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i Sozialhilfe zwischen Bedürfnissen und Bedarf - AvenirSocial

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Die Forderung der Sozialen Arbeit an die sozialpolitische Gesetzgebung lautet demnach<br />

des Weiteren: Nehmt die zentralen Merkmale des Mensch‐Seins, insbesondere<br />

die Bedürfnisse <strong>und</strong> die sozialstrukturellen Bedingungen ihrer Befriedigungsmöglichkeiten<br />

ernst; lasst zu, dass die – in der Regel spezialisierten – Organisationen des Sozialwesens<br />

die Soziale Arbeit auch innerhalb ihrer Strukturen kumulative Problemlagen<br />

bearbeiten darf!<br />

Die Argumentation im gesellschaftlichen Aushandlungsprozess<br />

Auch wenn es klar ist, dass all diese gegenstandstheoretischen Zusammenhänge, der<br />

Standpunkt der Sozialen Arbeit <strong>und</strong> die eben skizzierten Dimensionen der Argumentation<br />

seitens der Profession unbedingt in die gesellschaftlichen Aushandlungsprozesse<br />

eingebracht werden müssen, bedeutet das nicht, dass wir davon ausgehen, dies sei<br />

der einzige, gar einzig wahre Standpunkt. Im Gegenteil: wir können – indem wir unseren<br />

eigenen Standpunkt klar einnehmen <strong>und</strong> ‚verteidigen‘ – klar die anderen Standpunkte<br />

<strong>und</strong> deren Argumentationsfiguren erkennen.<br />

Die Sozialpolitik beispielsweise sieht die Dinge ‚naturgemäss‘ anders als die Soziale<br />

Arbeit. Für sie steht im Gegensatz zur Sozialen Arbeit eher die Frage im Vordergr<strong>und</strong>:<br />

„Welchen Beitrag, welche Pflichten haben Menschen gegenüber der Gesellschaft im<br />

Allgemeinen <strong>und</strong> die Adressat/innen der Sozialen Arbeit gegenüber den Organisationen<br />

des Sozialwesens im Besonderen zu leisten, bzw. zu erfüllen?“, denn sie hat das<br />

Funktionieren der Organisationen des Sozialwesens zu garantieren. Dieser Standpunkt<br />

<strong>und</strong> das ‚Menschenbild‘ der Sozialpolitik haben selbstverständlich Folgen für<br />

die Soziale Arbeit, z.B. führen diese zum gegenwärtig dominierenden funktionalen<br />

Auftrag seitens der Sozialpolitik an die Soziale Arbeit, nämlich eine Kontrollfunktion<br />

zu übernehmen. Diese soll sicherstellen, dass die Klient/innen normative Vorgaben<br />

erfüllen, ihre Funktionstüchtigkeit unter Beweis stellen <strong>und</strong> ihre Berechtigung zur<br />

Unterstützung belegen.<br />

Mit anderen Worten: Der Standpunkt der Sozialpolitik <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> dessen die Argumentation<br />

derjenigen Behörden des Sozialwesens, die im Sinne der <strong>Sozialhilfe</strong>gesetze<br />

zu beschliessen haben, formulieren aufgr<strong>und</strong> ihrer legalen Ressourcenmacht<br />

die Pro‐ oder Contra‐Argumente, die ihnen geeignet scheinen, den <strong>Bedarf</strong> an <strong>Sozialhilfe</strong><br />

zu bestimmen <strong>und</strong> zu legitimieren. Dabei haben sie das ‚politisch Machbare‘ <strong>und</strong><br />

die Ressourcen der Organisationen im Auge.<br />

Doch auch diese Argumentationsfigur ist nur eine von verschiedenen möglichen. Mir<br />

ist wichtig zu betonen, dass hier zwei gesellschaftliche Akteure – allerdings unterschiedlicher<br />

Mächtigkeit – ihre je unterschiedlichen Standpunkte einnehmen <strong>und</strong> argumentativ<br />

verteidigen, <strong>und</strong> dass ich daran nichts Falsches erkennen kann. Falsch<br />

wäre nur, wenn die eine Seite versuchen würde, einen absoluten Dominanzanspruch<br />

durchzusetzen <strong>und</strong> die andere Seite – in vorauseilendem Gehorsam – gar nicht erst<br />

versuchen würde, sich in diese Aushandlungsprozesse einzubringen.<br />

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