Alchemie - WordPress.com
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wäre ohne die Kenntnis ihrer „materiellen Grundlage“ (zu mindest in rudimentärer Form) nur<br />
schwer oder gar nicht zu verstehen. Wenn man jene oben erwähnten Quacksalber und Dilettanten<br />
außen vor lässt, und die „materielle <strong>Alchemie</strong>“ auf ihre Prozesse verdichtet, kann man<br />
sogar sagen, dass sich der materielle Aspekt und der philosophische Aspekt der <strong>Alchemie</strong><br />
nicht nur nicht voneinander trennen lassen sondern untrennbar zusammen gehören, also selbst<br />
eine Polarität bilden, indem sie zwei Pole einer Einheit darstellen.<br />
C.G.Jung hat bei der Entwicklung seiner Archetypenlehre und seiner Form der Tiefenpsychologie<br />
Anleihen bei der philosophisch-transzendenten <strong>Alchemie</strong> genommen (und nicht nur dort<br />
sondern auch bei der Gnostik), worauf ich im Rahmen dieses Vortrags auch noch näher eingehen<br />
werde.<br />
Die klassischen Alchemisten glaubten generell, dass chemische Elemente ineinander umgewandelt<br />
(transmutiert) werden könnten. Als „Proto-Chemiker“ hatten sie noch nicht verstanden,<br />
dass sich nicht das eine Element in das andere verwandelt, sondern dass sich vielmehr<br />
zwei, drei oder noch mehr Elemente zu einer neuen Substanz verbinden. Aufbauend auf den<br />
Lehren des griechischen Philosophen Aristoteles 11 waren sie vielmehr fest davon überzeugt,<br />
dass alle Stoffe nicht nur Eigenschaften besäßen sondern dass ihnen auch Prinzipien immanent<br />
seien. Daher glaubten sie, dass es möglich sei, einen so genannten unedlen Stoff, also<br />
z.B. ein unedles Metall, mit den edlen Prinzipien von Silber und Gold zu vermischen beziehungsweise<br />
um diese edlen Prinzipien zu ergänzen, diesen also auf diese Art und Weise zu<br />
veredeln. Dazu musste man, so die Vorstellung, den unedlen Stoff zunächst einmal von seinen<br />
unedlen Prinzipien befreien. Dadurch sollte Platz geschaffen werden, für die edlen Prinzipien,<br />
die man ihm hinzufügen wollte. Die eigenschaftslose Prima Materia und deren Erzeugung<br />
sowie die universell anwendbaren edlen Prinzipien, die ihr aufgeprägt werden konnten, auch<br />
Quinta Essentia genannt, waren das eigentliche Forschungsgebiet der Alchemisten. An dieser<br />
Stelle wird schon deutlich, dass sich die <strong>Alchemie</strong> nicht wirklich von der Philosophie trennen<br />
lässt.<br />
Die Annahme, dass sich die chemischen Elemente ineinander umwandeln ließen, war im Mittelalter<br />
und in der frühen Neuzeit keineswegs besonders typisch für Alchemisten oder für Okkultisten<br />
sondern gängige Lehrmeinung. Insofern ist die <strong>Alchemie</strong> nicht von einer aus der<br />
Luft gegriffenen Annahme ausgegangen sondern von einer nach damaligem Kenntnisstand<br />
fundierten „wissenschaftlichen Annahme“. Tatsächlich hat ja die <strong>Alchemie</strong> des Mittelalters<br />
und der frühen Neuzeit der modernen Chemie und der Materialwissenschaft sowie der Metallurgie<br />
ins Leben verholfen, auch wenn es nicht so war, dass diese modernen Wissenschaften<br />
direkt und ausnahmslos aus der <strong>Alchemie</strong> hervorgegangen wären – sozusagen in Form einer<br />
kontinuierlichen Entwicklung.<br />
So verdanken wir Heutigen der <strong>Alchemie</strong> unter anderem die (Wieder-)Erfindung des Porzellans<br />
und des Schwarzpulvers in Europa (sofern man die Erfindung des Schwarzpulvers unbedingt<br />
als Segen sehen will). Das Porzellan zum Beispiel ist ein Abfallprodukt der Suche nach<br />
einem Weg, Gold zu erzeugen. Johann Friedrich Böttger, Alchemist am sächsischen Königshof,<br />
rettete sein Leben, indem er seinem König wenigstens „Weißes Gold“ liefern konnte,<br />
11 (* 384 v. Chr. in Stageira, Halbinsel Chalkidike; † 322 v. Chr. in Cahlkis, Insel Euboia) ist einer der berühmtesten<br />
Philosophen überhaupt. Aristoteles hat u.a. Logik, Biologie, Physik und Ethik maßgeblich beeinflusst. Er<br />
war ein Schüler Platos und einer der Lehrer Alexanders des Großen. Ich habe mich diesem Essay auf eine kurze<br />
Zusammenfassung seiner Seelenlehre beschränkt.<br />
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