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möchte ich lesen... - Polar-Reisen.ch

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Da hats einer ein biss<strong>ch</strong>en übertrieben: Dieser Pinguin hat s<strong>i<strong>ch</strong></strong> im Meer zu sehr verausgabt und total vollgefressen. Kaum hat er wieder festen Boden unter<br />

den Füssen und ist vor Feinden s<strong>i<strong>ch</strong></strong>er, ma<strong>ch</strong>t er no<strong>ch</strong> an Ort und Stelle ein kleines Nicker<strong>ch</strong>en, bevor er seine Beute dem Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>s bringt.<br />

s<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> W-förmige Tau<strong>ch</strong>gänge, bei<br />

denen die Tiere ebenfalls bis auf eine<br />

bestimmte Tiefenstufe vordringen, dort aber<br />

plötzl<strong>i<strong>ch</strong></strong> na<strong>ch</strong> oben und unten auss<strong>ch</strong>eren,<br />

bevor sie wieder zur Oberflä<strong>ch</strong>e zurückkehren.<br />

Effizienter Jäger<br />

Vergle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t man nun die Messdaten von U-<br />

und W-Tau<strong>ch</strong>gängen eines bestimmten<br />

Tiefenbere<strong>i<strong>ch</strong></strong>s, fallen folgende Unters<strong>ch</strong>iede<br />

auf: Einerseits sind die Ab- und Auftau<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>windigkeiten<br />

bei U-Tau<strong>ch</strong>gängen niedriger<br />

als bei W-Tau<strong>ch</strong>gängen. Anderseits ist<br />

die Auftau<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>windigkeit bei U-Tau<strong>ch</strong>gängen<br />

geringer als die Abtau<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>windigkeit,<br />

wohingegen sie bei W-Tau<strong>ch</strong>gängen<br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong> ho<strong>ch</strong> ist. Drittens ist die<br />

Bodenzeit, also die Zeit, die im maximalen<br />

Tiefenbere<strong>i<strong>ch</strong></strong> verbra<strong>ch</strong>t wird, bei W-Tau<strong>ch</strong>gängen<br />

höher als bei U-Tau<strong>ch</strong>gängen.<br />

Diese Verhaltensmuster lassen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> nur dur<strong>ch</strong><br />

eine Reaktion auf eine unters<strong>ch</strong>iedl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

Nahrungsverteilung erklären, was dur<strong>ch</strong><br />

andere Untersu<strong>ch</strong>ungen inzwis<strong>ch</strong>en bewiesen<br />

wurde. So findet bei W-Tau<strong>ch</strong>gängen die<br />

Nahrungsaufnahme fast auss<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> während<br />

der Bodenzeit statt, wofür die kurzfristigen<br />

Tiefens<strong>ch</strong>wankungen, die au<strong>ch</strong> mit Veränderungen<br />

der S<strong>ch</strong>wimmges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

einhergehen, ein deutl<strong>i<strong>ch</strong></strong>es Indiz sind. Wie<br />

wie es während der Vertikalwanderung zu<br />

Sonnenauf- und -untergang der Fall ist.<br />

Diese Beispiele ma<strong>ch</strong>en deutl<strong>i<strong>ch</strong></strong>, wie hervorragend<br />

die Pinguine an ein Leben unter der<br />

Wasseroberflä<strong>ch</strong>e angepasst sind. Sie können<br />

ohne grossen Energieaufwand entlegene<br />

Nahrungsgebiete aufsu<strong>ch</strong>en und sind offens<strong>i<strong>ch</strong></strong>tl<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

jederzeit über die Nahrungsverhältnisse<br />

informiert. So passen sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

physiologis<strong>ch</strong> und in ihrem Verhalten vorher<br />

an die jeweiligen Bedingungen an und könbereits<br />

erwähnt, befinden s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die Leu<strong>ch</strong>tsardinen<br />

tagsüber in d<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten S<strong>ch</strong>wärmen in<br />

grossen Tiefen. Dieses Verhalten erlaubt es<br />

den Pinguinen, die Fis<strong>ch</strong>e sehr effizient zu<br />

erbeuten. Bei U-Tau<strong>ch</strong>gängen erfolgt die<br />

Nahrungsaufnahme nur in geringem Ausmass<br />

im Bere<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Maximaltiefe. Der<br />

Hauptteil der Nahrung wird während des<br />

Auftau<strong>ch</strong>vorgangs erbeutet. Dieses Verhalten<br />

ist von Vorteil, wenn s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die Leu<strong>ch</strong>tsardinen<br />

gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>mässiger in der Wassersäule verteilen,<br />

Diese Tabelle zeigt die vers<strong>ch</strong>iedenen Arten von Tau<strong>ch</strong>gängen. Die Kurven geben Aufs<strong>ch</strong>luss<br />

über Tau<strong>ch</strong>zeit, Erkundungs- und Fressverhalten der Königspinguine.<br />

nen die Nahrung dadur<strong>ch</strong> so effizient wie<br />

mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong> erbeuten.<br />

Ein Magen für zwei Tiere<br />

In diesem Zusammenhang sei no<strong>ch</strong> auf einen<br />

weiteren hö<strong>ch</strong>st interessanten Aspekt des<br />

Pinguinlebens hingewiesen. Während der<br />

Kükenaufzu<strong>ch</strong>t sind die Tiere ständig zwei<br />

gegensätzl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Anforderungen unterworfen:<br />

An Land hungern sie, während sie das Küken<br />

hudern und mit Nahrung versorgen, die sie in<br />

ihrem Magen spe<strong>i<strong>ch</strong></strong>ern. Im Meer hingegen<br />

müssen sie so ras<strong>ch</strong> wie mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ihr verlorenes<br />

Gew<strong>i<strong>ch</strong></strong>t wieder ausgle<strong>i<strong>ch</strong></strong>en, aber gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>zeitig<br />

in ihrem Magen ausre<strong>i<strong>ch</strong></strong>end Nahrung<br />

für das Küken zurückbringen.<br />

Während für das Stillen des eigenen<br />

Hungers ein hoher Fangerfolg und eine<br />

s<strong>ch</strong>nelle Verdauung nötig sind, muss dieselbe<br />

zur Versorgung der Küken auf ein<br />

Mindestmass bes<strong>ch</strong>ränkt oder sogar ganz<br />

eingestellt werden – insbesondere wenn<br />

man die langen Wege zu den Nahrungsgebieten<br />

berücks<strong>i<strong>ch</strong></strong>tigt.<br />

Au<strong>ch</strong> hier haben Untersu<strong>ch</strong>ungen ergeben,<br />

dass die Königspinguine dur<strong>ch</strong>aus in der<br />

Lage sind, diese gegensätzl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Aufgaben<br />

zu lösen: Na<strong>ch</strong> einem Landaufenthalt fressen<br />

die Pinguine zuerst so viel wie mögl<strong>i<strong>ch</strong></strong>, verdauen<br />

sehr s<strong>ch</strong>nell und effektiv. Ist das<br />

Energiedefizit ausgegl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en, verändert der<br />

Pinguin sein Magenmilieu und verhindert<br />

dadur<strong>ch</strong> die weitere Verdauung.<br />

So wird die Säuresekretion, die im Magen<br />

das für die Verdauungsenzyme erforderl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e<br />

saure Milieu s<strong>ch</strong>afft, reduziert – der Mageninhalt<br />

wird alkalis<strong>ch</strong>. Au<strong>ch</strong> die Dur<strong>ch</strong>blutung<br />

der Magenwand wird eingestellt, wodur<strong>ch</strong><br />

die Nährstoffe n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr abtransportiert<br />

werden und die Erwärmung der aufgenommenen<br />

Nahrung soweit reduziert wird, dass<br />

der Mageninhalt bei weiterer Zufuhr von kalter<br />

Nahrung teilweise bis auf Werte im<br />

Bere<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Umgebungstemperatur abkühlt.<br />

Zu guter Letzt ers<strong>ch</strong>lafft die Magenmuskulatur.<br />

Der Mageninhalt wird n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr<br />

dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>t, was zu einer deutl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

S<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>tung im Magen führt. Von unten na<strong>ch</strong><br />

oben ist nun fast verdaute, halb verdaute und<br />

unverdaute Nahrung im Magen quasi eingelagert.<br />

Viele neue Fragen<br />

Alle diese Erkenntnisse haben wir erst in<br />

den letzten Jahren dank des Einsatzes kleiner<br />

elektronis<strong>ch</strong>er Geräte erhalten und<br />

konnten so zahlre<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Geheimnisse im<br />

Leben eines Königspinguins lüften. Viele,<br />

Endl<strong>i<strong>ch</strong></strong> Futter: Ein Elterntier würgt für sein<br />

Junges die im Magen gelagerte Nahrung aus.<br />

wenn n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t sogar alle der hier bes<strong>ch</strong>riebenen<br />

Phänomene sind au<strong>ch</strong> in unters<strong>ch</strong>iedl<strong>i<strong>ch</strong></strong>em<br />

Ausmass bei den anderen Pinguinarten<br />

ausgebildet, wenn au<strong>ch</strong> die Tau<strong>ch</strong>tiefe<br />

und -länge massgebl<strong>i<strong>ch</strong></strong> von der Körpergrösse<br />

abhängt. Ein Kaiserpinguin zum<br />

Beispiel tau<strong>ch</strong>t in 22 Minuten bis 500 Meter<br />

Klemens Pütz<br />

Na<strong>ch</strong> seinem Biologiestudium<br />

arbeitete Klemens Pütz zunä<strong>ch</strong>st<br />

mehrere Jahre in der<br />

Pinguin-Fors<strong>ch</strong>ungsgruppe an<br />

der Universität Kiel, bevor er<br />

für fünf Jahre auf den Falkland-Inseln<br />

als Fis<strong>ch</strong>erei-Inspektor<br />

und wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er<br />

Berater von Falklands Conservation<br />

tätig war. 1997 war er<br />

Gründungsmitglied des Antarctic<br />

Resear<strong>ch</strong> Trust (ART), dessen wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>er Direktor er seither ist. Das Ziel<br />

der Stiftung ist es, wissens<strong>ch</strong>aftl<strong>i<strong>ch</strong></strong>e Fors<strong>ch</strong>ungsprojekte an antarktis<strong>ch</strong>en und subantarktis<strong>ch</strong>en<br />

Tieren dur<strong>ch</strong>zuführen beziehungsweise zu unterstützen, um diese Tiere und<br />

ihren Lebensraum besser s<strong>ch</strong>ützen zu können.<br />

Von 2000 bis 2002 war Pütz zudem als Wissens<strong>ch</strong>aftler an der Vogelwarte Hiddensee<br />

der Universität Greifswald angestellt und untersu<strong>ch</strong>te dort die genetis<strong>ch</strong>e Steuerung<br />

des Vogelzugs am Beispiel der Heringsmöwe. Darüber hinaus ist er seit über 12 Jahren<br />

regelmässig als Lektor und Expeditionsleiter auf vers<strong>ch</strong>iedenen Kreuzfahrts<strong>ch</strong>iffen in<br />

der Antarktis tätig.<br />

www.antarctic-resear<strong>ch</strong>.de<br />

tief, während ein Zwergpinguin nur 30 Meter<br />

tief und 90 Sekunden lang tau<strong>ch</strong>t. Allerdings<br />

haben diese Untersu<strong>ch</strong>ungen au<strong>ch</strong> viele<br />

neue Fragen aufgeworfen, so dass die<br />

Pinguinfors<strong>ch</strong>ung au<strong>ch</strong> weiterhin eine spannende<br />

und hö<strong>ch</strong>st interessante Aufgabe<br />

bleibt.<br />

26 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

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