Ausgabe lesen - rheinkiesel
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Eine Frage<br />
der Haftung<br />
Nobody is perfect – diese Binsenweisheit gilt auch und be -<br />
sonders im Erwerbsleben. Der Arbeitnehmer soll nicht ständig<br />
mit der Furcht leben, bei einem Fehler möglicherweise<br />
seinen Job zu verlieren und darüber hinaus auch noch für<br />
entstandene Schäden aufkommen zu müssen.<br />
Grundsätzlich ist jeder, der bei -<br />
spielsweise das Eigentum oder die<br />
Gesundheit eines anderen zumindest<br />
fahrlässig verletzt, zum Scha -<br />
denersatz verpflichtet. Das Ar -<br />
beits recht schränkt diesen Grund -<br />
satz jedoch erheblich ein: Zwi -<br />
schen Arbeitgeber und Arbeit neh -<br />
mer besteht eine besondere persönliche<br />
Bindung, welche auch zu<br />
speziellen Risiko- und Haftungs -<br />
verteilungen führt.<br />
So hat der Arbeitgeber zum einen<br />
eine Fürsorgepflicht für seine Ar -<br />
beitnehmer. Außerdem soll der<br />
Arbeitgeber sein eigenes Betriebs -<br />
risiko nicht dadurch minimieren<br />
können, daß er seine Pflichten im<br />
Rahmen eines Arbeitsverhältnisses<br />
auf Dritte überträgt.<br />
In bester Absicht<br />
Verursacht der Arbeitnehmer da -<br />
her bei einer betrieblich veranlassten<br />
Tätigkeit einen Schaden,<br />
sei es am Eigentum des Arbeit ge -<br />
ber, eines Kollegen oder eines<br />
Drit ten, so haftet er in der Regel<br />
im Verhältnis zu dem Arbeitgeber<br />
bei leichtester Fahrlässigkeit gar<br />
nicht und bei vorsätzlichem<br />
Handeln allein. Bei mittlerer und<br />
grober Fahrlässigkeit findet eine<br />
Schadensaufteilung zwischen Ar -<br />
beitnehmer und Arbeitgeber statt.<br />
Bei grober Fahrlässigkeit können<br />
Haftungserleichterungen zugunsten<br />
des Arbeitnehmers berücksichtigt<br />
werden.<br />
Zu den betrieblich veranlaßten<br />
Tätigkeiten gehören die Aufgaben,<br />
zu denen der Arbeitnehmer durch<br />
den Arbeitsvertrag verpflichtet ist.<br />
Dazu gehören jedoch auch Tä tig -<br />
keiten, bei denen der Arbeit neh -<br />
mer meint, im Interesse seines<br />
Chefs auszuführen. Ein Beispiel<br />
soll dies verdeutlichen: Eine ge -<br />
ringfügig beschäftigte Reinigungs -<br />
kraft betätigte in einer Arztpraxis<br />
einen gesondert gesicherten und<br />
mit Warnhinweisen versehenen<br />
Knopf eines neuen Diagnose ge -<br />
rätes. Sie glaubte, dadurch einen<br />
Alarm ausschalten zu können.<br />
… und wer kommt jetzt für<br />
den Schaden auf?<br />
Statt des sen wurde das Gerät teilweise<br />
zerstört, es entstand ein<br />
Schaden von über 30.000 Euro.<br />
Hinzu kamen hohe Betriebs aus -<br />
fallkosten, weil das Gerät während<br />
der Reparaturdauer nicht genutzt<br />
werden konnte.<br />
Schaden abwenden<br />
Das Bundesarbeitsgericht hatte im<br />
Jahr 2010 über diesen Fall zu<br />
entscheiden. Obwohl sich die<br />
Arbeitnehmerin außerhalb ihrer<br />
Arbeitszeit in der Praxis aufhielt<br />
und weder zu einer Bedienung des<br />
Geräts beauftragt war, noch über<br />
die hierzu erforderlichen Kennt -<br />
nisse verfügte, ging das Gericht<br />
davon aus, daß sie den Schaden im<br />
Rahmen des Arbeitsverhältnisses<br />
angerichtet hatte (Urteil vom 28.<br />
Oktober 2010 − 8 AZR 418/09).<br />
Es reichte aus, daß die Arbeitneh -<br />
merin der Ansicht war, sie würde<br />
Ihr Recht<br />
durch ihre Handlung Schaden<br />
von dem Betrieb abwenden und<br />
damit eine Nebenpflicht ihres<br />
Arbeitsverhältnisses erfüllen. Die<br />
grobe Fahrlässigkeit bei der Er -<br />
füllung einer (tatsächlich nicht<br />
bestehenden) Pflicht führt also<br />
nicht dazu, daß der Arbeitnehmer<br />
so zusagen privat handelt. In<br />
diesem Fall würden nämlich die<br />
im Arbeitsrecht geltenden Haf -<br />
tungserleichterungen entfallen.<br />
Dabei gibt es keine Beschränkung<br />
der Haftung des Arbeitnehmers,<br />
was den Betrag betrifft. Auch<br />
Gerichte können dies nicht festlegen.<br />
Eine Reduzierung kommt da -<br />
her stets nur im Einzelfall in<br />
Betracht.<br />
In dem zitierten Fall berücksich -<br />
tigte das Bundesarbeitsgericht vor<br />
allem, daß der Lohn der Reini -<br />
gungskraft im Verhältnis zu dem<br />
Schaden ausgesprochen niedrig<br />
war. Es kam zu dem Schluß, daß<br />
eine Haftung über einen Jahres -<br />
lohn hinaus letztlich unbillig wäre.<br />
Bei einem Unfall auf einer Dienst -<br />
fahrt mit einem Kfz kann sich der<br />
Arbeitnehmer allerdings nicht auf<br />
die im Arbeitsrecht geltenden<br />
Haftungserleichterungen berufen:<br />
An dieser Stelle besteht eine ge -<br />
setz lich vorgeschriebene Haft -<br />
pflicht versicherung, welche zu -<br />
gunsten der Allgemeinheit mög -<br />
liche innerbetriebliche Bezie hun -<br />
gen unberücksichtigt läßt.<br />
Gut versichert?<br />
Ähnliches gilt auch, wenn der Ar -<br />
beitgeber den Arbeitnehmer dazu<br />
verpflichtet hat, sich gegen von<br />
ihm verursachte Schäden ent spre -<br />
chend zu versichern, und wenn der<br />
Arbeitgeber sich an dieser Haft -<br />
pflichtversicherung auch noch fi -<br />
na nziell beteiligt. Dann wird die -<br />
ser Umstand bei der Risiko ver tei -<br />
lung zugunsten des Arbeit ge bers<br />
berücksichtigt. Hat der Ar beit -<br />
nehmer aber freiwillig eine für den<br />
Schadensfall eintretende Haft -<br />
pflichtversicherung abgeschlossen,<br />
kann der Arbeitgeber dies nicht<br />
geltend machen. •<br />
Rechtsanwalt Christof Ankele<br />
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Januar 2014 13