Birgitta Weimer - Zeit Kunstverlag
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Aisthesis bedeutet nach Aristoteles Fähigkeit zur Wahrnehmung<br />
und bildet die gemeinsame Grundlage von Kunst und Wissenschaft,<br />
die als gleichberechtigte Systeme unsere Wahrnehmung<br />
von Wirklichkeit definieren. Ich betrachte Kunst als Erkenntnisprozeß,<br />
künstlerische Arbeit als intuitives Denken.<br />
Hintergründe meiner Arbeit bilden biografische Erfahrungen in<br />
verschiedenen Kulturen und die permanente Beschäftigung mit<br />
dem <strong>Zeit</strong>geist, der Kulturanthropologie, der Philosophie und in<br />
den letzten zehn Jahren vermehrt den Naturwissenschaften, die<br />
als Biotechnologien unser Selbst- und Weltverständnis radikal<br />
verändern.<br />
Nach der ursprünglichen ersten und der vom Menschen kulturalisierten<br />
zweiten Natur befinden wir uns heute in einer Phase der<br />
dritten Natur, in der das Natürliche und Künstliche immer mehr<br />
miteinander verschmelzen.<br />
Weder die Illustration wissenschaftlicher Erkenntnisse oder die<br />
Anwendung von Laborästhetik noch die Beschwörung von Horrorszenarien<br />
oder naiver Cyber-Enthusiasmus definieren meinen<br />
Umgang mit der durch die Lifesciences geprägten dritten Natur,<br />
sondern ich benutze den altmodischen Begriff der Analogie, der<br />
Vielschichtigkeiten und Ambivalenzen mit einschließt, sich damit<br />
einem grundlegenden Diskurs öffnet.<br />
Sie bringen Strukturen in das Chaos unserer Wirklichkeit und<br />
bilden Identität.<br />
»... Art constructs a tenuous point of contact between an infinite<br />
mass of precisely firing neurons and the chaos of our monadic<br />
inner atmosphere. It makes visible both the compositional hard<br />
wiring as well as the emotional cloudiness of thought colliding<br />
with recalcitrant matter. Complex artworks themselves the incarnate<br />
demonstration of the sophisticated process of high-order<br />
cognition, go beyond the analytical issues being tackled in<br />
neuroscience laboratories ...<br />
So far nothing in chemistry, physics or biology explains the nature<br />
of this subjective experience or captures those moments of<br />
connectedness when we most vividly sense that someone is inside<br />
our heads ...<br />
Revitalizing forgotten or despised analogy, then might help us<br />
discover not only how the mind seeks out and binds clear with<br />
fuzzy arrangements, or manages to synthesize the vast quantities<br />
of chaotic data with which we are increasingly inundated,<br />
but how, time and again, it stitches our mutable, compound selves<br />
into a single self in periods of consciousness.«<br />
(Barbara Stafford: Visual Analogy. Consciousness as the Art of<br />
Connecting, p. 179, MIT-Press Cambridge MA, 1999)<br />
Visuelle Analogien knüpfen Verbindungen zwischen verschiedenen<br />
Systemen der Wahrnehmung, zwischen vorwissenschaftlichen<br />
und wissenschaftlichen Ordnungssystemen, zwischen<br />
Kunst und Naturwissenschaften.<br />
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