BQN Arbeitspapier 12
BQN Arbeitspapier 12
BQN Arbeitspapier 12
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Aspekte der ökonomischen und sozialen Entwicklung in der Emscher-Lippe-Region<br />
me also nicht nur die Altlasten, sondern auch jene 150 Millionen Verlustausgleich, die bisher<br />
die RAG bezahlt hat. Dafür aber, so haben Investmentbanker errechnet, würde die neue<br />
Muttergesellschaft an der Börse rund eine Milliarde mehr erlösen, die dann dem Bund zufließt.<br />
Da mutet der Versuch ja schon fast rührend an, mittels Produktionscluster-Ansatz die Forderungen<br />
der Netzwerktheorie nach neuen Verflechtungsbeziehungen aufleben zu lassen, um die als wichtig<br />
identifizierte Regionalakteure zu strategischen Kooperationen zu vernetzen. Dass, was die großen<br />
Konzerne insgesamt an Arbeitsplätzen abgebaut haben, ist durch keine einzige Vernetzungsinitiative<br />
zu kompensieren. Das viel gepriesene Benchmarking - welches die Emscher-Lippe-Region<br />
zwecks Entschärfung der Abkoppelungstendenzen in der Region im internationalen Wettbewerb<br />
betreibt - kann somit bestenfalls nur die Wirkung eines Karaoke-Marketing erreichen. Mehr sitzt<br />
nicht drin!<br />
Dass die Emscher-Lippe-Region auch noch im Bereich der Bildungsanstrengungen als Problemregion<br />
gilt, ist der ernüchternden Pressemitteilung vom Institut Arbeit und Technik (IAT/<br />
Gelsenkirchen) vom 29.03.2004 zu entnehmen:<br />
Das Bildungsniveau im Ruhrgebiet ist nicht niedriger als in anderen Regionen Nordrhein-<br />
Westfalens, liegt mit Blick auf die Schulabschlüsse sogar über dem Bundesdurchschnitt.<br />
Probleme gibt es aber innerhalb der Region: neben den "Bildungshochburgen" im Süden lassen<br />
die Analysen besondere Defizite im nördlichen Ruhrgebiet erkennen. Zwar hat sich die<br />
Situation seit den frühen 80er Jahren bereits deutlich verbessert, doch verzeichnen Teile der<br />
Emscher-Lippe-Region einen stagnativen und unter-durchschnittlichen Trend bei den<br />
Bildungsabschlüssen für die 90er Jahre. Die Schüler beschließen ihre allgemein bildende<br />
Schulkarriere häufiger ohne bzw. nur mit dem Hauptschulabschluss und zu selten mit dem<br />
Abitur. Das zeigen Untersuchungen, die das Institut Arbeit und Technik (IAT/ Gelsenkirchen)<br />
im Auftrag der Projekt Ruhr GmbH durchgeführt hat. Die Ergebnisse wurden im neuen IAT-<br />
Report (2004-02) veröffentlicht.<br />
"Besonders in den ohnehin vom Strukturwandel stark benachteiligten Regionen ist es fatal,<br />
wenn Jugendliche ohne bzw. mit eher niedrigschwelligen Abschlüssen die Schule verlassen",<br />
so die IAT-Wissenschaftler Karin Esch und Dirk Langer. Der Übergang von der Schule in die<br />
berufliche Bildung wird dadurch hochgradig gefährdet oder führt bereits an der ersten<br />
Schwelle des Arbeitsmarktes unmittelbar in die Arbeitslosigkeit. Auffällig ist der besonders<br />
hohe Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in der Region. Im statistischen<br />
Mittel einiger Städte betragen die Anteile von Kindern nichtdeutscher Herkunft mehr<br />
als 30 %, was an einigen Schulen zu Migrantenanteilen von 50 % und mehr führt. Diese<br />
Nationalitäten- und Kulturvielfalt trägt dazu bei, dass elementare Lernvoraussetzungen, wie<br />
z.B. Sprache oder Konzentrationsfähigkeit, für den Schulunterricht nur noch eingeschränkt<br />
mitgebracht werden. "Um besonders hier das überdurchschnittliche Scheitern in der<br />
Schulausbildung zu begrenzen, ist es unausweichlich, die Sprachförderung als eine<br />
Schlüsselaufgabe für die nächste Zukunft zu begreifen", raten die IAT-Experten. Dabei versprechen<br />
die Investitionen in die Sprachförderung einen besonders nachhaltigen Erfolg, wenn<br />
Migrantenkinder möglichst frühzeitig - noch im Elementarbereich - die deutsche Sprache<br />
erlernen, um damit bessere Ausgangsbedingungen für das Schulsystem mitzubringen.<br />
Das Migrantenproblem ist allerdings nur ein Aspekt der nicht ausreichenden<br />
Bildungsbeteiligung im Schulsystem. Insgesamt - so lassen insbesondere die Gelsenkirchener<br />
Zahlen vermuten - bieten Stadtteile mit hoher Arbeitslosigkeit, unterschiedlichen kulturellen<br />
Milieus, sozialem Konfliktpotenzial oder bildungsfernen Elternhäusern extrem ungünstige<br />
Lernbedingungen für Jugendliche. Gerade in der vom Strukturwandel derzeit besonders<br />
16