Anonym (1919a): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 43 (1), 12-13.
Anonym (1919b): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der
Studentenverbindung „Apollo“ 43 (3), 41-42.
Anonym (1920a): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 44 (1), 8-9.
Anonym (1920b): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 44 (2), 20-21.
Anonym (1920c): Persönliche Mitteilungen. In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 44 (3), 33-34.

288
Anonym (1923): Geschäftliche Mitteilungen, Aufruf. In: Philisterzeitung
der Studentenverbindung „Apollo“ 47 (2), 7.
Anonym (1928a): Erhebung und Nachprüfung der Berechtigung zur
gewerblichen Ausübung des Hufbeschlages. In: Bayerische Schmiedezeitung
32 (2), 1.
Anonym (1928b): Prämiierung 203 der Pferdezuchtgenossenschaft Tölz-
Lenggries. In: Zucht und Sport 11 (22), 369-370.
Anonym (1928c): Bericht über die Obermeistertagung des Oberbayerischen
Kreisverbandes. In: Bayerische Schmiedezeitung 32 (24), 3-5.
Anonym (1930a): Oberbayerischer Kreisverband: Obermeistertagung des
Kreisverbandes Oberbayerischer Schmiede-Innungen. In: Bayerische
Schmiedezeitung 34 (20), 1-2.
Anonym (1930b): Mitgliederversammlung Miesbach-Tegernsee am 14.
November 1929. In: Zucht und Sport 13 (1), 7-9.
Anonym (1930c): Pferdepflege- und Vorführungskurs am Kanzlerhof. In:
Zucht und Sport 13 (11), 173.
Anonym (1930d): Pferdeschau anläßlich des Bezirksfestes in Bad
Reichenhall am 8. August 1930. In: Zucht und Sport 13 (18), 275.
Anonym (1931a): Verbandsausschußsitzung des Zuchtverbandes für das
norische Pferd in Schwaben. In: Zucht und Sport 14 (3), 40-42.
Anonym (1931b): Generalversammlung des Pferdezuchtvereins Markt
Oberndorf. In: Zucht und Sport 14 (5), 74-75.
Anonym (1931c): Aus dem Vereinsleben: Pferdezuchtgenossenschaft
Ingolstadt. In: Zucht und Sport 14 (15), 224-226.
Anonym (1931d): Oberbayerischer Kreisverband: Tagung der oberbayerischen
Schmiedeinnungen am 10. Mai 1931 in Traunstein. In:
Bayerische Schmiedezeitung 35 (11), 4-6.
203 Im Literaturverzeichnis wird die Schreibweise „Prämiierung“ des Originaltextes beibe-
halten.

289
Anonym (1931e): Obermeistertagung des Kreisverbandes Oberbayern am
20. September 1931 in München. In: Bayerische Schmiedezeitung 35 (20),
1.
Anonym (1931f): Sitzung des gesamten Vorstandes am 21. November
1931 in München. In: Bayerische Schmiedezeitung 35 (24), 1-4.
Anonym (1932a): 24. Erdinger Zuchthengstmarkt. In: Zucht und Sport 15
(4), 39-40.
Anonym (1932b): Senkung der Hufbeschlagspreise. In: Zucht und Sport 15
(5), 56-57.
Anonym (1932c): Jahreshauptversammlung der Pferdezuchtgenossenschaft
Ingolstadt. In: Zucht und Sport 15 (9/10), 109-110.
Anonym (1932d): Landwirtschaftliches Kreisfest in Grafing. In: Zucht und
Sport 15 (15/16), 155.
Anonym (1932e): Pferdeprämiierung in Freising. In: Zucht und Sport 15
(15/16), 156.
Anonym (1932f): Sitzung des gesamten Vorstandes am 21. November
1931 in München (Schluss). In: Bayerische Schmiedezeitung 36 (2), 1-2.
Anonym (1932g): Oberbayerische Obermeistertagung am 19. März 1932
im Augustiner-Bierstübl zu München. In: Bayerische Schmiedezeitung 36
(8), 1-2.
Anonym (1933a): Stutenprämiierung der Pferdezuchtgenossenschaft
Fürstenfeldbruck. In: Zucht und Sport 16 (16), 189.
Anonym (1933b): Oberbayerischer Kreisverband: Obermeistertagung am
26. August 1933. In: Bayerische Schmiedezeitung 37 (18), 5-6.
Anonym (1933c): Tagungsbericht über die Kreistagung in München am
27. August 1933. In: Bayerische Schmiedezeitung 37 (18), 6.
Anonym (1933d): Programm für das Zentrallandwirtschaftsfest 1933 vom
16. September bis 1. Oktober, veranstaltet von der Bayerischen Landesbauernkammer.
In: Zucht und Sport 16 (18), 207-208.

290
Anonym (1933e): Oberbayerischer Kreisverband: Obermeistertag. In:
Bayerische Schmiedezeitung 37 (9), 3-4.
Anonym (1934a): Der Aufbau des Reichsnährstandes. In: Zucht und Sport
17 (1), 3-4.
Anonym (1934b): Der 26. Zuchthengstmarkt in Erding. In: Zucht und
Sport 17 (4), 37-38.
Anonym (1934c): Oberbayerischer Kreisverband. In: Bayerische Schmiedezeitung
38 (6), 4.
Anonym (1934d): Der Bundestag in München am 9. und 10. Juni. In:
Bayerische Schmiedezeitung 38 (14), 1-6.
Anonym (1935a): Auszugsbericht über die Gesamt-Vorstandssitzung des
Bayerischen Schmiedebundes von 16. Dezember 1934 in München. In:
Bayerische Schmiedzeitung 39 (1), 3-4.
Anonym (1935b): Gesellenprüfung München. In: Bayerische Schmiedezeitung
39 (9), 73-74.
Anonym (1936): Generalstabsveterinär Dr. Schulze zum Professor ernannt.
In: Der Hufschmied 54 (8), 130.
Anonym (1938): Die Aufgaben des Handwerkerwettkampfes 1939. In:
Bayerische Schmiedezeitung 42 (24), 270.
Anonym (1939): Keine Innungsversammlungen mehr. In: Bayerische
Schmiedezeitung 43 (18), 242.
Anonym (1941): Lehranstalten, Unterrichts- und Prüfungswesen: Hufbeschlaggesetz.
In: Der Hufschmied 59 (6), 69.
Anonym (1947): Hochschulnachrichten: München. In: Tierärztliche Umschau
2 (11/12), 140.
Anonym (1948a): 165 Lehrlinge wollen Schmiede-Gesellen werden: Aus
der Berufsschule für Schmiede in München. In: Die Schmiede-Werkstatt 2
(11), 10.

291
Anonym (1948b): Staatsrat Niklas stellvertretender Leiter der VELF. In:
Tierärztliche Umschau 3 (21/22), 376.
Anonym (1949): Die Lage der Tierärztlichen Fakultät in München.
J. Gotteswinter, München.
Anonym (1950a): Hufbeschlag-Lehrschmieden im westdeutschen Bundesgebiet.
In: Vademecum für Tierärzte 1950 (hrsg. von der „Tierärztlichen
Umschau“). Terra-Verlag, Konstanz, 16.
Anonym (1950b): Was der 4. Verbandstag den bayerischen Schmiedemeistern
und Fahrzeugbauern bietet. In: Die Schmiede-Werkstatt 4 (5), 14-
15.
Anonym (1950c): Arbeitstagung des bayerischen Schmiedeverbandes. In:
Die Schmiede-Werkstatt 4 (5), 15.
Anonym (1951a): Hilfsmittel und Werkzeuge für Hufbeschlag. In: Die
Schmiede-Werkstatt 5 (6), 16-17.
Anonym (1951b): Nachrichten von unserem Verbandstag. In: Mitteilungsblatt
für das bayerische Schmiedehandwerk 4 (8), 1-4.
Anonym (1952): Wissenschaft und Praxis beim Hufbeschlag: Arbeitstagung
über Hufbeschlagfragen erbringt weitgehende Übereinstimmung
der Auffassungen. In: Die Schmiede-Werkstatt 6 (6), 97-99.
Anonym (1953): Bericht über den Verbandstag 1953. In: Der Bayerische
Schmied 6 (6), 2-6.
Anonym (1954): Die Zukunftsaufgaben des Schmiedehandwerks: Verbandstagung
des bayerischen Schmiede- und Fahrzeugbauerhandwerks. In:
Die Schmiede-Werkstatt 8 (8), 188-189.
Anonym (1957a): Ernannt wurden. In: Bayerisches Tierärzteblatt 8 (9),
207.
Anonym (1957b): Änderungen. In: Bayerisches Tierärzteblatt 8 (8), 179.
Anonym (1958): Hufbeschlagschulen in Bayern sollen aufgelöst werden.
In: Die Schmiede-Werkstatt 12 (6), 140.

292
Baier, Walther (1990): Als Veterinärstudent im München der zwanziger
Jahre. Bearbeitet und mit Anmerkungen versehen von Johann Schäffer.
Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg.
Bauer, Theodor (1938): Handbuch des Hufbeschlages. Verlag Mittler &
Sohn, Berlin.
Bauer, Theodor (1940): Handbuch des Hufbeschlages. 2., neu bearbeitete
Auflage. Verlag Mittler & Sohn, Berlin.
Bauer, Theodor (1944): Handbuch des Hufbeschlages. 5., durchgesehene
und erweiterte Auflage. Verlag Mittler & Sohn, Berlin.
Behrninger 204 (1948): Die Berechtigung zum gewerbsmäßigen Hufbeschlag
unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in Bayern. In:
Die Schmiede-Werkstatt 2 (13), 7-8.
Beiheft 1 zum Anhang I zur Heeresveterinärvorschrift, H. Dv. 57. Neudruck
1938. Druck: Oberkommando der Wehrmacht, Berlin.
Berninger 205 (1938): Der Obermeister und seine Mitarbeiter. In: Bayerische
Schmiedezeitung 42 (4), 31-33.
Boehm, Laetitia (1972): Auf dem Weg zur Gegenwart. In: Laetitia Boehm
und Johannes Spörl (Hrsg.): Die Ludwig-Maximilians-Universität Ingolstadt
- Landshut - München 1472-1972. Duncker und Humblot, Berlin,
363-394.
Böhm, Helmut (1995): Von der Selbstverwaltung zum Führerprinzip. Die
Universität in den ersten Jahren des Dritten Reiches (1933-1936). In:
Laetitia Boehm (Hrsg.): Münchener Universitätsschriften, Band 15.
Duncker und Humblot, Berlin.
204 Trotz intensiver Bemühungen und der Berücksichtigung der Tierärzteadressbücher
konnten bei einigen Autoren die Vornamen, in besonderen Fällen auch die Nachnamen, nicht
ermittelt werden.
205 In den Originaltexten wurden die Schreibweisen Behrninger (1948) und Berninger (1938)
verwendet. Es ist aber durchaus möglich, dass es sich um einen Schreibfehler handelt und
beide Aufsätze von demselben Autor stammen.

293
Boessneck, Joachim (1965): 175 Jahre Tierärztliche Ausbildungsstätte in
München. In: Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität
München (Hrsg.): 175 Jahre Tierärztliche Ausbildungsstätte in München.
Kiefhaber, Kiefhaber & Elbl, München, 3-8.
Boessneck, Joachim (1972): Chronik der Tierärztlichen Fakultät. In:
Laetitia Boehm und Johannes Spörl (Hrsg.): Die Ludwig-Maximilians-
Universität in ihren Fakultäten. Erster Band. Duncker & Humblot, Berlin,
281-345.
Boessneck, Joachim, und Angela von den Driesch (1990): Die Geschichte
der tierärztlichen Ausbildungsstätte in München. In: Angela von den
Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und Forschung in München.
Schattauer, Stuttgart und New York, 1-30.
Brixner (1930): Stuten- und Fohlenprämiierungen in Tittmoning, 24.
November 1930. In: Zucht und Sport 13 (23), 349-350.
Brumme, Martin Fritz (1981): Tiermedizin und Nationalsozialismus.
Politik und Ideologie einer Berufsgruppe im Dritten Reich. Berlin, Freie
Universität, Magisterarbeit.
Buchner, Leander (1998): Zur Bedeutung des Pferdes in der Wehrmacht.
In: Johann Schäffer (Hrsg.): Veterinärmedizin im Dritten Reich, 5. Tagung
der DVG-Fachgruppe Geschichte der Veterinärmedizin, 1997. Verlag der
Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft, Gießen, 135-144.
Cornelissen, Joachim, und Hans Holzbauer (1988): Die bayerische
Räterepublik. In: Karl-Heinz Zuber und Hans Holzbauer (Hrsg.): bsv
Geschichte. Band 4: Das 20. Jahrhundert. 2. Auflage, 1. Nachdruck.
Bayerischer Schulbuch-Verlag, München, 27.
Dinglreiter (1919): Liebe Bundesbrüder! In: Philisterzeitung der Studentenverbindung
„Apollo“ 43 (3), 40-41.
Drexl, Hans (1950): Der Einfluß der Sulfonamide auf die Heilung des
Hufkrebses. München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche Fakultät,
Diss.

294
Eichhorn, Elmar (1951): Beiträge zur Geschichte der Tierärztlichen
Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München. München,
Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche Fakultät, Diss.
Eichner, Karl (1933): 25. Jubiläums-Hengstmarkt in Erding am 30. und 31.
Januar 1933. In: Zucht und Sport 16 (4), 39-41.
Fischer, Arthur (1929): Bericht über die Staatliche Lehrschmiede zu
Dresden für das Jahr 1928. In: Der Hufschmied 47 (6), 119-124.
Fischer, Arthur (1941): Das Gesetz über den Hufbeschlag vom 20.12.1940
und die Verordnung über den Hufbeschlag vom 31.12.1940. In: Der
Hufschmied 59 (3), 30-35.
Fontaine, Hans (1939): Das Deutsche Heeresveterinärwesen. Seine
Geschichte bis zum Jahre 1933. Verlag von M. & H. Schaper, Hannover.
Fortner, Joseph (1964): Geschichtliche Notizen aus meiner Zeit bis 1945.
In: Tierärztliche Umschau 19 (11), 567-574.
Friedrich, Hans (1933): Die Vereinheitlichung der deutschen Hufbeschlaglehren
[sic!]. In: Tierärztliche Rundschau 39 (24), 389-395; 39 (25),
409-411; 39 (48), 799-801; 39 (49), 815-817; 39 (50), 831-834.
Fritsch, Rudolf (1970): Johannes Jöchle, 29.3.1892 - 26.2.1968. In:
Ludwig-Maximilians-Universität, Jahres-Chronik 1967/68, Sonderdruck,
Universitätsarchiv, München.
Gentner, Franz (1930): Jahresbericht der Pferdezucht-Genossenschaft für
das Bayerische Oberland. In: Zucht und Sport 13 (18), 270-271.
Gentner, Franz (1957a): Die männlichen Blutlinien des bayerischen Kaltblutpferdes.
Herausgegeben vom Landesverband bayerischer Pferdezüchter
München. Obst- und Gartenbauverlag, München.
Gentner, Franz (1957b): Personalien: München. In: Landwirtschaftliches
Wochenblatt 147 (14), 29.

295
Gieseke, Dieter (1990): Institut für Physiologie, Physiologische Chemie
und Ernährungsphysiologie. In: Angela von den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre
tierärztliche Lehre und Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und
New York, 65-82.
Groll, Eugen (1930): Vorschau für den Zuchthengstmarkt in Erding. In:
Zucht und Sport 13 (22), 329-330.
Groll, Eugen (1931): Erdinger Zuchthengstmarkt. In: Zucht und Sport 14
(3), 35-36.
Groll, Eugen (1935): Pinzgauer Stutenprämiierung und Jubiläumsversammlung
in Traunstein. In: Deutsches Kaltblut 8 (3), 36-37.
Grüttner, Michael (1995): Studenten im Dritten Reich. Verlag Ferdinand
Schöningh, Paderborn.
Gylstorff, Irmgard (1958): Die Tierärztliche Fakultät der Universität
München. In: Tierärztliche Umschau 13 (10), 333-336.
Gylstorff, Irmgard (1990): Die Fakultät im Dritten Reich. In: Angela von
den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und Forschung in
München. Schattauer, Stuttgart und New York, 31-38.
Härtl, Josef (1983): Ein Beitrag zur Geschichte des Lehrkörpers der
Tierärztlichen Fakultät der Universität München 1932-1937. In: Tierärztliche
Umschau 38 (5), 348-358.
Hagen (1928): Oberbayerischer Kreisverband: Oberbayerischer Kreisverbandstag
am 6. Mai 1928 in Bad Reichenhall. In: Bayerische Schmiedezeitung
32 (8), 4-5.
Hagen (1929): Oberbayerischer Kreisverband: Oberbayerische Kreisverbandstagung
in Fürstenfeldbruck am 26. Mai 1929. In: Bayerische
Schmiedezeitung 33 (12), 6.
Hagen (1932): Oberbayerische Obermeistertagung am 18. September in
München. In: Bayerische Schmiedezeitung 36 (20), 4-5.
Hager (1927): Kreistagungs-Berichte: Oberbayern. In: Bayerische Schmiedezeitung
31 (12), 3-4.

296
Hagn 206 (1927): Obermeistertagung des Oberbayerischen Kreisverbandes
im Augustiner-Bierstübl in München am 18. September 1927. In:
Bayerische Schmiedezeitung 31 (22), 4-5.
Hagn (1928): Obermeistertagung des Oberbayerischen Kreisverbandes am
19. März 1928 in München. In: Bayerische Schmiedezeitung 32 (8), 1-2.
Hagn (1929): Obermeistertagung des Oberbayerischen Kreisverbandes am
19. März 1929 in München. In: Bayerische Schmiedezeitung 33 (8), 3-4.
Hagn (1930a): Obermeistertagung des Kreisverbandes oberbayerischer
Schmiedeinnungen am 19. März in München (Augustiner-Bräustüberl). In:
Bayerische Schmiedezeitung 34 (8), 2-3.
Hagn (1930b): Oberbayerischer Kreisverband: Kreisverbandstagung
oberbayerischer Schmiedeinnungen am 11. Mai 1930. In: Bayerische
Schmiedezeitung 34 (11), 1-3.
Hagn (1931): Oberbayerischer Kreisverband: Obermeistertagung des
Kreisverbandes oberbayerischer Schmiedeinnungen am 19. März 1931 in
München. In: Bayerische Schmiedezeitung 35 (8), 1.
Haug, Anton (1939): Der Aufbau der Achselschwanger Warmblutzucht.
München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche Fakultät, Diss.
Heiber, Helmut (1991): Universität unterm Hakenkreuz. Teil I. Der
Professor im Dritten Reich: Bilder aus der akademischen Provinz. K. G.
Saur, München, London, New York, Paris.
Heiber, Helmut (1992): Universität unterm Hakenkreuz. Teil II, Band 1.
Die Kapitulation der Hohen Schulen. Das Jahr 1933 und seine Themen.
K. G. Saur, München, London, New York, Paris.
Heiber, Helmut (1994): Universität unterm Hakenkreuz. Teil II, Band 2.
Die Kapitulation der Hohen Schulen. Das Jahr 1933 und seine Themen.
K. G. Saur, München, New Providence, London, Paris.
206
In den Originaltexten werden Hagen, Hager und Hagn angegeben. Wahrscheinlich handelt
es sich dabei aber um denselben Autor.

297
Henkels, Paul (1935): Kampf dem Hufkrebs. In: Deutsche tierärztliche
Wochenschrift 43 (12) 180-186.
Hermanns, Walter, und Erwin Dahme (1990): Institut für Tierpathologie.
In: Angela von den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und
Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und New York, 181-190.
Herter, Rudolf (1939): Zum 40jährigen Militärdienstjubiläum des
Veterinärinspekteurs. In: Zeitschrift für Veterinärkunde 51 (10), 433-436.
Herter, Rudolf (1951): Prof. Dr. Curt Schulze 70 Jahre! In: Tierärztliche
Umschau 6 (21/22), 382-386.
Hetzel, Fritz (1927): Hufbeschlagbewertungen bei Pferdeschauen als
Maßnahme zur Hebung des Hufbeschlages und zur Förderung der
Pferdezucht. In: Süddeutsche Landwirtschaftliche Tierzucht 21 (25), 311-
312.
Hörndl, W. S. (1931): Hufbeschlagsbewertung und Hufbeschlagsprüfung.
In: Bayerische Schmiedzeitung 35 (1), 3-4.
Hörning, Rainer (1973): Untersuchung über die Bekämpfung der
wichtigsten Kriegstierseuchen und seuchenhaften Erkrankungen der Tiere
während des 2. Weltkrieges (1939-1945) beim Heer der Deutschen
Wehrmacht. Hannover, Tierärztliche Hochschule, Diss.
Hohmann, Marion (2000): Und die Arbeit ging weiter ... Die VMTA-
Lehranstalt in Hannover nach dem Krieg. In: Johann Schäffer (Hrsg.):
Tiermedizin in der Nachkriegszeit, 7. Tagung der DVG-Fachgruppe
Geschichte der Veterinärmedizin, 1999. Verlag der Deutschen Veterinärmedizinischen
Gesellschaft, Gießen, 131-140.
Impressum der Bayerischen Schmiedezeitung 1927 31 (1), 1.
Jäger, Kristin (1989): Dr. med. vet. Richard Schmutzer (1874-1946). Eine
Biobibliographie. München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche
Fakultät, Diss.
Jöchle, Hans (1920): Versuche zur Bekämpfung der Dasselplage mit
giftigen Gasen. München, Ludwig-Maximilians-Universität, Tierärztliche
Fakultät, Diss.

298
Jöchle, Hans (1926): Einiges zur Hufknorpelverknöcherung des Pferdes
und deren Behandlung durch den Beschlag. In: Tierärztliche Rundschau 32
(52), 916-919.
Jöchle, Hans (1929): Hufpflege und Hufbeschlag. In: Zucht und Sport 12
(22), 332-333.
Jöchle, Hans (1932): Pferdezucht, Hufpflege und Hufbeschlag. In: Zucht
und Sport 15 (20), 186-187; 15 (21/22), 202-203.
Jöchle, Hans (1933): Hufbeschlag und Hufpflege im Winter. In: Zucht und
Sport 16 (24), 280-281.
Jöchle, Hans (1934a): Schlechte Einnahmen beim Pferdeverkauf durch
Vernachlässigung der Hufpflege. In: Wochenblatt der Landesbauernschaft
Bayern 124 (44), 1625-1626.
Jöchle, Hans (1934b): Warum ist die Klauenpflege notwendig und wie soll
sie durchgeführt werden? In: Wochenblatt der Landesbauernschaft Bayern
124 (46), 1700-1701; 124 (47), 1734-1735.
Jöchle, Hans (1935): Sachgemäße Pflege der Fohlenhufe. In: Deutsches
Kaltblut 8 (18), 277-280.
Jöchle, Hans (1936): Die Hufpflege beim beschlagenen Pferde. In:
Deutsches Kaltblut 9 (11), 171-175.
Jöchle, Hans (1937a): Was kann der Pferdezüchter und Pferderhalter für
die Entwicklung leistungsfähiger Hufe und für deren Gesunderhaltung tun?
In: Zeitschrift für Gestütkunde und Pferdezucht 32, 104-109, und in:
Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht 41 (7), 99-101.
Jöchle, Hans (1937b): Universitätsprofessor Dr. Erwin Moser †. In: Der
Hufschmied 55 (11), 165-166.
Jöchle, Hans, und Fritz Stockklausner (1937): Huf- und Klauenpflege.
Arbeiten des Reichsnährstandes. Band 28. Reichsnährstand Verlags-
GmbH, Berlin.

299
Jöchle, Hans (1938a): Hufpflege und Hufbeschlag, eine Notwendigkeit zur
Werterhaltung und Leistungssteigerung. In: Deutsche landwirtschaftliche
Tierzucht 42 (8), 151-153.
Jöchle, Hans (1938b): Die Mitarbeit des Tierarztes im Huf- und Klauenbeschlag
sowie in der Huf- und Klauenpflege. Ein Beitrag zur Verwirklichung
des Tierschutzgedankens. In: Deutsches Tierärzteblatt 5 (24), 482-
485.
Jöchle, Hans (1949): Gültigkeit der Hufschmiede-Kriegsprüfungszeugnisse.
In: Die Schmiede-Werkstatt 3 (6), 15-16.
Jöchle, Hans (1950): Die gegenwärtige gesetzliche Gestaltung des Hufbeschlagwesens
in Bayern. In: Die Schmiede-Werkstatt 4 (7), 8, 13.
Jöchle, Hans (ca. 1950): Hufkunde, Huf- und Klauenbeschlag. Skript für
den Unterricht an der Staatlichen Hufbeschlagsschule München.
Jöchle, Hans (1953a): Bedeutung der Hufbeschlagschulen und Lehrschmieden
für das Schmiedehandwerk. In: Die Schmiede-Werkstatt 7 (14),
301-302.
Jöchle, Hans (1953b): Unsere Beschlags-Haftpflichtversicherung. In: Der
Bayerische Schmied 6 (1), 6-8.
Jöchle, Hans (1953c): Die Herstellung von Hufeisen an den Hufbeschlagschulen.
In: Die Schmiede-Werkstatt 7 (16), 363.
Jöchle, Hans (1957): Hufbeschlag und Tierschutz. In: Das Recht der Tiere.
Organ des Bundes gegen den Mißbrauch der Tiere e. V. Landshut. 3 (1-2),
26-29.
Karnbaum, Berthold (1992): Schwaiganger: 20 Jahre Entwicklung vom
Stammgestüt zum Haupt- und Landgestüt. Fotosatz Mohrenweiser,
Weilheim.
Kattenbeck, Ernst (1933): Abschlußprüfung des Reit- und Fahrkurses
Dorfen. In: Zucht und Sport 16 (11), 133.

300
Keller, Max (1914): Von unseren Bundesbrüdern im Feld. Aus einem
Feldpostbrief des † Bundesbruders Max Keller. In: Philisterzeitung der
Studentenverbindung „Apollo“, 39 (1) 8-10.
Kern (1933): Aus der Verhandlungsschrift der Sitzung des Ausschusses
des Reichsverbandes der Kaltblutzüchter Deutschlands. In: Zucht und
Sport 16 (16), 187-188.
Koch, Walter (1959): Die Zucht des norischen Pferdes in Bayern: Ein
Werk tierärztlich geleiteter Züchtung. In: Tierärztliche Umschau 14 (2),
38-40.
Koch, Walter (1972): Die Tierärztliche Fakultät Münchens in den 20er
Jahren. Aus den Erinnerungen von Prof. Dr. Walter Koch. Uni-Druck,
München.
Koch, Walter (1973): Erinnerungen. II. Teil. 1912-1932. Jugend, Student,
der junge Wissenschaftler. Ohne Verlag, ohne Ort.
König, Walter (1936): Ein Tag an der Heeres-Veterinärakademie. In:
Deutsche tierärztliche Wochenschrift 44 (8), 119-120.
König, Walter (1939): Vier Jahre Heeres-Veterinärakademie. In: Deutsche
tierärztliche Wochenschrift 47 (41), 622-623.
König, Walter (1961): Generaloberstabsveterinär a. D. Prof. Dr. Schulze
80 Jahre. In: Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift 74 (22),
448.
Kotter, Ludwig (1965): Eröffnungsansprache zur Ringvorlesung für das
WS 1965/66: „Die deutsche Universität im Dritten Reich“, gehalten am
18.11.1965. In: Universitäts-Archiv (Hrsg.): Chronik der Ludwig-
Maximilians-Universität München 1965/66. Ohne Verlag, 63-66.
Kraft, Wilfried, und Gerrit Dirksen (1990): Medizinische Tierklinik. In:
Angela von den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und
Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und New York, 141-150.
Kratz, Thomas (2001): Die Entwicklung des Hufbeschlags im Spiegel der
Zeitschrift „Der Hufschmied“ (1883-1944). Hannover, Tierärztliche
Hochschule, Diss.

301
Krauße, Günter, und Klaus-Jürgen Zaadhof (1990): Institut für Hygiene
und Technologie der Lebensmittel tierischen Ursprungs. In: Angela von
den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche Lehre und Forschung in
München. Schattauer, Stuttgart und New York, 83-96.
Kriegsveterinärvorschrift (1939), Entwurf. H. Dv. 56/6, Teil 6, Grundsätze
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Kuhn, Helmut (1966): Die deutsche Universität am Vorabend der
Machtergreifung. In: Helmut Kuhn (Hrsg.): Die deutsche Universität im
Dritten Reich. Eine Vortragsreihe der Universität München. R. Piper & Co.
Verlag, München. Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck, 12-43.
Kunkel, Wolfgang (1966): Der Professor im Dritten Reich. In: Helmut
Kuhn (Hrsg.): Die deutsche Universität im Dritten Reich. Eine Vortragsreihe
der Universität München. R. Piper & Co. Verlag, München.
Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck, 103-133.
Landesverband bayerischer Pferdezüchter (Hrsg. 1940): Männliche
Blutlinien des Oberländers. Hengstbuch für den Bereich der Landesbauernschaft
Bayern, Bayerische Ostmark, Württemberg, Baden, Saarpfalz
und Sudetenland. Reichsnährstand Verlags-GmbH., Zweigniederlassung
Bayern, München.
Large, David Clay (1998): Hitlers München. Aufstieg und Fall der
Hauptstadt der Bewegung. Übers. von Karl Heinz Siber. Verlag C. H.
Beck, München.
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Löffler, Albert (1929): Prämiierung der Pferdezuchtgenossenschaft
Friedberg. In: Zucht und Sport 12 (12), 177-178.

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Flachland: Jahresbericht für das Jahr 1930. In: Zucht und Sport 14 (24),
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Löffler, Albert (1933): Jahresbericht für das Jahr 1931 des Pferdezuchtverbandes
für das oberbayerische Flachland. In: Zucht und Sport 16
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Verlag von R. Oldenbourg und Dr. C. Wolf & Sohn, München, 132-
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Enke Verlag, Stuttgart.

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Huf und Klaue. 15. Auflage der „Lehre vom Hufbeschlag“ von Friedrich
Gutenäcker, neu bearbeitet von Erwin Moser. Verlag von Schickhardt &
Ebner, Stuttgart.
Moser, Erwin, und Melchior Westhues (1950): Leitfaden für Huf- und
Klauenkrankheiten, 2., verbesserte Auflage. Ferdinand Enke Verlag,
Stuttgart.
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Fachgruppe Geschichte der Veterinärmedizin, 1999. Verlag der Deutschen
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Orlob, Eva-Maria (2003): Die Gießener Veterinärmedizinische Fakultät
zwischen 1933 und 1957. Gießen, Justus-Liebig-Universität, Tierärztliche
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Geschichte der Veterinärmedizin, 1997. Verlag der Deutschen Veterinärmedizinischen
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Hochschule Hannover - ein Rückblick. Festvortrag am 05.05.1985 in
der Aula der Tierärztlichen Hochschule anläßlich der Jahrestagung des
Bundes Deutscher Veterinäroffiziere. In: Mitteilungsblatt des Bundes
Deutscher Veterinäroffiziere e. V. 33 (2/3), 13-24.

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Seifert, Arno (1972): In den Kriegen und Krisen des 20. Jahrhunderts. In:
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nicht dafür vorbereiteten Kaserne. In: Zeitschrift für Veterinärkunde 53 (5),
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in der Staatlichen Hufbeschlagschule München, Veterinärstraße, am
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Sportpferd. In: Olof Dietz und Bernhard Huskamp (Hrsg.): Handbuch
Pferdepraxis. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Enke Verlag, Stuttgart,
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Stöckel, Sigrid (2000): Kontinuität und Wandel im Gesundheitswesen
Nachkriegsdeutschlands. In: Johann Schäffer (Hrsg.): Tiermedizin in der
Nachkriegszeit, 7. Tagung der DVG-Fachgruppe Geschichte der
Veterinärmedizin, 1999. Verlag der Deutschen Veterinärmedizinischen
Gesellschaft, Gießen, 17-33.
Tessin, Georg (1980): Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht
und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945. 2. Auflage, 11. Bd.,
Biblio Verlag, Osnabrück.
Tierärztliche Fakultät der LMU München (Hrsg. 1965): 175 Jahre
tierärztliche Ausbildungsstätte in München. Kiefhaber, Kiefhaber & Elbl,
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Traeger (1921): 56. Stiftungsfest, 15.-17. Juli. In: Philisterzeitung der
Studentenverbindung „Apollo“ 45 (3), 25-26.

308
Verordnung über die Stiftung des Kriegsverdienstkreuzes in der Fassung
vom 19.8.1940. In: E.-J. Graf von Westarp (Hrsg. 1940): Oertzenscher
Taschenkalender für die Offiziere des Heeres. 61. Jg. Verlag Alfred
Waberg, Grimmen in Pommern, 412-413.
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von Müller (Hrsg.): Die wissenschaftlichen Anstalten der Ludwig-
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Auftrag des akademischen Senats. Verlag von R. Oldenbourg und Dr. C.
Wolf & Sohn, München, 119-120.
Vollbach, Heinrich (1954): Geschichte, Entwicklung und Kritik der
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Vollmerhaus, Bernd (1990): Institut für Tieranatomie. In: Angela von den
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Schattauer, Stuttgart und New York, 51-64.
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unter Mitarbeit von Heide Roos und Sven Reese. Logos-Verlag, Berlin.
Vorlesungsverzeichnis der LMU München für das Kriegsnothalbjahr
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Vorlesungsverzeichnis der LMU München für das Winterhalbjahr 1937/38.
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Walser, Kurt, und Rudolf Stolla (1990): Gynäkologische und Ambulatorische
Tierklinik. In: Angela von den Driesch (Hrsg.): 200 Jahre tierärztliche
Lehre und Forschung in München. Schattauer, Stuttgart und New York,
157-168.
Weber, Friedrich (1951): Professor Abelein 60 Jahre. In: Tierärztliche Umschau
6 (13/14), 260.
Westhues, Melchior (1937): Über das Wesen und die Behandlung des
Hufkrebses. In: Berliner Tierärztliche Wochenschrift 53 (28), 436-440.

309
Westhues, Melchior (1965): Chronik der Chirurgischen Tierklinik. In:
Tierärztliche Fakultät der LMU München (Hrsg.): 175 Jahre tierärztliche
Ausbildungsstätte in München. Kiefhaber, Kiefhaber & Elbl, München,
66-71.
Wildsfeuer, Hans (1929): Pferdezuchtgenossenschaft Ingolstadt. In: Zucht
und Sport 12 (24), 373-374.
Wildsfeuer, Hans (1933): Stutenschau der Pferdezuchtgenossenschaft
Ingolstadt. In: Zucht und Sport 16 (15), 178.
Wippermann, Wolfgang (1998): Der Hund als Propaganda- und
Terrorinstrument im Nationalsozialismus. In: Johann Schäffer (Hrsg.):
Veterinärmedizin im Dritten Reich, 5. Tagung der DVG-Fachgruppe
Geschichte der Veterinärmedizin, 1997. Verlag der Deutschen
Veterinärmedizinischen Gesellschaft, Gießen, 193-206.
Wolf, Hans (1952): Um das Schicksal der bayerischen Pferdezucht. In:
Allgäuer Bauernblatt 20 (27), 346-347.
Wolfer, Rudolf (1948): Die Theorien der Hufzubereitung. In: Tierärztliche
Umschau 3 (17/18), 272-279.
Wolfer, Rudolf (1949): Wird das Problem des Gleitschutzes durch den
Widak-Beschlag gelöst? In: Die Schmiede-Werkstatt 3 (11), 5-8.
Zieger, Wilhelm (1973): Das deutsche Heeresveterinärwesen im Zweiten
Weltkrieg. Verlag Rombach, Freiburg.
Zieger, Wilhelm (1981): Zur 100. Wiederkehr des Geburtstages von
Generaloberstabsveterinär Professor Dr. Curt Schulze. In: Deutsche
tierärztliche Wochenschrift 88 (11), 449-452.
Zorn, Wilhelm (1948): Pferdezucht. 2. Auflage. Ulmer Verlag, Stuttgart.

8.3 Zeitzeugen und Fachleute
310
Hubert Bachofer (Filderdstadt)
Heinz Cichlar 207 (Krailling)
Prof. Dr. Erwin Dahme (Germering)
Dorothea Dycke (Erkheim)
Prof. Dr. Rudolf Fritsch (Neubiberg)
Prof. Dr. Wolfgang Jöchle (USA)
Anton Jöchle jun. (Erkheim)
Josef Jöchle (Erkheim)
Manfred Jöchle (München)
Richard Haselbeck (München-Daglfing)
Dr. Thomas Kratz (Handorf)
Karl Lang (Erkheim)
Josef Langwieser (Vaterstetten)
Dr. Herbert Loibl (Freising)
Rolf Luff (München-Daglfing)
Dr. Bruno Müller (Aulendorf)
Hans Neuper (München-Daglfing)
Michael Urlbauer (Friedberg)
Dr. Erwald Wolpert 208 (Murnau)
207
Archivar der Münchener Burschenschaft Franco-Bavaria, in die die Burschenschaft Apollo
aufgegangen ist
208
Dr. Erwald Wolpert war von 1972 bis 1990 Leiter der Hufbeschlagschule Schwaiganger.

8.4 Abbildungsnachweis
311
Abb.
1 Bronzestatue, Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
2 Privatbesitz Georg Prestel †, Erkheim
3 erstellt von Stefanie Albrecht, Quellen: UAM Sen-I-145; Standesamt
Erkheim; Prestel 2005, schriftl. Mitt.
4 Privatbesitz Elisabeth Prestel, Erkheim
5 PrivAMJ
6-7 PrivAWJ
8 Bibliothek der Tierärztlichen Fakultät der LMU, Signatur H 9.885
9 Privatbesitz Georg Prestel †, Erkheim
10 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
11-12 PrivAWJ
13 Moser, Erwin, und Friedrich Gutenäcker 1933, Vorspann
14 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
15 PrivAWJ
16-19 Privatbesitz Manfred Jöchle, München
20 PrivAWJ
21 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
22 PrivAWJ
23 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
24 Privatbesitz Stefanie Albrecht, Aulendorf
25 Privatbesitz Dorothea Dycke, Erkheim
26 PrivAWJ
27 Privatbesitz Stefanie Albrecht, Aulendorf
28 Jöchle, Stockklausner 1937, Titelbild
29 Jöchle, Stockklausner 1937, Schmutztitel
30 Moser, Erwin, und Friedrich Gutenäcker 1933, 127
31 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
32 Die Schmiede-Werkstatt 1952 6 (11), 204
33 Die Schmiede-Werkstatt 1951 5 (22), 7
34 Die Schmiede-Werkstatt 1951 5 (22), 7
35 Boessneck, von den Driesch 1990, 15
36-37 Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA
38 Anhang I HVV 1931, 22
39 Anhang I HVV 1937, 22
40 Jöchle, Stockklausner 1937, 49
41 Jöchle, Stockklausner 1937, 36
42 Bauer 1940, 86
43 Ruthe, Müller, Reinhard 1997, 82

312
44 Fontaine 1939, 3
45 Fontaine 1939, 332
46 Deutsche Dienststelle, Berlin, o. Sign.
47 Fotoarchiv Fachgebiet Geschichte der Veterinärmedizin und der
Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover
48 Fotoarchiv Fachgebiet Geschichte der Veterinärmedizin und der
Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover
49 TiHoA o. Sign.
50 Fotoarchiv Fachgebiet Geschichte der Veterinärmedizin und der
Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover
51 Boessneck 1972, 314
52 Vollmerhaus 1999, 13 (Demoll)
53 Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift 1939 55 (21),
338 (Ernst)
54 Beilage zu Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift
1966 79 (18) (Hilz)
55 Ehrenbuch der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Ehrensenatoren,
TiHoA (Niklas)
56 Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift 1964 77 (7),
133 (Grau)
57 Tierärztliche Rundschau 1934 40 (34), 602 (Nörr)
58 Tierärztliche Umschau 1956, 11 (3), 73 (Westhues)
59 Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift 1973 86 (15),
299 (Koch)
60 Mitteilungen der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht in Grub
1959 7 (1/2), 1 (Stockklausner)
61 Tierärztliche Umschau 1958 13 (10), 335 (Baier)
62 Tierärztliche Rundschau 1934 40 (37), 651(Seifried)
63 Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift 1960 73 (11),
220 (Sedlmeier)
64 Modifiziert nach: Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA (Mennel)
65 Modifiziert nach: Privatbesitz Wolfgang Jöchle, USA (Jöchle)
66 Beilage zu Berliner und Münchener tierärztliche Wochenschrift
1968 81 (18) (Stoß sen.)
67 Modifiziert nach: Deutsche tierärztliche Wochenschrift 1933 41
(42), 670 (Stoß jun.)

Danksagung
Zunächst möchte ich Herrn Professor Johann Schäffer für die Überlassung
des Themas und die hervorragende Betreuung des Promotionsvorhabens
danken.
Besonderer Dank gilt weiterhin allen Zeitzeugen. Wolfgang Jöchle,
Manfred Jöchle und Dorothea Dycke (geb. Jöchle) beantworteten stets
hilfsbereit und geduldig ständig neu aufkommende Fragen. Das
ausgezeichnete Detailwissen von Wolfgang Jöchle sowie das von Manfred
Jöchle zur Verfügung gestellte Fotomaterial waren eine große Hilfe.
Weitere Zeitzeugen vermittelten mir das Bild von Hans Jöchle in seinem
beruflichen Umfeld. In Erkheim, der Heimatstadt Hans Jöchles, wurde ich
freundlich empfangen und konnte dort viele nützliche Hinweise sammeln.
Elisabeth und Georg † Prestel stellten mir weiteres Bildmaterial zur
Verfügung. Dr. Michael Schimanski unterstützte die Arbeit mit konstruktiver
Kritik. Darüber hinaus möchte ich all denjenigen danken, die mir
Auskünfte im Bereich des Hufbeschlags und der Pferdezucht erteilten,
insbesondere Dr. Thomas Kratz für die Durchsicht des Kapitels über die
Hufbeschlagstheorien.
Des weiteren gilt mein Dank allen Archivaren für die Beratung zu den
Akten. Dr. Hans-Peter Remler ermöglichte mir die Einsicht der Akten der
Hufbeschlagschule München im Archiv des Bayerischen Haupt- und
Landgestüts Schwaiganger und Heinz Cichlar danke ich für die Auskünfte
über die Burschenschaft Apollo.
Meiner Mitdoktorandin Svantje Insenhöfer danke ich für den fachlichen
Austausch sowie die allzeit freundlich gewährte Unterkunft in Hannover
und Ricarda Maucher für die Gastfreundschaft während meiner Recherchearbeiten
in München.
Zum Schluss möchte ich meiner Mutter für die Beratung in historischen
Fragen danken und meinem Vater für die finanzielle Unterstützung sowie
für die Durchsicht des Manuskripts. Meiner Schwester Ulrike danke ich
herzlich für die Hilfestellung in sämtlichen Computerfragen. Besonderer
Dank gilt Oliver Jöchle für die moralische Unterstützung.