Schleswig-Holstein im demographischen Wandel - Landesverband ...
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3.5<br />
Mobilität<br />
Ausgangslage<br />
Der Trend zu mehr Mobilität der Bevölkerung<br />
ist in den letzten Jahren ungebrochen. Die<br />
gute Erreichbarkeit der Kommunen bleibt<br />
dabei ein wichtiges Kriterium für Lebensqualität<br />
und Attraktivität einer Gemeinde<br />
für ihre Bürger. Dies gilt insbesondere für<br />
den ländlichen Raum.<br />
Hauptträger der Mobilität ist auch weiterhin<br />
das Auto. So liegt der Anteil des motorisierten<br />
Individualverkehrs zum Beispiel <strong>im</strong><br />
Kreis Plön bei 57%, <strong>im</strong> Kreis Rendsburg-<br />
Eckernförde bei 67% und Kiel bei 47%. Im<br />
Straßenverkehr besteht in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />
ein gut ausgebautes Straßennetz, bei dem<br />
die künftigen Herausforderungen eher in<br />
der Unterhaltung als <strong>im</strong> Ausbau des bestehenden<br />
Netzes bestehen.<br />
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV)<br />
konnte in den letzten Jahren keine entscheidende<br />
Veränderung des Mobilitäts-Mixes<br />
erreichen. Insgesamt sind die Anforderungen<br />
an die Flexibilität und Erreichbarkeit des<br />
ÖPNV weiter gestiegen. Gerade <strong>im</strong> Bereich<br />
der barrierefreien Nutzung des ÖPNV sind<br />
durch die derzeit schon steigenden Zahlen<br />
mobilitätseingeschränkter Personen weitere<br />
Servicemaßnahmen notwendig. Weitere<br />
Investitionen sowie die Bekanntmachung<br />
der bestehenden Angebote sind Aufgabenschwerpunkte<br />
in diesem Bereich.<br />
Die Auslastung und Finanzierung des ÖPNV<br />
wird zu großen Teilen durch den Schüler- und<br />
Berufsverkehr erreicht. Dementsprechend<br />
ist das Angebot des ÖPNV derzeit noch stark<br />
an diesen Nutzergruppen orientiert.<br />
Trends und Perspektiven<br />
Durch die demographische Entwicklung steht<br />
der Verkehrsbereich, insbesondere aber der<br />
ÖPNV, vor großen Herausforderungen. Aufgrund<br />
der vielfältigen, teilweise gegenläufigen<br />
Trends und lokal unterschiedlichen Rahmenbedingungen<br />
werden sich diese Herausforderungen<br />
regional teilweise deutlich unterscheiden.<br />
Mittelfristig wird die Zahl der Verkehrsteilnehmer<br />
durch die Abnahme und Alterung<br />
der Bevölkerung wahrscheinlich eher sinken,<br />
denn ältere Menschen sind tendenziell weniger<br />
mobil. Für den motorisierten Individualverkehr<br />
bedeutet dies zunächst, dass der<br />
Ausbaubedarf des Straßennetzes deutlich<br />
zurückgehen wird. Der Schwerpunkt wird in<br />
Zukunft vor allem auf der Bestandsentwicklung<br />
und -erhaltung des Straßennetzes liegen.<br />
Der demographische <strong>Wandel</strong> führt be<strong>im</strong><br />
ÖPNV langfristig einerseits zu einer Verminderung<br />
und andererseits zu einer Alterung<br />
der Fahrgäste. Beide Aspekte erfordern eine<br />
erhebliche Umstrukturierung des bisherigen<br />
ÖPNV-Angebots. So wird der Schüler- und<br />
Berufsverkehr für die Auslastung und Finanzierung<br />
des ÖPNV an Bedeutung verlieren.<br />
Allerdings können neue Schulstrukturen zu<br />
neuem und geänderten Bedarf in der Schülerbeförderung<br />
führen. Entsprechend sind Linienangebot,<br />
Taktung, Fahrzeug- und Haltestellenausstattung<br />
verstärkt an den älter werdenden<br />
Fahrgästen zu orientieren. Damit erhöhen<br />
sich die Anforderungen an die Flexibilität des<br />
ÖPNV weiter, weil durch den zunehmenden<br />
Freizeitverkehr die Nachfrage nach ÖPNV-<br />
Leistungen schwerer abzuschätzen ist als <strong>im</strong><br />
Schüler- und Berufsverkehr. Insbesondere<br />
der Schülerverkehr wird aber auch weiterhin<br />
ein wichtiges Standbein des ÖPNV-Angebots<br />
sein, um eine Mindestversorgung gewährleisten<br />
zu können.<br />
Dem Trend rückläufiger Verkehrsteilnehmerzahlen<br />
gerade <strong>im</strong> Schülerverkehr steht das<br />
geänderte Mobilitätsverhalten älterer Menschen<br />
entgegen. So steigt die Verfügbarkeit<br />
von Autos und damit auch die Mobilität älterer<br />
Menschen. Es kann damit gerechnet werden,<br />
dass die besonderen Anforderungen älterer<br />
Menschen bei der Konstruktion von Autos<br />
künftig stärker berücksichtigt werden. Die<br />
entsprechend erhöhte Auto-Nutzung von<br />
älteren Menschen verbessert die Erreichbarkeit<br />
insbesondere von Gemeinden <strong>im</strong><br />
ländlichen Raum. Gleichwohl bleiben gerade<br />
die älteren Seniorinnen und Senioren auf<br />
die Nutzung des ÖPNV angewiesen.<br />
Neben steigenden Anforderungen an die<br />
Flexibilität steht der ÖPNV auch vor finanziellen<br />
Herausforderungen. Künftig wird es<br />
schwieriger die Verluste des ÖPNV abzudecken.<br />
Denn einerseits werden den kommunalen<br />
Unternehmen weniger Gewinne<br />
aus dem Betrieb technischer Infrastruktur<br />
zur Quersubventionierung des ÖPNV zur<br />
Verfügung stehen. Diese Möglichkeit wird<br />
zusätzlich durch Änderungen <strong>im</strong> EU-Wettbewerbsrecht<br />
eingeschränkt. Andererseits<br />
stehen angesichts der angespannten kommunalen<br />
Finanzsituation kaum Haushaltsmittel<br />
zur Unterstützung des ÖPNV zur Verfügung.<br />
Zudem entsteht durch den steigenden Anteil<br />
älterer Fahrgäste zusätzlicher Investitionsbedarf,<br />
um den barrierefreien Zugang zu Leistungen<br />
des ÖPNV zu gewährleisten.<br />
Trotzdem bleibt der ÖPNV ein wichtiger<br />
Faktor, um die Erreichbarkeit der Kommunen<br />
und damit ihre Attraktivität und Lebensqualität<br />
zu sichern. Ein weiterer Rückzug des ÖPNV<br />
insbesondere aus ländlichen Gebieten sollte<br />
daher möglichst vermieden werden. Zudem<br />
würde dies zu einem weiteren Attraktivitätsverlust<br />
des ÖPNV führen.<br />
Von den Auslastungsproblemen des ÖPNV<br />
werden insbesondere die ländlichen Räume<br />
betroffen sein. Der Pendelverkehr der stadtnahen<br />
Kommunen wird dagegen zunächst<br />
tendenziell weiter zunehmen. Die Auslastung<br />
des ÖPNV gerade in ländlichen Regionen<br />
kann zumindest teilweise durch den Tourismus<br />
gesichert werden. Allerdings führt dies<br />
zu einer saisonbedingt stark schwankenden<br />
Auslastung.<br />
Insgesamt werden flexiblere und kostengünstigere<br />
Angebotsformen <strong>im</strong> ÖPNV notwendig<br />
(siehe Handlungsoptionen).<br />
Handlungsoptionen<br />
Für eine sachgerechte Verankerung des ÖPNV<br />
in der Stadtentwicklungsplanung ist es erforderlich,<br />
in kommunalen Gesamtverkehrsplänen<br />
(GVP) oder Verkehrsentwicklungsplänen<br />
(VEP) Qualität und künftige Anforderungen<br />
des ÖPNV insbesondere mit dem Individualverkehr<br />
zu harmonisieren. Mindestvoraussetzungen<br />
sind dabei zuverlässige Anbindungen,<br />
einfache Preissysteme, bedarfsgerechte Fahrzeuge<br />
und attraktive Bahnhöfe. Das umfasst<br />
Fragen der Linienbedienung, der Taktzeiten,<br />
der Fahrplanabst<strong>im</strong>mung der ÖPNV-Träger<br />
untereinander und mit dem Fernverkehr,<br />
der barrierefreien Haltestellenausstattung,<br />
der Fahrzeugwahl (Niederflurbusse) sowie<br />
der Ampelsteuerung (Vorrangschaltungen).<br />
Ergänzend zu bestehenden ÖPNV-Angeboten<br />
werden für geringere Nachfrageräume und<br />
-zeiten andere Formen der Fahrgastbeförderung<br />
zunehmend wichtiger – zum Beispiel<br />
Rufbusse und Anruf-Sammel-Taxis. Diese<br />
Maßnahmen ermöglichen, dass schon für<br />
geringe Fahrgastzahlen ein ÖPNV-Angebot<br />
bereitgestellt und flexibel auf die Wünsche<br />
der Nutzer reagiert werden kann. In beiden<br />
Fällen erfolgt die Beförderung auf Bestellung<br />
der Fahrgäste. Dadurch werden Leerfahrten<br />
vermieden und somit Kosten begrenzt.<br />
Auch mit Hilfe bürgerschaftlichem Engagements<br />
kann gerade in ländlichen Regionen<br />
mit so genannten Bürgerbussen ein Mindestangebot<br />
an öffentlichen Transportleistungen<br />
in der Fläche sichergestellt werden. Dabei<br />
erklären sich Einwohner einer Gemeinde<br />
bereit, Mitbürger bei regelmäßigen Fahrten<br />
in ihren Autos mitzunehmen. Die genutzten<br />
Autos könnten von der Gemeinde mitfinanziert<br />
werden. Durch diese institutionalisierte<br />
Form der Fahrgemeinschaft kann zu vergleichsweise<br />
geringen Kosten ein dezentrales<br />
ÖPNV-Angebot bereitgestellt werden, das<br />
über die Verlässlichkeit traditioneller Systeme<br />
mit Fahrplanbindung verfügt.<br />
Die zunehmende Motorisierung älterer Menschen<br />
erfordert vor allem in den Innenstädten<br />
Anpassungsmaßnahmen wie beispielsweise<br />
gut verständliche Parkleitsysteme. Neben<br />
durchgängigen Hinweisschildern sind dynamische<br />
Parkleitsysteme hilfreich. Außerdem<br />
sollten sich die öffentlichen Parkplätze räumlich<br />
nicht nur am Mindestmaß bewegen.<br />
Gleiches gilt für anwenderfreundliche Ticketautomaten<br />
für den ÖPNV.<br />
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