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Arten vielfalt<br />
Nachbar<br />
Anlässe dafür sind, wenn man<br />
Äste absägt oder aberntet, die aus<br />
seinem Grund stück ragen oder wenn<br />
man Kupfernägel in seine Thuja -<br />
hecke ein schlägt. Manch mal genügt<br />
es auch schon, vor seine Einfahrt zu<br />
urinieren, und es rastet<br />
grundlos aus. Dann<br />
schreit es, es<br />
könne sich nicht alles gefallen lassen,<br />
und seine Freiheit werde nicht<br />
nur am Hindukusch verteidigt (das<br />
Nach bar ist nämlich unangenehm<br />
ideologisch bzw. ironisch, das heißt,<br />
beim Nachbar weiß man nie genau,<br />
wie es gemeint ist).<br />
Das Nachbar hat Geld wie<br />
Heu (wahrscheinlich<br />
aus dunklen<br />
Quellen), borgt aber gern ein Ei,<br />
ohne es zurückzubringen. Dass es<br />
Geld hat, sieht man<br />
daran, dass es<br />
häu fig Rechtsanwälte<br />
beschäftigt.<br />
Neulich<br />
hat es ei nen<br />
unbe -<br />
schol tenen Mitbürger vor Gericht gezerrt,<br />
weil der zu seinem 50. Geburtstag<br />
ein kleines Feu er werk veranstaltete,<br />
wo bei sich ein Böller in des<br />
Nach bars Dach verirrte und das Haus<br />
niederbrannte. Empfindlich ist es<br />
also auch noch!<br />
Das Nachbar existiert in mannigfachen<br />
Unterarten. Vor allem in<br />
Miets häusern tritt es hoch differenziert<br />
auf. Gefürchtet ist das Terrorhausfrau,<br />
geschätzt hingegen<br />
ist das Blockwart.<br />
Gutes gibt es über das Nachbar<br />
auch zu sagen: Es ist unglaublich<br />
wichtig für die eigene psychische Gesundheit.<br />
Denn oh ne<br />
Feind? – Das wä re doch<br />
kein Leben!<br />
Jan Frehse<br />
Zeichnung: Peter Muzeniek