BQN Arbeitspapier 12
BQN Arbeitspapier 12
BQN Arbeitspapier 12
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Aspekte der ökonomischen und sozialen Entwicklung in der Emscher-Lippe-Region<br />
Die (Regional-)Politik mit ihrer für sich in Anspruch genommenen Richtlinienkompetenz ist lediglich<br />
nur in der Lage, Problemniveaus zu beeinflussen. Diskussionsgegenstände der regionalen politischen<br />
Auseinandersetzungen können hauptsächlich also das „tolerierbare“ Niveau von<br />
Arbeitslosigkeit und den damit verbundenen Einkommensunterschieden, die regionalen<br />
Ungleichheiten (Disparitäten) und die Frage nach den wirksamsten Instrumenten sein. (ebd.)<br />
Bezüglich der heftigen Diskussionen im Zusammenhang mit der Bedeutung des Sozialstaatsgebots<br />
(Art. 20 GG) gilt es in Erinnerung zu rufen, dass durch die Grundgesetzänderung (1994 - Art. 72<br />
(2) GG) die Abänderung der Maxime der Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen<br />
Teilräumen der Politik hin zu der Maxime „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ abgeändert<br />
wurde. Dies entsprach praktisch der Aufhebung des Verbots der „passiven“ Sanierung durch<br />
gezielte Abwanderung der „überflüssigen“ Arbeitskräfte (Modell: USA). Diese neue Maxime steht<br />
im Gegensatz der Regionalpolitik der EU, die eher eine „aktive“ Sanierung bevorzugt! (ebd.)<br />
Um dieses komplizierte bzw. komplexe Thema angemessen regionalspezifisch zu vertiefen, soll<br />
dazu die Meldung von Joachim Schmidt dienen, der als Redakteur für den Bauer-Verlag auf dem<br />
Mantelbogen der Marler Zeitung am 02.03.2005 folgende Schlagzeile nebst Artikel veröffentlichte:<br />
Zahl der freien Stellen macht Mut. Emscher-Lippe: „Hoffnungsschimmer“ trotz Hartz-IV-<br />
Effekts<br />
Als „Hoffnungsschimmer“ bezeichnete Reinhard Langer, Geschäftsführer der Agentur<br />
Recklinghausen, die wachsende Zahl von Unternehmen, die den Arbeitsagenturen freie<br />
Stellen meldeten: Gab es Ende Januar nur 2.000 offene Stellen in den zwölf Städten der<br />
Emscher-Lippe-Region, so kletterte diese Zahl nun auf 2.700 freie Jobs. Angesichts von<br />
84.000 Arbeitslosen in der Region sei dies natürlich noch kein Durchbruch: „Die Zahl der<br />
Arbeitslosen bleibt erschreckend hoch“. (...) Besonders in Gelsenkirchen schlägt der Hartz-IV-<br />
Effekt durch: Tausende arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger gelten dort mit einem Schlag als<br />
arbeitslos. Dass in der ehemaligen „Stadt der tausend Feuer“ die meisten Zechen stillgelegt<br />
und die Öfen längst aus sind, zeigt die neue, laut Wirtschaftsminister Wolfgang Clement „ehrlichere“<br />
Arbeitslosenstatistik: 26,4 Prozent, also mehr als jeder Vierte, sind dort nun arbeitslos<br />
gemeldet. Hier die Quoten aus der Region: Gelsenkirchen 26,4 %, Herten 15,4 %, Marl<br />
14,9 %, Recklinghausen/Oer-Erkenschwick/Haltern 13,1 %, Datteln/Waltrop <strong>12</strong>,1 %.<br />
In diesem Problemkontext muss daher in Erinnerung gebracht werden, dass innerhalb von 40<br />
Jahren mehr als 500.000 Arbeitsplätze im Montansektor verloren gegangen sind und an dessen<br />
Ende sich die Mehrzahl der Ruhrgebietsstädte heute als mehr oder weniger austauschbare<br />
Dienstleistungszentren präsentieren. Von dieser Entwicklung wurde unsere Emscher-Lippe-Region<br />
mit am stärksten negativ getroffen. Vor dem Hintergrund einer engen sachlichen und politischen<br />
Verflechtung über alle Ebenen der großen und kleinen Politik ist es daher manchmal durchaus<br />
erstaunlich, wie provinziell die Debatten um die Lösung der Strukturkrise des Ruhrgebiets, vor<br />
allem in der Emscher-Lippe-Region (teils von ökonomischen Kenntnissen unbelastet), geführt werden.<br />
(H.Bömer)<br />
Bei fast allen politischen und wissenschaftlichen Debatten um die „richtige moderne“<br />
Strukturpolitik ist erstaunlicherweise eine massive Abstinenz bezüglich des Sachverhalts festzustellen,<br />
welche makro-ökonomischen Rahmenbedingungen in Verbindung mit einer vertikalen<br />
Politikverflechtung (Mehrebenendimension) erforderlich wären, um der wünschenswerten<br />
Strukturpolitik eine realitätsnahe Wirksamkeit zu ermöglichen. Exemplarisches Beispiel hierfür ist<br />
die schon als naiv anzusehende Intensivierung von Gründungsoffensiven als Schlüssel zur Lösung<br />
6