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lennon/Mc Cartney<br />
Jealous Guys<br />
Dem Ende der Beatles ging das Ende<br />
einer Freundschaft voraus: der zwischen<br />
Paul McCartney und John Lennon.<br />
Streitpunkte waren die Wahl des neuen<br />
Managers, Yokos ständige Präsenz im<br />
Studio und McCartneys Chefallüren.<br />
Selbst die Trennung sorgte noch für Verdruss. Lennon wollte seinen Ausstieg<br />
erklären, doch McCartney preschte vor und gab seinerseits bekannt, die Beatles<br />
verlassen zu wollen. Da wurde viel Porzellan zerschlagen, am schlimmsten<br />
für Lennon war gewiss McCartneys unverblümte Abneigung gegenüber Yoko<br />
Ono. Doch mit der Art und Weise, wie er 1971 konterte, erreichte der Streit ein<br />
ganz neues Aggressionsniveau: „How Do You Sleep“ hieß der Song, und er war<br />
eine bitterböse Kampfansage an seinen Ex-Kollegen. Der habe außer „Yesterday“<br />
nichts zustande gebracht, mache unerträglich seichte Supermarktmusik<br />
und sei von Spießern umgeben, die ihm einredeten, er sei der Größte. Starker<br />
Tobak. Den offenbar auch George Harrison goutierte, denn der spielte bei dem<br />
Song einen Gitarrenpart – also erneut nur eine Nebenrolle. Denn im Kern ging<br />
es wohl nicht zuletzt um zwei Alpha-Männchen, die eifersüchtig die Erfolge<br />
des jeweils anderen neideten und um die Anerkennung ihrer eigenen Großtaten<br />
fürchteten. 1974 kam es in Los Angeles zur Aussprache, ein späteres Treffen<br />
in New York ging offenbar freundlich, aber recht förmlich über die Bühne. Viel<br />
zu sagen hatten sich die beiden wohl nicht mehr. Nach Lennons Ermordung<br />
näherten sich McCartney und Yoko Ono einander an, auf geschäftlicher Ebene,<br />
aber gewiss auch über den gemeinsamen Verlust. Das Kriegsbeil ist also begraben,<br />
aber enge Freundschaft sieht sicher anders aus.<br />
Z<br />
wei, die sich auszogen, um die Welt zu retten: Erst klickte der<br />
Selbstauslöser, dann folgte ein kleines Skandälchen. Dass sich<br />
Noch-Beatle John Lennon, gerade eben von Ehefrau Cynthia<br />
geschieden, im Herbst 1968 unbekleidet mit seiner japanischen Freundin<br />
Yoko Ono ablichtete, war natürlich Privatsache. Dass besagtes<br />
Foto die Hülle des gemeinsamen Albums „Unfinished Music No 1: Two<br />
Virgins“ zierte, empörte Teile der Öffentlichkeit dann aber doch. Selbst<br />
wohlmeinende Zeitgenossen fragten, ob das unbedingt nötig gewesen<br />
sei, und an zwei Flughäfen in New Jersey beschlagnahmte der amerikanische<br />
Zoll mal eben über 50.000 Exemplare des frisch gepressten<br />
Werkes. Das darf seitdem in manchen Ländern ausschließlich in einer<br />
bräunlichen Papierhülle verkauft werden. Etwa in den USA, wo man<br />
Nacktheit traditionell verwerflicher findet als Waffenbesitz. Lennon<br />
kommentierte die ganze Affäre retrospektiv mit dem ihm eigenen Sarkasmus:<br />
Nicht ihre Nacktheit sei das Problem gewesen, sondern ihre<br />
Hässlichkeit.<br />
Als radikales Statement funktionierte der Exhibitionismus zweier<br />
mittelhübscher Menschen natürlich prächtig, das Signal lautete: Wir<br />
sind da, wir akzeptieren keine Grenzen und tun, was wir für richtig<br />
halten. Dazu gehörte, im März 1969 den Bund der Ehe zu schließen, in<br />
Gibraltar, fernab der sensationshungrigen Pressemeute. Die Überraschung<br />
mancher Journalisten, in revolutionären Zeiten einen derart<br />
traditionellen Lebensentwurf zu verfolgen, konterte das Paar mit der<br />
lakonischen Anmerkung, man trage eben auch bürgerliche Seiten in<br />
sich. Was die anschließende Hochzeitsreise dann aber doch ein wenig<br />
konterkarierte: Die inszenierten John & Yoko nämlich als öffentliches<br />
„Bed-In“. Ob in Amsterdam, Montreal oder Wien: Da saßen zwei weißgewandete<br />
Promis im Bett, umringt von Journalisten und Neugierigen,<br />
und erklärten das Ganze zur Friedensaktion. Wer im Bett weilt, der<br />
tötet keine Kinder in Vietnam. Nachvollziehbar. Wer auf einer Luftmatratze<br />
durch die Irische See treibt, auf seinem heimischen Balkon Bier<br />
trinkt oder im Wald ein großes Loch gräbt, der tötet allerdings auch<br />
nicht. Schlichte Erkenntnisse, die dem „Bed-In“ dann doch eine formal<br />
exzentrische Note verliehen.<br />
Gleiches galt für Pressekonferenzen, die John & Yoko in zugeschnürten<br />
Baumwollsäcken absolvierten. Der Plan: Nichts lenke von<br />
der Botschaft ab, wenn ihre Sender anonym blieben. Das Problem: Die<br />
Mehrheit der Empfänger zweifelte, ob in den Säcken überhaupt John &<br />
Yoko saßen, oder eben nur zwei studentische Hilfskräfte. Die am häufigsten<br />
gestellte Frage der Wiener „Bagism“-Konferenz lautete: „Wann<br />
werdet ihr aus den Säcken steigen?“. Sie stiegen nicht, aber trotzdem<br />
wurde alles gut: John & Yoko hatten Aufmerksamkeit generiert. Für<br />
den Weltfrieden, also ein ehrenvolles Anliegen.<br />
Eine Avantgardekünstlerin passte nicht zum Paarungskodex<br />
der Rockaristokratie<br />
Dass Lennon etwa zeitgleich seinen Mittelnamen Winston gegen Ono<br />
eintauschte und seinen „Order Of The British Empire“ an die Königin<br />
aller Briten retournierte, das mochte ja prinzipiell in Ordnung sein,<br />
schürte aber auch allerlei Befürchtungen. Die Auszeichnung hatte er<br />
immerhin als Beatle erhalten, sie zurück zu geben, konnte nichts Gutes<br />
bedeuten. Lennons diesbezüglicher Brief an die Königin ist legendär,<br />
machte er Britanniens Oberhaupt doch nicht nur für den Einsatz britischer<br />
Truppen in Biafra und die Unterstützung der Amerikaner in<br />
Vietnam verantwortlich, sondern auch für das schwache Abschneiden<br />
seiner aktuellen Single „Cold Turkey“. Die Öffentlichkeit quittierte<br />
derartige Aktionen wahlweise mit Wohlwollen, Erheiterung, Unverständnis<br />
und blankem Hass, dazu gesellte sich gelegentlich eine gehörige<br />
Portion Küchenpsychologie: Yoko war an allem Schuld. Vor allem<br />
daran, dass die Beatles mittlerweile ein Haufen mehr oder minder zerstrittener<br />
Individualisten waren, die schließlich vorzogen getrennte<br />
Wege zu gehen.<br />
Dabei hätte es bereits damals so furchtbar einfach sein können:<br />
Wer von sich behauptete, den realen Menschen John Lennon zu respektieren,<br />
der hätte gut daran getan, dessen Liebe zu Yoko Ono zu<br />
akzeptieren. Was manchen Beatles-Fans enorm schwer fiel, sie bogen<br />
sich ihren persönlichen Lennon lieber als sensible Phantasiegestalt zurecht,<br />
einst von der Mutter verlassen und daher armes Opfer maternalistischer<br />
Manipulationen seitens dieser „japanischen Hexe“. Wer 1970<br />
so argumentierte, der unterstellte Lennon eine gewisse Willenlosigkeit,<br />
die in Anbetracht seines Alters und seines schon damals für mehr als<br />
ein Leben reichenden Erfahrungsschatzes ziemlich abwegig erscheint.<br />
Der Mann mochte nach dem Ende der Beatles ausgelaugt sein, emotional<br />
angeschlagen und auf der Suche nach künstlerischem Neuland<br />
sowie innerem Frieden, doch er wusste vermutlich recht genau, was<br />
er wollte, brauchte und wie er es erreichen konnte. John Lennon war<br />
bekanntermaßen ein intelligenter Mensch, und als solcher ließ er sich<br />
gewiss nicht – trotz aller ihm zugeschriebenen Begeisterungsfähigkeit<br />
– ohne weiteres manipulieren.<br />
Paul McCartney machte einfach weiter wie bisher, hatte eine Band,<br />
in der er diesmal sogar der unbestrittene Chef sein durfte. George Harrison<br />
fand Halt im Spirituellen, der Erfolg in der „Material World“<br />
wurde von seiner Seite nicht über Gebühr forciert. Wenn ein Hit wie<br />
„My Sweet Lord“ heraussprang, war das schön, mehr aber auch nicht.<br />
Es gab Wichtigeres in seinem Leben. Und Ringo Starr? Der knüpfte<br />
Beziehungen, pflegte Freundschaften, produzierte selbstgenügsam<br />
4<br />
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