BQN Arbeitspapier 12
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Aspekte der ökonomischen und sozialen Entwicklung in der Emscher-Lippe-Region<br />
Diese Ausrichtung der Konzerne auf die Konzentration auf die Kerngeschäftsfelder sowie die damit<br />
verbundene Konsequenz, zahlreiche Geschäftsfelder und Zweige zu verkaufen oder zu schließen,<br />
brachte und bringt die Standortkommunen und -regionen in immer größere wirtschaftliche<br />
Schwierigkeiten. Bei jeder Krise bzw. Umstrukturierung dieser Konzerne wird die Abhängigkeit der<br />
Städte von „ihren“ Großunternehmen immer wieder schlagartig deutlich. (ebd.)<br />
Dabei führt die Konzentration auf das Kerngeschäft bei den Konzernen teilweise schon zu oligopolistischen<br />
Preiskontrollen des Marktes. Hier lohnt sich sicherlich ein genauerer Blick auf die<br />
Geschäftsgebaren der Energie-/Strom- und Stahlkonzerne. Folgende Verhaltensweisen lassen bei<br />
einigen Konzernen zwecks Steigerung der Shareholder-Renditen beobachten:<br />
Im ersten Schritt bildet der Konzern eine Holding, um anschließend einzelne selbstständige<br />
Geschäftsbereiche zu errichten. Im zweiten Schritt erfolgt die Aufspaltung der Kernkompetenzen<br />
in einzelne Aktiengesellschaften, um einen Gründergewinn zu realisieren. Anschließend wird das<br />
„Fusionskarussel“ beschleunigt. Im dritten Schritt erfolgt dann die Aufspaltung bzw. Zerschlagung<br />
von (defizitären) Unternehmen, um „feindliche Übernahmen“ zu verhindern. Übrig bleibt ein<br />
schlanker Konzern, welcher trotz Umsatzsteigerung und überdurchschnittlicher Gewinne „mit<br />
großem Bedauern mitteilen muss, dass leider bundesweit noch einige tausend Arbeitsplätze sozialverträglich<br />
abgebaut werden müssen“! Die sklerotischen Milieus der Konzernfürsten als gut<br />
organisierte Verhinderungsallianzen praktizieren ungehindert durch die regionale Kommunalpolitik<br />
marktradikale Lösungen und verlagern ohne erkennbaren politischen Widerstand damit Ausgaben<br />
in Richtung Sozialversicherung und kommunale Sozialausgaben. (ebd.)<br />
Die politischen Parteien betreiben gleichzeitig eine Inzuchtdiskussion, wie auch die Wirtschaftswissenschaften<br />
und die Kirchen. Sie diskutieren alle Möglichkeiten innerhalb des derzeitigen ökonomischen<br />
Systems, das aber als solches falsch ist. Deswegen kommt man zu keinem positiven<br />
Ergebnis. In der Praxis sind Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt Siegesmeldungen an der Börse:<br />
ein ziemlich perverses System, das von den Neoliberalen auch noch beklatscht wird. Die soziale<br />
Marktwirtschaft kannte aber den geordneten Wettbewerb. Wir haben in der Weltwirtschaft keine<br />
Ordnung mehr, sie ist vielmehr eine Welt der Anarchie. Es gibt keine Gesetze, keine Regeln, keine<br />
sozialen Übereinkünfte. (...)Man muss erkennen, dass der pure Kapitalismus genauso falsch ist wie<br />
der Kommunismus. (H. Geißler)<br />
Wo bleiben aber die Wettbewerbsregeln und sozialen und ökologischen Standards - zumindest in<br />
der EU? Lohndumping ist doch nicht die Lösung der Probleme. Große Konzerne wie E.on oder<br />
Telekom machen Milliarden Gewinne, treiben die Kapitalrendite nach oben. Und anstatt in<br />
Forschung, Innovation und neue Technologien zu investieren, werden Zehntausende Menschen entlassen<br />
und dem so verachteten Sozialstaat buchstäblich vor die Tür gekippt. Ist das in Ordnung?<br />
Genauso indiskutabel ist, dass Hedgefonds, wie etwa die Texas Pacific Company, eine kerngesunde<br />
Firma wie Grohe hoch spekulativ mit Krediten aufkaufen, mehr als tausend Mitarbeiter feuert<br />
und die Firma im Ganzen oder in Teilen mit Gewinn wiederverkaufen kann. Das ist nicht zu akzeptieren.<br />
(ebd.)<br />
Wirtschaft und Kapital sind ein Teil der Res publica und haben den Menschen zu dienen und nicht<br />
sie zu beherrschen. Warum sollen etwa Spekulanten, Fondsvertreter, die nur in Quartalsabschnitten<br />
denken und innerhalb von drei Monaten nur Rendite erzielen wollen und am<br />
Unternehmen selber überhaupt kein Interesse haben, auf der Aktionärsversammlung ein<br />
Stimmrecht haben? Es geht um das langfristige Interesse, dass der Betrieb auch in fünf Jahren<br />
noch etwas wert ist. Das hat der Spekulant nicht. Die politischen Parteien befinden sich im<br />
Schlepptau eines von den wirtschaftswissenschaftlichen Instituten angeführten Meinungskartells.<br />
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