BQN Arbeitspapier 12
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Aspekte der ökonomischen und sozialen Entwicklung in der Emscher-Lippe-Region<br />
Wir brauchen eine neue Aufklärung. Es kann doch nicht richtig sein, dass Unternehmen aus<br />
Geldgier wie früher die Sklavenschiffe mit Mann, Frau und Kind verkauft werden. Gott sei Dank gibt<br />
es noch einen Bundesgerichtshof, der das erkennt. Es gibt keinen Fortschritt ohne den Wettbewerb<br />
der Ideen und Argumente. Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht, und die Eskalation<br />
nach unten beginnt: konform, uniform, chloroform. (ebd.)<br />
Auf der Systemebene überfordert (damit die) ökonomische Globalisierung die auf den Nationalstaat<br />
zugeschnittenen Regulierungssysteme. Sozialstrukturell wirkt sich dieses Regulationsdefizit, die<br />
Konkurrenz der Standortstaaten, auf die Beschäftigten weltmarktorientierter Unternehmen und<br />
Branchen aus. In dem Maße, wie es transnationalen Unternehmen gelingt, sich von „nationalen“<br />
Volkswirtschaften abzukoppeln, droht eine Spaltung der Beschäftigten in eine Schicht von primär<br />
mit Problemlösungs-, -identifizierungs- und strategischen Vermittlungstätigkeiten befassten „Globalisierunggewinner“<br />
auf der einen und der Masse von im transnationalen Wettbewerb „abgehängten<br />
Routinearbeitern“ und „kundenbezogenen Dienstleistern“ auf der anderen Seite. (K. Dörre)<br />
Dass aus ökonomischer Modernisierung (zusätzlich) erwachsende Spannungen (vielleicht) in eine<br />
Ethnisierung des Sozialen umschlagen können, hat einen zusätzlichen Grund: Ebenfalls als Folge<br />
ökonomischer Globalisierung entstehen neue Wanderungsbewegungen, deren Spitze nun die industriellen<br />
Zentren erreicht. Bleibt die bewusste Transformation der betroffenen Staaten in<br />
Einwanderungsgesellschaften mit entsprechenden Regularien aus, wächst die Gefahr einer<br />
Ethnisierung sozialer Konflikte. Formell integrierte soziale Gruppen übersetzen eigenen<br />
Leidensdruck dann in Ab- und Ausgrenzung von Fremdem; kulturelle und ethnische Differenzen<br />
werden zu absoluten Unterschieden überhöht und für Ressourcenkämpfe instrumentalisiert. (ebd.)<br />
In Arbeitsplätze umgerechnet bedeutet das: Von heute 39.000 Bergleuten der Deutschen<br />
Steinkohle AG (DSK) müssen in diesem Jahr noch mehr als 2 000 das Unternehmen verlassen. Und<br />
20<strong>12</strong> wird die DSK nur noch 26.000 Bergleute beschäftigen können. Also ein Verlust von 13.000<br />
Arbeitsplätzen in 7 Jahren. Wer immer noch nicht den Ernst der Lage und die Fremdbestimmtheit<br />
des Ruhrgebiets verstanden hat, sollte sich folgenden Artikel von Wolfgang Reuter verinnerlichen,<br />
welcher sich am 07.03.2005 im Spiegel mit dem Thema „Industriepolitik“ beschäftigt hat. In<br />
Auszügen wiedergegeben wird berichtet:<br />
Das geplante Geschäft läuft auf eine komplette Neuordnung der deutschen Kohlepolitik hinaus,<br />
die in den Schlagzeilen bislang vor allem dann auftaucht, wenn es um leidige<br />
Subventionierungen und noch qualvolleren Arbeitsplatzabbau geht. Die Kernpunkte des kühnen<br />
Plans, an dem Müller seit einem Jahr tüftelt: Der RAG-Chef will die Aktienpakete seines<br />
Konzerns von den derzeitigen Anteilseignern für je einen symbolischen Euro zurückkaufen und<br />
das Unternehmen im Mai 2006 an die Börse bringen.<br />
Der Erlös - gerechnet wird mit fünf bis sechs Milliarden Euro - soll komplett dem Bund übertragen<br />
werden. Im Gegenzug aber müsste die öffentliche Hand die Pensionsansprüche und<br />
Haftungsverpflichtungen aus dem Steinkohlebergbau übernehmen. Es geht um insgesamt sieben<br />
Milliarden, die nach und nach über viele Jahrzehnte fällig werden und heute einem<br />
Barwert von vier Milliarden Euro entsprechen.<br />
Kohle zu Cash? Das Geheimprojekt unter dem Codenamen „Alpha“ scheint für eine Menge<br />
Gewinner zu sorgen: Eichel bekäme auf einen Schlag viel Geld in die Kasse – wenn auch<br />
schwer abwägbare künftige Risiken. Die Großaktionäre hätten das missliebige Kohlegeschäft<br />
endlich aus den eigenen Bilanzen gekehrt. Und die RAG wäre von der Last der Vergangenheit<br />
befreit. Der Deal würde der Börse in Frankfurt zudem einen neuen Koloss im Deutschen<br />
Aktienindex Dax bescheren.<br />
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