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CD<br />
REVIEWS<br />
ALFA9<br />
GONE TO GROUND<br />
GONE TO GROUND – gelandet sind Alfa9<br />
aus Newcastle-under-Lyme nach sieben<br />
Jahren endlich in den Ohren und Herzen<br />
von Westcoast, Merseybeat- und auch Folkund<br />
R&B-Fans. Warum trauern, dass es die<br />
Byrds nicht mehr gibt, dass die Searchers<br />
keine neuen Platten mehr machen – „El Morocco”<br />
scheint die aktuelle zu sein! Bei all<br />
den schönen jangeligen Gitarren und sonnenuntergangsfreudigen<br />
Chorgesängen wird<br />
in “Old Man Blues” auch mal kurz à la <strong>60s</strong>-<br />
Pretty-Things musiziert, um dann im “Mad<br />
Song” in einen High-Harmony-Boogie zu<br />
verfallen, der Gene Clark alle Ehre gemacht<br />
hätte. Bei allem vokalen und instrumentalen<br />
Können beweisen Alfa9 auch Humor, wenn<br />
sie im Intro zum Roger-Mc-Guinn’schen<br />
“Green Green Grass Grows” Anklänge an<br />
“Poor Boy” von den Lords zu Gehör bringen<br />
– die im Waschzettel hergestellte Nähe<br />
zu Smokie ist nicht nachzuvollziehen. Von<br />
Leon James (g), Phil Mason (g, voc), Ali<br />
Heath (b, voc), Jamie Gordon (keys) und<br />
Andy Shaw (dr) wird man jedenfalls noch<br />
einiges hören.<br />
(Blow Up Records/Import, 2013,<br />
12/44:03) utw<br />
SIMPLE MINDS<br />
CELEBRATE<br />
Natürlich hätte man<br />
eine Best-Of der<br />
Simple Minds auch<br />
auf eine CD pressen<br />
können, doch den<br />
Weg, den CELE-<br />
BRATE mittels dreier<br />
Silberlinge li geht, ist iterstens auf alle Fälle<br />
tiefgründiger, und zweitens lässt sich deren<br />
Karriere auch ganz grob auch in drei Schaffensperioden<br />
einteilen. Von 1979 bis 1984<br />
befanden sich die Simple Minds noch in der<br />
Findungsphase, starteten mit Punk, wendeten<br />
sich kurz darauf experimentellen, teilweise<br />
elektronischen Klängen zu; kein Wunder:<br />
Der Erfolg blieb zunächst bescheiden. Ab<br />
Mitte der 80er kam dann das erste Hoch der<br />
Band, als sie im Zuge der britischen New<br />
Wave mit Songs wie “Waterfront”, “Don’t<br />
You (Forget About Me)” und “Alive And<br />
Kicking” genau den Nerv des Publikums trafen.<br />
Kurz darauf stiegen sie mit Hymnen wie<br />
“Belfast Child” und “See <strong>The</strong> Lights” sogar<br />
kurzeitig in die Sphären auf, in denen sonst<br />
U2 einsam ihre Kreise zogen. Von Mitte der<br />
90er an (bis heute) hat sich das alles wieder<br />
beruhigt, mittlerweile sind die Simple Minds<br />
nach zahlreichen Besetzungswechseln – mit<br />
den beiden Konstanten Jim Kerr (voc) und<br />
Charlie Burchill (g) – wieder bei klassischer<br />
Rockmusik angekommen, so dass auch die<br />
dritte Schaffensperiode (1995–2013) ihr<br />
ganz eigenes Feuer entfacht, noch dazu wenn<br />
es mit “Blood Diamonds” und “Broken Glass<br />
Park” zwei nagelneue Songs zu hören gibt.<br />
(Virgin/Universal, 2013, 16/64:23,<br />
16/74:51, 18/77:41) tk<br />
KILLING JOKE<br />
THE SINGLES COLLECTION<br />
1979 –2012<br />
Ihren größten Single-Erfolg hatten die<br />
aus Notting Hill kommenden Killing Joke<br />
1985 mit “Love Like Blood” (UK #16),<br />
das bis Anfang der 90er Jahre zumeist in<br />
der längeren LP-Version in keiner Indieund<br />
Wave-Disco fehlen durfte. Die kürzere<br />
Sing le-Version darf natürlich nicht in der<br />
neuen Sammlung aus 33 Singles der Post-<br />
Punkgruppe fehlen. Wenn man die Band allein<br />
auf diesen Musikstil beschränkt, tut man<br />
ihr allerdings Unrecht. Denn die Formation<br />
um Sänger Jaz Coleman und Gitarrist Geordie<br />
Walker, die zumeist von dem auch als<br />
Produzenten reüssierenden Bassisten Youth<br />
(u.a. U2, Primal Scream, INXS und Depeche<br />
Mode) begleitet wurden, hat über die mehr<br />
30 Jahre ihres Bestehens auch andere Genres<br />
wie Industrial und Metal bedient. Jeder<br />
Phase ist jedoch der manisch gepeitschte<br />
Druck von frühen Songs wie “Wardance”<br />
und “Eighties” gemein, am besten sind Killing<br />
Joke wahrscheinlich zu Anfang der 90er<br />
gewesen, als sie maßgeblichen Einfluss auf<br />
Bands wie Nine Inch Nails, Metallica und<br />
Nirvana hatten. Man höre nur mal in “Money<br />
Is Not Our God”, “Exorcism”, “Millennium”<br />
und “Pandemonium” rein.<br />
(Spinefarm Records/Universal, 2013,<br />
17/67:01, 16/67:26) an<br />
FM<br />
BLACK NOISE + DIRECT TO<br />
DISC + SURVEILLANCE + CITY<br />
OF FEAR<br />
FM waren eine kanadische Progband, die<br />
mit Unterbrechungen von 1976 bis 1996<br />
(und einer Reunion 2006) aktiv war. Ihr Debüt<br />
BLACK NOISE war alles andere als<br />
schwarzer, sprich düsterer Lärm. Die Band<br />
um Sänger Cameron Hawkins und Geiger<br />
Nash <strong>The</strong> Slash (schon 1977 durch Ben<br />
Mink ersetzt) orientierte sich weniger an den<br />
Landsleuten Saga oder Rush als vielmehr<br />
am Vorbild Curved Air, variierte zwischen<br />
epischen Langnummern mit Solos aller Beteiligten<br />
und knappen Songs. Bei allen Prog-<br />
Soundexperimenten in den gesungenen wie<br />
instrumentalen Stücken stets im Mittelpunkt:<br />
eingängige Melodien, die auch für einen<br />
durchaus kommerziellen Ansatz und Schielen<br />
auf den Mainstream-Markt standen. Jetzt<br />
in remasterter Form erstmals auch in Europa<br />
verfügbar, ebenso der im Direct-<strong>to</strong>-disc-Verfahren<br />
aufgenommene Nachfolger DIRECT<br />
TO DISC. Der bestand aus den zwei in Suiten<br />
unterteilten Kompositionen “Headroom” und<br />
“Border Crossing”. Bei denen stand Minks<br />
Geige im Zentrum, und es wurde deutlicher<br />
progressiver, avantgardistischer musiziert,<br />
auch jazzige und psychedelische Momente<br />
waren zu hören. SURVEILLANCE hingegen<br />
tendierte stärker in Richtung des traditionellen<br />
Classic Rock, inklusive einer vom längst unverkennbaren<br />
Sound der Band geprägten,<br />
eigenständigen Cover-Version des Yardbirds-<br />
Klassikers “Shapes Of Things”. CITY OF<br />
FEAR, die vierte und letzte Veröffentlichung<br />
Rock<br />
vor einer längeren Pause, hingegen wies bei<br />
aller Prog-Orientierung einen deftigeren Pop-<br />
Einschlag auf. Dank der vier Reissues ist jetzt<br />
eine hier zu Lande weitgehend unbekannte<br />
Combo wiederzuentdecken, die nicht nur bei<br />
Progressive-Fans Freunde finden sollte.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 1977 + 1978 +<br />
1979 + 1980, 8/40:20 + 2/30:53 + 9/35:53<br />
+ 10/43:34) pro<br />
NAZARETH<br />
HOMECOMING + HARD’ N’<br />
HEAVY<br />
Es war ein triumphales HOMECOMING, das<br />
die schottischen Rockveteranen Nazareth mit<br />
“<strong>The</strong> Greatest Hits Live In Glasgow (= Untertitel)<br />
2002 in ihrer Heimatstadt feierten. Hit<br />
reihte sich an Hit, von “This Flight Tonight”,<br />
“Love Hurts”, “Dream On” bis”Razamanaz”,<br />
dazu gab es weniger geläufige Nummern wie<br />
“Beggar’ s Day” und “Walk By Yourself”<br />
oder jüngere Stücke (“Holiday”, “Heart’s<br />
Grown Cold”). Der prägnanteste Klangunterschied<br />
damals ist aber die stellenweise dominante<br />
Rolle von Keyboarder Ronnie Leahy<br />
im Gesamtsound, in den sich auch Lee Agnew<br />
als Nachfolger des vers<strong>to</strong>rbenen Drummers<br />
Darrell Sweet nahtlos einfügte. Zeitloser,<br />
energiegeladener Kraft-Rock mit der unzerstörbaren<br />
Reibeisenröhre Dan McCaffertys,<br />
der nun auch mittels DVD optisch verfolgbar<br />
ist. Ärgerlich: die graupeligen Booklet-Fo<strong>to</strong>,<br />
die offenbar dem Film entstammen. Parallel<br />
erscheint die Werkschau HARD’ N’ HEAVY,<br />
die ihren Titel zu Recht trägt: 18 Kracher, von<br />
jedem Album von RAZAMANAZ (1973)<br />
bis THE NEWZ (2008) ist mindestens ein<br />
remasterter Hammer dabei, auf den die Band<br />
„Loud & Proud” wirklich s<strong>to</strong>lz sein kann, wie<br />
es der Sticker auf dem Cover verspricht.<br />
Salvo/Soulfood, 2002 + 2013, 16/72:03,<br />
DVD: 85 Min. + 18/79:13)<br />
pro<br />
MILLER ANDERSON<br />
BRIGHT CITY<br />
Irgendwann möchte jeder Musiker mal auf<br />
eigenen Beinen stehen, möchte dem Publikum<br />
„sein” Album mit „seinen” Liedern<br />
vorstellen. Für Miller Anderson war 1971<br />
dieser Zeitpunkt gekommen, nachdem er<br />
mit der Keef Hartley Band seit 1969 sowohl<br />
fünf LPs eingespielt hatte als auch beim legendären<br />
Woods<strong>to</strong>ck-Festival auf der Bühne<br />
gestanden war. Musikalische Unterstützung<br />
erhielt er dabei von seinen Hartley-Band-<br />
Kollegen Gary Thain (b) und Peter Dines<br />
(keys) sowie von Mick Weaver (keys), Neil<br />
Hubbard (g), Lyn Dobson (fl), Eric Dillon<br />
(dr) und Madeleine Bell (voc). Sehr gelassen<br />
und oft mit fein psychedelischer Note wurden<br />
Andersons Kompositionen in den Londoner<br />
Trident Studios eingespielt, pendeln<br />
zwischen Saiten-befeuertem Blues-Rock,<br />
entspannt progressiven Canterbury-Ausflügen<br />
und zeittypischem, verträumten Pop.<br />
Zupackender da schon der fast zehnminütige<br />
Live-Bonus-Track “High Tide High Water”,<br />
der im März 2010 in der Bonner Harmonie<br />
mitgeschnitten wurde.<br />
(MiG/Sony <strong>Music</strong>, 1971, 8/45:55) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 3/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45