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war gut?“ – Von wegen! - Religion im Kinderbuch

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und die auch in den Filmen und Büchern der Populärkultur omnipräsente Frage nach dem<br />

Sinn des Lebens machen es<br />

„evident, dass seit etlichen Jahrzehnten in der populären Kultur Versprachlichung und Darstellung<br />

lebensbedeutsamer und religiöser Themen stattfinden, welche den Rezipienten als Sinnstiftungselemene<br />

für die je individuell zu vollziehende Lebensdeutung angeboten werden.“ (Ritter<br />

2003, 167)<br />

Was diesen Exodus von Funktionen und Inhalten der christlichen <strong>Religion</strong> aus der <strong>Religion</strong> in<br />

die Populärkultur verursacht, erfasst meines Erachtens Werner Ritter recht treffend (wenn<br />

auch nicht umfassend), wenn er sagt:<br />

„Meine These ist, dass in dem Maß, in dem Kirche(n) und Theologie seit den 50er, 60er Jahren<br />

<strong>Religion</strong> und Religiosität der Leute nicht mehr oder zu wenig <strong>im</strong> Blick hatten, deren Wahrnehmung<br />

und Darstellung in die Popularkultur auswandern.“ (Ritter 2003, 166)<br />

An dieser Stelle ist allerdings vor einer zweifachen vorschnellen (Ab-)Wertung zu <strong>war</strong>nen:<br />

nämlich dass quasi monokausal die Kirchen und die Theologie sich Versäumnisse haben zu<br />

Schulden kommen lassen, die überhaupt erst zu dieser Entfremdung geführt haben. Und zweitens,<br />

dass infolge einer Schuldzuschreibung die Verlagerung von <strong>Religion</strong> und Religiosität in<br />

neue Bereiche der Gesellschaft – hier die Populärkultur – überhaupt negativ zu sehen wäre,<br />

und ggf. umzukehren sei. Mal ganz abgesehen davon, dass dies ohnehin unmöglich wäre,<br />

stellt sich die Frage, ob –rein theoretisch - eine Rückkehr der <strong>Religion</strong> und ihre alleinige Verortung<br />

an genuin religiösen Orten wirklich wünschenswert ist, denn <strong>im</strong>merhin ist „Popularkultur<br />

so gesehen (…) auch sinn- und religionsproduzierend, sinn- und religionskonservierend<br />

zu nennen.“ (Ritter 2003, 169). Meinem Ermessen nach <strong>war</strong> die Abwanderung der christlichen<br />

<strong>Religion</strong> und Religiosität in neue Bereiche nicht nur die Folge davon, dass die institutionalisierten<br />

Formen von Religiosität nicht ausreichend am „Puls der Zeit <strong>war</strong>en“, sondern<br />

vielmehr ein natürlicher Emanzipationsakt des postmodernen Menschen, wie er auch für andere<br />

Bereiche zu beobachten ist.<br />

Zum einen sind die kirchlichen Ausprägungen von Religiosität tatsächlich für breite Adressatengruppen<br />

in Inhalt und Form nicht ansprechend, alltagsrelevant, vielleicht nicht einmal<br />

mehr verständlich. Zum anderen ist es jedoch ein ausgeprägtes Merkmal des postmodernen<br />

Menschen, ein max<strong>im</strong>ales Maß an Autonomie, Individualität sowie Selbständigkeit zu leben.<br />

Insofern erscheint die durch Angebot und Nachfrage regulierte Populärkultur auch für religiöse<br />

Bedürfnisse der passendere Markt zu sein als die konventionalisierten und institutionaliserten<br />

Formen von <strong>Religion</strong>, die sich ihr oft abwertend entgegenstellen. Dabei ist jedoch zu bedenken,<br />

dass <strong>Religion</strong>, wie sie in der Populärkultur dargestellt, vermittelt und gelebt wird,<br />

nicht einfach nur attraktiver ist und „mehr Spaß“ macht, sondern dass die Menschen <strong>im</strong> 21.<br />

Jahrhundert populärkulturelle Vermittlungsmedien wählen, weil sie offensichtlich verständlicher,<br />

intensiver, nachhaltiger und damit für den postmodernen Lebensstil einfach passender<br />

sind. Offen bleibt indes, ob die Aufteilung von <strong>Religion</strong> in institutionalisierte Formen 3 und<br />

die in Darstellung und eventuell sogar Inhalt unterschiedenen populärkulturellen Formen von<br />

<strong>Religion</strong> einander entgegenstehen, sich gegenseitig ergänzen oder vielleicht doch <strong>im</strong> Grunde<br />

sehr ähnlich sind. Dieser Frage nachzugehen, gehört zu den aktuellen Herausforderungen der<br />

(Praktischen) Theologie. Exemplarisch wird dies hier am Beispiel des Bestsellers „Harry Pottier“.<br />

Hier gelingt es dem Protagonisten, aus der quälenden Wiederholungsschleife, in der er ein- und denselben<br />

Tag <strong>im</strong>mer wieder durchlaufen muss, erst dann auszusteigen, als er nicht mehr pr<strong>im</strong>är an sich denkt, sondern<br />

zum Wohl geliebter Personen und selbstlos handelt.<br />

3 Hierzu zähle ich kirchliche Religiosität, aber auch die <strong>im</strong> <strong>Religion</strong>sunterricht vermittelte, explizit an christlichen<br />

Lehren, Kirchengeschichte, christlicher Ethik und der Bibel orientierte Religiosität in Abgrenzung zu einer<br />

Religiosität, die zentrale christliche Themen, wie Nächstenliebe, Tod und Auferstehung uva. mittels anderer,<br />

neuer Inhalte transportiert.

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