SAxOFONs - Sono-Magazin
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weitere Substitute aus der Saxhorn- und<br />
Saxofonfamilie. Es kam zur öffentlichen Orchester-Battle,<br />
bei der am 22. April 1845 am<br />
Pariser Marsfeld vor stattlichem Publikum<br />
eine herkömmliche Blaskapelle gegen ein<br />
Sax-Ensemble antrat. Der Newcomer überzeugte<br />
die Menge und die Verantwortlichen,<br />
die Militärs verordneten ihren Kapellen noch<br />
im selben Jahr eine Reorganisation. Die Auftragsbücher<br />
von Sax waren schlagartig voll,<br />
er hatte viele neue Freunde unter den Musikliebhabern<br />
und Feinde unter den Instrumentenbauern<br />
gewonnen.<br />
Amerika als Katalysator<br />
Was anfing wie eine Erfolgsgeschichte, war<br />
jedoch vielen Schwankungen unterworfen.<br />
Mal waren es politische, mal traditionalistische<br />
Gründe, die dafür sorgten, dass Adolphe<br />
Sax mehrmals Konkurs anmelden musste.<br />
Das Saxofon blieb für die klassische europäische<br />
Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts<br />
jedenfalls eine Randerscheinung. Es<br />
hatte keinen angestammten Platz im Klanggefüge<br />
von Orchester und Solistik, keine umfassende<br />
Geschichte oder semantische Referenz,<br />
mit der man gestalterisch hätte spielen<br />
können. Es saß zwischen den Stühlen, war<br />
nicht außergewöhnlich genug, um im klassischen<br />
Klangzusammenhang nachhaltig zu<br />
inspirieren, oder etabliert genug, um einfach<br />
dazu zu gehören.<br />
In Amerika jedoch war das anders. Dort<br />
gab es noch mythisches und klangästhetisches<br />
Neuland zu erobern. Zum einen waren<br />
die Vereinigten Staaten als Einwanderungsland<br />
per se mit einem Kulturengemisch konfrontiert,<br />
das Innovationen provozierte. Darüber<br />
hinaus gab es dort zwar zahlreiche,<br />
überwiegend importierte regionale und nationale<br />
Musikformen, aber bis zum Aufkommen<br />
des Jazz keine originäre, übergreifende<br />
Klangtradition, die es in ihrer Normativität<br />
Die Blasinstrumentenmanufaktur<br />
von<br />
Conn in Indiana<br />
fertigte nicht nur<br />
Posaunen (oben)<br />
Militärkapellen wie<br />
dieser englischen<br />
Truppe aus dem Jahr<br />
1857 (links) wollte<br />
Adolphe Sax mit<br />
seiner Erfindung<br />
weiterhelfen<br />
und Identifikationskraft mit dem europäischen<br />
klassischen Kanon hätte aufnehmen<br />
können. Das aber bedeutete, dass in Amerika<br />
zumindest potenziell Raum für Instrumente<br />
war, die nach ihrem Platz suchten.<br />
Ein Grundstein der Entwicklung wurde<br />
im Jahr 1888 gelegt. Damals baute die Firma<br />
Conn das erste amerikanische Saxofon in Serie.<br />
Einer der Mitarbeiter der Firma, die außerdem<br />
Fagotte und andere Blasinstrumente<br />
produzierte, war ein gewisser Ferdinand<br />
August Buescher, der bis 1895 in der Fabrik<br />
im Städtchen Elkhart arbeitete, sich daraufhin<br />
mit einer eigenen Werkstatt selbständig<br />
machte. Mit dem Auslaufen der Sax’schen<br />
Patente um 1900 nahm die Produktion von<br />
Instrumenten weiter zu, Händler wie H. N.<br />
White King sorgten außerdem durch umgearbeitete<br />
Importe aus Frankreich für Nachschub.<br />
Ein beachtlicher musikalischer Boom<br />
wollte bedient werden, denn um die Jahrhundertwende<br />
gab es Schätzungen zufolge rund<br />
10.000 Blaskapellen in Amerika. Die professionellsten<br />
tourten erfolgreich durch die Alte<br />
Welt und riefen das bislang wenig beachtete<br />
Saxofon in Erinnerung, das nun in einem<br />
neuen, exotisch wirkenden Kontext farbiger<br />
erschien als zuvor.<br />
Vor allem aber gab es auch neue Stile wie<br />
den knospenden Jazz, die noch wenig vorbelasteten,<br />
aber wirkungsvollen Instrumenten<br />
ein Entwicklungsforum boten. New Orleans<br />
beispielsweise war eine musikalische Stadt.<br />
Um 1910 existierten dort etwa 30 Orchester<br />
in der Stadt – bei gerade einmal 200.000 Einwohnern<br />
eine beachtliche Zahl. Und man traf<br />
sich gerne in Storyville, dem Vergnügungsviertel<br />
von New Orleans, das im Vergleich zu<br />
puritanischeren Regionen vom Freigeist der<br />
Stadt profitierte, und genoss dort Vaudevilleund<br />
Minstrel-Shows ebenso wie das Nachtleben<br />
der Bordelle mit den dazu gehörigen<br />
Unterhaltungsorchestern.<br />
Das Hauptinstrument der kreolischen<br />
Gesellschaftsgruppen war allerdings die Klarinette,<br />
die in den ersten Jazzbands neben dem<br />
Kornett und der Posaune eine entscheidende<br />
Rolle spielte. Saxofone gab es zwar, und sie<br />
wurden auch eingesetzt. Sie schafften es aber<br />
nicht, deutliche Spuren in der Musik des Storyville<br />
der 1910er-Jahre zu hinterlassen.<br />
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