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EIKE MEWES<br />
WORTSPIELE<br />
Wundervoll illustriert von<br />
Sabine von der Bank<br />
Zum Kichern,<br />
Staunen und<br />
Entdecken!<br />
Anzeige<br />
Häufig beginnt mit<br />
der Aufforderung<br />
»Ma chen Sie sich mal<br />
frei!« der Leidensweg<br />
des betroffenen Mannes.<br />
Die Assistenzärztin,<br />
die im Krankenhaus die<br />
Aufnahmeuntersuchung<br />
durchführt, hebt die Augenbrauen<br />
und schreibt<br />
»Gynäkomastie« in ihre<br />
Unterlagen. Auf seine<br />
Frage »Issen das?« bekommt<br />
der Patient einen<br />
lateini schen Wortschwall<br />
zu hören, aus<br />
dem er sich letztlich zusammenreimt:<br />
Ich habe<br />
Biertitte.<br />
Auf Station ist er da -<br />
mit bei Ärzten und<br />
Schwestern un ten durch,<br />
denn diese sind zu -<br />
meist Kampfradler und<br />
Fana to-Veganer, mit einem<br />
Körperfettanteil<br />
von unter einem Prozent<br />
– Stadtneurotiker<br />
eben. Eine Behand lung<br />
seiner sonstigen Leid en<br />
(Krebs, Herzinfarkt,<br />
Schnup fen) findet nicht<br />
mehr statt.<br />
Im ländlichen Raum<br />
dagegen überwiegt die<br />
Akzeptanz für den jüngeren<br />
Gynäkomastiker,<br />
Bierzelt garn itur<br />
den man auf Feuerwehrfesten<br />
und Heimatabenden<br />
heranreifen<br />
sieht. Dabei konsu -<br />
miert er Bier nicht nur<br />
beim Flaschendrehen,<br />
sondern auch bei anderen<br />
schönen Spie len,<br />
deren kom plexes Regelwerk<br />
meist so lautet:<br />
Glas in einem Zug leeren,<br />
Bier auf ex kippen,<br />
Bierglas ohne abzusetzen<br />
austrinken. Mit<br />
freiem Obe r körper und<br />
rotem Kopf sitzt der angehende<br />
Gynäkomastiker<br />
rittlings auf der<br />
und<br />
röhrt: »Hopp, hopp,<br />
hopp – rin in’ Kopp!« zu<br />
einem Schlager von<br />
Wolle Petry. Seine gan -<br />
ze Erscheinung de -<br />
mons triert den Umstehenden:<br />
»Ich bin Kevin,<br />
wer ist mehr?!« – Der<br />
Landmann lebt eben<br />
noch im festen Bewusstsein,<br />
dass er einfach<br />
durch sein Geschlecht<br />
attraktiv ist.<br />
Beim mittelalten Mann<br />
geht die Gynäkomastie<br />
Reizvolle Krankheiten (23)<br />
Gynäkomastie<br />
mit einer Änderung seines<br />
Wesens einher. Er<br />
trägt ganzjährig und<br />
bei allen Aktivi täten Casual<br />
Wear und Schlappen<br />
an den Füßen, verwendet<br />
Kleidung eher<br />
nachhaltig und stellt<br />
die Körperpflege vom<br />
Tages- auf Wochenrhyth -<br />
mus um. An der Ausformung<br />
seiner Biertitte arbeitet<br />
er dagegen weiterhin<br />
täglich.<br />
Worin besteht nun die<br />
Ursache der Gynäko -<br />
mas tie? – Bier ist ein<br />
ganz besonderer Saft.<br />
Es enthält weibliche<br />
Hormo ne, die die männliche<br />
Hormonbildung<br />
im Hoden verringern<br />
und die Brust wachsen<br />
lassen. Zu unterscheiden<br />
ist die echte Biertitte<br />
von der unechten.<br />
Letztere betrifft vor allem<br />
langjährige Bodybuilder,<br />
die das gleiche<br />
Ergebnis in Hoden und<br />
Brust durch Anabolika<br />
erzielen.<br />
Häufig wird auch gefragt,<br />
ob man sich mit<br />
Gynäkomastie infizieren<br />
kann. In dieser Hinsicht<br />
ist sich die Wissenschaft<br />
einig: Im Prinzip ja, aber<br />
eigentlich nicht, jedenfalls<br />
so ungefähr.<br />
Deutschlands Brauereien<br />
werben aus naheliegenden<br />
Gründen für<br />
mehr Verständnis für<br />
die se Zivilisationskrankheit.<br />
Ab nächs tem Jahr<br />
wird der »Tag des Bieres«<br />
zum »Tag des Bieres<br />
und der Gynäkomastie«<br />
ausgerufen. Auch<br />
soll den Schönheitschirurgen<br />
das The ma nähergebracht<br />
werden,<br />
denn die abgesaugte<br />
Biertitte kann immer<br />
noch ein zweites Leben<br />
in den Lippen der Damen<br />
der High-Society<br />
führen. Jan Frehse<br />
Eike Mewes: Wortspiele.<br />
Ein lustiges Kinderbuch auch für Erwachsene<br />
ISBN 978-3-940085-62-7, 72 Seiten,<br />
68 farbige Abb., Hardcover, 14,90 EUR<br />
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Samstagnacht<br />
Die Kinder kommen nach<br />
Hause. Zuerst der Kleine<br />
(15): Er will noch PC gucken.<br />
Das wird ihm verboten,<br />
es ist nach Mitternacht.<br />
Dann der Große<br />
(19), voll. Die Mutter fragt<br />
ihn durch die offene<br />
Schlafzimmertür: »Ist das<br />
Saufen denn dein einziger<br />
Lebensinhalt?« Er kriegt einen<br />
hysterischen Lachanfall.<br />
Stille. Kotzen. Stille.<br />
Der Mittlere (17) ruft an,<br />
er will auswärts pennen,<br />
sagt er. Dann, ganz leise –<br />
tapp, tapp – kriecht er<br />
doch noch ins eigene Bett.<br />
Endlich, 4:27 Uhr, klappt<br />
die Katzenklappe – die<br />
Jüngste, zwei Jahre und<br />
drei Monate, ist auch da.<br />
Alexander Schilz<br />
56 EULENSPIEGEL 9/12<br />
Kamagurka