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Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR - Fonds Heimerziehung

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Heime <strong>der</strong> Jugendhilfe (1965)<br />

Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />

normal erziehbar<br />

Normalschule<br />

Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />

normal erziehbar<br />

Hilfsschule<br />

Spezialk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />

schwer erziehbar<br />

Normalschule<br />

Spezialk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />

schwer erziehbar<br />

Hilfsschule<br />

C. Sachse 2011<br />

3–14 Jahre<br />

Grafik: „Heime <strong>der</strong> Jugendhilfe (1965)<br />

Quelle: Laudien und Sachse, 2012, S. 181.<br />

Normalheime<br />

Durchgangsheime<br />

Aufnahmeund<br />

Beobachtungsheim<br />

Spezialheime<br />

Jugendwohnheime<br />

normal erziehbar<br />

Normalschule<br />

Jugendwohnheime<br />

normal erziehbar<br />

Hilfsschule<br />

14–18 Jahre<br />

Jugendwerkhöfe<br />

schwer erziehbar<br />

Normalschule<br />

Jugendwerkhöfe<br />

schwer erziehbar<br />

Hilfsschule<br />

2.4.1. Der Begriff <strong>der</strong> Schwererziehbarkeit<br />

Der Begriff „schwererziehbar“ war, trotz<br />

se<strong>in</strong>er großen Bedeutung für die Betroffenen,<br />

e<strong>in</strong> juristisch und pädagogisch unbestimmter<br />

Begriff. Dies wurde bereits <strong>in</strong>tern kritisiert<br />

und dazu 1963 festgestellt: „Bestätigt wird<br />

gleichfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis, dass das Fehlen <strong>der</strong><br />

Kriterien für die Schwererziehbarkeit subjektive<br />

Entscheidungen über e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Heim für Schwererziehbare begünstigt“<br />

(Laudien und Sachse 2012, S. 235). 21<br />

Erst 1979 umschrieb Mannschatz den<br />

Begriff <strong>der</strong> Schwererziehbarkeit <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Aufsatz „Schwererziehbarkeit und Umerziehung“,<br />

<strong>in</strong> dem er die „pragmatische zweckgebundene<br />

Absicht“ <strong>der</strong> Begrifflichkeit als<br />

vorliegend betonte, wenn<br />

1. wie<strong>der</strong>holt die gesellschaftliche Diszipl<strong>in</strong><br />

verletzt wurde;<br />

2. damit verbunden „psychische Beson<strong>der</strong>heiten“<br />

auftraten, die zum Konflikt<br />

mit <strong>der</strong> unmittelbaren Umgebung<br />

führten;<br />

3. außerordentliche Maßnahmen zur<br />

Gewährleistung e<strong>in</strong>er „positiven Persönlichkeitsentwicklung“<br />

erfor<strong>der</strong>lich<br />

waren (vgl. Mannschatz 1979, <strong>in</strong>: Laudien<br />

und Sachse 2012, S. 235).<br />

Die Expertise von Laudien und Sachse arbeitet<br />

hierbei die Beliebigkeit e<strong>in</strong>er Fokussierung<br />

auf e<strong>in</strong>e Verletzung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Diszipl<strong>in</strong> heraus. Auch die „psychischen<br />

Beson<strong>der</strong>heiten“ mit Blick auf die Kollektiv<strong>in</strong>teressen<br />

werden als politisch motiviert<br />

herausgearbeitet, die <strong>in</strong> den außerordentlichen<br />

Maßnahmen zur Gewährleistung e<strong>in</strong>er<br />

„positiven Persönlichkeit“ lediglich ihre<br />

Steigerung erlebten.<br />

Mannschatz fasst das Problem wie folgt zusammen:<br />

„Diese <strong>in</strong>dividualistische Gerichtetheit<br />

(<strong>der</strong> ‚Schwererziehbaren‘ mit ihrer sogenannten<br />

Defektivität sozialer Beziehungen)<br />

ist offensichtlich <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> psychischen<br />

21 Zur Situation <strong>der</strong> Spezialk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime und<br />

Jugendwerkhöfe um 1963, ohne Datum. In: BArch DR<br />

2/23480, <strong>in</strong>: Laudien und Sachse 2012, S. 235.<br />

Beson<strong>der</strong>heit Schwererziehbarer“ (Mannschatz,<br />

1979, S. 71, <strong>in</strong>: Laudien und Sachse<br />

2012, S. 236). Sie zeichnen sich also durch<br />

Individualismus aus und diesem Phänomen<br />

sollte mit Umerziehung begegnet werden<br />

(vgl. Laudien und Sachse 2012, S. 236).<br />

„E<strong>in</strong> zentrales Merkmal <strong>der</strong> ‚Schwererziehbarkeit‘<br />

war folglich die Renitenz, also<br />

die Weigerung des K<strong>in</strong>des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> bzw. des<br />

Jugendlichen, sich an die von <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

vorgegebenen Regeln zu halten […].<br />

Die Umerziehung […] war auf Anpassung<br />

an die herrschenden gesellschaftlichen<br />

Werte gerichtet“ (Wapler 2012, S. 73). Der<br />

„um erzogene Mensch“ sollte diese Anpassung<br />

nicht nur vollziehen, son<strong>der</strong>n auch<br />

als vernünftig empf<strong>in</strong>den. Damit wird e<strong>in</strong>e<br />

tief greifende Persönlichkeitsverän<strong>der</strong>ung<br />

angestrebt, die möglich wird, <strong>in</strong>dem man den<br />

Willen <strong>der</strong> Betroffenen, notfalls auch gewaltsam,<br />

bricht (ebd.).<br />

2.4.2. Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />

Der Begriff „Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heim“ taucht erstmals<br />

1951 auf. In den Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heimen<br />

sollten<br />

• anhanglose, milieugefährdete<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> ohne wesentliche<br />

Erziehungsschwierigkeiten,<br />

• K<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Erziehungsberechtigte<br />

durch berufliche Tätigkeit, Krankheit<br />

o. a. Gründe ihren „Erziehungspflichten“<br />

nicht nachkommen konnten, sowie<br />

• anhanglose, familiengelöste und<br />

milieu gefährdete Jugendliche ohne<br />

erhebliche Erziehungsschwierigkeiten<br />

untergebracht werden.<br />

Die Normalk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime wurden dabei <strong>in</strong><br />

Heime für Drei- bis Sechsjährige und Sechsbis<br />

16-Jährige unterschieden.<br />

Ab dem Alter von 16 Jahren erfolgte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel e<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> sogenannten<br />

Jugendwohnheimen. Es ist festzustellen, so<br />

die Expertise von Laudien und Sachse, dass<br />

die Jugendwohnheime bisher wenig erforscht<br />

s<strong>in</strong>d, selten im Fokus von Überprüfungen<br />

standen und häufig <strong>in</strong> Statistiken nicht berücksichtigt<br />

wurden.<br />

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