Das Magazin 2/2013 - Evangelische Heimstiftung
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Titel<br />
Hausgemeinschaften<br />
Die meisten Menschen möchten ihren Lebensabend zu Hause verbringen.<br />
Immer mehr Ältere jedoch bedürfen der Pflege, zu Hause durch<br />
einen Pflegedienst oder in einem stationären Pflegeheim. <strong>Das</strong> Modell<br />
der Hausgemeinschaften will mit wohnlicher Atmosphäre und kleinen<br />
Gruppen eine Alternative zum klassischen Pflegeheim bieten. Lassen<br />
sich die hohen Erwartungen, die an das Hausgemeinschaftskonzept<br />
gestellt werden, in der Praxis erfüllen?<br />
Manfred Schall<br />
– das Modell für die Zukunft in der Altenpflege?<br />
Manfred Schall, Referent Altenhilfe,<br />
Diakonisches Werk Württemberg<br />
Mein<br />
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Einrichtungen<br />
auch im Bereich der Diakonie, die Hausgemeinschaftskonzepte<br />
umgesetzt haben. Nach<br />
den Erfahrungen aus diesen Einrichtungen wird<br />
deutlich, dass es erheblich einfacher ist, Hausgemeinschaften<br />
in einer neuen Einrichtung zu realisieren<br />
als ein bestehendes klassisches Pflegeheim<br />
umzustrukturieren. Wesentlich für den Erfolg des<br />
Hausgemeinschaftskonzeptes scheint zu sein, ob das<br />
Modell in der Praxis konsequent umgesetzt wird.<br />
Es gibt derzeit zwar kaum wissenschaftliche Untersuchungen<br />
zu den Wirkungen der Hausgemeinschaften<br />
auf die Bewohnerinnen und Bewohner.<br />
Erste Erfahrungen und auch eine Evaluationsstudie<br />
aus einer Einrichtung des Wohlfahrtswerks<br />
zeigen aber, dass sich unter dem Hausgemeinschaftsmodell<br />
die Aufenthaltsdauer der Bewohner<br />
in den Allgemeinräumen erhöht, dass Stresssituationen<br />
besser bewältigt werden können und insgesamt<br />
das Wohlbefinden der Bewohner steigt.<br />
Die Kontakte in den Kleingruppen sind intensiver,<br />
so dass positive Ereignisse, die Mitbewohner erleben,<br />
geteilt werden, aber eben auch Trauer und<br />
Frust. Angehörige lassen sich leichter in den Tagesablauf<br />
integrieren. Sie tragen in der Regel gerne<br />
mit eigenen Beiträgen bei Festen, beim Essen und<br />
anderen Aktivitäten zu einer gelingenden Gemeinschaft<br />
bei. Die Nachfrage nach Plätzen in Hausgemeinschaften<br />
ist – so die Erfahrung von Betreibern<br />
– höher als im klassischen Pflegeheim.<br />
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das<br />
Hausgemeinschaftskonzept eine Herausforderung.<br />
Für Pflegemitarbeitende scheint die neue Rolle der<br />
Pflege, die das Feld der Betreuung nun ganz den<br />
Präsenzkräften überlässt, allerdings oft nicht einfach<br />
zu sein. Hauswirtschaftsmitarbeiterinnen,<br />
die bislang fernab von den Bewohnern in einer<br />
zentralen Küche gearbeitet haben, kommen nun in<br />
direkten Kontakt mit den Bewohnern. Viele Mitarbeitende<br />
entdecken dabei neue Fähigkeiten an<br />
sich, aber nicht alle Mitarbeitenden kommen mit<br />
den veränderten Rollen klar. Es gibt Hinweise, dass<br />
die psychische Belastung von Mitarbeitenden mit<br />
der Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
mit ihrer eigenen Einrichtung korreliert.<br />
Wohn-Versorgungsformen wie Hausgemeinschaften<br />
führen, nach den bisherigen Erfahrungen zu urteilen,<br />
zu einer größeren Identifikation mit der<br />
Einrichtung. Sie reduzieren damit auch die kritische<br />
Belastung bei Mitarbeitenden.<br />
Insgesamt ist bei stationären Pflegeeinrichtungen<br />
ein Trend zur kleinräumigen Versorgung zu erkennen.<br />
Hausgemeinschaften sind da sicher eine<br />
Variante neben anderen Konzepten mit kleinen<br />
Wohngruppen. Gleichzeitig steigt die Zahl der sehr<br />
schwer pflegebedürftigen Menschen und damit<br />
der Bedarf an hochprofessioneller Palliativversorgung.<br />
Hinzu kommen vermehrt Menschen wie<br />
Wachkoma-, Beatmungspatienten oder jüngere<br />
Pflegebedürftige, für die das klassische Pflegeheim<br />
nicht geeignet, eine andere Versorgungsstruktur<br />
aber nicht vorhanden ist. Auch mit Bewohnern, die<br />
unter einer sehr schweren Demenz leiden oder<br />
problema tisches Verhalten zeigen, ist die Hausgemeinschaft<br />
eher überfordert.<br />
<strong>Das</strong> Hausgemeinschaftskonzept wird aus meiner<br />
Sicht daher nicht das einzige Modell für die Altenpflege<br />
der Zukunft sein können. Sie haben aber<br />
sicher das Potential, das herkömmliche Pflegeheim<br />
teilweise abzulösen. Voraussetzung wäre aber eine<br />
14 „Aus der <strong>Heimstiftung</strong>“ 2/<strong>2013</strong>