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Münchner Lehrerzeitung - BLLV

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FG EG / m/t<br />

Hauptreferat der Fachtagung von Udo Rödel<br />

Ästhetische Bildung<br />

Der Kern ästhetischer Bildung sind<br />

ästhetische Erfahrungen. Ästhetische<br />

Erfahrungen lassen sich sowohl<br />

rezeptiv als auch produktiv machen,<br />

d. h. sowohl in der Wahrnehmung<br />

gestalteter Objekte und ästhetischer<br />

Phänomene als auch im eigenen<br />

Gestalten, sei es bildnerisch, musikalisch,<br />

dichterisch oder darstellerisch.<br />

Ästhetische Erfahrung bezieht sich<br />

somit nicht auf Kunsterfahrung,<br />

sondern ist ein Modus, die Welt und<br />

sich im Verhältnis zur Welt und der<br />

Sicht der Anderen auf die Welt ständig<br />

kritisch zu beobachten und zu<br />

beurteilen.<br />

Ästhetische Bildung eröffnet den Menschen<br />

neue Erlebniswelten, insbesonders<br />

Kinder und Jugendliche profitieren<br />

in ihrer persönlichen Entwicklung von<br />

einer intensiven und vielfältigen Auseinandersetzung<br />

mit „Kunst und Gestaltung“,<br />

und ruft bei Ihnen neue Assoziationen<br />

hervor.<br />

Viele Kinder aus sozial benachteiligten<br />

Elternhäusern könnten mittels ästhetischer<br />

Wahrnehmungsprozesse sensibilisiert<br />

werden und für diese jungen Menschen<br />

würde dies eine wertvolle Ergänzung<br />

zum regulären Unterricht bedeuten<br />

und sie in ihrem Selbstwertgefühl stärken<br />

... Dies alles weckt bei Ihnen Neugier<br />

und ermutigt sie, Neuland zu betreten<br />

und Neuentdeckungen zu probieren...<br />

(1)<br />

Wieso ist nun künstlerische und<br />

kulturelle Bildung so wichtig für die<br />

soziale und kognitive Entwicklung<br />

für Kinder und Jugendliche?<br />

Ein zentrales Feld der Bildung ist die<br />

Entwicklung der Sinne und der Empfindungs-<br />

und Erkenntnisfähigkeit des<br />

Menschen. Damit ist sowohl die Ausbildung<br />

und Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit<br />

umrissen als auch<br />

die Aisthesis, eine eigene Form der<br />

Erkenntnis der Welt. Eben diese ganzheitliche<br />

Betrachtungsweise der Außenund<br />

Innenwelt geschieht produktiv und<br />

reflexiv, es bilden sich eben daraus die<br />

ästhetischen Erfahrungen als Kern<br />

Ästhetischer Bildung. (2)<br />

Ästhetische Erfahrungen sind<br />

somit ein Wert an sich.<br />

„Ästhetische Erfahrung bezieht sich<br />

nicht nur auf Kunsterfahrung, sondern<br />

ist Modus, Welt und sich selbst<br />

im Verhältnis zur Welt und zur Weltsicht<br />

anderer zu erfahren.“<br />

Das Bewusstwerden der sinnlichen<br />

Wahrnehmung und der Sinnsuche im<br />

Erfahrenen durch Erkunden, Auslegen,<br />

Deuten gilt es mit anderen Empfindungen<br />

und Wahrnehmungen zu verknüpfen,<br />

in Beziehung zu setzen und zu<br />

differenzieren.<br />

Die Aufgabe des Lehrenden<br />

in dieser Art von Bildung,<br />

ist es, eine begleitende, eine helfende,<br />

eine vertiefende Unterstützung zu<br />

geben, eben durch diese reflexiv-kritische<br />

Begleitung der Lehrkraft werden<br />

individuelle Lernprozesse gefordert und<br />

gefördert. Die Förderung der Wahrnehmungs-<br />

und Gestaltungsfähigkeiten der<br />

Schüler sind in den Inhaltsfeldern unserer<br />

Fächer immanent vorhanden, wir<br />

müssen sie nur formulieren. Eine enge<br />

fachliche Kooperation der einzelnen<br />

Lehrkräfte ergibt sich als organisatorische<br />

wie unterrichtliche Forderung. (3)<br />

Das sinnstiftende Lernen, das das<br />

Individuum stärkt, seine Persönlichkeit<br />

durch die Förderung des Verständnisses<br />

für die vielfältigen Kommunikations- und<br />

Interaktionsprozesse bildet, ist unabdingbare<br />

Voraussetzung für die Erfüllung<br />

unseres künftigen Bildungsauftrages. (4)<br />

Warum und wozu?<br />

Die allgemeine Bildungspolitik ignoriert<br />

weitgehend die musisch-technischen Fächer,<br />

man hält sie einfach für zu unbedeutend<br />

für die Gesamtentwicklung des<br />

Menschen, dies führte dazu, Programme<br />

jeglicher Art zu entwickeln, aber keine<br />

großflächigen Programme für eben diese<br />

ästhetische Bildung, die für die Ausbildung<br />

beider Gehirnhälften und ihrer<br />

ständigen Vernetzung notwendig wären.<br />

Viele Analysen der letzten Jahrzehnte<br />

zeigten, dass gute Programme in der<br />

Ästhetischen Bildung zur Verbesserung<br />

der Leistung in den akademischen, den<br />

kognitiven Fächern führten … und sich<br />

somit positiv auf anderen Aspekte des<br />

Lernens auswirkten.<br />

Musische Bildung steigert Kooperationsfähigkeit,<br />

Respekt, Verantwortungsgefühl,<br />

Toleranz und<br />

Wertschätzung und wirkt sich somit<br />

positiv auf die Entwicklung<br />

sozialen und kulturellen Verständnisses<br />

aus.<br />

Zu ähnlichen Schlüssen kommt eine<br />

Enquete-Kommission des Deutschen<br />

Bundestages: „Zahlreiche wissenschaftliche<br />

Forschungen der Neurobiologie,<br />

der Psychologie und Pädagogik haben<br />

schon in den 1980er-Jahren nachgewiesen,<br />

dass die passive wie aktive Beschäftigung<br />

mit Musik, bildender Kunst,<br />

Tanz und weiteren musischen Tätigkeiten<br />

zu einer höheren Strukturierung des<br />

Gehirns und damit zu einer differenzier-<br />

26 <strong>Münchner</strong> <strong>Lehrerzeitung</strong> Dezember/2013

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