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KLOSTERMUSIK<br />

DER KLANG<br />

DER STILLE<br />

EIN ABEND<br />

IM KLOSTER LÜNE<br />

Ist es überhaupt sinnvoll, ein Wort<br />

über die Stille zu verlieren? Ist Stille nicht<br />

das genaue Gegenteil dessen, worüber<br />

man in einem Heft zum Thema „Musik<br />

<strong>und</strong> Körper“ schreiben sollte? Stille <strong>und</strong><br />

Musik müssen nicht zwangsläufig unvereinbar<br />

sein. Das hat man schon nach den<br />

ruhigen Begrüßungsworten von Karsten<br />

Köppen verinnerlicht – die ersten zarten<br />

Töne seiner Barockgitarre dringen ans<br />

Ohr. Die Anwesenden sollen einsteigen,<br />

sollen sich einlassen auf die Wechselwirkung<br />

aus Gesang <strong>und</strong> Ruhe. Ein Choral<br />

wird gemeinsam angestimmt. Langsam<br />

wird die Gruppe text- <strong>und</strong> melodiesicherer.<br />

Doch was sie an diesem von jeglicher<br />

Hektik entrückten Freitagabend erlebt,<br />

ist weder eine Gesangsst<strong>und</strong>e noch ein<br />

reiner Gottesdienst.<br />

Zusammen mit seiner Frau Hannah<br />

organisiert Karsten Köppen schon seit<br />

zehn Jahren „Stilleabende“ für größere<br />

<strong>und</strong> kleinere Gruppen: Eine Mischung aus<br />

besinnlich vorgetragenen Andachtstexten,<br />

gemeinsamem Singen, instrumentellen<br />

Darbietungen, pilgerndem Schreiten<br />

durch den Kreuzgang <strong>und</strong> nicht zuletzt –<br />

Schweigen. Es geht vor allem darum, zu<br />

sich selbst zu finden, Abstand zu gewinnen<br />

vom Alltag <strong>und</strong> vielleicht auch zu erkennen,<br />

was wirklich wichtig ist im Leben.<br />

Es ist ein Abend der Entschleunigung. Die<br />

Musik dient dabei als Impulsgeberin, als<br />

Begleiterin auf dem Weg des Innehaltens<br />

<strong>und</strong> Loslassens. „Das Spektrum der<br />

Besucher ist sehr vielfältig“, sagt Hannah<br />

Köppen. „Vom gestressten Pastor<br />

bis zum Ruhe suchenden Manager sind<br />

schon viele dabei gewesen.“ Welcher Ort<br />

würde sich da besser eignen als das geschichtsträchtige,<br />

ehemalige Bendektinerinnenkloster<br />

in Lüneburg?<br />

An diesem Abend finden aber vor allem<br />

Frauen den Weg hierher. Sie stellen<br />

die Mehrheit der etwa 15-köpfigen R<strong>und</strong>e,<br />

die sich einige St<strong>und</strong>en Auszeit vom<br />

Alltäglichen nimmt. Nur zwei Tage sind<br />

es noch bis Pfingsten, <strong>und</strong> im backsteinfarbenen<br />

mittelalterlichen Saal warten<br />

zumeist mittlere <strong>und</strong> ältere Jahrgänge,<br />

auf Stühlen im Halbkreis sitzend. Schon<br />

zu Beginn blicken zahlreiche Augen in die<br />

Mitte des Stuhlkreises, in dem in einer<br />

unglasierten, erdfarbenen Keramikschale<br />

eine gelbe Kerze ihr Licht aussendet.<br />

Freudige Erwartung in den Gesichtern<br />

mischt sich mit leisem Gemurmel.<br />

Die Musik unterstützt beim Begreifen,<br />

Emotionalisieren <strong>und</strong> Spiritualisieren. Sie<br />

verbindet die Ruhepole aus Schweigen,<br />

Lesung <strong>und</strong> Pilgern, die über den Abend<br />

verteilt sind. Wie im wahrhaftigen Klosterleben<br />

soll das Schweigen ein Bestandteil<br />

des Lebens sein. Und so schweigt die<br />

Gruppe minutenlang: Kein bedrückendes,<br />

sondern ein sinnierendes, Kraft gebendes<br />

Schweigen steht im Raum. Hannah<br />

Köppen lädt in ihren Andachtstexten<br />

dazu ein, die Reichhaltigkeit der Welt<br />

in eher wenigen, schlichten Dingen zu<br />

erkennen. Eins mit den geäußerten Gedanken,<br />

ihre Zettel lose auf den Knien,<br />

verleiht sie den Texten in einer pastoralen<br />

Satzmelodik sinnliche Tiefe. Es hat etwas<br />

angenehm Beruhigendes, wenn sie<br />

spricht. Sie selbst scheint sich physisch<br />

bewusst zurückzunehmen, macht sich<br />

klein auf dem Stuhl, <strong>und</strong> ihre Hände umklammern<br />

fest die Enden der Sitzfläche,<br />

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