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Fairer Handel Von Großbritannien lernen? Perspektiven des Fairen Handels Eine wesentliche Rolle für die Zuwächse in vielen europäischen Ländern spielt, dass immer mehr fair gehandelte Produkte über den normalen Einzelhandel vertrieben werden. Ein markantes Beispiel dafür ist Großbritannien (www.fairtrade.org.uk). Viele Supermärkte verfügen dort über eine große Auswahl an fair gehandelten Produkten. Mittlerweile gehen einige Ketten sogar noch ein Stück weiter. So z.B. die Kaufhauskette Marks & Spencer. Sie bietet in ihren Lebensmittelabteilungen nur noch fair gehandelten Tee und Kaffee an und auch im Frischesortiment Marks & Spencer: Faires Kaffeeangebot im britischen Supermarkt findet sich nur noch fair gehandelte Ananas. Auch die größte britische Supermarktkette Sainsbury‘s setzt verstärkt auf Fairtrade-Produkte. So verkauft sie ab diesem Jahr zu 100 Prozent Bananen aus Fairem Handel. Was auffällt, ist die Bandbreite an fairen Produkten, die es in die großen Ketten geschafft haben. Mittlerweile gibt es in Großbritannien 2000 Produkte, die das Siegel tragen dürfen. Große Supermarktketten, wie z.B. Co-op und Tesco führen jeweils über 150 fair gehandelte Produkte in ihrem Sortiment und es werden immer mehr. Insbesondere die Supermarktverkäufe haben dafür gesorgt, dass in Großbritannien im Jahr 2006 über 400 Mio. Euro mit fair gehandelten Produkten umgesetzt wurde. Fairer Handel ist in den letzten Jahren zu einem Trend geworden. Harriet Lamb, die Direktorin der Fairtrade Foundation (entspricht dem deutschen Transfair e.V.), beschreibt die Situation folgendermaßen: „Landauf und landab klopft die Öffentlichkeit an die Türen von Rathäusern und lokalen Supermärkten und fordert mehr Engagement für den Fairen Handel. Dies treibt die Firmen an, ob groß, ob klein, entsprechend zu antworten.“ Neben den Lebensmitteln gewinnt der Faire Handel auch zunehmend an Bedeutung im Textilbereich. Marks & Spencer hat bereits eine Auswahl an Socken und Unterhosen mit dem Fairtrade-Siegel im Regal. Auch andere große Kaufhausketten, wie Debenhams und Next bieten erste Kleidungsstücke aus fair gehandelter Baumwolle an. Kleinere Geschäfte haben sogar eine noch größere Auswahl, angefangen von Babykleidung bis zu T-Shirts. Auf der internationalen Modemesse in London war faire Kleidung ein eigenes Thema. Junge, aber auch etablierte Designer bieten immer häufiger Klamotten aus fair gehandelten Stoffen an. Mit der Zeitschrift New Consumer gibt es in Großbritannien zudem ein eigenes Fachmagazin für Fairen Handel und ethischen Lebensstil. Fair gehandelte Produkte werden nicht @ nur in Supermärkten verkauft, sondern auch in Bio- und Weltläden. Allerdings ist die Zahl der Weltläden weitaus geringer als in Deutschland. Das ehrenamtliche Engagement im Fairen Handel ist ein anderes. Der Akzent liegt weniger auf dem Selbstverkaufen, sondern vielmehr in der Unterstützung von Kampagnen und Aktionen für den Fairen Handel. Zum einen ist dies die britischen Faire Woche: die Fairtrade Fortnight, die jedes Jahr im März stattfindet. In 2007 fanden dabei ca. 10 000 Veranstaltungen statt. Dies scheint mit ein Grund, dass mittlerweile jeder zweite Brite das Fairtrade-Zeichen kennt. Eine andere sehr erfolgreiche Aktion ist die Fairtrade Towns-Kampagne. Dabei geht es darum, den Fairen Handel in den lokalen Strukturen einer Stadt, eines Stadtteils oder eines Dorfes zu verankern. In Deutschland waren die klassischen Supermärkte in der Vergangenheit sehr zögerlich beim Vertrieb fairer Produkte. Mittlerweile beginnt sich dies zu wandeln und auch der deutsche Einzelhandel erkennt zunehmend das Potential des Fairen Handels. Sollte es zu einer ähnlichen Entwicklung wie in Großbritannien kommen, hätte das Konsequenzen für die Weltläden. Für sie würde sich insbesondere im Lebensmittelbereich eine sehr große Konkurrenz entwickeln, die aufgrund ihrer Nachfragemacht ihren Kunden günstigere Preise anbieten können. Die Weltläden müssen sich schon jetzt auf diese Veränderungen einstellen. Wie könnten sie reagieren? Ich sehe zwei mögliche, allerdings sehr unterschiedliche Strategien. Weltläden müssen sich weiter professionalisieren hin zu Fachgeschäften des Fairen Handels. Die Sortimentsgestaltung müsste sich verstärkt auf handwerkliche Produkte fokussieren, die es in den Supermärkten nicht gibt. Eine gute Kundenberatung sowohl zu den Produkteigenschaften wie auch zu den sozialen und ökologischen Hintergründen der angebote- 8
Fairer Handel Mehr Wert für alle: Als bundesweit erste Messe für fair gehandelte Textilien und Accessoires fand die Fair2008 am 25. und 26. Januar im Dortmunder „Depot“ statt. „Unsere Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Insgesamt besuchten rund 2.000 Menschen die Messe, informierten sich über das breite Angebot an fair gehandelten Produkten und nahmen an Workshops und Diskussionsrunden teil. Ein solch großer Zuspruch zeigt uns als Veranstalter, dass sich die Konsumenten stark für das Thema interessieren“, so Jürgen Sokoll, Koordinator für Fairen Handel beim Eine Welt Netz NRW. Dem bunt gemischten Messepublikum präsentierten die Aussteller modische Hosen und T-Shirts, Kollektionen junger in- und ausländischer Produzenten, hochwertige Naturtextilien und Accessoires. Verbraucher konnten vor Ort stöbern und einkaufen. Wiederverkäufer und Weltladen-Betreiber hatten die Möglichkeit, neue Ideen aufzugreifen und Produkte zu bestellen. Junge Modeschöpfer und etablierte Anbieter zeigten ihre Kreationen bei zwei Modenschauen. Organisiert wurde sie von Heimatdesign, einer Plattform junger Kreativer aus Dortmund. Zur Bedeutung fair gehandelter Produkte sagte Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair Deutschland: „Fairer Handel leistet einen wichtigen Beitrag zur sozial- und umweltverträglichen Gestaltung der Globalisierung. Produzenten wie Baumwollbauern werden Preise über dem Weltmarktniveau und langfristige Lieferverträge garantiert. Dies ermöglicht ihnen ein sicheres Einkommen.“ Veranstalter der Fair2008 war das Eine Welt Netz NRW. Eine Neuauflage der Messe ist für 2010 geplant, die Gespräche dazu laufen bereits. Alle Aussteller unter: www.fair2008.de. Manfred Belle nen Artikel müsste ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu den Supermärkten sein. Ein anderer Ansatz wäre es, die Tradition der Weltläden als Orte der politischen Bildung, der Begegnung und Engagements zu stärken. Die Sortimentsgestaltung könnte sich stärker an Aspekten des Alternativen Handels ausrichten, also Produkten und Handelorganisationen eine Chance geben, die nicht den Weg über die Supermärkte und anderen Institutionen des Welthandelssystems gehen. Bestimmt gibt es auch verschiedene Möglichkeiten der Kombination beider Strategien. Wichtig ist auf jeden Fall die Bereitschaft zur Veränderung. Markus Heißler Die Fair2008 9
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