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Helicobacter pylori: - Österreichische Gesellschaft für ...

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EUR 7,–<br />

Jahrgang 7 | 2013<br />

ISSN 2306-8213<br />

jatros<br />

Medizinisches Fachjournal<br />

Infektiologie &<br />

Gastroenterologie-Hepatologie<br />

2013/3<br />

P.b.b. Verlagspostamt 1150 Wien<br />

GZ 09Z038186 M<br />

<strong>Helicobacter</strong><br />

<strong>pylori</strong>:<br />

Resistenzsituation und<br />

Therapieempfehlungen<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin


Gilead Sciences GesmbH · Wagramer Straße 19, 1220 Wien<br />

1. Panel on Antiretroviral Guidelines for Adults and Adolescents. Guidelines for the use of antiretroviral agents in HIV-1-infected adults and adolescents. Department<br />

of Health and Human Services. 1-239. Available at http://www.aidsinfo.nih.gov/ContentFiles/AdultandAdolescentGL.pdf. Section accessed [31.08.12] [p103]<br />

HIV/AT/13-08/MI/1876 Erstellungsdatum: Jänner 2013 Stand: November 2012


XXX<br />

Coverstory Seite 29<br />

HIV/AIDS<br />

Gastroenterologie<br />

DÖAK 2013<br />

HIV/Aids heute – Konzepte & Kontroversen 6<br />

DÖAK 2013<br />

HIV-Therapie: Herz und Niere im Fokus 8<br />

<br />

DÖAK 2013<br />

Begegnen, Verstehen, Bewegen 10<br />

H. Stoiber, Innsbruck<br />

<br />

Relevanz von rechtzeitigem Screening<br />

und einer ZNS-adaptierten Therapie 11<br />

Erweiterung der therapeutischen<br />

Palette mit innovativem STR 14<br />

Infektiologie<br />

MERS-CoV<br />

Gefahr aus dem Mittleren Osten 16<br />

F. Heinz, Wien<br />

Echinokokkose –<br />

Klinik, Diagnose und Therapie 17<br />

<br />

Neuer Pockenimpfstoff vor<br />

Zulassung in der EU 19<br />

<br />

Staphylococcus aureus<br />

Konsensus: Therapie mit alten Antibiotika 21<br />

Giftiger Dienstag<br />

Sinnlose mikrobiologische Befunde 24<br />

Resistenzproblematik<br />

Therapie multiresistenter gramnegativer Erreger 26<br />

Offenlegung<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH (100%ige Tochter der<br />

Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed<br />

Holding GmbH<br />

Guidelines zur H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Differenzierte Behandlungs konzepte<br />

nach europäischer Konsensuskonferenz 29<br />

P. Malfertheiner, Magdeburg<br />

Eradikation von <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong>:<br />

österreichische Empfehlungen 33<br />

<br />

Mikrobiologische Diagnose<br />

der H. <strong>pylori</strong>-Infektion 36<br />

<br />

Antibiotikaresistenz in der Therapie<br />

des MALT-Lymphoms des Magens 39<br />

ÖGGH 2013<br />

Anti-TNF-α-Therapien bei CED in der Schwangerschaft 41<br />

<br />

Hepatologie<br />

ÖGGH 2013<br />

Herausforderung Hepatitis B 45<br />

HCV-Screening der<br />

„Baby Boomer“-Generation 49<br />

<br />

ÖGHH 2013<br />

Infektionen und Leberzirrhose 52<br />

<br />

ÖGGH 2013<br />

Nicht alkoholische Fettleber erkrankung und Krebs 55<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-<br />

Straße 6–8, 1150 Wien. office@universimed.com. Geschäftsführung: Dr. Bartosz<br />

Chłap, MBA. Tel.: 01/876 79 56. Fax: DW 20. Chef redaktion: Mag. Thomas<br />

Schindl. E-Mail: thomas.schindl@universimed.com. Externer Redakteur: Dr.<br />

Norbert Hasenöhrl. Projektleitung: Mag. René Milich. Grafik: Amir Taheri.<br />

Lektorat: Dr. Patrizia Maurer, DI Gerlinde Hinterhölzl, Mag. Sabine Wawerda.<br />

Druck: AV + Astoria Druckzentrum GmbH, 1032 Wien. Gerichtsstand: Wien.<br />

Fotonachweis: fotolia, istockphoto, Archiv.<br />

Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo EUR 22,–, Einzelheft EUR 7,– inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. Das Medium JATROS<br />

Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien und Kongresse sowie News. Namentlich<br />

gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Diese Beiträge fallen<br />

somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in Print und Internet an Universimed über. Für unverlangt eingereichte Manuskripte und<br />

Bilder übernimmt Universimed keine Haftung. Hinweise: Für die Preisangaben sowie An gaben zu Diagnose und Therapie, ins be sondere Dosierungsanweisungen und Ap plika tionsformen, kann seitens der Redak tion keine Garantie/Haftung<br />

übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen (z.B. Austria-Codex) auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Geschützte Warenzeichen werden nicht in jedem Fall kenntlich<br />

gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um ein nicht ge schütztes Produkt handelt. Mit der Einsendung eines Manuskriptes erklärt sich der Urheber/Einsender damit einverstanden, dass<br />

der entsprechende Bei trag ganz oder teilweise in allen Publikationsorganen von Univer simed publiziert werden kann. Copyright: Alle Rechte liegen bei Universimed. Nachdruck oder Verviel fältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher<br />

Ge nehmigung. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Infor ma tion des Lesers.<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 3 I jatros


Infektiologie<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

editorial<br />

Liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen,<br />

F. Thalhammer, Wien<br />

ich hoffe, Ihr Wissensdurst ist groß und die zur Verfügung<br />

stehende Zeit reichlich, denn der Herbst wird aus infektiologischer<br />

Sicht sehr reichhaltig sein: Die Österreichische <strong>Gesellschaft</strong><br />

für antimikrobielle Chemotherapie (ÖGACH) veranstaltet<br />

am 14. November 2013 ihre Jahrestagung zum<br />

Thema „Mikrobiologie, Infektiologie, Hygiene & Apotheke<br />

– Antimicrobial Stewardship im Spital leben“ im Bundesministerium<br />

für Gesundheit. Am 15. November 2013 findet<br />

ebendort eine Veranstaltung zum Europäischen Antibiotikatag<br />

statt. Weiters gibt es zahlreiche „Antibiotic Stewar d­<br />

ship“-Programme unter der Ägide der ÖGACH – nähere<br />

Details und Anmeldemöglichkeiten findet man auf www.<br />

oegach.at.<br />

Die Jahrestagung der Österreichischen <strong>Gesellschaft</strong> für Tropenmedizin,<br />

Parasitologie und Migrationsmedizin (www.<br />

oegtpm.at) zum Thema „Migration of People and Pathogens“<br />

findet vom 21. bis 23. November 2013 in der Veterinärmedizinischen<br />

Universität in Wien statt.<br />

Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche Veranstaltungen zu<br />

infektiologischen Themen beim Giftigen Dienstag (Beginn 1.<br />

Oktober 2013) und beim Giftigen Samstag – Details finden<br />

Sie unter www.infektiologie.co.at. Besonders möchte ich auf<br />

die „Spezialveranstaltungen“ aufmerksam machen, die interessante<br />

Randthemen wie inhalative Antibiotikatherapie oder<br />

interaktiv aufbereitete Fragestellungen aus dem Bereich Pilze<br />

bearbeiten werden.<br />

Wahrscheinlich habe ich viele weitere Veranstaltungen übersehen,<br />

aber alle haben eines gemeinsam: Die Infektiologie<br />

zieht sich durch unser gesamtes medizinisches Leben und beweist<br />

damit einmal mehr ihre fächerübergreifende Bedeutung.<br />

Ich wünsche einen spannenden Herbst und hoffe, Sie bei vielen<br />

Veranstaltungen zu sehen.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Florian Thalhammer<br />

Vizepräsident der OEGIT<br />

Wissenschaftlicher Beirat – Infektiologie<br />

Univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; Univ.-Prof. Dr. H. Burgmann, Wien; Univ.-Prof. DDr. A. Georgopoulos, Wien; Univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien;<br />

OA Dr. O. Janata, Wien; Univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. Univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; Univ.-Prof. Dr.<br />

I. Mutz, St. Marein i. M.; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. Dr. A. Rieger, Wien; Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer,<br />

Wien; Prim. Dr. N. Vetter, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; Univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien.<br />

jatros I Seite 4<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


editorial<br />

Gastroenterologie-Hepatologie<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser!<br />

P. Ferenci, Wien H. Tilg, Innsbruck<br />

© TILAK<br />

Es freut uns, Ihnen in dieser Ausgabe von JATROS Infektiologie<br />

& Gastroenterologie-Hepatologie einen umfassenden<br />

thematischen Schwerpunkt zu den Empfehlungen für die<br />

Eradikation der <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> (HP)-Infektion in Österreich<br />

und Europa präsentieren zu können. Als Initiator und<br />

wissenschaftlicher Koordinator des Schwerpunktes unterstreicht<br />

Assoc. Prof. Dr. Christoph Steininger, MedUni Wien,<br />

Leiter der Arbeitsgruppe für Infektiologie der Österreichischen<br />

<strong>Gesellschaft</strong> für Gastroenterologie und Hepatologie<br />

(ÖGGH), die Bedeutung dieses Themas:<br />

„Auf Basis der vorliegenden mikrobiologischen Daten unterscheidet<br />

sich die Situation in Österreich wesentlich von der gesamteuropäischen<br />

Situation, sodass wir nicht ohne Einschränkungen<br />

auf die europäischen Empfehlungen bezüglich Diagnose,<br />

Therapie und Prävention der Komplikationen einer<br />

HP-Infektion zurückgreifen können. Hinzu kommt die Frage,<br />

ob auf Basis der mikrobiologischen Daten, die für Wien und<br />

teilweise für die Steiermark vorliegen, auch Rückschlüsse auf<br />

die generelle Situation in Österreich, mit den entsprechenden<br />

Ableitungen für die Therapie, gezogen werden können. Zudem<br />

sind wichtige Substanzen wie Bismutpräparate in Österreich<br />

nicht verfügbar und der Einsatz von Clarithromycin ist<br />

möglicherweise nur mehr eingeschränkt zielführend, sodass<br />

vermehrt auf andere Substanzklassen ausgewichen wer den<br />

muss, dabei auch auf solche, die man zuletzt aus Gründen der<br />

Resistenzentwicklung möglichst sparsam einzusetzen versucht<br />

hat. Aufgrund epidemiologischer Entwicklungen gab es in den<br />

letzten zehn Jahren die Bestrebung, den Einsatz von Chinolonen<br />

wegen zunehmender Resistenzen gegenüber E. coli und<br />

anderen gramnegativen Keimen zu reduzieren. Mit der HP-<br />

Eradikation ist nun allerdings eine potenziell wichtige neue<br />

Indikation für den Einsatz von Chinolonen hinzugekommen,<br />

was diese Bestrebungen konterkarieren könnte.“<br />

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf unserer<br />

Berichterstattung von der Jahrestagung der ÖGGH, 13.–15.<br />

Juni in Graz. Als Highlights seien hier der Artikel von Dr.<br />

Stefan Traussnigg, Wien, zum Thema „Anti-TNF-α-<br />

Therapien bei CED in der Schwangerschaft“ sowie der Artikel<br />

von PD Dr. Vanessa Stadlbauer-Köllner, Graz, über die<br />

„Rolle der intestinalen Permeabilität und der Neutrophilenfunktion“<br />

bei Patienten mit Leberzirrhose genannt. Die Referate,<br />

die den beiden Artikeln zugrunde liegen, wurden jeweils<br />

mit dem Preis der ÖGGH für den besten freien Vortrag<br />

im Bereich Hepatologie und CED ausgezeichnet.<br />

Weiters beschäftigt sich Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel,<br />

Innsbruck, in seinem Artikel mit dem kontroversiellen Thema,<br />

ob die Empfehlung aus den USA, die gesamte „Baby<br />

Boomer“-Generation einem Screening auf eine Virus-Hepatitis-C-Infektion<br />

zu unterziehen, auch in Österreich Anwendung<br />

finden sollte.<br />

Wir wünschen Ihnen eine interessante und informative<br />

Lektüre!<br />

Univ.-Prof. Dr. Peter Ferenci<br />

Co-Editor Hepatologie<br />

Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg<br />

Co-Editor Gastroenterologie<br />

Wissenschaftlicher Beirat – Gastroenterologie & Hepatologie<br />

OA Dr. H. Bognar, Krems; Univ.-Prof. Dr. C. Datz, Oberndorf; Univ.-Prof. Dr. I. Graziadei, Innsbruck; Univ.-Doz. Dr. M. Gschwantler, Wien; OA Dr. T. Haas, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. P. Knoflach, Wels-Grieskirchen;<br />

Univ.-Prof. Dr. R. Koch, Innsbruck; OA Dr. W. Korak, Klagenfurt; Univ.-Prof. Dr. L. Kramer, Wien; Prof. Dr. C. Madl, Wien; OA Dr. A. Maieron, Linz; Priv.-Doz. DDr. A. R. Moschen, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-<br />

Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. Petritsch, Graz; Univ.-Prof. Dr. W. Reinisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. R. Stauber, Graz; Assoc. Prof. Dr. C. Steininger, Wien; OA Dr. M. Strasser, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. W.<br />

Vogel, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. H. Vogelsang, Wien<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 5 I jatros


HIV/AIDS<br />

Kongress<br />

DÖAK 2013<br />

HIV/Aids heute –<br />

Konzepte & Kontroversen<br />

Mehr als 30 Jahre nach der Entdeckung von HIV ist die Infektion auch heute noch<br />

mehr als ein Krankheitsbild: Sie ist eine medizinische, eine gesellschaftliche und politische<br />

Herausforderung. Der 6. Deutsch-Österreichische Aids-Kongress (DÖAK),<br />

der vom 12. bis 15. Juni in Innsbruck stattfand, beschäftigte sich auf verschiedensten<br />

Ebenen mit dem Status quo der Epidemie. Mehr als 1.000 Teilnehmer aus<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz waren der Einladung gefolgt.<br />

Rolle des angeborenen Immunsystems<br />

Welche Rolle das angeborene Immunsystem<br />

im Verlauf der HIV-Erkrankung<br />

spielt, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Marcus<br />

Altfeld, Boston/Hamburg. In seinem<br />

Vortrag ging er auf die dualen Effekte<br />

des angeborenen Immunsystems bei der<br />

akuten und der chronischen Infektion<br />

ein und darauf, wie die permanente<br />

Immunaktivierung in der chronischen<br />

Phase zur Pathologie der Infektion beiträgt.<br />

Bezüglich der Mechanismen, die<br />

OR 95% CI p-Wert<br />

Alter 45 Jahre 1,0<br />

Wohnortgröße


HIV/AIDS<br />

Altern von HIV-Patienten zur Diskussion<br />

und betonte, dass der Altersphänotyp<br />

bei HIV-Patienten vielen Einflüssen<br />

unterliegt. Man könne nicht präzise differenzieren<br />

zwischen Schädigungen, die<br />

HIV selbst, die HIV-Therapie hervorruft<br />

und solchen, die durch das allgemeine<br />

Altern bedingt sind. Sein Credo: „Wir<br />

sollten die Aussage kritisch hinterfragen,<br />

dass ,alles Alter‘ ist, und versuchen,<br />

einzelne Phänomene auch einzeln und<br />

vielleicht sogar erfolgreich zu behandeln.“<br />

Zu den o.g. Einflüssen zählen neben<br />

dem persistierenden Immundefekt<br />

und der Immunaktivierung auch der Lebensstil,<br />

Begleiterkrankungen, die ART-<br />

Toxizität und alle Manifestationen der<br />

physiologischen Alterung, woraus sich<br />

eine Vielzahl medizinischer und gesellschaftlicher<br />

Herausforderungen ergebe.<br />

Diese reichen von einer frühen Diagnose<br />

über die rechtzeitige Einleitung der<br />

ART, das Management von Begleiterkrankungen,<br />

die Unterstützung der<br />

Verhaltensmodifikation, die ärztliche<br />

Assistenz bei sozialen Risiken und die<br />

Vorbereitung auf End-of-Life-Szenarien<br />

bis zur Vorbereitung der <strong>Gesellschaft</strong><br />

und des medizinischen Systems auf die<br />

Pflege einer steigenden Zahl alternder<br />

Menschen mit HIV.<br />

AHIVCOS-Daten und Risikofaktoren für<br />

virales Versagen<br />

So groß die Fortschritte in der HIV-Therapie<br />

sind, so viele Fragen sind noch offen.<br />

Einen Beitrag zur Forschungsarbeit<br />

und gesundheitspolitischen Steuerung<br />

liefern Kohortenstudien. Sie dienen,<br />

qualitativ und quantitativ auf wissenschaftlich<br />

hohem Niveau durchgeführt,<br />

der Beurteilung verschiedener Aspekte<br />

der HIV/AIDS-Epidemie. Die vor 13<br />

Jahren etablierte „AHIVCOS“ ist in<br />

Österreich mit der Registrierung detaillierter<br />

Behandlungsabläufe sowie der<br />

systematischen Erfassung und Optimierung<br />

der klinischen Betreuung von HIV-<br />

Patienten das wichtigste Instrument zur<br />

HIV-Surveillance. In diesem Jahr konnte<br />

bereits der 23. AHIVCOS-Bericht mit<br />

aktuellen epidemiologischen Daten zum<br />

Therapiezugang, Erhebungen zur Mortalität,<br />

zum Outcome unter antiviraler<br />

Therapie, zu Resistenzen und Koinfektionen<br />

bei den ca. 7.500 bis 8.500 HIV-<br />

Infizierten in Österreich veröffentlicht<br />

werden. Etwa die Hälfte der Betroffenen<br />

befindet sich in Behandlung. Mit<br />

3.597 Teilnehmern erfasst AHIVCOS<br />

knapp über 90% aller an einem der<br />

sieben Zentren in antiretroviraler Therapie<br />

(ART) befindlichen Infizierten in<br />

Österreich.<br />

Sehr eindrucksvoll konnte in der Kohortenstudie<br />

der Rückgang der Sterblichkeit<br />

seit Einführung der ART gezeigt<br />

werden. Starben 1994 noch 47 Männer<br />

und 55 Frauen von 100 HIV-Infizierten,<br />

so ist diese Rate bei Männern auf unter<br />

10 und bei Frauen unter 5 gesunken.<br />

Dabei habe sich, wie Mag. Gisela Sturm<br />

für die AHIVCOS Group erläuterte, das<br />

Spektrum der Mortalität verändert und<br />

das Sterberisiko sei gesunken. Besonders<br />

interessant sei zudem die Erkenntnis,<br />

dass Patienten, die das Zentrum wechselten<br />

(warum sie dies tun, ist noch unklar),<br />

ein höheres Mortalitätsrisiko<br />

aufweisen würden. Auch Risikofaktoren<br />

für virales Versagen wurden in der<br />

AHIVCOS erfasst (Tab. 1). Mag. Gogl<br />

Interview mit Prof. Marcus Altfeld<br />

stellte die aktuelle Analyse vor und konstatierte,<br />

dass von fast 4.000 erfassten<br />

Patienten im Jahr 2012 bei 3,2% ein<br />

virales Versagen auftrat. Dies betraf<br />

vermehrt Patienten unter 45 Jahren und<br />

mehr Bewohner aus Wien im Vergleich<br />

zu anderen Landeshauptstädten. Patienten,<br />

die sich über i.v. Drogengebrauch<br />

anstecken, haben ein höheres Risiko<br />

für virales Versagen. Außerdem ist der<br />

CD4-Nadir ein Prädiktor: Je niedriger er<br />

ist, desto häufiger tritt virales Versagen<br />

auf. Als weiterer Risikofaktor wurden<br />

Resistenzen gegen NRTI und NNRTI<br />

identifiziert. Auch ein Therapiebeginn<br />

nach 1997 stellte sich als Risikofaktor<br />

heraus und es zeigte sich, dass ART-Unterbrechungen<br />

die Häufigkeit eines viralen<br />

Versagens erhöhen. Anhand der hier<br />

aufgedeckten Risikofaktoren kann das<br />

Management von Patienten unter ART<br />

optimiert werden.<br />

n<br />

Quelle: 6. Deutsch-Österreichischer Aids-Kongress<br />

(DÖAK), 12.–15. Juni 2013, Innsbruck<br />

Bericht: Elke Klug<br />

Beim Eindringen des HI-Virus in den Körper tut das angeborene<br />

Immunsystem offenbar nicht das, was es sollte. Wo liegt das Defizit<br />

im Immunsystem der betroffenen Patienten?<br />

M. Altfeld: Das HI-Virus wird erkannt, aber integriert sich schnell in das<br />

Genom von Zellen des Körpers, aus denen es nicht mehr entfernt werden<br />

kann. Die antivirale Immunantwort wird zwar aktiviert (dies manifestiert<br />

sich z.B. durch Fieber und Lymphknotenschwellung), aber sie reicht nicht<br />

aus, um die Infektion zu verhindern.<br />

Die Patienten leben heute unter ART deutlich länger, trotzdem ist die Lebenserwartung<br />

geringer. Woran sterben sie eher als HIV-negative Personen?<br />

M. Altfeld: An einer Reihe von Erkrankungen wie Tumoren, kardiovaskulären Erkrankungen<br />

(Herzinfarkt, Schlaganfall), Nierenversagen – in vielen Fällen ist insgesamt ein schnelleres Altern<br />

des Immunsystems zu beobachten.<br />

Welche Rolle spielt das bei chronischen Infektionen permanent aktive Immunsystem<br />

und welche neuen Erkenntnisse werden zukünftig die HIV-Therapie beeinflussen?<br />

M. Altfeld: Es ist mittlerweile klar, dass das im Rahmen der chronischen Infektion permanent<br />

aktive Immunsystem mit diesem schnelleren Alterungsprozess des Immunsystems sowie dem Auftreten<br />

von kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert ist. Zukünftige Therapien müssen versuchen,<br />

nicht nur die Viruslast zu reduzieren, sondern auch die persistierende Immunaktivierung zu verringern.<br />

Gelten mögliche therapeutische Optionen für Männer und Frauen gleichermaßen?<br />

M. Altfeld: Diese Behandlungsstrategie der kombinierten Reduktion von Virusreplikation und<br />

Entzündung gilt sowohl für Frauen als auch Männer. Allerdings sind die Entzündungsmarker bei<br />

Frauen oft höher als bei Männern und eine Reduktion der Entzündungswerte bei Frauen ist daher<br />

in manchen Situationen dringend erforderlich.<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 7 I jatros


HIV/AIDS<br />

Kongress<br />

DÖAK 2013<br />

HIV-Therapie:<br />

Herz und Niere im Fokus<br />

Auf dem Deutsch-Österreichischen<br />

AIDS-Kongress (DÖAK), 12.–15. Juni<br />

in Innsbruck, diskutierten Experten<br />

aus dem deutschsprachigen Raum<br />

aktuelle Probleme und Herausforderungen<br />

rund um HIV.<br />

Dank der modernen HIV-Therapie werden die Patienten<br />

immer älter. HIV-Behandler sehen sich nun<br />

mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Im Vordergrund<br />

steht in den meisten Fällen nicht mehr das<br />

Überleben des Patienten, sondern das Management<br />

der Begleiterkrankungen. Altersassoziierte Erkrankungen,<br />

vor allem kardiovaskuläre, renale und hepatische<br />

Erkrankungen, Krebs und Störungen des Knochenstoffwechsels,<br />

treten bei HIV-Infizierten häufiger und<br />

früher auf als bei Nichtinfizierten. Mögliche Ursachen<br />

dafür sind eine residuale Immundefizienz, die chronisch<br />

persistierende Inflammation sowie die kumulative<br />

Toxizität der antiretroviralen Therapie. 1<br />

Herz: erhöhtes Risiko<br />

Speziell Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems<br />

und der Nieren haben häufig schwerwiegende Folgen<br />

und standen daher im Fokus eines eigenen Symposiums.<br />

Dr. Stefan Esser, Essen, verdeutlichte anhand<br />

verschiedener Auswertungen der noch laufenden<br />

prospektiven HIV-HEART-Studie, dass kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen eine große Herausforderung für die<br />

HIV-Behandler darstellen. Im Verlauf von fünf Jahren<br />

kam es bei Infizierten zu einer relativen Verschlechterung<br />

im Framingham-Score, die nicht alleine auf<br />

das zunehmende Alter der Patienten zurückzuführen<br />

war (n=505, mittleres Alter 44,3 Jahre, HIV-Therapie<br />

Mittlere Veränderung<br />

gegenüber Baseline zu<br />

Woche 12 (%)<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

-50<br />

-13<br />

*<br />

1<br />

Gesamt-<br />

Cholesterin<br />

-15<br />

*<br />

2<br />

NON<br />

HDL-C<br />

85,7% zu Baseline und 96,4% nach fünf Jahren). 2<br />

Protektive Faktoren waren Sport und ein sinkender<br />

Triglyzerid-Wert unter einer lipidsenkenden Therapie. 2<br />

In einer weiteren Analyse betrug die Prävalenz einer<br />

kardiovaskulären Erkrankung 10,1% (n=803, mittleres<br />

Alter 44,2 Jahre) 3 und bei Patienten, die über 45<br />

Jahre alt waren, war im Vergleich zur jüngeren Patientengruppe<br />

eine überproportionale Zunahme der Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen in den nächsten Jahrzehnten<br />

zu erwarten (16,4 vs. 4,2%, p


WAS SIE HEUTE TUN<br />

KANN DEREN MORGEN BEEINFLUSSEN<br />

STARTMRK 1<br />

5<br />

JAHRE<br />

Die Abbilung stellt keinen echten Patienten dar. 08-15-INFC-1085479-0001. Erstellt: August 2013.<br />

Vor der Verschreibung von ISENTRESS ® beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation.<br />

1<br />

J.K. ROCKSTROH et al., J Acquir Immune Defic Syndr. 2013 May 1;63(1):77-85.<br />

Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H. Europlaza Gebäude G, Am Europlatz 2, 1120 Wien ® Registered Trademark<br />

© Urheberrechtlich geschützt für Merck Sharp & Dohme Corp., ein Unternehmen von Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA.


HIV/AIDS<br />

Interview<br />

DÖAK 2013<br />

Begegnen, Verstehen,<br />

Bewegen<br />

Vom 12.–15. Juni fand heuer in Innsbruck der 6. Deutsch-Österreichische<br />

Aids-Kongress (DÖAK) statt. JATROS traf den Kongresspräsidenten,<br />

Univ.-Prof. Dr. Heribert Stoiber, Innsbruck, für ein Interview, um mit ihm<br />

Bilanz über den diesjährigen Kongress zu ziehen.<br />

H. Stoiber, Innsbruck<br />

Wofür steht das diesjährige Motto?<br />

H. Stoiber: Es geht dabei einerseits um die<br />

Begegnung und Interaktion zwischen den<br />

Kongressteilnehmern aus der Community,<br />

den Sozialwissenschaften und den behandelnden<br />

Ärzten sowie Vertretern der<br />

Grundlagenforschung. Andererseits sollen<br />

einander auch Teilnehmer und Bürger<br />

begegnen, die gar nichts mit HIV/Aids zu<br />

tun haben. Dafür wurde ein großes Programm<br />

mit vielen öffentlichen Aktionen<br />

organisiert. Verstehen und Bewegen soll<br />

auch für Akzeptanz stehen. Und es geht<br />

auch um Präventionsmessages. Dazu gehören<br />

z.B. unsere Schülerprojekte, die<br />

zum Verstehen anregen sollen.<br />

Was waren für Sie die wissenschaftlichen<br />

Highlights?<br />

H. Stoiber: Aus gutem Grund wurde der<br />

Koinfektion HIV-positiver Personen mit<br />

Hepatitis C auf diesem Kongress besondere<br />

Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem<br />

gegen HCV sind vielversprechende<br />

neue Medikamente zugelassen oder in<br />

klinischer Testung. Anfang kommenden<br />

Jahres werden wieder zwei oder drei neue<br />

Substanzen zu den schon verfügbaren PI<br />

zugelassen. Wenn es so weitergeht, werden<br />

wir bald die Interferon-freie Therapie<br />

haben. Die ersten Ergebnisse zeigen schon<br />

Erfolge in Phase II mit durchaus schwierig<br />

zu behandelnden Patienten. Teilweise<br />

eine mögliche Eradikation des Virus zu<br />

90% – das ist bemerkenswert.<br />

Im Bereich der neuen HIV-Medikamente<br />

gibt es m.E. verschiedene Entwicklungsebenen.<br />

Die pharmazeutische Industrie<br />

verspricht sich z.B. sehr viel davon,<br />

mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zu<br />

kombinieren und diese einmal täglich zu<br />

verabreichen. Einige der Communitys<br />

sagen allerdings, das brauchen wir nicht<br />

wirklich, es macht uns unflexibel. Außerdem<br />

gibt es verschiedene gentherapeutische<br />

Ansätze, hier z.B. in Innsbruck von<br />

meiner Kollegin Prof. Dorothee von Laer.<br />

Da ist einiges in vitro in Erprobung. Mit<br />

dem Einsatz antiviraler Gene könnte man<br />

etwa der Entwicklung einer HIV-Gentherapie<br />

oder gar eines Aids-Impfstoffes einen<br />

großen Schritt näher gekommen sein.<br />

Eine der Hauptbotschaften des DÖAK<br />

war die Notwendigkeit eines globalen<br />

Zugangs zur HIV-Therapie. Welche<br />

Möglichkeiten sehen Sie, die aktuelle<br />

Situation zu verbessern?<br />

H. Stoiber: Dazu diente z.B. unser Entschluss,<br />

an den Anfang des Kongresses<br />

den Schwerpunkt Universal Access zu<br />

setzen. Das ist ja nicht nur ein Dritte-<br />

Welt-Phänomen. In sehr reichen Ländern<br />

wie den USA z.B. gibt es dieses Problem<br />

ebenfalls. Und auch bei uns ist nicht jeder<br />

unter Therapie, der es sein sollte. Deshalb<br />

wollten wir die politische Akzeptanz allgemein<br />

erhöhen und klarmachen, dass<br />

man Gesundheit nicht als Gnadengut<br />

ansehen soll, sondern als Wirtschaftsfaktor.<br />

Wenn man jetzt in die Gesundheit<br />

investiert, dann wird sich das auszahlen.<br />

Die heutigen „Nehmerländer“ müssten<br />

nicht länger Bittsteller sein. Ganz abgesehen<br />

davon, dass das auch eine Frage<br />

der Menschenwürde ist. Denn es geht<br />

auch um Lebensqualität für die Betroffenen.<br />

Dafür müssen so viele Infizierte<br />

so schnell wie möglich unter Therapie<br />

kommen. Die beiden Science-Studien, die<br />

Anfang des Jahres in Südafrika publiziert<br />

wurden, zeigen eindrücklich, dass Treatment<br />

as Prevention funktioniert. Je mehr<br />

Menschen weltweit mit Therapie eine Viruslast<br />

unter der Nachweisgrenze haben,<br />

umso weniger Neuinfektionen gibt es.<br />

Dafür sind auch die finanziellen Mittel<br />

und Ressourcen sehr wichtig. Die Riesen-<br />

Euphorie, vor allem der OECD-Staaten,<br />

die diese Hilfe vertraglich zugesichert haben,<br />

ist teils verpufft. Die meisten zahlen<br />

zwar, aber viel weniger, als sie versprochen<br />

haben. Österreich hat vor ein paar<br />

Jahren eine Einmalzahlung geleistet und<br />

seither nie mehr irgendetwas gezahlt. Das<br />

Ministerium bekommt regelmäßig unsere<br />

umfangreichen Kohortendaten. Auf diese<br />

Weise kann man Präventionsmaßnahmen<br />

leichter initiieren, Argumente liefern, z.B.<br />

für kostenlose HIV-Test, usw. Und vielleicht<br />

kommt man dann einmal dahin,<br />

dass auch Österreich in den Global Fund<br />

einzahlt.<br />

n<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

Das Interview führte Elke Klug<br />

jatros I Seite 10<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Studienzusammenfassung<br />

HIV/AIDS<br />

HAND<br />

Relevanz von rechtzeitigem<br />

Screening und einer ZNSadaptierten<br />

Therapie<br />

Trotz der zunehmenden Fortschritte im Bereich der HIV-Therapie stellt die Involvierung<br />

des ZNS immer noch eine Herausforderung dar. Erstmalig wurde von einer Expertengruppe<br />

das Mind-Exchange-Programm entwickelt, um Empfehlungen für ein adäquates<br />

Management von HIV-assoziierten neurokognitiven Beeinträchtigungen hinsichtlich<br />

Screening und Therapieoptimierung zu offerieren.<br />

Zu den unter dem Begriff HAND<br />

(HIV-associated neurocognitive disorder)<br />

subsumierten Formen neurokognitiver<br />

Beeinträchtigungen (neurocognitive<br />

impairment, NCI) zählen die<br />

HIV-bedingte Demenz (HAD) sowie die<br />

milderen Ausprägungen ANI (asymptomatic<br />

neurocognitive impairment)<br />

und MND (mild neurocognitive disorder).<br />

Wenn auch in der Ära der cART<br />

(combined antiretroviral therapy) ein<br />

Rückgang der HAD-Fälle zu verzeichnen<br />

ist, darf nicht vergessen werden,<br />

dass die Patienten dank Einführung der<br />

cART zunehmend ein längeres Überleben<br />

aufweisen und differenzialdiagnostisch<br />

HIV-unabhängige Demenzen, wie<br />

z.B. die Altersdemenz, Berücksichtigung<br />

finden müssen. Gleichzeitig sind<br />

Prävalenz und Inzidenz von ANI und<br />

MND unverändert, wenn nicht sogar<br />

im Begriff anzusteigen. Das ZNS<br />

ist nach wie vor häufig das Organ, in<br />

dem sich die HIV-Infektion zuerst manifestiert,<br />

weshalb einem frühzeitigen<br />

Screening auf NCI oberste Priorität<br />

eingeräumt werden sollte. 1, 2<br />

Mind-Exchange-Programm<br />

Bis vor Kurzem lagen noch keine evidenzbasierten<br />

Empfehlungen für das<br />

Management von HAND vor. Mit dem<br />

Ziel, die Lücken zwischen den neueren<br />

Erkenntnissen im Bereich von Neuro-<br />

HIV und deren Umsetzung in die klinische<br />

Praxis zu schließen, wurde das<br />

Mind-Exchange-Programm 1 entwickelt:<br />

66 Spezialisten verschiedener medizinischer<br />

Fachdisziplinen aus 30 Ländern<br />

arbeiteten Antworten auf 14 Fragen<br />

aus, denen eine wesentliche klinische<br />

Relevanz beigemessen worden war.<br />

Die entsprechenden Statements wurden<br />

mit Evidenzlevel und Empfehlungsgrad<br />

basierend auf den CEBM(Centre for<br />

Evidence-Based Medicine)-Kriterien<br />

von Oxford, Version 2009, 3 versehen.<br />

Nachdem im ZNS häufig eine der Erstmanifestationen<br />

der HIV-Infektion<br />

vorliegt, empfehlen die Experten ein<br />

initiales Screening bereits innerhalb der<br />

ersten 6 Monate nach Diagnosestellung<br />

und nach Möglichkeit noch vor Initiierung<br />

der cART. Das individuelle Risiko<br />

soll dabei immer unter Berücksichtigung<br />

von Anamnese und Komorbiditäten<br />

evaluiert werden.<br />

MoCA<br />

Die Auswahl eines geeigneten Screeningtools<br />

hängt von verschiedenen<br />

Faktoren wie Zeit- und Kosteneffektivität<br />

sowie Einfachheit in der Handhabung<br />

ab. Overton et al 4 wiesen in<br />

einer mit 200 HIV-Patienten durchgeführten<br />

Untersuchung für den MoCA-<br />

Test 5 (Montreal Cognitive Assessment)<br />

eine Sensitivität und Spezifität von 63<br />

bzw. 71% nach und resümierten, dass<br />

dieser Test angesichts seiner einfachen<br />

und zeitsparenden Durchführbarkeit<br />

als initiales Screeningtool zur Identifikation<br />

bei HIV-Patienten geeignet ist.<br />

Je nach Ergebnis sind in weiterer Folge<br />

umfassende neuropsychologische Testverfahren<br />

inklusive der Durchführung<br />

bildgebender Verfahren zwecks einer<br />

spezifischeren HAND-Diagnose einzuleiten.<br />

Therapie und Prävention<br />

Bis dato ist die Studienlage zur Progression<br />

von ANI zu MND bzw. von MND<br />

zu HAD unzureichend. Allerdings liegt<br />

eine gewisse Evidenz vor, dass Marker<br />

für die Progression der HIV-Erkrankung<br />

wie eine niedrige CD4-Zellzahl,<br />

hohe HIV-RNA-Kopienzahl und/<br />

oder die vorbestehende Diagnose von<br />

AIDS sowie Depressionen mit einer<br />

Verschlechterung der neuropsychologischen<br />

Leistungsfähigkeit (neuropsychological<br />

performance, NP) mit der<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Fa. AbbVie Fachkurzinformationen: siehe Seite 61<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 11 I jatros


HIV/AIDS<br />

Studienzusammenfassung<br />

Zeit einhergehen. Für die cART konnte<br />

gezeigt werden, dass nach einer Therapiedauer<br />

von einem Jahr moderate<br />

Verbesserungen in der NP zu beobachten<br />

sind, wobei das Ausmaß der Verbesserungen<br />

mit den Veränderungen<br />

der CD4-Zellzahl einhergeht. „Eine<br />

frühe Therapieinitiierung könnte möglicherweise<br />

einen präventiven Faktor<br />

für die Entwicklung von HAND darstellen“,<br />

so das Resümee von Dr. Scott<br />

Letendre, Universität Kalifornien, San<br />

Diego, im Rahmen seines Vortrags am<br />

diesjährigen HANSA-Kongress (27. bis<br />

28. April, Berlin).<br />

Generell wird von der Mind-Exchange-Arbeitsgruppe<br />

ausschließlich<br />

eine cART für die Routinebehandlung<br />

von HAND empfohlen. Bei Patienten<br />

mit dem Nachweis einer HIV-RNA-<br />

Kopienzahl


HIV/AIDS<br />

0,60<br />

Beeinträchtigung (Anteil)<br />

0,40<br />

0,20<br />

p=0,02<br />

p=0,05<br />

HCV- (n=328)<br />

p=0,46<br />

p=0,38<br />

p=0,12<br />

p=0,04<br />

Efavirenz-Anwender<br />

Lopinavir-Ritonavir-Anwender<br />

p=0,11<br />

p=0,08<br />

0,00<br />

globale<br />

Funktionen<br />

exekutive<br />

Funktionen<br />

Lernen Gedächtnis motorische<br />

Fähigkeiten<br />

Geschwindigkeit<br />

der Informationsverarbeitung<br />

verbale<br />

Fähigkeiten<br />

Arbeits -<br />

gedächtnis<br />

Abb. 1: Vergleich neurokognitiver Beeinträchtigungen bei EFV- und LPV/r-Anwendern stratifiziert gemäß dem HCV-Status; die Balken über den Säulen geben den mittleren<br />

Standardfehler an; nach Tovar-y-Romo et al 8<br />

von mindestens 12 Monaten sowie das<br />

Fehlen von schwerwiegenden neuropsychiatrischen<br />

Komorbiditäten. Dabei<br />

wurde eine Stratifizierung gemäß<br />

dem HCV(Hepatitis-C-Virus)- und<br />

dem HIV-RNA-Status vorgenommen<br />

und festgestellt, dass bei HCV-seronegativen<br />

Individuen (n=328) die EFV-<br />

Therapie mit einer ausgeprägteren<br />

Beeinträchtigung besonders in den<br />

Bereichen der exekutiven Funktionen<br />

(p=0,05) und der Geschwindigkeit der<br />

Informationsverarbeitung (p=0,04) sowie<br />

der globalen Funktionen (p=0,02)<br />

einherging (Abb. 1). In der Subgruppe<br />

mit einer HIV-RNA-Kopienzahl


HIV/AIDS<br />

Konsensus<br />

HAART<br />

Erweiterung der therapeutischen<br />

Palette mit innovativem STR<br />

Seit Juli 2013 steht mit Stribild ® (Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat)<br />

ein neues Single-Tablet-Regime, das erstmals einen Integrasehemmer<br />

enthält, für die HIV-Therapie zur Verfügung. Im Rahmen eines Konsensus-Meetings<br />

am 20. Juni 2013 in Wien wurden die klinischen Daten rekapituliert und der Stellenwert<br />

des Präparats im klinischen Gesamtkonzept diskutiert.<br />

INSTI statt NNRTI<br />

Die hochaktive antiretrovirale Therapie<br />

(HAART) der HIV-Infektion hat durch<br />

die Einführung von Single-Tablet-Regimen<br />

(STR) eine deutliche Vereinfachung<br />

erfahren. Mit nur einer Tablette täglich ist<br />

die komplette Behandlung gewährleistet,<br />

was naturgemäß zu einer Steigerung der<br />

Therapieadhärenz führt. Studiendaten<br />

belegen eine signifikante Überlegenheit<br />

der STR-Applikation gegenüber allen<br />

anderen Verabreichungsformen (einmal<br />

täglich, zweimal täglich, Fixdosiskombination,<br />

Nicht-Fixdosiskombination)<br />

in Bezug auf die Erreichung einer mindestens<br />

90%igen Adhärenz. 1 Besonders<br />

kritisch wirkt sich im Zusammenhang<br />

mit der Resistenzentstehung die partielle<br />

Adhärenz aus, d.h. die unregelmäßige<br />

Einnahme einzelner Komponenten der<br />

Therapie. Unter derartigen Bedingungen<br />

ist mit einer schnelleren Resistenzselektion<br />

zu rechnen, als dies bei einer unregelmäßigen<br />

Einnahme der kompletten<br />

Kombinationstherapie zu erwarten wäre.<br />

Mit einem STR ist eine partielle Adhärenz<br />

natürlich nicht möglich. Dass dieser<br />

Umstand neben der Einnahmebequemlichkeit<br />

die Effektivität der Behandlung<br />

direkt beeinflusst, konnte erstmals von<br />

Antinori et al gezeigt werden. 2 Mit Stribild<br />

® steht nun seit Juli 2013 das dritte<br />

STR für die klinische Anwendung zur<br />

Verfügung. Gleichzeitig handelt es sich<br />

um das erste Schema, in dem statt eines<br />

nicht nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitors<br />

(NNRTI) ein Integrasehemmer<br />

(INSTI) zum Einsatz kommt.<br />

Durch Elvitegravir (EVG), einen neuen<br />

HIV-1-INSTI, werden der Einbau der<br />

HIV-DNA in das Wirtsgenom und die<br />

weitere Replikation des Virus verhindert.<br />

Stribild ® enthält EVG 150mg, Cobicistat<br />

(COBI) 150mg, Emtricitabin (FTC)<br />

200mg und Tenofovirdisoproxil 245mg<br />

als Fumarat. Die Anwendung von EVG<br />

einmal täglich erfordert einen Booster<br />

durch COBI, welches durch die selektive<br />

Inhibition der CYP3A-Unterfamilie des<br />

Cytochrom-P450-Systems eine Erhöhung<br />

der systemischen Verfügbarkeit bedingt.<br />

FTC und TDF werden im Rahmen der<br />

reversen Transkription als falsche Substrate<br />

in die DNA-Kette des replizierenden<br />

HI-Virus eingebaut und induzieren<br />

einen Kettenabbruch. Die Zulassung<br />

von EVG/COBI/FTC/TDF gilt für die<br />

Behandlung der HIV-1-Infektion bei<br />

Erwachsenen im Alter von ≥18 Jahren,<br />

die nicht antiretroviral vorbehandelt<br />

sind oder bei denen HIV-1 keine Mutationen<br />

aufweist, welche Resistenzen gegenüber<br />

einem der drei antiretroviralen<br />

Wirkstoffe bedingen. 3 „Unter den STR<br />

ist Stribild ® damit jene Koformulierung,<br />

die für den größten Anteil unserer Patienten<br />

geeignet wäre“, so Ass.-Prof. Dr.<br />

Armin Rieger, Wien, als Moderator des<br />

Konsensus-Meetings.<br />

Non-Inferiority in den Zulassungsstudien<br />

In den beiden randomisierten, verblindeten<br />

Zulassungsstudien GS-US-236-0102 4<br />

und GS-US-236-0103 5 konnte gezeigt<br />

werden, dass die Wirksamkeit von EVG/<br />

COBI/FTC/TDF mit zwei Leitlinienkonformen<br />

Standardregimen über einen<br />

Zeitraum von bis zu 96 Wochen vergleichbar<br />

war. Nicht vorbehandelte HIVpositive<br />

Patienten mit einer Viruslast<br />

von ≥5.000 Kopien/ml und adäquater<br />

renaler, hepatischer und kardialer Funktion<br />

erhielten entweder EVG/COBI/FTC/<br />

TDF oder STR EFV/FTC/TDF bzw. das<br />

Multitablettenregime bestehend aus ATV<br />

+ RTV + FTC/TDF. Als primärer Endpunkt<br />

galt in beiden Studien die Nichtunterlegenheit<br />

des neuen STR in Bezug<br />

auf den Anteil der Patienten mit HIV-<br />

1-RNA-Kopien 100.000<br />

Kopien/ml) und CD4-Zellzahl (≤350 vs.<br />

>350 Zellen/µl) zeigten, dass die Effektivität<br />

der Therapie von diesen Faktoren<br />

unabhängig ist. In GS-102 wurde darüber<br />

hinaus eine Auswertung nach dem<br />

Alter vorgenommen, welche ebenfalls<br />

keine Unterschiede ergab. „Über 50-jäh­<br />

Mit freundlicher Unterstützung von Gilead Sciences GesmbH Fachkurzinformationen: siehe Seite 62<br />

jatros I Seite 14<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


HIV/AIDS<br />

rige Patienten zeigten in beiden Armen<br />

einen ähnlichen Anstieg der CD4-Zellen“,<br />

erklärte Univ.-Doz. Dr. Katharina<br />

Grabmeier-Pfistershammer, Wien. Eine<br />

Resistenzentstehung im Studienverlauf<br />

wurde in GS-102 unter beiden Therapien<br />

in vergleichbarem Ausmaß beobachtet,<br />

in GS-103 nur im Prüfarm. „Allerdings<br />

waren die Raten generell niedrig“, betonte<br />

Dr. Christian Zagler, Wien. Die<br />

Therapie erwies sich im Allgemeinen als<br />

gut verträglich. Nach einem initial geringen<br />

Serumkreatininanstieg, basierend<br />

auf einer Beeinflussung eines renalen<br />

Transporterproteins ohne pathologische<br />

Relevanz, trat keine weitere Auslenkung<br />

der Nierenwerte auf. Im Hinblick auf das<br />

Lipidprofil (Gesamtcholesterin, LDL-C,<br />

Triglyzeride) zeigte das EVG-basierte<br />

Schema in GS-102 günstigere Effekte als<br />

das EFV-basierte Regime.<br />

Switch & Direktvergleiche der Einzelkomponenten<br />

Die offene, multizentrische Phase-IIIb-<br />

Studie GS-123 evaluierte den Wechsel<br />

von einem Multitablettenregime mit<br />

Raltegravir (RAL) plus FTC/TDF zweimal<br />

täglich auf EVG/COBI/FTC/TDF. 6<br />

„Nach der Umstellung zeigten alle Patienten<br />

eine anhaltende virologische Suppression<br />

unter die Nachweisgrenze nach<br />

12 und 24 Wochen bei guter Verträglichkeit“,<br />

berichtete Dr. Horst Schalk,<br />

Wien. Eine Vereinfachung der Therapie<br />

ist auf diese Weise bei hoher Wirksamkeit<br />

und Sicherheit möglich, wie diese<br />

Daten belegen.<br />

Der Vergleich der beiden INSTI EVG<br />

und RAL zusätzlich zu Proteaseinhibitorbasierten<br />

Schemata bei Patienten, die<br />

Resistenzen aufwiesen bzw. im Vorfeld<br />

über mehr als sechs Monate mindestens<br />

zwei Substanzklassen erhalten hatten,<br />

war Gegenstand der randomisierten,<br />

doppelblinden GS-145-Studie. 7 Die Viruslast<br />

betrug ≥1.000 Kopien/ml. Schalk:<br />

„Nach 48 und 96 Wochen schnitt das<br />

EVG-basierte Regime mindestens genauso<br />

gut ab wie das RAL-basierte Schema.“<br />

Auch fanden sich ähnliche therapiebedingte<br />

INSTI-Resistenzraten, und beide<br />

Regime wurden gut vertragen. COBI<br />

weist denselben Wirkmechanismus auf<br />

wie Ritonavir (RTV), entfaltet allerdings<br />

keine intrinsische antiretrovirale Aktivität,<br />

woraus sich prinzipiell der Vorteil<br />

einer fehlenden potenziellen Resistenzselektion<br />

ergibt. Die beiden Pharmakoenhancer,<br />

die jeweils zusätzlich zu ATV und<br />

FTC/TDF verabreicht wurden, zeigten<br />

im Rahmen der randomisierten, doppelblinden,<br />

mit Double-Dummy-Design<br />

durchgeführten Phase-III-Studie GS-114<br />

vergleichbare Wirksamkeit. 8 COBI erwies<br />

sich als gut verträglich. „Die<br />

Substanz stellt damit eine Alternative zu<br />

RTV dar“, resümierte Dr. Ninon Taylor,<br />

Salzburg. Aufgrund des Wirkmechanismus<br />

sind allerdings Wechselwirkungen<br />

mit einer Reihe anderer Arzneimittel zu<br />

erwarten. „Diesbezüglich ist die Datenlage<br />

im Moment noch unzureichend“,<br />

konstatierte Taylor. „Grundsätzlich kann<br />

aber davon ausgegangen werden, dass<br />

das Wechselwirkungsprofil mit jenem<br />

von RTV übereinstimmt.“<br />

Renales Monitoring<br />

Unter der Einnahme von COBI lässt sich<br />

ein mittlerer Anstieg der Serumkreatininwerte<br />

um 0,14mg/dl beobachten, der auf<br />

die Blockade der tubulären Kreatininsekretion<br />

zurückzuführen ist. Wie Univ.-<br />

Prof. Dr. Bruno Watschinger, Wien, in<br />

seinem Vortrag erklärte, handelt es sich<br />

um einen veränderten Transportprozess<br />

ohne pathologische Relevanz. Demzufolge<br />

findet ein Abfall der errechneten<br />

glomerulären Filtrationsrate um durchschnittlich<br />

13,9ml/min statt. „Die tatsächliche<br />

Filtration zeigt jedoch keine<br />

Abnahme“, so Watschinger. Wie schon<br />

bekannt kann auch die TDF-Komponente,<br />

insbesondere bei Vorbestehen renaler<br />

Erkrankungen und/oder Verabreichung<br />

anderer potenziell nephrotoxischer Substanzen<br />

Veränderungen der renalen Funktion<br />

hervorrufen (Fanconi-Syndrom).<br />

Nichtsdestotrotz waren Komplikationen<br />

im Bereich der Niere in Studien mit EVG/<br />

COBI/FTC/TDF nur in sehr geringem<br />

Ausmaß für Therapieabbrüche verantwortlich.<br />

Es wird empfohlen, die Behandlung mit<br />

EVG/COBI/FTC/TDF bei einer eGFR<br />


Infektiologie<br />

Interview<br />

MERS-CoV<br />

Gefahr aus dem Mittleren Osten<br />

Ein 2012 entdecktes Coronavirus beschäftigt zurzeit Virologen und Infektiologen.<br />

Zwar ist es schwer von Mensch zu Mensch übertragbar, aber die<br />

Letalität bei der – vor allem respiratorischen – Erkrankung ist hoch und<br />

eine spezifische Therapie fehlt naturgemäß noch. JATROS sprach mit dem<br />

bekannten Virologen Univ.-Prof. Dr. Franz X. Heinz über MERS-CoV.<br />

F. X. Heinz, Wien<br />

© Medizinische Universität Wien<br />

Was ist MERS-CoV und wie wurde es<br />

entdeckt?<br />

F. X. Heinz: Dieses Virus wurde erstmals<br />

in respiratorischen Proben eines Mannes<br />

aus Saudi-Arabien entdeckt, der am<br />

24. Juni 2012 an akutem Lungen- und<br />

Nierenversagen verstarb. Die Isolierung<br />

und Sequenzierung des Erregers erfolgten<br />

sehr rasch und es stellte sich heraus,<br />

dass es sich um ein bisher unbekanntes,<br />

dem SARS-Erreger ähnliches Coronavirus<br />

handelt, das dann die Bezeichnung<br />

MERS-CoV – Middle East Respiratory<br />

Syndrome-CoronaVirus – erhielt.<br />

Welche Bedeutung hat dieser Erreger für<br />

den Menschen?<br />

F. X. Heinz: Das Virus verursacht schwere<br />

respiratorische Infektionen wie Pneumonien,<br />

bis hin zum akuten Lungenversagen,<br />

weiters kann es auch Nierenversagen<br />

auslösen. Bisher (Anm. d. Red., Stand Juli<br />

2013) sind 84 Fälle aufgetreten – mehr als<br />

die Hälfte der Betroffenen (45) verstarb.<br />

Alle Fälle nahmen ihren Ausgang in der<br />

Region der arabischen Halbinsel (Saudi-<br />

Arabien, Katar, Jordanien, Vereinigte Arabische<br />

Emirate). In Europa sind bisher Fälle<br />

in Großbritannien, Frankreich, Italien und<br />

Deutschland aufgetreten, die jedoch alle<br />

importiert waren. In Österreich wurde bisher<br />

kein Fall beobachtet. Die Infektion wird<br />

derzeit von den internationalen und nationalen<br />

Gesundheitsbehörden sehr genau beobachtet,<br />

die betroffenen Ursprungsländer<br />

melden Infektionen, wobei die Fallzahlen<br />

nicht explosionsartig ansteigen.<br />

Wie erfolgt die Verbreitung, wie ist der<br />

Ansteckungsweg?<br />

F. X. Heinz: Es muss ein tierisches Reservoir<br />

geben, wobei die ursprünglichen Wirte<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit Fledermäuse<br />

sind – weitere tierische Reservoire<br />

sind möglich, aber noch ungeklärt. Das<br />

Virus hat offenbar ein breites Wirtsspektrum.<br />

Die Art und Weise, mit der sich die<br />

bisher Betroffenen angesteckt haben, ist<br />

unklar. Vermutlich erfolgt die Infektion<br />

entweder oral oder inhalativ über Kontakt<br />

mit Tieren bzw. deren Ausscheidungen<br />

(z.B. über kontaminierte Lebensmittel).<br />

Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch<br />

ist möglich und beschrieben, allerdings ist<br />

dazu intensiver und enger Kontakt notwendig.<br />

Eine epidemieartige Ausbreitung<br />

durch Mensch-zu-Mensch-Übertragung<br />

ist daher derzeit nicht zu befürchten.<br />

Wie kann MERS-CoV diagnostiziert<br />

werden?<br />

F. X. Heinz: Mittels PCR aus respiratorischen<br />

Sekreten, vor allem aus solchen aus<br />

den unteren Atemwegen (Trachealsekret,<br />

Bronchoalveolarlavage).<br />

Neigt das Virus zur Mutation und könnten<br />

sich daraus gefährlichere Varianten,<br />

etwa analog dem Influenzavirus,<br />

entwickeln?<br />

F. X. Heinz: Im Prinzip ist das möglich –<br />

das wäre eine sehr gefährliche Situation,<br />

weil das Virus hochpathogen ist. Aber derzeit<br />

gilt unser Augenmerk vor allem der Situation<br />

in den Ursprungsländern und der<br />

Sorge wegen importierter Fälle. Die Inkubationszeit<br />

beträgt üblicherweise nicht<br />

mehr als eine Woche, in seltenen Fällen bis<br />

zu zwölf Tage, d.h., wenn jemand Kontakt<br />

mit einem Erkrankten hatte, sollte er zwei<br />

Wochen lang beobachtet werden.<br />

Welche Präventionsmaßnahmen sind<br />

Menschen anzuraten, die auf die<br />

arabische Halbinsel reisen, um sich vor<br />

dieser Infektion zu schützen?<br />

F. X. Heinz: Hier geht es um die Vermeidung<br />

des Kontakts mit Tieren und deren<br />

Ausscheidungen und natürlich auch mit<br />

Menschen, die an respiratorischen Erkrankungen<br />

leiden. Gute Hygiene, vor<br />

allem auch häufiges Händewaschen, speziell<br />

nach den gerade erwähnten Kontakten,<br />

ist empfehlenswert. Vorsicht ist auch<br />

bei Nahrungsmitteln geboten und das<br />

Vermeiden von nicht ausreichend gegartem<br />

Fleisch, rohen Früchten und rohem<br />

Gemüse sowie potenziell kontaminiertem<br />

Wasser wird empfohlen.<br />

Gibt es irgendwelche spezifischen Therapiemaßnahmen,<br />

wenn eine Infektion<br />

mit MERS-CoV eingetreten ist?<br />

F. X. Heinz: Nein, da es sich ja um einen<br />

neuen Erreger handelt und keine spezifischen<br />

antiviralen Medikamente zur<br />

Verfügung stehen. Die Erkrankungssymptome<br />

können lediglich symptomatisch<br />

behandelt werden.<br />

Das Interview führte Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

jatros I Seite 16<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Parasitologie<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Infektiologie<br />

Spezialambulanz<br />

Echinokokkose –<br />

Klinik, Diagnose und Therapie<br />

Die Echinokokkose – die Erkrankung des Menschen durch Larvenstadien von Bandwürmern<br />

der Gattung Echinococcus – ist die bedeutendste in Mitteleuropa endemische<br />

Parasitose des Menschen. Die in Mitteleuropa vorkommenden Arten Echinococcus (E.)<br />

granulosus und E. multilocularis sind auch global die häufigsten Erreger. Eine Spezialambulanz<br />

an der MedUni Wien bietet interdisziplinäre Diagnostik und Therapie.<br />

Der nur einige Millimeter große adulte<br />

Wurm parasitiert im Darm fleischfressender<br />

Tiere (v.a. Hunde, Katzen,<br />

Füchse) und gibt eine Vielzahl von Eiern<br />

über den Stuhl an die Umgebung<br />

ab. Nehmen geeignete Zwischenwirte<br />

(v.a. Kühe, Schafe, Schweine bei E. granulosus<br />

bzw. Nagetiere bei E. multilocularis)<br />

oder akzidentiell der Mensch<br />

Eier oral auf, bilden sich in weiterer<br />

Folge Finnen aus, die entweder zystisch<br />

oder infiltrativ wachsen. Die häufigsten<br />

Lokalisationen dieser Finnen sind die<br />

Leber sowie die Lunge. Eine Infektion<br />

des Menschen (Fehlwirt) ist für den<br />

Parasiten entwicklungsbezogen jedoch<br />

eine Sackgasse.<br />

Beim Menschen wird eine zystische (E.<br />

granulosus oder Hundebandwurm)<br />

von einer alveolären Echinokokkose<br />

KeyPoints<br />

(E. multilocularis) unterschieden.<br />

Die zystische Echinokokkose führt zu<br />

scharf abgegrenzten Zysten, während<br />

die alveoläre Echinokokkose zu einem<br />

infiltrativen Wachstum mit dem Potenzial<br />

für Fernmetastasen – ähnlich malignen<br />

Tumoren – neigt und keine scharfe<br />

Abgrenzung der Finnenwand zeigt.<br />

Deshalb führt die alveoläre Echinokokkose<br />

unbehandelt in der Mehrzahl<br />

der Fälle zum Tod, während die zystische<br />

Echinokokkose auch unbehandelt<br />

einen oft benignen Verlauf nimmt.<br />

Zystische Echinokokkose<br />

• Die Echinokokkose ist die bedeutendste in Mitteleuropa endemische Parasitose des Menschen;<br />

die in Mitteleuropa vorkommenden Arten sind E. granulosus und E. multilocularis.<br />

• Die zystische Echinokokkose (E. granulosus oder Hundebandwurm) führt zu scharf abgegrenzten<br />

Zysten; die alveoläre Echinokokkose (E. multilocularis) neigt zu infiltrativem Wachstum<br />

mit dem Potenzial für Fernmetastasen – ähnlich malignen Tumoren – und zeigt keine<br />

scharfe Abgrenzung der Finnenwand.<br />

• Daher führt die alveoläre Echinokokkose unbehandelt in der Mehrzahl der Fälle zum Tod,<br />

während die zystische Echinokokkose auch unbehandelt einen oft benignen Verlauf nimmt.<br />

Symptome und Diagnose<br />

Betroffene Patienten sind oft oligo- bis<br />

asymptomatisch und werden häufig<br />

erst nach einem radiologischen Zufallsbefund<br />

einer genaueren Untersuchung<br />

zugeführt. Unspezifische abdominelle<br />

Beschwerden und subjektives<br />

Unwohlsein, Gewichtsverlust oder intermittierende<br />

allergische Symptome<br />

treten abhängig von der Größe und der<br />

Lokalisation der Zysten auf. Oft ist<br />

die Verdrängung vitaler Organe durch<br />

die wachsende Echinococcuszyste die<br />

Ursache für zunehmende klinische Beschwerden.<br />

Eine seltene Erstmanifestation<br />

ist ein anaphylaktischer Schock<br />

nach dem Platzen einer Zyste. In 90%<br />

der Fälle ist nur ein Organ betroffen,<br />

wobei die Leber am häufigsten und die<br />

Lunge am zweithäufigsten betroffen<br />

ist. Prinzipiell kann jedoch jedes Organ<br />

betroffen sein.<br />

Zur diagnostischen Abklärung eignen<br />

sich einerseits bildgebende Verfahren<br />

wie Ultraschall, CT (Abb. 1), MRT<br />

(Abb. 2) sowie serologische Tests. Aufgrund<br />

der fehlenden Standardisierung<br />

Abb. 1: Multiple E. granulosus-Zysten in der CT<br />

Quelle: MedUni Wien<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 17 I jatros


Infektiologie<br />

Parasitologie<br />

der serologischen Untersuchungen<br />

ist eine Einsendung an ein erfahrenes<br />

Institut wünschenswert. Da sowohl<br />

mittels Bildgebung als auch mittels serologischer<br />

Untersuchungen keine definitive<br />

Diagnose gestellt werden kann,<br />

ist bei begründetem Verdacht auf Echinokokkose<br />

eine Vorstellung an einem<br />

spezialisierten Zentrum sehr zu empfehlen.<br />

Therapie<br />

Das Grundprinzip der Therapie der<br />

Echinokokkose ist die stadienspezifische<br />

Entscheidung für eine der möglichen<br />

Therapieoptionen. Prinzipiell<br />

bestehen die Therapieoptionen in 1.)<br />

der chirurgischen Exzision, 2.) der radiologisch-interventionellen<br />

Sterilisierung<br />

der Zyste, 3.) der medikamentösen<br />

Therapie oder 4.) in „Watch &<br />

Wait. In jedem Fall muss eine iatrogene<br />

Streuung der Zystenflüssigkeit vermieden<br />

werden, die allzu oft durch<br />

Operationen oder Punktionen ohne<br />

adäquate anthelminthische Begleittherapie<br />

ausgelöst wird.<br />

Die Indikation für eine oder eine Kombination<br />

mehrerer der oben genannten<br />

Therapieoptionen hängt nach internationalen<br />

Leitlinien von Stadium, Lokalisation<br />

und Größe der Zyste(n) sowie<br />

von Begleitfaktoren wie Komorbiditäten<br />

des Patienten ab. Aufgrund der relativ<br />

geringen Anzahl an Echinokokkosepatienten<br />

in Österreich ist auch hier<br />

wieder eine interdisziplinäre Therapieentscheidung<br />

an einem spezialisierten<br />

Zentrum zu empfehlen.<br />

Abb. 2: E. granulosus-Zyste in der MRCP<br />

Quelle: MedUni Wien<br />

Die operative Sanierung der Echinokokkose<br />

zielt auf eine Exzision der<br />

Zyste – möglichst ohne Eröffnung der<br />

Zystenwand – ab. Diese Perizystektomie<br />

hat die geringste Rate an Rezidiven<br />

und verhindert die Aussaat von<br />

Kopfanlagen („Protoskolizes“). Ein radiologisch-interventionelles<br />

Verfahren<br />

der Zystensanierung für ausgewählte<br />

Fälle ist die sogenannte PAIR-Methode<br />

(„Puncture – Aspiration – Injection –<br />

Reaspiration“). Diese Methode stellt<br />

unter Rücksichtnahme auf mögliche<br />

Komplikationen wie zystobiliäre Fistelgänge<br />

eine hocheffektive Vorgangsweise<br />

dar.<br />

Für die medikamentöse Therapie<br />

steht derzeit neben dem speziellen<br />

Indikationen vorbehaltenen Praziquantel<br />

vor allem Albendazol zur<br />

Verfügung. Neben der prä- und postinterventionellen<br />

Therapie ist Albendazol<br />

auch die Therapie der Wahl<br />

für das konservative Management<br />

von E. granulosus-Zysten. Obwohl<br />

die Substanz generell gut vertragen<br />

wird, kann es zu gastrointestinalen<br />

Beschwerden sowie einem Transaminasenanstieg<br />

und einer Suppression<br />

der Blutbildung kommen. Die<br />

Heilungsrate bei ausschließlich medikamentöser<br />

Therapie ist vor allem<br />

bei kleinen Zysten relativ hoch. Bei<br />

Schwangerschaft oder Gefahr einer<br />

Zystenruptur ist von einer Albendazol-Therapie<br />

unbedingt Abstand zu<br />

nehmen. Bei inaktiven Zysten, die bereits<br />

degeneriert sind und verkalken,<br />

ist eine regelmäßige Kontrolle ohne<br />

anthelminthische Therapie sinnvoll.<br />

Alveoläre Echinokokkose<br />

Klinik und Diagnostik<br />

Eine Infektion mit E. multilocularis<br />

äußert sich vorwiegend durch die<br />

Zerstörung des betroffenen Organgewebes.<br />

Beim zumeist vorherrschenden<br />

Leberbefall sind häufig abdominelle Beschwerden,<br />

Gewichtsverlust, Übelkeit<br />

sowie in weiterer Folge Hepatomegalie<br />

und portale Hypertension beschrieben.<br />

Sowohl die klinische Präsentation als<br />

auch die radiologische Bildgebung ähneln<br />

sehr stark denen eines hepatozellulären<br />

Karzinoms. Vergleichbar mit<br />

der zystischen Echinokokkose beruht<br />

die Abklärung der alveolären Echinokokkose<br />

auf bildgebenden und serologischen<br />

Tests.<br />

Therapie<br />

Die medikamentöse Therapie der Echinokokkose<br />

ist deutlich weniger effektiv<br />

als bei der zystischen Echinokokkose.<br />

Albendazol wirkt in diesem Fall nur<br />

parasitostatisch, daher ist eine chirurgische<br />

Sanierung bei Operabilität immer<br />

anzustreben. Oft zeigen sich erst<br />

in intraoperativen Schnellschnitten die<br />

Demarkationslinien des infiltrativen<br />

Wachstums und allzu oft ist bei Diagnosestellung<br />

eine komplette Resektion<br />

aufgrund der Ausbreitung der Erkrankung<br />

schon unmöglich.<br />

n<br />

Interdisziplinäre Spezialambulanz<br />

im AKH Wien<br />

Am AKH Wien wurde die erste interdisziplinäre<br />

Echinokokkoseambulanz Österreichs<br />

etabliert, die nach ärztlicher Zuweisung<br />

gerne die weitere diagnostische Abklärung<br />

von Patienten mit begründetem Echinokokkoseverdacht<br />

übernimmt. Die Therapie<br />

und die Nachsorge der Patienten werden<br />

von einem interdisziplinären Team der Infektiologie,<br />

(interventionellen) Radiologie,<br />

Chirurgie und Parasitologie individualisiert<br />

durchgeführt. Durch die Etablierung der<br />

PAIR-Methode können auch an unserem<br />

Zentrum alle empfohlenen Therapieoptionen<br />

angeboten werden. Weitere Informationen<br />

für Patienten und Zuweiser gibt es<br />

unter: www.echinokokkose.at.<br />

Dr. Lorenz Auer-Hackenberg<br />

Assoc. Prof. Dr. Michael Ramharter<br />

Klinische Abteilung für Infektionen<br />

und Tropenmedizin<br />

Univ.-Klinik für Innere Medizin I*<br />

Dr. Fredrik Waneck<br />

Klinische Abteilung für Kardiovaskuläre und<br />

Interventionelle Radiologie<br />

Univ.-Klinik für Radiodiagnostik*<br />

Univ.-Prof. Dr. Klaus Kaczirek<br />

Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie<br />

Univ.-Klinik für Chirurgie*<br />

Univ.-Prof. Dr. Herbert Auer<br />

Abteilung für Medizinische Parasitologie<br />

Institut für Spezifische Prophylaxe<br />

und Tropenmedizin*<br />

* Alle MedUni Wien<br />

Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

jatros I Seite 18<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


impfmedizin<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Infektiologie<br />

Pockenimpfung<br />

Neuer Pockenimpfstoff vor<br />

Zulassung in der EU<br />

Obwohl die Pocken weltweit seit 1979 als eradiziert gelten, wurde und wird weiter an<br />

der Entwicklung von Pockenimpfstoffen gearbeitet. Das Problem der schlechten Verträglichkeit<br />

scheint mit einem Impfstoff der dritten Generation nun deutlich reduziert zu sein.<br />

Dieser Impfstoff muss allerdings für eine optimale Schutzwirkung zweimal verabreicht<br />

werden. Ein europäisches Zulassungsverfahren wurde eingeleitet.<br />

Pocken sind – oder waren – eine über<br />

Jahrtausende gefürchtete Erkrankung,<br />

die durch das Variola-Virus ausgelöst<br />

wurde und im Laufe der Jahrhunderte<br />

Millionen Menschen weltweit tötete.<br />

In der Vergangenheit waren bis zu<br />

10% aller Todesfälle weltweit durch<br />

Pocken bedingt. Frühsymptome der<br />

Erkrankung sind u.a. hohes Fieber<br />

und starke Abgeschlagenheit. Dazu<br />

kommt ein charakteristisches Exanthem,<br />

das vor allem im Gesicht sowie<br />

an den Extremitäten auftritt und zunächst<br />

fleckig imponiert. Aus den Flecken<br />

werden Bläschen, die zunächst<br />

mit klarer Flüssigkeit, später mit Eiter<br />

gefüllt sind, verkrusten und schließlich<br />

abfallen. Wenn der Patient die<br />

Erkrankung überlebte, blieben häufig<br />

Narben zurück.<br />

KeyPoints<br />

• Die Pocken sind seit 1979 weltweit ausgerottet.<br />

Krankheit eradiziert, aber …<br />

Seit 1979 gelten die Pocken allerdings<br />

weltweit als ausgerottet – der letzte natürliche<br />

Pockenfall trat 1977 in Somalia<br />

auf; der letzte weltweit bekannt gewordene<br />

Pockenfall war Ergebnis eines<br />

Laborunfalls in Großbritannien 1979.<br />

Die Eradikation der Pocken kann als<br />

einer der größten Erfolge der modernen<br />

Medizin gelten und war nur durch<br />

große und erfolgreiche Anstrengungen<br />

der internationalen Gemeinschaft<br />

möglich. Die Eradikation beruhte auf<br />

großen Impfkampagnen und darüber<br />

hinaus auf der Identifikation jedes einzelnen<br />

Pockenfalls weltweit und der<br />

Impfung aller Kontaktpersonen. Dass<br />

die Ausrottung der Pocken überhaupt<br />

möglich war, liegt an der Tatsache,<br />

• Es existieren jedoch offiziell in zwei Labors (USA und Russland) weiter Bestände an Pockenviren,<br />

und es gibt Befürchtungen bezüglich inoffizieller Bestände.<br />

• Der Großteil der jüngeren Weltbevölkerung ist in der Kindheit nicht mehr gegen Pocken<br />

geimpft worden und daher nicht geschützt.<br />

• Es wurden nunmehr Pockenimpfstoffe der zweiten und dritten Generation entwickelt.<br />

• Ein Impfstoff der dritten Generation, der wirksam und gut verträglich ist und auch bei immunsupprimierten<br />

Patienten eingesetzt werden kann, wurde nun in der EU zur Zulassung eingereicht.<br />

dass der Mensch das einzige bekannte<br />

Virusreservoir darstellt, dass es keinen<br />

asymptomatischen Trägerstatus gibt,<br />

dass eine wirksame Impfung verfügbar<br />

war und dass die Impfung von Kontaktpersonen<br />

zu einer Verhinderung<br />

oder wenigstens Modifikation der Erkrankung<br />

führte.<br />

Als Konsequenz der Eradikation der<br />

Pocken wurden die internationalen<br />

Impfprogramme gegen die Erkrankung<br />

beendet.<br />

Warum ein Pockenimpfstoff?<br />

Dennoch scheint die Pockenstory nicht<br />

völlig zu Ende zu sein. Mit der Eradikation<br />

des Virus wurde zwar international<br />

beschlossen, auch die Laborbestände<br />

an Pockenviren zu vernichten,<br />

allerdings mit zwei Ausnahmen: Je ein<br />

Labor in den USA und eines in Russland<br />

durften weiterhin Pockenviren zu<br />

Forschungszwecken besitzen.<br />

Allerdings sind Gerüchte, dass es noch<br />

andere Bestände an Pockenviren gebe,<br />

weltweit nie verstummt. Nach den Anschlägen<br />

am 11. September 2001 in<br />

den USA stieg dort, aber auch in anderen<br />

westlichen Ländern, die Angst vor<br />

Bioterrorismus – wofür sich Pockenviren<br />

durchaus hervorragend eignen<br />

würden, da der Großteil der Weltbe­<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 19 I jatros


Infektiologie<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

impfmedizin<br />

völkerung (mit Sicherheit alle Jahrgänge,<br />

die nach 1980 geboren und folglich<br />

nicht geimpft wurden) keine Immunität<br />

gegen das Variola-Virus mehr besitzt.<br />

Aus diesem Grund wurde weiter<br />

an der Entwicklung neuer Pockenimpfstoffe<br />

gearbeitet. Ein weiterer Grund<br />

für Forschung und Entwicklung in dieser<br />

Richtung besteht in der Tatsache,<br />

dass es andere, mit dem Variola-Virus<br />

verwandte Orthopox-Viren gibt, die<br />

weiter in der Natur kursieren und den<br />

Menschen über tierische Reservoire infizieren<br />

können.<br />

Drei Generationen von Impfungen<br />

Die erste Generation der Pockenimpfung,<br />

mit der die Eradikation der Pocken<br />

durchgeführt wurde, beruht auf<br />

dem sogenannten Vaccinia-Virus, das<br />

nicht der eigentliche Pockenerreger,<br />

sondern ein nah verwandtes Virus ist.<br />

Die auf dem Vaccinia-Virus beruhenden<br />

Pockenimpfstoffe der ersten Generation<br />

sind zwar hocheffektiv, aber mit,<br />

wenn auch seltenen, jedoch schweren<br />

Nebenwirkungen behaftet, die insbesondere<br />

immunsupprimierte Patienten<br />

trafen. 1, 2 Unerwünschte Wirkungen<br />

der Vaccinia-Impfung können Eczema<br />

vaccinatum, Myo- oder Perikarditis,<br />

Stevens-Johnson-Syndrom, Enzephalitis<br />

und sogar Tod sein. 3<br />

Deshalb wurde eine zweite Generation<br />

von Pockenimpfstoffen entwickelt, die<br />

auf zwei anderen Virusstämmen beruhte,<br />

einerseits auf dem Lister-Elstree-<br />

Stamm, andererseits auf dem „New<br />

York City Board of Health Vaccinia<br />

Virus“. 4, 5 So entstand ein Impfstoff mit<br />

dem Handelsnamen „ACAM2000 ® “.<br />

Obwohl dieser Impfstoff unter streng<br />

kontrollierten Bedingungen nach den<br />

Prinzipien der „Good Manufacturing<br />

Practice“ hergestellt wurde und in der<br />

Wirksamkeit der ersten Impfstoffgeneration<br />

nicht nachsteht, ist er immer<br />

noch mit einer erheblichen Rate<br />

an Nebenwirkungen behaftet. Es gibt<br />

Schätzungen, die behaupten, dass im<br />

Fall des Einsatzes dieses Impfstoffs in<br />

der breiten Bevölkerung in einem bioterroristischen<br />

Notfall eine Nebenwirkungsrate<br />

von bis zu 25% zu erwarten<br />

wäre. 6 Derzeit ist ACAM2000 ® in den<br />

USA zugelassen, wird jedoch nur für<br />

spezielle Personengruppen, wie z.B.<br />

Militärangehörige vor Auslandseinsätzen,<br />

verwendet.<br />

Inzwischen gibt es eine dritte Generation<br />

von Pockenimpfungen, die auf dem<br />

modifizierten Ankara-Vaccinia-Stamm<br />

beruht. Außerhalb von Europa ist diese<br />

Impfung unter dem Handelsnamen<br />

Imvamune ® bekannt. In Europa wurde<br />

dieser Impfstoff nun unter dem Namen<br />

Imvanex ® bei der „European Medicines<br />

Agency“ (EMA) zur Zulassung<br />

eingereicht. Am 30. Mai 2013 empfahl<br />

das „Committee for Medicinal Products<br />

for Human Use“ (CHMP) der<br />

Europäischen Kommission die Zulassung<br />

des Impfstoffs. Die Entscheidung<br />

stand bei Drucklegung noch aus.<br />

Bessere Verträglichkeit<br />

Die Empfehlung des CHMP beruht<br />

vor allem auf der Tatsache, dass der<br />

neue Pockenimpfstoff erheblich besser<br />

verträglich ist als seine Vorgänger und<br />

dass er auch für immunsupprimierte<br />

Personen geeignet sein soll. 7 Der Ankara-Stamm<br />

des Vaccinia-Virus wurde im<br />

Zuge der Impfstoffherstellung durch<br />

eine Reihe von Deletionen und Mutationen<br />

weitgehend seiner Replikationsfähigkeit<br />

im menschlichen Organismus<br />

und in den meisten Säugetieren<br />

beraubt. 8<br />

Da herkömmliche Effektivitätsstudien,<br />

wie sie bei anderen Impfstoffen üblich<br />

sind, bei einer eradizierten Erkrankung<br />

nicht durchgeführt werden können,<br />

haben Zulassungsbehörden wie die<br />

FDA die Zulässigkeit von adäquaten<br />

Tiermodellen bestätigt.<br />

In einer Studie wurden deshalb<br />

ACAM2000 ® sowie Imvamune ® /Imvanex<br />

® an Cynomolgus-Makaken erprobt,<br />

die mit einem Affenpockenvirus<br />

infiziert worden waren. 9 Dabei zeigte<br />

sich eine etwas bessere Wirkung des<br />

Zweitgenerationsimpfstoffs, der die<br />

Tiere nämlich bereits nach einer einmaligen<br />

Impfdosis vor schweren oder tödlichen<br />

Infektionen schützte, was unter<br />

Imvamune ® nicht in allen Fällen gegeben<br />

war. Um mit Imvamune ® die gleiche<br />

Schutzrate wie mit ACAM2000 ®<br />

zu erzielen, war eine Boosterdosis erforderlich.<br />

Weitere Parameter waren klinische<br />

Beobachtungen, radiologische Untersuchungen,<br />

die Messung der Viruslast<br />

in Blut, Rachenabstrichen und<br />

verschiedenen Gewebeproben, Vaccinia-spezifische<br />

Antikörpertiter, Immunphänotypisierung,<br />

extrazelluläre<br />

Zytokinspiegel und histopathologische<br />

Untersuchungen.<br />

Es fand sich kein signifikanter Unterschied<br />

in den Titern neutralisierender<br />

Antikörper bei Tieren, die mit einer<br />

Dosis ACAM2000 ® , und solchen, die<br />

mit zwei Dosen Imvamune ® geimpft<br />

worden waren. Nach einer Challenge<br />

mit Affenpockenvirus fanden<br />

sich Hinweise für eine Virusausscheidung<br />

bei zwei von sechs Tieren in der<br />

Imvamune ® -Gruppe, aber bei keinem<br />

Tier in der ACAM2000 ® -Gruppe.<br />

Aufgrund dieser Studienergebnisse<br />

muss ein Impfregime mit Imvamune ® /<br />

Imvanex ® beim Menschen mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit aus zwei Einzeldosen<br />

bestehen.<br />

n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Bray M et al: Progressive vaccinia. Clin Infect Dis 2003;<br />

36(6): 766-774<br />

2<br />

Mayr A: Smallpox vaccination and bioterrorism with<br />

pox viruses. Comp Immunol Microbiol Infect Dis 2003;<br />

26(5-6): 423-430<br />

3<br />

Metzger W et al: Vaccines for preventing smallpox.<br />

Cochrane Database Syst Rev 2007(3): CD004913<br />

4<br />

Monath TP et al: ACAM2000 clonal Vero cell culture<br />

vaccinia virus (New York City Board of Health strain)--a<br />

second-generation smallpox vaccine for biological defense.<br />

Int J Infect Dis 2004; 8(suppl 2): S31-44<br />

5<br />

Greenberg RN et al: ACAM2000: a newly licensed cell<br />

culture-based live vaccinia smallpox vaccine. Expert<br />

Opin Investig Drugs 2008; 17(4): 555-564<br />

6<br />

Kemper AR et al: Expected adverse events in a mass<br />

smallpox vaccination campaign. Eff Clin Pract 2002;<br />

5(2): 84-90<br />

7<br />

Kennedy JS et al: IMVAMUNE: modified vaccinia Ankara<br />

strain as an attenuated smallpox vaccine. Expert Rev<br />

Vaccines 2009; 8(1): 13-24<br />

8<br />

Earl PL et al: Immunogenicity of a highly attenuated<br />

MVA smallpox vaccine and protection against monkeypox.<br />

Nature 2004; 428(6979): 182-185<br />

9<br />

Hatch GJ et al: Assessment of the protective effect of<br />

Imvamune and Acam2000 vaccines against aerosolized<br />

monkeypox virus in cynomolgus macaques. J Virol<br />

2013; 87(14): 7805-7815<br />

Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

jatros I Seite 20<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Konsensus<br />

Infektiologie<br />

Staphylococcus aureus<br />

Konsensus: Therapie mit<br />

alten Antibiotika<br />

Neue Antibiotika müssen keineswegs immer besser sein als alte – teurer<br />

sind sie jedoch fast immer. Ein österreichischer infektiologischer Konsensus<br />

beleuchtet nun die Möglichkeiten einer Therapie von Staphylococcus aureus-<br />

Infektionen mit älteren, schmäler wirksamen Antibiotika. Diese Möglichkeiten<br />

sind durchaus attraktiv und oftmals auch ökonomisch sinnvoll.<br />

Ein 2013 unter der Patronanz der<br />

ÖGIT sowie der Österreichischen <strong>Gesellschaft</strong><br />

für antimikrobielle Chemotherapie<br />

(ÖGACH) publiziertes Konsensusdokument<br />

befasste sich mit der<br />

Therapie von Staphylococcus aureus-<br />

Infektionen mit älteren Antibiotika.<br />

Dies sind vor allem bestimmte Betalaktame,<br />

weiters Clindamycin, Fosfomycin,<br />

Fusidinsäure, Tetrazykline und<br />

Kombinationen von Trimethoprim<br />

mit einem Sulfonamid.<br />

Resistenzlage<br />

Die Rate von MRSA (methicillinresistentem<br />

Staphylococcus aureus) liegt<br />

in Österreich derzeit bei ca. 8%. In<br />

den letzten Jahren war diesbezüglich<br />

in Europa und speziell auch in Österreich<br />

ein rückläufiger Trend zu beobachten.<br />

Die Rate der Resistenz von<br />

KeyPoints<br />

S. aureus gegen Makrolide liegt hierzulande<br />

bei maximal 16%. Bei den<br />

Fluorchinolonen, die nicht primär zur<br />

Therapie von Staphylokokkeninfektionen<br />

verwendet werden sollen, variieren<br />

die Resistenzraten zwischen 10%<br />

(Levofloxacin) und 75% (Ofloxacin).<br />

Sehr niedrig sind die Raten der Resistenz<br />

von S. aureus gegen Gentamicin<br />

(4%), Fusidinsäure (1%) und Rifampicin<br />

(0,7%). Gegen Vancomycin und<br />

Linezolid wurden bei S. aureus in Österreich<br />

bisher keine Resistenzen festgestellt.<br />

Auch die Raten der Resistenz<br />

gegen Teicoplanin, Daptomycin und<br />

Fosfomycin liegen unter 1%.<br />

Krankheitsbilder<br />

• Niedrige S. aureus-Resistenzraten in Österreich gegen Gentamicin, Fusidinsäure, Rifampicin,<br />

Vancomycin, Linezolid, Teicoplanin, Daptomycin und Fosfomycin<br />

• Mögliche alte Antibiotika gegen S. aureus: Flucloxacillin, Cefazolin, Clindamycin, Fusidinsäure,<br />

Trimethoprim plus Sulfonamid sowie Doxycyclin und Minocyclin<br />

• Rifampicin und Fosfomycin jeweils nur in Kombination mit einer anderen Substanz verabreichen!<br />

• Verwendung alter Antibiotika gegen S. aureus sowohl ökonomisch als auch mit Blick auf<br />

„Anti microbial Stewardship“ sinnvoll<br />

Eine Kolonisation mit Staphylokokken<br />

ist häufig, wobei der natürliche<br />

Standort von S. aureus die Nasenschleimhaut<br />

ist, während die gesunde<br />

Haut nur passager besiedelt wird. In<br />

der Normalbevölkerung liegt bei 16<br />

bis 20% eine permanente, bei 50 bis<br />

70% eine passagere Besiedelung mit<br />

S. aureus vor. Abhängig von Alter, Geschlecht,<br />

genetischen Faktoren (HLA-<br />

Muster), Grunderkrankung (z.B. Diabetes<br />

mellitus, chronische Ekzeme,<br />

atopische Diathese) und Hospitalisierungsstatus<br />

kann das Besiedelungsmuster<br />

unterschiedlich sein. Eine Besiedelung<br />

mit S. aureus hat per se noch<br />

keinen Krankheitswert, führt jedoch zu<br />

einem erhöhten Risiko, eine Infektion<br />

zu entwickeln. Insbesondere handelt<br />

es sich hier um Haut- und Weichteilinfektionen,<br />

z.B. bei gestörter Barrierefunktion<br />

der Haut. Die Übertragung<br />

kann durch direkten Kontakt oder Autoinokulation<br />

erfolgen. Direkter Kontakt<br />

kann als Schmierinfektion über<br />

infizierte bzw. kolonisierte Menschen<br />

oder Tiere (sowohl Haus- als auch<br />

Masttiere) erfolgen, weiters über kontaminierte<br />

Oberflächen oder Wäsche.<br />

Unter Auto inokulation ist die endogene<br />

Infektion aus dem eigenen Nasen-<br />

Rachen-Raum zu verstehen.<br />

Zu den durch S. aureus verursachten<br />

Krankheitsbildern zählen pyogene Infektionen,<br />

Fremdkörper-assoziierte Infektionen,<br />

systemische Infektionen und<br />

Toxin-vermittelte Syndrome. Der soge­<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 21 I jatros


Infektiologie<br />

Konsensus<br />

nannte „Small-Colony Variant“(SCV)-<br />

Phänotyp kann mit chronisch persistierenden<br />

und rezidivierenden Infektionen<br />

(z.B.: chronische Otitis media) assoziiert<br />

sein, da dieser Phänotyp die Fähigkeit<br />

zur intra zellulären Persistenz hat.<br />

Therapie mit alten Antibiotika<br />

Allgemein ist zu bemerken, dass – ebenso<br />

wie jede antimikrobielle Therapie<br />

– auch die Behandlung von S. aureus-<br />

Infektionen mit älteren Antibiotika adäquate<br />

Dosierungen erfordert. Details<br />

dazu sind dem Konsensusstatement<br />

zu entnehmen. Aus wissenschaftlichen<br />

Studien und der klinischen Erfahrung<br />

ist bekannt, dass manchmal – insbesondere<br />

bei schweren Infektionen –<br />

auch von der Zulassung abweichende<br />

höhere Dosierungen notwendig und<br />

sinnvoll sind. Diese werden deshalb<br />

neben den zugelassenen Dosierungen<br />

ebenfalls im Konsensus dargestellt.<br />

Weiters wird auf die notwendigen Dosisanpassungen<br />

bei Leber- und Niereninsuffizienz<br />

hingewiesen.<br />

Die optimale Strategie zur Behandlung<br />

einer S. aureus-Bakteriämie ist weiterhin<br />

unklar. In rezenten Literaturstellen<br />

wird folgendes Vorgehen bei S. aureus-<br />

Bakteriämie empfohlen:<br />

• ●Entfernung intravaskulärer Katheter<br />

– falls vorhanden – als Infektionsfokus<br />

innerhalb von vier Tagen<br />

• ●Entnahme weiterer Blutkulturen<br />

zwei bis vier Tage nach Beginn einer<br />

S. aureus-Bakteriämie<br />

• ●Verwendung von parenteralen Betalaktam-Antibiotika<br />

bei Vorliegen einer<br />

MSSA-Infektion<br />

• ●adäquate Therapiedauer<br />

• ●Durchführung einer echokardiografischen<br />

Untersuchung<br />

Durch Einhaltung dieser Empfehlungen<br />

ließ sich die Letalität bei S. aureus-<br />

Bakteriämie signifikant – von 43 auf<br />

28% – senken.<br />

Betalaktame<br />

Unter den Penicillinen ist als Leitsubstanz<br />

der alten Antibiotika bei<br />

S. aureus-Infektionen Flucloxacillin<br />

zu nennen. Allerdings sind – unter<br />

Annahme einer adäquaten Dosierung<br />

– mit Ausnahme von oralem Oxacillin<br />

mit seiner niedrigen Bioverfügbarkeit<br />

alle penicillinaseresistenten Penicilline,<br />

also auch Isoxazolylpenicilline, in<br />

der Therapie von Staphylokokkeninfektionen<br />

etwa gleich wirksam. Als<br />

Indikation für Flucloxacillin kommen<br />

zunächst Staphylokokkeninfekte, wie<br />

z.B. Haut- und Weichteilinfektionen,<br />

Osteomyelitis, Empyeme und postoperative<br />

Wundinfektionen infrage.<br />

Für schwere Infektionen wie Endokarditis,<br />

schwere Pneumonie oder<br />

Meningitis erbringt Flucloxacillin in<br />

hoher Dosierung (6–18g/d) vergleichbare<br />

Resultate wie Methicillin, Nafcillin,<br />

Oxacillin und Dicloxacillin. Bei<br />

MSSA-Endokarditis ist Flucloxacillin<br />

(oder Oxacillin) Mittel der Wahl<br />

bei Nativklappen, bei prothetischen<br />

Klappen in Kombination mit Rifampicin<br />

(Tagesdosis ist auf zwei Gaben<br />

aufzuteilen).<br />

Unter den Cephalosporinen ist als<br />

„altes Antibiotikum“ gegen S. aureus<br />

Cefazolin zu nennen, das eine starke<br />

Wirkung gegen methicillinsensitiven<br />

S. aureus (MSSA) und intermediäre<br />

Stabilität gegen Staphylokokken-Penicillinase<br />

aufweist. Indikationen für Cefazolin<br />

sind die perioperative Prophylaxe,<br />

schwere S. aureus-Infektionen<br />

(wie Sepsis und Endokarditis) und die<br />

Osteomyelitis.<br />

Eine retrospektive Studie zeigte bei<br />

MSSA-Bakteriämien unter Nafcillin<br />

oder Cefazolin eine deutlich niedrigere<br />

Letalität als unter Vancomycin. Eine<br />

andere, ebenfalls retrospektive Arbeit<br />

zeigte, dass die Letalität bei MSSA-<br />

Bakteriämien unter Cefazolin nicht signifikant<br />

anders ist als unter Cloxacillin,<br />

während die Therapie mit anderen<br />

Betalaktamen, einschließlich der Cephalosporine<br />

der zweiten und dritten<br />

Generation, mit einer höheren Letalität<br />

assoziiert sein dürfte.<br />

Für die systemische Therapie von Hautinfektionen<br />

durch S. aureus gelten<br />

Cefazolin i.v. und Flucloxacillin als ein<br />

Mittel der ersten Wahl.<br />

Andere Antibiotika<br />

Unter den älteren Nicht-Betalaktam-<br />

Antibiotika gegen S. aureus sind Clindamycin,<br />

Fusidinsäure, Trimethoprim<br />

plus Sulfonamid sowie die Tetrazykline<br />

Doxycyclin und Minocyclin zu<br />

nennen.<br />

Clindamycin kann parenteral oder oral<br />

verabreicht werden (>90% Resorption),<br />

die Hauptindikation sind schwer<br />

behandelbare Haut- und Weichteilinfektionen<br />

sowie Infektionen der Knochen<br />

und Gelenke.<br />

Auch Fusidinsäure kann oral oder parenteral<br />

appliziert werden. Bei beiden<br />

Substanzen besteht wahrscheinlich keine<br />

ausreichende Wirkung auf S. aureus-<br />

Biofilme.<br />

Ein Argument für die Anwendung der<br />

Kombinationen von Trimethoprim mit<br />

einem Sulfonamid (Sulfametrol bzw.<br />

Sulfamethoxazol) besteht in der synergistischen<br />

Wirkung beider Komponenten<br />

gegen MRSA. Die Tetrazykline<br />

Doxycyclin und Minocyclin können<br />

bei Haut- und Weichteilinfektionen<br />

eingesetzt werden, wenn die Empfindlichkeit<br />

des Erregers im Antibiogramm<br />

nachgewiesen ist.<br />

Kombinationssubstanzen<br />

Sowohl Rifampicin als auch Fosfomycin<br />

führen bei Monotherapie zu rascher<br />

Resistenzentwicklung und sollten<br />

daher bei S. aureus-Infektionen nur in<br />

Kombination mit anderen Antibiotika<br />

verabreicht werden. Neben der allgemeinen<br />

Rationale für eine Kombinati­<br />

jatros I Seite 22<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Infektiologie<br />

onstherapie (potenzieller Synergismus,<br />

Verhinderung von Resistenzen, Therapie<br />

polymikrobieller Infektionen,<br />

bessere Penetration, Reduktion der<br />

Toxizität der Einzelsubstanzen) kommen<br />

bei S. aureus-Infektionen noch<br />

spezielle Aspekte hinzu: Wirkung auch<br />

auf intrazelluläre Staphylokokkenvarianten,<br />

Elimination von Biofilmbildnern,<br />

Hemmung der Toxinproduktion,<br />

raschere Erregerelimination und Wirkung<br />

gegen MRSA.<br />

Weitere Überlegungen<br />

Last, but not least geht der Konsensus<br />

noch kurz auf den Vergleich von<br />

alten und neuen Substanzen und auf<br />

ökonomische Aspekte ein. Die Wahl<br />

eines alten Antibiotikums ist auch im<br />

Sinne der Antimicrobial Stewardship<br />

(Vermeidung von Resistenzen) wichtig,<br />

weiters kann ein neueres Antibiotikum<br />

bei sensiblen Staphylokokken sogar<br />

weniger aktiv sein als ein altes. So wurde<br />

z.B. die schlechtere Wirksamkeit<br />

von Vancomycin bei MSSA gegenüber<br />

Cefazolin in einer Studie mit Hämodialysepatienten,<br />

die MSSA-Bakteriämien<br />

hatten, nachgewiesen.<br />

Was die Senkung der Therapiekosten<br />

anbelangt, so können alte Antibiotika<br />

im Vergleich zu den meist teuren<br />

neuen Substanzen zweifellos einen<br />

Beitrag leisten. Es muss allerdings beachtet<br />

werden, dass die kostengünstigste<br />

Substanz nicht immer und nicht<br />

automatisch die effektivste ist. Weiters<br />

sind auch andere Faktoren wie Nichtansprechen,<br />

Rezidive und therapiebedürftige<br />

Nebenwirkungen zu beachten.<br />

<br />

n<br />

Literatur:<br />

Thalhammer F et al: Konsensusstatement „Staphylococcus<br />

aureus-Infektionen – Therapie mit älteren Antibiotika“.<br />

In: Medical Dialogue und Österreichische Ärztezeitung,<br />

April 2013; herunterzuladen unter www.oegit.eu<br />

–> Publikationen<br />

Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

GIFTIGER DIENSTAG Wintersemester 2013/14<br />

Zeit:<br />

Ort:<br />

Beginn jeweils 15.30 Uhr s.t. bis ca. 16.30 Uhr<br />

Ärztekammer für Wien, Weihburggasse 10–12, 1010 Wien<br />

1. Oktober Augeninfektionen – von getropft bis gespritzt<br />

Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger<br />

Klin. Abt. für Infektionen und Tropenmedizin<br />

Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien<br />

8. Oktober Das „+“ am Antibiogramm<br />

22. Oktober Endokarditis<br />

Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter<br />

Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, KH der Elisabethinen, Linz<br />

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer<br />

Klin. Abt. für Inf. und Tropenmed., Univ.-Klinik für Innere Med. I, MedUni Wien<br />

5. November Echinokokken – Modernes Therapiemanagement<br />

Priv.-Doz. Dr. Michael Ramharter<br />

Klin. Abt. für Inf. und Tropenmed., Univ.-Klinik für Innere Med. I, MedUni Wien<br />

12. November Die Syphilis ist wieder da<br />

Univ. Prof. Dr. Alexandra Geusau<br />

Abt. für Immundermatologie & infektiöse Hautkrankheiten<br />

Univ.-Klinik für Dermatologie, MedUni Wien<br />

www.infektiologie.co.at<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 23 I jatros<br />

Für jede Veranstaltung werden Punkte im Rahmen der Diplomfortbildung der ÖÄK anerkannt. Die Teilnahme ist kostenlos.


Infektiologie<br />

Veranstaltung<br />

Giftiger Dienstag<br />

Sinnlose mikrobiologische<br />

Befunde<br />

Es gibt eine Reihe typischer Fehler, die vor allem in der Präanalytik, also<br />

beim Gewinnen und Versenden mikrobiologischer Proben, gemacht werden.<br />

Im Rahmen eines „Giftigen Dienstags“ klärte der Mikrobiologe Dr. Rainer<br />

Gattringer, Linz, über einige der wichtigsten dieser Fehler auf.<br />

R. Gattringer, Linz<br />

„Sinnlose mikrobiologische Befunde<br />

kommen dann nicht zustande, wenn<br />

eine sinnvolle mikrobiologische Diagnostik<br />

durchgeführt wird“, umriss<br />

Dr. Rainer Gattringer, Institut für<br />

Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin,<br />

Krankenhaus der Elisabethinen,<br />

Linz, sein Thema.<br />

Was will die Mikrobiologie?<br />

Das Ziel der modernen mikrobiologischen<br />

Diagnostik ist der möglichst<br />

zeitnahe Erregernachweis, um eine rasche,<br />

zielgerichtete Therapie einleiten<br />

zu können. „Das erfordert eine enge<br />

Zusammenarbeit zwischen mikrobiologischem<br />

Labor und klinisch tätigem<br />

Arzt“, betonte Gattringer. Zwei Bereiche<br />

müssen dabei optimiert werden:<br />

einerseits die Präanalytik – was und<br />

wie viel wird abgenommen und wohin<br />

gesendet? –, andererseits die Verarbeitung<br />

sowie die anschließende Mitteilung<br />

der gewonnenen Befunde. Dass<br />

all diese Überlegungen vitale praktische<br />

Konsequenzen haben, zeigt eine<br />

KeyPoints<br />

Studie von Kumar et al, in der nachgewiesen<br />

wurde, dass Patienten mit septischem<br />

Schock nach Initiierung einer<br />

adäquaten antimikrobiellen Therapie<br />

eine Überlebensrate von ca. 50% zeigten,<br />

bei Initiierung einer inadäquaten<br />

antimikrobiellen Therapie überlebten<br />

hingegen nur ca. 10%. 1<br />

• Eine moderne mikrobiologische Diagnostik ist die Basis für eine adäquate Therapie von Infektionen.<br />

• Die Blutkultur ist immer noch Goldstandard der mikrobiologischen Sepsisdiagnostik.<br />

• Bei OP-Präparaten sollten Abstriche nach Möglichkeit vermieden werden.<br />

Klinische und labormedizinische Kriterien<br />

einer Sepsis<br />

Verdacht auf systemische Komponente einer<br />

Infektionskrankheit (z.B. septische Arthritis<br />

oder Osteomyelitis)<br />

Verdacht auf Bakteriämie bzw. Fungämie<br />

Verdacht auf Endokarditis<br />

Verdacht auf Katheterinfektion<br />

Fieber ungeklärter Ursache (FUO)<br />

Tab. 1: Indikationen für eine BK-Abnahme, Quelle:<br />

Gattringer<br />

• Zur Harndiagnostik sollte nach Möglichkeit immer Nativharn verwendet werden.<br />

Die mikrobiologische Diagnostik verfolgt<br />

also zwei Ziele: zum einen die Sicherung<br />

der Diagnose und zum anderen<br />

die Anpassung, Optimierung und<br />

ggf. auch Deeskalation der antimikrobiellen<br />

Therapie. Für die Deeskalation<br />

gibt es mehrere Argumente: Zum<br />

einen ist bei bekanntem Erreger eine<br />

breite antibiotische Therapie nicht<br />

notwendig und sinnvoll, zum anderen<br />

lassen sich mit einer schmäleren, gezielten<br />

Therapie Nebenwirkungen (Infektionen<br />

mit C. difficile oder Pilzen)<br />

hintanhalten und Kosten senken.<br />

Blutkulturen<br />

Die Blutkultur (BK) ist immer noch<br />

der Goldstandard in der mikrobiologischen<br />

Sepsisdiagnostik. Entscheidend<br />

für die Sensitivität ist die verwendete<br />

Blutmenge. Bei Bakteriämie liegt die<br />

Zahl der koloniebildenden Einheiten<br />

(KBE) pro Milliliter Blut ca. bei 1 bis<br />

10, bei Kindern ca. um den Faktor 10<br />

höher. Daraus ergibt sich ein erforderliches<br />

BK-Gesamtvolumen von 15<br />

bis 20ml bei Erwachsenen und von 1<br />

bis 10ml bei Kindern. Bei Früh- bzw.<br />

Neugeborenen sollte das Volumen zumindest<br />

0,5ml betragen. Als Standard<br />

gilt die Abnahme entweder einer anaeroben<br />

und einer aeroben oder von<br />

zwei aeroben BK-Flaschen.<br />

Die BK-Abnahme sollte möglichst<br />

früh und jedenfalls vor der ersten<br />

Antibiotikagabe erfolgen. Tabelle 1<br />

listet Indikationen für eine BK-Abnahme<br />

auf.<br />

jatros I Seite 24<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Infektiologie<br />

Die Zahl der abgenommenen BK<br />

sollte zwei bis drei, aber nicht mehr<br />

als vier betragen. Bei negativem Ergebnis,<br />

aber klinischem Verdacht auf<br />

eine Infektion sollte die BK binnen 24<br />

Stunden wiederholt werden.<br />

BK-Kontrollen sind routinemäßig nicht<br />

indiziert. In besonderen klinischen Situationen,<br />

die in Tabelle 2 angeführt<br />

sind, kann jedoch eine Therapiekontrolle<br />

mittels BK innerhalb von 72 Stunden<br />

erforderlich sein. „Sinnlose Blutkulturen<br />

liegen dann vor, wenn nur<br />

eine Flasche abgenommen wird, wenn<br />

die Füllmenge zu gering ist, wenn die<br />

Abnahme unter nicht ausreichenden<br />

hygienischen Bedingungen erfolgt oder<br />

auch dann, wenn zu viele BK abgenommen<br />

werden“, kommentierte der<br />

Mikrobiologe.<br />

OP-Präparate und Wunden<br />

Für OP-Präparate und Punktate gilt,<br />

dass nach Möglichkeit eine Materialentnahme<br />

durch Aspiration (≥2ml)<br />

oder chirurgische Entnahme erfolgen<br />

sollte. Abstriche sind nach Möglichkeit<br />

zu vermeiden. Eine Versendung<br />

in sterilem Röhrchen ist nur dann<br />

zulässig, wenn eine sofortige Verarbeitung<br />

gewährleistet ist, andernfalls<br />

muss ein Transportmedium verwendet<br />

werden.<br />

Wundgewebe sollte immer in einem<br />

Transportmedium versendet werden,<br />

dabei ist die Angabe wichtig, ob das<br />

Material oberflächlich oder tief gewonnen<br />

wurde.<br />

„Sinnlos sind oberflächliche Abstriche<br />

bei chronischen Wunden, ein<br />

Versenden von Proben in Formalin<br />

(Erregerabtötung!) und von Tuberkuloseproben<br />

in Kochsalzlösung; lange<br />

Transportwege sollten vermieden<br />

werden“, so Gattringer.<br />

Harn- und Stuhldiagnostik<br />

Zur Harndiagnostik sollte nach Möglichkeit<br />

immer Nativharn verwendet<br />

werden, weil nur so eine makro- und<br />

mikroskopische Beurteilung und ein<br />

Hemmstofftest möglich sind. Weiters<br />

Indikation<br />

Endokarditis<br />

Bakteriämie durch Staphylococcus aureus,<br />

Candida-Sepsis<br />

In-situ-Therapie(versuch) von<br />

Katheterinfektionen<br />

Tab. 2: Indikationen zur Kontroll-BK, Quelle: Gattringer<br />

lassen sich aus Nativharn schneller<br />

Reinkulturen und Antibiogramme bei<br />

Mischinfektionen gewinnen. Auch<br />

die Quantifizierung ist mit Nativharn<br />

besser möglich. Bei längeren Transportwegen<br />

bzw. Aufbewahrungszeiten<br />

kann sich allerdings im Nativharn<br />

die Keimzahl erheblich verändern.<br />

Deshalb sollte gewonnener Harn innerhalb<br />

von zwei Stunden im Labor<br />

sein. Steht der Harn für mehr als zwei<br />

Stunden bei Raumtemperatur, ist er<br />

für eine Keimzahlbestimmung nicht<br />

mehr geeignet. Urineintauchkulturen<br />

sollten nur dann verwendet werden,<br />

wenn die geforderten Transportzeiten<br />

bzw. -temperaturen nicht eingehalten<br />

werden können.<br />

„Sinnlos bei der Harndiagnostik sind<br />

das Fehlen eines Mittelstrahlharns<br />

bei Verdacht auf Harnwegsinfekt, ein<br />

langer Transport von Nativharn, ein<br />

falscher Gebrauch von Eintauchmedien<br />

und falsche Transportgefäße“,<br />

erläuterte Gattringer.<br />

Fehler bei der Stuhldiagnostik sind<br />

das Einschicken von altem Stuhl, falsche<br />

Zuweisungen, Clostridiennachweis<br />

bei Säuglingen und Clostridientoxin<br />

als Verlaufsparameter.<br />

Serologie – drei Beispiele<br />

Probleme bei der serologischen Diagnostik<br />

des Epstein-Barr-Virus (EBV)<br />

bestehen einerseits darin, dass bei<br />

akuten, oft fulminant verlaufenden<br />

Erkrankungen die Serologie zu spät<br />

Ergebnisse liefert; andererseits korrelieren<br />

bei EBV-Reaktivierungen die serologischen<br />

Parameter schlecht mit der<br />

Viruslast (Ursachen können inkonstante<br />

Antikörper[Ak]bildung, Ak-Persistenz<br />

oder Immunglobulingaben sein).<br />

Fragestellung<br />

Persistierende Bakteriämie als mögliche<br />

Indikation für operativen Klappenersatz?<br />

Festlegung der Dauer der antimikrobiellen<br />

Therapie<br />

Wirksamkeit?<br />

Für die Borreliendiagnostik gilt, dass<br />

mit einem serologischen Ak-Nachweis<br />

allein keine Diagnose gestellt<br />

werden kann. „Eine Interpretation<br />

serologischer Borrelienbefunde darf<br />

nur in Kenntnis von Klinik und Anamnese<br />

erfolgen“, mahnte Gattringer.<br />

Auch für ein Therapiemonitoring ist<br />

die Serologie nicht geeignet, da die<br />

Antikörper unter Therapie nicht negativ<br />

werden. Umgekehrt kann auch<br />

bei negativer Serologie und eindeutiger<br />

Klinik eine Therapie indiziert sein<br />

(Erythema migrans).<br />

Auch Chlamydien (C. pneumoniae,<br />

C. trachomatis) können mittels Serologie<br />

nicht sinnvoll nachgewiesen<br />

werden. Die Durchseuchungsrate und<br />

die Zahl der Kreuzreaktionen sind<br />

hoch. Deshalb ist eine serologische<br />

Unterscheidung zwischen Primärinfektion,<br />

persistierender Infektion,<br />

„Seronarbe“ und Reinfektion nicht<br />

möglich. „In manchen Ländern wird<br />

deshalb eine Chlamydienserologie<br />

gar nicht mehr abgegolten“, schloss<br />

Gattringer.<br />

n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Kumar A et al: Initiation of inappropriate antimicrobial<br />

therapy results in a fivefold reduction of survival in<br />

human septic shock. Chest 2009; 136(5): 1237-1248<br />

Quelle:<br />

„Sinnlose infektiologische Befunde?“<br />

Giftiger Dienstag<br />

19. März 2013, Wien<br />

Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 25 I jatros


Infektiologie<br />

Therapie<br />

Resistenzproblematik<br />

Therapie multiresistenter<br />

gramnegativer Erreger<br />

Die Zunahme multiresistenter Erreger im gramnegativen Bereich ist<br />

eines der großen Probleme der Infektiologie weltweit. Prof. Dr. Florian<br />

Thalhammer, MedUni Wien, stellt im Folgenden die Möglichkeiten<br />

einer Therapie solcher Erreger dar.<br />

F. Thalhammer, Wien<br />

Die wichtigsten gramnegativen Erreger,<br />

die häufig multiresistent werden<br />

(„multidrug resistance“ – MDR), sind<br />

Escherichia coli, Enterococcus faecium,<br />

Staphylococcus aureus, Klebsiella<br />

pneumoniae, Acinetobacter baumannii,<br />

Pseudomonas aeruginosa und<br />

Enterobacter-Spezies, die mit dem Akronym<br />

„ESKAPE“ zusammengefasst<br />

werden. 1–3<br />

Die Resistenz gramnegativer Erreger gegen<br />

Betalaktamantibiotika (einschließlich<br />

Cephalosporine III und IV und Carbapeneme)<br />

beruht auf der Bildung von<br />

Betalaktamasen, die nach Ambler in<br />

mehrere Gruppen eingeteilt werden und<br />

heute auch Carbapenemasen umfassen,<br />

die in der ursprünglichen, heute nicht<br />

mehr aktuellen Definition der ESBL<br />

KeyPoints<br />

(„Extended-Spectrum BetaLaktamasen“)<br />

nicht enthalten waren. 4<br />

Prätherapeutische Überlegungen<br />

Vor Beginn der Therapie von Infektionen<br />

mit gramnegativen MDR-Erregern<br />

müssen einige Punkte erwogen werden.<br />

Zunächst ist natürlich der Keim zu<br />

identifizieren, um ein Antibiogramm<br />

anfertigen zu können. Weiters muss<br />

der Fokus der Infektion (z.B. Blut,<br />

Knochen, Lunge, Niere) gesucht werden.<br />

Bei der Auswahl geeigneter Antibiotika<br />

sind die Pharmakokinetik (die<br />

durch die Grundkrankheit des Patienten<br />

verändert sein kann) und die Pharmakodynamik<br />

(auf Basis der EUCAST-<br />

Breakpoints) der jeweiligen Substanzen<br />

in Betracht zu ziehen.<br />

Tab. 1 zeigt bereits etablierte sowie zukünftige<br />

Therapieoptionen für gramnegative<br />

MDR-Erreger.<br />

Clavulansäure<br />

Inzwischen weiß man, dass trotz Vorhandenseins<br />

einer Extended-Spectrum-<br />

Betalaktamase bei E. coli Harnwegsinfekte<br />

mit Amoxicillin/Clavulansäure<br />

behandelt werden können, wenn die<br />

minimale Hemmkonzentration (MHK)<br />

niedrig ist. Der Betalaktamase-Inhibitor<br />

Clavulansäure hemmt hocheffektiv<br />

auch ESBL, ist jedoch in der verfügbaren<br />

Kombination mit Amoxicillin gegen<br />

die meisten ESBL-Bildner höchstens<br />

grenzwertig wirksam. Die Kombinationen<br />

von Clavulansäure mit den Viertgenerations-Cephalosporinen<br />

Cefepim<br />

oder Cefpirom sind hingegen in vitro<br />

gegen alle ESBL-bildenden Enterobacteriaceae<br />

wirksam. 5<br />

• Wichtigste gramnegative MDR-Erreger: E. coli, Enterococcus faecium, S. aureus, K. pneumoniae,<br />

Acinetobacter baumannii, P. aeruginosa und Enterobacter-Spezies („ESKAPE“).<br />

• Mortalität bei Infektionen mit ESBL-produzierenden Enterobakterien unter Betalaktam/BLI nicht<br />

höher als unter Carbapenemen<br />

• Carbapeneme häufig zu niedrig dosiert; zum Teil aufgrund der Zulassung<br />

• Auch für Tigecyclin zunehmend Empfehlungen für höhere Tagesdosis als zugelassen<br />

• Kombination Colistin mit Antibiotikum ohne Zulassung für gramnegative Erreger kann sinnvoll sein<br />

• Zwei zukünftige Therapieoptionen gegen gramnegative MDR-Erreger: der BLI Avibactam; das<br />

Siderophor-Monosulfactam BAL30072<br />

In einer Metaanalyse schnitten verschiedene<br />

Kombinationen aus Betalaktam<br />

und Betalaktamaseinhibitor (BL/BLI)<br />

hinsichtlich der Mortalität nicht signifikant<br />

schlechter ab als Carbapeneme,<br />

während die Mortalität unter Nicht-BL/<br />

BLI-Antibiotika im Vergleich zu Carbapenemen<br />

signifikant höher war. 6<br />

Temocillin<br />

Temocillin ist ein Schmalspektrum-<br />

Carboxypenicillin mit guter Aktivität<br />

jatros I Seite 26<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Infektiologie<br />

gegen Enterobakterien und Burkholderia-Spezies<br />

und relativ großer Stabilität<br />

gegenüber Betalaktamasen (ESBL, Carbapenemasen).<br />

Es wurde bereits in den<br />

Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts<br />

auf den Markt gebracht und wird nun<br />

neu vermarktet, da es eine gute Alternative<br />

zu Carbapenemen bei Temocillinempfindlichen<br />

gramnegativen MDR-<br />

Erregern darstellt. 7–9 In Österreich ist es<br />

nur auf Klinikanforderung erhältlich.<br />

Carbapeneme<br />

Jahrzehntelang war die empfohlene<br />

Standarddosierung von Imipenem/Cilastatin<br />

4x500mg täglich. Mit der Etablierung<br />

der EUCAST-Empfehlungen<br />

wird erstmals vehement auf die pharmakokinetische/pharmakodynamische<br />

Beziehung von Imipenem und P. aeruginosa<br />

hingewiesen.<br />

Doripenem wurde vor einigen Jahren<br />

ebenfalls mit einer in Relation zu den<br />

zu behandelnden Erregern zu niedrigen<br />

Dosierung eingeführt. Die Folge war<br />

nun ein „Rote Hand“-Brief, der darauf<br />

aufmerksam machte, dass die Doripenem-Standarddosierung<br />

statt 3x500mg<br />

3x1.000mg betragen muss. Eine verlängerte<br />

Infusionsdauer über drei Stunden<br />

jeder Standarddosis von Meropenem<br />

führt bei schwierig zu behandelnden<br />

Enterobakterien ebenfalls zu einer signifikant<br />

höheren Keimabtötungsrate. 10<br />

Rezente Studien haben gezeigt, dass<br />

die Heilungsraten bei Infektionen mit<br />

Carbapenemase-produzierenden MDR-<br />

Erregern bei Kombinationstherapien<br />

höher sind als bei Monotherapien; die<br />

höchsten Heilungsraten erzielten interessanterweise<br />

Kombinationsregime,<br />

die auch Carbapeneme enthielten, diese<br />

müssen jedoch hoch dosiert sein. 10, 11 In<br />

diesem Zusammenhang sind auch die<br />

ersten Studien publiziert worden, die<br />

trotz Versagen der Einzelsubstanzen<br />

Colistin und Doripenem bei kombinierter<br />

Gabe eine beeindruckende Absterbekinetik<br />

im Hollow-Fiber-Infektionsmodell<br />

zeigen. 12<br />

Tigecyclin<br />

Fosfomycin<br />

Tigecyclin kann gegen ESBL-bildende<br />

Enterobakterien, Acinetobacter baumannii<br />

und Stenotrophomonas maltophilia<br />

eingesetzt werden, nicht jedoch<br />

gegen P. aeruginosa oder Proteus-Spezies.<br />

Die Substanz ist eines der Reservemittel<br />

gegen gramnegative MDR-Erreger,<br />

wobei sowohl höhere Dosierungen<br />

als bisher als auch verschiedene Kombinationen<br />

denkbar sind und notwendig<br />

werden können. 13, 14 Für Acinetobacter<br />

baumannii ist eine rasche Resistenzentstehung<br />

unter Therapie mit Tigecyclin<br />

durch Überexpression von Effluxpumpen<br />

beschrieben. 15 Obwohl die zugelassene<br />

Tigecyclin-Tagesdosis in der<br />

Erhaltungstherapie nur 100mg beträgt,<br />

finden sich in der Literatur zunehmend<br />

Empfehlungen, die eine Tagesdosis von<br />

200mg oder sogar 300mg pro Tag favorisieren.<br />

Fosfomycin zeigte in einer Studie eine<br />

konzentrationsabhängige bakterizide<br />

Wirkung gegen Enterobakterien,<br />

welche die sogenannte Neu-Delhi-<br />

Metallobetalaktamase NDM-1 produzierten.<br />

16 Andererseits hat der häufige<br />

Gebrauch von Fosfomycin bei Harnwegsinfekten<br />

zu einem starken Anstieg<br />

von Fosfomycin-Resistenzen bei ESBLbildenden<br />

Enterobakterien geführt. 17<br />

Colistin<br />

Colistin ist ein zyklisches Polypeptid-<br />

Antibiotikum, das gegen gramnegative<br />

MDR-Erreger wie z.B. Acinetobacter<br />

baumannii vor allem dann<br />

eingesetzt wird, wenn auch bereits<br />

eine Carbapenem-Resistenz besteht.<br />

Intravenös wird die Substanz in Form<br />

von Colistin-Methansulfonat verabreicht,<br />

das in der Folge zu Colistin abgebaut<br />

wird. Aus diesem Grund wird<br />

diskutiert, v.a. bei kritisch kranken<br />

Patienten eine Loading Dose zu verabreichen,<br />

um möglichst schnell die<br />

volle bakterizide Wirkung von Colistin<br />

zu erzielen. 18<br />

Da es zunehmend auch gegen Colistin<br />

resistente Enterobakterienstämme<br />

gibt, sind neue Therapieoptionen gefragt.<br />

In diesem Zusammenhang sind<br />

jene Ansätze verblüffend, die ein gegen<br />

gramnegative Bakterien nicht wirksa­<br />

Bereits etabliert<br />

Amikacin*<br />

Amoxicillin/Clavulansäure<br />

Aztreonam<br />

Chloramphenicol<br />

Colistin<br />

Daptomycin*<br />

Doripenem, Ertapenem, Imipenem, Meropenem<br />

Fosfomycin<br />

Mecillinam<br />

Nitrofurantoin<br />

Rifampicin*<br />

Sulbactam<br />

Temocillin<br />

Tigecyclin<br />

Vancomycin*<br />

Möglicherweise in Zukunft<br />

Betalaktamase-Inhibitoren<br />

• Avibactam (NXL-104)*<br />

• BLI-489*<br />

• MK-7655*<br />

Boron-Antibiotika<br />

• GSK-2251052<br />

Cephalosporine<br />

• CXA-201<br />

Ca-EDTA*<br />

MBL-Inhibitoren*<br />

Siderophor-Monosulfactame<br />

• BAL-30072<br />

• MC-1<br />

Isepamicin<br />

LPS-Inhibitoren<br />

• Lpx-C1<br />

Neoglykoside<br />

• Plazomicin (ACHN-490)<br />

Polymyxine<br />

• NAB-739<br />

Sitafloxacin<br />

* Nur in Kombination<br />

Die Reihung der Substanzen erfolgt alphabetisch<br />

und stellt keinerlei Wertung dar.<br />

Tab. 1: Therapie gramnegativer MDR-Erreger heute<br />

und morgen; Quelle: Thalhammer<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 27 I jatros


Infektiologie<br />

Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />

Infektionskrankheiten und Tropenmedizin<br />

Therapie<br />

Neue Antiinfektiva-App<br />

nun erhältlich<br />

Die von Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer,<br />

Wien, entwickelte, verfasste<br />

und gestaltete Antiinfektiva-<br />

App ist seit 1. September erhältlich.<br />

Die erste österreichische Antiinfektiva-<br />

App bietet alle relevanten Informationen<br />

zu Antibiotika und anderen wichtigen<br />

Antiinfektiva – auch ohne Internetverbindung.<br />

Die Suche kann über den Erreger,<br />

die Indikation, den Handelsnamen<br />

oder den Wirkstoff durchgeführt werden.<br />

Da die App im gesamten deutschen<br />

Sprachraum angeboten wird, sind die<br />

Handelsnamen nach Ländern getrennt.<br />

Eine Verknüpfung von Wirkstoffen oder<br />

Handelsnamen mit Keimspektren ist<br />

möglich.<br />

Bei jedem Wirkstoff sind die gängigen<br />

Indikationen, detaillierte Dosierungen<br />

und Einnahmemodalitäten für Erwachsene,<br />

Kinder, Neugeborene und Risikopatienten<br />

(z.B. Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz,<br />

chronische Hämodialyse,<br />

kontinuierliche Hämofiltration etc.), Verschreibbarkeit<br />

bei schwangeren Frauen<br />

(FDA-Klassifikation), Packungsgrößen<br />

und häufigste Nebenwirkungen angegeben.<br />

Die Startseite (Abb. 1) gibt die verschiedenen<br />

Möglichkeiten des Einstiegs an.<br />

Die App ist derzeit für iPhone und iPad<br />

erhältlich – eine Android-Version ist geplant.<br />

Download und weitere Infos unter:<br />

www.antibiotika-app.eu<br />

(nh)<br />

Abb. 1: Einstiegsbildschirm der Antiinfektiva-App,<br />

© Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer<br />

mes Antibiotikum mit Colistin kombinieren.<br />

Eine dieser Kombinationen ist<br />

jene mit Daptomycin. Gramnegative<br />

Bakterien haben eine zweischichtige<br />

Zellwand, deren erste Schicht Daptomycin<br />

aufzubrechen vermag, sodass<br />

Colistin anschließend die innen liegende<br />

Zellmembran zerstören kann –<br />

das Bakterium stirbt ab. Verschiedene<br />

Kombinationen von Colistin mit anderen<br />

Antibiotika wurden in vitro oder<br />

im Tiermodell erprobt: Vancomycin,<br />

Cotrimoxazol, Ceftazidim, Minocyclin<br />

oder Azithromycin in Kombination<br />

mit Rifampicin. 19 Auch die Kombination<br />

mit Tigecyclin wurde erfolgreich<br />

eingesetzt. 20<br />

Ausblick<br />

In Zukunft könnte eine Reihe neuer<br />

Substanzen für dieses problematische<br />

Therapiefeld zur Verfügung stehen,<br />

für deren ausführliche Darstellung in<br />

diesem Kontext der Raum fehlt. Infrage<br />

kommen unter anderem der BLI<br />

Avibactam, Boron-Antibiotika (Borsäure-Derivate),<br />

Ceftazolan (ein neues<br />

Cephalosporin), Kalzium-EDTA, Maleinsäure,<br />

Plazomicin (ein Aminoglykosid)<br />

und Siderophor-Monosulfactam.<br />

Zwei Substanzen sollen hier kurz vorgestellt<br />

werden, die eine (BAL-30072),<br />

weil sie aus heutiger Sicht 2014 eingeführt<br />

wird, die andere (Avibactam),<br />

weil dabei ein spannender Wirkmechanismus<br />

zum Einsatz kommt.<br />

Avibactam ist ein neuer Betalaktamase-Inhibitor,<br />

der nicht nur bei ESBLpositiven<br />

Enterobakterien aktiv ist,<br />

sondern auch bei CTX-M-, KPC- oder<br />

AmpC-positiven Erregern. In-vitro-<br />

Studien zeigen einen deutlichen Aktivitätsgewinn<br />

bei Kombinationen mit<br />

Ceftarolin, Ceftazidim oder Imipenem.<br />

Erwartungsgemäß kann eine Pseudomonaswirkung<br />

auch mit Avibactam<br />

nicht erzielt werden.<br />

BAL30072 ist ein Siderophor-Monosulfactam,<br />

das den Transport der<br />

Fe 3+ -Siderophor-Komplexe durch die<br />

Zellmembran ausnützt, um wie ein trojanisches<br />

Pferd in gramnegative Bakterienzellen<br />

zu gelangen. In mikrobiellen<br />

Studien war Meropenem in Kombination<br />

mit BAL30072 deutlich aktiver als<br />

die Monosubstanz.<br />

Mit Ceftarolin besitzen wir das erste<br />

Betalaktam-Antibiotikum, das gegen<br />

Methicillin-resistente Staphylokokken<br />

(MRSA) wirksam ist. Müssen wir uns<br />

zukünftig daran gewöhnen, dass Antibiotika,<br />

die nur gegen grampositive<br />

Erreger wirksam sind, als Kombinationspartner<br />

bei der Therapie von gramnegativen<br />

MDR-Enterobakterien zum<br />

Einsatz kommen?<br />

n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Kanj SS und Kanafani ZA, Mayo Clin Proc 2011; 86(3):<br />

250-259<br />

2<br />

Peterson LR, Clin Infect Dis 2009; 49(6): 992-993<br />

3<br />

Rice LB, J Infect Dis 2008; 197(8): 1079-1081<br />

4<br />

Pfeifer Y et al, Int J Med Microbiol 2010; 300(6): 371-<br />

379<br />

5<br />

Livermore DM et al, Clin Microbiol Infect 2008;<br />

14 Suppl 1: 189-193<br />

6<br />

Vardakas KZ et al, J Antimicrob Chemother 2012;<br />

67(12): 2793-2803<br />

7<br />

Livermore DM et al, J Antimicrob Chemother 2006;<br />

57(5): 1012-1014<br />

8<br />

Rodriguez-Villalobos H et al, J Antimicrob Chemother<br />

2006; 57(4): 771-774<br />

9<br />

Livermore DM et al, Int J Antimicrob Agents 2011;<br />

37(5): 415-419<br />

10<br />

Bulik CC et al, Antimicrob Agents Chemother 2010;<br />

54(2): 804-810<br />

11<br />

Akova M et al, Clin Microbiol Infect 2012; 18(5):<br />

439-448<br />

12<br />

Lim TP et al, ECCMID, 2012. Poster P1822<br />

13<br />

Koomanachai P et al, Antimicrob Agents Chemother<br />

2009; 53(12): 5060-5063<br />

14<br />

Giamarellou H und Poulakou G, Expert Opin Drug<br />

Metab Toxicol 2011; 7(11): 1459-1470<br />

15<br />

Hornsey M et al, J Antimicrob Chemother 2010; 65(8):<br />

1589-1593<br />

16<br />

Albur MS et al, Clin Microbiol Infect 2012; 18(Suppl. s3):<br />

513 (P1821)<br />

17<br />

Oteo J et al, J Antimicrob Chemother 2010; 65(11):<br />

2459-2463<br />

18<br />

Plachouras D et al, Antimicrob Agents Chemother<br />

2009; 53(8): 3430-3436<br />

19<br />

Malmberg C et al, Clin Microbiol Infect 2012;<br />

18(Suppl. s3): 511 (P1817)<br />

20<br />

Pournaras S et al, Int J Antimicrob Agents 2011; 37(3):<br />

244-247<br />

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer<br />

Klinische Abteilung für Infektionen<br />

und Tropenmedizin<br />

Univ.-Klinik für Innere Medizin I<br />

MedUni Wien<br />

Redaktion: Dr. Norbert Hasenöhrl<br />

jatros I Seite 28<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Guidelines<br />

GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines zur H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Differenzierte Behandlungskonzepte<br />

nach europäischer<br />

Konsensuskonferenz<br />

Seit der Entdeckung von <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> (HP) wird die Behandlung<br />

der Infektion mit dem Keim im Hinblick auf die Indikationsstellung<br />

von Kontroversen begleitet.<br />

P. Malfertheiner, Magdeburg<br />

Die kontroverse Diskussion über das<br />

Vorgehen bei einer HP-Infektion ist<br />

schwer nachvollziehbar, da die Infektion<br />

bei allen Betroffenen eine chronische<br />

Entzündung der Magenschleimhaut<br />

(i.e. chronisch aktive Gastritis) auslöst<br />

und bei einem Teil der Infizierten<br />

im weiteren Verlauf zu schwerwiegenden<br />

klinischen Komplikationen führen<br />

kann. Als Grund für die Kontroverse<br />

wird angeführt, dass bei der überwiegenden<br />

Zahl der mit HP infizierten<br />

Menschen weder Symptome noch organische<br />

Komplikationen auftreten und<br />

somit im Falle einer generellen Behandlung<br />

dieser Infektion eine „Übertherapie“<br />

zu Buche schlagen würde.<br />

Als Verstärkung für dieses Argument<br />

wird das Problem angeführt, dass bei<br />

der weiten Verbreitung dieser Infektion<br />

und des gleichzeitigen Gebrauchs mehrerer<br />

Antibiotika in den Behandlungsschemata<br />

zur HP-Eradikation eine generelle<br />

Behandlung der Infektion einen<br />

nicht zu rechtfertigenden Beitrag zur<br />

allgemeinen Antibiotikaresistenz leisten<br />

würde.<br />

Diesen Argumenten gegenübertretend<br />

darf man allerdings ins Feld führen,<br />

dass etwa jeder Fünfte, der von einer<br />

HP-Infektion betroffen ist, entweder<br />

Oberbauchbeschwerden (dyspeptische<br />

Symptome) oder eine organische Erkrankung<br />

im Magen oder Duodenum<br />

(Ulkus, Magenkarzinom) entwickelt.<br />

Der Idealfall wäre, wenn man beim<br />

einzelnen HP-positiv getesteten Menschen<br />

anhand von Risikofaktoren eine<br />

zuverlässige Prognose hinsichtlich der<br />

Weiterentwicklung dieser Infektion abgeben<br />

könnte. Dies ist nicht der Fall.<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen aus<br />

den letzten 30 Jahren haben uns hinsichtlich<br />

bakterieller Virulenzfaktoren,<br />

wirtspezifischer genetischer Disposition<br />

und gewisser Umweltfaktoren für<br />

die Entwicklung von Komplikationen<br />

von Bedeutung tiefe Einblicke gewährt.<br />

Allerdings steht uns in der klinischen<br />

Praxis eine Risikoabschätzung beim<br />

Einzelnen nicht zur Verfügung.<br />

Dies ist der Grund dafür, dass seit vielen<br />

Jahren Leitlinien oder Empfehlungen<br />

in speziellen Konsensuskonferenzen<br />

erarbeitet werden, mit dem Ziel<br />

den praktisch tätigen Ärzten aus der<br />

Fülle von in klinischen Studien gesammelten<br />

Erfahrungen eine konstruktive<br />

Anleitung für die Behandlung der HP-<br />

Infektion im Alltag zu geben.<br />

Kurz zusammengefasst werden nachfolgend<br />

die wesentlichen Indikationen<br />

zur Behandlung der HP-Infektion aus<br />

der europäischen Konsensuskonferenz<br />

von Florenz/Maastricht 1 dargestellt.<br />

Evidenzbasierte Indikationen zur HP-<br />

Therapie<br />

Die Indikation zur HP-Therapie ist<br />

immer dann gegeben, wenn gastroduodenale<br />

Läsionen im Rahmen der<br />

HP-Infektion auftreten und durch die<br />

Behandlung geheilt und weitere Komplikationen<br />

verhindert werden können.<br />

Das Magenkarzinom stellt die einzige<br />

Komplikation der HP-Infektion dar, für<br />

die durch die Behandlung der Infektion<br />

keine Heilung mehr möglich ist. Allerdings<br />

ist auch für Patienten, bei denen<br />

wegen eines Karzinoms eine Teilentfernung<br />

des Magens (subtotale Gastrektomie)<br />

vorgenommen worden ist, die<br />

HP-Sanierung der verbliebenen Magenschleimhaut<br />

empfohlen und kann<br />

im Restmagen das erneute Auftreten<br />

von Neoplasien reduzieren. Die Indikationen<br />

für die Behandlung der HP-Infektion<br />

bei Erkrankungen von Magen<br />

und Duodenum sind in der Tabelle 1<br />

zusammengefasst.<br />

In der Praxis sind es vorwiegend Patienten<br />

mit Oberbauchbeschwerden,<br />

die den Arzt aufsuchen und bei denen<br />

sich die Frage stellt, ob HP die Ursache<br />

für die Beschwerden ist. Bei Patienten<br />

mit Oberbauchbeschwerden (dyspeptischen<br />

Beschwerden) ohne Alarmsymptome<br />

im Alter von


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

tersuchung verzichtet und stattdessen<br />

ein nicht invasiver Test zum Nachweis<br />

der HP-Infektion durchgeführt werden.<br />

Bei positivem Nachweis der HP-<br />

Infektion sollte eine Therapie erfolgen.<br />

In Gebieten mit einer hohen Magenkarzinominzidenz<br />

oder bei Patienten<br />

mit häufig wiederkehrenden Beschwerden<br />

sollte allerdings der primären endoskopischen<br />

Abklärung gegenüber<br />

den nicht invasiven Testverfahren der<br />

Vorzug gegeben werden. Auch bei älteren<br />

Patienten (über 50 Jahre) ist zur<br />

Abklärung von Oberbauchbeschwerden<br />

immer eine Endoskopie mit Gewebsprobenentnahmen<br />

empfohlen.<br />

Selbst bei endoskopisch normal wirkender<br />

Schleimhaut müssen Biopsien zum<br />

Nachweis von HP und der histologischen<br />

Einschätzung des Schweregrades<br />

der chronischen Gastritis entnommen<br />

werden. Wenn durch die Magenbiopsie<br />

(Histologie, Urease-Schnelltest) ein<br />

positiver HP-Nachweis erbracht worden<br />

ist, ist die Eradikationstherapie indiziert.<br />

Bei Patienten mit HP-positiver<br />

funktioneller Dyspepsie ist die Eradikation<br />

allen anderen Behandlungsmöglichkeiten<br />

überlegen. 1, 2<br />

Bei Patienten mit Refluxsymptomen<br />

und gastroösophagealer Refluxkrankheit<br />

hat die HP-Infektion keinen Einfluss<br />

auf den Krankheitsverlauf. 3 Die<br />

HP-Eradikation sollte aber bei Patienten,<br />

die eine Langzeitbehandlung<br />

mit Protonenpumpenhemmern (PPI)<br />

benötigen, unbedingt erfolgen. 1 Das<br />

Persistieren der HP-Infektion unter einer<br />

PPI-Langzeitbehandlung führt zu<br />

einer Korpus-prädominanten Magenschleimhautentzündung<br />

mit beschleunigtem<br />

Verlust der Drüsenkörper und<br />

somit zur atrophischen Gastritis. 4 Die<br />

atrophische Gastritis stellt eine präneoplastische<br />

Kondition dar und bedarf<br />

Indikationen zur H. <strong>pylori</strong>-Eradikation<br />

• Duodenalulkus/Magenulkus (aktiv oder auch nicht, einschließlich komplizierter peptischer<br />

Ulkuserkrankungen)<br />

• Nicht ulzeröse Dyspepsie (i.e. funktionelle Dyspepsie; Diagnose basiert auf endoskopischer<br />

Untersuchung)<br />

• Bei Patienten mit Oberbauchbeschwerden kann die Strategie „Nicht invasiver H. <strong>pylori</strong>-Test<br />

und Behandlung“ zur Anwendung kommen; Voraussetzungen: Patient im Alter von unter 50<br />

Jahren, keine Alarmsymptome (siehe Ausführungen in diesem Artikel)<br />

• MALT-Lymphom<br />

• Atrophische Gastritis<br />

• Nach subtotaler Magenresektion<br />

• Positive Familienanamnese für Magenkarzinom<br />

• Langzeiteinnahme von PPI<br />

• Vor Beginn einer chronischen NSAR-Einnahme<br />

• Bei Aspirin-induzierten Läsionen, die geblutet haben<br />

Spezielle Indikationen bei H. <strong>pylori</strong>-Infektion ohne gastroduodenale Läsionen<br />

• Bei Eisenmangelanämie ohne sonstige gesicherte Ursache<br />

• Bei idiopathisch-thrombozytopenischer Purpura<br />

• Bei Vitamin-B12-Mangel nach Ausschluss anderer Ursachen<br />

Tab. 1<br />

auch nach erfolgreicher HP-Eradikation<br />

einer regelmäßigen endoskopischen<br />

Überwachung in Abständen von zwei<br />

bis drei Jahren. 5<br />

Bei Patienten, die aufgrund der Einnahme<br />

nichtsteroidaler Antirheumatika<br />

(NSAR) Ulzera in Magen und<br />

Duodenum entwickelt haben, sollte<br />

bei Nachweis einer HP-Infektion die<br />

Eradikationstherapie erfolgen. Allerdings<br />

muss bei weiterer Einnahme der<br />

NSAR bei diesen Patienten auch eine<br />

dauerhafte Medikation mit einem PPI<br />

erfolgen. Zur Vorbeugung von Magenläsionen<br />

kann man bei Patienten vor<br />

Beginn einer NSAR-Therapie die HP-<br />

Eradikation durchführen und dadurch<br />

sowohl die Ulkusentstehung wie auch<br />

das Risiko für eine Ulkuskomplikation<br />

reduzieren. 6, 7 Diejenigen Patienten, die<br />

Aspirin einnehmen und darunter eine<br />

Ulkuskomplikation (Ulkusblutung) erlitten<br />

haben, sollten immer auf HP getestet<br />

werden, da bei positivem Nachweis<br />

die Eradikation künftig weitere<br />

Komplikationen verhindern kann. 8<br />

Die HP-Infektion ist über eine schädigende<br />

Wirkung auf die Magenschleimhaut<br />

hinaus in vielen Untersuchungen<br />

mit systemischen Erkrankungen assoziiert<br />

worden. Bei kritischer Prüfung<br />

einer möglichen Kausalität dieses Zusammenhangs<br />

sind allerdings für die<br />

klinische Praxis bislang nur wenige dieser<br />

Assoziationen als relevant befundet<br />

worden. Eine HP-Diagnostik und -Be­<br />

jatros I Seite 30<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


GASTROENTEROLOGIE<br />

handlung ist bei Patienten mit immunthrombozytopenischer<br />

Purpura, bei<br />

Patienten mit Eisenmangelanämie und<br />

bei Patienten mit einem Vitamin-B12-<br />

Mangel empfohlen, falls andere mögliche<br />

Ursachen für diese Krankheitsmanifestation<br />

ausgeschlossen worden sind. 1<br />

Für die Praxis ist von Interesse, dass<br />

einzelne Medikamente, wie das L-Thyroxin<br />

und L-Dopa, bei Vorliegen der<br />

HP-Infektion in ihrer Bioverfügbarkeit<br />

eingeschränkt sind. 1<br />

Ein wichtiges Anliegen ist die Vorsorge.<br />

Hierbei gilt es, insbesondere durch<br />

die HP-Therapie die Inzidenz des Magenkarzinoms<br />

zu senken. In Ländern<br />

mit hoher Magenkarzinominzidenz<br />

werden Screeninguntersuchungen auf<br />

<strong>Helicobacter</strong> flächendeckend durchgeführt<br />

und in mehreren Studien wurde<br />

durch Screening und Behandlung der<br />

Infektion eine Reduktion des Karzinomrisikos<br />

erzielt. 9 Unter den Risikogruppen<br />

sind auch Angehörige von<br />

Familienmitgliedern ersten Grades, die<br />

von einem Magenkarzinom betroffen<br />

sind. Diese sollten frühzeitig auf HP<br />

getestet und bei positivem Nachweis<br />

auch behandelt werden. Screenings<br />

von asymptomatischen Patienten sollten<br />

nach Risikostratifizierung erfolgen.<br />

Diagnostik der HP-Infektion<br />

Die Diagnostik der HP-Infektion erfolgt<br />

durch nicht invasive Tests oder<br />

an Biopsien aus der Magenschleimhaut,<br />

die im Rahmen der Ösophagogastroduodenoskopie<br />

(ÖGD) gewonnen<br />

werden.<br />

Der 13 C-Harnstoff-Atemtest und der<br />

monoklonale Stuhlantigentest sind die<br />

nicht invasiven Tests der ersten Wahl<br />

und verfügen über eine hohe diagnostische<br />

Zuverlässigkeit. 10, 11 Der Nachweis<br />

von IgG-Antikörpern im Blut<br />

(Serologie) wird dann bevorzugt, wenn<br />

nicht invasive Diagnostik während antibiotischer<br />

Therapie oder bei gleichzeitiger<br />

Gabe von PPI erfolgt. Auch bei<br />

Ulkusblutung und bei fortgeschrittener<br />

Magenschleimhautatrophie ist der serologische<br />

Nachweis von HP-Antikörpern<br />

Methode der Wahl. 1<br />

Zum Nachweis ausgeprägter atrophischer<br />

Veränderungen der Magenschleimhaut<br />

eignet sich der serologische<br />

Nachweis von Pepsinogen I und<br />

II und Gastrin 17. Die Bewertung der<br />

Atrophie erfolgt in Zusammenschau<br />

dieser Parameter. 12<br />

Direkte Testverfahren zum Nachweis<br />

der HP-Infektion basieren auf der<br />

Durchführung der ÖGD und der dabei<br />

entnommenen Magengewebsproben.<br />

Diese dienen zur Durchführung von<br />

Kultur, Urease-Schnelltest und Histologie.<br />

Die histologische Beurteilung<br />

der Magenmukosa erlaubt neben dem<br />

Nachweis von HP auch die Graduierung<br />

der Entzündung und Atrophie.<br />

Zur Einschätzung des Schweregrades<br />

werden spezielle Scoresysteme –<br />

OLGA (Operative Link for Gastritis<br />

Assessment), OLGIM (Operative Link<br />

for Gastric Intestinal Metaplasia) –<br />

verwendet, die das Risiko für das Magenkarzinom<br />

in den Fokus rücken. 1 Bei<br />

Therapieversagen sollte immer die kulturelle<br />

Anzüchtung der Bakterien mit<br />

Resistenztestung angestrebt werden.<br />

1. Protonenpumpenhemmer Standarddosis<br />

2x täglich, Clarithromycin 500mg 2x täglich, Amoxicillin 1g 2x täglich<br />

2. Protonenpumpenhemmer Standarddosis<br />

2x täglich, Clarithromycin 500mg 2x täglich, Metronidazol 400mg 2x täglich<br />

Tab. 2a: Erstlinienbehandlung in Regionen mit niedriger Clarithromycin-Resistenz (20%)<br />

Therapie der HP-Infektion<br />

Die Standardtripeltherapie basierend auf<br />

PPI, Clarithromycin und Amoxicillin<br />

(oder Metronidazol) musste in den letzten<br />

Jahren einen hohen Wirkverlust hinnehmen.<br />

1 Die wichtigste Ursache dafür<br />

ist die zunehmende Resistenz gegen die<br />

gängigen Antibiotika und insbesondere<br />

Clarithromycin. 13, 14 Neue und wirksame<br />

Schemata sind sequenziell verabreichte<br />

Antibiotika oder die gleichzeitige Anwendung<br />

von Medikamenten in Form<br />

von „Quadrupeltherapien“. Diese Schemata<br />

bestehen aus Kombinationen von<br />

PPI, Clarithromycin, Amoxicillin und<br />

Metronidazol, wobei Clarithromycin<br />

abhängig von der HP-Resistenzlage gegen<br />

Levo floxacin ausgetauscht wird. 1<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 31 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

1. Linie<br />

2. Linie<br />

3. Linie<br />

Regionen mit niedriger<br />

CLA-Resistenz-Prävalenz<br />

PPI-Clarithromycin-<br />

Amoxicillin/Metronidazol oder<br />

Bismut-Quadrupeltherapie<br />

Bismut-Quadrupeltherapie<br />

oder<br />

PPI-Levofloxacin/Amoxicillin<br />

In den neuen europäischen Empfehlungen<br />

wird die Erstlinientherapie<br />

in Abhängigkeit der regionalen<br />

Clarithromycin-Resistenz gewählt.<br />

In Regionen mit einer Clarithromycin-Resistenz<br />

unter 20% bleibt die<br />

Protonenpumpenhemmer(PPI)-Standardtripeltherapie<br />

als Erstlinienbehandlung<br />

weiterhin empfohlen (Tab.<br />

2a).<br />

In Regionen mit einer Clarithromycinresistenz<br />

über 20% ist die Bismut-basierte<br />

Quadrupeltherapie als Erstlinientherapie<br />

empfohlen. Dabei steht eine<br />

neue galenische Zusammensetzung<br />

bestehend aus Bismutsubcitrat, Metronidazol<br />

und Tetracyclin gemeinsam<br />

mit der 2x täglichen Einnahme eines<br />

Protonenpumpenhemmers zur Verfügung<br />

(Tab. 2b). 15<br />

Bei nicht erfolgreicher Therapie wird<br />

die Zweitlinientherapie je nach vorangegangener<br />

Erstlinientherapie gewählt<br />

(Abb. 1). Das effektivste Antibiotikum<br />

bei Zweitlinientherapien<br />

ist Levofloxacin; es wird in der Regel<br />

Nach Resistenztestung<br />

adaptiert nach Malfertheiner P et al, Gut 2012; 61: 646-664<br />

Abb. 1: Therapiealgorithmus bei <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Regionen mit hoher<br />

CLA-Resistenz-Prävalenz<br />

Bismut-Quadrupeltherapie<br />

Falls nicht verfügbar:<br />

Quadrupeltherapie ohne Bismut<br />

(sequenziell oder konkomitierend)<br />

PPI-Levofloxacin/Amoxicillin<br />

mit Amoxicillin kombiniert. Allerdings<br />

gilt es auch bei Levofloxacin,<br />

die Resistenzentwicklung im Auge zu<br />

behalten, da in vielen europäischen<br />

Ländern die Levofloxacin-Resistenz<br />

stark zugenommen hat. 13 Bei Therapieversagen<br />

der Zweitlinienschemata<br />

ist die Durchführung der HP-Resistenztestung<br />

empfohlen. „Reserve“-<br />

Medikament ist u.a. Rifabutin, das<br />

für eine „Drittlinientherapie“ häufig<br />

Berücksichtigung findet und äußerst<br />

selten Resistenzen aufweist.<br />

Amoxicillin, sofern es vertragen wird,<br />

kann beliebig oft und in verschiedenen<br />

Kombinationen wiederholt eingesetzt<br />

werden, weil es nur in Ausnahmefällen<br />

zur Entwicklung einer Resistenz gegen<br />

dieses Antibiotikum kommt.<br />

Es bleibt wichtig, dass der Erfolg der<br />

HP-Eradikation nach jeder Behandlung<br />

(ab Woche 4 nach beendeter Behandlung)<br />

kontrolliert wird und auch<br />

regionale Überwachungsprogramme<br />

der HP-Resistenzentwicklung eingesetzt<br />

werden.<br />

n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Malfertheiner P et al, European <strong>Helicobacter</strong> Study<br />

Group: Management of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> infection<br />

– the Maastricht IV/Florence Consensus Report. Gut<br />

2012; 61(5): 646-64<br />

2<br />

Gwee KA et al: The response of Asian patients with functional<br />

dyspepsia to eradication of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> infection.<br />

Eur J Gastroenterol Hepatol 2009; 21(4): 417-24<br />

3<br />

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gastroesophageal reflux disease (GERD): meta-analysis<br />

of randomized controlled trials. Scand J Gastroenterol<br />

2012; 47: 129-135<br />

4<br />

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meta-analysis. Digestion 2011; 83(4): 253-60<br />

5<br />

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Endoscopy (ESGE), European <strong>Helicobacter</strong> Study Group<br />

(EHSG), European Society of Pathology (ESP), and the<br />

Sociedade Portuguesa de Endoscopia Digestiva (SPED).<br />

Endoscopy 2012; 44(1): 74-94<br />

6<br />

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risk of peptic ulcers in patients starting long-term<br />

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7<br />

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8<br />

Chan FK: Effects of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> infection on longterm<br />

risk of peptic ulcer bleeding in low-dose aspirin<br />

users. Gastroenterology 2013 Mar; 144(3): 528-35<br />

9<br />

Bornschein J et al: Gastric cancer: clinical aspects, epidemiology<br />

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2011; 16(suppl 1): 45-52<br />

10<br />

Gisbert JP, Pajares JM: Review article: 13 C-urea breath<br />

test in the diagnosis of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> infection – a<br />

critical review. Aliment Pharmacol Ther 2004; 20(10):<br />

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11<br />

Calvet X et al: Accuracy of monoclonal stool tests for<br />

determining cure of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> infection after<br />

treatment. <strong>Helicobacter</strong> 2010; 15(3): 201-5<br />

12<br />

Agréus L: Rationale in diagnosis and screening of<br />

atroph ic gastritis with stomach-specific plasma biomarkers.<br />

Scand J Gastroenterol 2012; 47(2): 136-47<br />

13<br />

Megraud F, Study Group participants: <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong><br />

resistance to antibiotics in Europe and its relationship to<br />

antibiotic consumption. Gut 2013 Jan; 62(1): 34-42<br />

14<br />

Selgrad M, Malfertheiner P: Treatment of <strong>Helicobacter</strong><br />

<strong>pylori</strong>. Curr Opin Gastroenterol 2011; 27: 565-570<br />

15<br />

Malfertheiner P et al, Pylera Study Group: <strong>Helicobacter</strong><br />

<strong>pylori</strong> eradication with a capsule containing bismuth<br />

subcitrate potassium, metronidazole, and tetracycline<br />

given with omeprazole versus clarithromycin-based<br />

triple therapy: a randomised, open-label, non-inferiority,<br />

phase 3 trial. Lancet 2011; 377(9769): 905-13<br />

Autor:<br />

Univ.-Prof. Dr. Peter Malfertheiner<br />

Direktor der Universitätsklinik für<br />

Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie<br />

Medizinische Fakultät der<br />

Otto-von-Guericke-Universität, Magdeburg<br />

jatros I Seite 32<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Guidelines<br />

GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines zur H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Eradikation von <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong>:<br />

österreichische Empfehlungen<br />

Die Infektion mit <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> (HP) ist eine der wichtigsten<br />

Ursachen für viele Erkrankungen vor allem des oberen Gastrointestinaltrakts.<br />

Die europäischen Richtlinien zur Behandlung von HP,<br />

auch Maastricht-Konsensus genannt, wurden 1997 zum ersten Mal<br />

publiziert. Im letzten Jahr wurde mittlerweile die vierte Überarbeitung<br />

dieser Empfehlungen veröffentlicht. Die Indikationen zur Eradikation<br />

von HP sind in Tab. 1 zusammengefasst.<br />

C. Högenauer, Graz<br />

Maastricht-IV-Konsensus – ein Problem<br />

für Österreich<br />

KeyPoints<br />

Im neuen Maastricht-IV-Konsensus<br />

zur Behandlung der HP-Infektion haben<br />

sich vor allem die Empfehlungen<br />

zur Erstlinientherapie grundlegend<br />

geändert. Die Wahl der Erst- und<br />

Zweitlinientherapie wird im aktuellen<br />

Konsensus davon abhängig gemacht,<br />

ob in einem Land eine hohe (>15–<br />

20%) beziehungsweise eine niedrige<br />

Clarithromycin-Resistenzrate für HP<br />

vorliegt. Die Umsetzung der aktuellen<br />

Empfehlungen in Österreich stellt<br />

für die Praxis in etlichen Situationen<br />

ein Problem dar. Erstens sind nur sehr<br />

limitierte Daten zur Resistenzsituation<br />

für HP in Österreich von zuvor<br />

unbehandelten Patienten vorhanden<br />

(Primärresistenzen). Diese stammen<br />

von einer europäischen Resistenzstudie<br />

mit einer geringen Anzahl von<br />

österreichischen Patienten und von<br />

Studien bei Kindern in Wien und Graz<br />

und weisen auf eine vermutlich hohe<br />

Rate an Clarithromycin-, Metronidazol-<br />

und Levofloxacin-Resistenzen<br />

hin. Zweitens wird in den Maastricht-<br />

IV-Empfehlungen für viele Situationen<br />

eine Quadrupeltherapie mit Bismut<br />

empfohlen, die in Österreich nicht<br />

verfügbar ist. Die in diesem Therapieschema<br />

enthaltenen Bismutsalze<br />

und Tetracyclin sind bei uns nicht<br />

zugelassen und können nur über die<br />

internationale Apotheke bezogen werden.<br />

Somit sind etliche Empfehlungen<br />

des aktuellen Konsensus nicht wirklich<br />

in die klinische Praxis in Österreich<br />

umzusetzen. Das hat zu vielen<br />

Unklarheiten bei den behandelnden<br />

Ärzten geführt. Im folgenden Artikel<br />

soll nun aus den vorliegenden Daten<br />

und Empfehlungen eine mögliche Vorgehensweise<br />

für die HP-Eradikation<br />

in Österreich skizziert werden.<br />

Schwierige Wahl der Erstlinientherapie<br />

Von den wenn auch limitierten Daten<br />

muss in Österreich derzeit von einer<br />

hohen Primärresistenzrate für Clarithromycin<br />

und Levofloxacin bei HP<br />

ausgegangen werden. Der Maastricht-<br />

IV-Konsensus empfiehlt bei hohen Resistenzraten<br />

als Erstlinientherapie keine<br />

Tripeltherapie, die Clarithromycin<br />

beinhaltet. Die mögliche Alternative<br />

ist eine primäre HP-Resistenztestung<br />

vor einer Eradikationstherapie; diese<br />

ist aufgrund der hohen Kosten und geringen<br />

Praktikabilität für die generelle<br />

Praxis nicht möglich. Ohne vorherige<br />

Resistenztestung ist die beste Möglichkeit<br />

für die Erstlinientherapie ein<br />

sequenzielles Schema oder eine Vierfachtherapie<br />

(Quadrupeltherapie ohne<br />

Bismut).<br />

• Empfehlung zur Erstlinientherapie: sequenzielle Therapie oder Vierfachtherapie mit Clarithromycin<br />

oder Levofloxacin<br />

• Tripeltherapie mit Clarithromycin, wie bisher empfohlen, hat in Österreich vermutlich nur einen<br />

unzureichenden Therapieerfolg<br />

• Nach Therapieversagen der Erstlinientherapie und bei Penicillinallergie Resistenztestung angezeigt<br />

Sequenzielle Therapie<br />

Die sequenzielle Therapie wird über 10<br />

Tage durchgeführt. Die ersten 5 Tage<br />

wird Amoxicillin gemeinsam mit einem<br />

Protonenpumpenhemmer (PPI)<br />

verabreicht, die folgenden 5 Tage wird<br />

der PPI mit Clarithromycin und Met­<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 33 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

Gesicherte Indikationen (hohe Evidenz)<br />

Peptisches Ulcus (ventriculi oder duodeni)<br />

Anamnestisch gesichertes peptisches Ulkus<br />

(nicht zuvor behandelt)<br />

MALT-Lymphom des Magens<br />

Resektion eines Magenkarzinoms mit<br />

Restmagen<br />

Atrophe Gastritis<br />

Erstgradig Verwandte von Patienten<br />

mit Magenkarzinom<br />

Weitere Indikationen (geringere Evidenz)<br />

Dyspepsie ohne peptisches Ulkus<br />

Therapie mit NSAR oder ASS<br />

(vor allem vor Beginn der Therapie)<br />

Patientenwunsch<br />

PPI-Langzeittherapie<br />

Populationen mit hohem Risiko für<br />

Magenkarzinom<br />

Idiopathische thrombozytopenische Purpura<br />

Eisenmangelanämie unklarer Genese<br />

Therapieschema<br />

Sequenzielle Therapie<br />

PPI 2x1 + Amoxicillin 2x1g; danach:<br />

PPI + Clarithromycin 2x500mg + Metronidazol<br />

2x500mg<br />

PPI 2x1 + Amoxicillin 2x1g; danach:<br />

PPI + Levofloxacin 2x500mg + Metronidazol<br />

2x500mg<br />

Quadrupeltherapie (Vierfachtherapie)<br />

PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,<br />

Amoxicillin 2x1g, Metronidazol 2x500mg<br />

(Concomitant Therapy)<br />

PPI 2x1, Levofloxacin 2x500mg, Amoxicillin<br />

2x1g, Metronidazol 2x500mg<br />

PPI, Doxycyclin § 2x100mg, Bismutsalz $ ,<br />

Metronidazol 3x500mg<br />

(Bismut-Quadrupeltherapie)<br />

Tripeltherapie<br />

PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,<br />

Amoxicillin 2x1g<br />

(French Triple)<br />

Dauer<br />

(Tage)<br />

5<br />

5<br />

5<br />

5<br />

5–7<br />

(bis zu 14)<br />

Kommentar<br />

Bei Clarithromycin-Resistenz bessere<br />

Eradikationsraten<br />

Sequenzielle Therapie mit Levofloxacin<br />

Bei Clarithromycin-Resistenz bessere<br />

Eradikationsraten<br />

5–7 Concomitant Therapy mit Levofloxacin<br />

7 Kostengünstig, viele Tabletten, häufig<br />

milde Nebenwirkungen, Bismutsalze in<br />

Österreich nur über internationale<br />

Apotheke verfügbar<br />

7–14 Patienten, die zuvor kein Makrolid<br />

erhielten*<br />

Tab. 1: Indikationen zur H. <strong>pylori</strong>-Eradikation<br />

ronidazol kombiniert (Tab. 2). Alternativ<br />

kann Clarithromycin durch Levofloxacin<br />

ersetzt werden. Für dieses<br />

Schema sind Eradikationserfolge von<br />

>80% auch in Ländern mit einer hohen<br />

Rate an Clarithromycin-Resistenz<br />

beschrieben, für die sequenzielle Therapie<br />

mit Levofloxacin sogar in einer<br />

aktuellen Studie aus Italien Erfolge<br />

von über 90%. Die Schwierigkeit der<br />

sequenziellen Therapie ist das komplizierte<br />

Therapieschema, das eine sehr<br />

gute Instruktion und eine hohe Mitarbeit<br />

des Patienten erfordert, um die<br />

richtige Einnahme zu gewährleisten.<br />

Ob die in den Studien beschriebenen<br />

Eradikationserfolge sich auch im klinischen<br />

Alltag umsetzen lassen, bleibt<br />

abzuwarten.<br />

PPI 2x1, Clarithromycin 2x500mg,<br />

Metronidazol 2x500mg<br />

(Italian Triple)<br />

PPI 2x1, Amoxicillin 2x1g,<br />

Levofloxacin 2x500mg<br />

Vierfachtherapie (Quadrupeltherapie<br />

ohne Bismut, Concomitant Therapy)<br />

Eine Alterative zur sequenziellen<br />

Therapie ist die Gabe von 3 Antibiotika<br />

gemeinsam mit einem PPI für 5<br />

beziehungsweise 7 Tage (Tab. 2). Die<br />

Eradikationsraten der Vierfachtherapie<br />

mit einem PPI, Amoxicillin und<br />

Metronidazol in Kombination mit<br />

Clarithromycin oder alternativ auch<br />

mit Levofloxacin sind mit der sequenziellen<br />

Therapie vergleichbar. Die<br />

gute Effektivität dieses Therapieschemas<br />

ist auch für Länder mit hoher<br />

Clarithromycin-Resistenz bei HP<br />

beschrieben. Dieses Therapieschema<br />

ist für Patienten einfacher durchzuführen<br />

als die komplexe sequenzielle<br />

7–14 Patienten mit Penicillinallergie ohne<br />

vorherige Makrolid-Exposition*<br />

7–14 Erfolg abhängig von der Rate an<br />

Chinolonresistenzen<br />

§<br />

Die <br />

Therapie ist ursprünglich mit Tetracyclin beschrieben, dieses ist in Österreich nicht erhältlich und<br />

daher durch Doxycyclin ersetzt<br />

$ Zwischen 2 und 4x tgl.: Bismutsubcitrat 120–240mg oder Bismutsubsalicylat 300mg<br />

* Eradikationsraten bei diesen Schemata sind ≤70%, wenn eine hohe Clarithromycin-Resistenzrate besteht<br />

Tab. 2: Mögliche Therapieschemata zur H. <strong>pylori</strong>-Eradikation<br />

Therapie. Die Nebenwirkungen der<br />

Vierfachtherapie sind jedoch häufiger<br />

und führen mitunter zu Therapieabbrüchen.<br />

Tripeltherapie<br />

Bei hohen Resistenzraten erreichen Tripeltherapien<br />

mit Clarithromycin Eradikationserfolge<br />

von unter 70%. Für<br />

Tripeltherapien mit Levofloxacin anstatt<br />

von Clarithromycin gilt bei hoher<br />

Resistenzrate vermutlich das gleiche<br />

Problem. Wegen der limitierten Resistenzdaten<br />

für Österreich sind diese<br />

jatros I Seite 34<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


GASTROENTEROLOGIE<br />

Therapieschemata zwar grundsätzlich<br />

als mögliche Alternativen für die Primärtherapie<br />

zu sehen, jedoch muss mit<br />

einer wahrscheinlich relativ geringen<br />

Effektivität der Eradikation gerechnet<br />

werden.<br />

Therapie bei Penicillinallergie<br />

Sowohl die sequenzielle Therapie als<br />

auch die Vierfachtherapie enthalten<br />

Amoxicillin. Bei Patienten mit Penicillinallergie<br />

in Regionen mit niedriger<br />

Rate an Clarithromycin-Resistenz wird<br />

eine Tripeltherapie mit Kombinationen<br />

aus Clarithromycin und Metronidazol<br />

beziehungsweise Levofloxacin empfohlen.<br />

Für Länder mit hoher Resistenzrate,<br />

also vermutlich auch für Österreich,<br />

empfiehlt sich in dieser Situation<br />

die primäre Resistenztestung vor der<br />

Eradikationstherapie, da eine Quadrupeltherapie<br />

mit Bismut in der Routine<br />

nicht zur Verfügung steht.<br />

Zweitlinientherapie<br />

Als Zweitlinientherapie sind Therapieschemata<br />

mit Levofloxacin empfohlen.<br />

Wegen der möglichen hohen<br />

Resistenzraten auch für Levofloxacin<br />

in Österreich sollte in dieser Situation<br />

eine Resistenztestung nach Versagen<br />

der Erstlinientherapie durchgeführt<br />

werden.<br />

Optionen, um die Effektivität der<br />

H. <strong>pylori</strong>-Eradikation zu erhöhen<br />

Sowohl die Verdoppelung der PPI-Dosis<br />

als auch die Verlängerung der Therapiedauer<br />

von 7 auf 10 bis 14 Tage<br />

Abb. 1: Endoskopischer Aspekt eines tiefen Ulcus duodeni<br />

bringen bei der Tripeltherapie wie auch<br />

bei der Vierfachtherapie eine Verbesserung<br />

der Eradikationsraten um einige<br />

Prozent. Ein neues Therapieschema<br />

ist die Hybridtherapie, ein sequenzielles<br />

Schema mit 3 Antibiotika über 14<br />

Tage mit Eradikationsraten von >90%.<br />

Eine weitere Option, um die Eradikationserfolge<br />

zu verbessern, ist eine Erhöhung<br />

der Metronidazol-Dosierung.<br />

Die zusätzliche Gabe von Probiotika<br />

soll über eine verminderte Nebenwirkungsrate<br />

die Therapiecompliance verbessern.<br />

Zusammenfassung der Empfehlungen<br />

für Österreich<br />

Für Österreich empfiehlt sich derzeit als<br />

Erstlinientherapie die Anwendung einer<br />

sequenziellen Therapie oder einer Vierfachtherapie<br />

mit Clarithromycin oder<br />

Levofloxacin (Tab. 2). Die Anwendung<br />

einer Tripeltherapie mit Clarithromycin,<br />

wie bisher empfohlen, hat in Österreich<br />

vermutlich nur einen unzureichenden<br />

Therapieerfolg. Nach Therapieversagen<br />

der Erstlinientherapie und bei Penicillinallergie<br />

sollte eine Resistenztestung vor<br />

der Therapie erfolgen.<br />

n<br />

Literatur:<br />

Federico A et al: Efficacy of 5-day levofloxacin-containing<br />

concomitant therapy in eradication of <strong>Helicobacter</strong><br />

<strong>pylori</strong> infection. Gastroenterology 2012; 143: 55-61<br />

Gisbert JP et al: Sequential therapy for <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong><br />

eradication: a critical review. J Clin Gastroenterol 2010;<br />

44: 313-25<br />

Malfertheiner P et al: Management of <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong><br />

infection - the Maastricht IV/ Florence Consensus<br />

Report. Gut 2012; 61: 646-64<br />

Molina-Infante J et al: Optimized nonbismuth quadruple<br />

therapies cure most patients with <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong><br />

infection in populations with high rates of antibiotic<br />

resistance. Gastroenterology 2013; 145: 121-8<br />

ÖGGH-Empfehlungen: www.oeggh.at/images/downloads/<strong>Helicobacter</strong>_Slides_OEGGH_Stand_01-2012.pdf<br />

Autor: Univ.-Prof. Dr. Christoph Högenauer<br />

Theodor Escherich Labor für Mikrobiomforschung<br />

Klinische Abteilung für Gastroenterologie<br />

und Hepatologie<br />

Universitätsklinik für Innere Medizin<br />

Medizinische Universität Graz<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 35 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

Guidelines zur H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Mikrobiologische Diagnose<br />

der H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Wenn auch die Infektion mit <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> (HP) bei uns deutlich rückläufig<br />

ist und vor allem ältere Menschen betrifft, so gehören Magen-Darm-Beschwerden<br />

dennoch zu den häufigsten Ursachen, die Personen aller Altersgruppen zu einer<br />

ärztlichen Konsultation veranlassen. Demnach ist die HP-Diagnostik eine Fragestellung<br />

der täglichen Praxis.<br />

Indikationen für die Diagnostik<br />

Der Versuch eines Erregernachweises<br />

macht nur dann Sinn, wenn im positiven<br />

Fall – auch seitens des Patienten –<br />

die Bereitwilligkeit besteht, eine Therapie<br />

durchzuführen.<br />

Ohne Erregernachweis sollte eine solche<br />

allerdings nicht geplant werden,<br />

da keine der im Folgenden genannten<br />

Indikationen in einem ausreichend<br />

hohen Maß HP assoziiert ist, als dass<br />

auf eine spezifische Diagnostik verzichtet<br />

werden könnte.<br />

Dies gilt auch für das peptische Ulkus<br />

(aktiv oder bei gesicherter Ulkusanamnese)<br />

sowie das MALT-Lymphom, die<br />

bei HP-Nachweis unstrittige Indikationen<br />

zur Behandlung darstellen. Bei<br />

erfolgreicher Eradikation kommt es –<br />

KeyPoints<br />

wie in einer Vielzahl von Studien belegt<br />

– zu einer verbesserten Abheilung des<br />

Ulkus und einer drastischen Reduktion<br />

des Rezidivrisikos bzw. zu einer anhaltenden<br />

Remission.<br />

Bei dyspeptischen Beschwerden stellen<br />

die HP-Diagnostik und -Therapie<br />

eine Alternative zur empirischen Behandlung<br />

mit einem Protonenpumpenhemmer<br />

dar. Die Eradikation bewirkt<br />

allerdings nur in 6–14% der Fälle eine<br />

dauerhafte Besserung der Symptome.<br />

Aufgrund der niedrigen Prävalenz der<br />

HP-Infektion und der guten Verfügbarkeit<br />

einer endoskopischen Diagnostik<br />

sollte primär endoskopiert und nicht<br />

nur mit nicht invasiven Methoden das<br />

Auslangen gefunden werden.<br />

• Der Erregernachweis ist die Voraussetzung für eine HP-spezifische antibiotische Therapie.<br />

• Invasive diagnostische Methoden (Urease-Schnelltest, Histologie und Kultur) weisen eine sehr<br />

hohe Sensitivität und Spezifität auf.<br />

• Nicht invasive Testmethoden wie Atem- und Stuhlantigen-Tests werden vor allem zur Therapieverlaufskontrolle<br />

eingesetzt.<br />

• Die Kenntnis der lokalen Resistenzsituation ist eine wichtige Grundlage für entsprechende Therapieempfehlungen.<br />

Zumindest bei allen älteren Patienten<br />

mit neu aufgetretener Dyspepsie sowie<br />

bei allen Patienten, die Alarmsymptome<br />

wie Gewichtsverlust, Schluckstörungen,<br />

persistierendes Erbrechen,<br />

eine Eisenmangelanämie oder gastrointestinale<br />

Blutungen zeigen, ist die<br />

Gastroduodenoskopie jedenfalls erforderlich.<br />

Weitere Indikationen zur Diagnostik<br />

und Behandlung liegen bei einem erhöhten<br />

Risiko für ein Magenkarzinom<br />

(Verwandte 1. Grades von Patienten<br />

mit Magenkarzinom, nach endoskopischer<br />

oder chirurgischer Resektion<br />

eines Magenkarzinoms, ausgedehnte<br />

chronische atrophische Gastritis) vor.<br />

Bei Patienten, die langfristig nichtsteroidale<br />

antiinflammatorische Substanzen<br />

einnehmen, reduziert die HP-Eradikation<br />

das Ulkusrisiko sowohl vor<br />

Beginn einer derartigen Therapie als<br />

auch bei bereits laufender Therapie.<br />

Bei Patienten mit ungeklärter Eisenmangelanämie<br />

oder idiopathischer<br />

thrombozytopenischer Purpura kann<br />

eine erfolgreiche Eradikation gegebenenfalls<br />

die Anämie rückgängig machen<br />

und die Eisenabsorption verbessern<br />

bzw. die Wahrscheinlichkeit einer<br />

Remission erhöhen.<br />

In der Literatur ist darüber hinaus eine<br />

Vielzahl von Assoziationen zwischen<br />

jatros I Seite 36<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


GASTROENTEROLOGIE<br />

der HP-Infektion und verschiedensten<br />

Krankheitsbildern beschrieben (M. Parkinson,<br />

M. Alzheimer, koronare Herzkrankheiten,<br />

Diabetes, Übergewicht,<br />

Hautläsionen wie chronische Urtikaria<br />

etc.), die jedoch keine klare Kausalität<br />

erkennen lassen.<br />

Diagnostische Methoden<br />

Zur Diagnostik einer HP-Infektion<br />

sind vor allem Testverfahren geeignet,<br />

die das Bakterium selbst (Histologie,<br />

Kultur), typische Antigene (im Stuhl)<br />

oder sehr spezifische Stoffwechselprodukte<br />

(Ammoniak beim Urease-<br />

Schnelltest, Kohlendioxid beim Atemtest)<br />

nachweisen.<br />

Neben diesen direkten Nachweisverfahren<br />

besteht auch die Möglichkeit<br />

des Nachweises spezifischer Antikörper<br />

(Blut, Serum, Speichel und Urin).<br />

Invasive Methoden<br />

Dabei werden im Rahmen einer Gastroduodenoskopie<br />

entnommene Biopsien<br />

untersucht. Urease-Schnelltests aus Antrumbiopsien<br />

weisen in der Regel eine<br />

exzellente Sensitivität und Spezifität auf<br />

und können teilweise schon nach wenigen<br />

Minuten abgelesen werden.<br />

Der kulturelle Erregernachweis ist das<br />

einzige Verfahren, das eine 100%ige<br />

Spezifität aufweist; unter optimalen<br />

Voraussetzungen (Probengewinnung<br />

und Transport, Analytik im Labor) ist<br />

auch die Sensitivität sehr hoch. Das<br />

Vorliegen des gezüchteten Erregers ermöglicht<br />

eine Vielzahl von Analysen,<br />

unter anderem auch die Empfindlichkeitsprüfung.<br />

Nicht invasive Methoden<br />

Nicht invasive Testmethoden umfassen<br />

Atemtests und Stuhlantigentests, die<br />

vor allem im Rahmen der Therapieverlaufskontrolle<br />

eingesetzt werden, sowie<br />

verschiedene Verfahren des Antikörpernachweises.<br />

Der Atemtest ist sicherlich der genaueste<br />

nicht invasive Test, der mit einem<br />

stabilen chemischen Reagenz (zumeist<br />

13<br />

C-Harnstoff) nach einem standardisierten<br />

Protokoll ein definiertes Enzym<br />

(Urease) nachweist.<br />

Gute Stuhlantigentests stehen dem<br />

Atemtest im Hinblick auf Sensitivität<br />

und Spezifität kaum nach. Es ist jedoch<br />

zu bedenken, dass es verschiedene<br />

Stuhlantigentests, sowohl quantitative<br />

laborbasierte Tests als auch Schnelltests,<br />

gibt. Über die verwendeten Antikörper<br />

und nachgewiesenen Antigene ist in der<br />

Regel wenig bis nichts bekannt. Vor der<br />

Entscheidung zur Anwendung solcher<br />

Tests sollten daher die Validierungsdaten<br />

geprüft werden.<br />

Ein weiterer Vorteil des Atemtests besteht<br />

darin, dass Atemluftproben leicht<br />

zu gewinnen sowie unproblematisch zu<br />

lagern sind und daher auch zur Analyse<br />

sehr einfach verschickt werden können.<br />

Beim Antigentest ist eine nicht selten<br />

vorhandene Aversion gegen Stuhlproben<br />

zu überwinden und auch eine allfällige<br />

Versandlogistik aufgrund der<br />

Notwendigkeit der Probenkühlung und<br />

der potenziellen Kontagiosität des Materials<br />

wesentlich aufwendiger.<br />

Für die Antikörperbestimmung kommen<br />

nur gut evaluierte, quantitative<br />

Tests aus Serum in Betracht. Generell<br />

hat die Serologie einen guten negativen<br />

Vorhersagewert. Serologische Tests sind<br />

wertvoll im Rahmen epidemiologischer<br />

Studien, im klinischen Alltag ist der Einsatz<br />

aber sehr begrenzt. Mögliche Indikationen<br />

sind Szenarien, bei denen auf­<br />

Sensitivität (%) Spezifität (%)<br />

Die histologische Diagnostik ist als<br />

noch sensitiver und spezifischer einzuschätzen<br />

und hat den großen Vorteil,<br />

zusätzlich auch Informationen über den<br />

Zustand der Magenschleimhaut zu liefern.<br />

Die Bakterien lassen sich praktisch<br />

immer mit konventionellen histologischen<br />

Färbungen nachweisen. Immunhistochemische<br />

Verfahren oder In-situ-<br />

Hybridisierung – mit letztgenannter<br />

Methode lassen sich auch Resistenzgene<br />

nachweisen – sind zwar gut evaluiert, in<br />

der klinischen Routine jedoch nur wenig<br />

im Einsatz.<br />

Invasiv Kultur 70–90 100<br />

Histologie 80–98 90–98<br />

Urease-Schnelltest 90–95 90–95<br />

PCR 90–95 90–95<br />

Nicht invasiv Harnstoff-Atemtest 85–95 85–95<br />

Stuhlantigentest 85–95 85–95<br />

IgG-Antikörper im Serum 70–90 70–90<br />

Quelle: zitiert nach Fischbach W et al: S3-Leitlinie „<strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong> und gastroduodenale<br />

Ulkuskrankheit“. Z Gastroenterol 2009; 47: 68-102<br />

Tab. 1: Methoden für den Nachweis einer <strong>Helicobacter</strong> <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 37 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

grund einer sehr geringen Erregerdichte<br />

(fallweise bei MALT-Lymphomen) oder<br />

von Störfaktoren wie Blutungen oder antibiotischer<br />

Vorbehandlung direkte Tests<br />

keine optimale Sensitivität erbringen.<br />

Für eine verlässliche Diagnostik sollte<br />

eine Therapie mit Protonenpumpenhemmern<br />

oder Antibiotika für mindestens<br />

zwei bzw. vier Wochen abgesetzt<br />

sein; einzig für die Serologie gilt diese<br />

Einschränkung nicht.<br />

Aufgrund der bei uns sinkenden Prävalenz<br />

und des daraus resultierenden niedrigen<br />

prädiktiven Wertes eines positiven<br />

Testergebnisses sollten (ausgenommen<br />

bei Ulcus duodeni) mindestens zwei positive<br />

Ergebnisse vorliegen.<br />

Molekularbiologische Methoden, die<br />

sowohl mit nicht invasiv gewonnenen<br />

Proben (Stuhl, Speichel oder Fadentestmaterial)<br />

als auch mit Biopsien<br />

durchgeführt werden können, spielen<br />

ebenso wie Methoden zur direkten Visualisierung<br />

des Erregers auf der Magenschleimhaut<br />

(Endomikroskopie) in<br />

der täglichen Routine derzeit nur eine<br />

geringe Rolle.<br />

Resistenztestung<br />

Die Empfindlichkeitsprüfung gegenüber<br />

Fluorchinolonen und Makroliden<br />

ist mit molekularbiologischen Methoden<br />

in Biopsien oder auch im Stuhl<br />

(für Clarithromycin) möglich. Mittels<br />

Kultur kann jede beliebige Substanz<br />

getestet werden, wobei sich der Etest ®<br />

der Firma bioMérieux als verlässlich<br />

Client: Reckitt Benckiser<br />

und praktikabel erwiesen hat. Die<br />

Approval: Stefanie Hermann<br />

Auswirkungen der in<br />

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210 mm x<br />

nachgewiesenen<br />

Resistenz sind bei modernen<br />

149 mm<br />

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Vierfachtherapien im Vergleich zur<br />

hmf GmbH Brand & Product Enhancement<br />

klassischen Dreifach therapie deutlich<br />

geringer; ein zumindest geringfügig<br />

negativer Effekt einer Makrolid- oder<br />

Fluorchinolon-Resistenz ist aber nicht<br />

auszuschließen.<br />

Im Rahmen einer multizentrischen europäischen<br />

Studie wurden bei Patienten<br />

einiger Schwerpunktkrankenhäuser im<br />

Raum Wien recht hohe primäre Resistenzraten<br />

(Clarithromycin: 36%, Levofloxacin:<br />

23%) gefunden. Diese Zahlen<br />

müssen jedoch durchaus nicht für<br />

ganz Österreich repräsentativ sein.<br />

Der Nutzen der Resistenztestung besteht<br />

in der Verfügbarkeit lokaler Daten,<br />

welche eine Grundlage für nationale<br />

Therapieempfehlungen sein können.<br />

Darüber hinaus kann eine Testung auch<br />

in Einzelfällen (pädiatrische Patienten,<br />

mehrmaliges Therapieversagen, Unverträglichkeit<br />

bestimmter Wirkstoffe)<br />

Contact hmf: Julia Kern<br />

sinnvoll sein.<br />

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Autor:<br />

Univ.-Prof. Dr. Alexander M. Hirschl<br />

Klinische Abteilung für Klinische Mikrobiologie<br />

Klinisches Institut für Labormedizin<br />

Medizinische Universität Wien<br />

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jatros I Seite 38<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie<br />

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2<br />

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Guidelines<br />

GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines zur H. <strong>pylori</strong>-Infektion<br />

Antibiotikaresistenz in der Therapie<br />

des MALT-Lymphoms des Magens<br />

Das extranodale Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des mukosaassoziierten<br />

lymphatischen Gewebes (MALT-Lymphom) des Magens gilt als<br />

Paradebeispiel des <strong>Helicobacter</strong>-<strong>pylori</strong>(HP)-getriggerten Malignoms.<br />

Bereits initiale Serien in den 1990er-Jahren beschrieben bei Patienten<br />

mit MALT-Lymphomen des Magens eine signifikant höhere HP-Infektionsrate<br />

als in der Normalbevölkerung.<br />

M. Raderer, Wien<br />

Fachkurzinformationen: siehe Seite 61<br />

Auch das pathogenetische Modell<br />

von der Akkumulation lymphatischen<br />

Gewebes in der Magenschleimhaut<br />

mit sukzessiver Transformation zum<br />

MALT-Lymphom durch die chronische<br />

Antigenstimulation und die HP-getriggerte<br />

Autoimmunität/T-Zell-Stimulation<br />

führte in weiterer Folge zu ersten<br />

höchst erfolgreichen Therapieversuchen<br />

des Lymphoms mit HP-Eradikation.<br />

In einer rezenten Studie an 2.000 Patienten<br />

mit MALT-Lymphomen des Magens<br />

fand sich in 88,8% aller Fälle ein<br />

Hinweis für eine HP-Infektion. Neben<br />

dem Vorliegen von HP scheint in einem<br />

geringen Prozentsatz von MALT-Lymphom-Patienten<br />

auch eine Infektion<br />

mit anderen <strong>Helicobacter</strong>-Spezies vorzuliegen,<br />

die teilweise unter dem Sammelbegriff<br />

<strong>Helicobacter</strong> heilmannii<br />

subsumiert wurden. Nur etwa 10%<br />

KeyPoints<br />

der gastrischen MALT-Lymphome<br />

scheinen, nach heutigem Wissensstand,<br />

nicht mit einer der bekannten <strong>Helicobacter</strong>-Spezies<br />

assoziiert zu sein, wobei<br />

hier in der Literatur teilweise das Problem<br />

der Definition von HP-Negativität<br />

besteht: Letztendlich wurden immer<br />

wieder hohe Raten falsch negativer histologischer<br />

Befunde beschrieben, sodass<br />

in dieser Situation letztendlich bei<br />

negativer Histologie sowie negativem<br />

Atemtest die Serologie als ultimativer<br />

Test zur Evaluierung des HP-Status herangezogen<br />

werden sollte.<br />

Die antibiotische Therapie mittels HP-<br />

Eradikation gilt mittlerweile als etablierte<br />

Standardtherapie des gastrischen<br />

MALT-Lymphoms. Die Ansprechraten<br />

nach erfolgreicher Eradikation liegen<br />

in der rezenten Literatur zwischen<br />

75 und 90%. Die bisher größte (retrospektive)<br />

Analyse bei 420 japanischen<br />

• Die antibiotische Therapie mittels HP-Eradikation gilt als etablierte Standardtherapie des gastrischen<br />

MALT-Lymphoms.<br />

• Ansprechraten nach erfolgreicher Eradikation liegen in der rezenten Literatur zwischen 75 und 90%.<br />

• Trotz mikrobiologischer Hinweise auf eine zunehmende Rate an Antibiotikaresistenzen zeigt diese<br />

Problematik (noch) keinen Einfluss auf die Antibiotikatherapie des MALT-Lymphoms des Magens.<br />

Patienten, deren Infektion erfolgreich<br />

eradiziert worden war, zeigte ein Ansprechen<br />

des Lymphoms bei 323/420<br />

Patienten, i.e. 77%. Während einer<br />

medianen Nachbeobachtungszeit von<br />

6,5 Jahren (3–14,6 Jahre) kam es bei<br />

nur 10 Patienten zu einem Rezidiv<br />

der Erkrankung (3,1%) nach initialer<br />

kompletter Remission. Diese Ergebnisse<br />

legen den Schluss nahe, dass<br />

die antibiotische Therapie nicht nur<br />

zu einer temporären Suppression der<br />

Erkrankung, sondern auch zu echten<br />

Langzeitremissionen und vielleicht<br />

sogar Heilung bei einem hohen Prozentsatz<br />

führen kann. Trotzdem sind<br />

Rezidive in der Literatur und im eigenen<br />

Patientenkollektiv auch noch<br />

nach Jahren beschrieben worden,<br />

sodass eine lebenslange, wenngleich<br />

auch nicht zu engmaschige Nachsorge<br />

empfohlen wird. Negativ prädiktive<br />

Parameter für das Ansprechen<br />

des Lymphoms auf HP-Eradikation<br />

sind dabei das Vorhandensein einer<br />

t(11;18)(q21;q21)-Translokation –<br />

welche aber nicht zwingend alle Therapieversager<br />

definiert und daher in<br />

der klinischen Praxis nicht bestimmt<br />

werden sollte –, das Vorliegen eines<br />

fortgeschrittenen Stadiums sowie zugrunde<br />

liegende Autoimmunerkrankungen,<br />

hier vor allem chronische<br />

Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto).<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 39 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Guidelines<br />

Guidelines zur Therapie des MALT-<br />

Lymphoms – Änderungen durch<br />

Resistenzlage?<br />

Jüngere Guidelines zur Therapie des<br />

gastrischen MALT-Lymphoms wie das<br />

rezente ESMO Consensus Statement<br />

oder auch der Consensus Report der<br />

European Gastrointestinal Lymphoma<br />

Study Group aus dem Jahr 2011<br />

empfehlen eine HP-Eradikation in allen<br />

Stadien des MALT-Lymphoms, im<br />

Stadium I und II als alleinige Maßnahme<br />

zum Management der Patienten.<br />

International wird in der Praxis<br />

mittlerweile in jedem Fall eine Eradikation<br />

durchgeführt – auch bei Patienten<br />

ohne definitiven Nachweis von<br />

HP oder verwandter Organismen. Als<br />

Erstlinientherapie wird hier nach wie<br />

vor eine Tripeltherapie basierend auf<br />

Clarithromycin plus PPI in Verbindung<br />

entweder mit Amoxicillin oder auch<br />

Metronidazol empfohlen. Ob die Dauer<br />

der Therapie im Management des<br />

MALT-Lymphoms eine entscheidende<br />

Rolle spielt, ist derzeit nicht ganz klar,<br />

wobei eine Metaanalyse bessere Ergebnisse<br />

für 14 Tage versus 7 Tage Therapie<br />

nahelegte, während eine 10-tägige<br />

Antibiotikagabe gegenüber der<br />

einwöchigen Therapie keinen Vorteil<br />

brachte. Letztendlich ist aber die Länge<br />

der Therapiedauer nicht eindeutig<br />

geklärt. Als Zweitlinientherapie wird<br />

in den EGILS-Guidelines eine Bismutbasierte<br />

Vierfachkombination empfohlen,<br />

wenn möglich nach vorheriger HP-<br />

Kultur und Testung. Letztendlich legen<br />

Daten eine relativ hohe Rate der Resistenz<br />

gegen Metronidazol und auch Clarithromycin<br />

nahe, sodass ein Nachlassen<br />

der Effektivität der antibakteriellen<br />

Wirkung von Clarithromycin-haltigen<br />

Erstlinientherapien beschrieben und<br />

in Regionen mit einer zu erwartenden<br />

Resistenzrate von >15% eine vorherige<br />

Resistenztestung empfohlen wird.<br />

Allerdings muss hier betont werden,<br />

dass die derzeitigen Daten (noch) kein<br />

zwingendes Umdenken in der Therapie<br />

des MALT-Lymphoms erfordern; einer<br />

rezenten Analyse von 1.271 Patienten<br />

mit MALT-Lymphom des Magens zufolge<br />

wurde durch eine Clarithromycin-haltige<br />

Erstlinientherapie eine Eradikationsrate<br />

von 91% erzielt, wobei<br />

in weiterer Folge insgesamt 98% der<br />

Patienten mit weiteren Therapielinien<br />

erfolgreich eradiziert werden konnten.<br />

Im eigenen Krankenkollektiv von<br />

89 Patienten mit MALT-Lymphom,<br />

deren Infektion mittels PPI plus Clarithromycin<br />

in Verbindung mit zumeist<br />

Amoxicillin in der Erstlinie eradiziert<br />

worden war, konnte bei drei Patienten<br />

eine Persistenz des Erregers nach<br />

Ersteradikation dokumentiert werden.<br />

Bei zwei Patienten war dies mit einer<br />

Persistenz des Lymphoms verbunden,<br />

während beim dritten ein Rückgang<br />

des Lymphoms zu beobachten war. Bei<br />

diesem Patienten könnte es sich um rezidivierende<br />

Reinfektionen gehandelt<br />

haben, zumal bei ihm Zeichen der HP-<br />

Infektion immer nach seinem jährlichen<br />

4-monatigen Aufenthalt in seiner<br />

türkischen Heimat zu finden waren,<br />

während dazwischenliegende Kontrollen<br />

keinen Hinweis für HP-Persistenz<br />

ergaben.<br />

Interessant erscheinen in diesem Kontext<br />

auch Daten, die zeigen, dass HPnegative<br />

Patienten zu einem gewissen<br />

Prozentsatz ebenfalls durch HP-Eradikation<br />

eine vollständige Rückbildung<br />

des Lymphoms erreichen können, nach<br />

eigener Erfahrung sogar bei erneutem<br />

Rezidiv der Erkrankung. In der internationalen<br />

Literatur finden sich Angaben,<br />

dass etwa 20% der (sehr seltenen)<br />

HP-negativen Patienten mit MALT-<br />

Lymphom des Magens eine komplette<br />

Remission des Lymphoms nach<br />

Antibiotikatherapie erreichten. In der<br />

Subgruppenanalyse zeigt sich, dass bei<br />

Clarithromycin-haltigen Regimen die<br />

Rate sogar bei bis zu 50% liegt. Diese<br />

Beobachtung lässt meines Erachtens<br />

zwei unterschiedliche Schlüsse zu: Erstens<br />

könnte es sich in diesen Fällen um<br />

falsch negative Ergebnisse oder um das<br />

Vorhandensein ähnlicher, durch konventionelle<br />

Methoden nicht fassbare<br />

Erreger handeln. Oder die Effektivität<br />

der HP-Eradikation beruht bei diesen<br />

Patienten nicht wirklich auf einer antimikrobiellen<br />

Wirkung der Substanzen,<br />

sondern auf einer indirekten Immunmodulation<br />

oder einer direkten<br />

antineoplastischen Wirkung. Dass vor<br />

allem Clarithromycin-basierte Therapien<br />

eine hohe Remissionsrate erzielen<br />

können, favorisiert im Licht jüngerer<br />

Daten letztere Erklärung, zumal eine<br />

direkte antineoplastische Wirkung des<br />

Makrolids bei Patienten mit MALT-<br />

Lymphomen wiederholt beschrieben<br />

und dokumentiert wurde. Die optimale<br />

Wirkung erfordert hier allerdings deutlich<br />

höhere Dosen, die in verschiedenen<br />

Studien zwischen 3x 500mg bis 2x<br />

2g täglich über drei Wochen für mehrere<br />

Zyklen lag.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten,<br />

dass trotz mikrobiologischer Hinweise<br />

auf eine zunehmende Rate an Antibiotikaresistenzen<br />

diese Problematik<br />

die klinische Praxis in der Antibiotikatherapie<br />

des MALT-Lymphoms des<br />

Magens (noch) nicht beeinflusst. Zusätzlich<br />

kristallisiert sich eine direkte<br />

antineoplastische Komponente in der<br />

Wirkung von Clarithromycin-haltigen<br />

Kombinationen heraus, sodass die Situation<br />

doch etwas komplexer sein<br />

dürfte, als das ursprüngliche Modell<br />

von HP in der Genese des MALT-Lymphoms<br />

annehmen ließ.<br />

n<br />

Literatur:<br />

Ruskone-Fourmestraux A et al: EGILS consensus report.<br />

Gastric extranodal marginal zone B-cell lymphoma of<br />

MALT. GUT 2011; 60: 747-58<br />

Autor:<br />

Univ.-Prof. Dr. Markus Raderer<br />

Klinik für Innere Medizin I<br />

Abteilung für Onkologie<br />

Medizinische Universität Wien<br />

jatros I Seite 40<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Referat<br />

GASTROENTEROLOGIE<br />

ÖGGH 2013<br />

Anti-TNF-α-Therapien bei CED<br />

in der Schwangerschaft<br />

Die Krankheitsaktivität chronisch entzündlicher Darmerkrankungen<br />

(CED) ist ein Hauptrisikofaktor für Schwangerschaftskomplikationen.<br />

Zu Biologikatherapien während der<br />

Schwangerschaft gibt es bisher wenige Daten, wobei erste<br />

Erfahrungsberichte vielversprechend sind.<br />

S. Traussnigg, Wien<br />

C. Dejaco, Wien<br />

KeyPoints I<br />

Das Thema CED und Schwangerschaft<br />

ist seit jeher von besonderem Interesse,<br />

da gerade CED-Patientinnen häufig<br />

im gebärfähigen Alter erkranken. In<br />

der heutigen Zeit bestehen neue Therapieoptionen,<br />

die einerseits den Gesundheitsstatus<br />

verbessern und somit<br />

den Kinderwunsch in den Vordergrund<br />

rücken lassen und andererseits die Unsicherheit<br />

bezüglich Nebenwirkungen<br />

und Komplikationsrisiko erhöhen. Mit<br />

den neuen Anti-TNF-α-Therapien stehen<br />

hierbei gleich mehrere neue Medikamente<br />

zu Verfügung. Während<br />

bei Medikamenten wie 5-Aminosalicylsäure<br />

(5-ASA) oder Azathioprin<br />

(AZA) aufgrund jahrelanger Therapieerfahrung<br />

relative Sicherheit über<br />

den Einfluss auf Schwangerschaft und<br />

das Neugeborene besteht, gibt es zu<br />

den Biologika noch verhältnismäßig<br />

wenige Daten über potenzielle Nebenwirkungen<br />

oder Komplikationen während<br />

bzw. nach der Schwangerschaft.<br />

Die bisherigen Daten sind allerdings<br />

vielversprechend und konnten bislang<br />

kein gehäuftes Auftreten von schweren<br />

Komplikationen zeigen. Grundsätzlich<br />

ist unabhängig von der jeweiligen<br />

Therapie die Remission am Beginn der<br />

Schwangerschaft eine wichtige Voraussetzung<br />

für einen komplikationsarmen<br />

Verlauf und sie sollte dementsprechend<br />

bei geplanter Schwangerschaft unbedingt<br />

vor Konzeption angestrebt werden.<br />

Plazentapassage der Antikörper<br />

Ab dem zweiten Trimester (ca. ab<br />

der 17. SSW) passieren mütterliche<br />

IgG-Antikörper als einzige Klasse signifikant<br />

die Plazenta. Dieser aktive<br />

Transportmechanismus funktioniert<br />

• Krankheitsaktivität ist der größte Risikofaktor für Schwangerschaftskomplikationen.<br />

• Die Remission sollte wenn möglich vor Konzeption angestrebt werden, um die bestmögliche<br />

Ausgangsbasis für einen komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf zu haben.<br />

• Bei Remission in der Schwangerschaft sollten Biologika nach den Leitlinien im Verlauf des<br />

zweiten Trimesters abgesetzt werden.<br />

• Die Therapieentscheidung sollte je nach Krankheitsaktivität für jeden Einzelfall individuell<br />

getroffen werden.<br />

über eine Bindung des Fc-Anteils der<br />

IgG-Moleküle an neonatale Fc-Rezeptoren<br />

der Synzytiotrophoblasten, die<br />

einen Teil der Plazentaschranke bilden.<br />

Die Transportkapazität steigt ab dem<br />

zweiten Trimester kontinuierlich an,<br />

weshalb zum Ende der Schwangerschaft<br />

höhere Spiegel bei Neugeborenen<br />

als bei Müttern nachgewiesen werden<br />

können. IgG1-Moleküle passieren<br />

hierbei am häufigsten die Plazenta<br />

(IgG1 > IgG4 > IgG3 > IgG2). Dieser<br />

Mechanismus unterstützt an sich das<br />

noch unreife kindliche Immunsystem<br />

gegenüber Infektionen.<br />

Anti-TNF-α-Therapien<br />

Mit Infliximab (IFX; Remicade ® ) und<br />

Adalimumab (ADA; Humira ® ) stehen<br />

in Österreich derzeit zwei zugelassene<br />

Biologika bei CED zur Verfügung. Beide<br />

bestehen aus monoklonalen Antikörpern<br />

des IgG1-Typs, wobei IFX zu<br />

den chimären und ADA zu den humanen<br />

Antikörpern zählt. Beide Medikamente<br />

können die Plazenta aufgrund<br />

ihrer Struktur während der kritischen<br />

Periode der Organogenese im ersten<br />

Trimester kaum passieren. Dies ändert<br />

sich ab dem zweiten Trimester, ab dem<br />

zunehmend Antikörper in die fetale<br />

Zirkulation übertreten. Beide Medikamente<br />

zählen laut FDA (Food and<br />

Drug Administration) zur Schwanger­<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 41 I jatros


GASTROENTEROLOGIE<br />

Referat<br />

schaftskategorie B, was bedeutet, dass<br />

sich in Tierversuchen kein erhöhtes teratogenes<br />

Potenzial ergeben hat; kontrollierte<br />

Studien mit Menschen fehlen<br />

jedoch. Das bei MC in Europa nur in<br />

der Schweiz zugelassene Certolizumab<br />

Pegol (CZP; Cimzia ® ) scheint bei fehlendem<br />

Fc-Anteil weitgehend nicht plazentagängig<br />

zu sein.<br />

Infliximab und Adalimumab in der<br />

Schwangerschaft<br />

Infliximab<br />

Die bisher größten Auswertungen bzgl.<br />

IFX und Schwangerschaftskomplikationen<br />

stammen aus dem TREAT Registry<br />

für MC-Patienten und der IFX Safety<br />

Database. Es konnte kein erhöhtes<br />

Risiko für Schwangerschaftskomplikationen<br />

gezeigt werden. Im Rahmen<br />

der Auswertungen der IFX-Sicherheitsdatenbank<br />

wurden 96 von 146 infrage<br />

kommenden Patientinnen mit vollständigen<br />

Schwangerschaftsdaten in<br />

Hinblick auf Lebendgeburten (67%),<br />

Fehlgeburten (15%) und therapeutische<br />

Abbrüche (19%) mit gesunden<br />

Schwangeren und nicht mit IFX behandelten<br />

schwangeren CED-Patientinnen<br />

verglichen. Hierbei ergab sich kein Unterschied<br />

zwischen den Gruppen. Auch<br />

andere Studien (jeweils 10–30 Patientinnen)<br />

konnten kein erhöhtes Risiko<br />

für Fehlgeburten, Missbildungen oder<br />

perinatale Komplikationen zeigen.<br />

Adalimumab<br />

Zu ADA liegen noch weniger Daten<br />

vor. Die bisherigen Studien weisen jedoch<br />

ähnliche Ergebnisse aus, wie sie<br />

für IFX vorliegen. Mehrere Fallserien<br />

konnten kein erhöhtes Schwangerschaftsrisiko<br />

feststellen. In den veröffentlichten<br />

Fallberichten wurde kein<br />

erhöhtes Risiko für Missbildungen,<br />

Aborte oder andere schwere Komplikationen<br />

festgestellt. Die US-amerikanische<br />

Organization of Teratology<br />

Information Specialists berichtet von<br />

38 prospektiv beobachteten Frauen<br />

mit rheumatoider Arthritis unter<br />

ADA-Therapie und zusätzlichen 133<br />

Frauen, welche in einer Fallkontrollstudie<br />

untersucht wurden, wobei die<br />

Rate an Fehlgeburten (13%) und Totgeburten<br />

(0%) mit den Ergebnissen<br />

der Kontrollen und der Normalbevölkerung<br />

vergleichbar war.<br />

Kombinationstherapie mit<br />

Thiopurinen<br />

Auch die Kombinationstherapie mit<br />

Thiopurinen scheint ersten Studien<br />

nach das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen<br />

nicht zu erhöhen.<br />

Eine rezente Studie aus diesem<br />

Jahr konnte bei 37 Patientinnen keine<br />

erhöhte Rate an Missbildungen, Totgeburten<br />

oder vermindertem Geburtsgewicht<br />

feststellen.<br />

Therapiebeendigung während der<br />

Schwangerschaft<br />

Eine rezente Studie von Zelinkova et al<br />

untersuchte den Remissionserhalt bei<br />

31 schwangeren Frauen, bei denen die<br />

bestehende Biologikatherapie (18 IFX;<br />

13 ADA) während der Schwangerschaft<br />

abgesetzt wurde. Bei 71% der<br />

mit IFX (18.–27. Woche) und 100%<br />

der mit ADA (21.–27. Woche) behandelten<br />

Patientinnen wurde die Therapie<br />

im Falle der Remission vor der<br />

30. Schwangerschaftswoche abgesetzt.<br />

Alle Patientinnen der IFX-Gruppe blieben<br />

in Remission. In der ADA-Gruppe<br />

kam es bei zwei Patientinnen zu Schüben<br />

während der Schwangerschaft. Die<br />

Autoren schlussfolgern, dass bei Patientinnen<br />

in Remission eine Beendigung<br />

der Therapie zu Beginn des zweiten<br />

Trimesters diskutiert werden kann und<br />

soll. Unsere eigenen Daten zeigen ähnliche<br />

Ergebnisse, wobei ausdrücklich<br />

auf die individuelle Entscheidung bei<br />

jeder einzelnen Patientin hingewiesen<br />

werden muss.<br />

Nabelschnurblutspiegel und Impfempfehlungen<br />

Zu beiden Biologikatherapien gibt es<br />

Studien, welche die Medikamentenspiegel<br />

im Nabelschnurblut der Neugeborenen<br />

und im peripheren Blut der<br />

Mütter untersucht haben. IFX-Spiegel<br />

wurden hierbei in einigen Fallserien<br />

gemessen, wohingegen ADA-Spiegel<br />

weiterhin nur in wenigen Fällen untersucht<br />

wurden. Dem aktiven plazentaren<br />

IgG1-Transport entsprechend<br />

konnte sowohl IFX als auch ADA in<br />

höheren Dosen bei Neugeborenen als<br />

bei Müttern festgestellt werden. Sie<br />

waren bis zu 6 Monate nach der Geburt<br />

im Kindesblut nachweisbar. Bei<br />

den betroffenen Kindern zeigte sich<br />

hierbei eine verlangsamte Abbaukinetik.<br />

Aus diesem Grund wird die Gabe<br />

im dritten Trimester weiterhin kontrovers<br />

diskutiert, wenngleich die bisherigen<br />

Fallberichte über Patientinnen mit<br />

durchgehender Anti-TNF-α-Therapie<br />

keine erhöhten Komplikationsraten<br />

nachweisen konnten. Dass Anti-TNF-<br />

Spiegel beim Kind durchaus klinisch<br />

relevant sein können, zeigt jedoch ein<br />

Fallbericht einer tödlich verlaufenen<br />

Miliartuberkulose nach BCG(Bacillus<br />

Calmette-Guérin)-Impfung bei einem<br />

Neugeborenen, dessen Mutter in der<br />

Schwangerschaft IFX erhalten hatte.<br />

Diesbezüglich ist in den aktuellen<br />

Leitlinien die Anwendung von Lebendimpfstoffen<br />

während der ersten<br />

6 Lebensmonate (LM) ausdrücklich<br />

kontraindiziert. In Österreich gilt dies<br />

v.a. für die Rotavirus-Impfung, welche<br />

zum 3. LM empfohlen wird.<br />

Stillen unter Biologikatherapie<br />

Laut einzelnen Fallberichten scheint<br />

IFX in der Muttermilch nur minimalst<br />

detektierbar zu sein. In einzelnen Berichten<br />

wurden keinerlei Spiegel in der<br />

Muttermilch gemessen, wohingegen<br />

Ben-Horin et al 2011 von drei Patientinnen<br />

berichteten, in deren Muttermilch<br />

Spuren (1/200 der mütterlichen<br />

Serum-Spiegel) von IFX nachweisbar<br />

waren. Es kann somit von keiner<br />

relevanten Exposition ausgegangen<br />

werden. Bezüglich ADA wurden laut<br />

einem Bericht über drei Patientinnen<br />

Fachkurzinformationen: siehe Seite 61<br />

jatros I Seite 42<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Mäßig- bis schwergradig aktiver Morbus Crohn *<br />

Mäßig- bis schwergradig aktive Colitis ulcerosa *<br />

Morbus Crohn mit Fistelbildung *<br />

Schwerer, aktiver Morbus Crohn * ,<br />

schwere, aktive Colitis ulcerosa *<br />

bei Kindern und Jugendlichen<br />

MC/CU<br />

päd.<br />

MC/CU<br />

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konventioneller Therapie. Vor Verschreibung beachten Sie bitte die vollständige<br />

Fachinformation. Fachkurzinformation siehe Seite 61.<br />

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VICTRELIS ® , Stand Juli 2013.<br />

Vor Verschreibung beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation.<br />

MSD kann die Anwendung seiner Produkte ausschließlich im Rahmen der zugelassenen Fachinformationen empfehlen.<br />

Merck Sharp & Dohme Ges.m.b.H. Euro Plaza, Gebäude G, 5. Stock, Am Euro Platz 2, A-1120 Wien<br />

® Registered Trademark, Copyright © 2013 Merck Sharp & Dohme Corp., ein Unternehmen von Merck & Co., Whitehouse Station, NJ, USA.<br />

All rights reserved. 09-15-GAST-1095282-0000 Erstellt: September 2013


GASTROENTEROLOGIE<br />

Referat<br />

minimale ADA-Spiegel (1/100 der<br />

mütterlichen Serum-Spiegel) in der<br />

Muttermilch nachgewiesen, womit<br />

auch hier von keiner klinisch relevanten<br />

ADA-Aufnahme des Kindes durch<br />

Stillen auszugehen ist.<br />

Zusammenfassung<br />

Die bisher veröffentlichten Daten zu<br />

IFX und ADA sind vielversprechend<br />

KeyPoints II<br />

bezüglich einer sicheren Anwendung<br />

in der Schwangerschaft. Da die Krankheitsaktivität<br />

ein Hauptrisikofaktor<br />

für Schwangerschaftskomplikationen<br />

bei CED-Patientinnen ist, sollte die<br />

Remission das wichtigste Ziel in der<br />

Schwangerschaft sein. Im Rahmen der<br />

Leitlinien wird ein Absetzen der Biologikatherapie<br />

im Verlauf des zweiten<br />

Trimesters empfohlen (ca. 22. SSW).<br />

Diese Entscheidung sollte aber in jedem<br />

• Weder unter IFX noch unter ADA konnte bisher ein erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen<br />

wie Fehlgeburten, Missbildungen oder perinatale Komplikationen gefunden werden.<br />

• Sowohl IFX als auch ADA passieren die Plazenta aktiv ab dem zweiten Trimester und konnten im<br />

Nabelschnurblut festgestellt werden.<br />

• Durch einen verlangsamten Abbau im kindlichen Metabolismus wurden Spiegel bis zum<br />

6. Lebensmonat gemessen.<br />

• Lebendimpfstoffe (in Österreich v.a. Rotaviren) sind bis zum 6. Lebensmonat kontraindiziert und<br />

Mütter sollten aktiv über diesbezügliche Risiken aufgeklärt werden.<br />

Einzelfall individuell getroffen werden,<br />

um so eine bestmögliche Therapie für<br />

Mutter und Kind zu gewährleisten. Da<br />

Spiegel bis zum 6. Lebensmonat in exponierten<br />

Kindern nachgewiesen werden<br />

können, sind Lebendimpfungen bis<br />

zu diesem Alter aus Sicherheitsgründen<br />

absolut kontraindiziert. Das Stillen<br />

unter Therapie sollte sicher sein, wobei<br />

hierzu keine ausreichenden Daten<br />

vorliegen. Langzeitbeobachtungsstudien<br />

über eine eventuelle Beeinflussung<br />

des kindlichen Immunsystems fehlen<br />

bisher und sollten in Zukunft weiter<br />

forciert werden.<br />

n<br />

Literatur bei den Verfassern<br />

Autoren:<br />

Dr. Stefan Traussnigg<br />

Univ.-Prof. Dr. Clemens Dejaco<br />

Klinik für Innere Medizin III<br />

Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie<br />

Medizinische Universität Wien<br />

Die CED-Welt von Humira ®<br />

Eine ganze Welt an möglichkeiten.<br />

Bei...<br />

• mittelschwerem bis schwerem<br />

morbus Crohn 1<br />

• schwerem pädiatrischem<br />

morbus Crohn 1<br />

• mittelschwerer bis schwerer<br />

Colitis ulcerosa 1<br />

*<br />

1 Fachinformation Humira ® , Stand November 2012 | aTHuG130074-13022013<br />

* 10 jatros Jahre bezieht I Seite sich auf 44 Humira ® Ema Erstzulassung in der rheumatologie im September 2003<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Referat<br />

Hepatologie<br />

ÖGGH 2013<br />

Herausforderung Hepatitis B<br />

Die diagnostische Klassifikation einer chronischen Hepatitis B und<br />

damit die Prüfung der Therapieindikation stellen selbst für erfahrene<br />

Hepatologen immer wieder eine Herausforderung dar. Das Problem<br />

liegt darin, dass die Hepatitis-B-Virusinfektion sich vom völlig<br />

harmlosen Nebenbefund bis hin zur lebensbedrohlichen Erkrankung<br />

präsentieren kann. Dieser variable Verlauf reflektiert sich in der<br />

komplexen diagnostischen Klassifikation der Erkrankung.<br />

H. Zoller, Innsbruck<br />

Fachkurzinformationen: siehe Seite 61<br />

Nach dem österreichisch-deutschen<br />

Konsensus, der in der S3-Leitlinie zur<br />

Prophylaxe, Diagnose und Therapie<br />

der Hepatitis B publiziert ist, unterscheiden<br />

wir die chronische Hepatitis<br />

B vom HBs-Antigen-Trägerstatus. Die<br />

Diagnose einer chronischen Hepatitis<br />

B gründet sich dabei auf dem Nachweis<br />

der chronischen Virusinfektion,<br />

die mehr als 6 Monate besteht und<br />

dem Nachweis einer Leberschädigung.<br />

Im Gegensatz dazu kann der<br />

HBs-Antigen-Trägerstatus bei chronischer<br />

Virusinfektion, die ≥6 Monate<br />

besteht, ohne nachweisbare Leberschädigung<br />

diagnostiziert werden. Die<br />

Begriffe „gesunder“ oder „immuntoleranter“<br />

HBs-Antigen-Carrier sollen<br />

vermieden werden, weil jede Form<br />

der chronischen Virusinfektion eine<br />

gewisse Immuntoleranz erfordert<br />

und den Gesundheitsbegriff infrage<br />

KeyPoints<br />

• Chronische Hepatitis B ≠ HBV-Infektion<br />

• Normale ALT ≠ persistierend normale ALT<br />

• HBs-Antigen-Trägerstatus:<br />

• bedarf der Familienuntersuchungen<br />

• bedarf kritischer Diagnosestellung<br />

stellt. Für die Differenzierung einer<br />

chronischen Hepatitis B von einem<br />

HBs-Antigen-Carrier muss also die<br />

Lebergesundheit evaluiert werden. Im<br />

klinischen Alltag verwenden wir als<br />

Surrogat für die Leberschädigung die<br />

Transaminasenaktivität im Blut. Für<br />

die diagnostische Klassifikation einer<br />

chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion<br />

sollten die sogenannten hepatologischen<br />

Normalwerte angewandt<br />

werden. Das heißt, bei Männern sollte<br />

die ALT-Aktivität


Hepatologie<br />

Referat<br />

tierten sich 10% der Patienten immer<br />

noch im Stadium der Zirrhose. Besonders<br />

schwierig ist die Entscheidung in<br />

Bezug auf die Behandlungsindikation<br />

bei jenen 28% der Patienten, bei denen<br />

die HBV-DNA >2.000 IU/ml liegt. Die<br />

Unterscheidung zwischen gesundem<br />

HBs-Antigen-Träger und chronischer<br />

Hepatitis B wird bei dieser Patientengruppe<br />

durch die HBs-Antigen-Quantifizierung<br />

erleichtert. Mehrere aktuelle<br />

Studien zeigen, dass eine quantitative<br />

HBs-Antigen-Konzentration im Blut<br />

von >3.500 IU/ml neben anderen Faktoren<br />

ein aktives Krankheitsstadium<br />

(chronische Hepatitis B) oder die Reaktivierung<br />

eines HBs-Antigen-Trägerstatus<br />

vorhersagt.<br />

Heute ist es also einfacher, jene Patientengruppe<br />

mit chronischer Hepatitis-B-Virusinfektion<br />

zu definieren, die<br />

keine Behandlung braucht: Patienten<br />

mit persistierend hepatologisch normalen<br />

Transaminasen (ALT für Männer<br />

≤30 IU/l, ALT für Frauen ≤19 IU/l)<br />

mit HBV-DNA


VIREAD®<br />

Eine<br />

Von der<br />

EASL<br />

empfohlen 2<br />

bevorzugte First-Line-Therapie<br />

Die richtige Wahl von Anfang an 1<br />

• HBV-DNA Suppression* bei<br />

99,3% der Patienten 3<br />

• 0 % Resistenzen<br />

und keine Kreuzresistenzen<br />

3, 4<br />

• Regression oder Stillstand<br />

der Leberfibrose<br />

bei 96% der Patienten 5<br />

• Reversion der Leber zirrhose<br />

bei 74% der zirrhotischen<br />

Patienten 5<br />

Eine Leber. Ein Leben.<br />

Es wird empfohlen, die Kreatinin-Clearance bei allen Patienten vor Beginn der Therapie mit VIREAD ® zu berechnen. Die Nierenfunktion<br />

(Kreatinin-Clearance und Serumphosphat) soll alle vier Wochen während des ersten Behandlungsjahres und danach<br />

alle drei Monate überwacht werden. VIREAD ® sollte bei Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung nur dann eingesetzt werden,<br />

wenn der mögliche Nutzen der Behandlung gegenüber dem möglichen Risiko überwiegt. Bei Patienten mit einer Kreatinin-<br />

Clearance < 50 ml/min wird empfohlen, das Dosierungsintervall gemäß Fachinformation anzupassen. Die Einnahme von VIREAD ®<br />

wird bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) nicht empfohlen. Bei gleichzeitiger<br />

Anwendung von Adefovirdipivoxil oder gleichzeitiger/vor kurzem erfolgter Behandlung mit einem nephrotoxischen Arzneimittel<br />

sollte die Einnahme von VIREAD ® vermieden werden, da ein erhöhtes Risiko für renale Nebenwirkungen besteht.<br />

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Referenzen:<br />

1. Dakin et al., Value Health 2010;13(8):934–945.<br />

2. EASL Clinical Practice Guidelines.,<br />

J Hepatol 2012;57: 167–185.<br />

3. Marcellin P et al., AASLD 2012; Poster #374.<br />

4. Marcellin P et al., AASLD 2011; Oral #28.<br />

5. Marcellin P et al., Lancet 2013; 381: 468–75.<br />

* HBV-DNA < 400 Kopien/ml nach 6 Jahren<br />

VIR/AT/13-09/MI/1224 Erstellungsdatum: Jänner 2013<br />

Fachkurzinformation siehe Seite 62


Hepatologie<br />

Referat<br />

ist. Leider sind die Raten des Ansprechens<br />

auf diese Therapie jedoch gering.<br />

Für die Wahl der Therapie spielt auch<br />

die Unterscheidung zwischen HBe-<br />

Antigen-positiver und HBe-Antigennegativer<br />

Hepatitis B eine Rolle. Bei<br />

Patienten mit HBe-Antigen-positiver<br />

Hepatitis B, die in Innsbruck nur bei<br />

2% der Patienten vorlag, ist eine HBe-<br />

Antigen-Negativierung Therapieziel<br />

einer einjährigen Therapie mit pegyliertem<br />

Interferon. Dieses Therapieziel<br />

konnte in Studien bei ca. 30% der Patienten<br />

erreicht werden. Bei HBe-Antigen-negativer<br />

Hepatitis B sind das Therapieziel<br />

einer Interferontherapie eine<br />

Negativierung der HBV-DNA und eine<br />

Normalisierung der ALT, was in Studien<br />

ebenfalls ca. 30% der Patienten<br />

erreichen können. Für die Vorhersage<br />

des Ansprechens auf eine Therapie mit<br />

pegyliertem Interferon spielt die Kinetik<br />

des Abfalls von HBs-Antigen eine<br />

wichtige Rolle, denn bei einem quantitativen<br />

HBs-Antigen-Abfall von nur ≤2<br />

Log-Stufen kann die Therapie de facto<br />

abgebrochen werden. Im Gegensatz<br />

dazu haben Tenofovir und Entecavir<br />

eine überragende Effektivität und ein<br />

exzellentes Sicherheitsprofil. Die Ansprechraten<br />

hinsichtlich des Abfalls der<br />

HBV-DNA unter die Nachweisgrenze<br />

liegen bei beiden Substanzen >90%<br />

nach einem Jahr Therapie. Leider muss<br />

eine Entecavir- oder Tenofovirtherapie<br />

jedoch lebenslang fortgesetzt werden.<br />

Zusammenfassend brauchen wir heute<br />

einen guten Grund, Patienten mit<br />

chronischer Hepatitis-B-Virusinfektion<br />

nicht zu therapieren. Nur wenn die Diagnose<br />

eines HBs-Antigen-Trägers gestellt<br />

werden kann, gibt es keine Therapieindikation.<br />

Moderne diagnostische<br />

Tests wie HBV-DNA quantitativ und<br />

HBs-Antigen quantitativ helfen uns bei<br />

der korrekten Diagnose einer Hepatitis<br />

B. Bei Vorliegen einer Behandlungsindikation<br />

können der HBV-Genotyp<br />

und der HBe-Antigen-Status die Wahl<br />

der besten Therapie beeinflussen. Doch<br />

selbst bei Patienten ohne Behandlungsindikation<br />

in dieser Konstellation wäre<br />

im Falle einer immunsuppressiven<br />

Behandlung, insbesondere mit einem<br />

hoch dosierten Steroid bzw. Rituximab<br />

oder Infliximab, eine prophylaktische<br />

antivirale Therapie klar indiziert.<br />

Fazit<br />

• Therapieindikation regelmäßig überprüfen<br />

• Überragende Sicherheit & Effektivität<br />

der nukleosid- und nukleotidanalogen<br />

Polymeraseinhibitoren mit hoher<br />

genetischer Barriere (Tenofovir<br />

& Entecavir)<br />

n<br />

Autor: Univ.-Prof. Dr. Heinz Zoller<br />

Universitätsklinik für Innere Medizin II<br />

Klinische Abteilung für Gastroenterologie<br />

und Hepatologie<br />

Medizinische Universität, Innsbruck<br />

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von Patienten und Kunden<br />

verstehen,<br />

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3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Kommentar<br />

Hepatologie<br />

Empfehlung aus den USA auch für Österreich?<br />

HCV-Screening der „Baby<br />

Boomer“-Generation<br />

Die Hepatitis-C-Virus-(HCV-)Infektion ist zu einem Paradigma der modernen<br />

Medizin geworden. Innerhalb von etwa 20 Jahren sind die komplette<br />

Molekularbiologie des Virus, die Infektionspathologie mit den Mechanismen<br />

des Eintritts in die Leberzelle, alle wichtigen Replikationsschritte durch<br />

Entwicklung von Replicon-Systemen, die komplette Immunpathogenese mit<br />

der wohl enttäuschenden Erkenntnis, dass eine sterilisierende Immunisierung<br />

wohl Illusion bleiben wird, sowie die Pharmakogenetik als Basis für<br />

die Erklärung spontaner Heilungen und unterschiedlicher Ansprechraten<br />

auf die Therapie mit Interferon alfa entschlüsselt worden.<br />

W. Vogel, Innsbruck<br />

Der Nachweis des wesentlichen Infektionsweges<br />

mit erfolgreichem Blutspender-Screening<br />

bildet in Kombination<br />

mit hocheffizienten Therapeutika die<br />

Basis für eine primäre und sekundäre<br />

Prävention der Infektion mit der Option<br />

der Eradikation. Tatsächlich ist die<br />

HCV-Infektion die erste heilbare, chronische<br />

Infektion im strengen Sinn des<br />

Wortes geworden.<br />

Übertragungsweg und Pathogenese<br />

Voraussetzung einer HCV-Infektion<br />

ist die Überwindung natürlicher Körperbarrieren<br />

durch eine penetrierende<br />

Inokulation des infektiösen Agens. Das<br />

Inokulum muss eine ausreichend hohe<br />

Viruskonzentration aufweisen. Während<br />

die Übertragung einer infizierten<br />

Blutkonserve mit hoher Sicherheit zur<br />

Infektion führt, verursacht der akzidentelle<br />

Stich mit einer infektiösen Nadel<br />

fast nie eine Infektion. Die unmittelbare<br />

transmuköse Infektion gilt als<br />

vergleichbar ungefährlich und würde<br />

auch die Verletzung der Schleimhäute<br />

verlangen. Eine HIV-Koinfektion gilt<br />

als wesentliche Voraussetzung für die<br />

erfolgreiche Infektion im Rahmen des<br />

Geburtsvorganges. Infektionen bei paramedizinischen<br />

Interventionen wie<br />

Tattooing oder Beschneidungen lassen<br />

sich durch entsprechende Hygiene-<br />

Maßnahmen verhindern. Die HCV-<br />

RNA lässt sich bereits nach ein bis zwei<br />

Wochen und Antikörper lassen sich<br />

nach drei bis vier Wochen in der Zirkulation<br />

nachweisen. Allerdings sind auch<br />

Fälle in der Literatur dokumentiert, bei<br />

denen sich Antikörper erst nach Monaten<br />

gebildet haben.<br />

Am Beginn einer akuten Hepatitis-C-<br />

Infektion können typische klinische<br />

Zeichen wie Ikterus, Oberbauchschmerzen<br />

und allgemeines Krankheitsgefühl<br />

auftreten. Diese sind selten<br />

und gelten als prognostisch günstige<br />

klinische Zeichen für eine spontane<br />

Heilung. Ein akutes Leberversagen als<br />

Folge der Infektion gilt als extrem selten.<br />

Bei 10–40% der Betroffenen heilt<br />

die Infektion spontan aus und Antikörper,<br />

die allerdings nicht vor Reinfektion<br />

schützen, persistieren ohne HCV-RNA<br />

im Blut für eine unbekannte Dauer<br />

ohne klinische Konsequenz. Die spontane<br />

Elimination des Virus hängt von<br />

verschiedenen Wirtsfaktoren ab wie<br />

dem IL-28-Genotyp, wird allerdings<br />

erst inkomplett verstanden. Bei den<br />

meisten Betroffenen verläuft die Ansteckung<br />

wie auch der chronische Verlauf<br />

völlig asymptomatisch.<br />

Die eigentlichen medizinischen Probleme<br />

der HCV-Infektion entstehen aus<br />

dem chronischen Verlauf, der in Abhängigkeit<br />

von Geschlecht, Alter bei Infektion<br />

und hepatischer Komorbidität mit<br />

unterschiedlicher Geschwindigkeit zu<br />

den Komplikationen der Leberzirrhose,<br />

des Leberkrebses und des Leberversagens<br />

und zum Tod führen kann. Verläufe<br />

von mehr als 30 Jahren bis zur Zirrhose<br />

sind bei Frauen mit Ansteckung<br />

im jugendlichen Alter ohne zusätzliche<br />

hepatische Risikofaktoren beobachtet<br />

worden. Als prognostisch ungünstig<br />

gelten männliches Geschlecht, Alter bei<br />

Infektion von >40 Jahren, Koinfektion<br />

mit dem Hepatitis-B- oder HI-Virus<br />

und Alkoholmissbrauch. Die HCV-Infektion<br />

verläuft bei bis zu 60–90% der<br />

Betroffenen chronisch. Bei Personen mit<br />

chronischer Hepatitis C können auch<br />

komplexe extrahepatische Manifestationen<br />

wie gemischte Kryoglobulinämie,<br />

Vaskulitis mit Krankheitsmanifestatio­<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 49 I jatros


Hepatologie<br />

Kommentar<br />

nen in Haut, Nieren, Augen oder anderen<br />

Organen auftreten. Komplex und<br />

wenig verstanden ist die Assoziation<br />

mit Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen,<br />

Lichen planus und neuropsychiatrischen<br />

Erkrankungen wie<br />

Depression.<br />

Epidemiologie<br />

Erstaunlicherweise sind unsere Kenntnisse<br />

zur Epidemiologie der Infektion<br />

nach wie vor ausgesprochen lückenhaft<br />

und basieren überwiegend auf Extrapolationen<br />

von Ergebnissen von kleinen<br />

gut definierten Kohortenstudien. Dies<br />

ist umso bemerkenswerter, als wir seit<br />

Beginn der 1990er-Jahre über sensitive<br />

Antikörper-Testsysteme verfügen, die<br />

zu einem breiten Screening von definierten<br />

Populationen einladen, das im<br />

Blutspendewesen mit Elimination der<br />

Transfusionshepatitis bereits erfolgreich<br />

umgesetzt worden ist. Diese Testsysteme<br />

sind in letzter Zeit weiterentwickelt<br />

und verfeinert worden, sodass es<br />

heute möglich ist, um knapp 2 Euro in<br />

einer Speichelprobe Antikörper gegen<br />

Hepatitis C nachzuweisen, die im positiven<br />

Fall im Sinne der Infektion mittels<br />

PCR-Nachweis zu bestätigen sind.<br />

Nur eine lückenlose epidemiologische<br />

Überwachung kann Informationen zu<br />

Verteilung und Dynamik bestehender<br />

Infektionen als Basis für die Maßnahmen<br />

zum optimalen Management der<br />

Erkrankung liefern.<br />

KeyPoints<br />

Die WHO schätzt, dass weltweit gesehen<br />

nur 15%, in der westlichen Welt<br />

knapp 50%, der >185 Millionen Antikörper-positiven<br />

Personen über ihren<br />

Status Bescheid wissen. Die Prävalenz<br />

der HCV-Infektion in Österreich kann<br />

aufgrund fehlender eigener epidemiologischer<br />

Daten nur aus denjenigen benachbarter<br />

europäischer Staaten abgeleitet<br />

werden. Bei vorsichtigen Schätzungen<br />

kann angenommen werden, dass unsere<br />

Prävalenz unter 1%, aber über 0,5%<br />

liegt. Damit würde sich Österreich mit<br />

den anderen mitteleuropäischen Ländern<br />

zwischen die Länder mit hoher<br />

Prävalenz im Osten und Süden Europas<br />

(1–3%) und niedrigerer Prävalenz<br />

(15%,<br />

aber nicht wesentlich über 50% liegen.<br />

Das würde bedeuten, dass möglicherweise<br />

mehr als 20.000 betroffene Personen<br />

in Österreich nichts von ihrer<br />

chronischen Infektion wissen.<br />

• Die Prävalenz der HCV-Infektion liegt in Österreich nach Schätzungen zwischen 0,5 und 1%.<br />

• Die Dunkelziffer der Infizierten ist aufgrund fehlender Symptomatik hoch: wahrscheinlich gleich<br />

hoch wie die Zahl der Diagnostizierten.<br />

• Aufgrund inkompletter epidemiologischer Informationen müssen wir uns an Modellen,<br />

entwickelt aus gut definierten Populationen, orientieren.<br />

• Diese Modelle zeigen eine tickende Zeitbombe an Komplikationen der Infektion.<br />

• Risikogruppen wie die „Baby Boomer“-/„Wirtschaftswunder“-Generation, aktive und<br />

ehemalige Konsumenten von i.v. Drogen, Personen mit riskantem Sexualverhalten und<br />

Hinweisen auf Lebererkrankungen sind als Screening-Kandidaten definiert.<br />

Aus europäischen Untersuchungen wissen<br />

wir, dass weniger als 20% der Patienten<br />

mit chronischer Infektion aus<br />

unterschiedlichen Gründen einer Therapie<br />

zugeführt werden. Mit den bisherigen<br />

therapeutischen Optionen liegen<br />

die Heilungsraten in Abhängigkeit von<br />

Genotyp und Fibrosestadium zwischen<br />

40% und 85% mit den schlechtesten für<br />

fortgeschrittene Zirrhosestadien von ca.<br />

10%. Die exakte Prävalenz der Zirrhose<br />

in einer definierten Population ist unbekannt,<br />

aus Modellrechnungen wird<br />

jedoch angenommen, dass ca. 20% der<br />

Patienten mit chronischer HCV zirrhotisch<br />

sind. Besser ist die Information<br />

aus den Tumorregistern zum hepatozellulären<br />

Karzinom, das in 90% aus der<br />

Zirrhose entsteht. Dieser Krebs ist der<br />

mit der aktuell stärksten Zunahme in<br />

Österreich und dem Rest der westlichen<br />

Welt. Nach allen Modellrechnungen ist<br />

in den nächsten Jahren mit einer deutlichen<br />

Zunahme dieser Erkrankungen<br />

zu rechnen, falls die Dunkelziffer gleich<br />

hoch bleibt und keine therapeutischen<br />

Interventionen erfolgen.<br />

Populationsbasiertes HCV-Screening in<br />

den USA<br />

Die HCV-Infektion ist ein globales<br />

Problem mit besonders hohen Prävalenzen<br />

in den Ländern mit mangelhaft<br />

entwickelten Gesundheitssystemen und<br />

selbst dort lassen sich altersabhängige<br />

Risikogruppen definieren. So wird aus<br />

Ägypten in der Altersgruppe der vor<br />

1960 Geborenen, der Zeit einer Kampagne<br />

für die intravenöse Therapie<br />

von Schistosomiasis, eine Prävalenz<br />

von 15–50% beobachtet. Im Vergleich<br />

dazu beträgt die Prävalenz bei den später<br />

Geborenen nur 1–2%. Aus den USA<br />

liegen mehrere Kohortenstudien zur<br />

Prävalenz vor, in denen exakt gleich definierte<br />

Populationen jeweils in den Jahren<br />

1990, 2000 und 2010 untersucht<br />

wurden. Aus diesen Untersuchungen<br />

folgt, dass etwa drei Viertel aller mit<br />

HCV infizierten Personen in den USA<br />

zwischen 1945 und 1965, in den „Baby<br />

Boomer“-Jahren, geboren worden sind.<br />

Auf dieser Basis hat das US Center for<br />

Disease Control and Prevention (CDC)<br />

im August 2012 eine Screening-Empfehlung<br />

für diese Hochrisikokohorte<br />

herausgegeben. Kosten-Nutzen-Rechnungen<br />

haben klar gezeigt, dass damit<br />

die Zahl der bekannten HCV-Infizierten<br />

um 50% erhöht und die Morbidität<br />

und Mortalität durch entsprechende<br />

therapeutische Maßnahmen signifikant<br />

und somit kosteneffizient reduziert<br />

würden. Obwohl für Europa, insbesondere<br />

für Österreich, keine vergleichbaren<br />

Daten zur Verfügung stehen,<br />

erscheint es aufgrund der Gemeinsam­<br />

jatros I Seite 50<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Hepatologie<br />

keiten mit den USA und epidemiologischer<br />

Ähnlichkeiten möglich, dass der<br />

gleiche Generationseffekt in unserer<br />

„Wirtschaftswunder“-Generation, bei<br />

den zwischen 1950 und 1970 Geborenen,<br />

zu erwarten sein wird. Daraus lässt<br />

sich in Wahrnehmung der medizinischen<br />

Verantwortung nur eines ableiten: Entweder<br />

wir übernehmen diese Empfehlung<br />

oder wir beweisen möglichst rasch,<br />

dass diese Beobachtung nicht auf unsere<br />

Verhältnisse übertragbar ist.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Wir stehen wieder am Beginn eines<br />

neuen entscheidenden Kapitels der<br />

Hepatitis-C-Geschichte. Die absehbare<br />

Einführung der zweiten „Welle“ der<br />

NS3-Proteaseinhibitoren und vor allem<br />

der zweiten Generation direkt-antiviraler<br />

Wirkstoffe der Polymerase- und<br />

NS5A-Inhibitoren wird die Therapie<br />

der HCV revolutionieren. Interferonfreie<br />

Behandlungskonzepte über alle<br />

Genotypen hinweg, auch für sogenannte<br />

Problempatienten, haben in Phase-<br />

III-Studien mit bisher nicht erreichter<br />

Effizienz ihre Feuerprobe bestanden.<br />

Allerdings haben uns die Erfahrungen<br />

der Vergangenheit auch vorsichtig werden<br />

lassen. Der Unterschied zwischen<br />

den Therapieerfolgen, die in einem idealen<br />

Studienumfeld erreicht werden, und<br />

denjenigen in der „Real-Life“-Situation<br />

kann gerade bei der Therapie der HCV –<br />

im Gegensatz zur Hepatitis-B-Therapie<br />

– beträchtlich sein. Somit gilt unverändert:<br />

„Der beste HCV-Patient ist ein<br />

geheilter.“<br />

Das Hepatitis-C-Virus stellt intrazellulär<br />

die genetischen Sensoren der RNA-<br />

Replikation ruhig, um persistierende<br />

Replikation sicherzustellen; es unterdrückt<br />

im Organismus die symptomatischen<br />

Sensoren, um die Erkrankung zu<br />

verheimlichen; dadurch entzieht es sich<br />

der medizinischen – und auch der gesellschaftlichen<br />

– Aufmerksamkeit. Alle Indikatoren<br />

sagen einen scharfen Anstieg<br />

der Langzeitkomplikationen der chronischen<br />

Hepatitis-C-Infektion voraus.<br />

Wir haben ausreichend Evidenz dafür,<br />

Risikogruppen wie die „Baby Boomer“-<br />

bzw. die „Wirtschaftswunder“-Generation,<br />

aktive und ehemalige Konsumenten<br />

von i.v. Drogen, Einwanderer aus<br />

Nordafrika und Osteuropa und solche<br />

mit Hinweisen für Lebererkrankungen<br />

zu definieren. Wir stehen am Beginn<br />

einer neuen Ära der antiviralen Therapie<br />

mit höherer Effizienz und besserer<br />

Verträglichkeit. Die Zeit ist reif für<br />

das Screening dieser Risikogruppen auf<br />

HCV-Infektion.<br />

n<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Autor: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Vogel<br />

Gastroenterologie und Hepatologie<br />

Universitätsklinik für Innere Medizin II<br />

Medizinische Universität Innsbruck<br />

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hilft heilen.<br />

www.at.hartmann.info<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 51 I jatros


Hepatologie<br />

Referat<br />

ÖGGH 2013<br />

Infektionen und Leberzirrhose:<br />

Rolle der intestinalen Permeabilität<br />

und der Neutrophilenfunktion<br />

In der westlichen Welt gehört die Leberzirrhose mittlerweile<br />

zu den Top 10 der Todesursachen und in manchen<br />

Teilen Europas beobachtete man in den letzten<br />

Jahren einen deutlichen Anstieg. Patienten sterben häufiger<br />

an den Komplikationen der Leberzirrhose als an<br />

der Leberinsuffizienz per se. Abhängig vom Schweregrad<br />

der Leberzirrhose ist mit einer 1-Jahres-Mortalität<br />

zwischen 10 und 82% zu rechnen.<br />

V. Stadlbauer-Köllner, Graz<br />

A. Horvath, Graz<br />

KeyPoints<br />

Dabei zählen Infektionen zu den häufigsten<br />

Komplikationen der Leberzirrhose<br />

– neben der hepatischen Enzephalopathie,<br />

gastrointestinalen Blutungen,<br />

dem hepatorenalen Syndrom und dem<br />

hepatozellulären Karzinom –, die mit<br />

einer signifikanten Morbidität und<br />

Mortalität assoziiert sind. Wenn Patienten<br />

mit Leberzirrhose stationär aufgenommen<br />

werden, ist eine Infektion<br />

in 30–50% der Fälle die Ursache dafür<br />

und 15–35% erleiden im Krankenhaus<br />

dazu noch eine nosokomiale Infektion.<br />

Diese Rate ist deutlich höher als bei der<br />

Gesamtheit der Patienten (5–7%). Eine<br />

andere Studie zeigte, dass 34% der Patienten<br />

mit fortgeschrittener Zirrhose<br />

pro Jahr eine Infektion erleiden.<br />

Zirrhotische Patienten haben nicht<br />

nur ein höheres Risiko, Infektionen zu<br />

erleiden, sondern sterben auch häufiger<br />

daran. So ist das Risiko, an einer<br />

Bakteriämie zu sterben, bei Zirrhotikern<br />

6,3-fach erhöht. Das Sepsisrisiko<br />

ist bei Zirrhose 3-fach erhöht und<br />

die Mortalität bei einer Sepsis beträgt<br />

bei Patienten mit Leberzirrhose fast<br />

90%. Diese epidemiologischen Daten<br />

deuten darauf hin, dass das Risiko für<br />

Infektionen bei Leberzirrhose erhöht<br />

ist. Leberzirrhose kann daher als das<br />

weltweit häufigste Immundefizienzsyndrom<br />

bezeichnet werden.<br />

Das Immunsystem von Patienten mit<br />

Leberzirrhose scheint nicht mehr ausreichend<br />

in der Lage zu sein, Bakterien<br />

zu zerstören. Das angeborene Immunsystem<br />

ist normalerweise die erste<br />

Abwehrstrategie des Körpers gegen<br />

eindringende Keime. Neutrophile Granulozyten<br />

sind eine wichtige Kompo-<br />

• Leberzirrhose ist eine Erkrankung mit einer hohen Inzidenz und einer hohen Mortalität.<br />

• Patienten mit Leberzirrhose leiden an einem erworbenen Immundefizienzsyndrom, ursächlich<br />

könnten eine erhöhte Darmpermeabilität und eine erhöhte Menge bakterieller Produkte sein.<br />

• Die Funktion der neutrophilen Granulozyten ist bei Leberzirrhose beeinträchtigt.<br />

• Ein frühzeitiges Erkennen von Infektionen sowie rasche und zielgerichtete prophylaktische und<br />

therapeutische Maßnahmen sind notwendig, um die hohe Mortalität zu bekämpfen.<br />

Abb. 1: Hypothese zur erhöhten Infektionsneigung bei<br />

Leberzirrhose: Neutrophile Granulozyten sind bei Leberzirrhose<br />

nicht nur geprimed, sondern, wahrscheinlich<br />

aufgrund bakterieller Produkte, vollständig aktiviert. Dies<br />

führt einerseits zur Produktion von freien Sauerstoffradikalen,<br />

die wiederum andere neutrophile Granulozyten aktivieren<br />

und in Organen (z.B. in der Leber) Schaden anrichten<br />

können. Andererseits sind diese neutrophilen Granulozyten<br />

nicht mehr in der Lage, adäquat zu phagozytieren<br />

jatros I Seite 52<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Hepatologie<br />

nente des angeborenen Immunsystems. Bei Patienten mit Leberzirrhose<br />

wurden verschiedene funktionelle Defekte (Phagozytose,<br />

Produktion von Sauerstoffradikalen, Zerstörung<br />

von Bakterien) nachgewiesen. Neutrophile Granulozyten<br />

sind bei diesen Patienten zu einem hohen Prozentsatz inadäquat<br />

aktiviert. Das bedeutet einerseits, dass die Produktion<br />

von Sauerstoffradikalen anderen Zellen schaden kann, und<br />

andererseits kommt es durch diese inadäquate Aktivierung<br />

zu einem Verlust an energiereichen Phosphaten in der Zelle.<br />

Das ist wiederum eine der Ursachen für die eingeschränkte<br />

Funktion der Neutrophilen. Man findet auch eine Korrelation<br />

der Neutrophilenfunktionsstörung mit der Rate an Infektionen<br />

und der Mortalität. Als wahrscheinlichste Ursache für<br />

die inadäquate Aktivierung von neutrophilen Granulozyten<br />

sind bakterielle Produkte (Endotoxin, bakterielle DNA) anzusehen<br />

(Abb. 1).<br />

Endotoxin (ein Lipopolysaccharid) ist ein Wandbestandteil<br />

gramnegativer Bakterien, das im Körper an Lipopolysaccharid-bindendes<br />

Protein gebunden und mittels der Rezeptoren<br />

CD14 und Toll-like-Rezeptor 4 von Immunzellen erkannt<br />

wird. Dadurch wird dann eine Entzündungsreaktion ausgelöst.<br />

Normalerweise wird Endotoxin durch die Leber ausgeschieden<br />

und ist im peripheren Blut nicht nachweisbar.<br />

Bei Patienten mit Leberzirrhose werden allerdings größere<br />

Mengen in der peripheren Zirkulation gefunden und die Endotoxinspiegel<br />

korrelieren mit dem Überleben und mit dem<br />

Ausmaß der Kreislaufdysfunktion.<br />

Normalerweise ist die Darmwand eine natürliche Barriere<br />

gegen das Eindringen von Keimen in den Körper. Wenn diese<br />

Barriere gestört ist, können Keime, und damit Endotoxine,<br />

leichter in den Organismus eindringen. Bei Leberzirrhose<br />

findet man verschiedene Probleme bei der Darmbarriere:<br />

Die Zusammensetzung der Darmflora ist verändert, die<br />

Darmpermeabilität ist erhöht, die Motilität eingeschränkt<br />

und die Immunreaktion des Darms ist gestört. Dadurch<br />

können Bakterien oder bakterielle Bestandteile in größeren<br />

Mengen über die Darmwand in den Körper eindringen.<br />

Um diese Problematik besser zu verstehen, haben wir die<br />

Neutrophilenfunktion, Marker für bakterielle Produkte und<br />

die Darmpermeabilität an einer Kohorte von Patienten mit<br />

Leberzirrhose untersucht.<br />

Sukrose enthält, und sammeln im Anschluss fünf Stunden<br />

lang Harn. Proben von Morgen- und Sammelharn werden<br />

mit HPLC analysiert, wobei die Zuckermoleküle aus<br />

den entproteinierten und entsalzten Harnproben mittels<br />

Coulochem ® II Detector (ESA Inc., Chelmsford, MA, USA)<br />

gemessen und die Werte aus dem Sammelharn mit den individuellen<br />

Nüchternwerten korrigiert wurden. Die Ergebnisse<br />

sind als prozentueller Anteil der eingenommenen Zuckermenge<br />

dargestellt.<br />

Bei der Messung des Diaminooxidasespiegels im Serum<br />

(kommerziell erhältlicher ELISA, Immundiagnostik AG,<br />

Bensheim, Deutschland) wurde die Neutrophilenfunktion<br />

(Resting Burst, Priming, stimulierter Burst, Phagozytose)<br />

mittels Durchflusszytometrie bestimmt und die Endotoxinassoziierten<br />

Proteine Lipopolysaccharid-bindendes Protein<br />

und sCD14 wurden mittels ELISA (Hycult Biotech, Uden,<br />

Niederlande) gemessen.<br />

Ergebnisse<br />

Die Patientencharakteristika sind in Tabelle 1 dargestellt.<br />

Patienten mit Leberzirrhose hatten eine erhöhte Darmpermeabilität.<br />

Dies zeigte sich sowohl im Laktulose/Mannitol/<br />

Sukrose-Test als auch anhand des erhöhten Diaminooxidaselevels<br />

im Serum. Das Laktulose/Mannitol-Verhältnis<br />

Im Bereich Händedesinfektion sollten<br />

Sie kompromisslos sein. Wir haben<br />

für Sie<br />

die Nr. 1*<br />

im Sortiment:<br />

Sterillium ®<br />

Methoden<br />

Wir haben 32 Patienten mit postäthylischer Leberzirrhose<br />

und 28 Patienten mit anderen Ursachen der Leberzirrhose<br />

sowie 32 gesunde Kontrollen eingeschlossen. Die Darmpermeabilität<br />

wurde durch zwei Methoden bestimmt: zum<br />

einen über Laktulose/Mannitol/Sukrose-Exkretion und zum<br />

anderen über die Messung des Diaminooxidasespiegels.<br />

Bei der Messung der Laktulose/Mannitol/Sukrose-Exkretion<br />

trinken die Patienten auf nüchternen Magen eine<br />

Zuckerlösung, die 5g Mannitol, 10g Laktulose und 20g<br />

www.at.hartmann.info<br />

* nach aktuellen Umsatzzahlen 2010 (GPi<br />

Krankenhaus-Sachbedarfsstudie, DKB:<br />

alkohol. Händedesinfektion, Krankenhaus-<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie<br />

bereich Deutschland)<br />

Seite hilft 53 heilen. I jatros


Hepatologie<br />

Referat<br />

Kontrollen<br />

n=32<br />

gibt Auskunft über die Dünndarmpermeabilität<br />

und zeigte bei Patienten<br />

mit Leberzirrhose einen fünffach erhöhten<br />

Anstieg gegenüber den Werten<br />

gesunder Kontrollen. Die Sukrose-<br />

Exkretion gibt Aufschluss über die<br />

gastroduodenale Permeabilität, welche<br />

bei Patienten mit Leberzirrhose 20-<br />

fach erhöht war. Die Patienten zeigten<br />

auch eine 30%ige Steigerung des<br />

Diaminooxidaselevels im Serum, eines<br />

Markers der intestinalen Integrität.<br />

Die Neutrophilenfunktion zeigte mehrere<br />

Auffälligkeiten. Zum einen fanden<br />

sich unter den Neutrophilen der<br />

leberzirrhotischen Patienten solche,<br />

die bereits im Ruhezustand, ohne zusätzlichen<br />

Stimulus, um 25% mehr reaktive<br />

Sauerstoffspezies (ROS) bilden<br />

als bei Kontrollen. Nach Stimulierung<br />

mit einem bakteriellen Peptid (fMLP)<br />

zeigen die Neutrophilen der Patienten<br />

eine stärkere Aktivierung (Priming) als<br />

die Zellen gesunder Kontrollen. Diese<br />

Child-Pugh-Score


Referat<br />

Hepatologie<br />

ÖGGH 2013<br />

Nicht alkoholische Fettlebererkrankung<br />

und Krebs<br />

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Übergewicht und Adipositas<br />

nicht nur mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität<br />

behaftet sind, sondern auch mit einem erhöhten Risiko für viele<br />

Malignome, vor allem der Brust, des Endometriums, der Nieren<br />

sowie des Gastrointestinaltraktes, einhergehen.<br />

C. Datz, Oberndorf<br />

Man nimmt an, dass in Europa 3,2% aller<br />

Malignome bei Männern und 8,6%<br />

bei Frauen mit Übergewicht und Adipositas<br />

sowie deren metabolischen Konsequenzen<br />

in direktem Zusammenhang<br />

stehen. 1 Diese Zahlen sind vor dem Hintergrund<br />

der globalen Adipositas-Epidemie<br />

mit rund 1,6 Mrd. Betroffenen weltweit<br />

außerordentlich besorgniserregend.<br />

Das relative Risiko gastrointestinaler<br />

Malignome ist bei adipösen Menschen<br />

ca. 1,5–2x größer als bei normalgewichtigen<br />

Menschen, mit klaren organ- und<br />

geschlechtsspezifischen Unterschieden.<br />

Es gibt exakte Hinweise auf eine Assoziation<br />

zwischen Adipositas und dem<br />

KeyPoints<br />

Adenokarzinom des Ösophagus, dem<br />

Gallenblasen- und dem Pankreaskarzinom<br />

sowie dem hepatozellulären und<br />

dem Kolorektalkarzinom. Dies ist vor<br />

allem bemerkenswert, da sich gewisse<br />

gastrointestinale Karzinome über klinisch<br />

gut charakterisierte prämaligne<br />

Vorläuferläsionen definieren. Darüber<br />

hinaus besteht außerdem ein Zusammenhang<br />

zwischen Adipositas, metabolischem<br />

Syndrom und ebendiesen<br />

Vorläuferläsionen. Am besten belegt ist<br />

diese Assoziation zwischen Adipositas<br />

und dem Barrett-Ösophagus, dem kolorektalen<br />

Adenom sowie der nicht alkoholischen<br />

Fettlebererkrankung. Daher<br />

• Adipositas, metabolisches Syndrom und NAFLD sind nicht nur Risikofaktoren für kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen, sondern auch mit einer Vielzahl von insbesondere gastrointestinalen Malignomen<br />

und deren Vorläuferläsionen assoziiert.<br />

• NAFLD ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung von HCC und CRC.<br />

• Das intestinale Mikrobiom spielt eine entscheidende Rolle in der Entstehung von Adipositas,<br />

metabolischem Syndrom, NAFLD, HCC und CRC; seine Modifikation könnte zukünftig einen interessanten<br />

Ansatz in der Therapie dieser Erkrankungen darstellen.<br />

• Patienten mit Adipositas, metabolischem Syndrom, NAFLD und diversen Krebserkrankungen sollten<br />

in Krebspräventionsprogramme, im Speziellen Kolonkarzinomscreening, einbezogen werden.<br />

• Es liegen keine Daten aus prospektiven Studien vor, dennoch könnten Lebensstilmodifikation<br />

(gesunde Ernährung, vermehrte körperliche Aktivität) sowie gezielte Chemoprävention zur Reduktion<br />

von Malignomen führen.<br />

ist es naheliegend, dass einerseits populationsbasierte<br />

Maßnahmen zur Behandlung<br />

der Adipositas sowie andererseits<br />

gezielte Tumorscreening-Strategien<br />

zu einer signifikanten Reduktion von<br />

Tumorerkrankungen führen könnten.<br />

Adipositas und metabolisches Syndrom<br />

spielen jedoch nicht nur in der Initiierung<br />

der Kanzerogenese eine wesentliche<br />

Rolle, sie haben auch einen deletären<br />

Einfluss auf die Langzeitprognose<br />

gastrointestinaler Malignome. Dies ist<br />

vor allem auf ein höheres Metastasierungspotenzial,<br />

eine erhöhte perioperative<br />

Morbidität sowie auch auf ein<br />

schlechteres Ansprechen diverser Chemotherapien<br />

zurückzuführen.<br />

Die nicht alkoholische Fettlebererkrankung<br />

als unabhängige<br />

potenzielle Präkanzerose<br />

Aufgrund der globalen Zunahme von<br />

Adipositas und ihren assoziierten Erkrankungen<br />

ist die nicht alkoholische<br />

Fettlebererkrankung (NAFLD) mittlerweile<br />

die häufigste Lebererkrankung<br />

weltweit. Das klinische Erscheinungsbild<br />

dieser Erkrankung reicht von der<br />

unkomplizierten Leberzellverfettung<br />

(NAFL) über die nicht alkoholische<br />

Steatohepatitis (NASH) bis hin zur<br />

Zirrhose und zum hepatozellulären<br />

Karzinom (HCC). Rezent publizierte<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 55 I jatros


Hepatologie<br />

Referat<br />

epidemiologische Daten beschreiben<br />

eine Prävalenz der NAFLD von 41%<br />

in westlichen Populationen, 1–5% aller<br />

Patienten dürften von der eher progredient<br />

verlaufenden Form (NASH) betroffen<br />

sein. Bedauerlicherweise ist es<br />

derzeit weder bildgebend noch laborchemisch<br />

möglich, die „unkomplizierte“<br />

NAFL von der NASH zu differenzieren,<br />

sodass die Leberhistologie nach<br />

wie vor den „Goldstandard“ in der Diagnostik<br />

darstellt. In den letzten Jahren<br />

hat sich sowohl in populationsbasierten<br />

Untersuchungen als auch in Studien, die<br />

den natürlichen Verlauf der NAFLD beleuchteten,<br />

gezeigt, dass Patienten mit<br />

einer Fettlebererkrankung ein höheres<br />

Risiko haben, an kardiovaskulären Erkrankungen<br />

zu sterben, und signifikant<br />

höhere tumor- und leberassoziierte<br />

Mortalität aufweisen. Besorgniserregend<br />

ist, dass es in den letzten Jahren<br />

zu einer dramatischen Zunahme von<br />

NAFLD-assoziierten hepatozellulären<br />

Karzinomen gekommen ist. Bemerkenswert<br />

dabei ist auch, dass das NAFLDassoziierte<br />

HCC nicht nur in der<br />

zirrhotischen Leber, sondern überproportional<br />

häufig auch bei NASH ohne<br />

Zirrhose und, wenngleich selten, sogar<br />

bei Patienten mit „simpler“ Steatose<br />

auftreten kann. Derzeit ist die NAFLD<br />

mit komplizierter Verlaufsform wie Zirrhose<br />

und/oder HCC die dritthäufigste<br />

Indikation für eine Lebertransplantation.<br />

Es ist davon auszugehen, dass die<br />

Abb. 1: NAFLD<br />

NAFLD in den nächsten 10 Jahren die<br />

häufigste Indikation für eine Lebertransplantation<br />

darstellen wird. Auf<br />

Basis epidemiologischer Daten existiert<br />

aber nicht nur ein klarer Zusammenhang<br />

zwischen Fettlebererkrankung<br />

und HCC, sondern auch mit dem Kolorektalkarzinom.<br />

So konnten Stadlmayr<br />

et al zeigen, dass die NAFLD ein unabhängiger<br />

Risikofaktor für kolorektale<br />

Adenome und Karzinome darstellt. 2<br />

Daten aus Asien zeigen darüber hinaus,<br />

dass Patienten mit NASH im Vergleich<br />

zu Lebergesunden wesentlich häufiger<br />

fortgeschrittene Adenome entwickelten<br />

und diese Adenome auch häufiger im<br />

rechten Hemikolon auftraten. 3<br />

Natürlicher Verlauf und Erkrankungsprogression<br />

der NAFLD<br />

Der natürliche Verlauf der NAFLD und<br />

vor allem Faktoren, die zu einem Fortschreiten<br />

der Erkrankung führen, sind<br />

nur unzureichend aufgeklärt. Die Insulinresistenz<br />

steht jedoch im Fokus von<br />

Entstehung und Erkrankungsprogression.<br />

Die Insulinresistenz beeinflussende,<br />

komplexe Interaktionen zwischen<br />

genetischen Faktoren, Ernährungsgewohnheiten,<br />

Adipozytokinen und dem<br />

in letzter Zeit zunehmend in den Fokus<br />

des wissenschaftlichen Interesses geratenen<br />

intestinalen Mikrobiom spielen dabei<br />

im natürlichen Verlauf eine zentrale<br />

Rolle. So konnte in mehreren Studien<br />

gezeigt werden, dass das Ausmaß der<br />

Insulinresistenz mit dem Schweregrad<br />

histologischer Veränderungen, dem<br />

Auftreten von Zirrhose und HCC und<br />

daher mit Prognose und Mortalität klar<br />

assoziiert ist (Abb. 1).<br />

Metabolische Faktoren der NAFLDassoziierten<br />

Kanzerogenese<br />

Aus pathophysiologischer Sicht wird<br />

die Assoziation zwischen Übergewicht,<br />

Adipositas und Karzinogenese nur unvollständig<br />

verstanden. In den letzten<br />

Jahren ist es jedoch gelungen, einige<br />

wichtige Faktoren zu charakterisieren,<br />

die eine mögliche Verbindung zwischen<br />

metabolischem Syndrom, chronischer<br />

Inflammation und Kanzerogenese darstellen.<br />

Eine wesentliche Rolle bei diesen<br />

postulierten Mechanismen spielen<br />

die Hyperinsulinämie sowie „Insulinlike<br />

growth factor signaling“. Eine zentrale<br />

Rolle dürfte auch die viszerale<br />

Adipositas spielen, da sie nicht nur eine<br />

Quelle für eine systemische subklinische<br />

Inflammation darstellt, sondern auch<br />

für eine Dysbalance wichtiger, in den<br />

Adipozyten gebildeter Zytokine, wie<br />

Adiponektin und Leptin, verantwortlich<br />

ist. Adiponektin-Serumspiegel sind<br />

vor allem bei Patienten mit Adipositas,<br />

metabolischem Syndrom und Diabetes<br />

mellitus deutlich erniedrigt. So konnte<br />

auch gezeigt werden, dass eine inverse<br />

Korrelation zwischen Adiponektin und<br />

dem Auftreten kolorektaler Adenome<br />

besteht. In-vitro- und In-vivo-Studien<br />

zeigen, dass Adiponektin durch Modulation<br />

metabolischer und antiangiogenetischer<br />

Mechanismen in der Lage ist,<br />

das Wachstum von Kolonkarzinomzellen<br />

sehr potent zu inhibieren. 4 Andererseits<br />

konnte in mehreren Studien gezeigt<br />

werden, dass Leptin, ein weiteres Adipozytokin,<br />

welches bei Adipositas und<br />

metabolischem Syndrom fehlreguliert<br />

wird, in der Lage ist, das Wachstum<br />

verschiedener Krebszelllinien (in Brust,<br />

Ösophagus, Pankreas, Kolorektum,<br />

Prostata und Lunge) zu stimulieren.<br />

Obwohl diese Daten relativ präliminär<br />

sind, scheinen Adipozytokine attraktive<br />

Kandidaten zu sein, um den Zusammenhang<br />

zwischen Adipositas, metabolischem<br />

Syndrom und Kanzerogenese<br />

besser verstehen zu können.<br />

jatros I Seite 56<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Referat<br />

Hepatologie<br />

Intestinales Mikrobiom, Adipositas<br />

und Krebs<br />

Abb. 2: Bakterielles Mikrobiom und Tumoren<br />

Trotz der klaren epidemiologischen<br />

Evidenz werden Mechanismen, die<br />

den Zusammenhang zwischen Adipositas,<br />

NAFLD, HCC und Kolonkarzinom<br />

erklären könnten, relativ wenig<br />

verstanden. Einen faszinierenden Ansatz<br />

im Verständnis dieser Interaktion<br />

könnte das intestinale Mikrobiom<br />

(IM) bieten. So konnte in den letzten<br />

Jahren gezeigt werden, dass der intestinalen<br />

Mikrobiota eine entscheidende<br />

Rolle bei metabolischen Prozessen wie<br />

Nahrungsaufnahme, Energieextraktion<br />

und Detox ifizierung von Nahrungsbestandteilen<br />

zukommt. Darüber hinaus<br />

beeinflusst sie die Darmmotilität sowie<br />

die Barrierefunktion und spielt in<br />

der Interaktion mit dem Immunsystem<br />

eine Schlüsselrolle. Die Zusammensetzung<br />

der intestinalen Mikrobiota<br />

hat einen entscheidenden Stellenwert<br />

in der Entstehung von Insulinresistenz,<br />

Typ-2-Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen<br />

und der NAFLD. Sowohl<br />

im Tiermodell als auch im humanen<br />

Setting ließ sich eindrucksvoll nachweisen,<br />

dass eine Stuhltransplantation<br />

von gesunden, schlanken Individuen bei<br />

insulinresistenten Probanden zu einer<br />

Erhöhung der Insulinresistenz führte. 5<br />

Rezente Arbeiten zeigen, dass die im<br />

Rahmen der Adipositas auftretende intestinale<br />

Dysbiose mit der Entstehung<br />

von proinflam matorischen Metaboliten,<br />

NAFLD und in letzter Konsequenz mit<br />

der Entwicklung eines HCC in Zusammenhang<br />

gebracht wird. 6, 7 So konnten<br />

kürzlich Yoshimoto et al zeigen, dass<br />

die Desoxycholsäure, ein Adipositas-assoziiertes<br />

Abfallprodukt des mikrobiell<br />

modulierten Gallensäuremetabolismus,<br />

die hepatische Inflammation und die<br />

Progression zum HCC beeinflusst. 8 Einen<br />

weiteren entscheidenden Faktor in<br />

der Entstehung von Inflammation und<br />

Kanzerogenese sowohl beim HCC als<br />

auch beim CRC stellt die Beeinträchtigung<br />

der intestinalen Barrierefunktion<br />

durch eine Veränderung des intestinalen<br />

Mukus dar. Durch die Dysbiose-assoziierte<br />

Barrierefunktionsstörung mit<br />

abnormer Darmpermeabilität können<br />

vermehrt proinflammatorische Substanzen,<br />

aber auch pathogene Keime in die<br />

enterohepatische Zirkulation gelangen<br />

und so die Tumorneogenese in Darme­<br />

9, 10, 11, 12<br />

pithel und Leber initiieren.<br />

Die Rolle des Mikrobioms in Tumorentstehung<br />

und -progression wird auch<br />

dadurch untermauert, dass die Gabe<br />

von Antibiotika im Tiermodell unter bestimmten<br />

Voraussetzungen nicht nur zu<br />

einer Verbesserung des adipösen Phänotyps,<br />

sondern auch zu einer Regression<br />

13, 14, 15<br />

von HCC und CRC führte (Abb. 2).<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend kann festgehalten<br />

werden, dass Übergewicht, Adipositas<br />

und metabolisches Syndrom Risikofaktoren<br />

für multiple Malignome, vor allem<br />

des Gastrointestinaltraktes und des hepatobiliären<br />

Systems, darstellen. Dieser<br />

negative Impact bezieht sich nicht nur<br />

auf die frühe Phase der Kanzerogenese,<br />

sondern auch auf die Prognose nach Diagnosestellung.<br />

Da wir davon ausgehen<br />

müssen, dass die Prävalenz der Adipositas<br />

weiter zunehmen wird, wird dies<br />

indirekt auch zu einer Zunahme Adipositas-assoziierter<br />

Tumorformen führen.<br />

Wenngleich aus epidemiologischer<br />

Sicht die Assoziation zwischen Adipositas<br />

und erhöhtem Krebsrisiko etabliert<br />

ist, existieren noch keine prospektiven<br />

Studien, die zeigen können, dass Ernährungsumstellung<br />

und Gewichtsverlust<br />

sowie körperliches Training eine effektive<br />

Krebsprävention darstellen. In diesem<br />

Zusammenhang ist es auch naheliegend,<br />

dass ein besseres Verständnis der<br />

Zusammenhänge zwischen Adipositas,<br />

metabolischem Syndrom und Kanzerogenese<br />

zur Entwicklung gezielter medikamentös-chemopräventiver<br />

Strategien<br />

für übergewichtige Patienten führen<br />

wird. Wir sollten uns jedoch darüber im<br />

Klaren sein, dass Patienten mit Adipositas<br />

und NAFLD ein erhöhtes Risiko vor<br />

allem auch für potenziell vermeidbare<br />

Tumorformen wie das hepatozelluläre<br />

Karzinom und das Kolorektalkarzinom<br />

aufweisen. In diesem Zusammenhang<br />

müssen derzeit akzeptierte Screening-<br />

Guidelines überdacht und Patienten mit<br />

einem dokumentiert erhöhten Risiko<br />

früher in spezielle Vorsorgeuntersuchungen<br />

einbezogen werden.<br />

n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Hull P et al, Nature Reviews Gastroenterol Hepatol<br />

2011; 8(4): 224-238<br />

2<br />

Stadlmayr A et al, J Int Med 2011<br />

3<br />

Wong VW et al, Gut 2011<br />

4<br />

Moon HS et al, Gut 2013<br />

5<br />

Vrieze A et al, Gastroenterology 2011<br />

6<br />

Park E et al, Cell 2010<br />

7<br />

Fei N et al, ISME 2013<br />

8<br />

Yoshimoto S et al, Sience 2013<br />

9<br />

Hakansson A et al, Nutrients 2011<br />

10<br />

Zhu Y et al, Cancer Letters 2011<br />

11<br />

Sobhani I et al, PloS One 2011<br />

12<br />

Grivennikov S et al, Nature 2012<br />

13<br />

Grivennikov S et al, Nature 2012<br />

14<br />

Yoshimoto S et al, Science 2013<br />

15<br />

Vijay-Kumar M et al, Science 2010<br />

Autor: Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz<br />

Vorstand der Abteilungen für Innere Medizin,<br />

Akutgeriatrie und Remobilisation<br />

Krankenhaus Oberndorf/Salzburg<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 57 I jatros


Hepatologie<br />

News<br />

STARTVerso 1: Faldaprevir<br />

Hohe Raten an viraler Heilung<br />

bei therapienaiven Patienten mit<br />

HCV-Genotyp-1-Infektion<br />

Bis zu 80% der Patienten, die in der klinischen Phase-III-Studie STARTVerso 1 mit Faldaprevir plus PEG-<br />

Interferon/Ribavirin behandelt wurden, erreichten eine SVR12. In beiden getesteten Dosierungen erfüllten<br />

87–89% der Patienten die definierten Kriterien, um die Behandlung nach 24 Wochen erfolgreich zu beenden.<br />

Faldaprevir wurde in beiden Dosierungen gut toleriert, mit der niedrigeren Dosierung war die Zahl der<br />

Behandlungsabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen annähernd gleich hoch wie in der Placebogruppe.<br />

Im Rahmen von STARTVerso 1 wurde der<br />

einmal täglich verabreichte Proteaseinhibitor<br />

Faldaprevir (BI 201335) in Kombination mit<br />

pegyliertem Interferon alfa-2a und Ribavirin<br />

(PegINF/RBV) an therapienaiven Patienten mit<br />

chronischer Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp<br />

1 getestet. Als primärer Endpunkt der Studie<br />

wurde die Sustained Viral Response (SVR)<br />

12 Wochen nach Beendigung der Therapie<br />

festgelegt. 1 Insgesamt wurden 625 Patienten<br />

aus Europa und Japan in die Studie eingeschlossen.<br />

Patienten, deren Viruslast zur Woche 4 und zur<br />

Woche 8 stark abgefallen war, hatten die Möglichkeit,<br />

die Therapie frühzeitig zu beenden (im<br />

Studienprotokoll definiert als Early Treatment<br />

Success, ETS). 1 Ein ETS wurde von 88% aller<br />

Patienten, die mit dem Faldaprevir-basierten<br />

Regime behandelt wurden, erreicht. 1<br />

Diese Patienten konnten die Therapie zur Woche<br />

24 beenden, 88% von ihnen erreichten<br />

eine SVR12. Aus der gesamten Studienpopulation<br />

erreichten bis zu 80% der Patienten,<br />

die Faldaprevir erhalten hatten, den Endpunkt<br />

einer SVR12. 1 Im Vergleich dazu erzielten nur<br />

52% der Patienten, die Placebo + PegINF/<br />

RBV erhalten hatten eine SVR12. In der Studie<br />

konnte zudem kein Effekt der Dosierung<br />

auf die Effizienz der Behandlung festgestellt<br />

werden. Mit der niedrigeren Dosierung von<br />

1x täglich 120mg Faldaprevir erreichten noch<br />

immer 79% der Patienten eine SVR12. Die<br />

Zahl der Patienten, die die Therapie aufgrund<br />

von Nebenwirkungen abbrechen mussten, war<br />

ähnlich hoch wie unter Placebo. 1<br />

„Diese Ergebnisse sind umso erfreulicher, als<br />

in STARTVerso 1 eine bedeutende Anzahl an<br />

Patienten mit fortgeschrittenen Lebererkrankungen<br />

eingeschlossen worden ist, von denen<br />

im Faldaprevir-Arm noch immer bis zu 80%<br />

eine SVR12 erreichten“, erklärte Studienleiter<br />

Univ.-Prof. Dr. Peter Ferenci, Wien. „Der Umstand,<br />

dass die überwiegende Zahl der Patienten<br />

in der Lage war, die Behandlung früh<br />

– nach 24 Wochen – zu beenden und dabei<br />

eine virale Heilung zu erreichen, ist ebenso<br />

vielversprechend wie die gute Verträglichkeit<br />

von Faldaprevir.“<br />

Nebenwirkungen, die zu einem Abbruch der Behandlung<br />

führten, wurden bei 5% der Patienten<br />

verzeichnet, die mit Faldaprevir in der Dosierung<br />

von 120mg behandelt wurden, sowie bei 4% der<br />

Patienten aus dem Placeboarm. Ein Anstieg der<br />

Werte von unkonjugiertem Bilirubin wurde bei<br />

allen Patientengruppen unter Verum und unterschiedlichen<br />

Dosierungen beobachtet. Dieser war<br />

jedoch reversibel und nicht von einem Anstieg<br />

von Leberenzymwerten begleitet. Anämie (11%,<br />

13%, 12%), Ausschlag (6%, 8%, 9%) und gastrointestinale<br />

Beschwerden (3%, 7%, 9%) waren<br />

die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 2–4<br />

im Placebo-, Faldaprevir-120mg- und Faldaprevir-240mg-Arm.<br />

„Diese Phase-III-Ergebnisse für Faldaprevir mit<br />

dem Interferon-basierten Behandlungsregime<br />

sind ein wichtiger Schritt in unserem Bemühen,<br />

eine gut verträgliche Therapieoption zu entwickeln,<br />

die die Rate der Heilung von schwierig<br />

zu therapierenden Genotyp-1-Patienten bedeutend<br />

erhöht“, so Univ.-Prof. Dr. Klaus Dugi,<br />

Senior Vice President Medicine bei Boehringer<br />

Ingelheim. „Gleichzeitig konnten annähernd<br />

90% der Patienten die Therapie nach 24 Wochen<br />

abschließen. Die Verkürzung der Interferon-basierten<br />

Behandlung bedeutet einen wichtigen<br />

Vorteil im Hinblick auf die Lebensqualität<br />

der Patienten – ebenso wie ein Therapieregime,<br />

das die Patienten von einer hohen Pillenlast<br />

und der Notwendigkeit einer fettreichen Diät<br />

zur Einnahme der Therapie befreit.“ n<br />

Literatur:<br />

1<br />

Ferenci, P. et al. Faldaprevir plus pegylated interferon<br />

alfa-2A and ribavirin in chronic HCV genotype-1<br />

treatment-naïve patients: final results from START-<br />

Verso1, a randomised, double blind, placebo-controlled<br />

Phase III trial. Presented at the International<br />

Liver CongressTM (ILC), The 48th Annual Meeting of<br />

the European Association for the Study of the Liver<br />

(EASL), 24-28 April, 2013<br />

Quelle: Presseaussendung Boehringer Ingelheim<br />

Kontakt:<br />

Inge Homolka<br />

Boehringer Ingelheim RCV GmbH & Co KG<br />

Dr. Boehringer-Gasse 5 - 11<br />

A-1121 Wien<br />

Kommunikation<br />

Tel.: 01/80105-2230<br />

ingeborg.homolka@boehringer-ingelheim.com<br />

jatros I Seite 58<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


News<br />

HIV/Aids<br />

Stribild ®<br />

Erstes Integraseinhibitor-basiertes<br />

Single-Tablet-Regime eingeführt<br />

Am 28. Mai 2013 hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA Stribild ® – das erste Integraseinhibitorbasierte<br />

Single-Tablet-Regime (STR) mit Truvada ® -Backbone – für die Behandlung einer HIV-1-Infektion<br />

bei Erwachsenen zugelassen, die nicht antiretroviral vorbehandelt sind oder bei denen das Virus keine<br />

Mutationen aufweist, die bekanntermaßen mit Resistenzen gegen einen der drei antiretroviralen<br />

Wirkstoffe assoziiert sind. 1<br />

Auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 6. Deutsch-<br />

Österreichischen AIDS Kongresses (DÖAK) in Innsbruck<br />

wurden insbesondere die effektive antiretrovirale Wirkung<br />

von Stribild ® sowie die gute Verträglichkeit und<br />

die bevorzugte Formulierung als STR unterstrichen, die<br />

die Adhärenz optimiert und so zu einem verbesserten<br />

Therapieerfolg beitragen kann. 2, 3 „Zur Therapie einer<br />

HIV-Infektion stehen inzwischen mehr als 20 Arzneimittel<br />

zur Verfügung, aufgrund der Resistenzproblematik<br />

des HI-Virus sowie der Nebenwirkungen einiger Substanzen<br />

ist jedoch die Entwicklung weiterer Wirkstoffe<br />

nötig. Derzeit ist die modernste Klasse antiretroviraler<br />

Substanzen die der Integraseinhibitoren“, erklärte<br />

Univ.-Prof. Dr. Georg M. N. Behrens, Hannover. Integraseinhibitoren<br />

hemmen die Einbindung des HIV-Genoms<br />

in die Wirts-DNA und blockieren so die Replikation des<br />

Virus. Behrens betonte: „Charakteristisch für Integraseinhibitoren<br />

sind vor allem die schnelle und effektive<br />

Wirkung sowie die gute Verträglichkeit.“ Jüngste Daten<br />

einer von Molina et al publizierten Studie zeigen,<br />

dass der neue Integraseinhibitor Elvitegravir bei einmal<br />

täglicher Gabe ebenso effektiv ist wie das bisher verfügbare<br />

Raltegravir. 4 Dies ermöglichte die Entwicklung<br />

von Stribild ® – dem ersten Integraseinhibitor-basierten<br />

STR, einer vollständigen antiretroviralen Therapie (ART)<br />

in einer einzigen Tablette, die nur einmal am Tag eingenommen<br />

wird. Stribild ® enthält neben dem bewährten<br />

First-Line-Backbone FTC/TDF (Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat)<br />

den Integraseinhibitor Elvitegravir<br />

(EVG) und Cobicistat 2 (COBI), einen Hemmstoff des<br />

Cytochrom-P450-Isoenzyms CYP3A, der als Booster für<br />

Elvitegravir wirkt, aber keine eigene antivirale Aktivität<br />

besitzt. 5 Univ.-Prof. Dr. Jürgen Rockstroh, Bonn, präsentierte<br />

die beiden Zulassungsstudien (GS-102 und GS-103), 2, 3<br />

in denen Stribild ® mit zwei anderen empfohlenen<br />

First-Line-Regimes verglichen wurde – dem STR<br />

Atripla ® (Efavirenz/FTC/TDF) und Reyataz ® (Atazanavir/<br />

Ritonavir ATV/RTV) plus Truvada ® (FTC/TDF). Nach<br />

48 Wochen erreichten in der FDA-Snapshot-Analyse<br />

der Studie GS-102 unter Atripla ® 84% der Patienten<br />

eine Viruslast


Infektiologie<br />

News<br />

Pathogeninaktivierung in Blutpräparaten<br />

Innovatives Verfahren am<br />

LKH Innsbruck eingeführt<br />

Seit 1. März 2013 wird an der Blutbank des Landeskrankenhauses (LKH) Innsbruck bei der Gewinnung von<br />

Thrombozytenkonzentraten das neuartige INTERCEPT-Verfahren zur Inaktivierung gefährlicher Pathogene<br />

angewandt. In einem Expertengespräch mit anschließender Laborbesichtigung wurde umfassend über den<br />

Nutzen des neuen Systems und dessen praktische Implementierung informiert.<br />

Sicherheit und Bedarf an Blutpräparaten<br />

in Österreich<br />

„Die grundlegende Frage für eine sichere Gewinnung<br />

von Blutpräparaten scheint in Zukunft<br />

immer mehr auf eine Entscheidung zwischen der<br />

Sterilitätstestung oder der Pathogeninaktivierung<br />

der gewonnenen Spenden hinauszulaufen“,<br />

brachte Prim. Univ.-Doz. Dr. Harald Schennach,<br />

Vorstand des Zentralinstituts für Bluttransfusion<br />

der TILAK, die Ausgangslage bei der Einführung<br />

des neuen Systems auf den Punkt.<br />

Speziell der Bedarf an Thrombozytenkonzentraten<br />

belief sich im Jahr 2011 österreichweit<br />

auf annährend 38.000 verabreichte Präparate.<br />

Während die Zahl der Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten<br />

durch blutsparende Maßnahmen<br />

und bessere chirurgische Methoden allein in<br />

den Jahren 2008–2011 österreichweit um 10%<br />

reduziert werden konnte, bleibt der Verbrauch<br />

von Thrombozyten nach wie vor auf demselben<br />

Niveau. Allein in Innsbruck werden jährlich etwa<br />

5.000 Blutplättchenpräparate verabreicht.<br />

Bei der Gewinnung von Thrombozyten kommt<br />

neben dem bekannten Risiko des diagnostischen<br />

Fensters bei der Sterilitätstestung<br />

erschwerend hinzu, dass sie bei Raumtemperatur<br />

gelagert werden müssen, um ihre Aggregationsfähigkeit<br />

zu erhalten. Insbesondere die<br />

Verunreinigung durch bakterielle Erreger stellt<br />

daher ein schwierig zu beseitigendes Problem<br />

dar. Während das Restrisiko, durch eine verabreichte<br />

Blutkonserve mit dem Hepatitis-B-Virus<br />

infiziert zu werden, heute bei 1:300.000 liegt,<br />

das Restrisiko für die Infektion mit Hepatitis<br />

C bei 1:1.500.000 und das für eine Infektion<br />

mit HIV bei 1:2.500.000, beträgt das Risiko eines<br />

Patienten, eine Sepsis durch ein bakteriell<br />

kontaminiertes Thrombozytenpräparat zu erleiden,<br />

ca. 1:1.000. „Neben der Problematik des<br />

Auftauchens von neuen ,emerging pathogens‘<br />

(z.B. West-Nil-Virus, Malaria, Chikungunya,<br />

Dengue-Fieber, Borrelien oder Barbesien) war<br />

dieses Problem einer der Hauptfaktoren für<br />

uns, den Einsatz des neuen Verfahrens routinemäßig<br />

zu etablieren“, so Schennach.<br />

INTERCEPT-Verfahren<br />

„INTERCEPT ist ein höchst spezifisches und<br />

sehr gut ausgetestetes Verfahren“, betonte Dr.<br />

Johannes Irsch, wissenschaftlicher Direktor der<br />

Herstellerfirma Cerus Europe B.V. „Es basiert im<br />

Wesentlichen auf zwei Komponenten: einerseits<br />

dem Psoralen Amotosalen – dabei handelt es<br />

sich um eine Substanz, die den Blutprodukten<br />

beigesetzt wird und sich dort ins Erbgut von<br />

enthaltenen Pathogenen einlagern kann – und<br />

andererseits auf der Bestrahlung der Präparate<br />

durch UVA-Licht, die bewirkt, dass die Separation<br />

der DNA-Stränge dieser Pathogene durch das<br />

eingelagerte Amotosalen verhindert wird. Die<br />

Gentranskription und somit die Replikation der<br />

Erreger werden folglich über einen empfindlichen<br />

Zeitraum hinweg blockiert.“<br />

Das INTERCEPT-Verfahren ist in Europa als Medizinprodukt<br />

der Klasse III für die Inaktivierung von<br />

Kontaminationen mit Viren, Bakterien und Protozoen<br />

zugelassen. „Schon vor der Einführung am<br />

LKH Innsbruck verfügten wir über umfassende<br />

praktische Erfahrungen mit dem System. Mittlerweile<br />

können wir auf insgesamt 2 Mio. transfundierte<br />

Präparate an mehr als 100 Zentren in 20<br />

Ländern der Welt verweisen, wo das Verfahren<br />

heute als Routineanwendung im Einsatz ist. In<br />

Ländern wie der Schweiz wird das System bereits<br />

seit 2011 flächendeckend eingesetzt.“<br />

Implementierung in der Praxis<br />

„Psoralene sind Substanzen, die in der Natur<br />

vermehrt im Gemüse, etwa in Zwiebeln, vorkommen“,<br />

erklärte Univ.-Doz. Dr. Walter Nussbaumer,<br />

Oberarzt am Zentralinstitut für Bluttransfusion<br />

der TILAK. „Erst durch die Bestrahlung mit UVA-<br />

Licht werden der Zellstoffwechsel und somit die<br />

Replikation von Pathogenen unmöglich gemacht.<br />

Anschließend werden die Wirksubstanz und deren<br />

Abbauprodukte absorbiert und dem Blutprodukt<br />

wieder entnommen, sodass nur noch geringe<br />

Restspuren darin enthalten bleiben.“<br />

Für die Einführung des Systems am LKH Innsbruck<br />

mussten auch Arbeitsabläufe und Produktionsstandards<br />

empfindlich umstrukturiert<br />

werden. „Durch die Möglichkeit, die Präparate<br />

nun sieben statt wie bisher fünf Tage zu lagern,<br />

konnten wir den Verlust durch das Verwerfen von<br />

nicht verwendeten Thrombozytenpräparaten alleine<br />

seit der routinemäßigen Einführung von zuvor<br />

10% auf 2% senken“, betonte Nussbaumer<br />

den konkreten Nutzen. Auch die bedeutenden<br />

Anschaffungskosten konnten durch zusätzliche<br />

Umstrukturierungsmaßnahmen beim Gewinnungsprozess<br />

neutralisiert werden. „Zumindest<br />

können wir sagen, dass dadurch die Gewinnung<br />

von Thrombozytenpräparaten für uns nicht teurer<br />

geworden ist“, so Nussbaumer abschließend. n<br />

Bericht: Redaktion<br />

Quelle: „Neue Maßstäbe bei der Sicherheit<br />

von Blutpräparaten: innovatives Verfahren zur<br />

Pathogen-Inaktivierung am LKH Innsbruck“<br />

Expertengespräch & Laborbesichtigung<br />

7. Mai 2013, Innsbruck<br />

jatros I Seite 60<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Fachkurzinformationen<br />

Fachkurzinformation zu Artikel auf Seite 8 und Inserat auf Seite 9<br />

Bezeichnung des Arzneimittels: ISENTRESS 400 mg Filmtabletten; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 400 mg Raltegravir (als Kaliumsalz). Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Tablette enthält 26,06 mg Lactose-<br />

Monohydrat; Liste der sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: mikrokristalline Cellulose, Lactose-Monohydrat, Calciumhydrogenphosphat, Hypromellose 2208, Poloxamer 407, Natriumstearylfumarat, Magnesiumstearat; Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid<br />

(E 171), Macrogol 3350, Talkum, Eisen(III)-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172); Anwendungsgebiete: ISENTRESS ist angezeigt in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienzvirus<br />

(HIV-1) bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab 2 Jahren; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der im Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile; Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangerschaft: Es liegen<br />

keine ausreichenden Daten über die Anwendung von Raltegravir in der Schwangerschaft vor. Tierstudien zeigten Reproduktionstoxizität. Das potenzielle Risiko für die Anwendung beim Menschen ist nicht bekannt. ISENTRESS darf während der Schwangerschaft<br />

nicht angewendet werden. Register für Schwangerschaften unter antiretroviraler Therapie (Antiretroviral Pregnancy Registry): Ein Register für Schwangerschaften unter antiretroviraler Therapie wurde zur Überwachung der maternalen bzw. fetalen Daten von<br />

Patientinnen, denen versehentlich während ihrer Schwangerschaft ISENTRESS verabreicht wurde, eingerichtet. Die Ärzte sind aufgefordert, schwangere Patientinnen in dieses Register einzutragen. Im Allgemeinen sollten bei der Entscheidung über die Anwendung<br />

antiretroviraler Arzneimittel bei der Therapie HIV-infizierter schwangerer Frauen und damit auch bei der Verringerung des Risikos einer vertikalen Übertragung von HIV auf das Neugeborene, Daten aus Tierstudien und klinische Erfahrungen mit schwangeren Frauen<br />

in Betracht gezogen werden, wenn die Sicherheit für den Fetus zu beurteilen ist; Stillzeit: Es ist nicht bekannt, ob Raltegravir beim Menschen in die Muttermilch übertritt. Raltegravir geht jedoch in die Milch säugender Ratten über. Bei einer maternalen Dosis von<br />

600 mg/kg/Tag bei Ratten war die mittlere Wirkstoffkonzentration in der Milch ungefähr 3-mal höher als im maternalen Plasma. Während der Einnahme von ISENTRESS wird Stillen nicht empfohlen. Im Allgemeinen wird empfohlen, dass HIV-infizierte Mütter ihre<br />

Säuglinge nicht stillen, um die Übertragung von HIV zu verhindern; Fertilität: Bei männlichen und weiblichen Ratten, die Dosen bis zu 600 mg/kg/Tag entsprechend der 3-fachen Exposition im Vergleich mit der Exposition bei der empfohlenen humantherapeutischen<br />

Dosis erhielten, wurden keine Auswirkungen auf die Fertilität beobachtet; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Arzneimittel zur systemischen Anwendung, andere antivirale Arzneimittel, ATC-Code: J05AX08; Inhaber der Zulassung: Merck Sharp & Dohme<br />

Limited. Hertford Road, Hoddesdon. Hertfordshire EN11 9BU. Vereinigtes Königreich; Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig; Stand der Information: Juli 2013; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besondere Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen<br />

für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische<br />

Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />

Fachkurzinformation zu Artikel ab Seite 11<br />

BEZEICHNUNG: KALETRA 200 mg / 50 mg Filmtabletten; ZUSAMMENSETZUNG: Jede Filmtablette enthält 200 mg Lopinavir in Kombination mit 50 mg Ritonavir zur Verbesserung der Pharmakokinetik ; ANWENDUNGSGEBIETE: Kaletra ist in Kombination<br />

mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von mit dem humanen Immundefiziens-Virus (HIV-1)- infizierten Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern über 2 Jahre angezeigt. Bei bereits mit Proteasehemmern vorbehandelten HIV-1-infizierten<br />

Erwachsenen sollte die Anwendung von Kaletra auf einer individuellen virologischen Resistenzuntersuchung und der Behandlungsvorgeschichte des Patienten beruhen; GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen oder einen der sonstigen<br />

Bestandteile. Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz. Kaletra enthält Lopinavir und Ritonavir, beide sind Hemmer des P450 Isoenzym CYP3A. Kaletra sollte nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln verabreicht werden, deren Clearance stark von CYP3A abhängt und<br />

bei denen durch erhöhte Plasmakonzentrationen mit schweren und/oder lebensbedrohlichen Situationen zu rechnen ist. Diese Arzneimittel sind z. B. Astemizol, Terfenadin, oral verabreichtes Midazolam (besondere Vorsicht bei parenteral verabreichtem Midazolam),<br />

Triazolam, Cisaprid, Pimozid, Amiodaron, Mutterkornalkaloide (z. B. Ergotamin, Dihydroergotamin, Ergometrin und Methylergometrin), Lovastatin, Simvastatin, Sildenafil zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie (zur Anwendung von Sildenafil<br />

bei Patienten mit erektiler Dysfunktion siehe Fachinformation) und Vardenafil. Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dürfen wegen des Risikos reduzierter Plasmakonzentrationen und verminderter klinischer Effekte<br />

von Lopinavir und Ritonavir nicht gleichzeitig mit Lopinavir und Ritonavir angewendet werden; SONSTIGE BESTANDTEILE: Der Tablettenkern enthält: Copovidon, Sorbitanlaurat, Hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumstearylfumarat; Filmüberzug: Hypromellose,<br />

Titandioxid, Macrogol 400, Hyprolose, Talkum, Hochdisperses Siliciumdioxid, Macrogol 3350, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O, Polysorbat 80; NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes<br />

Königreich; VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH, 1230 Wien; VERSCHREIBUNGSPFLICHT / APOTHEKENPFLICHT: NR, Rezept- und apothekenpflichtig; PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Virostatika für die systemische<br />

Anwendung, Proteaseinhibitoren, ATC-Code: J05AR10; Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen;<br />

STAND DER INFORMATION: 05/2013.<br />

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 38<br />

Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder; Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen ; Nurofen RAPID 200 mg Weichkapseln; Nurofen 200 mg Dragees; Zusammensetzung: Suspension: 1 ml Suspension zum Einnehmen enthält 20<br />

mg (entsprechend 2%) bzw. 40 mg (entsprechend 4%) Ibuprofen. Nurofen RAPID/ Nurofen Dragees: 1 Kapsel bzw. überzogene Tablette enthält 200 mg Ibuprofen. Sonstige Bestandteile: Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder: Maltitol-Lösung 2,226<br />

g/5 ml, Polysorbat 80, Glycerol, Xanthangummi, Saccharin-Natrium, Citronensäure, Natriumcitrat, Natriumchlorid, Domiphenbromid, gereinigtes Wasser, (Natrium 9,25 mg/5 ml). Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen: Citronensäure-<br />

Monohydrat, Natriumcitrat, Natriumchlorid, Saccharin-Natrium, Polysorbat 80, Domiphenbromid, Maltitol-Lösung, Glycerol, Xanthangummi, gereinigtes Wasser, Erdbeeraroma (enthält Propylenglykol). Nurofen RAPID: Sorbitol (E 420) 9,89 mg/Kapsel, Ponceau 4R<br />

(Cochenillerot A, E 124) 0,485 mg/Kapsel, Macrogol 600, Kaliumhydroxid, gereinigtes Wasser, Gelatine, Opacode WB white NS-78-18011 (bestehend aus Titaniumdioxid (E 171), Propylenglycol, Hypromellose (E 464). Nurofen Dragees: Croscarmellose-Natrium,<br />

Natriumdodecylsulfat, Natriumcitrat, Stearinsäure, hochdisperses Siliciumdioxid, Carmellose-Natrium, Talkum, Arabisches Gummi, Saccharose, Titandioxid (E 171), Macrogol 6000 sowie der Drucktinte Opacode S-1-8152HV Black, bestehend aus: Schellack, Eisenoxid<br />

schwarz (E 172), Lecithinum vegetabile (Soja), Antifoam DC 1510 oder Black Printing Ink S-1-277001, bestehend aus: Schellack, Eisenoxid schwarz (E 172), Propylenglycol. Anwendungsgebiete: Suspension: Zur kurzzeitigen symptomatischen Behandlung<br />

von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber. Nurofen RAPID: Zur symptomatischen Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen wie Kopf-, Regel-, Zahnschmerzen sowie Fieber und Schmerzen im Zusammenhang mit Erkältungen. Nurofen<br />

Dragees: Schmerzzustände (z.B. Rückenschmerzen, Zahnschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenksschmerzen, Menstruationsbeschwerden, Nervenschmerzen), zur Behandlung der akuten Kopfschmerzphase bei Migräne mit und ohne Aura und zur Behandlung von<br />

Spannungskopfschmerzen, Schmerzen bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Ibuprofen, andere NSAR oder einen der sonstigen Bestandteile sowie Ponceau 4R (E 124) (Nurofen RAPID), Bronchospasmus,<br />

Asthma, Rhinitis, Angioödem oder Urtikaria nach der Einnahme von Acetylsalicylsäure oder anderen NSAR in der Anamnese, gastrointestinale Blutungen oder Perforation in der Anamnese im Zusammenhang mit einer vorherigen NSAR-Therapie, bestehende oder<br />

in der Vergangenheit wiederholt aufgetretene peptische Ulzera oder Hämorrhagien (mindestens 2 nachgewiesene unterschiedliche Episoden), zerebrovaskuläre oder andere aktive Blutungen, schwere Nieren-, Leber- oder Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankungen,<br />

Blutgerinnungsstörungen, ungeklärte Blutbildungsstörungen wie Thrombozytopenie, letztes Trimenon der Schwangerschaft, substanzieller Flüssigkeitsverlust sowie bei Nurofen RAPID und Nurofen Dragees: Kinder unter 20 kg KG. Pharmakotherapeutische<br />

Gruppe: Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika; Propionsäure-Derivate. ATC-Code: M01AE01. Packungsgröße: Suspension: 100 ml. Nurofen RAPID: 10 Kapseln. Nurofen Dragees: 12 und 24 überzogene Tabletten. Zulassungsinhaber: Reckitt Benckiser<br />

Deutschland GmbH, Theodor-Heuss-Anlage 12, 68165 Mannheim, Deutschland. Abgabe: Suspension/ Nurofen RAPID: Rezept- und apothekenpflichtig. Nurofen Dragees: Rezeptfrei mit W10, apothekenpflichtig. Die Informationen zu den Abschnitten Warnhinweise<br />

und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekte sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information: 07/2009 (Nureflex 20<br />

mg/ml orale Suspension für Kinder), 07/2010 (Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen), 12/2009 (Nurofen RAPID), 06/2012 (Nurofen Dragees). NURF001. Fachinformation: Nureflex 20 mg/ml orale Suspension für Kinder. Stand: Juli 2009;<br />

Fachinformation: Nureflex Junior Erdbeer 40 mg/ml Suspension zum Einnehmen. Stand: Juli 2010; Fachinformation: Nurofen RAPID 200 mg Weichkapseln. Stand: Dezember 2009; Fachinformation: Nurofen 200 mg Dragees. Stand: Juni 2012.<br />

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 43<br />

Bezeichnung des Arzneimittels: Remicade 100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung; Qualitative und Quantitative Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 100 mg Infliximab. Infliximab ist ein chimärer, human-muriner<br />

monoklonaler IgG1-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in murinen Hybridomzellen hergestellt wird. Nach Rekonstitution enthält jeder ml 10 mg Infliximab; Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Natriumdihydrogenphosphat,<br />

Dinatriumhydrogenphosphat; Anwendungsgebiete: Rheumatoide Arthritis: Remicade ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur: Reduktion der Symptomatik und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei: • erwachsenen Patienten mit aktiver<br />

Erkrankung, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs), einschließlich Methotrexat, angesprochen haben. • Methotrexat-naive, erwachsene Patienten oder erwachsene Patienten, die nicht mit anderen DMARDs vorbehandelt<br />

wurden, mit schwergradiger, aktiver und fortschreitender Erkrankung. Bei diesen Patienten wurde anhand von radiologischen Untersuchungen eine Reduktion der Progressionsrate der Gelenkschäden nachgewiesen; Morbus Crohn bei Erwachsenen; Remicade ist<br />

indiziert zur: • Behandlung eines mäßig- bis schwergradig aktiven Morbus Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einem Kortikosteroid und/oder einem Immunsuppressivum nicht angesprochen haben<br />

oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für solche Therapien haben. • Behandlung von aktivem Morbus Crohn mit Fistelbildung bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einer konventionellen<br />

Behandlung (einschließlich Antibiotika, Drainage und immunsuppressiver Therapie) nicht angesprochen haben; Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven Morbus Crohn bei Kindern und<br />

Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die nicht auf eine konventionelle Therapie einschließlich einem Kortikosteroid, einem Immunmodulator und einer primären Ernährungstherapie angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen<br />

für solche Therapien haben. Remicade wurde nur in Kombination mit einer konventionellen immunsuppressiven Therapie untersucht; Colitis ulcerosa: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei<br />

erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben;<br />

Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-MP<br />

oder AZA, unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben; Ankylosierende Spondylitis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schwerwiegenden, aktiven ankylosierenden Spondylitis bei<br />

erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben; Psoriasis-Arthritis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, wenn deren Ansprechen<br />

auf eine vorhergehende krankheitsmodifizierende, antirheumatische Arzneimitteltherapie (DMARD-Therapie) unzureichend gewesen ist; Remicade sollte verabreicht werden: - in Kombination mit Methotrexat, - oder als Monotherapie bei Patienten, die eine<br />

Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat zeigen oder bei denen Methotrexat kontraindiziert ist. Remicade verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis und reduziert die Progressionsrate peripherer Gelenkschäden, wie radiologisch<br />

bei Patienten mit polyartikulärem symmetrischem Subtyp der Krankheit belegt wurde; Psoriasis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis vom Plaque-Typ bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische<br />

Therapie, einschließlich Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben, bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird; Gegenanzeigen: Patienten, bei denen aus der Anamnese eine Überempfindlichkeit gegenüber<br />

Infliximab, gegenüber anderen murinen Proteinen oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile bekannt ist. Patienten mit Tuberkulose oder anderen schweren Infektionen wie Sepsis, Abszessen und opportunistischen Infektionen. Patienten<br />

mit mäßiggradiger oder schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III/IV); Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit: Frauen im gebärfähigen Alter: Frauen im gebärfähigen Alter müssen eine adäquate Empfängnisverhütung anwenden und diese über mindestens 6<br />

Monate nach der letzten Remicade-Behandlung fortführen; Schwangerschaft: Die recht geringe Anzahl (ungefähr 450) an prospektiv erfassten, Infliximab-exponierten Schwangerschaften mit bekanntem Ausgang, einschließlich einer begrenzten Anzahl (ungefähr<br />

230), die im ersten Trimester exponiert war, zeigte keine unerwarteten Auswirkungen auf den Ausgang der Schwangerschaften. Wegen der TNFα-Hemmung könnte durch die Anwendung von Infliximab während der Schwangerschaft die normale Immunantwort<br />

des Neugeborenen beeinflusst werden. Eine Studie zur Entwicklungstoxizität, die an Mäusen mit einem analogen Antikörper durchgeführt wurde, der die funktionelle Aktivität des murinen TNFα selektiv hemmt, lieferte keinen Hinweis auf eine maternale Toxizität,<br />

eine Embryotoxizität oder eine Teratogenität. Die verfügbare klinische Erfahrung ist zu begrenzt, um ein Risiko auszuschließen. Eine Verabreichung von Infliximab während der Schwangerschaft wird deshalb nicht empfohlen. Infliximab ist plazentagängig und<br />

wurde bis zu 6 Monate im Serum von Säuglingen nachgewiesen, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Infliximab behandelt wurden. Somit könnten diese Säuglinge ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Eine Verabreichung von Lebendimpfstoffen an<br />

Säuglinge, die in utero Infliximab ausgesetzt waren, ist für 6 Monate nach der letzten während der Schwangerschaft erfolgten Infliximab-Infusion nicht zu empfehlen; Stillzeit: Es ist unbekannt, ob Infliximab in die Muttermilch übergeht oder nach der Aufnahme<br />

systemisch resorbiert wird. Da Humanimmunglobuline in die Muttermilch übergehen, dürfen Frauen nach der Remicade-Behandlung mindestens 6 Monate lang nicht stillen; Fertilität: Es gibt nur ungenügende präklinische Daten, um Rückschlüsse auf die<br />

Auswirkungen von Infliximab auf die Fertilität und die Fortpflanzungsfähigkeit zu ziehen. Pharmakotherapeutische Gruppe: Tumornekrosefaktor-alpha(TNFα)-Inhibitoren, ATC-Code: L04AB02; Inhaber der Zulassung: Janssen Biologics B.V., Einsteinweg 101,<br />

2333 CB Leiden, Niederlande; Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig; Stand der Information: Juni 2013; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen<br />

mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der<br />

veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 43<br />

Bezeichnung des Arzneimittels: Victrelis 200 mg Hartkapseln; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Harkapsel enthält 200 mg Boceprevir; Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Kapsel enthält 56 mg Lactosemonohydrat; Liste der<br />

sonstigen Bestandteile: Kapselinhalt: Natriumlaurylsulfat, mikrokristalline Zellulose, Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, vorverkleisterte Stärke, Magnesiumstearat; Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid (E 172), Eisen(III)-oxid<br />

(E172); Rote Aufdruckfarbe: Schellack, Eisen(III)-oxid (E172); Anwendungsgebiete: Victrelis ist indiziert zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC)-Infektion vom Genotyp 1 in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin bei erwachsenen Patienten<br />

mit kompensierter Lebererkrankung, die nicht vorbehandelt sind oder die nicht auf eine vorangegangene Therapie angesprochen bzw. einen Rückfall erlitten haben; Gegenanzeigen: Victrelis in Kombination mit Peginterferon alfa und Ribavirin ist kontraindiziert<br />

bei: • Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile. • Patienten mit Autoimmunhepatitis. • gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, deren Clearance in hohem Maße von<br />

CYP3A4/5 abhängt und bei denen erhöhte Plasmakonzentrationen mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Ereignissen assoziiert sind, beispielsweise bei oraler Anwendung von Midazolam und Triazolam, Bepridil, Pimozid, Lumefantrin, Halofantrin,<br />

Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, Simvastatin, Lovastatin und Ergotderivaten (Dihydroergotamin, Ergonovin, Ergotamin, Methylergonovin). • Schwangerschaft; Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels“ “(Fachinformation)<br />

von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa; Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit; Schwangerschaft: Victrelis in Kombination mit Ribavirin und Peginterferon alfa ist bei schwangeren Frauen kontraindiziert. Es wurden keine Auswirkungen auf die fetale Entwicklung<br />

bei Ratten und Kaninchen beobachtet. Es liegen keine Daten zur Anwendung von Victrelis bei schwangeren Frauen vor. Mit besonderer Sorgfalt ist aufgrund der kombinierten Anwendung mit Peginterferon alfa und Ribavirin darauf zu achten, dass eine<br />

Schwangerschaft bei weiblichen Patienten oder Frauen von männlichen Patienten vermieden wird. Daher müssen Frauen im gebärfähigen Alter wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 4 Monate nach Beendigung der<br />

Therapie anwenden. Männliche Patienten oder deren Partnerinnen müssen eine wirksame Empfängnisverhütung während der Behandlung sowie bis zu 7 Monate nach Beendigung der Therapie anwenden; Weiterführende Informationen siehe „Zusammenfassung<br />

der Merkmale des Arzneimittels“ (Fachinformation) von Ribavirin bzw. Peginterferon alfa; Stillzeit: Boceprevir/Metaboliten gehen bei der Ratte in die Milch über. Es ist nicht bekannt, ob Boceprevir in die menschliche Muttermilch übergeht. Ein Risiko für das<br />

Neugeborene/den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss die Entscheidung getroffen werden, das Stillen zu unterbrechen oder die Behandlung mit Victrelis zu unterbrechen oder auf sie zu verzichten. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für<br />

das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen; Fertilität: Es sind keine Daten zu den Auswirkungen von Victrelis auf die Fertilität beim Menschen verfügbar. Auswirkungen auf Fertilität und Sertoli-Zellen wurden bei Ratten, nicht jedoch<br />

bei Mäusen und Affen beobachtet. Klinische Daten (Samenanalysen und Inhibin B-Spiegel -[ein Glykoprotein, das durch Sertoli-Zellen produziert und als Surrogat-Marker für die Hodenfunktion verwendet wird]) ergaben keinen Hinweis auf eine veränderte Hodenfunktion.<br />

Die vorliegenden pharmakodynamischen/toxikologischen Daten an Ratten zeigten, dass Boceprevir/Metaboliten Auswirkungen auf die Fertilität zeigten, die jedoch bei Weibchen reversibel waren; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur<br />

systemischen Anwendung, Proteasehemmer, ATC-Code: J05AE12; Inhaber der Zulassung: Merck Sharp & Dohme Ltd., Hertford Road, Hoddesdon, Hertfordshire EN11 9BU, Vereinigtes Königreich; Stand der Information: Juli 2013; Rezeptpflicht/Apothekenpflicht:<br />

Rezept- und apothekenpflichtig; Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besondere Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkung auf<br />

die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, pharmakologische Eigenschaften und pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.<br />

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 44<br />

BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Humira 40 mg Injektionslösung in Fertigspritze, Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN), Humira 40 mg/0,8 ml Injektionslösung zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen;<br />

ZUSAMMENSETZUNG: Jede Einzeldosis-Fertigspritze mit 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab. Jede Einzeldosis mit 0,8 ml des vorgefüllten Pens enthält 40 mg Adalimumab. Jede Einzeldosis-Durchstechflasche mit 0,8 ml enthält 40 mg Adalimumab. Adalimumab<br />

ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters exprimiert wird; ANWENDUNGSGEBIETE: Humira 40 mg/0,8 ml Injektionslösung zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen Polyartikuläre juvenile<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie Seite 61 I jatros


www.wund-dach.org<br />

1. Wund-D . A . CH<br />

Dreiländerkongress<br />

10.–12. Oktober 2013<br />

Messe Friedrichshafen<br />

Erster Dreiländerkongress, organisiert durch Wund-D·A·CH, einer<br />

Kooperation der Schweizerischen <strong>Gesellschaft</strong> für Wund behandlung<br />

(SAfW), der österreichischen <strong>Gesellschaft</strong> für Wundbehandlung (AWA)<br />

und der Initiative Chronische Wunden (ICW)<br />

Neues<br />

aus der<br />

Forschung<br />

Decubitus<br />

Psychologie<br />

und<br />

Wundheilung<br />

Seltene<br />

Ursachen<br />

chronischer<br />

Wunden<br />

Philosophie<br />

und Ethik<br />

www.wund-dach.org<br />

jetzt<br />

AnMelDen<br />

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Diagnostik<br />

Ernährung<br />

und<br />

Malnutrition<br />

Sauerstoff<br />

und<br />

Hypoxie<br />

Der Kongress ist eine von der Landesärztekammer Baden-Württemberg anerkannte<br />

Fortbildungsveranstaltung für Ärzte. Mögliche Fortbildungspunkte (Kategorie B):<br />

Donnerstag 10. 10. 2013 3 Punkte<br />

Freitag 11. 10. 2013 6 Punkte<br />

Samstag 12. 10. 2013 6 Punkte<br />

Pro Kongresstag können 6 Rezertifizierungspunkte ICW e.v. erworben werden.<br />

www.eckart.cc<br />

idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven polyartikulären<br />

juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren, die nur unzureichend<br />

auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben. Humira kann im<br />

Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat oder, wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll<br />

ist, als Monotherapie angewendet werden. Bei Kleinkindern, die jünger als 2 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht.<br />

Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Humira ist indiziert zur Behandlung des schweren, aktiven Morbus Crohn bei<br />

Kindern und Jugendlichen (6 – 17 Jahre alt), die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie, einschließlich primärer<br />

Ernährungstherapie, einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum, angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit<br />

gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist; Humira 40 mg Injektionslösung in<br />

Fertigspritze, Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN): Rheumatoide Arthritis: Humira ist<br />

in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen<br />

Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen haben.<br />

Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht mit Methotrexat<br />

behandelt worden sind. Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung<br />

mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Humira reduziert in Kombination mit Methotrexat das<br />

Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit.<br />

Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven<br />

polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren, die nur<br />

unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben. Humira kann im<br />

Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als<br />

Monotherapie angewendet werden. Bei Kleinkindern, die jünger als 2 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht. Axiale Spondyloarthritis:<br />

Ankylosierende Spondylitis (AS): Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis<br />

bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben. Axiale Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis<br />

einer AS: Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren axialen Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer<br />

AS, aber mit objektiven Anzeichen der Entzündung durch erhöhtes CRP und/oder MRT, bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf<br />

nichtsteroidale Antirheumatika angesprochen haben oder bei denen eine Unverträglichkeit gegenüber diesen vorliegt. Psoriasis<br />

Arthritis: Humira ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis (Arthritis psoriatica) bei Erwachsenen,<br />

die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben. Humira reduziert das Fortschreiten der radiologisch<br />

nachweisbaren strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke bei Patienten mit polyartikulären symmetrischen Subtypen der<br />

Erkrankung und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Psoriasis: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren<br />

bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, wie Ciclosporin,<br />

Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegenüber einer<br />

solchen Therapie vorliegt. Morbus Crohn: Humira ist indiziert zur Behandlung des mittelschweren bis schweren, aktiven Morbus<br />

Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Glukokortikoid und/oder einem<br />

Immunsuppressivum nicht ausreichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie<br />

haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Humira ist indiziert<br />

zur Behandlung des schweren, aktiven Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen (6 – 17 Jahre alt), die nur unzureichend auf<br />

eine konventionelle Therapie, einschließlich primärer Ernährungstherapie, einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum,<br />

angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie<br />

kontraindiziert ist. Colitis ulcerosa: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa<br />

bei erwachsenen Patienten, die auf die konventionelle Therapie, einschließlich Glukokortikoide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder<br />

Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegen eine solche Therapie haben oder<br />

bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist; GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der<br />

sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen wie Sepsis und opportunistische Infektionen, mäßige<br />

bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV); SONSTIGE BESTANDTEILE: Mannitol (Ph. Eur.), Citronensäure-Monohydrat,<br />

Natriumcitrat, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80,<br />

Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke; NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie<br />

Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich; VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH,<br />

1230 Wien; VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: NR, apothekenpflichtig. PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE:<br />

Selektive Immunsuppressiva. ATC-Code: L04AB04; Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für<br />

die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit,<br />

Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen; STAND DER INFORMATI-<br />

ON: 02/2013<br />

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 47<br />

Viread 245 mg Filmtabletten; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; Nukleosidund<br />

Nukleotid-Reverse-Transkriptase-Hemmer, ATC Code: J05AF07; Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede<br />

Filmtablette enthält 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat); Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Tablette<br />

enthält 164 mg Lactose (als Monohydrat).; Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat,<br />

Magnesiumstearat (E572), Mikrokristalline Cellulose (E460), Stärke, vorverkleistert Tablettenfilm: Triacetin (E1518),<br />

Hypromellose (E464), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132), Lactose-Monohydrat, Titandioxid (E171); Anwendungsgebiete:<br />

HIV 1 Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur<br />

Behandlung HIV 1 infizierter Erwachsener angewendet. Bei Erwachsenen basiert der Beleg des klinischen Nutzens von<br />

Viread zur Behandlung einer HIV 1 Infektion auf Ergebnissen einer Studie bei nicht vorbehandelten Patienten, einschließlich<br />

Patienten mit einer hohen Viruslast (> 100.000 Kopien/ml), und Studien bei antiretroviral vorbehandelten Patienten mit<br />

frühem virologischem Versagen (< 10.000 Kopien/ml, bei den meisten Patienten < 5.000 Kopien/ml). Viread wurde von den<br />

vorbehandelten Patienten dabei zusätzlich zu einer stabilen antiretroviralen Kombinationstherapie (hauptsächlich Dreifach-<br />

Kombination) eingenommen. Viread 245 mg Filmtabletten werden auch zur Behandlung HIV 1 infizierter Jugendlicher im<br />

Alter von 12 bis < 18 Jahren angewendet, bei denen der Einsatz von First-Line-Arzneimitteln aufgrund einer Resistenz<br />

gegenüber NRTI oder aufgrund von Unverträglichkeiten ausgeschlossen ist. Die Entscheidung für Viread zur Behandlung<br />

von antiretroviral vorbehandelten Patienten mit HIV 1 Infektion sollte auf viralen Resistenztests und/oder der Behandlungshistorie<br />

der einzelnen Patienten basieren; Hepatitis B Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die<br />

Behandlung chronischer Hepatitis B bei Erwachsenen mit: • kompensierter Lebererkrankung mit nachgewiesener aktiver<br />

viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Alaninaminotransferase- (ALT )Werten im Serum und histologischem Nachweis<br />

einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose • nachgewiesenem Lamivudin-resistenten Hepatitis-B-Virus; • dekompensierter<br />

Lebererkrankung; Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die Behandlung chronischer Hepatitis B bei<br />

Jugendlichen im Alter von 12 bis < 18 Jahren mit: • kompensierter Lebererkrankung und nachgewiesener immunaktiver<br />

Erkrankung, d.h. aktiver viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Serum-ALT-Werten und histologischem Nachweis einer<br />

aktiven Entzündung und/oder Fibrose; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen<br />

Bestandteile; Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge, CB21 6GT, Vereinigtes Königreich;<br />

NR, apothekenpflichtig: Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen,<br />

Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation;<br />

Stand: Mai 2013.<br />

Fachkurzinformation zu Artikel ab Seite 14 und zu Inserat auf Seite 64<br />

Stribild 150 mg/150 mg/200 mg/245 mg Filmtabletten; Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen<br />

Anwendung; antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen. ATC Code: J05AR09; Qualitative<br />

und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 150 mg Elvitegravir, 150 mg Cobicistat, 200 mg Emtricitabin<br />

und 245 mg Tenofovirdisoproxil (entsprechend 300 mg Tenofovirdisoproxilfumarat bzw. 136 mg Tenofovir); Sonstige Bestandteile<br />

mit bekannter Wirkung: Jede Tablette enthält 10,9 mg Lactose (als Monohydrat). Tablettenkern: Croscarmellose-<br />

Natrium, Hyprolose, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, Mikrokristalline Cellulose, Siliciumdioxid, Natriumdodecylsulfat;<br />

Filmüberzug: Indigocarmin Aluminiumsalz (E132), Macrogol, Poly(vinylalkohol), Talkum (E553b), Titandioxid (E171),<br />

Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172); Anwendungsgebiete: Stribild wird zur Behandlung der Infektion mit dem Humanen<br />

Immundefizienzvirus 1 (HIV 1) bei Erwachsenen im Alter von 18 Jahren und darüber angewendet, die nicht antiretroviral<br />

vorbehandelt sind oder bei denen HIV 1 keine Mutationen aufweist, die bekanntermaßen mit Resistenzen gegen einen<br />

der drei antiretroviralen Wirkstoffe von Stribild assoziiert sind; Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe<br />

oder einen der sonstigen Bestandteile. Patienten, die bereits eine Behandlung mit Tenofovirdisoproxilfumarat aufgrund von<br />

Nierentoxizität abgesetzt haben, unabhängig von der Entwicklung der Nierenfunktion nach dem Absetzen; Die gleichzeitige<br />

Anwendung mit den folgenden Arzneimitteln, da sie potentiell zu schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen<br />

Ereignissen oder zum Verlust des virologischen Ansprechens und eventuell zur Resistenzentwicklung gegen Stribild führen<br />

kann: - Alpha-1-Adrenozeptor-Antagonisten: Alfuzosin; - Antiarrhythmika: Amiodaron, Chinidin; - Antikonvulsiva: Carbamazepin,<br />

Phenobarbital, Phenytoin; - Antimykobakterielle Wirkstoffe: Rifampicin; - Ergotaminderivate: Dihydroergotamin,<br />

Ergometrin, Ergotamin; - Wirkstoffe zur Verbesserung der gastrointestinalen Motilität: Cisaprid; - Pflanzliche Präparate:<br />

Johanniskraut (Hypericum perforatum); - HMG-CoA-Reduktasehemmer: Lovastatin, Simvastatin; - Neuroleptika: Pimozid; -<br />

PDE-5-Hemmer: Sildenafil zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie; - Sedativa/Hypnotika: oral angewendetes<br />

Midazolam, Triazolam; Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge CB21 6GT, Vereinigtes<br />

Königreich; NR, apothekenpflichtig: Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,<br />

Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation;<br />

Mai 2013.<br />

3/13 Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie


Kostenlose Einschaltung<br />

KATASTROPHENHILFE<br />

ÖSTERREICH<br />

Von Hochwasser, Murenabgängen und anderen Unwetterkatastrophen bleibt leider auch<br />

Österreich nicht verschont. Das Rote Kreuz ist rund um die Uhr bereit, um in solchen Fällen<br />

schnell und eff izient Hilfe zu leisten. Dabei geht es nicht nur um medizinische Versorgung,<br />

Nahrungsmittel und Notunterkünfte, sondern vor allem auch darum, Trost zu spenden,<br />

wenn andere der Mut verlassen hat.<br />

www.roteskreuz.at


1<br />

Performance,<br />

die mehr bewegt.<br />

STRIBILD ® : Das Gesamtkonzept.<br />

• Schnelle und robuste Wirksamkeit für ein breites Patientenspektrum 1–5<br />

• Hohe Therapietreue aufgrund überzeugender Verträglichkeit 2–5<br />

• Der neue STR-Standard für Ihre HIV-Patienten<br />

LITERATUR<br />

1. Fachinformation STRIBILD ® ; Stand Mai 2013.<br />

2. DeJesus E, et al. Lancet 2012; 379 (9835): 2429–2438.<br />

3. Sax P, et al. Lancet 2012; 379 (9835): 2439–2448.<br />

4. Zolopa A, et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2013; 63(1): 96–100.<br />

5. Rockstroh JK, et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2013 Jan 18.<br />

[Epub ahead of print].<br />

Fachkurzinformation siehe Seite XX 62<br />

Gilead Sciences GesmbH · Wagramer Straße 19 · 1220 Wien<br />

Erstellt: Mai 2013; HIV/AT/13-08/MI/1876

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