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möchte ich lesen... - Polar-Reisen.ch

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Abenteuer<br />

uns<strong>i<strong>ch</strong></strong>ere Zone und beginnen ihre Expedition<br />

auf s<strong>i<strong>ch</strong></strong>erem Eis. N<strong>i<strong>ch</strong></strong>t so Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong>: Er<br />

wollte von Küste zu Küste wandern – und<br />

s<strong>ch</strong>eiterte s<strong>ch</strong>on am zweiten Tag im unruhigen<br />

Eisgürtel: Ein unerwarteter Sturm überras<strong>ch</strong>te<br />

den Solisten, zerstörte seine<br />

Ausrüstung und trieb ihn auf einer Eiss<strong>ch</strong>olle<br />

mehr als vierzig Kilometer ab in R<strong>i<strong>ch</strong></strong>tung<br />

offenes Meer. Drei Tage musste Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf<br />

einer stets kleiner werdenden Eiss<strong>ch</strong>olle ausharren,<br />

bis ein Helikopter ihn aus der Todesgefahr<br />

befreite.<br />

Wieder zu Hause bei seiner Frau und den<br />

gemeinsamen drei Tö<strong>ch</strong>tern, muss Thomas<br />

Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong> das S<strong>ch</strong>eitern der Expedition, auf die<br />

er s<strong>i<strong>ch</strong></strong> jahrelang vorbereitet hatte, verarbeiten.<br />

Und sein Leben neu ausr<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten.<br />

Sie sind ein erfahrener Alpinist und haben<br />

das Inlandeis von Patagonien dur<strong>ch</strong>quert:<br />

Warum wollten Sie die Arktis dur<strong>ch</strong>queren?<br />

Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong>: Vor drei Jahren hatte <strong>i<strong>ch</strong></strong> bei<br />

einer Expedition am Cerro Torre in Patagonien<br />

zieml<strong>i<strong>ch</strong></strong> Glück: Ein Eisabbru<strong>ch</strong> stürzte direkt<br />

über uns ins Tal, wir überlebten nur mit viel<br />

Glück. Da wurde mir klar, dass das Risiko, am<br />

Berg zu sterben, zunimmt, je länger <strong>i<strong>ch</strong></strong> bergsteige.<br />

Und das wäre n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t gut für meine<br />

Familie, <strong>i<strong>ch</strong></strong> habe Frau und drei Kinder.<br />

I<strong>ch</strong> su<strong>ch</strong>te deshalb ein s<strong>i<strong>ch</strong></strong>ereres Betätigungsfeld,<br />

in dem <strong>i<strong>ch</strong></strong> aber meinen Abenteuerinstinkt<br />

weiter ausleben konnte, und fand es in der<br />

Arktis. Dort wollte <strong>i<strong>ch</strong></strong> alle meine Erfahrungen,<br />

die <strong>i<strong>ch</strong></strong> in meinem Leben bisher<br />

gesammelt habe, auf den Punkt bringen, und<br />

zwar mit einem r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tig grossen Projekt. Arctic<br />

Solo hätte eine Art Abs<strong>ch</strong>luss meiner, wie soll<br />

<strong>i<strong>ch</strong></strong> sagen: aktiven Karriere werden sollen.<br />

s<strong>ch</strong>er und physis<strong>ch</strong>er Art. Hier geht es vor<br />

allem um mentale Stärke.<br />

Dazu kommt die s<strong>ch</strong>iere Grösse dieses<br />

Projekts: Alleine die Vorbereitungen für<br />

Arctic Solo waren ein Abenteuer für s<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Und warum solo?<br />

Weil <strong>i<strong>ch</strong></strong> bislang alle meine Expeditionen im<br />

Team unternommen habe und also alle<br />

Ents<strong>ch</strong>eidungen im Team erarbeitet werden<br />

mussten. Für dieses letzte grosse Unternehmen<br />

wollte <strong>i<strong>ch</strong></strong> absolut auf m<strong>i<strong>ch</strong></strong> allein<br />

gestellt sein.<br />

Warum liessen Sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t einfa<strong>ch</strong> über<br />

den s<strong>ch</strong>wierigen Eisgürtel fliegen?<br />

Weil das n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t die komplette Überquerung<br />

gewesen wäre: I<strong>ch</strong> wollte von Festland zu<br />

Festland laufen, und da kann man n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t bei<br />

Kilometer 70 anfangen. Das entspr<strong>i<strong>ch</strong></strong>t n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

meiner Ethik und au<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t dem unges<strong>ch</strong>riebenen<br />

Gesetz der Abenteurer: Eine Überquerung<br />

gilt nur dann als sol<strong>ch</strong>e, wenn sie von<br />

Festland zu Festland erfolgt. Gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>zeitig mit<br />

mir sind drei andere Expeditionen gestartet,<br />

deren Teilnehmer s<strong>i<strong>ch</strong></strong> über die bewegte Zone<br />

fliegen liessen und auf s<strong>i<strong>ch</strong></strong>erem Eis losmars<strong>ch</strong>ierten.<br />

Alle drei Teams mussten auf der<br />

kanadis<strong>ch</strong>en Seite ausgeflogen werden. Auf<br />

ihren Internet-Seiten haben sie dann aber<br />

trotzdem ges<strong>ch</strong>rieben: Mission completed.<br />

Das finde <strong>i<strong>ch</strong></strong> verwerfl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Ihre Expedition s<strong>ch</strong>eiterte im dünnen<br />

Fris<strong>ch</strong>eisgürtel.<br />

Actic Solo ist n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t am Eis ges<strong>ch</strong>eitert, sondern<br />

am unerwarteten Sturm, der m<strong>i<strong>ch</strong></strong> so<br />

weit abgetrieben hat. I<strong>ch</strong> verlor im Sturm<br />

w<strong>i<strong>ch</strong></strong>tige Ausrüstung, das Zelt wurde zerstört,<br />

mein S<strong>ch</strong>lafsack wurde nass und gefror, und<br />

das Trinkwasser ging mir aus – das<br />

S<strong>ch</strong>melzwasser von salzigem Eis konnte <strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

ja n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t trinken.<br />

Seit ein paar Jahren wird man den<br />

Eindruck n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t los, dass Bergsteiger über<br />

die Pole wandern wollen, kaum haben sie<br />

ein paar Berggipfel ges<strong>ch</strong>afft...<br />

Genau das wurde au<strong>ch</strong> mir des öftern vorgeworfen.<br />

Es gibt tatsä<strong>ch</strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong> viele Romantiker<br />

unter den Bergsteigern, und die meisten vergessen<br />

dabei, dass arktis<strong>ch</strong>es Eis und<br />

Bergeis zwei komplett vers<strong>ch</strong>iedene Dinge<br />

sind.<br />

An diesem Romantiker-Boom, wenn man<br />

dem so sagen will, sind bis zu einem gewissen<br />

Grad au<strong>ch</strong> wir Profis S<strong>ch</strong>uld: In den<br />

Fernsehsendungen sieht alles so ma<strong>ch</strong>bar und<br />

abenteuerl<strong>i<strong>ch</strong></strong> aus, und viele Unerfahrene denken<br />

s<strong>i<strong>ch</strong></strong> dann: Das kann <strong>i<strong>ch</strong></strong> au<strong>ch</strong>.<br />

Die DOK-Fernsehsendung über Ihre<br />

Arctic-Solo-Expedition zeigt einen anderen<br />

Abenteurer als Draufgänger, der s<strong>ch</strong>on<br />

am ersten Tag wieder aufgibt.<br />

Der ist ein gutes Beispiel für die Romantiker:<br />

Wenn es wirkl<strong>i<strong>ch</strong></strong> hart auf hart kommt, sind<br />

sie n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t bereit, bis zur allerletzten Konsequenz<br />

alles von s<strong>i<strong>ch</strong></strong> zu geben, um an ihr Ziel<br />

zu kommen. Das beginnt meistens s<strong>ch</strong>on bei<br />

der Vorbereitung: Romantiker sind meistens<br />

katastrophal ausgerüstet und körperl<strong>i<strong>ch</strong></strong> ungenügend<br />

vorbereitet.<br />

Vielle<strong>i<strong>ch</strong></strong>t sollten die Medien weniger über<br />

die r<strong>i<strong>ch</strong></strong>tigen Abenteurer ber<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten...<br />

...dann kämen weniger Träumer auf die Idee,<br />

es uns na<strong>ch</strong>zuma<strong>ch</strong>en. Das stimmt. Nur würden<br />

wir Profis dann keine Sponsoren mehr<br />

finden und könnten somit au<strong>ch</strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr<br />

auf unsere Expeditionen gehen.<br />

Gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>zeitig werden die Expeditionen der<br />

Profis immer aufwändiger. Zurzeit ist die<br />

Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Nur mit viel Glück überlebte Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong> seinen Versu<strong>ch</strong>, zu Fuss und alleine die Arktis zu<br />

überqueren. Wieder zu Hause in Interlaken, ma<strong>ch</strong>t s<strong>i<strong>ch</strong></strong> der Abenteurer Gedanken über<br />

Gefahren, Gefühle und Glücksritter.<br />

Von Christian Hug (Text)<br />

und Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong>, Uli Wiesmeier,<br />

Jost von Allmen (Bilder)<br />

Das Projekt hiess Arctic Solo und hätte die<br />

erste Nordpol-Überquerung eines Sologängers<br />

ohne fremde Hilfe werden sollen. Ganz<br />

auf s<strong>i<strong>ch</strong></strong> allein gestellt wollte der Interlakner<br />

Bergsteiger und Abenteurer Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

Anfang März dieses Jahres 1800 Kilometer<br />

über das arktis<strong>ch</strong>e Eis zu Fuss zurücklegen,<br />

ohne dass Helikopter alle zwei Wo<strong>ch</strong>en<br />

Na<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ub an Nahrung und Material gebra<strong>ch</strong>t<br />

hätten – und zwar von Festland zu<br />

Festland. Do<strong>ch</strong> genau hier lag die zweite<br />

grosse S<strong>ch</strong>wierigkeit dieser Expedition:<br />

Zwis<strong>ch</strong>en der Küste und der kompakten<br />

Eisdecke auf dem Meer liegt ein rund 20<br />

Kilometer breiter Streifen, wo das Eis wegen<br />

der Meeresströmung dünn und dauernd in<br />

Bewegung ist. Die allermeisten Abenteurer<br />

überfliegen deshalb per Helikopter diese<br />

Und dann hätten Sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> zur Ruhe gesetzt?<br />

Das weiss <strong>i<strong>ch</strong></strong> n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t. Wahrs<strong>ch</strong>einl<strong>i<strong>ch</strong></strong> hätte <strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

m<strong>i<strong>ch</strong></strong> dana<strong>ch</strong> an das Projekt gema<strong>ch</strong>t, au<strong>ch</strong><br />

dur<strong>ch</strong> die Antarktis zu laufen. Es liegt n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t in<br />

meiner Natur, nur im Büro zu sitzen. Aber <strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

mag heute n<strong>i<strong>ch</strong></strong>t mehr jeden Tag in Felswänden<br />

unterwegs sein für meine Bilder.<br />

Eine Frage des Alters?<br />

In den Bergen s<strong>ch</strong>on. In der Arktis nützen<br />

einem die Erfahrungen, die man als 40- oder<br />

50-Jähriger hat, natürl<strong>i<strong>ch</strong></strong> sehr.<br />

Wieso ausgere<strong>ch</strong>net die Arktis?<br />

Beim Bergsteigen bin <strong>i<strong>ch</strong></strong> vielen Gefahren<br />

ausgesetzt wie Eis- und Steins<strong>ch</strong>lag, <strong>i<strong>ch</strong></strong> kann<br />

abstürzen oder in Glets<strong>ch</strong>erspalten fallen.<br />

Auf dem Eis hingegen bes<strong>ch</strong>ränken s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

objektiven Gefahren auf zu dünnes Eis, in<br />

dem man einbre<strong>ch</strong>en kann, und auf Eisbären.<br />

Gegen das erste hilft Vors<strong>i<strong>ch</strong></strong>t und Erfahrung,<br />

gegen Eisbären ist man bewaffnet. Die Herausforderung<br />

in der Arktis ist also psy<strong>ch</strong>i-<br />

In vier Monaten wollte Thomas Ulr<strong>i<strong>ch</strong></strong> im Alleingang die 1800 Kilometer lange Strecke vom Kap Arkt<strong>i<strong>ch</strong></strong>esky in Russland über den Nordpol zur Ward Hunt<br />

Island in Kanada zu Fuss zurücklegen. In der Fris<strong>ch</strong>eiszone geriet er in einen Sturm und wurde abgetrieben.<br />

34 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

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