Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR - Fonds Heimerziehung
Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR - Fonds Heimerziehung
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(4) Es schließt sich die Frage an, ob es<br />
mit Blick auf die Folgen <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>e Unterscheidung zu den<br />
Folgen <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland vorzunehmen gilt.<br />
Auch Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> berichten<br />
von (schon damals) sozialer Stigmatisierung<br />
aufgrund ihrer Vergangenheit als „Heimk<strong>in</strong>d“,<br />
klagen über Erfahrungen von Gewalt<br />
und Demütigung und Mangel an menschlicher<br />
Fürsorge und Wärme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebensphase,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> diese unbed<strong>in</strong>gt gebraucht<br />
wurden. Diese Faktoren f<strong>in</strong>den alle zusammen<br />
ihren Nie<strong>der</strong>schlag <strong>in</strong> zum Teil massiven<br />
psychischen Störungsbil<strong>der</strong>n (ausführlich<br />
dazu siehe die Ausführungen <strong>in</strong> Kapitel 3<br />
dieses Berichts ab S. 44). Dazu kommen<br />
nachweislich unzureichende Bildungsangebote<br />
und unangemessene Arbeitse<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong><br />
den Heimen.<br />
(5) Im Entschließungsantrag des Deutschen<br />
Bundestages heißt es, dass bei <strong>der</strong><br />
Entwicklung <strong>der</strong> gleichwertigen Hilfen „[…]<br />
Leistungen berücksichtigt werden [sollen],<br />
die nach den Rehabilitierungsgesetzen für<br />
die Heimunterbr<strong>in</strong>gung gewährt worden<br />
s<strong>in</strong>d“ (BT-Drs. 17/6143, Ziffer 2.).<br />
Dieser Auffor<strong>der</strong>ung liegt die Tatsache<br />
zugrunde, dass schon jetzt ehemalige Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, nach den SED-Unrechtsbere<strong>in</strong>igungsgesetzen,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e nach § 2<br />
des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes<br />
(StrRehaG) rehabilitiert werden können.<br />
Diese For<strong>der</strong>ung des Bundestages fußt auf<br />
<strong>der</strong> Erkenntnis, dass das Verfahren nach dem<br />
StrRehaG trotz <strong>der</strong> ausdrücklichen Erwähnung<br />
<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> § 2 nur e<strong>in</strong>e<br />
begrenzte Kategorie von Fällen abdeckt, da<br />
danach für die Rehabilitierung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisungsgrund<br />
entscheidend ist. (zu den<br />
Gründen f<strong>in</strong>den sich ausführliche Erläuterungen<br />
<strong>in</strong> Kapitel 4 dieses Berichts ab S. 47).<br />
Der Vollzug <strong>der</strong> Heimunterbr<strong>in</strong>gung mit all<br />
ihren rechtsstaatswidrigen Verletzungen <strong>der</strong><br />
Persönlichkeitsrechte <strong>der</strong> ehemaligen Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
ist e<strong>in</strong>er Rehabilitierung nicht zugänglich.<br />
Folglich s<strong>in</strong>d mögliche Hilfeleistungen<br />
für ehemalige Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>,<br />
die am Folgeschaden ansetzen, als s<strong>in</strong>nvolle<br />
Ergänzung zur Rehabilitierung nach dem<br />
StrRehaG e<strong>in</strong>zustufen. Aufgrund ihres unterschiedlichen<br />
Ansatzes besteht nicht die<br />
Gefahr, dass beide Leistungen <strong>in</strong> Konkurrenz<br />
geraten.<br />
6.2. Lösungsvorschläge<br />
Moralische Rehabilitierung –<br />
An erkennung des Unrechts<br />
Zu bekräftigen ist die bereits <strong>in</strong> Bundestags-,<br />
Landtags- o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Beschlüssen festgehaltene<br />
Anerkennung des Leids und Unrechts,<br />
das vielen ehemaligen Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> wi<strong>der</strong>fahren ist.<br />
Es sollte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch<br />
den Tendenzen zur Stigmatisierung <strong>der</strong><br />
Gruppe ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> entgegengewirkt<br />
werden.<br />
Materielle und immaterielle Anerkennung<br />
Mit e<strong>in</strong>er öffentlichen Anerkennung des<br />
Unrechts <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />
sollte die Schaffung e<strong>in</strong>es Hilfesystems für<br />
Betroffene <strong>in</strong> Ergänzung zu bestehenden Hilfesystemen<br />
geschaffen werden. In Anlehnung<br />
an die o. g. Hilfeleistungen für ehemalige<br />
Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> aus den westdeutschen Län<strong>der</strong>n<br />
soll e<strong>in</strong> <strong>Fonds</strong> „<strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>DDR</strong>“ errichtet werden. Zur Umsetzung des<br />
<strong>Fonds</strong> „<strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ wird e<strong>in</strong>e<br />
vergleichbare rechtliche und strukturelle<br />
Form wie im <strong>Fonds</strong> „<strong>Heimerziehung</strong> West“<br />
vorgeschlagen. Dafür ist e<strong>in</strong>e Abstimmung<br />
zwischen den <strong>Fonds</strong> notwendig.<br />
An <strong>der</strong> Errichtung e<strong>in</strong>es solchen <strong>Fonds</strong><br />
„<strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ sollen die<br />
ostdeutschen Län<strong>der</strong> sowie <strong>der</strong> Bund jeweils<br />
hälftig beteiligt werden.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus sollte die weitere <strong>Aufarbeitung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> mit e<strong>in</strong>er<br />
gesellschaftlichen <strong>Aufarbeitung</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />
e<strong>in</strong>hergehen, die sich <strong>in</strong> weiteren<br />
wissenschaftlichen Arbeiten, Dokumentationen<br />
und Archivierungen, Ausstellungen,<br />
Fachveranstaltungen u. v. m. wi<strong>der</strong>spiegeln<br />
könnte.<br />
Anlauf- und Beratungsstellen<br />
Es ist notwendig, auch <strong>in</strong> den ostdeutschen<br />
Län<strong>der</strong>n spezielle Anlauf- und Beratungsstellen<br />
für ehemalige Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> aus <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />
zu schaffen. Sie sollen Betroffenen helfen,<br />
diesen Teil ihrer Biografie aufzuarbeiten und<br />
bei <strong>der</strong> Vermittlung geeigneter Hilfsangebote,<br />
zu denen auch <strong>der</strong> <strong>Fonds</strong> „<strong>Heimerziehung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“ gehört, e<strong>in</strong>e zentrale Rolle<br />
spielen. Die Anlauf- und Beratungsstellen<br />
sollen die Betroffenen <strong>in</strong> die Lage versetzen,<br />
an ihren Interessen orientierte eigenständige<br />
Entscheidungen zu treffen. Dafür ist es wichtig,<br />
dass die Anlauf- und Beratungsstellen<br />
über Kenntnisse <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>DDR</strong> sowie fundierte Kenntnisse im Sozialrecht<br />
und möglicher Rehabilitierung durch<br />
das StrRehaG verfügen.<br />
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