PDF Downloaden - Institut für Journalistik und ...
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MUSIK UND EROTIK<br />
OHRALVERKEHR FÜR UNENTSCHLOSSENE<br />
Interaktive Web-Ratgeber à la „Sag<br />
mir, was du im Kühlschrank hast,<br />
<strong>und</strong> ich sag dir, wie du es zusammenpanschst“<br />
übernehmen geräuschlos<br />
die Herrschaft über eine ganze Generation.<br />
Wer streng kommunikatös erzogen<br />
ist, trifft Entscheidungen eben<br />
nicht gern selbst. Gott sei Dank fehlt<br />
es den modernen Hypervernetzten an<br />
nichts: Das mobile Multimediagerät<br />
analysiert per Tastendruck „Seid ihr<br />
füreinander bestimmt?“ – was selbst<br />
im schlimmsten Fall einen echten Entscheidungsdelegaten<br />
nicht aus den<br />
Socken haut. Bleibt ja schließlich noch<br />
App-2.0: „Scanne deine Umgebung<br />
<strong>und</strong> finde den perfekten Partner!“<br />
Ein paar Meinungslose jedoch<br />
vermochte bis jetzt kein kompetenter<br />
Elektronikdienst anzuleiten: die armen<br />
Jäger der wirklich wirkungsvollen erotisierenden<br />
Musik, die sich in Abermillionen<br />
Internetforen die Seele aus dem Leib<br />
posten. „Hilfe! Ich will es mit Musik zum<br />
Sex versuchen, aber ich weiß einfach<br />
nicht welche! Hört ihr denn dabei Musik?<br />
Welche Lieder passen denn so richtig<br />
gut???“, schreibt Sehnsucht66 mit spürbarer<br />
Verzweiflung. Durchaus eine enorme<br />
Anforderung ans eigene Urteilsvermögen.<br />
Wie viel leichter wäre es da mit<br />
dem Sex-So<strong>und</strong>track im Samba-Sparabo!<br />
Wir senden dir deinen ganz persönlichen<br />
Song für extra heiße St<strong>und</strong>en! In Echt!<br />
Da springt Capricornboy mit f<strong>und</strong>ierter<br />
Fachkenntnis in den Ring: „ES MUSS<br />
KNALLEN!“ gibt er allgemein k<strong>und</strong>, sein<br />
Profilbild ein Bandfoto von Rammstein.<br />
Da drängt sich doch folgende Strophe<br />
der deutschen Brachialrocker förmlich<br />
auf:<br />
„Schönes Fräulein, Lust auf mehr?<br />
Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr!<br />
Schnaps im Kopf, du holde Braut, steck<br />
Bratwurst in dein Sauerkraut!“<br />
Womit dann auch gleich die Kochfrage<br />
geklärt wäre.<br />
Anne Kleinfeld<br />
DIE<br />
EWIGE<br />
PAUSE<br />
HISTORISCHES UND<br />
KURIOSES ZUR<br />
TRAUERMUSIK<br />
Bereits in der frühesten Menschheitsgeschichte<br />
finden sich auf Kultgegenständen<br />
oder in Felszeichnungen Hinweise<br />
auf die Auseinandersetzung mit dem Tod.<br />
Ob diese klingende Gestalt besaß, lässt<br />
sich nicht eindeutig belegen. In einer der<br />
ersten überlieferten Quellen zur Musikkultur<br />
– dem Orpheusmythos der Antike<br />
– spielt die Macht der Musik dann allerdings<br />
eine besondere Rolle. Orpheus’ Gesang<br />
bewegt die Gestalten der Unterwelt<br />
zutiefst <strong>und</strong> ist gleichzeitig ein Abbild des<br />
Wesens der Musik im griechischen Denken.<br />
Er bannt Lebendes <strong>und</strong> Totes mit<br />
seinem Klang: Musik, um das Ruhelose<br />
festzuhalten, um im Erklingen Ordnung in<br />
die aufgewühlten Seelen zu bringen. Ähnlich<br />
wird dies auch heutzutage von Musikwissenschaftlern<br />
interpretiert, wenn es<br />
darum geht, zu beschreiben, was Musik<br />
zur Bestattung leisten kann.<br />
Wie keine andere Kunstform erreicht<br />
uns Musik in einer Trauerphase ganz<br />
unmittelbar <strong>und</strong> löst unwillkürlich körperliche<br />
<strong>und</strong> seelische Reaktionen aus.<br />
Heiner Gembris, Professor für empirische<br />
<strong>und</strong> psychologische Musikpädagogik an<br />
der Universität Paderborn, beschäftigt<br />
sich mit Wirkungen, die Musik hervorrufen<br />
kann. Über Trauermusik hat er sich im<br />
Essay „Die Musik am Grab“ Gedanken gemacht:<br />
„Sie wirkt auf unsere Psyche, unser<br />
Innerstes ein <strong>und</strong> ist somit in der Lage,<br />
Trost zu spenden. Emotionen macht sie<br />
für viele ertragbar, erlebbar <strong>und</strong> teilbar.“<br />
Was als „Trauermusik“ angesehen wird,<br />
entscheidet jeder für sich selbst. Prinzipiell<br />
kann das jede Musik sein, ob Klassik<br />
oder Pop, ob festlich getragen oder eher<br />
keck. Es kommt vor allem auf die bisherigen<br />
musikalischen Erfahrungen im Leben<br />
an. Viele Menschen haben Vorlieben für<br />
bestimmte Stilrichtungen oder verbinden<br />
außergewöhnliche Erinnerungen mit einem<br />
speziellen Stück. Für manche ist es<br />
beispielsweise Popmusik, die tröstet <strong>und</strong><br />
zur Beerdigung erklingen soll. Einen regelrechten<br />
Widerwillen gegen „klassische“<br />
Musik hegt der englische Popliterat Nick<br />
Hornby: „Ich mag sie nicht (…), weil sie<br />
so weihevoll klingt (…), weil ich damit auf-<br />
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