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Dialog und Partizipation:<br />
Die Soziale Diagnose als praxisbezogenes Modell der<br />
Bezirkssozialarbeit <strong>für</strong> <strong>die</strong> professionelle Problem- und<br />
Ressourcenanalyse am Beispiel der Praxis in den<br />
Sozialbürgerhäusern der Landeshauptstadt München<br />
Workshop im Rahmen des ASD - Bundeskongresses 2013 in<br />
München<br />
Skript<br />
zusammengestellt von<br />
Christine Maier, Sozialbürgerhaus Nord, München<br />
Veronika Sailer, Sozialbürgerhaus Berg am Laim / Trudering-Riem, München<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
1<br />
Dialog und Partizipation
Inhaltsverzeichnis<br />
Problem- und Ressourcenanalyse in der Sozialen Arbeit .................................................... 3<br />
Methodisches Professionswissen ........................................................................................ 3<br />
W-Fragen ............................................................................................................................. 4<br />
Dialog und Partizipation: Die Vervielfachung der W-Fragen ................................................ 5<br />
Aktenvermerk ...................................................................................................................... 6<br />
Die systemische Denkfigur .................................................................................................. 7<br />
Soziale Probleme ................................................................................................................. 8<br />
Auftrag der Sozialen Arbeit .................................................................................................. 8<br />
Menschliche Bedürfnisse (Obrecht) ..................................................................................... 9<br />
Literatur zur Sozialarbeitsdiagnose auf Grundlage des SPSA ........................................... 10<br />
„Diagnostizieren tun wir alle, nur nennen wir es anders.“<br />
Silvia Staub-Bernasconi<br />
„Eine Stigmatisierung der KlientInnen ist in der Sozialen Arbeit immer als Gefahr gegeben.<br />
Eine soziale Diagnose aus einem fachfremden Verständnis und aus verkürzter Sicht kann<br />
<strong>die</strong>se Gefahr zusätzlich erhöhen.“<br />
Manfred Neuffer<br />
„Beim hier vertretenen Ansatz ist der aktive Einbezug der Adressatinnen und Adressaten in<br />
hohem Maße vorausgesetzt.“<br />
Kaspar Geiser<br />
„Was <strong>die</strong> Soziale Arbeit benötigt, sind Formen der Verständigung über Bewertungsprozesse,<br />
deren Ergebnisse Aussagen über Problemlagen der BürgerInnen sind; dabei muss sie<br />
der Komplexität sozialer Probleme gerecht werden: Sie muss Rechte, Bedürfnisse und Bedarfe<br />
der Menschen adäquat beschreiben und deren Erfüllung einfordern oder doch z<strong>um</strong>indest<br />
Analysen der Nichterfüllung öffentlich machen. Für <strong>die</strong>se Analyse ist <strong>die</strong> (…) Teilhabe<br />
der Betroffenen Voraussetzung und gleichzeitig Ziel Sozialer Arbeit und muss daher<br />
im Diagnoseprozess berücksichtigt werden.“<br />
Silke Vlecken, Juliane Sagebiel<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
2<br />
Dialog und Partizipation
Problem- und Ressourcenanalyse in der Sozialen Arbeit<br />
Da<strong>für</strong> sind <strong>die</strong> W-Fragen nach Geiser (s.u.) grundlegendes Handlungswissen .<br />
Individuen als Mitglieder sozialer Systeme werden beschrieben und Beziehungen <strong>die</strong>ser Individuen<br />
in sozialen Systemen werden beschreiben. Da<strong>für</strong> ist <strong>die</strong> Systemische Denkfigur nach Staub-<br />
Bernasconi (s.u.) ein sehr hilfreiches Instr<strong>um</strong>ent.<br />
Anschließend werden aus den beschriebenen Fakten <strong>die</strong> soziale Probleme und darauf bezogene<br />
Ressourcen benannt, erklärt und begründet.<br />
Die Bewertung muss auf einer (berufs-)ethischen Grundlage beruhen.<br />
Methodisches Professionswissen<br />
Wissen<br />
über<br />
<strong>die</strong><br />
Dok<strong>um</strong>entation<br />
professionellen<br />
Handelns<br />
Wissen<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
professionelle<br />
Soziale Arbeit<br />
Wissen über das Erheben von Fakten aus dem Gegenstandsbereich der<br />
Sozialen Arbeit<br />
(systembezogenes oder ontologisches Wissen)<br />
Allgemeines normatives Wissen über das systematische<br />
Bearbeiten von Problemen<br />
W-Fragen und Wissensformen als ihre Antworten<br />
Berufsethisches Wissen in Bezug auf professionelles<br />
Handeln<br />
Wissen über Werte und Normen<br />
Wissen über andere Akteursysteme<br />
Wer ist noch involviert? Wer muss an der Problembearbeitung einbezogen<br />
werden?<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
3<br />
Dialog und Partizipation
W-Fragen<br />
W-Frage Fragestellung (Funktion) Wissensform<br />
WAS?<br />
(incl. Wer?<br />
Wann?<br />
Wo?)<br />
WOHER?<br />
WARUM?<br />
WOHIN1?<br />
WAS-IST-<br />
NICHT-<br />
GUT? WAS<br />
SOLLTE<br />
SEIN?<br />
WAS IST<br />
HILFREICH<br />
Was kann/muss der/<strong>die</strong> SozialarbeiterIn<br />
über <strong>die</strong> Situation zur Familie und ihren<br />
Mitgliedern und zur Melderin als „wesentlich“<br />
festhalten? (Systemische Denkfigur<br />
generiert Fragen)<br />
Wann trat das Problem erstmals auf bzw.<br />
wann hat sich <strong>die</strong> Situation in welcher<br />
Weise z<strong>um</strong> Problem entwickelt?<br />
Welche Lösungsversuche gab es bisher?<br />
Wie lässt sich <strong>die</strong> Situation, wie lassen<br />
sich allenfalls einzelne Probleme erklären?<br />
Angenommen, <strong>die</strong> Probleme bestehen<br />
und der/<strong>die</strong> SozialarbeiterIn tut nichts:<br />
Wie wird <strong>die</strong> Situation zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt „aussehen“?<br />
Was ist aufgrund des bis jetzt vorliegenden<br />
Wissensstandes problematisch, und<br />
in welcher Art – wie lässt es sich<br />
begründen?<br />
Beschreibung (Bild über <strong>die</strong> Situation)<br />
Problemgeschichte<br />
ggf. Hilfegeschichte (chronologisches<br />
Bild)<br />
Erklärung (Beschreibungs- und Erklärungstheorien<br />
–> integriertes<br />
Bild)<br />
Prognose1 (Zukunftsbild, wenn keine<br />
Intervention erfolgt)<br />
Bewertung (Problembestimmung)<br />
Als Zwischenschritt fasst der/<strong>die</strong> Sozialarbeiter/in <strong>die</strong> Problem- und Ressourcenbeschreibung<br />
zusammen und priorisiert sie –> Ausgangslage <strong>für</strong> Handlungsplan (WORAUFHIN?, WIE?<br />
und WOMIT?).<br />
WORAUF-<br />
HIN?<br />
(WAS-IST-<br />
GUT?)<br />
WIE? (inkl.<br />
WER?,<br />
WANN?<br />
WO?)<br />
WOMIT?<br />
WOHIN2?<br />
Welche Ziele erscheinen – mit Blick auf<br />
welche Werte – realistisch und können<br />
mit dem Klientsystem vereinbart werden?<br />
Mit welchem Verfahren können <strong>die</strong> Ziele<br />
am effektivsten und effizientesten erreicht<br />
werden?<br />
Welche externen Mittel sind erforderlich,<br />
<strong>um</strong> das Verfahren durchführen zu können?<br />
Mit welchen (unerwünschten) Nebeneffekten<br />
muss allenfalls gerechnet werden,<br />
wenn man den Plan realisiert?<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
4<br />
Dialog und Partizipation<br />
Ziele (Zukunftsbilder über den erwünschten<br />
zukünftigen<br />
Zustand/das Verhalten zu einem<br />
bestimmten Zeitpunkt; im Präsens<br />
oder im Perfekt formuliert)<br />
Verfahren/Methoden (Bild über das<br />
weitere Vorgehen)<br />
Mittel (Bild über <strong>die</strong> <strong>für</strong> das Verfahren<br />
erforderlichen Güter [ökonomische,<br />
personelle und symbolische])<br />
Prognose2 (Zukunftsbild unter Annahme<br />
der Realisierung des Handlungsplans:<br />
WORAUFHIN? WIE?<br />
WOMIT?)<br />
WELCHE? Verfahrensentscheidung in Bezug auf <strong>die</strong> Wahl der „richtigen“ Lösungsvariante<br />
Realisierung des Beratungsplans:<br />
Aktivitäten der im Beratungsplan aufgeführten Akteure<br />
Ergebniskontrolle: Vergleich zwischen dem (neuen) erreichten Bild und dem Ziel; allenfalls<br />
erneut Erklärungen (WARUM?) <strong>für</strong> Abweichungen (Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit,<br />
Wünschbarkeit) Selbstkontrolle Folgerungen?<br />
Nach Geiser „Die Problem- und Ressourcenanalyse in der<br />
Sozialen Arbeit“
Dialog und Partizipation: Die Vervielfachung der W-Fragen<br />
Sie ergibt sich aus<br />
• Antworten des Klienten auf alle W-Fragen,<br />
• Antworten Dritter auf alle W-Fragen<br />
• Beobachtungen, Feststellungen des/der Sozialpädagogen/in selbst.<br />
Die Antworten auf alle W-Fragen durch Beteiligte oder Dritte fließen in <strong>die</strong> Beschreibung der Situation<br />
ein.<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
5<br />
Dialog und Partizipation
Aktenvermerk<br />
(Nicht zu jedem Punkt sind Angaben zwingend > Erforderlichkeit <strong>für</strong> Aufgabenerfüllung und Nachvollziehbarkeit <strong>für</strong> Lesende beachten!)<br />
Name, Vorname (Geb.-Dat.):<br />
Adresse (Tel.-Nr.):<br />
Setting<br />
Nr.<br />
Art des Kontakt-<br />
(versuch)s<br />
Dat<strong>um</strong> Ort Teilnehmer/innen<br />
(inkl. Rolle/ Funktion, ggf. Tel.-Nr.)<br />
Besonderheiten<br />
Zu bearbeitende Problembereiche<br />
Beschreibung<br />
Wesentliche Gesprächsinhalte und ggf. Beobachtungen der Fachkraft (Was? Woher?)<br />
Fachliche Einschätzung<br />
Prognose (Wohin?) - Erklärung (War<strong>um</strong>?) - Bewertung (Was ist (nicht) gut?)<br />
<strong>Verein</strong>barungen<br />
Ziele (Woraufhin?)<br />
Handlungsschritte (Wie? Womit?)<br />
Offene Fragen und Überlegungen der Fachkraft bzgl. der weiteren Fallbearbeitung<br />
Wiedervorlage:<br />
__________________<br />
Unterschrift Fachkraft<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
6<br />
Dialog und Partizipation
Die systemische Denkfigur<br />
Individuelle Ausstattung<br />
Macht- und Austauschbeziehung<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
7<br />
Dialog und Partizipation
Soziale Probleme<br />
Soziale Probleme sind praktische Probleme eines Individu<strong>um</strong>s in Bezug auf seine soziale<br />
Einbettung hinsichtlich seiner Position im sozialen Gefüge und seiner Interaktion mit<br />
anderen.<br />
Interaktionsprobleme<br />
• soziale Isolation, Ausschluss<br />
• fehlende Mitgliedschaften<br />
• Diskriminierung , Ausgrenzung<br />
• Tauschprobleme<br />
• Kommunikationsprobleme<br />
• belastende, da nicht beeinflussbare Pflichtbeziehungen<br />
Positions-/Statusprobleme<br />
• Machtlosigkeit i.S. fehlender Ressourcen<br />
• versagte soziale Anerkennung, tiefer Status<br />
• Mangel an sozial relevanten Funktionen<br />
• Fremdbestimmung, mangelnder Einfluss<br />
• soziale Deklassierung<br />
Soziale Probleme sind konkret (werden von Individuen erlebt, nicht von der Gesellschaft<br />
konstruiert!) sie bestehen unabhängig davon, ob sie den Betroffenen oder der Sozialpolitik<br />
bewusst sind.<br />
Soziale Probleme stehen in Wechselwirkung mit Problemen anderer Problemklassen<br />
(z.B. psychisch oder gesundheitlich).<br />
Auftrag der Sozialen Arbeit<br />
• Existenzsicherung<br />
• Soziale Integration zu ermöglichen, zu sichern und zu unterstützen (Teilhabe und<br />
Teilgabe an der Gesellschaft), also Mitgliedschaften und Beziehungen zu ermöglichen, zu<br />
unterstützen, neu zu organisieren oder auch aufzulösen<br />
• Artikulation von Bedürfnissen der AdressatInnen Sozialer Arbeit (sozialpolitische,<br />
bewusstseinsbildende Arbeit)<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
8<br />
Dialog und Partizipation
Menschliche Bedürfnisse (Obrecht)<br />
Bedürfnisse sind Zustände / Prozesse des Menschen, <strong>die</strong> als Ungleichgewicht / Spannung<br />
erlebt werden.<br />
Werte (Soll-Zustände) sind nicht erfüllt.<br />
Es gibt verschiedene Klassen von Bedürfnissen:<br />
• biologische Bedürfnisse, weil der Mensch ein Organismus ist<br />
• biopsychische Bedürfnisse, weil der Mensch ein Organismus mit einem komplexen<br />
Nervensystem ist<br />
• biopsychosoziale Bedürfnisse, weil der Mensch (zu seiner Bedürfnisbefriedigung)<br />
auf <strong>die</strong> Gemeinschaft angewiesen ist<br />
Eigenschaften von Bedürfnissen<br />
• Verschiedene Bedürfnisse existieren gleichzeitig<br />
• Bedürfnisse sind unterschiedlich elastisch<br />
• Bedürfnisse sind unabhängig vom Bewusstsein<br />
• Bedürfnisse gelten generell <strong>für</strong> alle Menschen<br />
Die Nichterfüllung von Bedürfnissen führt letztendlich<br />
z<strong>um</strong> Kollaps des Individu<strong>um</strong>s oder<br />
z<strong>um</strong> Abbruch einer Abstammungslinie / Aussterben der Population.<br />
Kurz- oder mittelfristig führt sie zu<br />
• Erkrankungen<br />
• Dissozialem Verhalten<br />
Bedürfnisregulierung und Soziale Arbeit<br />
Soziale Arbeit muss klären, was durch wen zu tun ist, <strong>um</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Menschen <strong>die</strong> biologischen,<br />
biopsychischen, biopsychosozialen Werte zu gewährleisten.<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
9<br />
Dialog und Partizipation
Literatur zur Sozialarbeitsdiagnose auf Grundlage des SPSA<br />
Arnegger, Manuel (2005). Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession in der diagnostischen<br />
Praxis, in: Neue Praxis 6/2005, S. 682 – 694<br />
Borrmann, Stefan (2006), Vom Anspruch der wissenschaftlichen Begründung sozialarbeiterischen<br />
Handelns zur Umsetzung in <strong>die</strong> Praxis. in: SCHMOCKER, Beat (Hrsg.), (2006), Liebe, Macht und<br />
Erkenntnis, Silvia Staub-Bernasconi und das Spannungsfeld der Sozialen Arbeit, Freiburg im<br />
Breisgau, S. 161 – 173<br />
Bunge, Mario / Mahner, Martin (2004). Über <strong>die</strong> Natur der Dinge. Stuttgart<br />
Geiser, Kaspar (2004). Problem- und Ressourcenanalyse in der Sozialen Arbeit, Luzern, 2. überarbeitete<br />
Auflage<br />
Obrecht, Werner, (1999). Umrisse einer biospychosozialen Theorie menschlicher Bedürfnisse,<br />
Wirtschaftsuniversität Wien, Interdisziplinärer Universitätsstu<strong>die</strong>ngang <strong>für</strong> Sozialwirtschaft, Management<br />
und Organisation Sozialer Dienste, Skript zur gleichnamigen Lehrveranstaltung, Fassung<br />
vom 18.03.1998, Druck 13.04.1999<br />
Obrecht, Werner (2002). Umrisse einer biopsychosoziokulturellen Theorie sozialer Probleme. ein<br />
Beispiel einer transdisziplinär integrativen Theorie. Überarbeitete Textversion eines Referates, gehalten<br />
auf der Fachtagung “Themen der Sozialwissenschaft und ihre transdisziplinäre Verknüpfung“<br />
am 05.03.2002 an der Hochschule <strong>für</strong> Soziale Arbeit Zürich, Druck 04.02.2004<br />
Staub-Bernasconi, Silvia (2003). Diagnostizieren tun wir alle, nur nennen wir es anders. In: Widersprüche,<br />
Heft 88, Juni 2003, S. 33-40<br />
Staub-Bernasconi, Silvia (2007). Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft, Bern – Stuttgart –<br />
Wien<br />
Vlecken, Silke / Sagebiel, Juliane (2005). Soziale Arbeit m(M)acht Diagnose. In: Engelfried, Constanze<br />
(Hrsg.) (2005). Soziale Organisationen im Wandel, Frankfurt, S. 219-248<br />
ASD-Bundeskongress 2013<br />
10<br />
Dialog und Partizipation