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Von Heiner Kubny (Text)<br />

und Gret<strong>ch</strong>en Freund (Bilder)<br />

Die Beze<strong>i<strong>ch</strong></strong>nung Beluga ist vom russis<strong>ch</strong>en<br />

Wort belo abgeleitet, was weiss bedeutet.<br />

Diesen Namen erhielten die Weisswale<br />

wegen ihrer Färbung, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> im Laufe der<br />

Jahre verändert: Die Neugeborenen sind<br />

grau bis braun und erhalten na<strong>ch</strong> rund zwölf<br />

Monaten eine blaugraue Färbung, die sie<br />

zirka fünf Jahre behalten. Dana<strong>ch</strong> werden<br />

die Tiere gänzl<strong>i<strong>ch</strong></strong> weiss. Da s<strong>i<strong>ch</strong></strong> die<br />

Belugas häufig an der Packeisgrenze aufhalten,<br />

ist die weisse Farbe ein guter S<strong>ch</strong>utz<br />

vor Eisbären.<br />

Die Gesamtlänge der Wale liegt zwis<strong>ch</strong>en<br />

drei und maximal fünf Metern bei einem<br />

Gew<strong>i<strong>ch</strong></strong>t von 400 bis maximal 1500 Kilogramm.<br />

Die Männ<strong>ch</strong>en sind grösser und<br />

s<strong>ch</strong>werer als die Weib<strong>ch</strong>en. Der Körper<br />

wirkt massig. Der Kopf ist relativ kurz und<br />

trägt eine vorgewölbte Verdickung, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

im Laufe des Lebens ausbildet. Biologen<br />

nennen diese Verdickung Melone: Sie ist<br />

mit einer Flüssigkeit gefüllt, die der<br />

Orientierung mit Sonar dient.<br />

Die S<strong>ch</strong>wanzflosse ist verhältnismässig<br />

breit und nimmt mit dem Alter die Form<br />

eines Ginkgoblattes an. Die Augen sind sehr<br />

klein und liegen d<strong>i<strong>ch</strong></strong>t hinter den Mundwinkeln.<br />

Kurz vor dem Nacken liegt das<br />

halbmondförmige Blaslo<strong>ch</strong>.<br />

Wie bei allen Walen ist die Haut unbehaart<br />

und besitzt eine zieml<strong>i<strong>ch</strong></strong> dicke Obers<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>t.<br />

Diese ist bei den Weisswalen zwis<strong>ch</strong>en 5<br />

und 12 Zentimeter dick und liegt damit au<strong>ch</strong><br />

für Wale über dem Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt, ebenso die<br />

darunter liegenden S<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>ten. Das Unterhautgewebe<br />

ist zu einer Fetts<strong>ch</strong><strong>i<strong>ch</strong></strong>t ausgebildet,<br />

die abhängig vom Ernährungszustand,<br />

dem Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t und der Jahreszeit<br />

zwis<strong>ch</strong>en 2 und 22 Zentimeter dick ist.<br />

Ein w<strong>i<strong>ch</strong></strong>tiges Merkmal der Weisswale sind<br />

ihre Zähne. Sie sind gle<strong>i<strong>ch</strong></strong>mässig kegelförmig,<br />

die vorderen Zähne sind besonders bei<br />

den Jungtieren vorn gebogen.<br />

Verbreitung<br />

Der Beluga ist in den meisten polaren und<br />

subpolaren Gewässern anzutreffen, vor<br />

allem an den Küsten Alaskas, Kanadas und<br />

Russlands. In Europa sind die Vorkommen<br />

auss<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> auf den äussersten Norden<br />

Norwegens im Bere<strong>i<strong>ch</strong></strong> des Varanger Fjord,<br />

in der Barentssee, an der Halbinsel Kola<br />

sowie um die Inselgruppen Spitzbergen und<br />

Franz-Joseph-Land bes<strong>ch</strong>ränkt.<br />

Häufig wandern Belugas in Flüsse ein. So<br />

finden s<strong>i<strong>ch</strong></strong> in beinahe allen sibiris<strong>ch</strong>en<br />

Flüssen Einzeltiere oder kleinere Gruppen –<br />

1996 s<strong>ch</strong>wamm ein einzelner Beluga sogar<br />

400 Kilometer den Rhein ho<strong>ch</strong>. Der<br />

We<strong>ch</strong>sel vom Salz- ins Süsswasser dient<br />

wahrs<strong>ch</strong>einl<strong>i<strong>ch</strong></strong> dem Auffinden von Nahrungsgründen,<br />

Paarungsplätzen und Kalbungsorten.<br />

Die Weisswale bevorzugen als Lebensraum<br />

ruhige Küstenbere<strong>i<strong>ch</strong></strong>e mit mässiger Tiefe.<br />

Besonders beliebt sind Meeresbu<strong>ch</strong>ten und<br />

die Mündungsbere<strong>i<strong>ch</strong></strong>e grösserer Flüsse.<br />

Häufig sind sie au<strong>ch</strong> in Treibeis-Zonen oder<br />

am Rande des Packeises zu finden.<br />

Ernährung<br />

Weisswale nehmen fast auss<strong>ch</strong>liessl<strong>i<strong>ch</strong></strong> tieris<strong>ch</strong>e<br />

Nahrung zu s<strong>i<strong>ch</strong></strong>, wobei s<strong>i<strong>ch</strong></strong> kein anderer<br />

Wal so vielseitig ernährt wie der Beluga:<br />

Insgesamt sind über hundert vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Futtertiere bekannt, das Spektrum re<strong>i<strong>ch</strong></strong>t<br />

von Hohltieren über Tintenfis<strong>ch</strong>e, Mus<strong>ch</strong>eln,<br />

Krebstiere und Gliederwürmer bis hin zu<br />

grösseren Kno<strong>ch</strong>enfis<strong>ch</strong>en wie Dors<strong>ch</strong>en<br />

und La<strong>ch</strong>sen.<br />

Die Nahrung nehmen die Wale vor allem in<br />

fla<strong>ch</strong>en Meerestiefen von maximal zehn<br />

Metern auf, indem sie den Boden na<strong>ch</strong><br />

Organismen absu<strong>ch</strong>en. Hin und wieder<br />

jagen sie jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> im Freiwasser.<br />

Fors<strong>ch</strong>er ber<strong>i<strong>ch</strong></strong>ten, dass Belugas auf Fressgängen<br />

über 350 Meter tief tau<strong>ch</strong>en.<br />

Zur Paarungszeit treffen s<strong>i<strong>ch</strong></strong> oft bis zu tausend Belugas in Flussmündungen. Zoologen vermuten, dass die Wale ihre weisse Färbung zum S<strong>ch</strong>utz vor<br />

Eisbären angenommen haben, die ihnen man<strong>ch</strong>mal auflauern. Die Jungtiere sind in den ersten Lebensjahren s<strong>ch</strong>warz gefärbt.<br />

Fortpflanzung<br />

Die Männ<strong>ch</strong>en der Belugas werden mit etwa<br />

a<strong>ch</strong>t Jahren ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsreif, die Weib<strong>ch</strong>en<br />

mit etwa fünf Jahren. Die Paarung findet in<br />

den Monaten April bis Mai, in nördl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

Gebieten au<strong>ch</strong> erst im Juli im Bere<strong>i<strong>ch</strong></strong> der<br />

Kalbungsgründe statt. Dabei bevorzugen sie<br />

Flussmündungen, weil dort das Wasser in<br />

der Regel bis zu zehn Grad wärmer ist. Es<br />

kann dann zu Ansammlungen von mehreren<br />

tausend Tieren aus allen Altersbere<strong>i<strong>ch</strong></strong>en<br />

kommen.<br />

Paarungsbereite Weib<strong>ch</strong>en locken meist<br />

mehrere Männ<strong>ch</strong>en an. Die Tragzeit dauert<br />

etwa vierzehneinhalb Monate. Die Neugeborenen<br />

sind zwis<strong>ch</strong>en 1,40 und 1,70 Meter<br />

lang und wiegen zwis<strong>ch</strong>en 45 und 75 Kilogramm.<br />

Für die ersten Atemzüge werden sie<br />

von der Mutter mit der S<strong>ch</strong>nauze über die<br />

Wasseroberflä<strong>ch</strong>e gebra<strong>ch</strong>t, dana<strong>ch</strong> bleiben<br />

sie immer in ihrer Nähe, meist mit Körperkontakt.<br />

Bis zum zweiten Lebensjahr werden<br />

die Jungtiere von der Mutter gesäugt.<br />

Der Fettanteil der Muttermil<strong>ch</strong> beträgt 23<br />

Prozent. Na<strong>ch</strong> der Entwöhnung paart s<strong>i<strong>ch</strong></strong><br />

die Mutter zwar neu, ihr Jungtier bleibt aber<br />

meist no<strong>ch</strong> weitere zwei Jahre bei ihr.<br />

Einfluss der Mens<strong>ch</strong>en<br />

Wie die meisten Wale werden au<strong>ch</strong> die<br />

Weisswale bejagt. Die Anzahl erlegter<br />

Belugas ist in den letzten Jahren glückl<strong>i<strong>ch</strong></strong>erweise<br />

stark zurückgegangen, allerdings aus<br />

einem überaus besorgniserregenden Grund:<br />

Die Konzentration von S<strong>ch</strong>wermetallen, vor<br />

allem Quecksilber, im Fleis<strong>ch</strong> der Tiere ist zu<br />

ho<strong>ch</strong>. Kommerziell wird der Wal nur no<strong>ch</strong> im<br />

Norden Russlands gefangen, und Eingeborenenvölker<br />

nutzen den Beluga als Quelle<br />

für Fleis<strong>ch</strong>, Leder, Tran und Futter für ihre<br />

S<strong>ch</strong>littenhunde.<br />

Aufgrund der na<strong>ch</strong>lassenden Bejagung können<br />

Belugas zwar als genügend ges<strong>ch</strong>ützt<br />

betra<strong>ch</strong>tet werden. Trotzdem gehören sie zu<br />

den gefährdeten Walarten. Die zunehmende<br />

Besiedlung der Küsten dur<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en<br />

beeinträ<strong>ch</strong>tigt ihren Lebensraum. Und die in<br />

letzter Zeit rasant zunehmenden Eingriffe<br />

dur<strong>ch</strong> die Ölförderung stören die Tiere empfindl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

Gerne in Gruppen<br />

Belugas sind zwar ausgespro<strong>ch</strong>en gesellige<br />

Tiere. Die Grossgruppen mit bis zu tausend<br />

Tieren, die s<strong>i<strong>ch</strong></strong> während der Paarungszeit<br />

bilden, sind allerdings die Ausnahme. Meist<br />

leben sie in Familienverbänden oder kleinen<br />

Gruppen. Normalerweise trifft man sie in<br />

kleineren S<strong>ch</strong>ulen von etwa zehn Individuen,<br />

es wurden aber au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on Gruppen mit<br />

mehr als hundert Tieren beoba<strong>ch</strong>tet.<br />

Weil diese Wale so gesellig sind, verfügen sie<br />

au<strong>ch</strong> über ein grosses Repertoire von Lauten,<br />

mit denen sie s<strong>i<strong>ch</strong></strong> verständigen. Ihre<br />

«Redseligkeit» bra<strong>ch</strong>te den Belugas den<br />

Übernamen «Kanarienvögel der Meere» ein.<br />

Belugas leben zirkumpolar, das heisst, sie sind rund um die polaren Gebiete zu Hause.<br />

Allerdings nur in der nördl<strong>i<strong>ch</strong></strong>en Hemisphäre.<br />

Wie die eng verwandten Narwale haben Belugas keine Rückenflosse. Dafür ist die S<strong>ch</strong>wanzflosse verhältnismässig breit und hat die<br />

Form eines Ginkgo-Blattes. Das gibt dem Weisswal ein drolliges Aussehen zwis<strong>ch</strong>en Wal und Robbe.<br />

42 <strong>Polar</strong> NEWS<br />

Mit ihrer Melone und dem s<strong>ch</strong>rägen Maul sehen<br />

Belugas für unser Empfinden aus, als würden sie<br />

s<strong>ch</strong>munzeln. Tatsä<strong>ch</strong>l<strong>i<strong>ch</strong></strong> ist ihr Wesen freundl<strong>i<strong>ch</strong></strong>.<br />

<strong>Polar</strong> NEWS<br />

43

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